L 1 RS 28/12

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 R 628/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RS 28/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RS 1/13 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 28. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung von Verpflegungsgeldzahlungen als weitere Entgelte nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) hat.

Der am ... 1925 geborene Kläger war vom 19. September 1955 bis zum 31. Dezember 1985 bei der Deutschen Volkspolizei der DDR tätig. Mit Bescheid vom 29. November 1995 stellte das beklagte Land für diesen Zeitraum Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei, der Organe der Feuerwehr und des Strafvollzugs (Sonderversorgungssystem Nr. 2 der Anlage 2 zum AAÜG) fest. Dieser Bescheid wurde in der Fassung des Änderungsbescheides vom 06. Mai 1997 und des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 05. September 2001, welche das AAÜG-Änderungsgesetz vom 11. November 1996 und das 2. AAÜG-Änderungsgesetz vom 27. Juli 2001 umsetzten, bestandskräftig.

Am 04. Dezember 2008 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag und begehrte die Feststellung von weiteren Entgelten nach dem AAÜG. Daraufhin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Mai 2009 die Feststellung von Verpflegungsgeld mit der Begründung ab, es habe sich dabei nicht um Arbeitsentgelt im Sinne des AAÜG gehandelt. Mit der Zahlung des Verpflegungsgeldes habe der erhöhte Aufwand für eine ansprechende Verpflegung ausgeglichen werden sollen. Diese Zahlung habe somit keinen Lohncharakter gehabt. Dem Urteil des erkennenden Senats vom 17. Juli 2008 (L 1 RA 243/05) sei nicht zu folgen, da es sich nicht um eine höchstrichterliche Entscheidung handele und daher als Einzelfallentscheidung gewertet werde. Dagegen legte der Kläger mit Schriftsatz vom 27. Mai 2009 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, welche inhaltliche Bedeutung dem Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 AAÜG zukomme, bestimme sich nach § 14 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV). Die an die Angehörigen der Sonderversorgungssysteme gezahlten Zulagen und Zuschläge seien lohnsteuerpflichtige Einkommensbestandteile im Sinne des § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und damit im Sinne des Sozialversicherungsrechts dem Arbeitsentgelt zuzurechnen. Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2009 mit der Begründung zurück, der erkennende Senat beziehe sich in seinem Urteil vom 17. Juli 2008 (L 1 RA 243/05) nur auf die Versorgungsordnung des Ministeriums des Innern (MdI) und übersehe dabei völlig die speziellere und damit einschlägige Verpflegungsordnung des MdI. Zu folgen sei vielmehr der Entscheidung des Thüringer Landessozialgerichts vom 29. März 2007 (L 3 RA 78/04), welches ausführe, dass Verpflegungsgeld nicht als Arbeitsentgelt im Sinne des AAÜG anzusehen sei.

Dagegen hat der Kläger am 24. Juli 2009 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Ergänzend und vertiefend hat er vorgetragen, das Verpflegungsgeld habe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis gestanden. Das ergebe sich aus der Besoldungsordnung des MdI. Es sei nicht zusätzlich zum Arbeitsentgelt gezahlt worden, sondern als dessen Bestandteil. Die umfassende Regelung des § 14 SGB IV bedeute, dass jeder Verdienst, jeder Vorteil, eben jede Einnahme aus dem Beschäftigungsverhältnis zum Arbeitsentgelt gehöre. Arbeitsentgelt seien daher alle Einnahmen, die ohne die Beschäftigung nicht denkbar wären. Eine soziale Zielsetzung des Verpflegungsgeldes sei unschädlich für die Charakterisierung als Arbeitsentgelt. Es könne auch dahinstehen, ob der Zahlung des Verpflegungsgeldes eine Gegenleistung gegenüber gestanden habe. Denn die Abgeltung konkreter Arbeitsleistungen, die der Zuwendung gegenüber stehen müssten, sei nicht notwendig. Im Übrigen habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits mit Urteil vom 27. September 1983 (BSGE 55, 297) entschieden, dass es sich bei Verpflegungskostenzuschüssen um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt handele. Das Verpflegungsgeld sei auch nicht im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers geleistet worden. Es sei nach dem maßgeblichen am 01. August 1991 geltenden Steuerrecht nicht lohnsteuerfrei gewesen. Denn das Verpflegungsgeld sei nicht mit der in § 3 Nr. 4 Buchst. c) EStG aufgeführten Verpflegung vergleichbar, weil das Verpflegungsgeld generell gewährt worden sei und nicht nur bei besonderen Dienstverrichtungen bzw. im Einsatz. Zu den Urteilen des Sozialgerichts Leipzig vom 15. Dezember 2010 (S 24 R 1540/09) und des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Dezember 2010 (S 36 R 121/09) sei anzumerken, dass diese die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu den sachgerechten Unterschieden im Versorgungsniveau zwischen den Berechtigten der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme einerseits und den Angehörigen der Sozialpflichtversicherung und der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung andererseits missachteten. Die von den Sozialgerichten Leipzig und Potsdam befürchtete Ungleichbehandlung innerhalb der Begünstigten der Sonder- und Zusatzversorgungssysteme und den übrigen Beschäftigten in der DDR sei vom Einigungsvertrag gewollt und vom BVerfG als verfassungsgemäß bestätigt worden.

Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 28. Juni 2012 verpflichtet, Verpflegungsgeld für die Zeit von 1961 bis 1985 in einer im Urteilstenor konkret bezifferten Höhe als weitere Entgelte festzustellen. In seiner Begründung hat es sich inhaltlich im Wesentlichen der Auffassung des Klägers angeschlossen.

Gegen das am 02. August 2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 29. August 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Unbestritten sei dem Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des AAÜG der bundesdeutsche Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 14 SGB IV in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 01. August 1991 geltenden Fassung zu Grunde zu legen. Das SG habe aber verkannt, dass es sich bei dem Verpflegungsgeld gerade nicht um eine Gegenleistung für die Beschäftigung gehandelt habe. In diesem Zusammenhang sei auf die Verpflegungsordnung Nr. 18/87 vom 21. November 1987 hinzuweisen, nach der mit dem Verpflegungszuschuss ein besonderer Aufwand für die Verpflegung habe ausgeglichen werden sollen. Nach der Besoldungsordnung vom 02. März 1989 sei das Verpflegungsgeld mit der Besoldung zu zahlen gewesen und habe gerade keinen Bestandteil der Besoldung dargestellt. Das Verpflegungsgeld sei deshalb als steuerfreie Aufwandsentschädigung, die nach § 14 SGB IV nicht zum Arbeitsentgelt zähle, zu charakterisieren. Das Urteil des BSG vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R) sei im Übrigen auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Dort sei es inhaltlich um die Anerkennung einer Jahresendprämie als Arbeitsentgelt gegangen. Bei diesen Prämien habe es sich um Zahlungen gehandelt, die sich an der Arbeitsleistung orientiert hätten. Dagegen sei die Zahlung des Verpflegungsgeldes Ausdruck einer sozialen Verantwortung und Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beschäftigten gewesen, so dass insoweit nicht von einem Lohncharakter ausgegangen werden könne. Außerdem könne die Anerkennung des Verpflegungsgeldes zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Dienstkräften führen, denen eine Vollverpflegung nur in Form von Nahrungsmitteln zur Verfügung gestellt worden sei. Da diese Bediensteten keine Geldzahlung erhalten hätten, komme die Hinzurechnung als rentenwirksame Leistung nicht in Betracht. Da es sich jedoch faktisch um ein und dieselbe Leistung gehandelt habe, wäre eine derartige Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen.

Selbst wenn dieser Auffassung nicht gefolgt würde, würde der geltend gemachte Anspruch entfallen, weil im Zuflusszeitpunkt auf die streitgegenständlichen Zahlungen keine Steuern zu zahlen gewesen seien. Dem Urteil des BSG vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R) sei insofern nicht zuzustimmen, als es im Wege der tatbestandlichen Rückanknüpfung an das am 01. August 1991 geltende EStG als Arbeitsentgelt auch solche Gelder – namentlich auch das Verpflegungsgeld – ansehe, die im Zuflusszeitpunkt innerhalb der Zugehörigkeit zu einem DDR-Zusatz- oder Sonderversorgungssystem zu den steuer- und beitragsfreien Entgeltbestandteilen gezählt hätten. Aus dem Einigungsvertrag lasse sich nämlich nicht ableiten, dass sich mit einer Überführung in das gesetzliche Rentensystem der Bundesrepublik Deutschland zusätzliche Vorteile für Zusatz- und Sonderversorgte hätten ergeben sollen. Mittlerweile seien mehrere sozialgerichtliche Entscheidungen ergangen, die dem Urteil des BSG in dieser Hinsicht konsequenterweise nicht folgten.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 28. Juni 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 28. Juni 2012 zurückzuweisen.

Ergänzend und vertiefend zu seinem erstinstanzlichen Vortrag hat er ausgeführt, hinsichtlich der Steuerpflicht der Einnahme komme es nicht auf den Zuflusszeitpunkt an, sondern entsprechend dem Urteil des BSG vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R) auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG. Dieser Ansicht folgten die zweitinstanzlichen Gerichte mehrheitlich. Der Arbeitsentgeltbegriff des AAÜG setze außerdem keine Beitragszahlung voraus. Es komme auch nicht auf eine Rentenwirksamkeit der Einnahme in der DDR an. Im Übrigen verweist er auf den Beschluss des BSG vom 28. Mai 2013 (B 5 RS 6/13 B), das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Januar 2013 (L 22 R 449/11) sowie das Urteil des Sozialgerichts München vom 26. April 2012 (S 30 R 2750/09).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch in der Form und Frist des § 151 SGG eingelegte Berufung ist nicht begründet. Die unterbliebene Feststellung des Verpflegungsgeldes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in seinen Rechten. Dies hat das SG zu Recht entschieden.

Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist § 44 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Danach hat die Beklagte einen Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, wenn bei seinem Erlass u. a. das Recht unrichtig angewandt worden ist. Die Nichtberücksichtigung des geltend gemachten Verpflegungsgeldes ist rechtswidrig.

Dass das AAÜG dem Grunde nach auf den Kläger anwendbar ist, ist nicht umstritten. Denn der Kläger gehörte dem Sonderversorgungssystem Nr. 2 der Anlage 2 zum AAÜG an. Der Beklagte ist zudem verpflichtet, weitere (Arbeits-)Entgelte im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG in dem vom SG tenorierten Umfang festzustellen. Das Verpflegungsgeld stellt tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt dar, das die Beklagte gemäß § 8 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 AAÜG feststellen muss. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des BSG in seinem Urteil vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R, juris) an. Danach bestimmt sich der Begriff des "Arbeitsentgelts" im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nach § 14 SGB IV. Soweit die Begriffsbestimmung aufgrund des § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) von Vorschriften des Steuerrechts abhängt, ist das am 01. August 1991 – dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG – geltende Steuerrecht maßgeblich.

Die gegen die Rechtsprechung des BSG vonseiten einiger Sozialgerichte vorgetragene Kritik (z. B. Urteile des Sozialgerichts Leipzig vom 28. Juli 2010 – S 24 R 1318/08 – und vom 15. Dezember 2010 – S 24 RS 1540/09 –, Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Dezember 2010 – S 36 R 121/09 –, Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 03. Mai 2011 – S 15 RS 1378/09 – und Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 30. Juni 2011 – S 35 RS 2129/09 –, alle juris) greift nach Auffassung des erkennenden Senats nicht durch. Diesbezüglich verweist er auf die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 (L 8 R 110/11, Rdnr. 29 ff., juris) und vom 31. Januar 2013 (L 22 R 449/11, Rdnr. 40 ff., juris), denen er sich anschließt. Folgende Ausführungen in dem Urteil vom 22. November 2012 macht sich der erkennende Senat zu eigen (Rdnr. 29 ff.):

"Das BSG hat in seiner Rechtsprechung zur ‚Rentenüberleitung’ stets betont, dass die Anwartschaften und Ansprüche, die sich aufgrund einer tatsächlichen oder ‚fiktiven’ Zugehörigkeit zu einem Sonder- oder Zusatzversorgungssystem in der gesetzlichen Rentenversicherung ergeben, solche des bundesdeutschen Rechts sind (s. stellvertretend etwa BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02, SozR 3-8570 § 1 Nr. 7). Nichts anderes ergibt sich daraus, dass es Vorschriften des DDR-Versorgungsrechts als ‚sekundäres und partielles’ Bundesrecht ansieht. Insoweit musste zwangsläufig eine Lücke gefüllt werden, weil das Recht der Bundesrepublik Deutschland keine gleichartigen Regelungen kennt.

Gerade deshalb, weil die Rentenüberleitung mit der sogenannten Systementscheidung verbunden war, alle Ansprüche und Anwartschaften aus der Sozialversicherung und den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen einheitlich in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik zu überführen, gibt es keinen zwingenden Grund, Recht der DDR auf Sachverhalte anzuwenden, die grundsätzlich nach Bundesrecht zu beurteilen sind. Folgerichtig führt das BSG deshalb in dem Urteil in SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 aus, dass die Maßgeblichkeit der am 1. August 1991 gegebenen Rechtslage schon daraus folge, ‚dass das AAÜG infolge fehlender abweichender Anordnungen allein an das bei seinem Inkrafttreten geltende Bundesrecht angeknüpft hat. Darüber hinaus ergibt sich dies auch aus dem sofortigen Anwendungsbefehl. Der Versorgungsberechtigte konnte erst mit Inkrafttreten des AAÜG, aber damit auch schon ab diesem Zeitpunkt, von der Beklagten die Feststellungen gemäß § 8 AAÜG beanspruchen. Zugleich stellt das Gesetz mit dem Abstellen auf das zu diesem Zeitpunkt geltende Bundesrecht sicher, dass die fiktiven Vorleistungen der ehemals Versorgungsberechtigten (nach Herstellung der Gleichwertigkeit der Arbeitsentgelte durch Um- und Hochwertung bis zur Beitragsbemessungsgrenze) grundsätzlich nach den gleichen Maßstäben wie die der sonstigen Versicherten im alten Bundesgebiet bestimmt werden’.

Das Urteil steht im Übrigen nicht isoliert da. Die Rechtsprechung des BSG hat schon früh die Beitragspflicht zur Sozialversicherung in der DDR nicht als Voraussetzung für die Anerkennung von Versorgungszeiten angesehen (s. etwa BSG, Urteil vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 7/96, SozR 3-8570 § 5 Nr. 2). Dies ist vor dem Hintergrund folgerichtig, dass der Überführungsauftrag des Einigungsvertrages auch die Versorgungssysteme erfasste, die nicht beitragspflichtig waren, wie z.B. die zusätzlichen Versorgungen der technischen und wissenschaftlichen Intelligenz.

Keine Bedenken hat der Senat auch dagegen, dass nach der Rechtsprechung des BSG statisch das Bundesrecht anzuwenden ist, welches im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG galt. Die ‚Statik’ der Rechtslage fördert gerade die Praktikabilität der vom BSG gefundenen Lösung, da nicht ermittelt werden muss, welches Steuerrecht zum jeweiligen Zeitpunkt des Zuflusses des Arbeitsentgelts galt."

Nach dem somit anzuwendenden § 14 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Diese Voraussetzungen erfüllt das Verpflegungsgeld. Es steht jedenfalls im Zusammenhang mit der Beschäftigung, da es dem Kläger nur deshalb gewährt wurde, weil er in einem Dienstverhältnis mit der Deutschen Volkspolizei der DDR stand (so auch der 8. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. November 2012 – L 8 R 110/11 –, Rdnr. 34, juris). Der vom 16. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Urteil vom 05. Dezember 2012 – L 16 R 355/11 –, juris) und vom Sozialgericht Chemnitz (Urteil vom 16. Oktober 2012 – S 7 RS 1837/09 –, juris) geäußerten Auffassung, dass das Verpflegungsgeld deshalb nicht als Entgelt im Sinne des AAÜG berücksichtigt werden könne, weil es keine Gegenleistung des Arbeitgebers für die erbrachte Arbeitsleistung des Versicherten darstelle, schließt sich der erkennende Senat nicht an. Denn bereits der Zusammenhang einer Zahlung mit der Beschäftigung reicht aus, um Arbeitsentgelt zu bejahen (ebenso der 22. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2013 – L 22 R 449/11 –, Rdnr. 65 ff., juris). Es handelt sich auch nicht um eine Aufwandsentschädigung, weil es der eigenen Unterhaltssicherung diente und somit grundsätzlich eigenwirtschaftlich und nicht beruflich veranlasst war (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2013 – L 22 R 449/11 –, Rdnr. 72 ff., juris).

Der erkennende Senat folgt dem BSG auch insoweit, als es auf das am 01. August 1991 geltende Steuerrecht abstellt. Insoweit hält der erkennende Senat an seiner Auffassung im Urteil vom 17. Juli 2008 (L 1 RA 243/05) fest und verweist ergänzend auf das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Januar 2013 (L 22 R 449/11, Rdnr. 76 ff., juris), dessen Erwägungen er sich anschließt. Folgende Ausführungen in dem Urteil vom 31. Januar 2013 macht sich der erkennende Senat zu eigen (Rdnr. 76 ff.):

"Der Berücksichtigung des gezahlten Verpflegungsgeldes als Arbeitsentgelt steht nicht § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB IV in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1983, 1532) in Verbindung mit § 1 Satz 1 Arbeitsentgeltverordnung in der Fassung der Verordnung vom 12. Dezember 1989 (GBl I 1989, 2177) – ArEV - entgegen.

§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV ermächtigt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung, insbesondere zur Vereinfachung des Beitragseinzugs, zu bestimmen, dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, ganz oder teilweise nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Dabei ist nach § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen.

Die Ermächtigung zum Erlass dieser Rechtsverordnung ist wegen des umfassenden Arbeitsentgeltbegriffs des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV erforderlich, da ansonsten alle laufenden und einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung Arbeitsentgelt wären. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge haben aber unterschiedliche Funktionen, so dass lediglich eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts geboten ist. Wesentlicher Gesichtspunkt muss die Wahrung der Belange der Sozialversicherung sein. Wahrung der Belange der Sozialversicherung bedeutet, dass bei der Abweichung vom Arbeitsentgeltbegriff des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die Interessen aller Beteiligten, also der Versicherten, der Arbeitgeber und der Sozialversicherungsträger, sorgfältig und unter Berücksichtigung der sozialpolitischen Gesichtspunkte abzuwägen sind (vgl. Kommentar der Gesetzlichen Rentenversicherung, 75. Ergänzungslieferung, September 2011, § 17 SGB IV Rz. 2).

Der vom Sozialgericht angenommene Grundsatz der Parallelität von Steuer- und Beitragspflicht besteht mithin nicht in der Weise, dass die Steuerfreiheit von Einnahmen zugleich die Beitragsfreiheit dieser Einnahmen und mithin ihre fehlende Rentenrelevanz zur Folge hätte. Es gibt zudem keinen Grundsatz, der besagt, dass die Steuer- und Beitragsfreiheit von Einnahmen nach dem Recht der DDR zugleich dazu führt, dass diese Einnahmen rentenrechtlich nach Bundesrecht ohne Bedeutung sind. Vielmehr wird nach § 259 b SGB VI – anders als bei Versicherten in der Sozialpflichtversicherung und der freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR – nicht geprüft, in welchem Umfang dieser Verdienst rentenwirksam war und ob hierfür Beiträge zu entrichten waren oder gezahlt worden sind (BSG, Urteil vom 30. August 2000 – B 5/4 RA 87/97 R, zitiert nach juris). Da maßgeblich die Rechtslage ist, die im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des AAÜG am 01. August 1991 bestand, denn das AAÜG hat infolge fehlender abweichender Anordnungen allein an das bei seinem In-Kraft-Treten geltende Bundesrecht angeknüpft, ist das Steuerrecht der DDR, nämlich die Verordnung über die Besteuerung der Arbeitseinkommen vom 22. Dezember 1952 (GBl DDR 1952, 1413) – AStVO - nicht anwendbar. Die AStVO galt am 01. August 1991 nicht mehr. Demzufolge findet sich insbesondere im AAÜG kein Hinweis darauf, dass es auf die AStVO für den Begriff des Arbeitsentgelts nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ankommen soll (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R).

Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das BSG im Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R nicht die Lohnsteuerpflicht fingiert. Es hat allerdings, ohne dies ausdrücklich zu erwähnen, § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV i. V. m. § 1 ArEV analog angewandt. Dies ist im Sinne der Wahrung der Belange der Sozialversicherung auch geboten. Ohne eine entsprechende analoge Anwendung wäre nämlich, da § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG lediglich am Arbeitsentgelt anknüpft, das sich nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV bestimmt, jede Einnahme als Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob diese Einnahme tatsächlich oder fingiert steuerpflichtig oder steuerfrei bzw. beitragspflichtig oder beitragsfrei war oder ist. Eine solche umfassende Berücksichtigung der Einnahmen wäre jedoch nicht gerechtfertigt, denn dies hätte eine Besserstellung der Angehörigen der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme gegenüber Versicherten einer Beschäftigung, die dem bundesdeutschen Sozialversicherungsrecht unterliegen, zur Folge. Da in beiden Fällen wegen der Einnahmen, die einer späteren Rente zugrunde zu legen sind, am Begriff des Arbeitsentgelts angeknüpft wird, sind folgerichtig auch diejenigen Regelungen zu beachten, die ausnahmsweise die Rentenwirksamkeit einer Einnahme ausschließen."

Das Verpflegungsgeld war am 01. August 1991 steuerpflichtig und ist vom Beklagten somit als Arbeitsentgelt festzustellen. Nach § 19 EStG in der am 01. August 1991 geltenden Fassung gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit u. a. Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden; dabei ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören zwar nicht solche Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der für die Zuwendung maßgebenden Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. Ist aber neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers und führt zur Lohnzuwendung (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2013 – L 22 R 449/11 –, Rdnr. 89 unter Hinweis auf Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 21. Januar 2010 – VI R 51/08 –, juris). Bezogen auf den vorliegenden Fall stimmt der erkennende Senat auch der Schlussfolgerung des 22. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg in dessen Urteil vom 31. Januar 2013 (Rdnr. 90 a.a.O.) zu: Wenn die unentgeltliche Verpflegung eines Soldaten im Rahmen der Gemeinschaftsverpflegung keine steuerfreie, sondern regelmäßig mangels einer Steuerbefreiungsnorm eine steuerbare und steuerpflichtige Einnahme ist (Hinweis auf BFH, Urteil vom 24. März 2011 – VI R 11/10, juris), kann dies für ein Verpflegungsgeld, unabhängig davon, ob es als originäre Barleistung oder als Substitution für eine Sachleistung erbracht wird, nicht anders sein. Das gezahlte Verpflegungsgeld rechnet mithin als anderer Bezug im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und ist danach grundsätzlich steuerpflichtig.

Es ist auch nach keiner anderen Vorschrift des EStG steuerfrei (Urteil des erkennenden Senats vom 17. Juli 2008 – L 1 RA 243/05 –, Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Januar 2013 – L 22 R 449/11 –, Rdnr. 92 ff.). Die Steuerfreiheit bestimmt sich nach § 3 EStG. Das gezahlte Verpflegungsgeld wird von keiner Regelung dieser Vorschrift, insbesondere nicht von § 3 Nr. 4 Buchst. c) EStG erfasst. § 3 Nr. 4 Buchst. c) EStG besagt: Steuerfrei sind bei Angehörigen der Bundeswehr, des Bundesgrenzschutzes, der Bereitschaftspolizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden Verpflegungs- und Beköstigungszuschüsse und der Geldwert der im Einsatz unentgeltlich abgegebenen Verpflegung. Diese Vorschrift betrifft jedoch lediglich die im Einsatz u. a. gezahlten Verpflegungs- und Beköstigungszuschüsse. Zuschüsse dieser Art, die im normalen Dienst gezahlt werden, sind mithin nicht steuerfrei. Es ist weder vorgetragen noch ergibt sich sonst ein Hinweis darauf, dass das gezahlte Verpflegungsgeld wegen der Teilnahme an außerhalb des normalen Dienstes geleisteten besonderen Einsätzen gewährt worden wäre. Nach alledem ist das gezahlte Verpflegungsgeld als weiteres Arbeitsentgelt zu berücksichtigen. Die Höhe des zusätzlich zu berücksichtigenden Verpflegungsgeldes ist durch die Anlage 1 zum Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2009, deren Grundlage die Besoldungsstammkarten sind, nachgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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