Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 11 AS 1106/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 736/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 5. Juli 2013 wird aufgehoben.
Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung vom 10. Mai 2013 wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. Sch., D.-R., bewilligt.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die ihm mit Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 5. Juli 2013 auferlegte Verpflichtung, dem Antragsteller vorläufig ein Darlehen in Höhe von 2.618,44 EUR zu gewähren.
Der 1980 geborene, ledige Kläger bezieht vom Antragsgegner Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Unter dem 6. März 2013 stellte er einen Antrag auf Kostenübernahme für die Jahresabrechnung über die Lieferung von Fernwärme für das Jahr 2012 bei der D. Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (DVV), wonach sich zum 16. März 2013 einschließlich der Abschlagszahlungen für die Monate Januar bis März 2013 in Höhe von 30 EUR/Monat ein Fälligkeitsbetrag in Höhe von 2.689,34 EUR ergab. Gleichzeitig teilte er mit, gegen die Jahresabrechnung Widerspruch eingelegt zu haben, da sie falsch sei. Nachdem unter dem 29. April 2013 die DVV bei Nichtzahlung der ausstehenden Forderung bis zum 13. Mai 2013 die Versorgungseinstellung zum 14. Mai 2013 angedroht hatte, hat der Antragsteller am 10. Mai 2013 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung gestellt mit dem Begehren, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm vorläufig die Kosten der Jahresrechnung über die Lieferung von Fernwärme vom 26. Februar 2013 in Höhe von 2.599,34 EUR, hilfsweise ein Darlehen zur Tilgung der Schulden in Höhe von 2.618,44 EUR zu bewilligen. Die DVV hat die Jahresrechnung überprüft und dem Antragsteller mitgeteilt, dass sie keine Fehler enthalte. Den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung hat sie abgelehnt.
Der Antragsgegner hat eingewandt, ab April 2012 habe er an den Antragsteller für die Heizkostenabschläge entsprechend der Jahresrechnung für das Jahr 2011 monatliche Abschläge in Höhe von 131 EUR gezahlt. Erst im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass nur Abschläge in Höhe von 30 EUR zu zahlen gewesen seien. Zudem wolle der Antragsteller zum 1. August 2013 in eine andere Wohnung umziehen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 5. Juli 2013 den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ein Darlehen in Höhe von 2.618,44 EUR zu gewähren. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch auf Übernahme der Schulden bei der DVV nach § 22 Abs. 8 SGB II glaubhaft gemacht. Soweit Rückstände für die Fernwärmelieferung bestünden, sei auch nach einem Umzug in eine neue Wohnung zu befürchten, dass eine Lieferung mit Strom durch die DVV nicht erfolgen werde. Der Antragsteller habe dementsprechend auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ihm sei nicht zuzumuten, eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten und unter Umständen solange ohne Fernwärme- oder Stromversorgung zu wohnen.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner am 12. Juli 2013 Beschwerde eingelegt. Die neue Wohnung werde nicht durch die DVV mit Fernwärme versorgt. Zudem sei es dem Antragsteller zumutbar, einen Vertrag mit einem anderen Stromlieferanten abzuschließen. Weiterhin sei trotz Ankündigung eine Sperrung bisher nicht erfolgt. Letztlich bedürfe es angesichts der Witterungsverhältnisse bis 1. August 2013 keiner Heizung. Das Warmwasser könne mittels Kochtopf oder Wasserkocher für die kurze Zeit von drei Wochen bereitet werden.
Der Vorsitzende des Senats hat mit Beschluss vom 19. Juli 2013 auf Antrag des Antragsgegners im Einvernehmen mit dem Antragsteller die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts vom 5. Juli 2013 bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens ausgesetzt.
Der Antragsgegner beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 5. Juli 2013 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, die Beschwerde zurückzuweisen und ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu bewilligen.
Ihm wäre für den Fall einer Stromsperre nicht zumutbar gewesen, bis zu seinem Umzug das Warmwasser mittels eines Kochtopfes zu erwärmen. Es sei zu berücksichtigen, dass er nunmehr das Sorgerecht für seinen minderjährigen Sohn übernommen und ihn im Haushalt aufgenommen habe. Auf Nachfrage des Senats hat er mitgeteilt, eine Stromsperre sei in der neuen Wohnung von der DVV noch nicht angekündigt worden, es bestehe aber weiterhin die Gefahr. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist auch statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG, denn der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750 EUR ist überschritten. Der Antragsgegner ist zur vorläufigen Leistung von 2.618,44 EUR als Darlehen verpflichtet worden.
Die Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ein Darlehen zur Tilgung seiner Schulden aus dem Fernwärmeversorgungsvertrag zu gewähren.
Es kann dahinstehen, ob der Antragsteller einen Anordnungsanspruch auf die Gewährung eines Darlehens glaubhaft gemacht hat. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts fehlt es spätestens mit dem Umzug zum 1. August 2013 an einem Anordnungsgrund.
Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass ein Anordnungsgrund fehlt, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und -durchsetzung bietet, wenn also dem Antragsteller auch mit einer späteren Realisierung seines Rechts geholfen ist. Zwar sollen grundsätzlich Leistungen nach dem SGB II das Existenzminimum der Antragsteller sichern. Wird durch die seitens des Leistungsträgers erbrachte Leistung der Bedarf nicht gedeckt, ist die Existenz des Hilfebedürftigen zeitweise nicht sichergestellt. Allerdings führt nicht jede Unterdeckung des Bedarfs grundsätzlich zu einer Existenzbedrohung und damit zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Erforderlich ist eine existentielle Notlage.
Eine solche ist vorliegend nicht gegeben. Dem Antragsteller droht zumindest seit 1. August 2013 keine der Wohnungslosigkeit ähnliche Notlage mehr. Zu diesem Zeitpunkt ist er in eine neue Wohnung umgezogen. Die DVV beliefert ihn nicht mehr mit Fernwärme, kann folglich die Wärmezufuhr wegen Schulden nicht mehr sperren.
Zwar bezieht der Antragsteller von der DVV weiterhin Strom. Dies allerdings berechtigt sie nicht, ohne Weiteres die Stromlieferung wegen der Schulden bei der Fernwärmelieferung zu sperren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) erfordert das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) neben der Identität der Vertragspartner die Gleichartigkeit der Abnahmeverhältnisse (vgl. Urteil des BGH vom 3. Juli 1991, VIII ZR 190/90, Rn. 14, Juris). Ein derartiger Zusammenhang werde nach diesen Grundsätzen in der amts- und landgerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur (vgl. zahlreiche Nachweise im Urteil des BGH, a.a.O., Rn. 15) fast einhellig bejaht, wenn ein Stromabnehmer in demselben Versorgungsgebiet in eine andere Wohnung verziehe und hinsichtlich der aufgegebenen Wohnung Zahlungsrückstände bestünden. Neben der Identität der Vertragspartner und des Vertragsgegenstandes stellten hier die gleichartigen Abnahmeverhältnisse den erforderlichen (wirtschaftlichen) Zusammenhang her, der es in diesen Fällen treuwidrig erscheinen ließe, wenn der Tarifkunde auf der Energiebelieferung aus dem neuen Versorgungsverhältnis beharren könnte, ohne seine Rückstände aus dem früheren Versorgungsverhältnis zu bezahlen. Anders liege es indessen, sofern sich die mehreren selbstständigen Versorgungsverträge, in denen die einander gegenüberstehenden Ansprüche des Kunden auf Lieferung und des Versorgungsunternehmens auf Bezahlung ihre Grundlage hätten, auf getrennte Anschlussobjekte bezögen und - wie hier -verschiedenen Zwecken (Wärme- und Stromversorgung) dienten (vgl. BGH zur fehlenden Konnexität zwischen den Anschlüssen eines Privathaushaltes und eines Gewerbsbetriebes a.a.O., Rn. 16, Juris). Nach den Grundsätzen dieser Rechtsprechung, der der Senat folgt, hat der Antragsteller eine Sperrung der Stromlieferung durch die DVV in der neuen Wohnung nicht zu befürchten. Seine Schulden resultieren allein aus dem Fernwärmeversorgungsvertrag, der in der neuen Wohnung nicht "fortgeführt" wird. Das vom Sozialgericht zitierte Urteil des Landgerichts Düsseldorf betrifft zudem nicht die Wirksamkeit eines Zurückbehaltungsrechts bei verschiedenartigen Versorgungsverträgen, sondern – im Einklang mit der BGH-Rechtsprechung – einen Wohnungswechsel bei gleichartiger Versorgungsart. Mithin waren der Beschluss des Sozialgerichts aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung abzulehnen.
Dem Antragsteller war nach § 73a SGG i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu bewilligen. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen der §§ 114 f. ZPO liegen vor. Die Erfolgsaussicht war nicht zu überprüfen, da der Antragsgegner Beschwerde eingelegt hatte.
Kosten sind nach entsprechender Anwendung des § 193 SGG nicht zu erstatten.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung vom 10. Mai 2013 wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. Sch., D.-R., bewilligt.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die ihm mit Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 5. Juli 2013 auferlegte Verpflichtung, dem Antragsteller vorläufig ein Darlehen in Höhe von 2.618,44 EUR zu gewähren.
Der 1980 geborene, ledige Kläger bezieht vom Antragsgegner Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Unter dem 6. März 2013 stellte er einen Antrag auf Kostenübernahme für die Jahresabrechnung über die Lieferung von Fernwärme für das Jahr 2012 bei der D. Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (DVV), wonach sich zum 16. März 2013 einschließlich der Abschlagszahlungen für die Monate Januar bis März 2013 in Höhe von 30 EUR/Monat ein Fälligkeitsbetrag in Höhe von 2.689,34 EUR ergab. Gleichzeitig teilte er mit, gegen die Jahresabrechnung Widerspruch eingelegt zu haben, da sie falsch sei. Nachdem unter dem 29. April 2013 die DVV bei Nichtzahlung der ausstehenden Forderung bis zum 13. Mai 2013 die Versorgungseinstellung zum 14. Mai 2013 angedroht hatte, hat der Antragsteller am 10. Mai 2013 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung gestellt mit dem Begehren, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm vorläufig die Kosten der Jahresrechnung über die Lieferung von Fernwärme vom 26. Februar 2013 in Höhe von 2.599,34 EUR, hilfsweise ein Darlehen zur Tilgung der Schulden in Höhe von 2.618,44 EUR zu bewilligen. Die DVV hat die Jahresrechnung überprüft und dem Antragsteller mitgeteilt, dass sie keine Fehler enthalte. Den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung hat sie abgelehnt.
Der Antragsgegner hat eingewandt, ab April 2012 habe er an den Antragsteller für die Heizkostenabschläge entsprechend der Jahresrechnung für das Jahr 2011 monatliche Abschläge in Höhe von 131 EUR gezahlt. Erst im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass nur Abschläge in Höhe von 30 EUR zu zahlen gewesen seien. Zudem wolle der Antragsteller zum 1. August 2013 in eine andere Wohnung umziehen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 5. Juli 2013 den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ein Darlehen in Höhe von 2.618,44 EUR zu gewähren. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch auf Übernahme der Schulden bei der DVV nach § 22 Abs. 8 SGB II glaubhaft gemacht. Soweit Rückstände für die Fernwärmelieferung bestünden, sei auch nach einem Umzug in eine neue Wohnung zu befürchten, dass eine Lieferung mit Strom durch die DVV nicht erfolgen werde. Der Antragsteller habe dementsprechend auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ihm sei nicht zuzumuten, eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten und unter Umständen solange ohne Fernwärme- oder Stromversorgung zu wohnen.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner am 12. Juli 2013 Beschwerde eingelegt. Die neue Wohnung werde nicht durch die DVV mit Fernwärme versorgt. Zudem sei es dem Antragsteller zumutbar, einen Vertrag mit einem anderen Stromlieferanten abzuschließen. Weiterhin sei trotz Ankündigung eine Sperrung bisher nicht erfolgt. Letztlich bedürfe es angesichts der Witterungsverhältnisse bis 1. August 2013 keiner Heizung. Das Warmwasser könne mittels Kochtopf oder Wasserkocher für die kurze Zeit von drei Wochen bereitet werden.
Der Vorsitzende des Senats hat mit Beschluss vom 19. Juli 2013 auf Antrag des Antragsgegners im Einvernehmen mit dem Antragsteller die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts vom 5. Juli 2013 bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens ausgesetzt.
Der Antragsgegner beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 5. Juli 2013 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, die Beschwerde zurückzuweisen und ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu bewilligen.
Ihm wäre für den Fall einer Stromsperre nicht zumutbar gewesen, bis zu seinem Umzug das Warmwasser mittels eines Kochtopfes zu erwärmen. Es sei zu berücksichtigen, dass er nunmehr das Sorgerecht für seinen minderjährigen Sohn übernommen und ihn im Haushalt aufgenommen habe. Auf Nachfrage des Senats hat er mitgeteilt, eine Stromsperre sei in der neuen Wohnung von der DVV noch nicht angekündigt worden, es bestehe aber weiterhin die Gefahr. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist auch statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG, denn der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750 EUR ist überschritten. Der Antragsgegner ist zur vorläufigen Leistung von 2.618,44 EUR als Darlehen verpflichtet worden.
Die Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ein Darlehen zur Tilgung seiner Schulden aus dem Fernwärmeversorgungsvertrag zu gewähren.
Es kann dahinstehen, ob der Antragsteller einen Anordnungsanspruch auf die Gewährung eines Darlehens glaubhaft gemacht hat. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts fehlt es spätestens mit dem Umzug zum 1. August 2013 an einem Anordnungsgrund.
Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass ein Anordnungsgrund fehlt, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und -durchsetzung bietet, wenn also dem Antragsteller auch mit einer späteren Realisierung seines Rechts geholfen ist. Zwar sollen grundsätzlich Leistungen nach dem SGB II das Existenzminimum der Antragsteller sichern. Wird durch die seitens des Leistungsträgers erbrachte Leistung der Bedarf nicht gedeckt, ist die Existenz des Hilfebedürftigen zeitweise nicht sichergestellt. Allerdings führt nicht jede Unterdeckung des Bedarfs grundsätzlich zu einer Existenzbedrohung und damit zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Erforderlich ist eine existentielle Notlage.
Eine solche ist vorliegend nicht gegeben. Dem Antragsteller droht zumindest seit 1. August 2013 keine der Wohnungslosigkeit ähnliche Notlage mehr. Zu diesem Zeitpunkt ist er in eine neue Wohnung umgezogen. Die DVV beliefert ihn nicht mehr mit Fernwärme, kann folglich die Wärmezufuhr wegen Schulden nicht mehr sperren.
Zwar bezieht der Antragsteller von der DVV weiterhin Strom. Dies allerdings berechtigt sie nicht, ohne Weiteres die Stromlieferung wegen der Schulden bei der Fernwärmelieferung zu sperren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) erfordert das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) neben der Identität der Vertragspartner die Gleichartigkeit der Abnahmeverhältnisse (vgl. Urteil des BGH vom 3. Juli 1991, VIII ZR 190/90, Rn. 14, Juris). Ein derartiger Zusammenhang werde nach diesen Grundsätzen in der amts- und landgerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur (vgl. zahlreiche Nachweise im Urteil des BGH, a.a.O., Rn. 15) fast einhellig bejaht, wenn ein Stromabnehmer in demselben Versorgungsgebiet in eine andere Wohnung verziehe und hinsichtlich der aufgegebenen Wohnung Zahlungsrückstände bestünden. Neben der Identität der Vertragspartner und des Vertragsgegenstandes stellten hier die gleichartigen Abnahmeverhältnisse den erforderlichen (wirtschaftlichen) Zusammenhang her, der es in diesen Fällen treuwidrig erscheinen ließe, wenn der Tarifkunde auf der Energiebelieferung aus dem neuen Versorgungsverhältnis beharren könnte, ohne seine Rückstände aus dem früheren Versorgungsverhältnis zu bezahlen. Anders liege es indessen, sofern sich die mehreren selbstständigen Versorgungsverträge, in denen die einander gegenüberstehenden Ansprüche des Kunden auf Lieferung und des Versorgungsunternehmens auf Bezahlung ihre Grundlage hätten, auf getrennte Anschlussobjekte bezögen und - wie hier -verschiedenen Zwecken (Wärme- und Stromversorgung) dienten (vgl. BGH zur fehlenden Konnexität zwischen den Anschlüssen eines Privathaushaltes und eines Gewerbsbetriebes a.a.O., Rn. 16, Juris). Nach den Grundsätzen dieser Rechtsprechung, der der Senat folgt, hat der Antragsteller eine Sperrung der Stromlieferung durch die DVV in der neuen Wohnung nicht zu befürchten. Seine Schulden resultieren allein aus dem Fernwärmeversorgungsvertrag, der in der neuen Wohnung nicht "fortgeführt" wird. Das vom Sozialgericht zitierte Urteil des Landgerichts Düsseldorf betrifft zudem nicht die Wirksamkeit eines Zurückbehaltungsrechts bei verschiedenartigen Versorgungsverträgen, sondern – im Einklang mit der BGH-Rechtsprechung – einen Wohnungswechsel bei gleichartiger Versorgungsart. Mithin waren der Beschluss des Sozialgerichts aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung abzulehnen.
Dem Antragsteller war nach § 73a SGG i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu bewilligen. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen der §§ 114 f. ZPO liegen vor. Die Erfolgsaussicht war nicht zu überprüfen, da der Antragsgegner Beschwerde eingelegt hatte.
Kosten sind nach entsprechender Anwendung des § 193 SGG nicht zu erstatten.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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