Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 24 R 789/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 166/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 6. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anrechnung der Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung streitig.
Die am ... 1954 geborene Klägerin ist die Witwe des am ... 1950 geborenen und am ... 2005 gestorbenen Versicherten R. H. Sie war mit ihm seit dem 18. Juli 1975 verheiratet.
Der Versicherte hatte aufgrund einer entschädigungspflichtigen Berufskrankheit zuletzt von der Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft (MMBG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 von Hundert (v.H.) Verletztenrente bezogen (Bescheid der MMBG vom 14. Juni 2001) und von der Beklagten bzw. einer ihrer Rechtsvorgängerinnen seit dem 27. Februar 1992 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhalten. Mit Bescheid vom 13. August 2005 hatte die Beklagte die Rente des Versicherten für die Zeit ab dem 1. Oktober 2005 neu festgesetzt und folgende Berechnungsgrundlagen zugrunde gelegt: Die Rente aus der Rentenversicherung betrage 727,61 EUR. Die Leistung aus der Unfallversicherung betrage 1.078,91 EUR. Hiervon seien die "Grundrente nach dem BVG (MdE 100 v.H.)" in Höhe von 546,00 EUR und ein "Silikose-Freibetrag" in Höhe von 268,10 EUR abzusetzen, so dass als Leistung aus der Rentenversicherung 264,81 EUR zu berücksichtigen seien. Die Summe der Rentenbeträge ergebe 992,42 EUR. Den Grenzbetrag in Höhe von 1.132,86 EUR (70 Prozent von einem Zwölftel des Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von 19.420,39 EUR vervielfältigt mit dem Faktor 1,0000) habe die Summe der Rentenbeträge nicht überstiegen; eine Anrechnung der Leistung aus der Unfallversicherung erfolge daher nicht.
Mit Bescheid vom 15. September 2005 bewilligte die MMBG der Klägerin ab dem Todestag des Versicherten bis zum 30. November 2005 Witwenrente in Höhe von 1.078,91 EUR monatlich und anschließend in Höhe von 647,35 EUR monatlich.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin große Witwenrente ab dem 1. September 2005. Ab dem 1. September betrage der Zahlbetrag der Rente 49,04 EUR, ab dem 1. Oktober 2005 49,06 EUR und ab dem 1. Dezember 2005 29,44 EUR monatlich (bestandskräftige Bescheide vom 29. September 2005 und vom 24. November 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2006).
Mit Bescheid vom 7. Juni 2007 erhöhte die MMBG auf der Grundlage eines Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von 19.525,26 EUR die Witwenrente der Klägerin ab dem 1. Juli 2007 auf 650,84 EUR monatlich.
Daraufhin berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 14. August 2008 die Hinterbliebenenrente der Klägerin neu. Der bisherige Bescheid werde hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab dem 1. September 2005 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) aufgehoben. Der Zahlbetrag bleibe ab dem 1. September 2005 unverändert, ab dem 1. Juli 2007 werde er auf 29,60 EUR und ab dem 1. Oktober 2008 auf 29,84 EUR erhöht sowie eine Nachzahlung in Höhe von 0,15 EUR errechnet.
In der Anlage 7 zu dem Rentenbescheid ist dargelegt, dass sich ab dem 1. September 2005 die Summe der Rentenbeträge in Höhe von 1.851,58 EUR aus der Rente aus der Rentenversicherung in Höhe von 772,67 EUR und aus der Leistung aus der Unfallversicherung in Höhe von 1.078,91 EUR zusammensetze. Den Grenzbetrag in Höhe von 1.132,86 EUR (70 Prozent von einem Zwölftel des Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von 19.420,39 EUR vervielfältigt mit dem Faktor 1,0000) habe die Summe der Rentenbeträge um 718,72 EUR überstiegen, sodass die Rente der Rentenversicherung um diesen Betrag zu mindern sei und somit 53,95 EUR betragen habe. Ab dem 1. Dezember 2005 habe die Summe der Rentenbeträge 1.110,95 EUR ergeben (463,60 EUR Rente aus der Rentenversicherung zuzüglich 647,35 EUR Leistungen aus der Unfallversicherung) und damit den Grenzbetrag (70 Prozent von einem Zwölftel des Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von 19.420,39 EUR, d.h. 1.132,86 EUR, vervielfältigt mit dem Faktor 0,6000) in Höhe von 679,72 EUR um 431,23 EUR überstiegen. Nach Abzug dieses Betrages von dem Rentenbetrag der Rentenversicherung in Höhe von 463,60 EUR habe sich ein Rentenbetrag in Höhe von 32,37 EUR monatlich errechnet. Ab dem 1. Juli 2007 habe die Summe der Rentenbeträge 1.116,86 EUR betragen (Rente aus der Rentenversicherung 466,02 EUR zuzüglich Leistungen aus der Unfallversicherung 650,84 EUR). Unter Zugrundelegung von 70 Prozent von einem Zwölftel des Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von nunmehr 19.525,26 EUR, d.h. 1.138,97 EUR, vervielfältigt mit dem Faktor 0,6000 habe sich ein Grenzbetrag von 683,38 EUR ergeben, der die Summe der Rentenbeträge um 433,48 EUR überstiegen habe. Nach Abzug dieses Betrages von der Rente der Rentenversicherung in Höhe von 466,02 EUR habe sich ein monatlicher Rentenbetrag in Höhe von 32,54 EUR errechnet. Ab dem 1. Juli 2008 habe die Summe der Rentenbeträge 1.129,07 EUR ergeben (Rente aus der Rentenversicherung 471,07 EUR zuzüglich Leistungen aus der Unfallversicherung 658,00 EUR). Der Grenzbetrag habe 690,90 EUR betragen (70 Prozent von einem Zwölftel des Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von nun 19.740,04 EUR, d.h. 1.151,50 EUR, vervielfältigt mit dem Faktor 0,6000). Die Summe der Rentenbeträge habe den Grenzbetrag um 438,17 EUR überstiegen, sodass sich nach Abzug dieses Betrages von der Rente der Rentenversicherung in Höhe 471,07 EUR ein monatlicher Rentenbetrag von 32,90 EUR ergeben habe.
Hiergegen legte die Klägerin am 1. September 2008 Widerspruch ein. Ihr verstorbener Mann sei schwerst erkrankt gewesen und habe deswegen keiner Arbeit mehr nachgehen können. Er habe deshalb eine "EU-Rente von der Rentenstelle" und eine Rente wegen Berufskrankheit von der MMBG bekommen; diese beiden Renten seien sein Einkommen gewesen. Wäre ihr Mann nicht krank, sondern arbeitsfähig gewesen, so würde sein gesamtes normales Einkommen die Grundlage für die Berechnung ihrer Witwenrente sein.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2008 als unbegründet zurück. Die Vorschrift des § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) sei rechtmäßig angewendet worden. Das Vorbringen der Klägerin, im Gegensatz zu anderen Versicherten ungerecht behandelt zu werden, sei unbegründet. Die vorgenannte rechtliche Grundlage werde auf alle Versicherten, die gleichzeitig eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezögen, angewendet.
Hiergegen hat die Klägerin am 27. November 2008 beim Sozialgericht Halle Klage erhoben und die Abänderung des Bescheides vom 14. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2008 sowie die Gewährung einer anrechnungsfreien Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung verfolgt. Sie hat weiterhin an ihrer Auffassung festgehalten, durch die Hinterbliebenenrente solle der durch den Tod eines Familienangehörigen eingetretene Unterhaltsverlust weitgehend ausgeglichen und die wirtschaftliche Existenz der nächsten Angehörigen gesichert werden. Sie sei wegen der Pflegebedürftigkeit und der Schwersterkrankung ihres Mannes nicht mehr in der Lage gewesen, einer Arbeit nachzugehen, sodass die Renten des Mannes das Einkommen gewesen seien, von dem beide hätten leben müssen. Durch das Zusammenrechnen beider Renten werde ihre Witwenrente aus der Rentenversicherung erheblich gekürzt. Eigenes Einkommen habe sie nicht. Sie fühle sich durch die Anrechnung der Unfallrente erheblich benachteiligt.
Mit Urteil vom 6. April 2011 hat das Sozialgericht Halle den Bescheid der Beklagten vom 14. August in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2008 geändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Anrechnung der Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Die Klage sei zulässig und begründet. Die Beklagte habe die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht auf die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anrechnen dürfen. Rechtsgrundlage hierfür sei die Regelung des § 93 SGB VI. Zwar habe die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge den jeweiligen Rentenbetrag in unterschiedlicher Höhe überstiegen. Der Anrechnung stehe jedoch die Regelung in § 18a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) entgegen. Danach seien bei Renten wegen Todes steuerfreie Einnahmen nach § 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit im Einzelnen aufgeführten Ausnahmen nicht zu berücksichtigen. Bei dem Einkommen aus der Hinterbliebenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung handele es sich um solche steuerfreien Einkünfte. Denn gemäß § 3 Nr. 1a EStG seien u.a. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung steuerfrei. Das Sozialgericht hat insoweit auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 25. Januar 2011 - L 9 R 193/09 - Bezug genommen.
Gegen das ihr am 11. Mai 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Mai 2011 Berufung beim LSG Sachsen-Anhalt eingelegt. § 18a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB IV stehe der Anwendung von § 93 SGB VI nicht entgegen. Bei § 93 SGB VI handele es sich um eine Ruhens- oder Nichtleistungsvorschrift beim zeitlichen Zusammentreffen von Ansprüchen, die einen ähnlichen Sicherungszweck verfolgten. Die Regelungen der § 18 bis § 18e SGB IV seien Einkommensanrechnungsvorschriften, auf die in § 97 Abs. 1 SGB VI Bezug genommen werde. Einen solchen Rechtsgrundverweis enthalte die Regelung des § 93 SGB VI gerade nicht. Auch das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25. Januar 2011, welches zudem nicht rechtskräftig sei, da hiergegen Revision beim Bundessozialgericht (BSG) - B 13 R 15/11 R - eingelegt worden sei, betreffe die Anwendung von § 97 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung.
Die Beklagte beantragt ausdrücklich,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 6. April 2011 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 14. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2008 insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der vorliegende Sachverhalt und der, über den das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 25. Januar 2011 entschieden habe, seien äquivalent. In beiden Rechtsstreiten gehe es um die Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Witwenrente.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Vorsitzende als befangen abgelehnt. Dieser Antrag ist nach Unterbrechung des Verhandlungstermins unter dem Vorsitz des Richters am LSG F., unter Hinzuziehung des Richters am LSG H. sowie unter Mitwirkung der Richterin am Sozialgericht A. und der ehrenamtlichen Richter S. und M. durch Beschluss zurückgewiesen worden. In der fortgesetzten mündlichen Verhandlung unter dem Vorsitz der Vorsitzenden Richterin am LSG K. hat die Klägerin beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben, da sie beabsichtige, sofortige Beschwerde beim BSG einzulegen. Daraufhin sind die Sachanträge protokolliert und die mündliche Verhandlung ist geschlossen worden. Nach geheimer Beratung hat der Senat in der aus dem Rubrum ersichtlichen Besetzung entschieden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der aus dem Rubrum ersichtlichen Besetzung verhandeln und entscheiden. Anlass für eine Vertagung des Rechtsstreits bestand nicht. Über den Befangenheitsantrag der Klägerin hat der Senat in der nach der Geschäftverteilung vorgesehenen Besetzung durch den nach § 177 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unanfechtbaren Beschluss (§ 60 Abs. 1 Satz 2 SGG) entschieden. Die sofortige Beschwerde gemäß § 46 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) findet nach § 60 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht statt.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der angefochtene Bescheid vom 14. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Die gegen den Bescheid vom 14. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2008 gerichtete Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig mit dem Ziel, ab dem 1. September 2005 eine anrechnungsfreie Witwenrente zu erhalten. Zwar hatte die Beklagte mit den bestandskräftigen Bescheiden vom 29. September 2005 und 24. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2006 der Klägerin ab dem 1. September 2005 große Witwenrente bewilligt. Mit dem Bescheid vom 14. August 2008 hat die Beklagte jedoch die Witwenrente der Klägerin gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X ab dem 1. September 2005 (mit im Ergebnis gleichbleibendem Zahlbetrag) neu berechnet und insoweit die Bestandskraft der bestandskräftigen Bescheide durchbrochen. Die Klägerin konnte deshalb für den gesamten Zeitraum des Rentenbezuges eine höhere Rente geltend machen, ohne ihrerseits die bestandskräftig gewordenen Bescheide nach § 44 SGB X überprüfen zu lassen.
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer höheren Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 1. September 2005. Nach § 93 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI wird, wenn für denselben Zeitraum Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente aus der Rentenversicherung und eine entsprechende Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung besteht, die Rente aus der Rentenversicherung insoweit nicht geleistet, als die Summe beider Renten vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt. Diese Vorschrift hat die Beklagte rechtmäßig angewendet. Sie hat jeweils unter Zugrundelegung der zutreffenden Beträge der Renten aus der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung sowie des Jahresarbeitsverdienstes rechnerisch richtig den Grenzbetrag und die den Grenzbetrag übersteigende Rente sowie den monatlich zustehenden Rentenbetrag ermittelt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts steht der Anwendung des § 93 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI die Vorschrift des § 18a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB IV nicht entgegen. Diese Vorschrift ist erst auf die nach § 93 SGB VI ermittelte Hinterbliebenenversorgung anzuwenden (vgl. Fichte in Hauck/Nofts, SGB VI, K § 93 Rdnr. 12). Aus dem Wortlaut in § 93 Abs. 1 SGB VI "wird die Rente insoweit nicht geleistet" lässt sich herleiten, dass dem - dem Grunde und der Höhe nach bestehenden - Rentenanspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Anrechnungsbetrag "anspruchsvernichtend" entgegen zu halten ist (vgl. Urteil des BSG vom 10. April 2003 - B 4 RA 32/02 R -; juris Rdnr. 12, 13). Die Ruhensregelung ist zudem nach dem Gesetzeswortlaut "vor Einkommensanrechnung" anzuwenden. Die Vorschriften über die Einkommensanrechnung in §§ 18a bis e SGB IV kommen damit erst dann zur Anwendung, wenn zu prüfen ist, inwieweit Einkommen auf ein dem Grunde und der Höhe nach ermittelten Rentenanspruch anzurechnen ist.
Die Ausnahmevorschrift des § 93 Abs. 5 SGB VI, wonach eine Anrechnung nicht vorgenommen wird, ist hier nicht einschlägig.
Die Regelungen der grundsätzlichen Anrechnung der Rente aus der Unfallversicherung auf die Rente aus der Rentenversicherung sind nach Auffassung des Senats auch verfassungsgemäß. Die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und die aus der gesetzlichen Unfallversicherung andererseits sind ihrer Struktur nach Lohnersatz, wobei § 93 Abs. 1 SGB VI eine Doppelversorgung durch die funktionsgleichen Leistungen aus den Versorgungssystemen der Renten- und Unfallversicherung in der Weise verhindern will, dass die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung insoweit nicht geleistet wird. Eine solche Begrenzung verstößt weder gegen Art. 14 Grundgesetz (GG), weil sie eine nach Abs. 1 Satz 2 dieser Vorschrift zulässige nähere Inhaltsbestimmung des Eigentums enthält, noch gegen Art. 3 GG, weil das mit der Maßnahme verfolgte Ziel, Doppelleistungen aus verschiedenen Sozialversicherungssystemen mit gleicher Zweckbestimmung zu vermeiden, sachgerecht ist; darüber hinaus ist auch kein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG zu erkennen (vgl. z.B. Fichte in Hauck/Nofts, SGB VI, K § 93 Rdnr. 1 m.w.N.; Bayrisches LSG, Urteil vom 15. September 2010 - L 13 R 196/09 -, juris Rdnr. 20).
Dem vom Sozialgericht zur Stützung seiner Entscheidung angeführten Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25. Januar 2011 in dem Verfahren L 9 R 153/09 - hinsichtlich dessen die Revision vor dem BSG mit dem Az. B 13 R 15/11 R anhängig ist - liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde. Im dortigen Fall hat sich der Kläger gegen die Anrechnung seiner (eigenen) Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf seine Witwerrente gewandt. Hier wendet sich die Klägerin gegen die Anrechnung der - aus der Versicherung ihres verstorbenen Mannes abgeleiteten - Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Das Urteil des Sozialgerichts war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anrechnung der Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung streitig.
Die am ... 1954 geborene Klägerin ist die Witwe des am ... 1950 geborenen und am ... 2005 gestorbenen Versicherten R. H. Sie war mit ihm seit dem 18. Juli 1975 verheiratet.
Der Versicherte hatte aufgrund einer entschädigungspflichtigen Berufskrankheit zuletzt von der Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft (MMBG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 von Hundert (v.H.) Verletztenrente bezogen (Bescheid der MMBG vom 14. Juni 2001) und von der Beklagten bzw. einer ihrer Rechtsvorgängerinnen seit dem 27. Februar 1992 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhalten. Mit Bescheid vom 13. August 2005 hatte die Beklagte die Rente des Versicherten für die Zeit ab dem 1. Oktober 2005 neu festgesetzt und folgende Berechnungsgrundlagen zugrunde gelegt: Die Rente aus der Rentenversicherung betrage 727,61 EUR. Die Leistung aus der Unfallversicherung betrage 1.078,91 EUR. Hiervon seien die "Grundrente nach dem BVG (MdE 100 v.H.)" in Höhe von 546,00 EUR und ein "Silikose-Freibetrag" in Höhe von 268,10 EUR abzusetzen, so dass als Leistung aus der Rentenversicherung 264,81 EUR zu berücksichtigen seien. Die Summe der Rentenbeträge ergebe 992,42 EUR. Den Grenzbetrag in Höhe von 1.132,86 EUR (70 Prozent von einem Zwölftel des Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von 19.420,39 EUR vervielfältigt mit dem Faktor 1,0000) habe die Summe der Rentenbeträge nicht überstiegen; eine Anrechnung der Leistung aus der Unfallversicherung erfolge daher nicht.
Mit Bescheid vom 15. September 2005 bewilligte die MMBG der Klägerin ab dem Todestag des Versicherten bis zum 30. November 2005 Witwenrente in Höhe von 1.078,91 EUR monatlich und anschließend in Höhe von 647,35 EUR monatlich.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin große Witwenrente ab dem 1. September 2005. Ab dem 1. September betrage der Zahlbetrag der Rente 49,04 EUR, ab dem 1. Oktober 2005 49,06 EUR und ab dem 1. Dezember 2005 29,44 EUR monatlich (bestandskräftige Bescheide vom 29. September 2005 und vom 24. November 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2006).
Mit Bescheid vom 7. Juni 2007 erhöhte die MMBG auf der Grundlage eines Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von 19.525,26 EUR die Witwenrente der Klägerin ab dem 1. Juli 2007 auf 650,84 EUR monatlich.
Daraufhin berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 14. August 2008 die Hinterbliebenenrente der Klägerin neu. Der bisherige Bescheid werde hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab dem 1. September 2005 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) aufgehoben. Der Zahlbetrag bleibe ab dem 1. September 2005 unverändert, ab dem 1. Juli 2007 werde er auf 29,60 EUR und ab dem 1. Oktober 2008 auf 29,84 EUR erhöht sowie eine Nachzahlung in Höhe von 0,15 EUR errechnet.
In der Anlage 7 zu dem Rentenbescheid ist dargelegt, dass sich ab dem 1. September 2005 die Summe der Rentenbeträge in Höhe von 1.851,58 EUR aus der Rente aus der Rentenversicherung in Höhe von 772,67 EUR und aus der Leistung aus der Unfallversicherung in Höhe von 1.078,91 EUR zusammensetze. Den Grenzbetrag in Höhe von 1.132,86 EUR (70 Prozent von einem Zwölftel des Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von 19.420,39 EUR vervielfältigt mit dem Faktor 1,0000) habe die Summe der Rentenbeträge um 718,72 EUR überstiegen, sodass die Rente der Rentenversicherung um diesen Betrag zu mindern sei und somit 53,95 EUR betragen habe. Ab dem 1. Dezember 2005 habe die Summe der Rentenbeträge 1.110,95 EUR ergeben (463,60 EUR Rente aus der Rentenversicherung zuzüglich 647,35 EUR Leistungen aus der Unfallversicherung) und damit den Grenzbetrag (70 Prozent von einem Zwölftel des Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von 19.420,39 EUR, d.h. 1.132,86 EUR, vervielfältigt mit dem Faktor 0,6000) in Höhe von 679,72 EUR um 431,23 EUR überstiegen. Nach Abzug dieses Betrages von dem Rentenbetrag der Rentenversicherung in Höhe von 463,60 EUR habe sich ein Rentenbetrag in Höhe von 32,37 EUR monatlich errechnet. Ab dem 1. Juli 2007 habe die Summe der Rentenbeträge 1.116,86 EUR betragen (Rente aus der Rentenversicherung 466,02 EUR zuzüglich Leistungen aus der Unfallversicherung 650,84 EUR). Unter Zugrundelegung von 70 Prozent von einem Zwölftel des Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von nunmehr 19.525,26 EUR, d.h. 1.138,97 EUR, vervielfältigt mit dem Faktor 0,6000 habe sich ein Grenzbetrag von 683,38 EUR ergeben, der die Summe der Rentenbeträge um 433,48 EUR überstiegen habe. Nach Abzug dieses Betrages von der Rente der Rentenversicherung in Höhe von 466,02 EUR habe sich ein monatlicher Rentenbetrag in Höhe von 32,54 EUR errechnet. Ab dem 1. Juli 2008 habe die Summe der Rentenbeträge 1.129,07 EUR ergeben (Rente aus der Rentenversicherung 471,07 EUR zuzüglich Leistungen aus der Unfallversicherung 658,00 EUR). Der Grenzbetrag habe 690,90 EUR betragen (70 Prozent von einem Zwölftel des Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von nun 19.740,04 EUR, d.h. 1.151,50 EUR, vervielfältigt mit dem Faktor 0,6000). Die Summe der Rentenbeträge habe den Grenzbetrag um 438,17 EUR überstiegen, sodass sich nach Abzug dieses Betrages von der Rente der Rentenversicherung in Höhe 471,07 EUR ein monatlicher Rentenbetrag von 32,90 EUR ergeben habe.
Hiergegen legte die Klägerin am 1. September 2008 Widerspruch ein. Ihr verstorbener Mann sei schwerst erkrankt gewesen und habe deswegen keiner Arbeit mehr nachgehen können. Er habe deshalb eine "EU-Rente von der Rentenstelle" und eine Rente wegen Berufskrankheit von der MMBG bekommen; diese beiden Renten seien sein Einkommen gewesen. Wäre ihr Mann nicht krank, sondern arbeitsfähig gewesen, so würde sein gesamtes normales Einkommen die Grundlage für die Berechnung ihrer Witwenrente sein.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2008 als unbegründet zurück. Die Vorschrift des § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) sei rechtmäßig angewendet worden. Das Vorbringen der Klägerin, im Gegensatz zu anderen Versicherten ungerecht behandelt zu werden, sei unbegründet. Die vorgenannte rechtliche Grundlage werde auf alle Versicherten, die gleichzeitig eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezögen, angewendet.
Hiergegen hat die Klägerin am 27. November 2008 beim Sozialgericht Halle Klage erhoben und die Abänderung des Bescheides vom 14. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2008 sowie die Gewährung einer anrechnungsfreien Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung verfolgt. Sie hat weiterhin an ihrer Auffassung festgehalten, durch die Hinterbliebenenrente solle der durch den Tod eines Familienangehörigen eingetretene Unterhaltsverlust weitgehend ausgeglichen und die wirtschaftliche Existenz der nächsten Angehörigen gesichert werden. Sie sei wegen der Pflegebedürftigkeit und der Schwersterkrankung ihres Mannes nicht mehr in der Lage gewesen, einer Arbeit nachzugehen, sodass die Renten des Mannes das Einkommen gewesen seien, von dem beide hätten leben müssen. Durch das Zusammenrechnen beider Renten werde ihre Witwenrente aus der Rentenversicherung erheblich gekürzt. Eigenes Einkommen habe sie nicht. Sie fühle sich durch die Anrechnung der Unfallrente erheblich benachteiligt.
Mit Urteil vom 6. April 2011 hat das Sozialgericht Halle den Bescheid der Beklagten vom 14. August in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2008 geändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Anrechnung der Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Die Klage sei zulässig und begründet. Die Beklagte habe die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht auf die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anrechnen dürfen. Rechtsgrundlage hierfür sei die Regelung des § 93 SGB VI. Zwar habe die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge den jeweiligen Rentenbetrag in unterschiedlicher Höhe überstiegen. Der Anrechnung stehe jedoch die Regelung in § 18a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) entgegen. Danach seien bei Renten wegen Todes steuerfreie Einnahmen nach § 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit im Einzelnen aufgeführten Ausnahmen nicht zu berücksichtigen. Bei dem Einkommen aus der Hinterbliebenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung handele es sich um solche steuerfreien Einkünfte. Denn gemäß § 3 Nr. 1a EStG seien u.a. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung steuerfrei. Das Sozialgericht hat insoweit auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 25. Januar 2011 - L 9 R 193/09 - Bezug genommen.
Gegen das ihr am 11. Mai 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Mai 2011 Berufung beim LSG Sachsen-Anhalt eingelegt. § 18a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB IV stehe der Anwendung von § 93 SGB VI nicht entgegen. Bei § 93 SGB VI handele es sich um eine Ruhens- oder Nichtleistungsvorschrift beim zeitlichen Zusammentreffen von Ansprüchen, die einen ähnlichen Sicherungszweck verfolgten. Die Regelungen der § 18 bis § 18e SGB IV seien Einkommensanrechnungsvorschriften, auf die in § 97 Abs. 1 SGB VI Bezug genommen werde. Einen solchen Rechtsgrundverweis enthalte die Regelung des § 93 SGB VI gerade nicht. Auch das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25. Januar 2011, welches zudem nicht rechtskräftig sei, da hiergegen Revision beim Bundessozialgericht (BSG) - B 13 R 15/11 R - eingelegt worden sei, betreffe die Anwendung von § 97 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung.
Die Beklagte beantragt ausdrücklich,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 6. April 2011 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 14. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2008 insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der vorliegende Sachverhalt und der, über den das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 25. Januar 2011 entschieden habe, seien äquivalent. In beiden Rechtsstreiten gehe es um die Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Witwenrente.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Vorsitzende als befangen abgelehnt. Dieser Antrag ist nach Unterbrechung des Verhandlungstermins unter dem Vorsitz des Richters am LSG F., unter Hinzuziehung des Richters am LSG H. sowie unter Mitwirkung der Richterin am Sozialgericht A. und der ehrenamtlichen Richter S. und M. durch Beschluss zurückgewiesen worden. In der fortgesetzten mündlichen Verhandlung unter dem Vorsitz der Vorsitzenden Richterin am LSG K. hat die Klägerin beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben, da sie beabsichtige, sofortige Beschwerde beim BSG einzulegen. Daraufhin sind die Sachanträge protokolliert und die mündliche Verhandlung ist geschlossen worden. Nach geheimer Beratung hat der Senat in der aus dem Rubrum ersichtlichen Besetzung entschieden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der aus dem Rubrum ersichtlichen Besetzung verhandeln und entscheiden. Anlass für eine Vertagung des Rechtsstreits bestand nicht. Über den Befangenheitsantrag der Klägerin hat der Senat in der nach der Geschäftverteilung vorgesehenen Besetzung durch den nach § 177 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unanfechtbaren Beschluss (§ 60 Abs. 1 Satz 2 SGG) entschieden. Die sofortige Beschwerde gemäß § 46 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) findet nach § 60 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht statt.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der angefochtene Bescheid vom 14. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Die gegen den Bescheid vom 14. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2008 gerichtete Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig mit dem Ziel, ab dem 1. September 2005 eine anrechnungsfreie Witwenrente zu erhalten. Zwar hatte die Beklagte mit den bestandskräftigen Bescheiden vom 29. September 2005 und 24. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2006 der Klägerin ab dem 1. September 2005 große Witwenrente bewilligt. Mit dem Bescheid vom 14. August 2008 hat die Beklagte jedoch die Witwenrente der Klägerin gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X ab dem 1. September 2005 (mit im Ergebnis gleichbleibendem Zahlbetrag) neu berechnet und insoweit die Bestandskraft der bestandskräftigen Bescheide durchbrochen. Die Klägerin konnte deshalb für den gesamten Zeitraum des Rentenbezuges eine höhere Rente geltend machen, ohne ihrerseits die bestandskräftig gewordenen Bescheide nach § 44 SGB X überprüfen zu lassen.
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer höheren Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 1. September 2005. Nach § 93 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI wird, wenn für denselben Zeitraum Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente aus der Rentenversicherung und eine entsprechende Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung besteht, die Rente aus der Rentenversicherung insoweit nicht geleistet, als die Summe beider Renten vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt. Diese Vorschrift hat die Beklagte rechtmäßig angewendet. Sie hat jeweils unter Zugrundelegung der zutreffenden Beträge der Renten aus der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung sowie des Jahresarbeitsverdienstes rechnerisch richtig den Grenzbetrag und die den Grenzbetrag übersteigende Rente sowie den monatlich zustehenden Rentenbetrag ermittelt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts steht der Anwendung des § 93 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI die Vorschrift des § 18a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB IV nicht entgegen. Diese Vorschrift ist erst auf die nach § 93 SGB VI ermittelte Hinterbliebenenversorgung anzuwenden (vgl. Fichte in Hauck/Nofts, SGB VI, K § 93 Rdnr. 12). Aus dem Wortlaut in § 93 Abs. 1 SGB VI "wird die Rente insoweit nicht geleistet" lässt sich herleiten, dass dem - dem Grunde und der Höhe nach bestehenden - Rentenanspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Anrechnungsbetrag "anspruchsvernichtend" entgegen zu halten ist (vgl. Urteil des BSG vom 10. April 2003 - B 4 RA 32/02 R -; juris Rdnr. 12, 13). Die Ruhensregelung ist zudem nach dem Gesetzeswortlaut "vor Einkommensanrechnung" anzuwenden. Die Vorschriften über die Einkommensanrechnung in §§ 18a bis e SGB IV kommen damit erst dann zur Anwendung, wenn zu prüfen ist, inwieweit Einkommen auf ein dem Grunde und der Höhe nach ermittelten Rentenanspruch anzurechnen ist.
Die Ausnahmevorschrift des § 93 Abs. 5 SGB VI, wonach eine Anrechnung nicht vorgenommen wird, ist hier nicht einschlägig.
Die Regelungen der grundsätzlichen Anrechnung der Rente aus der Unfallversicherung auf die Rente aus der Rentenversicherung sind nach Auffassung des Senats auch verfassungsgemäß. Die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und die aus der gesetzlichen Unfallversicherung andererseits sind ihrer Struktur nach Lohnersatz, wobei § 93 Abs. 1 SGB VI eine Doppelversorgung durch die funktionsgleichen Leistungen aus den Versorgungssystemen der Renten- und Unfallversicherung in der Weise verhindern will, dass die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung insoweit nicht geleistet wird. Eine solche Begrenzung verstößt weder gegen Art. 14 Grundgesetz (GG), weil sie eine nach Abs. 1 Satz 2 dieser Vorschrift zulässige nähere Inhaltsbestimmung des Eigentums enthält, noch gegen Art. 3 GG, weil das mit der Maßnahme verfolgte Ziel, Doppelleistungen aus verschiedenen Sozialversicherungssystemen mit gleicher Zweckbestimmung zu vermeiden, sachgerecht ist; darüber hinaus ist auch kein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG zu erkennen (vgl. z.B. Fichte in Hauck/Nofts, SGB VI, K § 93 Rdnr. 1 m.w.N.; Bayrisches LSG, Urteil vom 15. September 2010 - L 13 R 196/09 -, juris Rdnr. 20).
Dem vom Sozialgericht zur Stützung seiner Entscheidung angeführten Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25. Januar 2011 in dem Verfahren L 9 R 153/09 - hinsichtlich dessen die Revision vor dem BSG mit dem Az. B 13 R 15/11 R anhängig ist - liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde. Im dortigen Fall hat sich der Kläger gegen die Anrechnung seiner (eigenen) Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf seine Witwerrente gewandt. Hier wendet sich die Klägerin gegen die Anrechnung der - aus der Versicherung ihres verstorbenen Mannes abgeleiteten - Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Das Urteil des Sozialgerichts war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
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