Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 46 U 90011/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 87/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Magenkrebserkrankung des Klägers als Berufskrankheit der Haut nach Nr. 5102, hilfsweise Nr. 5101 der Anl. 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen ist.
Der 1941 geborene Kläger wandte sich mit einem Schreiben vom 3. April 2003 an die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich Beklagte) und berichtete über eine Magenkrebserkrankung, die im September 2002 Symptome gezeigt hatte und diagnostiziert worden war. Zur Behandlung sei ihm am 18. Oktober 2002 der Magen entfernt worden. Er vertrat die Meinung, bei der Krankheitsentstehung hätten die Arbeitsverhältnisse in seiner Berufstätigkeit mitgewirkt. Eine große Zahl von Kollegen sei in einem Alter von knapp 65 Jahren verstorben, teilweise auch an Krebs. Er habe zwischen 1956 und 1996 als Feinblechwalzer im Walzwerk B. gearbeitet. In den ersten zwei Jahrzehnten der Tätigkeit sei reines Bitumen gekocht, zu Fettpaketen geformt und dann als Schmiermittel für die Walzen verwendet worden. Danach sei Seife als Grundlage für die Schmiermittel verwendet worden, die unter Freisetzung ätzender Dämpfe ebenfalls gekocht worden sei. Die Luft in den Werkhallen sei ständig mit Metallstaubteilchen angereichert gewesen.
In der Unternehmeranzeige vom 5. Mai 2003 teilten die Verantwortlichen der Walzwerk B. GmbH mit, der Kläger sei Lärm, Wärme, gasförmigen Schadstoffen und Stäuben ausgesetzt gewesen. Als gasförmige Schadstoffe seien Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Schwefeldioxid, Schwefelwasserstoff, Stickstoffdioxid sowie Kohlenwasserstoffe aufgetreten. Die Stäube hätten der Staubgruppe V angehört und seien als mineralische und nicht toxische metallische Stäube ohne freie Kieselsäure angefallen. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen seien – zuletzt 1995 – vorgenommen worden. Bei Messungen im Jahre 1967 seien die ermittelten Werte der Gase und Stäube unter den MAK-Werten geblieben.
In dem beigezogenen Bericht der chirurgischen Universitätsklinik M. vom 29. Oktober 2002 ist ausgeführt, bei dem Kläger sei schon im Jahr 1992 wegen eines Magen- und Zwölffingerdarmgeschwürsleidens eine Magenteilentfernung nach B 1 vorgenommen worden. Im Restmagen habe sich jetzt ein Adenokarzinom gezeigt und sei entfernt worden. Es sei eine Ersatzmagenbildung nach Hunt vorgenommen worden.
In der Stellungnahme vom 5. Juni 2003 führte die Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. M. aus, Magenkarzinome seien die vierthäufigste Krebsart und träten bevorzugt zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr auf, bei Männern häufiger als bei Frauen. Die Ursachen seien weitestgehend unbekannt. Gesicherte medizinischwissenschaftliche Erkenntnisse zur Entstehung eines Magenkarzinoms durch berufliche Einwirkungen lägen nicht vor.
Die angeschuldigte Einwirkung von heißem Bitumen sei gekennzeichnet durch eine geringfügige Freisetzung von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen. Diese könnten Lungenkrebs verursachen. Ein erhöhtes Risiko für andere Krebse sei nicht gesichert.
Mit Bescheid vom 21. August 2003 lehnte die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Entschädigung wegen seiner Erkrankung ab. Sie sei weder eine Berufskrankheit noch wie eine Berufskrankheit zu entschädigen. Der Kläger sei während seiner Berufstätigkeit in geringem Maße gegenüber polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen in heißem Bitumen exponiert gewesen. Nach dem Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaften seien diese Stoffe zur Verursachung eines Magenkarzinoms nicht geeignet.
Die nachfolgenden Rechtsbehelfsverfahren blieben erfolglos. Nachdem der Berichterstatter in einem Erörterungstermin im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht auf zwei Urteile des Bundessozialgerichts hingewiesen hatte (Urt. v. 30.4.1986 – 2 RU 35/85, Urt. v. 28.4.2004 – B 2 U 21/03 R), nahm der Kläger die anhängige Berufung zurück. Zugleich beantragte er eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung über die Berufskrankheiten nach Nrn. 5101 und/oder 5102 der Anl. zur Berufskrankheiten-Verordnung.
Mit Bescheid vom 30. November 2007 lehnte es der Rentenausschuss der Beklagten ab, das Magenkarzinom des Klägers als Berufskrankheit nach Nrn. 5101 bzw. 5102 der Berufskrankheitenliste anzuerkennen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Magen stelle ein eigenständiges Zielorgan dar, dass man nicht zu dem Zielorgan Haut rechnen könne. Auch bei einer weiten Auslegung der betroffenen Tatbestände müsse es sich um Veränderungen der Hautoberfläche einschließlich der unmittelbar darunter befindlichen Schichten handeln. Dazu gehöre der Magen als eigenständiges inneres Organ nicht.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und führte aus, die für eine Hautkrebserkrankung verantwortlichen Stoffe könnten auch das Adenokarzinom in seinem Falle verursacht haben. Dabei handele es sich um eine Erkrankung der drüsenähnlichen Schleimhaut des Magens, gewissermaßen seiner Innenhaut. Danach sei auch diese Erkrankung berufsbedingt, wenn die Haut durch ein Karzinom geschädigt werde. Die Berufskrankheit nach Nr. 5102 meine wohl umgangssprachlich die äußere Haut. Es gebe aber gewisse Parallelen zur inneren Haut in Form der Zellstrukturen und des Aufbaus. Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folge eine weite Auslegung des Begriffs der Haut.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück und blieb bei der abgegebenen Begründung.
Mit der noch im gleichen Monat beim Sozialgericht Stendal erhobenen Klage hat der Kläger sein Anliegen weiter verfolgt und ergänzend geltend gemacht, die Beklagte habe nicht ermittelt, ob die eingeatmeten bzw. über den Speichel aufgenommenen Metallstäube in Verbindung mit entweichenden Schadstoffen aus Bitumen und Kernseife eine Krebs erregende Wirkung entfalte.
Mit Urteil vom 26. Oktober 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Gesetzgeber habe mit den Berufskrankheiten der Nrn. 5101 und 5102 der Anlage zur BKV nur die äußere Haut als Zielorgan erfassen wollen. Körperinnere Häute wie Knochenhaut, Gehirnhaut oder eben die Magenschleimhaut seien von diesen Tatbeständen nicht erfasst. Zwar möge auch die Magenschleimhaut gefährdet sein. Für eine extensive Ausweitung der Berufskrankheiten nach Nrn. 5101 und 5102 der Anlage zur BKV gebe es aber keinen Anhalt. Eine solche werde auch in der einschlägigen Literatur nicht erörtert. Es sei dem Verordnungsgeber überlassen, weitere Berufskrankheiten einzuführen. Allerdings sei es weiterhin unklar, auf welcher Grundlage Magenkarzinome entstünden.
Gegen das ihm am 7. November 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger noch im gleichen Monat Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, die von der Beklagten und dem Sozialgericht vertretene Rechtsauffassung sei zu eng, und bleibt insgesamt bei seinem Vorbringen. Zwischen der Zwei-Drittel-Magenentfernung im Jahre 1992 und dem Ausbruch des Magenkarzinoms sei er wegen des Magens nicht in Behandlung gewesen.
Der Kläger stellt einen Beweisantrag, der sich auf die Ermittlung gefährdender beruflicher Einwirkungen bezieht und den das Gericht als Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 13. Februar 2014 genommen hat.
Der Kläger beantragt in der Hauptsache,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Oktober 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2008 aufzuheben und
festzustellen, dass bei ihm ab September 2002 eine Magenkrebserkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 5102, hilfsweise nach Nr. 5101 der Anl. 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung oder als deren Folge vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich dem Urteil des Sozialgerichts an.
Das Gericht hat Befund- und Behandlungsberichte eingeholt, wegen deren Inhalt auf Bl. 80 - 111 d. A. Bezug genommen wird. Die Klinik für Urologie des Klinikums M. hat auf einer CD gespeicherte Krankenunterlagen übersandt, die ausschließlich anderweitige Erkrankungen betreffen.
Das Gericht hat sodann ein Gutachten der Fachärztin für Arbeitsmedizin/Umweltmedizin Dr. B., Oberärztin an der Universitätsklinik H., vom 2. September 2013 eingeholt, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 122 -131 d. A. Bezug genommen wird. Im Wesentlichen hat die Sachverständige ausgeführt, für viele Magenkrebserkrankungen könne bisher kein auslösender Faktor benannt werden. Denkbar sei, dass der Kläger mit Nitrosaminen Kontakt gehabt habe, was hier wegen fehlender technischer Ermittlungen unklar sei. Nitrosamine seien ein starkes Karzinogen. Im medizinischen Sprachgebrauch werde unter Haut nur die äußere Haut und würden nicht die Schleimhäute verstanden. Auch im Bereich der Nr. 5102 der Anl. 1 zur BKV sei dies nicht anders zu verstehen. In der Beschreibung der Erkrankungen (gemeint wohl: in den wissenschaftlichen Begründungen) würden auch ausschließlich Erkrankungen der äußeren Haut aufgeführt. Es gehe dabei auch um andere Ursachen wie die Einwirkung von Teer oder UV-Strahlen. Tumoren an inneren Schleimhäuten seien (ggf.) von anderen Tatbeständen erfasst. Die Aufnahmepfade und Verstoffwechselungen seien bei äu-ßerer Haut und Schleimhäuten völlig unterschiedlich. Eine weite Auslegung des Begriffes der Haut im Sinne der Nr. 5101 der Anl. 1 zur BKV mit Einbeziehung der inneren Schleimhäute sei medizinisch nicht sinnvoll.
Der Kläger hat gegen das Gutachten eingewandt, die von der Sachverständigen aufgeworfenen Fragen zum Begriff der Haut gingen an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorbei. Danach solle die Auslegung des Begriffes der Hauterkrankung vom Schutzzweck der Norm her erfolgen. Die Absicherung der wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen des Einflusses schädlicher Arbeitsstoffe müsse im Vordergrund stehen. Ein Adenokarzinom sei ein Karzinom, das vom Epithelgewebe ausgehe, das ebenso Teil der Haut wie der Schleimhäute sei. Soweit die Sachverständige ausgeführt habe, Schadstoffe könnten in den Magen nur aktiv durch Verschlucken oder Aufnahme in die Blutbahn gelangen, sei dies sicher richtig. Sein Karzinom sei nicht im Magen entstanden, sondern von dessen äußerer Haut ausgegangen. Dort lagerten sich die Schadstoffe durch Einatmen ab.
In der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung hat die Akte der Beklagten – Az. 4 S 41 2003 004532 – vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2008 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Die Beklagte hat darin zu Recht die Anerkennung einer Erkrankung nach Nrn. 5102 und 5101 der Anl. 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (Anl. 1 BKV i.d.F. v. 11.6.2009, BGBl. I S. 1273) abgelehnt, weil sich die Erkrankung des Klägers darunter nicht fassen lässt.
Der Magenkrebs des Klägers ist kein Hautkrebs im Sinne von Nr. 5102 Anl. 1 BKV. Der allgemeine und medizinische Sprachgebrauch versteht unter Hautkrebs von der Haut ausgehende maligne Neubildungen und unter Haut das allgemein so bezeichnete Oberflächenorgan (Pschyrembel, 264. Aufl. zu den entsprechenden Schlagworten). Aus dem Gutachten von Dr. B. ergibt sich, dass nach dem Verständnis der medizinischen Zusammenhänge eine Ausweitung des Begriffs der Haut auf Schleimhäute nicht geboten ist. Sie weist zu Recht darauf hin, dass die äußere Haut von anderen Schadeinflüssen – etwa unmittelbaren Teerauflagerungen oder ultravioletter Strahlung – erreicht wird als Schleimhäute. Sie stützt ihre Auffassung weiterhin auf die charakteristischen Zellstrukturen, die Hautkrebserkrankungen von Krebserkrankungen der Schleimhäute unterscheiden und die bei der (äußeren) Haut Melanome, Plattenepithelkarzinome und Basaliome bilden. Diese Überlegung entspricht der medizinischen Literatur, die als typische Hautkrebserkrankungen das Basalzellkarzinom und das Plattenepithelkarzinom anführt, während ein Adenokarzinom an Schleimhäute gebunden ist (a.a.O., Schlagwort).
Diesen im Ansatz medizinischen Überlegungen kann nicht eine vermeintlich andersartige rechtliche Betrachtungsweise entgegen gestellt werden, weil sie gerade auch dafür von Ausschlag gebender Bedeutung sind. Denn auch der Schutzzweck des Berufskrankheitenrechts gebietet es nicht, den Begriff der "Haut" im Sinne der Nr. 5102 Anl. 1 BKV nur wegen der Verwendung des Wortes auch auf Häute im Körperinneren zu erstrecken oder eine solche Überlegung – vergleichbar – auf sog. "Felle" im Körperinneren auszudehnen. Insoweit gilt selbstverständlich, dass eine Beschränkung auf einen allgemeinen oder medizinischen Sprachgebrauch bei der Auslegung (BSG, Urt. v. 28.4.2004 – B 2 U 21/03 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 16) nicht gerechtfertigt erscheint. Angesichts der Liste verschiedener Einzeltatbestände in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung reicht es weiterhin nicht aus, zur Bestimmung des Schutzzwecks allein auf die (allgemeine) Absicherung gegen die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen des Einflusses schädlicher Arbeitsstoffe abzustellen. Dies ist nur dann hinreichend, wenn es jedenfalls um Teile "des komplexen Organs Haut" (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 16, 17, Unterstreichung vom hier erkennenden Senat) im Sinne eines Körperoberflächenorgans geht. Würde man die Überlegung in ihrer allgemeinen Form auch auf Körperbereiche ausdehnen, bei denen es sicher nicht mehr um Teile dieses einen komplexen Organs Haut geht, ergäbe sich eine uferlose Ausdehnung des Begriffes der Haut auf den Bereich des gesamten Körpers. Damit würde aber die Prüfung entgegen § 9 Abs. 1 S. 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII – G. v. 7.8.1996, BGBl. I S. 1254) auf eine Prüfung beschränkt, ob eine bestimmte Erkrankung im Einzelfall durch berufliche Einwirkungen verursacht ist.
Der Schutzzweck der jeweiligen Berufskrankheitentatbestände ist vorrangig aus der allgemeinen Begriffsbestimmung einer Berufskrankheit abzuleiten. Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 SGB VII dadurch gekennzeichnet, dass sie – im Sinne allgemeiner Gefährdung – durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die Gesamtbevölkerung ausgesetzt sind. Ist dies nach den vorliegend dargestellten Unterschieden für die (äußere) Haut festgestellt und zum Gegenstand eines Berufskrankheitentatbestandes gemacht worden, besagt dies für die Betroffenheit körperinnerer Schleimhäute gar nichts. Erkenntnisse über vergleichbare Ein- und Auswirkungen liegen aber nach dem Gutachten der Sachverständigen gerade nicht vor, zumal Aufnahmepfade und Verstoffwechselung im Körper völlig unterschiedlich sind.
Als Erkrankung nach Nr. 5101 der Anl. 1 BKV ist hier die (operativ behandelte) Magengeschwürserkrankung zu prüfen, die allein erst vorgelegen hat, als der Kläger die als gefährdend angesehene berufliche Tätigkeit aufgegeben hat. Ob aus Rechtsgründen die später aufgetretene Magenkrebserkrankung nicht auch als Berufskrankheit, sondern allenfalls als deren Folge – nämlich Folge der vorangehenden Magengeschwürserkrankung – in Betracht kommt, kann offen bleiben, weil eine Hauterkrankung im Sinne von Nr. 5101 der Anl. 1 BKV jedenfalls keine Erkrankung der Magenschleimhaut sein kann. Insoweit gelten für die Abgrenzung die schon dargestellten Überlegungen, die sich auf das Sachverständigengutachten von Dr. B. stützen. Danach könnten die Erkrankungen der Schleimhäute schon untereinander nicht sachgerecht unter einem einheitlichen Begriff der Hauterkrankung erfasst werden. Dies zeigt die überzeugende Überlegung der Sachverständigen, dass bestimmte, durchaus von Tatbeständen der Anl. 1 BKV erfasste Schadstoffe nicht zu Erkrankungen der Schleimhäute führen, sondern Schleimhäute jeweils unterschiedlicher Zielorgane gefährden. Insofern geht es um unterschiedliche Gefährdungen im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 2 SGB VII. Deren Prüfung kann nicht dadurch umgangen werden, dass eine Auslegung eines vorhandenen Tatbestandes gewählt wird, die über den medizinischen und allgemeinen sprachlichen Gebrauch hinausreicht, ohne durch entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse zur abstrakten Gefährdung untermauert zu sein. Solche Erkenntnisse ergeben sich aber nach dem Gutachten der Sachverständigen nicht.
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 30.4.1986 – 2 RU 35/85, zitiert nach Juris; v. 28.4.2004, a.a.O.) steht diesen Überlegungen nicht entgegen. Beide Entscheidungen beziehen sich auf die (äußere) Haut ("Deckschicht", vgl. Urt. v. 30.4. 1986, a.a.O., Rdnr. 16), die die Körperoberfläche bildet. Dazu gehören sowohl die Bindehaut wie auch die Kapillaren in diesem Bereich. Zu Recht entnimmt der Kläger den Entscheidungen, der Begriff der Hauterkrankung sei vorrangig aus dem Schutzzweck der Norm abzuleiten. Eben dies ist Gegenstand der Überlegung, ob die Magenschleimhaut vergleichbaren Gefährdungen ausgesetzt ist wie die Haut, auf die sich die Einführung der Berufskrankheit nach Nr. 5101 Anl. 1 BKV bezogen hat, und ob es überhaupt wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, wonach die Magenschleimhaut einer spezifischen beruflichen Gefahrenerhöhung gegenüber der Gesamtbevölkerung ausgesetzt ist. Beides ist nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens nicht der Fall. Weiterhin liegt hier keine Einwirkung im Sinne des Schutzzwecks vor, der sich in erster Linie und jedenfalls der eigentlichen Zielrichtung nach gegen äußerlich wirkende schädigende Einflüsse richtet (BSG, Urt. v. 30.4.1986, a.a.O., Rdnr. 16). Eine solche äußerliche Wirkung stellt die nach der Sachverständigen für die Magenschleimhaut nur in Betracht kommende Einwirkung durch Verschlucken oder Aufnahme in die Blutbahn nicht dar.
Weitere Berufskrankheitentatbestände oder die Entscheidung über eine Wie-Berufskrankheit sind weder Gegenstand des vom Kläger gestellten Antrages zur Hauptsache noch der Prüfung der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid. Die von der Sachverständigen erwogene Möglichkeit einer Einwirkung von Nitrosaminen kann daher nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung sein. Dazu gehört ebenso wenig eine weitere Klärung von beruflichen Einwirkungen im Übrigen im Sinne des Beweisantrages des Klägers, soweit diese nicht ohnehin schon im Rahmen des früheren, bestandskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens erfolgt sein sollte. Ob Probleme einer Gefährdung durch Nitrosamine in kosmetischen Zusatzstoffen von Seifen – so die Sachverständige – bei einer Verwendung von "Kernseife" oder Schmierseife – so der Kläger – ernsthaft Anlass zu einer Vertiefung dieser Überlegung geben, muss daher hier dahinstehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG nach dem Unterliegen des Klägers.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil die Entscheidung auf der tatsächlichen Würdigung medizinischer Sachverhalte bei geklärter Rechtslage beruht.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Magenkrebserkrankung des Klägers als Berufskrankheit der Haut nach Nr. 5102, hilfsweise Nr. 5101 der Anl. 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen ist.
Der 1941 geborene Kläger wandte sich mit einem Schreiben vom 3. April 2003 an die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich Beklagte) und berichtete über eine Magenkrebserkrankung, die im September 2002 Symptome gezeigt hatte und diagnostiziert worden war. Zur Behandlung sei ihm am 18. Oktober 2002 der Magen entfernt worden. Er vertrat die Meinung, bei der Krankheitsentstehung hätten die Arbeitsverhältnisse in seiner Berufstätigkeit mitgewirkt. Eine große Zahl von Kollegen sei in einem Alter von knapp 65 Jahren verstorben, teilweise auch an Krebs. Er habe zwischen 1956 und 1996 als Feinblechwalzer im Walzwerk B. gearbeitet. In den ersten zwei Jahrzehnten der Tätigkeit sei reines Bitumen gekocht, zu Fettpaketen geformt und dann als Schmiermittel für die Walzen verwendet worden. Danach sei Seife als Grundlage für die Schmiermittel verwendet worden, die unter Freisetzung ätzender Dämpfe ebenfalls gekocht worden sei. Die Luft in den Werkhallen sei ständig mit Metallstaubteilchen angereichert gewesen.
In der Unternehmeranzeige vom 5. Mai 2003 teilten die Verantwortlichen der Walzwerk B. GmbH mit, der Kläger sei Lärm, Wärme, gasförmigen Schadstoffen und Stäuben ausgesetzt gewesen. Als gasförmige Schadstoffe seien Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Schwefeldioxid, Schwefelwasserstoff, Stickstoffdioxid sowie Kohlenwasserstoffe aufgetreten. Die Stäube hätten der Staubgruppe V angehört und seien als mineralische und nicht toxische metallische Stäube ohne freie Kieselsäure angefallen. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen seien – zuletzt 1995 – vorgenommen worden. Bei Messungen im Jahre 1967 seien die ermittelten Werte der Gase und Stäube unter den MAK-Werten geblieben.
In dem beigezogenen Bericht der chirurgischen Universitätsklinik M. vom 29. Oktober 2002 ist ausgeführt, bei dem Kläger sei schon im Jahr 1992 wegen eines Magen- und Zwölffingerdarmgeschwürsleidens eine Magenteilentfernung nach B 1 vorgenommen worden. Im Restmagen habe sich jetzt ein Adenokarzinom gezeigt und sei entfernt worden. Es sei eine Ersatzmagenbildung nach Hunt vorgenommen worden.
In der Stellungnahme vom 5. Juni 2003 führte die Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. M. aus, Magenkarzinome seien die vierthäufigste Krebsart und träten bevorzugt zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr auf, bei Männern häufiger als bei Frauen. Die Ursachen seien weitestgehend unbekannt. Gesicherte medizinischwissenschaftliche Erkenntnisse zur Entstehung eines Magenkarzinoms durch berufliche Einwirkungen lägen nicht vor.
Die angeschuldigte Einwirkung von heißem Bitumen sei gekennzeichnet durch eine geringfügige Freisetzung von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen. Diese könnten Lungenkrebs verursachen. Ein erhöhtes Risiko für andere Krebse sei nicht gesichert.
Mit Bescheid vom 21. August 2003 lehnte die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Entschädigung wegen seiner Erkrankung ab. Sie sei weder eine Berufskrankheit noch wie eine Berufskrankheit zu entschädigen. Der Kläger sei während seiner Berufstätigkeit in geringem Maße gegenüber polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen in heißem Bitumen exponiert gewesen. Nach dem Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaften seien diese Stoffe zur Verursachung eines Magenkarzinoms nicht geeignet.
Die nachfolgenden Rechtsbehelfsverfahren blieben erfolglos. Nachdem der Berichterstatter in einem Erörterungstermin im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht auf zwei Urteile des Bundessozialgerichts hingewiesen hatte (Urt. v. 30.4.1986 – 2 RU 35/85, Urt. v. 28.4.2004 – B 2 U 21/03 R), nahm der Kläger die anhängige Berufung zurück. Zugleich beantragte er eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung über die Berufskrankheiten nach Nrn. 5101 und/oder 5102 der Anl. zur Berufskrankheiten-Verordnung.
Mit Bescheid vom 30. November 2007 lehnte es der Rentenausschuss der Beklagten ab, das Magenkarzinom des Klägers als Berufskrankheit nach Nrn. 5101 bzw. 5102 der Berufskrankheitenliste anzuerkennen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Magen stelle ein eigenständiges Zielorgan dar, dass man nicht zu dem Zielorgan Haut rechnen könne. Auch bei einer weiten Auslegung der betroffenen Tatbestände müsse es sich um Veränderungen der Hautoberfläche einschließlich der unmittelbar darunter befindlichen Schichten handeln. Dazu gehöre der Magen als eigenständiges inneres Organ nicht.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und führte aus, die für eine Hautkrebserkrankung verantwortlichen Stoffe könnten auch das Adenokarzinom in seinem Falle verursacht haben. Dabei handele es sich um eine Erkrankung der drüsenähnlichen Schleimhaut des Magens, gewissermaßen seiner Innenhaut. Danach sei auch diese Erkrankung berufsbedingt, wenn die Haut durch ein Karzinom geschädigt werde. Die Berufskrankheit nach Nr. 5102 meine wohl umgangssprachlich die äußere Haut. Es gebe aber gewisse Parallelen zur inneren Haut in Form der Zellstrukturen und des Aufbaus. Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folge eine weite Auslegung des Begriffs der Haut.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück und blieb bei der abgegebenen Begründung.
Mit der noch im gleichen Monat beim Sozialgericht Stendal erhobenen Klage hat der Kläger sein Anliegen weiter verfolgt und ergänzend geltend gemacht, die Beklagte habe nicht ermittelt, ob die eingeatmeten bzw. über den Speichel aufgenommenen Metallstäube in Verbindung mit entweichenden Schadstoffen aus Bitumen und Kernseife eine Krebs erregende Wirkung entfalte.
Mit Urteil vom 26. Oktober 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Gesetzgeber habe mit den Berufskrankheiten der Nrn. 5101 und 5102 der Anlage zur BKV nur die äußere Haut als Zielorgan erfassen wollen. Körperinnere Häute wie Knochenhaut, Gehirnhaut oder eben die Magenschleimhaut seien von diesen Tatbeständen nicht erfasst. Zwar möge auch die Magenschleimhaut gefährdet sein. Für eine extensive Ausweitung der Berufskrankheiten nach Nrn. 5101 und 5102 der Anlage zur BKV gebe es aber keinen Anhalt. Eine solche werde auch in der einschlägigen Literatur nicht erörtert. Es sei dem Verordnungsgeber überlassen, weitere Berufskrankheiten einzuführen. Allerdings sei es weiterhin unklar, auf welcher Grundlage Magenkarzinome entstünden.
Gegen das ihm am 7. November 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger noch im gleichen Monat Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, die von der Beklagten und dem Sozialgericht vertretene Rechtsauffassung sei zu eng, und bleibt insgesamt bei seinem Vorbringen. Zwischen der Zwei-Drittel-Magenentfernung im Jahre 1992 und dem Ausbruch des Magenkarzinoms sei er wegen des Magens nicht in Behandlung gewesen.
Der Kläger stellt einen Beweisantrag, der sich auf die Ermittlung gefährdender beruflicher Einwirkungen bezieht und den das Gericht als Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 13. Februar 2014 genommen hat.
Der Kläger beantragt in der Hauptsache,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Oktober 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2008 aufzuheben und
festzustellen, dass bei ihm ab September 2002 eine Magenkrebserkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 5102, hilfsweise nach Nr. 5101 der Anl. 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung oder als deren Folge vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich dem Urteil des Sozialgerichts an.
Das Gericht hat Befund- und Behandlungsberichte eingeholt, wegen deren Inhalt auf Bl. 80 - 111 d. A. Bezug genommen wird. Die Klinik für Urologie des Klinikums M. hat auf einer CD gespeicherte Krankenunterlagen übersandt, die ausschließlich anderweitige Erkrankungen betreffen.
Das Gericht hat sodann ein Gutachten der Fachärztin für Arbeitsmedizin/Umweltmedizin Dr. B., Oberärztin an der Universitätsklinik H., vom 2. September 2013 eingeholt, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 122 -131 d. A. Bezug genommen wird. Im Wesentlichen hat die Sachverständige ausgeführt, für viele Magenkrebserkrankungen könne bisher kein auslösender Faktor benannt werden. Denkbar sei, dass der Kläger mit Nitrosaminen Kontakt gehabt habe, was hier wegen fehlender technischer Ermittlungen unklar sei. Nitrosamine seien ein starkes Karzinogen. Im medizinischen Sprachgebrauch werde unter Haut nur die äußere Haut und würden nicht die Schleimhäute verstanden. Auch im Bereich der Nr. 5102 der Anl. 1 zur BKV sei dies nicht anders zu verstehen. In der Beschreibung der Erkrankungen (gemeint wohl: in den wissenschaftlichen Begründungen) würden auch ausschließlich Erkrankungen der äußeren Haut aufgeführt. Es gehe dabei auch um andere Ursachen wie die Einwirkung von Teer oder UV-Strahlen. Tumoren an inneren Schleimhäuten seien (ggf.) von anderen Tatbeständen erfasst. Die Aufnahmepfade und Verstoffwechselungen seien bei äu-ßerer Haut und Schleimhäuten völlig unterschiedlich. Eine weite Auslegung des Begriffes der Haut im Sinne der Nr. 5101 der Anl. 1 zur BKV mit Einbeziehung der inneren Schleimhäute sei medizinisch nicht sinnvoll.
Der Kläger hat gegen das Gutachten eingewandt, die von der Sachverständigen aufgeworfenen Fragen zum Begriff der Haut gingen an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorbei. Danach solle die Auslegung des Begriffes der Hauterkrankung vom Schutzzweck der Norm her erfolgen. Die Absicherung der wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen des Einflusses schädlicher Arbeitsstoffe müsse im Vordergrund stehen. Ein Adenokarzinom sei ein Karzinom, das vom Epithelgewebe ausgehe, das ebenso Teil der Haut wie der Schleimhäute sei. Soweit die Sachverständige ausgeführt habe, Schadstoffe könnten in den Magen nur aktiv durch Verschlucken oder Aufnahme in die Blutbahn gelangen, sei dies sicher richtig. Sein Karzinom sei nicht im Magen entstanden, sondern von dessen äußerer Haut ausgegangen. Dort lagerten sich die Schadstoffe durch Einatmen ab.
In der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung hat die Akte der Beklagten – Az. 4 S 41 2003 004532 – vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2008 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Die Beklagte hat darin zu Recht die Anerkennung einer Erkrankung nach Nrn. 5102 und 5101 der Anl. 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (Anl. 1 BKV i.d.F. v. 11.6.2009, BGBl. I S. 1273) abgelehnt, weil sich die Erkrankung des Klägers darunter nicht fassen lässt.
Der Magenkrebs des Klägers ist kein Hautkrebs im Sinne von Nr. 5102 Anl. 1 BKV. Der allgemeine und medizinische Sprachgebrauch versteht unter Hautkrebs von der Haut ausgehende maligne Neubildungen und unter Haut das allgemein so bezeichnete Oberflächenorgan (Pschyrembel, 264. Aufl. zu den entsprechenden Schlagworten). Aus dem Gutachten von Dr. B. ergibt sich, dass nach dem Verständnis der medizinischen Zusammenhänge eine Ausweitung des Begriffs der Haut auf Schleimhäute nicht geboten ist. Sie weist zu Recht darauf hin, dass die äußere Haut von anderen Schadeinflüssen – etwa unmittelbaren Teerauflagerungen oder ultravioletter Strahlung – erreicht wird als Schleimhäute. Sie stützt ihre Auffassung weiterhin auf die charakteristischen Zellstrukturen, die Hautkrebserkrankungen von Krebserkrankungen der Schleimhäute unterscheiden und die bei der (äußeren) Haut Melanome, Plattenepithelkarzinome und Basaliome bilden. Diese Überlegung entspricht der medizinischen Literatur, die als typische Hautkrebserkrankungen das Basalzellkarzinom und das Plattenepithelkarzinom anführt, während ein Adenokarzinom an Schleimhäute gebunden ist (a.a.O., Schlagwort).
Diesen im Ansatz medizinischen Überlegungen kann nicht eine vermeintlich andersartige rechtliche Betrachtungsweise entgegen gestellt werden, weil sie gerade auch dafür von Ausschlag gebender Bedeutung sind. Denn auch der Schutzzweck des Berufskrankheitenrechts gebietet es nicht, den Begriff der "Haut" im Sinne der Nr. 5102 Anl. 1 BKV nur wegen der Verwendung des Wortes auch auf Häute im Körperinneren zu erstrecken oder eine solche Überlegung – vergleichbar – auf sog. "Felle" im Körperinneren auszudehnen. Insoweit gilt selbstverständlich, dass eine Beschränkung auf einen allgemeinen oder medizinischen Sprachgebrauch bei der Auslegung (BSG, Urt. v. 28.4.2004 – B 2 U 21/03 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 16) nicht gerechtfertigt erscheint. Angesichts der Liste verschiedener Einzeltatbestände in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung reicht es weiterhin nicht aus, zur Bestimmung des Schutzzwecks allein auf die (allgemeine) Absicherung gegen die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen des Einflusses schädlicher Arbeitsstoffe abzustellen. Dies ist nur dann hinreichend, wenn es jedenfalls um Teile "des komplexen Organs Haut" (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 16, 17, Unterstreichung vom hier erkennenden Senat) im Sinne eines Körperoberflächenorgans geht. Würde man die Überlegung in ihrer allgemeinen Form auch auf Körperbereiche ausdehnen, bei denen es sicher nicht mehr um Teile dieses einen komplexen Organs Haut geht, ergäbe sich eine uferlose Ausdehnung des Begriffes der Haut auf den Bereich des gesamten Körpers. Damit würde aber die Prüfung entgegen § 9 Abs. 1 S. 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII – G. v. 7.8.1996, BGBl. I S. 1254) auf eine Prüfung beschränkt, ob eine bestimmte Erkrankung im Einzelfall durch berufliche Einwirkungen verursacht ist.
Der Schutzzweck der jeweiligen Berufskrankheitentatbestände ist vorrangig aus der allgemeinen Begriffsbestimmung einer Berufskrankheit abzuleiten. Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 SGB VII dadurch gekennzeichnet, dass sie – im Sinne allgemeiner Gefährdung – durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die Gesamtbevölkerung ausgesetzt sind. Ist dies nach den vorliegend dargestellten Unterschieden für die (äußere) Haut festgestellt und zum Gegenstand eines Berufskrankheitentatbestandes gemacht worden, besagt dies für die Betroffenheit körperinnerer Schleimhäute gar nichts. Erkenntnisse über vergleichbare Ein- und Auswirkungen liegen aber nach dem Gutachten der Sachverständigen gerade nicht vor, zumal Aufnahmepfade und Verstoffwechselung im Körper völlig unterschiedlich sind.
Als Erkrankung nach Nr. 5101 der Anl. 1 BKV ist hier die (operativ behandelte) Magengeschwürserkrankung zu prüfen, die allein erst vorgelegen hat, als der Kläger die als gefährdend angesehene berufliche Tätigkeit aufgegeben hat. Ob aus Rechtsgründen die später aufgetretene Magenkrebserkrankung nicht auch als Berufskrankheit, sondern allenfalls als deren Folge – nämlich Folge der vorangehenden Magengeschwürserkrankung – in Betracht kommt, kann offen bleiben, weil eine Hauterkrankung im Sinne von Nr. 5101 der Anl. 1 BKV jedenfalls keine Erkrankung der Magenschleimhaut sein kann. Insoweit gelten für die Abgrenzung die schon dargestellten Überlegungen, die sich auf das Sachverständigengutachten von Dr. B. stützen. Danach könnten die Erkrankungen der Schleimhäute schon untereinander nicht sachgerecht unter einem einheitlichen Begriff der Hauterkrankung erfasst werden. Dies zeigt die überzeugende Überlegung der Sachverständigen, dass bestimmte, durchaus von Tatbeständen der Anl. 1 BKV erfasste Schadstoffe nicht zu Erkrankungen der Schleimhäute führen, sondern Schleimhäute jeweils unterschiedlicher Zielorgane gefährden. Insofern geht es um unterschiedliche Gefährdungen im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 2 SGB VII. Deren Prüfung kann nicht dadurch umgangen werden, dass eine Auslegung eines vorhandenen Tatbestandes gewählt wird, die über den medizinischen und allgemeinen sprachlichen Gebrauch hinausreicht, ohne durch entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse zur abstrakten Gefährdung untermauert zu sein. Solche Erkenntnisse ergeben sich aber nach dem Gutachten der Sachverständigen nicht.
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 30.4.1986 – 2 RU 35/85, zitiert nach Juris; v. 28.4.2004, a.a.O.) steht diesen Überlegungen nicht entgegen. Beide Entscheidungen beziehen sich auf die (äußere) Haut ("Deckschicht", vgl. Urt. v. 30.4. 1986, a.a.O., Rdnr. 16), die die Körperoberfläche bildet. Dazu gehören sowohl die Bindehaut wie auch die Kapillaren in diesem Bereich. Zu Recht entnimmt der Kläger den Entscheidungen, der Begriff der Hauterkrankung sei vorrangig aus dem Schutzzweck der Norm abzuleiten. Eben dies ist Gegenstand der Überlegung, ob die Magenschleimhaut vergleichbaren Gefährdungen ausgesetzt ist wie die Haut, auf die sich die Einführung der Berufskrankheit nach Nr. 5101 Anl. 1 BKV bezogen hat, und ob es überhaupt wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, wonach die Magenschleimhaut einer spezifischen beruflichen Gefahrenerhöhung gegenüber der Gesamtbevölkerung ausgesetzt ist. Beides ist nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens nicht der Fall. Weiterhin liegt hier keine Einwirkung im Sinne des Schutzzwecks vor, der sich in erster Linie und jedenfalls der eigentlichen Zielrichtung nach gegen äußerlich wirkende schädigende Einflüsse richtet (BSG, Urt. v. 30.4.1986, a.a.O., Rdnr. 16). Eine solche äußerliche Wirkung stellt die nach der Sachverständigen für die Magenschleimhaut nur in Betracht kommende Einwirkung durch Verschlucken oder Aufnahme in die Blutbahn nicht dar.
Weitere Berufskrankheitentatbestände oder die Entscheidung über eine Wie-Berufskrankheit sind weder Gegenstand des vom Kläger gestellten Antrages zur Hauptsache noch der Prüfung der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid. Die von der Sachverständigen erwogene Möglichkeit einer Einwirkung von Nitrosaminen kann daher nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung sein. Dazu gehört ebenso wenig eine weitere Klärung von beruflichen Einwirkungen im Übrigen im Sinne des Beweisantrages des Klägers, soweit diese nicht ohnehin schon im Rahmen des früheren, bestandskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens erfolgt sein sollte. Ob Probleme einer Gefährdung durch Nitrosamine in kosmetischen Zusatzstoffen von Seifen – so die Sachverständige – bei einer Verwendung von "Kernseife" oder Schmierseife – so der Kläger – ernsthaft Anlass zu einer Vertiefung dieser Überlegung geben, muss daher hier dahinstehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG nach dem Unterliegen des Klägers.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil die Entscheidung auf der tatsächlichen Würdigung medizinischer Sachverhalte bei geklärter Rechtslage beruht.
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