L 4 AS 243/14 B ER RG

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 13 AS 2857/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 243/14 B ER RG
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 29. April 2014 wird verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Rügeführerin wendet sich gegen eine Beschwerdeentscheidung im einstweiligen Rechtsschutz.

Im einstweiligen Anordnungsverfahren hatte die Rügeführerin beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) die vorläufige Gewährung weiterer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) im Zeitraum von Dezember 2013 bis Mai 2014 begehrt. Das SG hatte den Antrag mit Beschluss vom 24. Februar 2014 abgelehnt. Auf die dagegen eingelegte Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 29. April 2014 die Entscheidung des SG aufgehoben, den Antragsteller verpflichtet, der Rügeführerin vorläufig für die Monate Januar bis Mai 2014 weitere KdU-Leistungen in Höhe von 140,95 EUR für den Monat Februar 2014 sowie 18,75 EUR für die übrigen Monate zu gewähren, und die weitergehende Beschwerde zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 6. Mai 2014, das am 9. Mai 2014 bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingegangen ist, hat die Rügeführerin gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde sei zulässig, weil es um Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung gehe und der Beschluss rechtsfehlerhaft sei: Die Behauptung, sie habe auf Hinweise der Berichterstatterin nicht reagiert, sei falsch. Mit Schreiben vom 26. März, 3. und 12. April 2014 habe sie auf die Anfragen geantwortet und ausgeführt, dass ihr Ehemann SGB II-Leistungen weder beantragt noch erhalten habe. Die dem widersprechenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss sei falsch. Die Berechnung des Jahreszinsbetrags für das Jahr 2014 sei nicht nachvollziehbar. Sie habe Anspruch auf Übernahme der Tilgungsraten für das Immobiliendarlehen. Die Ausführungen zum Betrieb der Heizung und zur Warmwasserbereitung seien falsch. Da sie den jährlichen Bedarf nachgewiesen habe, müssten Pauschalzahlungen für Heizöl erfolgen. Leistungen für die KdU von mindestens 424 EUR habe sie für das Jahr 2009 gefordert. Aufgrund der zwischenzeitlichen Kostensteigerungen sei von einem höheren Betrag auszugehen.

Mit Schreiben vom 16. Mai 2014 hat der Vorsitzende des 4. Senats die Rügeführerin gebeten, sich zu entscheiden, ob eine Beschwerde gemäß § 160a Sozialgerichtsgesetz (SGG) beim Bundessozialgericht oder eine Anhörungsrüge gemäß § 178a SGG beim Landessozialgericht gemeint ist. Mit Schreiben vom 21. Mai 2014 hat sie unter Hinweis auf ihr Schreiben vom 6. Mai 2014 klargestellt, eine Anhörungsrüge erheben zu wollen.

Der Antragsgegner hat ausgeführt, er halte die Anhörungsrüge für unbegründet, denn Ausführungen eines Beteiligten seien im gerichtlichen Verfahren nur insoweit zu berücksichtigen, als sie rechtlich erheblich seien.

II.

Die Anhörungsrüge gemäß § 178a Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist unzulässig.

Grundsätzlich ist die Erhebung einer Anhörungsrüge auch gegen nicht beschwerdefähige (§ 177 SGG) Endentscheidungen des Landessozialgerichts im einstweiligen Rechtsschutz möglich. Denn nach § 178a Abs. 1 Satz 1 SGG ist das Verfahren auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten fortzusetzen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen (§ 178a Abs. 2 Satz 1 und 5 SGG).

Mit § 178a Abs. 2 Satz 5 SGG wird dem Rügeführer eine Substantiierungs- und Darlegungslast auferlegt. Die Umstände, aus denen sich die entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Gericht ergeben soll, müssen schlüssig aufgezeigt werden. Dazu ist insbesondere darzulegen, welches entscheidungserhebliche Vorbringen das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen habe. Weiter ist darzulegen, weshalb ohne den Gehörsverstoß eine günstigere Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann. Die Angabe der maßgeblichen Gründe ist schon nach dem Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift integraler Teil der Rüge selbst und deshalb mit ihr dem Fristablauf nach § 178a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGG unterworfen (vgl. zum Vorstehenden: Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 18. Mai 2009, Az. B 3 KR 1/09 C, juris).

Vorliegend hat die Rügeführerin die gesetzliche Zwei-Wochen-Frist zwar eingehalten. Jedoch ist die erhobene Anhörungsrüge mangels hinreichender Substantiierung und Darlegung des Gehörverstoßes unzulässig.

Sinn und Zweck der Anhörungsrüge ist nach den vorstehenden Ausführungen auf die Wahrung des grundgesetzlichen Justizgewährungsanspruchs beschränkt. Die Anhörungsrüge stellt keinen ordentlichen Rechtsbehelf dar, der das Gericht zu einer nochmaligen rechtlichen Prüfung des Sachverhalts zwingt. Zwar sind nach der Kommentarliteratur (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 178a RN 6a) bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten die Begründungsanforderungen nicht zu überspannen. Die Ausführungen der Rügeführerin beinhalten jedoch auch bei Anwendung eines großzügigen Maßstabs keinen schlüssigen Vortrag einer Verletzung des rechtlichen Gehörs. Denn sie beschränkt sich überwiegend darauf, nach Art einer Beschwerdebegründung ihre Rechtsansichten zu Tatbestandsmerkmalen des SGB II-Leistungsanspruchs bzw. zu einzelnen Berechnungselementen zu wiederholen, die bereits Gegenstand des Beschwerdeverfahrens waren. Damit verkennt sie, dass es nicht ausreicht, im Kern die Richtigkeit der jeweils angegriffenen Entscheidung zu beanstanden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt keine Gewährleistung dafür, dass das Gericht dem Vorbringen eines Verfahrensbeteiligten folgt (vgl. mit weiteren Nachweisen: BSG, Beschluss vom 19. Januar 2010, Az.: B 11 AL 13/09 C, juris RN 5).

Der Senat hat – wie sich aus dem angegriffenen Beschluss ergibt – das Vorbringen der Rügeführerin zur Kenntnis genommen und geprüft, ist aber zum Teil zu einer anderen rechtlichen Bewertung gelangt als die Rügeführerin. Sie hat mit der Rüge nicht dargelegt, welcher Vortrag nicht berücksichtigt worden sei.

Soweit die Rügeführerin anführt, sie habe auf die Hinweise der Berichterstatterin jeweils schriftlich geantwortet, trifft dies zu. Insoweit ist die Darstellung im Tatbestand des Beschlusses verkürzt, als nicht weiter ausgeführt worden ist, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung nicht erfolgt ist und sie insbesondere keine Erklärung über eine Einbeziehung des Ehemanns abgegeben hat. Die Rügeführerin hat im Beschwerdeverfahren auf den ersten Hinweis unter dem 26. März 2014 zunächst ihre Ausführungen aus der Beschwerdeschrift wiederholt und vertieft. Auf die weiteren Hinweise hat sie jeweils auf ihr Schreiben vom 26. März 2014 verwiesen. Indes ergibt sich auch aus diesem Vorbringen der Rügeführerin keine schlüssige Darlegung der Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil sich der Senat im angegriffenen Beschluss mit der Auffassung der Rügeführerin zum Leistungsbezug des Ehemanns auseinandergesetzt hat (vgl. Seite 6, 8 und 13). Weitergehenden Ausführungen bedurfte es im Beschluss nicht, weil der Rügeführerin die Problematik bereits aus etlichen zuvor betriebenen sozialgerichtlichen Verfahren bekannt ist (vgl. nur: Urteil und Beschluss des 5. Senats vom 18. April 2013 in den Verfahren L 5 AS 76/08 und L 5 AS 23/13 B ER).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß §§ 177, 178a Abs. 4 Satz 3 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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