L 2 R 2244/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 RJ 2213/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 2244/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgericht Karlsruhe vom 18. April 2002 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU).

Der am 15. Dezember 1952 geborene Kläger, bei dem seit Juli 1998 einen Grad der Behinderung von 40, seit März 2003 von 50 anerkannt ist, erlernte von Oktober 1968 bis April 1972 den Beruf des Elektroinstallateurs, in dem er anschließend bis 1983 versicherungspflichtig beschäftigt war. Von 1983 bis 1985 arbeitete er als Produktionsarbeiter. Zuletzt war der Kläger ab Januar 1987 - mit Unterbrechungen bzw. in befristeten Arbeitsverhältnissen - als Hilfsmonteur bei der Firma Tief- und Rohrleitungsbau M., M., beschäftigt; dabei war er zeitweise auch in der S. eingesetzt.

Die Beklagte führte ab Mitte der 80er Jahre insgesamt fünf medizinische Rehabilitationen für den Kläger durch. Von dem ca. 1985/86 durchgeführten Heilverfahren in der K.-Klinik liegen keine Unterlagen mehr vor. Aus den nachfolgenden Heilverfahren (vom 8. Januar bis 18. Februar 1996; 21. Juli bis 1. September 1998; 5. April bis 10. Mai 2000), die in erster Linie wegen psychischer Erkrankung in der W.-Klinik - Fachklinik für psycho-somatische Erkrankungen - erfolgten, wurde der Kläger in Bezug auf seine zuletzt ausgeübte Beschäftigung als vollschichtig arbeitsfähig entlassen. An einem weiteren Heilverfahren nahm der Kläger vom 27. November bis 18. Dezember 2003 in der Z.-Klinik, St. B., teil (siehe hierzu weiter unten).

Am 22. August 2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit (BU/EU). Die Beklagte erhob einen ärztlichen Befundbericht der behandelnden Internistin Dr. v. E., die weitere Befundunterlagen (von Dr. L./Internist, Dr. B./Chirurg, Dr. L./HNO, Dr. S./Dermatologe, Prof. Dr. S., Kreiskrankenhauses S.) übersandte und veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S ... Dieser kam in seinem Gutachten vom 8. Januar 2001 bei den Diagnosen "reaktive Depression in Folge Ehescheidung und Arbeitslosigkeit und psychosomatische Resonanz in Form einer Durchfallerkrankung" zu der Beurteilung, die beim Kläger bestehenden psychischen Auffälligkeiten seien nicht so gravierend, dass durch sie das Leistungsvermögen gemindert werde. Er könne leichte und mittelschwere Arbeiten weiterhin vollschichtig ausüben. Dr. G., Ärztliche Dienststelle K., hielt den Kläger ebenfalls für fähig, mittelschwere Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung vollschichtig zu verrichten. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 22. Januar 2001 ab. Der Widerspruch des Klägers, der damit begründete wurde, ihm stehe zumindest Rente wegen BU zu, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2001).

Dagegen hat der Kläger am 22. Juni 2001 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das SG hat die Auskunft des Arbeitgebers vom 4. März 2002 eingeholt; danach ist für die vom Kläger als Hilfsmonteur ausgeübten Arbeiten keine förmliche Berufsausbildung erforderlich gewesen, es habe vielmehr eine Einarbeitungszeit von 12 Wochen genügt; die Entlohnung sei entsprechend der ausgeübten Tätigkeit nach Lohngruppe 6 der zwischen dem Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg und dem Christlichen Metallarbeiterverband, Landesverband Baden-Württemberg, vereinbarten Lohngruppeneinteilung, gültig ab 1. Mai 1990 erfolgt. Ferner hat der Arbeitgeber mitgeteilt, das Arbeitsverhältnis vom 26. Januar 1987 bis 5. Oktober 1989 sei wegen Arbeitsverweigerung fristlos, dasjenige vom 18. Februar 1990 bis 23. April 1993 wegen Arbeitsmangel fristgerecht gekündigt worden, während es sich bei den Beschäftigungen vom 8. Juni bis 31. Dezember 1994 sowie 8. Juli bis 31. Dezember 1996 um von Anfang an befristete Arbeitsverhältnisse gehandelt habe. Der Kläger sei häufig erkrankt gewesen. Das SG hat ferner Dr. v. E., Dr. O./Orthopäde und Dr. B./Orthopäde als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Erstere hat in ihrer Aussage vom 21. September 2001 mitgeteilt, eine Tätigkeit als Elektroinstallateur oder Fernheizungsmonteur könne der Kläger nicht mehr, eine körperlich leichte Arbeit jedoch vollschichtig ausüben. Ebenso haben Dr. O. und Dr. B. den Kläger für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichteten (Aussage vom 30. Oktober 2001 und 7. Januar 2002). Im weiteren Verfahren hat der Kläger zusätzliche medizinische Unterlagen vorgelegt (Arztbrief Prof. Dr. S., S ... V.-Kliniken Karlsruhe, vom 30. Dezember 2001 und 5. März 2002; Arztbrief der Radiologin Dr. L., Kernspintomographie der Lendenwirbelsäulen (LWS) vom 12. Februar 2002; Diagnose: intraforaminaler Bandscheibenvorfall L2/3). Mit Urteil vom 18. April 2002 hat das SG die Klage gestützt auf die Aussagen der behandelnden Ärzte abgewiesen.

Gegen das am 14. Juni 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. Juli 2002 Berufung eingelegt und geltend gemacht, sein Gesundheitszustand erlaube keine vollschichtige Tätigkeit, er sei in ständiger ärztlicher Behandlung.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. April 2002 sowie den Bescheid vom 22. Januar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Mai 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit ab 1. September 2000 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur Klärung des medizinischen Sachverhalts hat der Senat zunächst eine sachverständige Zeugenaussage von Prof. Dr. Dr. D., Neurologische Klinik des Städtischen Klinikums K., eingeholt, der unter Übersendung von Fremdbefunden über eine einmalige ambulante Vorstellung im August 2002 berichtet hat, bei der er ein leichtgradiges LWS-Syndrom mit eingeschränkter Inklinations- und Reklinationsbewegung ohne Klopf- oder Stauchschmerz der LWS festgestellt habe (Aussage vom 14. Oktober 2002). Daraufhin hat der Senat im Oktober 2002 Dr. S., Klinik M., zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Den Einladungen zur Untersuchung zum 11. Dezember 2002, 19. Februar und 5. März 2003 ist der Kläger - zum Teil ohne, zum Teil mit Angabe von Gründen (Einladung nicht erhalten, er fühle sich gesundheitlich nicht gut, andere Arzttermine hätten Vorrang) - nicht nachgekommen, weswegen er mit Verfügung vom 18. März 2003 darauf hingewiesen worden ist, dass es zu seinen Lasten gehe, wenn er sich der Begutachtung nicht unterziehe, und der Senat den Gutachtensauftrag zurückziehen werde, wenn er den nächsten Untersuchungstermin nicht wahrnehme. Daraufhin hat der Kläger mitgeteilt, das Gericht könne keine Termine bestimmen, da es ihm derzeit nicht gut gehe, und er möchte zunächst geklärt haben, warum er seit Mai 2002 nichts von seinem Reha-Antrag gehört habe. Ende April 2003 hat der Kläger eine Erklärung übersandt, dass er nunmehr bereit sei, sich der veranlassten Begutachtung zu unterziehen, und den nächsten Termin wahrzunehmen. Mit Schreiben vom 11. August 2003 hat die Beklagte dem Kläger vergleichsweise vorgeschlagen, ihm eine stationären Heilbehandlung in der Z.-Klinik S ... B. zu gewähren, während im Gegenzug der Kläger von weiteren Ansprüchen absehen sollte. Diesen Vorschlag hat der Kläger nicht angenommen, sich jedoch mit der Durchführung einer stationären Heilbehandlung einverstanden erklärt und das Ruhen des Verfahrens beantragt. Mit Bescheid vom 5. November 2003 hat die Beklagte eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation in der Ziegelfeld-Klinik S ... B. bewilligt und gleichzeitig dem Ruhen des Verfahrens zugestimmt, welches mit dem Beschluss vom 11. November 2003 angeordnet worden ist. Nach Abschluss des vom 27. November bis 18. Dezember 2003 durchgeführten Heilverfahrens hat der Kläger am 7. April 2004 das Verfahren wieder angerufen. Die Beklagte hat den Reha-Entlassungsbericht vom 22. Dezember 2003 vorgelegt: Die dortigen Ärzte haben einen Bandscheibenvorfall L2/3, ein ulcus duodeni, eine Skoliose, eine Angststörung (momentan remittiert) sowie eine psychogene Diarrhö diagnostiziert und in der sozialmedizinischen Epikrise ausgeführt, aktuell bestehe aus orthopädischer Sicht weiterhin Arbeitsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes; zu vermeiden seien ständiges schweres Heben und Tragen bzw. Heben aus gebückter Haltung, andauernde Zwangs- oder Torsionshaltungen, Akkord und Nachtschicht. Dieser Leistungsbeurteilung ist der Kläger mit der Angabe der ihn behandelnden Ärzte entgegengetreten. Der Senat hat daraufhin Dr. R./Oberärztin des Klinikums K.-L.-s., Dr. S./Nervenärztin, Dr. S./Orthopäde, Dr. F./Urologe und Dr. O./Urologe als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Während Dr. S. (Aussage vom 1. Oktober 2004) den Kläger nicht mehr für vollschichtig einsetzbar gehalten hat, haben Dr. R. und Dr. O. (Aussagen vom 20. und 26. Oktober 2004) eine vollschichtige Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte körperliche Arbeiten bejaht und auch Dr. S. hat - unter Beifügung zahlreicher Fremdbefunde - lediglich auf qualitative Einschränkungen (leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen, und Stehen ohne Tragen von Lasten, ohne Zwangshaltungen) hingewiesen. Nach Auswertung dieser Unterlagen durch Fachärztin für Chirurgie - Sozialmedizin Dr. L. ist die Beklagte weiterhin von einem vollschichtige Leistungsvermögen des Klägers für leichte bis mittelschwere Arbeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen ausgegangen (Stellungnahme vom 23. Dezember 2004). Daraufhin hat sich der Kläger bereit erklärt, sich nunmehr der Begutachtung durch Dr. S. zu unterziehen, weswegen der Sachverständige mit Schreiben vom 17. Februar 2005 gebeten worden ist, die Begutachtung durchzuführen. Den ersten Untersuchungstermin vom 4. August 2005 hat der Kläger ohne Angabe von Gründen nicht wahrgenommen; ebenso nicht den zweiten auf den 16. August 2005 festgesetzten Termin. Mit Fax vom 27. August 2005 hat der Kläger den Sachverständigen gebeten, den Termin vom 16. August 2005 wegen einer seit Wochen terminierten Magen-Darm-Spiegelung zu verschieben; er werde sich nach der Untersuchung beim Sachverständigen melden. Daraufhin hat der Senat nach Absprache mit Dr. S. den Kläger auf den 15. September 2005 zur Untersuchung einbestellt; auch diesen Termin hat der Kläger ohne Angabe von Gründen gegenüber dem Sachverständigen nicht wahrgenommen. Über seinen Prozessbevollmächtigten hat er dem Senat mitteilen lassen, wegen "jede Menge Termine" nicht zur Untersuchung gehen zu können (s. Schreiben des Klägers vom 5. und 10. September 2005). Ein vom damaligen Berichterstatter angeregtes nochmaliges Ruhen des Verfahrens hat der Kläger unter Hinweis auf eine voraussichtlich Anfang 2006 vorgesehene ambulante orthopädischer Untersuchung nicht "für erforderlich" gehalten. Im Januar 2006 hat der Senat im Hinblick darauf, dass der Kläger nach wie vor nicht konkret angegeben hat, wann er zur Begutachtung bereit ist, den Gutachtensauftrag zurückgezogen; mit Verfügung vom 16. März 2006 hat die nunmehrige Berichterstatterin dem Kläger unter Übersendung des Teilgutachtens des Dr. S. vom 22. Juli 2005 mitgeteilt, der Rechtsstreit erscheine entscheidungsreif und sei für die mündliche Verhandlung am 26. April 2006 vorgemerkt. Hierzu hat sich der Kläger mit Schreiben vom 24. März 2006 sinngemäß in der Weise geäußert, dass derzeit noch unklar sei, wann er zum Schreiben (wohl des Gerichts) Stellung nehme und derzeit nehme er den Termin April nicht wahr, auch erst später, aus Gründen, die ernst zu nehmen und zu respektieren seien: am 27. Januar 2006 sei sein Neffe mit 16 Jahren zu Grabe getragen worden und am 17. März 2006 habe er seinen Bruder tot in der Wohnung aufgefunden, er sei unter ärztlicher Aufsicht/Behandlung. Weitere ärztliche Befunde sind vom Kläger nicht vorgelegt worden.

Zum weiteren Vorbringen wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (1 Band Versichertenrente, 1 Band Rehabilitation) sowie auf die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, da die Beschränkungen des § 144 SGG nicht eingreifen; sie ist gemäß § 151 SGG frist- und formgerecht eingelegt und somit insgesamt zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid vom 22. Januar 2001/Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2001 ist rechtmäßig. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Rente, weil er weder erwerbs- noch berufsunfähig ist.

Gemäß den §§ 43 Abs. 1, 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der hier noch anzuwendenden Fassung des Gesetzes bis 31. Dezember 2000 (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI) haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen EU bzw. BU, wenn sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für diese Rentenart sowie die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und erwerbs- oder berufsunfähig sind. Die gesetzliche Definition von EU bzw. BU (§§ 43, 44 jeweils Abs. 2 SGG VI) hat das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend wiedergegeben; hierauf nimmt der Senat Bezug. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass erwerbs- bzw. berufsunfähig nicht ist, wer eine (zumutbare) Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§§ 43 Abs. 2 Satz 4, 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI).

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§§ 43 Abs. 2 Nr. 2, 44 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) liegen - wie sich aus dem angefochtenen Bescheid ergibt - bezogen auf den Zeitpunkt der Rentenantragstellung vor; dasselbe gilt für die allgemeine Wartezeit (§§ 50 Abs. 1 Nr. 2, 51 Abs. 1 SGB VI). Nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen ist der Kläger jedoch weder erwerbs- noch berufsunfähig.

Ausgangspunkt für die Prüfung der BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 169). Als bisheriger Beruf ist, sofern sich der Versicherte von seinem vorherigen Beruf nicht aus gesundheitlichen Gründen gelöst hat, grundsätzlich die letzte vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit anzusehen, welcher er sich auf Dauer zugewandt hat (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164). Für die Feststellung des bisherigen Berufs und der damit in Zusammenhang stehenden Verweisungstätigkeiten hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ein Mehrstufenschema entwickelt und - ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben - verschiedene Gruppen gebildet, die durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren), wobei diese Gruppe in einen oberen (Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten) und einen unteren (Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von 3 bis 12 Monaten) Bereich untergliedert ist (vgl. etwa BSG Urt. vom 27. Februar 1997 - 13 RJ 9/96), und des ungelernten Arbeiters charakterisiert sind (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 138, 140). Ausschlaggebend für die Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einer der Gruppen des Mehrstufenschemas ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 126; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 21); dabei sind zur Bestimmung der objektiven Qualität des bisherigen Berufs die Tarifverträge heranzuziehen. Die abstrakte Einstufung, d. h. die von den Tarifvertragsparteien vorgenommene "tarifvertragliche" Einstufung ist, sofern der betreffende Tarifvertrag nach Qualitätsstufen geordnet ist, in der Regel bindend (BSGE 68, 277; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 13 und 14), dagegen kommt der vom Arbeitgeber vorgenommenen konkreten Einstufung in eine bestimmte Lohngruppe lediglich Indizwirkung zu (BSGE 70,56 = SozR 3-2200 § 1246 Nr. 21). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Wertigkeit des bisherigen Berufs ist der Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung. Kann der Versicherte seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, darf er nur auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe verwiesen werden; der damit verbundene soziale Abstieg ist dem Versicherten nach dem Willen des Gesetzgebers zumutbar (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m. w. H.).

In Anwendung dieser Grundsätze ist der "bisherige Beruf" des Klägers die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Hilfsmonteur bei der Firma Tief- und Rohrleitungsbau M ... Von seinem erlernten Beruf Elektroinstallateur hat sich der Kläger mit Aufnahme der Tätigkeit als Produktionsarbeiter 1983 gelöst, ohne dass hierfür gesundheitliche Gründe angegebenen worden oder nach Aktenlage ersichtlich gewesen wären. Der qualitative Wert der zuletzt ausgeübten Beschäftigung entspricht unter Berücksichtigung der Auskunft des Arbeitgebers vom 4. März 2002 dem Leitberuf des angelernten Arbeiters im unteren Bereich: eine förmliche Ausbildung war hierfür nicht erforderlich, es genügte eine Anlernzeit von ca. 12 Wochen. Allein das Vorbringen des Klägers in erster Instanz, er habe mit der Berufsbezeichnung "Obermonteur" gezeichnet, vermag die detaillierten und in sich widerspruchsfreien Angaben des Arbeitgebers nicht zu widerlegen. Der Kläger genießt daher keinen Berufsschutz. Als angelernter Arbeiter im unteren Bereichs ist er auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts breit verweisbar. Rente wegen Berufsunfähigkeit kommt somit von vornherein nicht in Betracht.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist in der Kläger aber auch nicht erwerbsunfähig. Die bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen betreffen vor allem das psychiatrische, orthopädische und internistische Fachgebiet. Dr. S. hat im Januar 2001 beim Kläger auf dem Boden einer familiären und sozialen Konfliktsituation eine reaktive Depression beschrieben, die körperlich in Form einer Durchfallerkrankung erscheint. Im Ergebnis stimmt er damit mit der Beurteilung des Krankheitsbildes durch die Reha-Ärzte vom Mai 2000 und der behandelnden Internistin Dr. v. E. (s. Befundbericht vom 8. September 2000) überein. Internistischerseits liegen - abgesehen von der zuvor genannten Durchfallerkrankung - keine wesentlichen Erkrankungen vor. Schon das internistische K. während des Heilverfahrens im Januar/Februar 1996 hatte keinen auffälligen Befund ergeben; dgl. die Begutachtung anlässlich des REHA-Antrags von April 1998 und die labormäßige Untersuchung während des Heilverfahrens von Juli bis September 1998. Nach dem Bericht des Prof. Dr. S., Kreiskrankenhaus S., vom 16. September 1999 konnten nach ausführlicher Diagnostik entzündliche, infektiöse oder maligne Erkrankungen im Magen-Darmtrakt ausgeschlossen werden. Die von Dr. L. im Juli 2000 durchgeführte Oberbauchsonografie hat lediglich eine diskrete Fettleber im linken Leberlappen gezeigt. Der sachverständigen Zeugenaussage der Dr. v. E. vom September 2001 sind ebenfalls keine schwerwiegenden internistische Erkrankungen zu entnehmen. Erstmals im Ärztlichen Gutachten des Dr. L. zum Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation vom August 2003 ist ein rezidivierendes Ulcus duodeni benannt worden. Der Heilverfahrens-Entlassungsbericht vom Dezember 2003 enthält hierzu jedoch keine weiteren Angaben; ebenso wenig erwähnt Dr. S. in ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 21. Oktober 2004 eine derartige Erkrankung noch ergeben die von ihr im Berufungsverfahren vorgelegten Fremdbefunde Hinweise hierauf. Für den Senat ist daher nicht nachvollziehbar wie Dr. L. zu dieser Diagnose gekommen ist, zumal er auch entsprechende Befunde im Reha-Verfahren nicht vorgelegt hat. Soweit der Kläger urologische Beschwerden geklagt hat, konnte Dr. Otto im März 2005 keine organische Erkrankung der Blase feststellen; ihm wurde empfohlen, regelmäßig die Blase zu entleeren. Bei einer urologischen Kontrolle durch Dr. F. im August 2004 zeigten sich keine Miktionsstörungen mehr. Hinsichtlich des vom Kläger geklagten gegen Abend angeschwollenen rechten Unterschenkels ist eine thrombotische Erkrankung ausgeschlossen worden (s. Arztbrief Dr. S. vom 7. September 2004). Auch auf dermatologischem und HNO-ärztlichen Fachgebiet haben sich keine schwerwiegenden Erkrankungen feststellen lassen. Ganz im Vordergrund stehen beim Kläger die Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet. Nach dem Bericht des PD Dr. S., Neurochirurgische Klinik des Städtischen Klinikums K., besteht beim Kläger eine Bandscheibenprotrusion in Höhe LW 2/3 mit intraforaminaler Kompression der Wurzel L 2 ohne eindeutigen Hinweis für einen weiteren Bandscheibenvorfall; eine operative Intervention war nach der Beurteilung von PD Dr. S. nicht indiziert. Vom 17. bis 28. Mai 2004 hat sich der Kläger in stationärer Behandlung im Klinikum K.-L. befunden. Dort haben die Ärzte einen kleinen lumbalen Bandscheibenvorfall L 3/4 rechts (keine OP-Indikation) sowie eine ISG-Arthrose rechts festgestellt.

Diese festgestellten Gesundheitsstörungen schränken das Leistungsvermögen des Klägers in zeitlicher Hinsicht jedoch nicht ein. Der Senat stützt sich hierbei auf das Rentengutachten des Dr. S., die sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Dr. v. E., Dr. O. und Dr. B., den Reha-Entlassungsbericht vom 22. Dezember 2003 und die beratungsärztliche Stellungnahme der Dr. L. vom 23. Dezember 2004. Die depressive Erkrankung des Klägers ist nach der Beurteilung des Sachverständigen insgesamt nicht so stark ausgeprägt, dass das Leistungsvermögen wesentlich beeinträchtigt wäre. Diese Beurteilung ist unter Berücksichtigung des von Dr. S. dokumentierten Befundes plausibel. Dass insoweit auch keine Verschlechterung, sondern eher eine Besserung eingetreten ist, ergibt sich aus der sachverständigen Zeugenaussage der Dr. S. vom 21. Oktober 2004, nach der der Kläger ab 2002 keine "Klagen über Angst" mehr vortragen hat, und ebenso aus dem Reha-Entlassungsbericht vom Dezember 2003, in dem die Angststörung als "remittiert" angesehen worden ist. Die psychogenen Diarrhöen, für die trotz intensiver Diagnostik kein organisches Korrelat gefunden worden ist, sind von keinem der befragten Ärzte als Begründung für eine zeitliche Leistungseinschränkung herangezogen worden. Der Blasenentleerungsstörung, die zudem während des stationären Aufenthalts im Klinikum K.-L. im Mai 2004 und bei der Kontrolluntersuchung bei Dr. F. Ende Juli 2004 nicht mehr festgestellt werden konnte, hat Dr. O. keine zeitlich leistungsmindernde Bedeutung beigemessen (s. sachverständige Zeugenaussage vom 26. Oktober 2004). Schließlich vermögen auch die festgestellten orthopädischem Gesundheitsstörungen keine zeitliche Leistungseinschränkung zu begründen. Dabei orientiert sich der Senat maßgebend an den im Verfahren dokumentierten klinischen Befunden, die für die Wirbelsäule nur geringe Einschränkungen in der Bewegungsprüfung ohne wesentliche neurologische Ausfälle gezeigt haben (s. Reha-Entlassungsbericht vom Dezember 2003, sachverständige Zeugenaussage Dr. R., Klinikum K.-L., vom 20. Oktober 2004). Die geklagten Sensibilitätsstörungen ließen sich durch den nachgewiesenen Bandscheibenvorfall nicht erklären. Deshalb ist in Übereinstimmung mit den oben genannten Ärzten von keiner wesentlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit auszugehen. Der hiervon abweichenden Beurteilung des Dr. S. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 1. Oktober 2004 vermag sich der Senat aus den von Dr. L. in ihrer Stellungnahme vom 23. Dezember 2004 dargelegten Gründen - und auch im Hinblick auf die übereinstimmenden Beurteilungen der Dres. R., S. und O. - nicht anzuschließen. Der Senat würdigt daher das positive und negative Leistungsbild des Klägers dahingehend, dass er leichte körperliche Tätigkeiten noch vollschichtig ausüben kann; zu vermeiden sind Arbeiten mit Tragen und Heben von schweren Lasten, überwiegend einseitiger Körperhaltung, andauernden Zwangs- und Torsionshaltungen, mit besonderem Zeitdruck sowie Akkord und Nachtschicht.

Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsunfähig. Im Hinblick auf die oben bezeichneten qualitativen Einschränkungen braucht ihm auch keine konkrete Berufstätigkeit benannt zu werden, was nach der Rechtsprechung erforderlich ist, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 117, 136 m.w.H.) oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, weil der Versicherte nicht mehr in der Lage ist, unter betriebsüblichen Bedingungen zu arbeiten oder seine Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkte ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 137, 139). Keiner dieser Umstände ist hier gegeben. Die Einschränkungen ohne Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne andauernde Zwangs- und Torsionshaltungen werden bereits vom Begriff leichte körperliche Arbeiten umfasst; die verbleibenden Einschränkungen (ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, Zeitdruck, Akkord und Nachtschicht) führen nicht zu einer zusätzlichen wesentlichen Einengung des für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsfeldes, weil (ungelernte) leichte körperliche Arbeiten nicht typischerweise unter derartigen Bedingungen ausgeübt werden. Ebenso wenig haben die gehörten Ärzte auf eine Einschränkung der Gehfähigkeit (BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 56, SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10) oder auf die Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen (vgl. BSG, Urt. vom 19. August 1997 - 13 RJ 11/96 -) hingewiesen.

Der Senat hat den Gutachtensauftrag von Dr. S. zurückgezogen, weil der Kläger entgegen seiner verbalen Äußerungen nicht bereit ist, sich der Begutachtung in einem zeitlich vertretbaren Rahmen zu unterziehen; anders kann das Verhalten des Klägers während des gesamten Berufungsverfahrens nicht gedeutet werden. Der Senat konnte jedoch auch ohne Begutachtung durch Dr. S. entscheiden, weil der medizinische Sachverhalt durch den Reha-Entlassungsbericht vom 22. Dezember 2003 und die danach erfolgte Befragung der behandelnden Ärzte Dr. R., Dr. S., Dr. S., Dr. F. und Dr. O. geklärt ist und deren sachverständige Zeugenaussagen sowie die vorgelegte Stellungnahme der Beratungsärztin Dr. L. vom 23. Dezember 2004 eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers zugelassen haben. Schließlich hat der Kläger auch keine ärztlichen Unterlagen vorgelegt, aus denen sich überhaupt eine oder eine dauerhafte Verschlechterung seines Gesundheitszustandes seit 2005 ableiten ließe.

Auch das ab 1. Januar 2001 für die Rente wegen Erwerbsminderung und die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei BU geltende Recht (§§ 43, 240 SGB VI in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)) vermag das Begehren des Klägers nicht zu begründen, weil durch diese Rechtsänderungen die Voraussetzungen für derartige Rentenansprüche grundsätzlich verschärft, keinesfalls aber erleichtert worden sind.

Die Berufung des Klägers ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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