L 4 KR 1743/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 2775/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1743/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten für von M. R. (M.R.) in den Niederlanden beschaffte Vitaminpräparate (Vitamin Formulas) zu erstatten.

Der am 1941 geborene Kläger ist als Selbstständiger bei der Beklagten freiwillig versichert, und zwar in einer Beitragsklasse, die Kostenerstattung zulässt. Bei ihm bestehen nach der Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren/Homöopathie Dr. H. vom 10. September 2001 Durchblutungsstörungen, ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus, Schwindelzustände, eine Immunschwäche, eine Magen-Darm-Schwäche, ein Wirbelsäulensyndrom, eine Hypertonie, eine Anämie, ein Zustand nach mehrmaligem Apoplex, eine Hyperlipidämie sowie Darmpilze. Am 24. August 2001 reichte der Kläger bei der Beklagten verschiedene Rechnungen des M.R. aus der Zeit vom 10. Januar bis 13. Juni 2000 über den Bezug von Vitaminpräparaten, nämlich Macro Balance Drink, Prolysin C, Vita C Forte, Arteriforte, Diacor, Relacor, Metavicor, Immuno Celle, Vitacor Basisformula, Lysin C Drink und Enercor, sowie von verschiedenen Broschüren, Büchern, Audios und Videos zur Erstattung ein. Diese an den Kläger gerichteten Rechnungen, in denen auch der Name des Klägers als Lieferanschrift angegeben war, beliefen sich auf DM 2.404,60. Ferner reichte der Kläger derartige Rechnungen des M.R. aus der Zeit vom 08. März bis 15. Mai 2000 über DM 1.151, seine Tochter C. S. (C.S.) betreffend, ein, in denen gleichfalls sein Name als Lieferanschrift angegeben ist. In weiteren Rechnungen des M.R. aus der Zeit vom 04. August 2000 bis 13. Juli 2001 über DM 162,10 ist C.S. sowohl in der Rechnungsanschrift als auch der Lieferanschrift angegeben. Am 27. Juni 2001 lehnte die Beklagte fernmündlich gegenüber dem Kläger die Kostenerstattung für die Produkte des M.R. ab. Dagegen wandte der Kläger ein, er nehme seit langer Zeit die Vitamine des M.R., die ihm nachweislich geholfen hätten; sein Blutdruck sei damit gesenkt worden. Die ihm von anderen Ärzten verordneten Pharmapräparate habe er wegen der Nebenwirkungen nicht eingenommen. Aus den vorgelegten Rechnungen ergebe sich, dass er jeden Tag Vitamine des M.R. für ungefähr DM 27,00 zu sich nehme. Mit schriftlichem Bescheid vom 24. August 2001 lehnte die Beklagte die Kostenerstattung erneut ab. Bei den Formulas des M.R. handle es sich nicht um verkehrsfähige Arzneimittel, weswegen eine Kostenerstattung generell ausscheide. Im Übrigen laute ein erheblicher Teil der zur Erstattung eingereichten Rechnungen auf Carmen Schwab als Rechnungsempfängerin oder Empfängerin der bestellten Produkte. Insoweit scheide die Erstattung schon deswegen aus, weil Carmen Schwab nicht zum erstattungsberechtigten Personenkreis nach § 13 Abs. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) gehöre. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und wiederholte, dass ihm die Vitamine des M.R. sehr geholfen hätten. Die Beklagte müsse mindestens die Kosten übernehmen, die angefallen wären, wenn er sich mit herkömmlichen Pharmamitteln hätte behandeln lassen. Auch nehme er allein die Vitaminpräparate ein, nicht jedoch seine Tochter. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten eingesetzten Widerspruchsausschusses I vom 10. Oktober 2001).

Deswegen erhob der Kläger am 08. November 2001 Klage beim Sozialgericht (SG) Mannheim. Er trug vor, vor zwei Jahren habe er einen Schlaganfall erlitten. Damals hätten die behandelnden Ärzte ihm Pharmamedikamente verschrieben, die jedoch starke Nebenwirkungen gehabt hätten und seinen Körper schädigen würden. Diese Medikamente habe er nicht akzeptiert. Vielmehr sei er auf die Vitaminpräparate des M.R. umgestiegen. Seitdem liege bei ihm der Blutdruck im Normbereich; Folge der Einnahme dieser Präparate sei auch, dass er sich nun nur noch geringere Einheiten Insulin spritze. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten entgegen. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 17. April 2002 ab. Auf die Entscheidungsgründe des an den Kläger zwecks Zustellung mit Übergabe-Einschreiben am 23. April 2002 zur Post gegebenen Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das Urteil des SG hat der Kläger am 17. Mai 2002 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und legt eine Bescheinigung des Dr. H. vom 10. September 2002 sowie einen Beipackzettel des Medikaments "Delix 5 plus" vor.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. April 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Oktober 2001 zu verurteilen, ihm die Kosten der bei M. R. bezogenen Vitaminpräparate zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten mit Schreiben vom 18. Juni und 03. Juli 2002 auf die Möglichkeit einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hingewiesen. Dazu hat sich der Kläger mit am 18. September 2002 eingegangenem Schreiben geäußert.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG entscheiden hat, wobei die Äußerung des Klägers mit Schreiben vom 18. September 2002 keine Veranlassung gab, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 24. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Oktober 2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen nach § 13 Abs. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs, der hier in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung anzuwenden ist (SGB V a.F.), zu beurteilenden Anspruch auf Erstattung der Kosten für verschiedene Produkte, die an ihn bzw. an seine Tochter C.S. nach den am 24. August 2001 bei der Beklagten eingegangenen Rechnungen von M.R. aus den Niederlanden geliefert worden sind. Dies hat das SG im angegriffenen Urteil zutreffend entschieden, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe Bezug nimmt.

Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen: Eine Anspruchsgrundlage für die Erstattung von Kosten, die für den Bezug verschiedener Broschüren, Bücher, Audios und Videos entstanden sind, besteht nicht. Dem geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Vitamin-Formulas nach § 13 Abs. 2 SGB V steht bereits entgegen, dass der Bezug der Produkte des M.R. nicht auf einer ärztlichen Verordnung beruhte, die sowohl bei Arzneimitteln (§ 31 SGB V) als auch bei Heilmitteln (§ 32 SGB V) aufgrund des systematischen Zusammenhangs des § 15 Abs. 1 SGB V mit den §§ 31, 32, 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V erforderlich ist (vgl. zuletzt Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22. März 2005 - B 1 KR 11/03 R). Eine der Inanspruchnahme der Leistungen vorausgehende ärztliche Verordnung hat der Kläger nicht vorgelegt. Eine solche Verordnung liegt auch nicht in der vom Kläger erst nachträglich im Berufungsverfahren eingereichten Bescheinigung des Dr. H. vom 10. September 2002, in der der Arzt eine weiter gehende Einnahme der Vitaminpräparate des M.R. dringendst empfiehlt. Der Senat kann es danach dahingestellt sein lassen, ob es sich bei den Vitaminpräparaten um apothekenpflichtige Arzneimittel mit der erforderlichen arzneimittelrechtlichen Zulassung, sei es eine inländische oder europäische Zulassung, im Sinne des § 31 SGB V oder um Heilmittel nach § 32 SGB V handelt, deren Inanspruchnahme zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung jeweils nicht nach § 34 SGB V ausgeschlossen ist. Vom LSG für das Land Nordrhein-Westfalen wurde angenommen, dass die Vitaminpräparate des M.R. nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen beansprucht werden können (vgl. Urteile vom 20. März 2001 [L 5 KR 38/00] und vom 30. März 2001 [L 5 KR 216/00]). Vor diesem Hintergrund braucht der Senat auch nicht zu prüfen, ob der Kläger sämtliche in den vorgelegten Rechnungen aufgeführte Vitaminpräparate selbst eingenommen hat, insbesondere auch diejenigen, bei denen in der Rechnungs- bzw. Lieferanschrift seine Tochter angegeben ist. Da nach § 13 Abs. 2 SGB V a.F. nur Anspruch auf die Erstattung tatsächlich angefallener Kosten besteht, kann der Kläger auch nicht die Erstattung von fiktiven Kosten für anstelle der Vitaminpräparate des M.R. ärztlich verordnete "herkömmliche Pharmamittel", die zum Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, verlangen. Nach der Rechtsprechung kann nicht die Erstattung fiktiver Kosten für eine Leistung, die ebenfalls in Frage gekommen wäre oder die Ersparnis der Krankenkasse verlangt werden. Auch unter dem Gesichtspunkt der so genannten Stellvertreterleistung kann der Kläger unter der Geltung des SGB V keinen Kostenerstattungsanspruch herleiten (vgl. BSG, Urteil vom 21. Februar 2006 - B 1 KR 29/04 R).

Danach war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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