S 12 KA 521/07 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 521/07 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 12/08 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Mit einem auf „endoskopisch tätige Allgemeinärzte und Internisten“ beschränkten Facharztfilter werden nicht alle Vertragsärzte genannt.
1. Die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 22.05.2007 wird bis zu einer Zustellung der Entscheidung des Antragsgegners über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1) an den Antragsteller angeordnet.

2. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstsatten und die Gerichtskosten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Streitwert wird auf 1.667,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehrt die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer durch den Zulassungsausschuss ausgesprochenen Ermächtigung.

Der Antragsteller ist Facharzt für Chirurgie mit der Schwerpunktbezeichnung Visceralchirurgie und Chefarzt der Abteilung für Allgemein- und Visceralchirurgie am , A-Stadt, Kreis AA. Er wurde durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 26.04.2005, befristet bis zum 30.06.2007, für folgende Leistungen ermächtigt:
1. Konsiliarische Beratung eines niedergelassenen Chirurgen oder Orthopäden in der Behandlung auf Überweisung, eingeschränkt auf allgemein-, viceralchirurische, thoraxchirurgische und Hautkrebs-Krankheitsbilder, abzurechnen nach den Nrn. 01310 bis 01312, 01600, 01601, 01620 und 40120 EBM 2005
2. Durchführung von Auftragsleistungen auf Überweisung durch Vertragsärzte, eingeschränkt auf folgende Leistungen nach den Nrn. 01600, 01601, 01620, 02100, 02301, 02302, 02340, 07215, 07320, 30600, 30610, 30611 und 33042 EBM 2005. - Nr. 02100 EBM 2005 nicht als alleinige Leistung berechenbar -
3. a) Ambulante Nachbehandlung nach einer stationären Krankenhausbehandlung im , A-Stadt, im Einvernehmen mit dem behandelnden Vertragsarzt auf dessen Überweisung für die Dauer von einem Monat nach Entlassung
b) Ambulante Nachbehandlung nach einer stationären onkologischen Krankenhausbehandlung im , A-Stadt, Einvernehmen mit dem behandelnden niedergelassenen Vertragsarzt auf dessen Überweisung für die Dauer von sechs Monaten nach der Krankenhausentlassung - das Entlassungsdatum ist auf dem Abrechnungsdokument anzugeben –

Hiergegen legte die zu 1) beigeladene KVH Widerspruch ein, weil der Zulassungsausschuss entgegen ihrer Empfehlung bzgl. der unter Nr. 2 gefassten Ermächtigung keinen Facharztfilter eingefügt habe. Im Planungsbereich seien acht Chirurgen tätig, davon drei in A-Stadt.

Der Beklagte änderte den Beschluss des Zulassungsausschusses in seinem Beschluss vom 07.03.2007 ab. Er fügte in Nr. 2 einen Facharztfilter ein und beschränkte die Auftragsleistungen auf Überweisung durch Chirurgen oder fachärztliche Internisten.

Am 25.10.2006 beantragte der Antragsteller, seine Ermächtigung im bisherigen Umfang erneut auszusprechen, und die Ergänzung um die Nrn. 07210, 07211 und 07212 EBM 2005 auf Überweisung durch endoskopisch tätige Vertragsärzte. Ferner erbitte er die Nr. 07340 EBM 2005 für Patienten mit einer Wundproblematik und die Nr. 13402 EBM 2005 entsprechend der Durchzugsmanometrie des Ösophagus.

Unter Datum vom 08.05.2007 wies die Beigeladene zu 1) darauf hin, der Kläger habe in den letzten vier Quartalen durchschnittlich 18 Fälle pro Quartal abgerechnet. Sie habe im Planungsbereich sieben niedergelassene Fachärzte für Chirurgie und 13 niedergelassene Fachärzte für Orthopädie befragt. Die vier antwortenden Ärzte hätten eine Ermächtigung befürwortet. Drei von ihnen hätte eine Einschränkung der Nr. 2 befürwortet, da auch niedergelassene Chirurgen proktologische Leistung erbringen würden. Sie befürworte die Ermächtigung, die Ermächtigung aus qualitativ-speziellen Gründen aber nur mit einem Facharztfilter. Eine konsiliarische Beratung auf Überweisung durch Orthopäden sowie eine Ermächtigung auf Hautkrebs-Krankheitsbilder werde nicht befürwortet. Die Nrn. 30600 und 30610 EBM 2005 würden von niedergelassenen Chirurgen erbracht werden. Die Nr. 30611 EBM könne von allen Chirurgen erbracht werden und sei sehr selten. Die ambulante Nachbehandlung sei auf die nachstationäre onkologische für die Dauer von drei Monaten nach der Krankenhausentlassung zu beschränken. Die Ergänzung um die Nrn. 07210, 07211 und 07212 EBM 2005 könne nicht befürwortet werden, da der Ermächtigungsumfang nicht dem eines niedergelassenen Vertragsarztes entspreche. Der Ordinationskomplex sei bereits Bestandteil der Ermächtigung. Die beantragte Nr. 07340 EBM 2005 werde abgelehnt, da sie von niedergelassenen Chirurgen erbracht werde. Die Nr. 13402 EBM 2005 könne nur von Internisten erbracht werden.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen beschloss am 22.05.2007, den Antragsteller zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung bis zum 30.06.2009 zu ermächtigen. Der Beschluss wurde am 29.06.2007 ausgefertigt. Die Ermächtigung erstreckte sich auf folgende Leistungen:
1. Konsiliarische Beratung eines niedergelassenen Chirurgen, endoskopisch tätigen Allgemeinarztes und Internisten in der Behandlung auf namentliche Überweisung, eingeschränkt auf allgemein-, viceralchirurische, thoraxchirurgische und Hautkrebs-Krankheitsbilder, abzurechnen nach den Nrn. 01310 bis 01312, 01600 bis 01602, 01620, 07215 und 40120 EBM 2005
2. Durchführung von Auftragsleistungen auf Überweisungen durch niedergelassene Chirurgen, endoskopisch tätige Allgemeinärzte und Internisten, eingeschränkt auf folgende Leistungen nach den Nrn. 01600 bis 01602, 01620, 02100, 02301, 02302, 02340, 07215, 07320, 33042 und 40120 EBM 2005. - Nr. 02100 EBM 2005 nicht als alleinige Leistung berechenbar -
3. Ambulante Nachbehandlung nach einer stationären Krankenhausbehandlung im , A-Stadt, im Einvernehmen mit dem behandelnden Vertragsarzt auf dessen Überweisung für die Dauer von drei Monaten nach Entlassung - das Entlassungsdatum ist auf dem Abrechnungsdokument anzugeben – Den weitergehenden Antrag wies der Zulassungsausschuss zurück.

Gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses legte die Beigeladenen zu 1) am 20.07.2007 Widerspruch ein. Sie war weiterhin der Auffassung, dass die beantragten Leistungen nach Nrn. 30600, 30610 und 30611 EBM 2005 von niedergelassenen Chirurgen erbracht werden. Demzufolge bestehe für eine Ermächtigung nach Nr. 1 kein Bedarf. Im Übrigen verwies sie auf ihre Stellungnahme vom 08.05.2007.

Der Antragsteller trug vor, die proktologische Grundleistung werde durch unfallchirurgische Ärzte nicht sichergestellt. Fachlich werde eine Spezialisierung gewollt. Mit der Beschränkung auf chirurgische Überweise könne er akzeptieren.

Am 06.12.2006 hat der Antragsteller den Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung gestellt. Zur Begründung trägt er ergänzend zu seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren vor, wann es zu einer mündlichen Verhandlung komme, sei ungewiss. Es fehle an einer Bedarfsanalyse bzgl. der strittigen proktologischen Leistungen. Sie habe auch nicht ermittelt, welche Ärzte überhaupt die Leistungen erbrächten. Alle acht niedergelassenen Chirurgen seien unfallchirurgisch tätig. Er sei als Koloproktologe weitergebildet, die niedergelassenen Chirurgen nicht. Ob der Termin des Antragsgegners am 30.01.2008 tatsächlich stattfinde, sei mangels einer Ladung weiterhin unsicher. Im Übrigen gehe es um die Schließung der Bedarfslücke. Der Facharztfilter sei beschränkt, da nicht alle "Vertragsärzte" genannt würden. Für eine weitere Beschränkung bestehe keine Notwendigkeit.

Der Antragsteller beantragt,
die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Zulassungsausschusses für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 22.05.2007 bis zu einer Zustellung der Entscheidung des Antragsgegners über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1) an ihn anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

Er trägt vor, die von der Beigeladenen zu 1) vorgeschlagene Formulierung unterscheide sich vom Zulassungsausschuss lediglich darin, dass letzterer auch eine Überweisung durch endoskopisch tätige Allgemeinärzte und Internisten vorsehe. Die proktologischen Leistungen seien in der Ermächtigung nicht enthalten. Der Widerspruch gehe bzgl. dieser Leistungen ins Leere. Zweifelhaft sei, ob der Facharztfilter ausreichend beschränkt sei, da er einer Überweisungsmöglichkeit durch alle Vertragsärzte zumindest nahe komme. Dem Antragsteller sei mindestens seit November 2007 bekannt, dass er die Sache für den 30.01.2008 anberaumt habe.

Die übrigen Beigeladenen haben sich schriftsätzlich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 07.12.2006 die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.

II.

Der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung ist zulässig.

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben. Der Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 und 4, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Der Widerspruch der Beigeladenen zu 1) hat aufschiebende Wirkung.

Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung (§ 86a Abs. 1 SGG). In Angelegenheiten des Antragsgegners entfällt die aufschiebende Wirkung nicht (vgl. § 86a Abs. 2 und 4 SGG). Das Gesetz ordnet vielmehr ausdrücklich die aufschiebende Wirkung an (§ 95 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Eine sofortige Vollziehung des Beschlusses des Zulassungsausschusses, wozu die Kammer nach der Neuregelung der §§ 86a und 86b SGG den Zulassungsausschuss grundsätzlich für berechtigt hält, ist nicht angeordnet worden.

Gegenstand dieses Verfahrens war die im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.05.2007 ausgesprochene Ermächtigung im gesamten Umfang, da insbesondere die Beigeladene zu 1) weder im Verwaltungs- noch im gerichtlichen Anordnungsverfahren ihren Widerspruch beschränkt hat. Eine entsprechende eindeutige Ausdeutungsmöglichkeit sieht die Kammer insbesondere auch deshalb nicht, weil davon auszugehen ist, dass der Beigeladenen zu 1) hinreichend die Konsequenzen einer Widerspruchseinlegung bekannt sind und sie in der Lage ist, ggf. ihren Widerspruch eindeutig zu begrenzen, soweit dies ihrem Willen entspricht (vgl. bereits SG Marburg, Beschl. v. 08.02.2006 - S 12 KA 21/06 ER - www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch begründet.

Nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung spricht aber wesentlich mehr für die Rechtmäßigkeit der vom Zulassungsausschuss ausgesprochenen Ermächtigung als dagegen.

Rechtsgrundlage der Entscheidung der Zulassungsgremien ist § 116 SGB V, § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV. Nach diesen Vorschriften kann der Zulassungsausschuss mit Zustimmung des Krankenhausträgers einen Krankenhausarzt mit abgeschlossener Weiterbildung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigen, soweit und solange deren ausreichende ärztliche Versorgung ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. Der in dieser Formulierung zum Ausdruck kommende Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte gilt für den gesamten Bereich der ambulanten Krankenversorgung und mithin auch für diagnostische Leistungen auf Überweisungen von denjenigen Ärzten, die die Patienten unmittelbar behandeln. Nicht nur die eigenverantwortliche ambulante Behandlung, sondern auch die Beratung und Unterstützung eines anderen Vertragsarztes bei dessen Behandlung obliegen in erster Linie den entsprechend weitergebildeten und qualifizierten Vertragsärzten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt die Erteilung einer Ermächtigung gemäß § 116 SGB V, § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV an einen weitergebildeten Krankenhausarzt einen quantitativ-allgemeinen oder einen qualitativ-speziellen Versorgungsbedarf voraus, bei dessen Überprüfung und Feststellung die Zulassungsgremien über einen der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglichen Beurteilungsspielraum verfügen. Ein quantitativ-allgemeiner Bedarf liegt vor, wenn in einem Planungsbereich in einer Arztgruppe zu wenige niedergelassene Ärzte vorhanden sind, um den Bedarf zu decken. Das Vorliegen eines qualitativ-speziellen Bedarfs setzt voraus, dass ein Krankenhausarzt besondere, für eine ausreichende Versorgung notwendige Untersuchungs- und Behandlungsleistungen anbietet, die von den niedergelassenen Ärzten nicht bzw. nicht in erforderlichem Umfang erbracht werden (vgl. BSG, Urt. v. 30.01.2002 - B 6 KA 12/01 R - SozR 3-2500 § 116 Nr. 24 = MedR 2002, 529 = KRS 02.028 = USK 2002-89, zitiert nach juris Rdnr. 18 bis 20; BSG, Urt. v. 12.09.2001 - B 6 KA 86/00 RSozR 3-2500 § 116 Nr. 23, juris Rdnr. 18, jeweils m. w. N.).

Maßstab für die Bedarfsprüfung ist grundsätzlich der Planungsbereich. Bei der Ermittlung eines Bedarfs in quantitativ-allgemeiner Hinsicht sind als Voraussetzung für die Ermächtigung eines Krankenhausarztes, also der Prüfung, ob im jeweiligen Planungsbereich eine ausreichende Anzahl von Ärzten einer bestimmten Arztgruppe für die ambulante Versorgung zur Verfügung steht, die Angaben des Bedarfsplans zugrunde zu legen (vgl. BSG, Urt. v. 14.071993 - 6 RKa 71/91 - SozR 3-2500 § 116 Nr. 4 = BSGE 73, 25 = MedR 1994, 73 = NJW 1994, 1612 = USK 93140, juris Rdnr. 19; BSG, Beschl. v. 20.04.1998 - B 6 KA 36/97 B - juris Rdnr. 11; BSG, Urt. v. 22.06.1994 - 6 RKa 46/93, SozR 3-2500 § 116 Nr. 10 = USK 94164, juris Rdnr. 21 f.). Auch für die Prüfung des qualitativ-speziellen Bedarfs ist grundsätzlich der Zuschnitt der regionalen Planungsbereiche maßgeblich (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 09.02.2005 - L 3 KA 290/03 - MedR 2005, 559, juris Rdnr. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.09.1997 - L 11 Ka 88/97 -, juris Rdnr. 64). Hierbei ist der Bedarf in der jeweiligen Gruppe der Gebietsärzte (Arztgruppe) maßgeblich. Auf den Bedarf in Teilgebieten ist nicht gesondert abzustellen. Das beruht darauf, dass nach ärztlichem Berufsrecht Ärzte mit Gebietsbezeichnungen alle Leistungen ihres Gebietes erbringen dürfen, auch wenn es sich um solche handelt, die in ein Teilgebiet des Fachgebietes fallen. Selbst wenn man bei der Prüfung der Versorgungslücke die Teilgebiete zugrunde legen würde, dürften bei der Ermittlung des Bedarfs nicht nur die Ärzte berücksichtigt werden, die die entsprechende Teilgebietsbezeichnung zu führen berechtigt sind bzw. führen; es wären vielmehr alle Gebietsärzte, deren Gebiet das Teilgebiet zugeordnet ist, einzubeziehen. Aus diesem Grunde wird auch in dem durch die Bedarfsplanung rechtlich vorgegebenen Rahmen bei der Feststellung des allgemeinen Versorgungsgrades eine Differenzierung nach Teilgebieten nicht vorgenommen (vgl. BSG, Urt. v. 14.07.1993 - 6 RKa 71/91 -, aaO., juris Rdnr. 19). Lediglich dann, wenn ein besondere Zuschnitt des Planungsbereiches wie die Trennung in einen Stadt- und Landkreis, wobei in der geographischen Mitte des Landkreises der Planungsbereich Stadtkreis liegt, gegeben ist, kann die unter Bedarfsplanungskriterien ermittelte rechnerische Nichtauslastung des Planungsbereiches eine tatsächliche Unterversorgung der Versicherten u. U. nicht bewirken (vgl. BSG, Urt. v. 25.11.1998 - B 6 KA 81/97 R - aaO., juris Rdnr. 26).

Der Antragsteller war bereits zuvor in einem über die hier strittige Ermächtigung hinausgehenden Umfang ermächtigt worden. Eine Änderung der Bedarfssituation durch ein verändertes Krankheitsspektrum oder Neuniederlassungen ist insbesondere nicht von der Beigeladenen zu 1) dargelegt worden. Es fehlt ferner bereits an jeglichen Darlegungen zum Versorgungsbedarf seitens der zu 1) beigeladenen Widerspruchsführerin.

Der Widerspruch der Beigeladenen zu 1) vom 19.07.2007 wird vor allem damit begründet, dass die vom Antragsteller beantragten Nr. 30600, 30610 und 30611 EBM 2005 durch niedergelassene Chirurgen im Planungsbereich AA. sichergestellt seien. Der Beschluss des Zulassungsausschusses beinhaltet aber keine Ermächtigung zu diesen Leistungen. Weshalb bei quantitativ ausreichender Erbringungen der genannten Leistungen einer Ermächtigung zur konsiliarischen Beratung auf der Grundlage eines sogenannten Facharztfilters entfallen soll, ist dem Widerspruchsschreiben nicht zu entnehmen. Hinzu kommt, dass der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.05.2007 vollständig den Ermächtigungskatalog, wie er vom Berufungsausschuss im Beschluss vom 07.03.2007 formuliert wurde, übernimmt. Dieser Beschluss des Berufungsausschusses ist bestandskräftig geworden. Ein Klageverfahren ist hier nicht registriert worden. Der Berufungsausschuss führt in seinem Beschluss zutreffend aus, es handele sich nicht um eine Ermächtigung aus quantitativ- allgemeinen Erwägungen, sondern um eine qualitativ- spezielle Ermächtigung. Er habe deshalb einen Facharztfilter aufgenommen.

Die Beigeladene zu 1) hat bisher keine Bedarfsanalyse oder Ähnliches vorgelegt. Sie bezieht sich auf Ergebnisse einer Erhebung bei niedergelassenen Ärzten, die Sie im Einzelnen nicht vorgelegt hat und deren Verwertung bereits aus diesem Grund zweifelhaft ist. Im Übrigen ist gerade keine Ermächtigung aus quantitativ- allgemeinen Erwägungen ausgesprochen worden. Es fehlt bisher bereits an einer ausreichenden Sachverhaltsermittlung, die Anlass gäbe zu einer gegenüber früher abweichenden Bedarfs- und Bedarfsdeckungssituation. Mit dem sog. Facharztfilter hat der Zulassungsausschuss die Ermächtigung dahingehend beschränkt, dass nur die Ärzte eine Überweisung ausstellen können, die selbst diese Leistung erbringen. Damit wird sichergestellt, dass eine Überweisung durch diese Ärzte nur dann ausgestellt wird, wenn sie der fachlichen Beratung des Antragstellers bedürfen oder dessen besondere Sachkunde für die Durchführung der Behandlung erforderlich ist. Die Einschränkung bedeutet deshalb auch gerade nicht, dass eine Überweisung durch alle Vertragsärzte vorgenommen werden könnte.

Im Hinblick auf die überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Anordnungsanspruchs sind an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes keine besonderen Anforderungen zu stellen. Nach Auffassung der Kammer ist zu besorgen, dass sich die Versorgungssituation bei völligem Wegfalls der Ermächtigung des Antragstellers auch in diesen Bereichen weiter verschlechtert und es zu einem für die Versicherten unzumutbarem Versorgungsengpass kommt, auch weil es gerade um die Abrufbarkeit der besonderen Qualifikation des Antragstellers geht. Von daher waren die Versorgungsinteressen der Versicherten und insofern auch das Interesse des Antragstellers höher zu bewerten als die der niedergelassenen Ärzte. Hinzu kommt, dass das Leistungsvolumen des Antragstellers offensichtlich insgesamt nur einen geringen Umfang hat.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war andererseits zeitlich zu begrenzen. Zum einen steht es der Kammer nicht an, hier in den Beurteilungsspielraum des Antragsgegners einzugreifen. Zum anderen bleibt abzuwarten, welche Beurteilung der Antragsgegner nach gründlicher Sachverhaltsermittlung vornehmen wird. Im Übrigen war kein weitergehender Antrag gestellt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil hat die Verfahrenskosten zu tragen.

Der Streitwertbeschluss beruht auf dem Gerichtskostengesetz i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718).

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

Bei persönlichen Ermächtigungen von Krankenhausärzten zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ist von den erzielbaren Einnahmen abzüglich der Praxiskosten und Abgaben an das Krankenhaus im streitigen Zeitraum auszugehen (vgl. BSG, 06.09.1993 - 6 RKa 25/91 - SozR 3-1500 § 193 Nr. 6 = NZS 1994, 142 = Breith 1994, 258 = MDR 1994, 615). Bei einem Streit über Inhalt bzw. Umfang der erteilten Ermächtigung ist als Streitwert der Regelstreitwert festzusetzen (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, Streitwertkatalog 2007, Stand: 1. April 2007, www.sozialgerichtsbarkeit.de, Abschnitt IX Ziffer 6.1). Auch wenn die Beigeladene zu 1) ihren Widerspruch nicht eindeutig begrenzt hat, streiten die Beteiligten letztlich doch um den Umfang der Ermächtigung. Im Hinblick auf die Vorläufigkeit des einstweiligen Anordnungsverfahrens war der Regelstreitwert zu dritteln. Dies ergab den festgesetzten Streitwert.
Rechtskraft
Aus
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