L 2 U 3902/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 525/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 3902/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger wegen der Folgen des Wegeunfalls vom 28. August 1997 Anspruch auf weiteres Verletztengeld sowie auf Verletztenrente hat.

Der am 11. Januar 1961 geborene Kläger, der als Unternehmer eines Fuhr-Bagger-Raupen- und Containerbetriebs bei der Beklagten unfallversichert ist, erlitt am 28. August 1997 gegen 16:45 Uhr auf der B31 bei H. einen Verkehrsunfall, bei dem ein PKW von hinten auf ihn auffuhr. Nach den Angaben des Klägers gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. S. gehört der Betrieb, da Arbeitsfähigkeit wie vor dem Unfall nie wieder eingetreten sei, nun seiner Ehefrau, bei der er seit 1. Juli 2000 als Geschäftsführer angestellt ist.

Ausweislich der Verwaltungsakte (VA) ist dem Kläger über die AOK Verletztengeld für den Zeitraum vom 29. August 1997 bis 11. August 1998 ausgezahlt worden (vgl. Blatt 103, 133, 142, 147, 188 und 206 VA).

Dr. M., Chefarzt des St.-Joseph-Krankenhauses M., der den Kläger nach dem Unfall zuerst behandelte, stellte als Befund eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule (HWS) und einen linksseitig betonten Nackenschmerz ohne Übelkeit und Kopfschmerz fest. Die Röntgenbilder der HWS zeigten keine Fraktur, jedoch eine deutliche Steilstellung sowie eine rechtskonvexe Skoliose. Die Diagnose lautete: HWS-Schleudertrauma. Der Kläger stellte sich wegen zunehmender Übelkeit mit Erbrechen und Kopfschmerzen sowie Schmerzen im Bereich des linken Schienbeins und der unteren LWS am 1. September 1997 bei Chirurg Dr. R. vor, der eine neurologische Kontrolluntersuchung bei Dr. H. sowie eine Computertomografie (CT) der Lendenwirbelsäule (LWS) veranlasste. Dr. H. interpretierte die Beschwerden des Klägers (morgendliche Übelkeit mit gelegentlichem Erbrechen, schwindelartige Unsicherheitsgefühle, rechtsbetonte Ohrenschmerzen sowie Konzentration- und Merkfähigkeitsstörungen) im Sinne einer vermehrten vegetativen Irritablilität (Berichte vom 1. September und 1. Oktober 1997, Blatt 11 Verwaltungsakte (VA)). Die CT-Untersuchung der LWS ergab eine winzige vordere obere Kantenabtrennung im Bereich des Lendenwirbelkörpers (LWK) 3 als mögliche Traumafolge (Berichte Dr. R. vom 14 Oktober 1997, Dr. S. vom 12. September 1997). In der Folgezeit veranlasste Dr. R. auf Grund der vom Kläger angegebenen Beschwerden weitere Untersuchungen in der Neurologischen Klinik der Universität T. (Bericht vom 22. Oktober 1997), bei Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. L. (Bericht vom 11. November 1997) sowie eine Kernspintomograhie (MRT) der HWS (Bericht Priv.-Doz. Dr. Z. vom 23. Dezember 1997), die keine pathologischen Befunde zeigten. Vom 17. Januar bis 3. März 1998 wurde für den Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in den Kliniken S. durchgeführt; der Abschlussbericht vom 16. März 1999 ergab hinsichtlich der apparativen Diagnostik (Labor, MRT des Schädels, CT der HWS) keine pathologischen Befunde, hinsichtlich der psychologischen Untersuchung wurde ausgeführt, es liege eine Belastbarkeitsminderung vor, die sich vor allem in der Zunahme subjektiver Beschwerden (Kopfschmerzen, Erschöpfung) und weniger in einem deutlichen Leistungsabfall ausdrücke. Vom 21. April bis 27. Mai 1998 unterzog sich der Kläger einer EAP (erweiterte ambulante Physiotherapie) in der Birkle-Klinik Ü., die subjektiv zu keiner Befundverbesserung führte. Die Ärzte wiesen jedoch auf eine Störung des rechten Kiefergelenkes hin (ständiges Schnappen beim Mundöffnen und -schließen), die laut Angaben des Klägers auch schon vor dem Unfall vorgelegen habe. Die Beklagte holte ein neurologisches Gutachten bei Priv.-Doz. Dr. R. sowie eine orthopädisches bei Prof. Dr. S., beide Universitätsklinik Ulm, ein. Priv.-Doz. Dr. R. stellte ein HWS-Beschleunigungstrauma Grad I-II ohne sensomotorisches Defizit fest, aus dem Unfall resultierten noch eine Druckdolenz des Nervus occipitalis major links mehr als rechts ohne Ausstrahlung, eine leicht eingeschränkte Kopfbeweglichkeit in alle Richtungen sowie eine diskrete Klopfschmerzhaftigkeit über der oberen HWS und der oberen Brustwirbelsäule (BWS). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit zu bis zum Ende des ersten Halbjahrs mit ca. 20 v.H. und bis zum Ende des zweiten auf 10 v.H. einzuschätzen (Gutachten vom 27. Mai 1998). Professor Dr. S. kam in seinem Gutachten vom 19. Mai 1998 zu dem Ergebnis, der angeschuldigte Unfall habe zu einer Zerrung der HWS geführt, eine Verletzung der LWS lasse sich auf Grund der Röntgenaufnahmen vom 5. September 1997 ausschließen. Auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet lägen keine Unfallfolgen mehr vor, sodass sich keine messbare MdE ergebe. In der ergänzenden Stellungnahme vom 12. September 1998 teilte der Gutachter mit, aus unfallärztlicher Erfahrung könne gesagt werden, dass nach einer Zerrung der HWS durch einen Auffahrunfall ohne knöcherne oder ligamentäre Schäden die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit 4 bis 6 Wochen betrage; im konkreten Fall halte er eine Arbeitsunfähigkeit für die Dauer von 6 bis maximal 8 Wochen für gerechtfertigt. Daraufhin hat die Beklagte mit Bescheid vom 16. Oktober 1998 die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt, weil die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht in rentenberechtigendem Grad über die 26. Woche nach dem Eintritt des Versicherungsfalls hinaus gemindert sei; hierbei stützte sie sich auf die Begutachtung in der Universitätsklinik U. sowie eine Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. B. vom 4. August 1998. Den Widerspruch, mit dem eine erneute gutachtliche Untersuchung begehrt wurde, wies die Beklagte nach Befragung des Dr. B. mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 1999.

Dagegen hat der Kläger am 24. März 1999 unter Vorlage u.a. des Arztbriefs des Neurologen Dr. N. vom 4. Dezember 1997 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben mit der Begründung, er leide seit dem Unfall unter massiven Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, starker Müdigkeit, Sehstörungen mit Schwindelgefühlen, Störungen des Gleichgewichtssinns und einem Pelzigkeitsgefühl der rechten Hand nebst funktionaler Schwäche. Das SG hat zunächst Prof. Dr. Dr. Sch., Kliniken S., und Dr. R. als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Dr. R. hat in seiner Aussage vom 30. Juli 1999 mitgeteilt, auf chirurgischem Fachgebiet bestehe keine MdE. Professor Dr. Dr. Sch. hat unter Vorlage des orthopädischen Konsiliarberichts des Neurochirurgen und Orthopäden Dr. R. vom 13. Januar 1998 über eine zweite stationäre Behandlung vom 26. Januar bis 11. März 1999 (Kostenträger Krankenkasse) berichtet und ausgeführt, das chronische posttraumatische HWS-Syndrom mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung, Kopfschmerzen und Schwindel sowie das zervico-brachiale Schmerzsyndrom mit Missempfindungen rechts und die auf neurokognitivem Gebiet bestehenden Einschränkungen der Lern- und Merkfähigkeit begründeten eine MdE von 10 v.H. (Aussage vom 10. August 1999). Das SG hat sodann auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei Dr. R. eingeholt, der hierin auf Grund Untersuchung vom 5. September 2000 zu dem Ergebnis gekommen ist, als Folge des Unfalls liege ein HWS-Beschleunigungstrauma Grad III mit kernspintomographischem Anhalt für eine stattgehabte Verletzung des Flügelbandes rechts im Bereich des 2. Halswirbels mit daraus resultierender relativen Fehlstellung dieses Halswirbels mit fortbestehenden Funktionsstörungen im Kopf/Hals-Übergangsbereich vor, ferner als Folge dieser funktionellen Läsion ein chronifiziertes Zervico-Cephal-Syndrom mit Genickhinterhauptskopfschmerz, Taumeligkeit und bewegungsabhängigem Schwindel und Gefühlsstörungen der rechten Hand, eine komplexe vegetative und mentale Störung sowie Schmerzen im Ohr- und Gesichtsbereich rechts. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 20. Oktober 1998 bestanden; bis zu diesem Zeitpunkt sei die MdE auch mit 100 v.H. einzuschätzen. Ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit liege eine MdE von 60 v.H. vor (Gutachten vom 30. November 2000). Gegen dieses Gutachten hat die Beklagte die Stellungnahme des Dr. B. vom 11. April 2001 vorgelegt in der dieser ausgeführt hat, nach dem vorliegenden Bildmaterial sei die Annahme einer Ruptur des rechten Flügelbandes und damit auch die Diagnose eines Beschleunigungstraumas Grad III nicht haltbar; das selbe gelte für die nicht nachvollziehbare Bewertung der MdE. Zu diesen Einwendungen hat Dr. R. unter dem 16. September 2001 Stellung genommen und ist im Ergebnis bei seiner Gutachten dargelegten Beurteilung geblieben. Auch Dr. B. hat in seiner weiteren Äußerung vom 18. März 2002 an seiner Beurteilung und Kritik am Gutachten des Dr. R. festgehalten. Daraufhin hat das SG Prof. Dr. Ro., Universitätsklinik H., zum Sachverständigen bestellt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 16. Juli 2002 zu der Beurteilung gekommen, die muskulären Beschwerden im Bereich der Hals-Nacken-Muskulatur seien durch das Unfallereignis nicht ausreichend zu erklären, da ein Körperschaden, der fortbestehende Beschwerden begründen würde, nicht nachzuweisen sei; folglich lägen auf orthopädischen Fachgebiet keine Unfallfolgen mehr vor. Arbeitsunfähigkeit könne bei fehlendem Primärschaden im Bereich der HWS maximal für 12 Wochen angenommen werden, eine MdE sei nicht zu begründen. Mit Urteil vom 14. Juli 2003 hat das SG gestützt auf die Beurteilungen von Priv.-Doz. Dr. R., Prof. Dr. S., Dr. R., Prof. Dr. Dr. Sch. und Prof. Dr. Ro. die Klage abgewiesen.

Gegen das dem Kläger am 15. September 2003 zugestellte Urteil hat dieser am 29. September 2003 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, es könne nicht sein, dass der bis zum Unfall gesunde Kläger hierbei nur eine Beschleunigungsverletzung Grad I-II davongetragen habe; lediglich Dr. R. habe eine nachvollziehbare Erklärung für die seit dem Unfall bestehenden Beschwerden gefunden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14. Juli 2003 sowie den Bescheid vom 16. Oktober 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des Wegeunfalls vom 28. August 1997 weiteres Verletztengeld bis zum 20. Oktober 1998 sowie ab dem 21. Oktober 1998 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 60 vom Hundert zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis für zutreffend.

Der Senat hat von der AOK-KundenCenter Ü. das Vorerkrankungsregister des Klägers beigezogen, ferner die Akte der R+V Versicherung, der AXA Versicherung AG sowie des Versorgungsamts Ravensburg und HNO-Arzt Dr. L. (Aussage vom 18. Mai 2004; keine pathologischen Veränderungen im Gleichgewichtsorgan), Ärztin für Allgemeinmedizin G. (Aussage vom 17. Mai 2004; Hinweis auf 1992 bestehende LWS-Schmerzen und 1994 auf Kopfschmerzen(vor allem in der Augenumgebung) und Erbrechen), Dr. M. (Aussage vom 15. Juni 2004; letzte Konsultation im März 1994 wegen eines gequetschten Fingers) und Facharzt für Allgemeinmedizin Q. (Aussage von 17 Juli 2004; im April 1998 Diagnose einer Hirnstammverletzung infolge eines HWS- und LWS-Traumas) als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt. Sodann hat der Senat Prof. Dr. S. zum Sachverständigen bestellt. Dieser ist in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 13. Oktober 2005 zu dem Ergebnis gekommen, Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet lägen nicht vor und hätten auch nicht vorgelegen, folglich sei auch keine MdE einzuschätzen. Schließlich hat der Senats die ergänzende gutachtlichen Stellungnahme des Prof. Dr. Ro. vom 15. Januar 2006 eingeholt, in der er zusammenfassend - nach Auswertung der vom Senats beigezogenen Unterlagen - zu der Beurteilung gekommen ist, durch den angeschuldigten Unfall sei es beim Krieger weder zu einer körperlichen Schädigung von Dauer noch zu einer psychischen Störung gekommen.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, auf die beigezogenen Akten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), frist- und formgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG) somit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch - wie das SGG zutreffend entschieden hat - nicht begründet, denn dem Kläger steht weder weiteres Verletztengeld noch eine Verletztenrente zu.

Auf den im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geltend gemachten Anspruch finden die Vorschriften des Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) Anwendung. Nach § 26 Abs. 1 SGB VII (Fassung bis 30. Juni 2001) haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften Anspruch auf (u.a) Geldleistungen; hierzu zählen Verletztengeld und Rente. Verletztengeld wird im Grundsatz erbracht, wenn der Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist; es beginnt mit dem Tag, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt worden ist , und endet mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit, spätestens - wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist - mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung (§§ 45 Abs. 1 Nr. 1 1. Altern., 46 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 1. Altern., Satz 2 Nr. 3 SGB VII). Anspruch auf Rente haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit Teilrente in der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entsprechenden Höhe (§ 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 SGB VII).

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die Erkrankung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16 S. 81 f.). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).

In Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze ist unter Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens weder ein Anspruch auf Rente noch auf weiteres Verletztengeld zu begründen.

Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass der Kläger am 28. August 1997 einen Arbeitsunfall im Sinne eines Wegeunfalls (versicherte Tätigkeit, schädigendes Ereignis, innerer Zusammenhang) erlitten hat; das hat die Beklagte - konkludent - im angefochtenen Bescheid anerkannt. Hierbei hat der Kläger eine HWS-Distorsion Grad I-II davongetragen. Diese Feststellung trifft der Senat auf Grund des Durchgangsarztberichts des Dr. M., der neurologischen Befundberiche des Dr. H. und Dr. N. sowie der Neurologischen Universitätsklinik T. und der neurologischen und orthopädischen Gutachten der Dres. Priv.-Doz. R., Prof. S., Prof. S. und Prof. Ro ... Dr. M., der den Kläger eine dreiviertel Stunde nach dem Unfallgeschehen untersucht hat, hat eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS und einen linksseitig betonten Nackenschmerz beschrieben, weder Übelkeit noch Kopfschmerz. Derartige Beschwerden einhergehend mit Missempfindungen in den Augen, allgemeiner Zittrigkeit und Kreuzschmerzen haben sich erst am Folgetag entwickelt, wobei sich die Beschwerden im weiteren Verlauf psychovegetativ ausgeweitet und tendenziell zugenommen haben. Die deswegen erfolgten apparativen Untersuchungen (CT/LWS vom 12. September 1997; CT/Schädel vom 16. Oktober 1997; MRT/HWS vom 22. Dezember 1997; CT/HWS und MRT/Schädel vom 13. Februar 1998) haben keinen pathologischen Befund oder Hinweise auf traumatische Läsionen ergeben. Soweit hiervon abweichend Dr. R. aus der MRT/Schädel vom 13. Februar 1998 Anhaltspunkte für eine stattgehabte Verletzung des Flügelbandes des Zahnfortsatzes des 2. Halswirbels zu erkennen geglaubt und deswegen eine HWS-Distorsion Grad III diagnostiziert hat, folgt ihm der Senat nicht, denn diese Verletzung ist bereits nach dessen eigener Darstellung - er spricht von einer "möglicherweise" abgelaufenen Läsion - nicht erwiesen (= mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen) und steht zudem im Widerspruch zu allen anderen gehörten Ärzten, insbesondere Prof. Dr. Dr. Sch. (Bericht vom 16. März 19989) und Priv.-Doz. Dr. Z. (Bericht vom 23. Dezember 1997); dies hat Dr. B. in seiner Stellungnahme vom 11. April 2001 und 18. März 2002 nachvollziehbar dargelegt. Durch die apparativen Untersuchungen widerlegt - s. MRT/Schädel vom 13. Februar 1998 - ist auch die im Bericht des Berufshelfers Buchhorn vom 4. Februar 1998 dokumentierte Äußerung der Dr. Brass, es sei bei dem Schleudertrauma zu Einblutungen in die rechte Gehirnhälfte gekommen. Schließlich hat sich auch bei den HNO-ärztlichen Untersuchungen kein pathologischer Befund ergeben. Angesichts dieser objektiven Befundlage überzeugen den Senat die übereinstimmenden Beurteilungen des Beratungsarztes Dr. B. und der Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. R. und Prof. Dr. S., die keine Unfallfolgen auf neurologischem Gebiet haben feststellen können. Was das orthopädische Fachgebiet betrifft, so liegen ebenfalls keine Unfallfolgen (mehr) vor. Diese Feststellung trifft der Senat auf Grund der diversen Berichte des Dr. R.; darin sind von Anfang an knöcherne Verletzungen ausgeschlossen worden. Die von Dr. Sc. in der CT/LWS vom 12. September 1997 befundete Kantenabtrennung bei L3 ist zweifelsfrei nicht auf den angeschuldigten Unfall zurückzuführen, wie Prof. Dr. S. an Hand der eine Woche nach dem Unfall gefertigten Röntgenaufnahme vom 5. September 1997, auf der der Vorderkantenbruch bereits knöchern fest verheilt war, überzeugend ausgeführt hat. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der Kläger - entgegen seiner bisherigen Darstellung - schon vor dem Unfall über LWS-Beschwerden geklagt hat; dies geht aus der Aussage der Allgemeinärztin Moser vom 17. Mai 2004 hervor. Schließlich vermag der Senat auch auf psychiatrischem Fachgebiet keine Unfallfolgen festzustellen. Prof. Dr. S. hat einen in allen Richtungen unauffälligen psychiatrischen Befund erhoben, Hinweise für eine psychische Störung haben sich bei dessen Untersuchung nicht ergeben. Der Kläger hat sich nach dem Unfall - soweit ersichtlich - auch zu keinem Zeitpunkt in psychiatrischer Behandlung befunden. Es besteht daher kein Anhalt für psychiatrische Unfallfolgen. Ein Rentenanspruch des Klägers ist somit nicht zu begründen.

Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf weiteres Verletztengeld. Zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit hat sich Prof. Dr. S. in der Weise geäußert, dass entsprechend unfallärztlicher Erfahrung nach einer Zerrung der HWS nach Auffahrunfall ohne knöcherne oder ligamentäre Verletzungen - wie es beim Kläger der Fall gewesen ist - die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit 4 bis 6 Wochen betrage; da beim Kläger unfallunabhängige Veränderungen an der LWS bestanden haben, plädiert der Rentengutachter für eine Arbeitsunfähigkeit von maximal 8 Wochen. Prof. Dr. Ro. hat eine Arbeitsunfähigkeit von maximal 12 Wochen für gerechtfertigt erachtet. Die Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf Verletztengeld bis 19. Oktober 1997 (bescheidmäßig) anerkannt. Angesichts der oben dargelegten objektiven Befunde ist die Entscheidung der Beklagten, die sich auf die Beurteilung von Prof. Dr. S. stützt, nicht zu beanstanden; sie entspricht auch den in der unfallmedizinischen Literatur dargestellten Werten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 562). Die großzügigere Bemessung durch Prof. Dr. Ro. ist mit den von ihm genannten Argumenten (kein Primärschaden an der HWS, keine neurologischen Ausfallsymptome bei der Erstbehandlung am Unfalltag) gerade nicht zu begründen. Der Beurteilung von Dr. R., der eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit vom "28.1.1997" (richtig wohl 28. August 1997) bis 20. Oktober 1998 angenommen hat, kann nicht gefolgt werden, weil - wie oben dargelegt - bereits seine medizinische Beurteilung nicht überzeugt hat.

Die Berufung des Klägers ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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