L 11 KR 4313/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 1137/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4313/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Erstattung der Kosten für häusliche Krankenpflege (Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung) für die Zeit vom 04.03. bis 30.09.2002.

Die 1955 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin zog sich bei einem Sturz im Dezember 2001 eine Unterschenkelfraktur links zu, die stationär vom 23.12.2001 bis 04.03.2002 in der R.-Klinik B. versorgt wurde (osteosynthetische Versorgung mittels UTN am 25.12.2001, Verlegung in die Medizinische Klinik am 09.01.2002 wegen erhöhter Nierenwerte, Rückverlegung auf die Chirurgie am 15.02.2002).

Am 11.04.2002 gingen bei der Beklagten Bescheinigungen der behandelnden Allgemeinärztin Dr. K.-C. vom 14.03. und 08.04.2002 ein, wonach die Klägerin für 7 Tage in der Woche für 2 Stunden täglich eine Hilfe für die häusliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung benötigte (voraussichtlich 4 Wochen bzw. weitere 4 Wochen).

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 11.04.2002 mit, die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung könnten im Rahmen der häuslichen Krankenpflege verordnet werden, wenn dadurch eine Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt werde. Die ärztliche Verordnung habe auf einem vereinbarten Vordruck zu erfolgen. Da eine entsprechende Verordnung nicht vorliege, sei eine Kostenzusage nicht möglich.

Die Klägerin legte hierauf Verordnungen häuslicher Krankenpflege durch Dr. K.-C. für die Zeit vom 04.03. bis 30.06.2002 (hauswirtschaftliche Versorgung einmal täglich an 5 Tagen wöchentlich) und für die Zeit vom 15.06. bis 13.07.2002 (Behandlungspflege) vor und bat um Genehmigung.

Dr. K.-C. legte unter Beifügung von Berichten der Medizinischen Klinik und der Chirurgischen Klinik der R.-Klinik B. auf Anfrage der Beklagten dar, die Fraktur habe zum Entlassungszeitpunkt keine sichtbare Heilungstendenz gezeigt, weshalb das Bein nicht habe belastet werden dürfen und die Klägerin ständig auf einen Rollator angewiesen sei. Die vorzeitige Entlassung trotz nicht verheilter Fraktur sei unter der Annahme erfolgt, dass die Klägerin durch Stellung einer Haushaltshilfe durch die Krankenkasse eine vollständige Entlastung des Beines durchhalten könne. Es habe jetzt eine vorzeitige Materialentfernung erfolgen müssen, da eine Mehrbelastung der Fraktur zu einer Materialverbiegung geführt habe.

Mit Bescheid vom 25.06.2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin Behandlungspflege (hier: das Anziehen eines Kompressionsstrumpfes) für die Zeit vom 15.06. bis 13.07.2002. Eine Bewilligung der Grundpflege könne nicht erfolgen, da die Verordnung zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Behandlung ausgestellt worden sei.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch.

Dr. R. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) führte in seinem von der Beklagten veranlassten Sozialmedizinischen Gutachten aus, nach dem 15.02.2002 seien die besonderen Mittel eines Krankenhauses nicht mehr erforderlich gewesen.

Mit Schreiben vom 20.08.2002 erläuterte die Beklagte der Klägerin die Voraussetzungen sowohl der Krankenhausvermeidungspflege (Verordnung von Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung) und der Behandlungspflege und teilte das Ergebnis der beratungsärztlichen Stellungnahme des MDK mit. Es verbleibe bei der Ablehnung der Krankenhausvermeidungspflege.

Dagegen wandte die Klägerin unter Hinweis auf die Ausführungen ihrer behandelnden Ärztin ein, die Voraussetzungen für die Gewährung von Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung gemäß § 37 Abs. 1 letzte Alternative Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) seien bei ihr gegeben, da durch die Maßnahme der häuslichen Krankenpflege an sich gebotene Krankenhausbehandlung verkürzt worden sei. Da sie ihr Bein nicht habe belasten dürfen, sei sie, da allein lebend, nicht in der Lage (gewesen), ohne fremde Hilfe zu Hause zu leben. Es sei bei ihr zu einer außergewöhnlich verzögerten Frakturheilung gekommen, die zudem noch zu einer Schwächung des allgemeinen gesundheitlichen Zustandes geführt habe. Die Klägerin legte weitere Verordnungen von Dr. K.-C. für die Zeit bis 30.09.2002 vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück: Nach der Beurteilung des MDK seien die Mittel des Krankenhauses zur Weiterbehandlung nicht erforderlich gewesen. Der Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung sei auch nicht aus § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB V herzuleiten, da die Möglichkeit, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringe, nicht in die Satzung der Beklagten übernommen worden sei. Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege sei somit auf die Behandlungspflege begrenzt.

Deswegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG), mit der sie ihr Begehren auf Erstattung der Kosten für häusliche Krankenpflege in Form von Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung in der Zeit vom 04.03.2002 bis 30.09.2002 weiterverfolgte. Sie trug, gestützt auf die Attestierung ihrer Hausärztin, vor, dass die Fraktur zum Entlassungszeitpunkt keine sichtbare Heilungstendenz gezeigt habe, weshalb das Bein nicht habe belastet werden dürfen. So habe die Entlassung aus stationärer Krankenhausbehandlung nur mit der Maßgabe erfolgen können, dass die hauswirtschaftliche Versorgung gewährleistet gewesen sei, zumal sie allein lebe.

Das SG hat Dr. S., Chefarzt der Chirurgischen Klinik der R.-Klinik B., als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat mitgeteilt, die ausgedehnte Unterschenkelspiralfraktur sei in den Röntgenaufnahmen vom 13.05.2002 noch deutlich sichtbar und noch nicht fest verheilt gewesen. Die Klägerin sei an 2 Unterarmgehstützen mit einer erlaubten Belastung für das verletzte Bein bis 20 Kilogramm Körpergewicht aus der stationären Behandlung entlassen worden. Zumindest vorübergehend sei sie damit gehbehindert und hilfebedürftig gewesen. Wegen Dynamisierung sei eine stationäre Behandlung vom 13.05. bis 16.05.2002 erfolgt. Danach sei die Klägerin relativ schmerzarm mit Unterarmgehstützen und weiterhin mit einer Teilbelastung von 20 Kilogramm für das linke Bein entlassen worden. Aufgrund der Gesamtkonstellation sei die Mobilisation ausgesprochen erschwert und verzögert gewesen. Die Klägerin habe aber trotzdem an Unterarmgehstützen mobilisiert werden können, so dass die Weiterbehandlung durchaus auch durch häusliche Pflege und häusliche Krankengymnastik unter chirurgischer Aufsicht habe durchgeführt werden können. Eine weitere stationäre Behandlung sei zu der Zeit bei ausbleibender Frakturheilung nicht angezeigt gewesen.

Mit Urteil vom 21.07.2004, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 26.08.2004, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, die Voraussetzungen für die Gewährung von häuslicher Krankenpflege in Form von Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung in der Zeit vom 04.03.2002 bis zum 30.09.2002 seien nicht erfüllt. Sowohl der MDK als auch die R.-Klinik B. hätten bestätigt, dass eine weitere stationäre Behandlung nach der Entlassung aus dem Krankenhaus nicht angezeigt gewesen sei. Es wäre also in der Zeit ab 04.03.2002 keine Krankenhausbehandlung geboten gewesen und es sei auch die Krankenhausbehandlung nicht vermieden oder verkürzt worden. Da die Satzung der Beklagten keinen Anspruch auf häusliche Krankenpflege in Form von Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung vorsehe, scheide auch ein Anspruch nach § 37 Abs. 2 SGB V aus.

Hiergegen richtet sich die am 23.09.2004 eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung macht sie geltend, die Entscheidung des SG beruhe auf einem nur unvollständig erhobenen medizinischen Sachverhalt, da Dr. S. bezüglich der Frage der Hilfsbedürftigkeit nach ihrer Entlassung eine Anfrage bei dem nachbehandelnden Chirurgen empfohlen habe. Die Klägerin hat Nachweise bzw. Rechnungen des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) für häusliche Krankenpflege für die Zeiträume 04.03. bis 31.03.2002, 01.04. bis 30.04.2002, 01.06. bis 30.06.2002, 01.07. bis 31.07.2002 und vom 01.09. bis 30.09.2002 vorgelegt, ferner Bescheinigungen bzw. Verordnungen der Allgemeinärztin Dr. K.-C. und ein Schreiben des Stationsarztes der R.-Klinik B. vom 28.02.2002, wonach die Klägerin nach der Krankenhausentlassung für die Dauer von 4 Wochen für täglich 2 Stunden eine Haushaltshilfe benötige.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Juli 2004 sowie den Bescheid vom 25. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für häusliche Krankenpflege in Form von Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung in der Zeit vom 4. März bis 30. September 2002 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert und die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen gehört.

Dr. J., Arzt für Chirurgie - Unfallchirurgie -, hat unter Beifügung von Berichten der R.-Klinik vom 30.04 und 16.05.2002 bekundet, er habe die Klägerin vom 15.03. bis 15.08.2002 behandelt. Das Bein sei ab 15.03.2002 mit halben Körpergewicht belastbar gewesen. Hierbei sei es nicht zu einer Heilung des Bruches gekommen. Er habe deswegen die Entfernung des Verriegelungsbolzens veranlasst. Auch daraufhin sei es nicht zu einer Heilung gekommen, so dass eine Vollbelastung schmerzbedingt nicht möglich gewesen sei. Über eine Hilfebedürftigkeit der Klägerin sei nichts bekannt. Aufgrund der Verletzung habe sie allerdings nicht selber einen Pkw lenken können. Die Klägerin sei während seiner gesamten Behandlung an Unterarmgehstützen gehfähig gewesen. Nach Art und Schwere der Verletzung sei aus seiner Sicht keine weitere Pflege zur Sicherung der ärztlichen Behandlung erforderlich gewesen, soweit dies ohne Kenntnis der häuslichen Verhältnisse möglich sei. Die Frage, ob zur Sicherstellung der ärztlichen Behandlung bzw. des Behandlungserfolges eine Pflege in der Klinik erforderlich gewesen wäre, hat Dr. J. verneint.

Dr. S., Chefarzt der Chirurgischen Klinik der R.-Klinik B., hat mitgeteilt, die Klägerin sei nach der Entlassung am 04.03.2002 aufgrund der Frakturbeschaffenheit, körperlichen Konstitution und erlaubter Belastung von nur 20 Kilogramm Körpergewicht für das linke Bein hilfebedürftig gewesen. Sie sei angehalten gewesen, sich nur mit 2 Unterarmgehstützen zu bewegen und dabei das linke Bein praktisch nur mit Bodenkontakt zu belasten. Es sei nicht anzunehmen, dass die Klägerin in der Lage gewesen sei, mehrere Treppenstufen hinab zu steigen, einkaufen zu gehen und das Gekaufte in die Wohnung zu tragen. Nach der Dynamisierung im Mai 2002 sei die Belastung für das linke Bein wegen fehlender Bruchheilung erneut auf 20 bis 30 Kilogramm des Körpergewichts reduziert gewesen. Während der dreitägigen stationären Behandlung sei sie zumindest auf Zimmerebene mobil und selbstständig gewesen, habe jedoch immer wieder über belastungsabhängige Schmerzen im linken Bein geklagt. Auf der Wohnungsebene sei sie mit 2 Unterarmgehstützen ab 04.03.2002 gehfähig gewesen. Sie sei bei der Grundpflege selbstständig gewesen, so dass dies auch nach der Entlassung am 04.03.2002 anzunehmen sei. Eine Pflege in der Klinik zur Sicherstellung der ärztlichen Behandlung bzw. des Behandlungserfolges sei nicht notwendig gewesen.

Prof. W., Chefarzt der Klinik für Innere Medizin der R.-Klinik B., hat über die Behandlung der Klägerin auf der Inneren Abteilung berichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da sich die Kosten für häusliche Krankenpflege nach den von der Klägerin vorgelegten Rechnungen auf über 500,- EUR beliefen. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist aber unbegründet. Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden, denn die angefochtenen Bescheide, mit denen eine Bewilligung von Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung abgelehnt wurde, sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Streitgegenstand ist allein der Bescheid vom 25.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2003. Das Schreiben vom 11.04.2002 stellt keinen Verwaltungsakt dar, da unter Hinweis auf die fehlende ärztliche Verordnung und Begründung eine Entscheidung gerade nicht möglich war.

Rechtsgrundlage des Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 SGB V. Danach hat die Krankenkasse dem Versicherten die Kosten für eine selbst beschaffte Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle eines an sich gegebenen Sachleistungsanspruchs tritt, ist Voraussetzung das Bestehen eines Sachleistungsanspruchs. Daran fehlt es hier.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege (Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung) sind im Widerspruchsbescheid vom 11.03.2003 und im Urteil des SG zutreffend dargestellt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

In Ansehung dieser rechtlichen Vorgaben hat das SG in nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf Übernahme bzw. Erstattung der Kosten für häusliche Krankenpflege zusteht. Die Voraussetzungen des für diesen Anspruch hier allein in Betracht kommenden § 37 Abs. 1 SGB V liegen nicht vor. Der Senat schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen des SG in vollem Umfang an und sieht deswegen von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren und die vom Senat durchgeführte Beweiserhebung führen zu keinem anderen Ergebnis.

Die häusliche Krankenpflege umfasst drei Bestandteile: Behandlungspflege (hier nicht streitig), Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Diese Bestandteile stehen bei der Krankenhausvermeidungspflege (§ 37 Abs. 1 SGB V) obligatorisch zur Verfügung. Im Falle der Sicherungspflege (§ 37 Abs. 2 SGB V) beinhaltet die häusliche Krankenpflege grundsätzlich nur Behandlungspflege; die Satzung der Krankenkasse kann die Leistung jedoch zusätzlich auf hauswirtschaftliche Versorgung erweitern und dabei deren Dauer und Umfang festlegen. Von dieser Möglichkeit der satzungsmäßigen Ausdehnung hat die Beklagte indessen keinen Gebrauch gemacht, so dass sich ein Anspruch nicht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB V stützen lässt.

Ein Anspruch auf Krankenhausvermeidungspflege besteht bis zu vier Wochen. Darüber hinaus darf die Bewilligung nur in begründeten Ausnahmefällen nach Feststellung durch den MDK erfolgen. Die erste Alternative der in § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB V geregelten "Krankenhausersatzpflege" kommt hier nicht in Betracht, da diese nur Fälle erfasst, in denen die Krankenhausbehandlung zwar erforderlich ist, ein Anspruch nach § 39 Abs. 1 SGB V aber aus tatsächlichen Gründen nicht erfüllt werden kann. Die Klägerin bedurfte ab 04.03.2002 keiner Krankenhausbehandlung (mehr). Eine Krankenhausbehandlung ist dann erforderlich, wenn die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden kann. Hierzu zählen die spezielle apparative Ausstattung, das geschulte Pflegepersonal sowie die Rufbereitschaft und jederzeitige Eingriffsmöglichkeit eines Arztes (BSGE 83, 254 f., 259). Sowohl Dr. J. als auch Dr. S. haben die Erforderlichkeit einer Pflege in der Klinik bei Nichtgewährung häuslicher Krankenpflege verneint.

Auch die Krankenhausvermeidungspflege (§ 37 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative SGB V) setzt voraus, dass sie die ärztliche Behandlung zu sichern imstande ist, denn sonst könnte dieser häuslichen Krankenpflege nicht die anspruchsbegründende Eigenschaft zukommen, dass gerade durch sie die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung nach § 37 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative SGB V entfällt. Gerade darin also, dass die krankenhausvermeidende häusliche Krankenpflege die ärztliche Behandlung zu sichern vermag, liegt ihre Eigenschaft, den Klinikaufenthalt zu vermeiden. Der Anspruch auf die krankenhausvermeidende häusliche Krankenpflege wird allein dadurch bestimmt, dass sonst zur Sicherstellung der ärztlichen Behandlung eine "Pflege" in der Klinik erforderlich wäre (vgl. BSGE 63, 140, 141).

Im Falle der Klägerin kam es zwar zu einer verzögerten Frakturheilung, so dass sie aufgrund der Frakturbeschaffenheit und der körperlichen Konstitution bei der Entlassung am 04.03.2002 und auch noch nach der Dynamisierung Mitte Mai 2002 das linke Bein nur eingeschränkt bis 20 Kilogramm bzw. 20 bis 30 Kilogramm Körpergewicht belasten konnte. Sie war jedoch, wie Dr. S. dargelegt hat, ab 04.03.2002 auf der Wohnungsebene mit zwei Unterarmstützen gehfähig und bei der Grundpflege nach den Unterlagen der Klinik selbständig. Sowohl Dr. S. als auch Dr. J. haben ab 04.03.2002 die Erforderlichkeit einer Pflege in der Klinik zur Sicherung der ärztlichen Behandlung bzw. des Behandlungserfolges verneint. Nicht ausführbar waren für die Klägerin nachvollziehbar Tätigkeiten, die eine Mehrbelastung für das linke Bein und gleichzeitigen Einsatz beider Arme erforderten (z. B. das Tragen von Taschen und Treppensteigen im Rahmen von Einkäufen). Allerdings reicht diese "Hilfebedürftigkeit"- ungeachtet der Möglichkeit, telefonisch Waren zu bestellen und sich bringen zu lassen - für eine Bejahung des Anspruchs auf Krankenhausvermeidungspflege nicht aus, da mit Dr. J. und Dr. S. auch ohne häusliche Krankenpflege eine Pflege im Krankenhaus nicht erforderlich gewesen wäre. Der Senat verkennt nicht die Beschwerden und Probleme der Klägerin aufgrund des Heilungsverlaufs. Gleichwohl wäre ab dem 04.03.2002 keine weitere Krankenhausbehandlung mehr geboten gewesen und es ist daher im Falle der Klägerin die Krankenhausbehandlung auch nicht vermieden oder verkürzt worden. Ungeachtet dessen fehlt es bezüglich der vor dem Bescheid vom 25.06.2002 entstandenen Kosten an der Kausalität, was bei dem grundsätzlich auf vier Wochen begrenzten Anspruch auf Krankenhausvermeidungspflege zu beachten wäre. Die Beklagte ist vorliegend erstmals am 11.04.2002 mit dem Leistungsbegehren der Klägerin befasst worden, obwohl es ihr möglich und zumutbar gewesen wäre, rechtzeitig die Bescheinigung des Stationsarztes vom 28.02.2002 und entsprechende Verordnungen ihrer behandelnden Ärzte der Beklagten einzureichen. Die Klägerin kann sich somit nicht mit Erfolg darauf berufen, die Beklagte habe die Gewährung der streitigen Leistung (zumindest bezüglich des Zeitraums bis 25.06.2002) zu Unrecht abgelehnt (vgl. BSG, zuletzt im Urteil vom 22.03.2005 - B 1 KR 3704 R -). Ein Anspruch gemäß § 13 Abs. 3 SGB V scheidet deshalb auch aus formalen Gründen aus.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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