Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 SB 5460/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 1312/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist der Grad der Behinderung (GdB) und die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen "G").
Bei der am 21.7.1952 geborenen Klägerin war zuletzt ein GdB von 40 bei den Funktionsbeeinträchtigungen "Restbeschwerden und Bewegungseinschränkung und Beinlängendifferenz rechtes Hüft- und Kniegelenk nach Oberschenkel- und Kniescheibenbruch rechts (Teil-GdB 30), beidseitiges Schulter-Arm- und Karpaltunnelsyndrom, leichte Schwäche im Bereich des Nervus radialis rechts nach Unfall (Teil-GdB 20)" festgestellt worden (Bescheide vom 16.10. und 22.12.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.1999).
Den Neufeststellungsantrag der Klägerin vom 7.3.2001 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 3.5.2001 ab (allerdings wurden als weitere Funktionsbeeinträchtigungen eine "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule" bei einem Einzel-GdB von 10 sowie "Knorpelschäden des Kniegelenkes, Funktionsstörung durch Fußfehlform" bei einem Einzel-GdB von 10 bis 20 anerkannt) und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.7.2001 zurück. Die hiergegen am 17.7.2002 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage nahm die Klägerin auf die Zusage des Beklagten, diese als Neufeststellungsantrag zu werten, zurück.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte unter Auswertung im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholter ärztlicher Befundberichte mit Bescheid vom 12.6.2003 ab. Zu Grunde lag die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Gerstenberg vom 4.6.2003 mit den darin festgestellten Funktionseinschränkungen "Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks, Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenkes, Beinverkürzung rechts, Funktionsstörung durch Fußfehlform (Einzel-GdB 30), Schulter-Arm-Syndrom, Mittelnervendruckschädigung beidseitig (Karpaltunnelsyndrom), Gebrauchseinschränkung des rechten Armes, Fingerpolyarthrose (Einzel-GdB 20), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung (Einzel-GdB 10)" ohne Feststellung von Merkzeichen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8.10.2003 zurückgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin am 15.10.2003 erneut beim SG Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Feststellung eines GdB von 50 und Zuerkennung des Merkzeichens "G" weiterverfolgt hat.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Die Nervenärztin Dr. N. hat in ihrer Stellungnahme vom 3.5.2004 vornehmlich psychiatrische Behandlungen zuletzt 2002/2003 angegeben und über unverarbeitete Kindheitserfahrungen, Phobien und Zwänge berichtet und den Einzel-GdB hierfür auf 20 eingeschätzt. Der Internist Dr. F. hat unter dem 19.5.2004 Behandlungen lediglich wegen vorübergehender Gesundheitsstörungen angegeben. Der Orthopäde Dr. O. hat in seiner Aussage vom 11.6.2004 auf letztmalige Behandlungen im Jahr 2002 hingewiesen und diesbezüglich seine Übereinstimmung mit der versorgungsärztlichen Einschätzung erklärt. Der Orthopäde Dr. C. hat in seinem Bericht vom 26.8.2004 ebenfalls im Wesentlichen eine Übereinstimmung mit den versorgungsärztlichen festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen erklärt, jedoch hierfür Teil-GdB von 40, 30 und 30 bei einem Gesamt-GdB von 60 und eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr angenommen.
Sodann hat das SG Beweis erhoben durch Einholung des orthopädischen Sachverständigengutachtens von Dr. S. vom 8.6.2005. Als Behinderungen festgestellt worden sind ein chronisches Halswirbelsäulen-Schmerzsyndrom, ein Thorakodorsalsyndrom, ein lumbales Pseudoradikulärsyndrom, eine initiale Coxarthrose mit endgradiger Bewegungseinschränkung, eine Beinlängendifferenz zu Ungunsten von rechts von 1,5 cm, eine posttraumatische Retropatellararthrose mit endgradiger Bewegungseinschränkung, eine Senk-Spreizfuß-Deformität mit Hallux valgus und Metatarsalgie, eine Supraspinatustendopathie rechts ohne wesentliche Einschränkung der Beweglichkeit sowie ein Carpaltunnelsyndrom beidseits (jeweils Einzel-GdB von 10, hinsichtlich der Beinlängendifferenz von unter 10). Die Veränderungen seitens der rechten unteren Extremität seien entsprechend der versorgungsärztlichen Einschätzung insgesamt mit einem GdB von 30 zu bewerten. Hierbei handle es sich um eine für die Klägerin sehr günstige Bewertung. Die Veränderungen seitens der Wirbelsäule seien insgesamt jedenfalls sicher nicht mit einem höheren Teil-GdB als 20 zu bewerten. Es bestehe ein Gesamt-GdB von höchstens 40 bei Verneinung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G". Die Ansätze von Dr. C. seien nicht nachvollziehbar und medizinisch nicht haltbar.
Vorgelegen hat dem SG ferner das im Rentenverfahren S 10 RA 6444/01 erstattete nervenärztliche Sachverständigengutachten von Dr. P. vom 27.11.2002, worin auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet ein Carpaltunnelsyndrom rechts sowie eine ängstliche Persönlichkeit mit depressiven Verstimmungen ohne Beeinträchtigung in einem leistungsmindernden Umfang festgestellt worden ist.
Das SG hat die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid vom 6.3.2006 abgewiesen.
Es hat unter Darstellung der für die GdB-Feststellung/Zuerkennung des Merkzeichens "G" maßgebenden Rechtsvorschriften sowie der entsprechenden Ausführungen in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP 2004) und unter Hinweis auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) entschieden, dass keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand der Klägerin eingetreten sei. Bezüglich der orthopädischen Beeinträchtigungen werde dem Sachverständigengutachten von Dr. S. gefolgt. Die Beinlängendifferenz bedinge dabei keinen GdB, die Funktionsbeeinträchtigungen am rechten Kniegelenk seien geringgradig und höchstens mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten, ebenfalls geringgradige Einschränkungen bestünden hinsichtlich des rechten Hüftgelenks, die mit einem Einzel-GdB von 10 ausreichend bewertet seien, die Fußdeformitäten seien ohne funktionelle Auswirkungen und allenfalls mit einem Teil-GdB von 10 in Ansatz zu bringen, die reizfreien Narben im Bereich der rechten unteren Extremität bedingten keinen GdB. Insgesamt bedingten die leichten Einschränkungen der rechten unteren Extremität jedenfalls keinen höheren Teil-GdB als 30. Die geringgradigen Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule mit Schmerzen könnten allenfalls mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt verglichen und damit mit einem Teil-GdB von 20 bewertet werden. Auch die Beeinträchtigungen im Bereich der Schultergelenke seien geringgradig und damit höchstens mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten. Bei fehlender Bewegungseinschränkung der Hände und nicht wesentlicher feinmotorischer Einschränkung der Finger bedinge das Karpaltunnelsyndrom keinen Einzel-GdB. Unter Berücksichtigung des im Rentenverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. P. bestünden bei der Klägerin keine wesentlichen psychischen Einschränkungen. Zudem sei die Klägerin zuletzt im Jahr 2003 in nervenärztlicher Behandlung gewesen. Insgesamt sei deshalb nicht vom Vorliegen eines großen Leidensdrucks bzw. einer stärkeren Einschränkung auszugehen und daher könne insoweit kein höherer Teil-GdB als 10 angenommen werden. Ein höherer Gesamt-GdB als 40 sei nicht festzustellen. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr liege nicht vor. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den ihr am 9.3.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15.3.2006 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klagebegehren im Wesentlichen mit der bisherigen Begründung und unter Hinweis auf zwischenzeitlich erfolgte Hallux-Operationen an den Füßen weiterverfolgt hat.
Der Senat hat von Dr. W. das orthopädische Sachverständigengutachten vom 22.6.2006 eingeholt. Die von der Klägerin gegen dieses Gutachten erhobenen Einwendungen (Blatt 46/50 der LSG-Akte) waren Gegenstand der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen vom 29.8.2006. Dr. W. erhebt eine Funktionsbeeinträchtigung beider Großzehengrundgelenke bei Zustand nach Hallux valgus-Operationen im Jahr 2005 mit Schwierigkeiten beim Abrollen beider Vorfüße (Einzel-GdB 10), eine Funktionsbeeinträchtigung beider Hände geringen Grades bei beginnender Polyarthrose beider Hände und Verdacht auf Karpaltunnelsyndrom, rechts mehr als links (Einzel-GdB 10), eine Funktionsbeeinträchtigung des rechten Hüftgelenks mit geringer Bewegungseinschränkung und geringer Belastungseinschränkung (Einzel-GdB höchstens 10) sowie eine Funktionsbeeinträchtigung des rechten Kniegelenkes mit Behinderung der endgradigen Beugung und Beeinträchtigung beim häufigen in die Knie gehen, bei Arbeiten in knieender O.r hockender Position, beim Treppensteigen und bei dem Begehen von Leitern (Einzel-GdB höchstens 20). Durch die mit Schuherhöhung ausgleichbare Beinlängendifferenz ergebe sich keine Funktionsbeeinträchtigung. Wesentliche Einschränkungen der Wirbelsäule seien nicht festzustellen. Unter Einschluss eines Einzel-GdB für das Karpaltunnelsyndrom von 10 und für die psychischen Befunde von 20 betrage der Gesamt-GdB höchstens 40. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr bestehe nicht.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. März 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2003 zu verurteilen, einen GdB von 50 festzustellen und das Merkzeichen "G" zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf (Neu-) Feststellung eines höheren GdB als 40 und bei ihr liegen auch nicht die Voraussetzungen einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vor.
Der Senat weist die Berufung im Wesentlichen bereits aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide folgend als unbegründet zurück und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, dass eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) nur das Vorliegen einer (unbenannten) Behinderung und den Gesamt-GdB umfasst. Die dieser Feststellung im Einzelfall zu Grunde liegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG vom 24.6.1998 - B 9 SB 17/97 R -). Der Einzel-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Eine neue Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen erfolgt auch nicht im gerichtlichen Verfahren.
Die bei der Klägerin im Vordergrund stehenden orthopädischen Befunde waren nochmals Gegenstand einer orthopädischen Begutachtung, die - wiederum - hinsichtlich der prägenden Befunde an der rechten unteren Extremität bei integrativer Betrachtungsweise jedenfalls keinen höheren Teil-GdB als 30 rechtfertigen.
Selbst wenn man - wie bisher Dr. S. und das SG - Wirbelsäulenveränderungen mit einem weiteren Teil-GdB von 20 berücksichtigt und dazu noch Einzel-GdB für die geringfügigen Beeinträchtigungen im Bereich von Schulter und Händen von jeweils (höchstens) 10, ergibt sich daraus jedenfalls höchstens ein Gesamt-GdB von 40. Wie bereits Dr. W. ausgeführt hat, wäre selbst unter Einbeziehung eines weiteren Einzel-GdB für die psychischen Befunde in Höhe von 20 kein höherer Gesamt-GdB als 40 festzustellen. Diese Sicht der Dinge entspricht in vollem Umfang den vom SG zutreffend dargelegten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB unter Berücksichtigung weiterer Einzel-GdB von 20 und 10.
Unter Berücksichtigung der sehr geringfügigen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule (der Sachverständige Dr. W. konnte insoweit keine wesentliche Funktionseinschränkung und somit keinen Einzel-GdB feststellen) erachtet der Senat diesen Gesamt-GdB allerdings ebenfalls als bereits für die Klägerin sehr günstig. Denn bei den hier gegebenen geringen Beeinträchtigungen der Wirbelsäule wäre nach S. 116 der AHP richtigerweise allenfalls ein Einzel-GdB von 10 anzusetzen. Und aus dem Sachverständigengutachten von Dr. P. - Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Verschlechterung sind weder ersichtlich noch vorgetragen - ergibt sich bezüglich der psychischen Befunde keine Leistungsminderung, sodass unter Berücksichtigung von Seite 48 der AHP auch bereits dieser Einzel-GdB von 20 wiederum als sehr günstig anzusehen ist.
Insgesamt lässt sich damit im Sinne von § 48 SGB X jedenfalls keine wesentliche Verschlechterung in den gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin nachweisen und die Voraussetzungen einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr liegen schon deshalb nicht vor, weil der Klägerin die Schwerbehinderteneigenschaft nicht zuerkannt werden kann (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Klägerin kann aber unabhängig davon ohnehin ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Gefahren für sich O.r andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurücklegen, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Bei ihr liegen auch keine sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/O.r der Lendenwirbelsäule vor, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Die bei der Klägerin vorliegenden Beeinträchtigungen insbesondere der rechten unteren Extremität wirken sich auch nicht besonders auf die Gehfähigkeit aus (S. 137/138 der AHP).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist der Grad der Behinderung (GdB) und die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen "G").
Bei der am 21.7.1952 geborenen Klägerin war zuletzt ein GdB von 40 bei den Funktionsbeeinträchtigungen "Restbeschwerden und Bewegungseinschränkung und Beinlängendifferenz rechtes Hüft- und Kniegelenk nach Oberschenkel- und Kniescheibenbruch rechts (Teil-GdB 30), beidseitiges Schulter-Arm- und Karpaltunnelsyndrom, leichte Schwäche im Bereich des Nervus radialis rechts nach Unfall (Teil-GdB 20)" festgestellt worden (Bescheide vom 16.10. und 22.12.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.1999).
Den Neufeststellungsantrag der Klägerin vom 7.3.2001 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 3.5.2001 ab (allerdings wurden als weitere Funktionsbeeinträchtigungen eine "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule" bei einem Einzel-GdB von 10 sowie "Knorpelschäden des Kniegelenkes, Funktionsstörung durch Fußfehlform" bei einem Einzel-GdB von 10 bis 20 anerkannt) und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.7.2001 zurück. Die hiergegen am 17.7.2002 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage nahm die Klägerin auf die Zusage des Beklagten, diese als Neufeststellungsantrag zu werten, zurück.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte unter Auswertung im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholter ärztlicher Befundberichte mit Bescheid vom 12.6.2003 ab. Zu Grunde lag die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Gerstenberg vom 4.6.2003 mit den darin festgestellten Funktionseinschränkungen "Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks, Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenkes, Beinverkürzung rechts, Funktionsstörung durch Fußfehlform (Einzel-GdB 30), Schulter-Arm-Syndrom, Mittelnervendruckschädigung beidseitig (Karpaltunnelsyndrom), Gebrauchseinschränkung des rechten Armes, Fingerpolyarthrose (Einzel-GdB 20), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung (Einzel-GdB 10)" ohne Feststellung von Merkzeichen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8.10.2003 zurückgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin am 15.10.2003 erneut beim SG Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Feststellung eines GdB von 50 und Zuerkennung des Merkzeichens "G" weiterverfolgt hat.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Die Nervenärztin Dr. N. hat in ihrer Stellungnahme vom 3.5.2004 vornehmlich psychiatrische Behandlungen zuletzt 2002/2003 angegeben und über unverarbeitete Kindheitserfahrungen, Phobien und Zwänge berichtet und den Einzel-GdB hierfür auf 20 eingeschätzt. Der Internist Dr. F. hat unter dem 19.5.2004 Behandlungen lediglich wegen vorübergehender Gesundheitsstörungen angegeben. Der Orthopäde Dr. O. hat in seiner Aussage vom 11.6.2004 auf letztmalige Behandlungen im Jahr 2002 hingewiesen und diesbezüglich seine Übereinstimmung mit der versorgungsärztlichen Einschätzung erklärt. Der Orthopäde Dr. C. hat in seinem Bericht vom 26.8.2004 ebenfalls im Wesentlichen eine Übereinstimmung mit den versorgungsärztlichen festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen erklärt, jedoch hierfür Teil-GdB von 40, 30 und 30 bei einem Gesamt-GdB von 60 und eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr angenommen.
Sodann hat das SG Beweis erhoben durch Einholung des orthopädischen Sachverständigengutachtens von Dr. S. vom 8.6.2005. Als Behinderungen festgestellt worden sind ein chronisches Halswirbelsäulen-Schmerzsyndrom, ein Thorakodorsalsyndrom, ein lumbales Pseudoradikulärsyndrom, eine initiale Coxarthrose mit endgradiger Bewegungseinschränkung, eine Beinlängendifferenz zu Ungunsten von rechts von 1,5 cm, eine posttraumatische Retropatellararthrose mit endgradiger Bewegungseinschränkung, eine Senk-Spreizfuß-Deformität mit Hallux valgus und Metatarsalgie, eine Supraspinatustendopathie rechts ohne wesentliche Einschränkung der Beweglichkeit sowie ein Carpaltunnelsyndrom beidseits (jeweils Einzel-GdB von 10, hinsichtlich der Beinlängendifferenz von unter 10). Die Veränderungen seitens der rechten unteren Extremität seien entsprechend der versorgungsärztlichen Einschätzung insgesamt mit einem GdB von 30 zu bewerten. Hierbei handle es sich um eine für die Klägerin sehr günstige Bewertung. Die Veränderungen seitens der Wirbelsäule seien insgesamt jedenfalls sicher nicht mit einem höheren Teil-GdB als 20 zu bewerten. Es bestehe ein Gesamt-GdB von höchstens 40 bei Verneinung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G". Die Ansätze von Dr. C. seien nicht nachvollziehbar und medizinisch nicht haltbar.
Vorgelegen hat dem SG ferner das im Rentenverfahren S 10 RA 6444/01 erstattete nervenärztliche Sachverständigengutachten von Dr. P. vom 27.11.2002, worin auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet ein Carpaltunnelsyndrom rechts sowie eine ängstliche Persönlichkeit mit depressiven Verstimmungen ohne Beeinträchtigung in einem leistungsmindernden Umfang festgestellt worden ist.
Das SG hat die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid vom 6.3.2006 abgewiesen.
Es hat unter Darstellung der für die GdB-Feststellung/Zuerkennung des Merkzeichens "G" maßgebenden Rechtsvorschriften sowie der entsprechenden Ausführungen in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP 2004) und unter Hinweis auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) entschieden, dass keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand der Klägerin eingetreten sei. Bezüglich der orthopädischen Beeinträchtigungen werde dem Sachverständigengutachten von Dr. S. gefolgt. Die Beinlängendifferenz bedinge dabei keinen GdB, die Funktionsbeeinträchtigungen am rechten Kniegelenk seien geringgradig und höchstens mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten, ebenfalls geringgradige Einschränkungen bestünden hinsichtlich des rechten Hüftgelenks, die mit einem Einzel-GdB von 10 ausreichend bewertet seien, die Fußdeformitäten seien ohne funktionelle Auswirkungen und allenfalls mit einem Teil-GdB von 10 in Ansatz zu bringen, die reizfreien Narben im Bereich der rechten unteren Extremität bedingten keinen GdB. Insgesamt bedingten die leichten Einschränkungen der rechten unteren Extremität jedenfalls keinen höheren Teil-GdB als 30. Die geringgradigen Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule mit Schmerzen könnten allenfalls mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt verglichen und damit mit einem Teil-GdB von 20 bewertet werden. Auch die Beeinträchtigungen im Bereich der Schultergelenke seien geringgradig und damit höchstens mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten. Bei fehlender Bewegungseinschränkung der Hände und nicht wesentlicher feinmotorischer Einschränkung der Finger bedinge das Karpaltunnelsyndrom keinen Einzel-GdB. Unter Berücksichtigung des im Rentenverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. P. bestünden bei der Klägerin keine wesentlichen psychischen Einschränkungen. Zudem sei die Klägerin zuletzt im Jahr 2003 in nervenärztlicher Behandlung gewesen. Insgesamt sei deshalb nicht vom Vorliegen eines großen Leidensdrucks bzw. einer stärkeren Einschränkung auszugehen und daher könne insoweit kein höherer Teil-GdB als 10 angenommen werden. Ein höherer Gesamt-GdB als 40 sei nicht festzustellen. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr liege nicht vor. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den ihr am 9.3.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15.3.2006 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klagebegehren im Wesentlichen mit der bisherigen Begründung und unter Hinweis auf zwischenzeitlich erfolgte Hallux-Operationen an den Füßen weiterverfolgt hat.
Der Senat hat von Dr. W. das orthopädische Sachverständigengutachten vom 22.6.2006 eingeholt. Die von der Klägerin gegen dieses Gutachten erhobenen Einwendungen (Blatt 46/50 der LSG-Akte) waren Gegenstand der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen vom 29.8.2006. Dr. W. erhebt eine Funktionsbeeinträchtigung beider Großzehengrundgelenke bei Zustand nach Hallux valgus-Operationen im Jahr 2005 mit Schwierigkeiten beim Abrollen beider Vorfüße (Einzel-GdB 10), eine Funktionsbeeinträchtigung beider Hände geringen Grades bei beginnender Polyarthrose beider Hände und Verdacht auf Karpaltunnelsyndrom, rechts mehr als links (Einzel-GdB 10), eine Funktionsbeeinträchtigung des rechten Hüftgelenks mit geringer Bewegungseinschränkung und geringer Belastungseinschränkung (Einzel-GdB höchstens 10) sowie eine Funktionsbeeinträchtigung des rechten Kniegelenkes mit Behinderung der endgradigen Beugung und Beeinträchtigung beim häufigen in die Knie gehen, bei Arbeiten in knieender O.r hockender Position, beim Treppensteigen und bei dem Begehen von Leitern (Einzel-GdB höchstens 20). Durch die mit Schuherhöhung ausgleichbare Beinlängendifferenz ergebe sich keine Funktionsbeeinträchtigung. Wesentliche Einschränkungen der Wirbelsäule seien nicht festzustellen. Unter Einschluss eines Einzel-GdB für das Karpaltunnelsyndrom von 10 und für die psychischen Befunde von 20 betrage der Gesamt-GdB höchstens 40. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr bestehe nicht.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. März 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2003 zu verurteilen, einen GdB von 50 festzustellen und das Merkzeichen "G" zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf (Neu-) Feststellung eines höheren GdB als 40 und bei ihr liegen auch nicht die Voraussetzungen einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vor.
Der Senat weist die Berufung im Wesentlichen bereits aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide folgend als unbegründet zurück und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, dass eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) nur das Vorliegen einer (unbenannten) Behinderung und den Gesamt-GdB umfasst. Die dieser Feststellung im Einzelfall zu Grunde liegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG vom 24.6.1998 - B 9 SB 17/97 R -). Der Einzel-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Eine neue Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen erfolgt auch nicht im gerichtlichen Verfahren.
Die bei der Klägerin im Vordergrund stehenden orthopädischen Befunde waren nochmals Gegenstand einer orthopädischen Begutachtung, die - wiederum - hinsichtlich der prägenden Befunde an der rechten unteren Extremität bei integrativer Betrachtungsweise jedenfalls keinen höheren Teil-GdB als 30 rechtfertigen.
Selbst wenn man - wie bisher Dr. S. und das SG - Wirbelsäulenveränderungen mit einem weiteren Teil-GdB von 20 berücksichtigt und dazu noch Einzel-GdB für die geringfügigen Beeinträchtigungen im Bereich von Schulter und Händen von jeweils (höchstens) 10, ergibt sich daraus jedenfalls höchstens ein Gesamt-GdB von 40. Wie bereits Dr. W. ausgeführt hat, wäre selbst unter Einbeziehung eines weiteren Einzel-GdB für die psychischen Befunde in Höhe von 20 kein höherer Gesamt-GdB als 40 festzustellen. Diese Sicht der Dinge entspricht in vollem Umfang den vom SG zutreffend dargelegten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB unter Berücksichtigung weiterer Einzel-GdB von 20 und 10.
Unter Berücksichtigung der sehr geringfügigen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule (der Sachverständige Dr. W. konnte insoweit keine wesentliche Funktionseinschränkung und somit keinen Einzel-GdB feststellen) erachtet der Senat diesen Gesamt-GdB allerdings ebenfalls als bereits für die Klägerin sehr günstig. Denn bei den hier gegebenen geringen Beeinträchtigungen der Wirbelsäule wäre nach S. 116 der AHP richtigerweise allenfalls ein Einzel-GdB von 10 anzusetzen. Und aus dem Sachverständigengutachten von Dr. P. - Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Verschlechterung sind weder ersichtlich noch vorgetragen - ergibt sich bezüglich der psychischen Befunde keine Leistungsminderung, sodass unter Berücksichtigung von Seite 48 der AHP auch bereits dieser Einzel-GdB von 20 wiederum als sehr günstig anzusehen ist.
Insgesamt lässt sich damit im Sinne von § 48 SGB X jedenfalls keine wesentliche Verschlechterung in den gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin nachweisen und die Voraussetzungen einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr liegen schon deshalb nicht vor, weil der Klägerin die Schwerbehinderteneigenschaft nicht zuerkannt werden kann (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Klägerin kann aber unabhängig davon ohnehin ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Gefahren für sich O.r andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurücklegen, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Bei ihr liegen auch keine sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/O.r der Lendenwirbelsäule vor, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Die bei der Klägerin vorliegenden Beeinträchtigungen insbesondere der rechten unteren Extremität wirken sich auch nicht besonders auf die Gehfähigkeit aus (S. 137/138 der AHP).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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