Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 VG 3055/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 3616/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. Mai 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Beschädigtenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).
Der 1937 geborene Kläger beantragte am 04.12.2000 beim Versorgungsamt Freiburg (VA) die Feststellung von Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) und gab dabei an, am 27.02.1997 einen brutalen Faustschlag in den Oberbauch erhalten zu haben. Dieser habe einen Schaden am Herzen ausgelöst, der bislang nicht erkannt worden sei. Auf Veranlassung des VA stellte der Kläger am 15.02.2001 einen Formantrag auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG wegen der Gesundheitsstörungen "Herzschaden, RCX-Verschluss, Bauchschmerzen an der Aufschlagstelle der Faust im Oberbauch, Kopfschmerzen - vorher nie gekannt". Der Kläger fügte den von Dr. E. unterzeichneten Bericht der Medizinischen Klinik II des Klinikums O. vom 03.03.1997 über eine am 28.02.1997 durchgeführte Sonographie bei, in dem eine deutliche Steatose der Leber und ein ausgeprägter pararenaler Fettsaum beidseits beschrieben wurden. Die übrigen eingesehenen Oberbauchorgane seien unauffällig und zeigten insbesondere keinen Hinweis für eine traumatische Schädigung. Das VA zog von der Staatsanwaltschaft Offenburg die Ermittlungsakte 8 Js 14855/99 bei. Danach hatte der Kläger angegeben, am 27.02.1997 während der Gesangsprobe des MGV Eintracht in O.-B. von dem ebenfalls an der Chorprobe teilnehmenden H. J. (J.) brutal mit der Faust in den Oberbauch geschlagen worden zu sein. Die Ermittlungsakten enthielten den Arztbericht der Ambulanz des Klinikums O. vom 28.02.1997, wonach die Röntgenuntersuchung des Thorax und eine Sonographie ohne Befund gewesen seien. Der Kläger habe eine Oberbauch- und Thoraxprellung links erlitten, es liege außerdem ein toxisch-nutritiver Leber-Pankreasschaden vor. Dem Kläger sei ein Schmerzmittel mitgegeben worden. Im Brief des Radiologischen Instituts des Klinikums O. vom 03.03.1997 wurde als Ergebnis der Röntgen-Thorax-Untersuchung eine pleuro-perikardiale Adhäsion an der Herzspitze und eine Aortensklerose beschrieben. Entzündliche Infiltrate bestünden nicht, es fänden sich keine Zeichen einer kardialen Dekompensation, auch kein Nachweis eines Pneumo- oder Hämatothorax oder einer dislozierten Rippenfraktur. Im Arztbrief des Internisten Dr. W. vom 09.04.1997 wurde eine regelrechte (Kontroll-)Oberbauchsonographie beschrieben bei begrenzter Beurteilbarkeit des Pankreas. Der Orthopäde Dr. V. schloss in seinem Arztbrief vom 05.02.1999 aufgrund einer Untersuchung vom 03.02.1999 eine orthopädische Ursache der geklagten Oberbauchbeschwerden aus. Auch bei der am 20.09.1999 durchgeführten kernspintomographischen Untersuchung des Abdomens konnte keine Ursache für die Oberbauchbeschwerden gefunden werden (vgl. Arztbrief der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. S./K./R. vom 21.09.1999). Die Staatsanwaltschaft Offenburg hatte das Ermittlungsverfahren gegen J. mit Verfügung vom 26.01.2000 gem. § 153 a Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) endgültig eingestellt, nachdem dieser zuvor einen Betrag von 3.000,00 DM an den Kläger bezahlt hatte.
Außerdem zog das VA die SchwbG-Akte des Klägers bei, in der sich u. a. der Arztbrief des Klinikums L. vom 10.04.2001 über die stationäre Behandlung vom 03.04. bis 07.04.2001 befand (Diagnose: Verdacht auf instabile Angina pectoris, bekannte koronare 1-Gefäßerkrankung (chronisch kollateralisierter CX-Verschluss) bei diffuser Koronararteriensklerose, gute linksventrikuläre Funktion mit konzentrischer linksventrikulärer Hypertrophie. Jetzt: Erfolgreiche CX-Rekanalisation am 05.04.2001).
Mit Bescheid vom 14.08.2001 stellte der Beklagte fest, dass zwischen der erlittenen, inzwischen aber folgenlos abgeheilten Gesundheitsstörung "Oberbauchprellung, Thoraxprellung links" und der Schädigung im Sinne des § 1 OEG ein ursächlicher Zusammenhang bestanden habe, Verletzungsfolgen jedoch nicht mehr vorlägen. Die daneben noch geltend gemachten Beschwerden bzw. Gesundheitsstörungen "Herzschaden, RCX-Verschluss, Kopfschmerzen" stünden in keinem ursächlichen Zusammenhang mit einer Schädigung im Sinne des § 1 OEG. Die Zahlung einer Beschädigtenrente könne nicht erfolgen, da nicht für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von wenigstens 25 v. H. als Folge der Gewalttat vorgelegen habe. Grundlage dieser Entscheidung war die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme der Vertragsärztin L. vom 03.07.2001, wonach ein starker Faustschlag in den Oberbauch Hämatome sowie Organrupturen (Leber, Milz) entstehen lassen könne, was beim Kläger jedoch sonographisch ausgeschlossen worden sei. Auch Rippenfrakturen und ein Pneumothorax seien ausgeschlossen worden, eine Schädigung des Herzens sei lediglich bei einem starken Faustschlag auf den Thorax vorn bzw. das Sternum (Brustbein) im Sinne einer Contusio cordis möglich, die sich vor allem in passageren Rhythmusstörungen äußere. Für einen traumatischen Koronararterienverschluss wäre ein erheblich schwereres Trauma zu fordern, auch wäre es dann sicherlich zum Bild eines akuten Herzinfarkts gekommen. Die Bauchbeschwerden seien organisch nicht begründet, allenfalls als Ischämieäquivalent im Rahmen einer Arteriosklerose. Für eine koronare Herzkrankheit, wie sie beim Kläger vorliege, komme das Trauma nicht in Betracht. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15.10.2001).
Dagegen erhob der Kläger am 06.11.2001 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) und machte u. a. geltend, der Herzinfarkt (RCX-Verschluss) sei am 21.11.2000 im Klinikum L. festgestellt worden, wobei es sich nach Aussage des behandelnden Arztes um einen alten Infarkt gehandelt habe.
Das SG holte von dem Internisten Dr. W. das internistische Gutachten vom 18.10.2002 ein. Dr. W. beschrieb auf seinem Fachgebiet eine Herzkranzgefäßerkrankung und Bluthochdruck, eine Bauchschmerzsymptomatik sowie eine Fettstoffwechselstörung. Bezüglich der Bauchschmerzen gebe der Kläger zwar einen zeitlichen Zusammenhang mit dem Faustschlag an, die eigentliche Ursache der Symptomatik sei allerdings nicht objektiv bzw. organisch zu klären. Möglicherweise könne diesbezüglich eine Somatisierungstendenz in Frage kommen. Bezüglich der koronaren Herzerkrankung seien als Hauptrisikofaktoren eine langjährige Fettstoffwechselstörung, das Übergewicht des Klägers und auch der Bluthochdruck anzusehen. Im Rahmen der Koronarangiographie habe sich bereits im November 2000 eine chronisch kollateralisierte Gefäßstenose gefunden, was bedeute, dass es im Jahr 2000 nicht akut zu einem vollständigen Verschluss gekommen sei, sondern dass eher von einer jahrelangen Entwicklung auszugehen sei, die wahrscheinlich schon vor 1997 eingesetzt habe. Auch die zusätzliche Sklerose der Aorta spreche für einen generalisierten Gefäßprozess. Bezüglich des Bluthochdrucks habe sich bereits im Jahr 2000 eine Hypertrophie der linken Herzkammer gefunden, die nicht relativ kurzfristig entstanden sein könne. Zwar könnten im Hinblick auf den Bluthochdruck psychische Faktoren, wie sie der Faustschlag für den Kläger offensichtlich dargestellt habe, durchaus zu einer Verstärkung führen, während bei der koronaren Herzerkrankung Stress zu den zweitrangigen Risiken zähle. Insgesamt stelle aber bei der ganzen Risikokonstellation des Klägers bezüglich der Herzkreislauferkrankung der Faustschlag in den Oberbauch vom 27.02.1997 mit Wahrscheinlichkeit eher eine unerhebliche Mitursache dar, wenn überhaupt von einer Mitursache gesprochen werden könne.
Mit Urteil vom 21.05.2003 wies das SG die Klage, mit der die Anerkennung der koronaren Herzkrankheit, der Linksherzhypertrophie sowie von Oberbauchschmerzen als Schädigungsfolgen nach dem OEG und die Gewährung von Beschädigtenrente begehrt wurde, ab. Diese Gesundheitsstörungen könnten nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den angeschuldigten Faustschlag zurückgeführt werden.
Gegen das am 21.08.2003 mit eingeschriebenem Brief zu Post gegebene Urteil hat der Kläger am 09.09.2003 Berufung eingelegt. Er ist nach wie vor der Auffassung, dass die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen Folge des Faustschlages vom 27.02.1997 seien. Es sei versucht worden, von seiten der Ärzte und der Sangeskollegen den tatsächlichen Sachverhalt zu vertuschen. So seien medizinische Unterlagen, u. a. Röntgenbilder, verschwunden oder gefälscht worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21.05.2003 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 14.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2001 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, als Schädigungsfolgen nach dem OEG "koronare Herzkrankheit, Linksherzhypertrophie und Oberbauchbeschwerden" anzuerkennen und ihm deswegen Beschädigtenrente nach einer MdE um mindestens 50 v. H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat von Amts wegen von Dr. P. das nervenärztliche Gutachten vom 12.01.2005 und auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Dr. D., Oberarzt der Abteilung Innere Medizin IV der Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums F., das gemeinsam mit Dr. W. erstattete internistische Gutachten vom 24.07.2005 eingeholt. Dr. P. diagnostizierte eine beginnende demenzielle Entwicklung, eine arterielle Hypertonie sowie eine allgemeine Gefäßsklerose. Die Gesundheitsstörungen seien unabhängig von dem Faustschlag zu sehen, da zum Einen laut medizinischer Fachliteratur de facto ein solcher Zusammenhang nicht nachvollziehbar sei, zum Anderen bereits 1991 ein Risikofaktor in Form einer Hypercholesterinämie beschrieben worden sei, die im Rahmen einer allgemeinen Gefäßsklerose zu einer vaskulär bedingten demenziellen Entwicklung beitragen könne. Hinweise für eine somatoforme Schmerzstörung habe die testpsychologische Zusatzdiagnostik nicht ergeben. Dr. D. und Dr. W. haben in ihrem Gutachten, dem auch eine gutachtliche Stellungnahme der Radiologin Dr. W.-B. vom 18.07.2005 zugrunde lag, dargelegt, dass die koronare Herzerkrankung des Klägers definitiv nicht Folge des Faustschlages, sondern ausschließlich Ausdruck einer generalisierten Arteriosklerose sei, die beim Kläger deutlich ausgeprägt sei und neben den Herzkranzgefäßen nahezu alle größeren Gefäßabschnitte des Körpers betreffe. Außerdem sei ein Schädigungsmechanismus der Koronararterien bei abdominellem Trauma pathophysiologisch nicht nachvollziehbar. Auch könne die koronare Herzerkrankung nicht mit den vom Kläger beschriebenen stichartigen Schmerzen in Zusammenhang gebracht werden, die nach dessen Angaben zwei Tage nach dem Faustschlag aufgetreten seien. Allerdings habe der Faustschlag vermutlich eine sog. traumatische Pankreatitis ausgelöst, was sich in der Erhöhung der Lipase-Werte auf das mehr als 4-fache der Norm am 28.02.1997 zeige. Diese Pankreatitis habe sich jedoch, wie es für dieses Krankheitsbild ganz typisch sei, vollständig zurückgebildet. Eine einmalige Bauchspeicheldrüsenentzündung gehe üblicherweise auch nicht in eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung über, so auch nicht beim Kläger. Hierfür sprächen die in den letzten acht Jahren völlig normalen Amylase- und Lipasewerte, die normalen Elastasewerte im Stuhl, das im Abdomen-CT unauffällige Pankreas sowie die fehlende Symptomatik einer chronischen Pankreatitis. Das abdominelle Schmerz-Syndrom sei erstmalig mit dem Faustschlag vom 27.02.1997 aufgetreten und bestehe seither in wiederkehrenden Episoden bis heute fort. Trotz umfangreicher Untersuchungen habe sich kein organisches Korrelat für dieses Schmerz-Syndrom finden lassen. Die Beschwerden stünden in direktem zeitlichem Zusammenhang mit dem Faustschlag, weshalb der Faustschlag vom 27.02.1997 mit Wahrscheinlichkeit für diese Gesundheitsstörung als Ursache in Frage komme, auch wenn diese Schmerzen eher Ausdruck einer Somatisierungstendenz seien. Die MdE wegen der Schmerzsymptomatik betrage allerdings unter 10 v. H. Weitere schädigungsabhängige Gesundheitsstörungen seien beim Kläger nicht vorhanden. Insbesondere die diskrete linksventrikuläre Hypertrophie könne nicht durch einen Faustschlag ausgelöst worden sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des SG und des Senats sowie die OEG- und SchwbG-Akten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe liege nicht vor (§ 144 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden, weil die Bescheide des Beklagten nicht rechtswidrig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beschädigtenrente nach dem OEG i.V.m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), weil der tätliche Angriff vom Februar 1997 keine Schädigungsfolgen in rentenberechtigendem Ausmaß seit Antragstellung im Dezember 2000 hinterlassen hat.
Nach § 1 Abs. 1 OEG erhält, wer infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Danach müssen u. a. die durch die Gewalttat eingetretene gesundheitliche Schädigung und die darauf beruhenden Gesundheitsstörungen (Schädigungsfolgen) erwiesen sein, während für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSGE 45, 1, 9/10; 60, 58, 59). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlicher Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zu kommt (vgl. BSG aaO), d. h. es muss unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den behaupteten ursächlichen Zusammenhang sprechen. Eine Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens ist dann anzunehmen, wenn der schädigende Vorgang entweder den Zeitpunkt vorverlegt hat, an dem das Leiden sonst in Erscheinung getreten wäre, oder das Leiden schwerer auftreten ließ, als es sonst zu erwarten gewesen wäre (vgl. BSG SozR 3100 § 1 BVG Nr. 3). Als Ursachen sind nur diejenigen Bedingungen zu berücksichtigen, die rechtlich wesentlich sind, d. h. die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt zumindest annähernd gleichwertig beigetragen haben (vgl. BSGE 1, 150, 157; 15, 85, 88; 30, 167, 178). Für die Gewährung einer Beschädigtenrente ist gem. § 31 Abs. 1 und 2 BVG außerdem Voraussetzung, dass eine MdE um mindestens 25 v. H. vorliegt. Die entsprechende MdE muss - da die Beschädigtenversorgung nach § 60 Abs. 1 BVG frühestens mit dem Antragsmonat beginnt - jedenfalls noch im Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen.
Unter Anwendung dieser Vorschriften und Grundsätze gelangt der Senat ebenso wie das SG zu dem Ergebnis, dass über die vom Beklagten bereits als - abgeheilte - Schädigungsfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen hinaus keine weiteren Schädigungsfolgen festgestellt werden können. Die koronare Herzkrankheit und die Linksherzhypertrophie können weder nach dem Gutachten von Dr. W. noch nach dem Gutachten von Dr. D. mit Wahrscheinlichkeit auf den Faustschlag zurückgeführt werden, weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Dr. D. hat für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass für diese Erkrankungen eine traumatische Ursache praktisch ausgeschlossen ist, andererseits beim Kläger genügend Risikofaktoren vorliegen, die die Entstehung der entsprechenden Gesundheitsstörung erklären können.
Soweit Dr. D. in seinem Gutachten eine vorübergehende Pankreatitis als Schädigungsfolge bezeichnet hat, lässt der Senat dahinstehen, ob dies so zutrifft. Jedenfalls war die Pankreatitis zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollständig abgeheilt, was sich aus dem Hinweis von Dr. D., dass seit acht Jahren praktisch unauffällige Laborbefunde vorlägen, ergibt, sodass insoweit weder ein Anspruch auf Anerkennung einer Schädigungsfolge noch gar auf Gewährung von Beschädigtenversorgung besteht.
Soweit Dr. D. die vom Kläger beklagte Oberbauchsymptomatik mit Wahrscheinlichkeit auf den Faustschlag zurückführt, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Dr. D. hat selbst dargelegt, dass dafür nur der vom Kläger angegebene zeitliche Zusammenhang spricht. Objektive organische Ursachen für die Beschwerdesymptomatik hat Dr. D. nicht gefunden, er bezeichnet die Schmerzen vielmehr eher als Ausdruck einer Somatisierungstendenz. Anhaltspunkte für eine Somatisierungsstörung hat jedoch Dr. P. nicht gefunden, entsprechend hat sie auch nicht die Diagnose einer Somatisierungsstörung gestellt. Wenn aber für die Oberbauchsymptomatik weder eine organische Ursache noch eine psychische Ursache im Sinne einer Somatisierungsstörung festgestellt werden können, kommt insoweit die Feststellung einer Schädigungsfolge nicht in Betracht. Allein die Tatsache, dass die Schmerzsymptomatik nach den Angaben des Klägers erstmals nach dem Faustschlag aufgetreten ist, reicht hierfür nicht aus. Abgesehen davon hat Dr. D. die MdE für die von ihm als Schädigungsfolge angenommene Oberbauchsymptomatik mit unter 10 v. H. bewertet, sodass insoweit - selbst bei Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs - die Gewährung einer Beschädigtenrente nicht in Betracht käme. Auch ansonsten bestehen auf nervenärztlichem Fachgebiet keine Schädigungsfolgen, wie Dr. P. in ihrem Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat.
Soweit der Kläger geltend macht, es seien medizinische Unterlagen verschwunden bzw. gefälscht worden, vermag der Senat dies so nicht nachzuvollziehen. Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, da die aktuellen Untersuchungen jedenfalls für die Zeit ab Antragstellung keine Gesundheitsstörungen ergeben haben, die mit Wahrscheinlichkeit auf den Faustschlag zurückgeführt werden könnten. Insoweit erübrigt sich auch die Vernehmung von Zeugen zum Hergang der Singstunde, wie sie der Kläger für erforderlich hält, ebenso wie die Vernehmung von Ärzten zur Frage, ob Befunde gefälscht oder unterdrückt worden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Beschädigtenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).
Der 1937 geborene Kläger beantragte am 04.12.2000 beim Versorgungsamt Freiburg (VA) die Feststellung von Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) und gab dabei an, am 27.02.1997 einen brutalen Faustschlag in den Oberbauch erhalten zu haben. Dieser habe einen Schaden am Herzen ausgelöst, der bislang nicht erkannt worden sei. Auf Veranlassung des VA stellte der Kläger am 15.02.2001 einen Formantrag auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG wegen der Gesundheitsstörungen "Herzschaden, RCX-Verschluss, Bauchschmerzen an der Aufschlagstelle der Faust im Oberbauch, Kopfschmerzen - vorher nie gekannt". Der Kläger fügte den von Dr. E. unterzeichneten Bericht der Medizinischen Klinik II des Klinikums O. vom 03.03.1997 über eine am 28.02.1997 durchgeführte Sonographie bei, in dem eine deutliche Steatose der Leber und ein ausgeprägter pararenaler Fettsaum beidseits beschrieben wurden. Die übrigen eingesehenen Oberbauchorgane seien unauffällig und zeigten insbesondere keinen Hinweis für eine traumatische Schädigung. Das VA zog von der Staatsanwaltschaft Offenburg die Ermittlungsakte 8 Js 14855/99 bei. Danach hatte der Kläger angegeben, am 27.02.1997 während der Gesangsprobe des MGV Eintracht in O.-B. von dem ebenfalls an der Chorprobe teilnehmenden H. J. (J.) brutal mit der Faust in den Oberbauch geschlagen worden zu sein. Die Ermittlungsakten enthielten den Arztbericht der Ambulanz des Klinikums O. vom 28.02.1997, wonach die Röntgenuntersuchung des Thorax und eine Sonographie ohne Befund gewesen seien. Der Kläger habe eine Oberbauch- und Thoraxprellung links erlitten, es liege außerdem ein toxisch-nutritiver Leber-Pankreasschaden vor. Dem Kläger sei ein Schmerzmittel mitgegeben worden. Im Brief des Radiologischen Instituts des Klinikums O. vom 03.03.1997 wurde als Ergebnis der Röntgen-Thorax-Untersuchung eine pleuro-perikardiale Adhäsion an der Herzspitze und eine Aortensklerose beschrieben. Entzündliche Infiltrate bestünden nicht, es fänden sich keine Zeichen einer kardialen Dekompensation, auch kein Nachweis eines Pneumo- oder Hämatothorax oder einer dislozierten Rippenfraktur. Im Arztbrief des Internisten Dr. W. vom 09.04.1997 wurde eine regelrechte (Kontroll-)Oberbauchsonographie beschrieben bei begrenzter Beurteilbarkeit des Pankreas. Der Orthopäde Dr. V. schloss in seinem Arztbrief vom 05.02.1999 aufgrund einer Untersuchung vom 03.02.1999 eine orthopädische Ursache der geklagten Oberbauchbeschwerden aus. Auch bei der am 20.09.1999 durchgeführten kernspintomographischen Untersuchung des Abdomens konnte keine Ursache für die Oberbauchbeschwerden gefunden werden (vgl. Arztbrief der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. S./K./R. vom 21.09.1999). Die Staatsanwaltschaft Offenburg hatte das Ermittlungsverfahren gegen J. mit Verfügung vom 26.01.2000 gem. § 153 a Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) endgültig eingestellt, nachdem dieser zuvor einen Betrag von 3.000,00 DM an den Kläger bezahlt hatte.
Außerdem zog das VA die SchwbG-Akte des Klägers bei, in der sich u. a. der Arztbrief des Klinikums L. vom 10.04.2001 über die stationäre Behandlung vom 03.04. bis 07.04.2001 befand (Diagnose: Verdacht auf instabile Angina pectoris, bekannte koronare 1-Gefäßerkrankung (chronisch kollateralisierter CX-Verschluss) bei diffuser Koronararteriensklerose, gute linksventrikuläre Funktion mit konzentrischer linksventrikulärer Hypertrophie. Jetzt: Erfolgreiche CX-Rekanalisation am 05.04.2001).
Mit Bescheid vom 14.08.2001 stellte der Beklagte fest, dass zwischen der erlittenen, inzwischen aber folgenlos abgeheilten Gesundheitsstörung "Oberbauchprellung, Thoraxprellung links" und der Schädigung im Sinne des § 1 OEG ein ursächlicher Zusammenhang bestanden habe, Verletzungsfolgen jedoch nicht mehr vorlägen. Die daneben noch geltend gemachten Beschwerden bzw. Gesundheitsstörungen "Herzschaden, RCX-Verschluss, Kopfschmerzen" stünden in keinem ursächlichen Zusammenhang mit einer Schädigung im Sinne des § 1 OEG. Die Zahlung einer Beschädigtenrente könne nicht erfolgen, da nicht für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von wenigstens 25 v. H. als Folge der Gewalttat vorgelegen habe. Grundlage dieser Entscheidung war die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme der Vertragsärztin L. vom 03.07.2001, wonach ein starker Faustschlag in den Oberbauch Hämatome sowie Organrupturen (Leber, Milz) entstehen lassen könne, was beim Kläger jedoch sonographisch ausgeschlossen worden sei. Auch Rippenfrakturen und ein Pneumothorax seien ausgeschlossen worden, eine Schädigung des Herzens sei lediglich bei einem starken Faustschlag auf den Thorax vorn bzw. das Sternum (Brustbein) im Sinne einer Contusio cordis möglich, die sich vor allem in passageren Rhythmusstörungen äußere. Für einen traumatischen Koronararterienverschluss wäre ein erheblich schwereres Trauma zu fordern, auch wäre es dann sicherlich zum Bild eines akuten Herzinfarkts gekommen. Die Bauchbeschwerden seien organisch nicht begründet, allenfalls als Ischämieäquivalent im Rahmen einer Arteriosklerose. Für eine koronare Herzkrankheit, wie sie beim Kläger vorliege, komme das Trauma nicht in Betracht. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15.10.2001).
Dagegen erhob der Kläger am 06.11.2001 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) und machte u. a. geltend, der Herzinfarkt (RCX-Verschluss) sei am 21.11.2000 im Klinikum L. festgestellt worden, wobei es sich nach Aussage des behandelnden Arztes um einen alten Infarkt gehandelt habe.
Das SG holte von dem Internisten Dr. W. das internistische Gutachten vom 18.10.2002 ein. Dr. W. beschrieb auf seinem Fachgebiet eine Herzkranzgefäßerkrankung und Bluthochdruck, eine Bauchschmerzsymptomatik sowie eine Fettstoffwechselstörung. Bezüglich der Bauchschmerzen gebe der Kläger zwar einen zeitlichen Zusammenhang mit dem Faustschlag an, die eigentliche Ursache der Symptomatik sei allerdings nicht objektiv bzw. organisch zu klären. Möglicherweise könne diesbezüglich eine Somatisierungstendenz in Frage kommen. Bezüglich der koronaren Herzerkrankung seien als Hauptrisikofaktoren eine langjährige Fettstoffwechselstörung, das Übergewicht des Klägers und auch der Bluthochdruck anzusehen. Im Rahmen der Koronarangiographie habe sich bereits im November 2000 eine chronisch kollateralisierte Gefäßstenose gefunden, was bedeute, dass es im Jahr 2000 nicht akut zu einem vollständigen Verschluss gekommen sei, sondern dass eher von einer jahrelangen Entwicklung auszugehen sei, die wahrscheinlich schon vor 1997 eingesetzt habe. Auch die zusätzliche Sklerose der Aorta spreche für einen generalisierten Gefäßprozess. Bezüglich des Bluthochdrucks habe sich bereits im Jahr 2000 eine Hypertrophie der linken Herzkammer gefunden, die nicht relativ kurzfristig entstanden sein könne. Zwar könnten im Hinblick auf den Bluthochdruck psychische Faktoren, wie sie der Faustschlag für den Kläger offensichtlich dargestellt habe, durchaus zu einer Verstärkung führen, während bei der koronaren Herzerkrankung Stress zu den zweitrangigen Risiken zähle. Insgesamt stelle aber bei der ganzen Risikokonstellation des Klägers bezüglich der Herzkreislauferkrankung der Faustschlag in den Oberbauch vom 27.02.1997 mit Wahrscheinlichkeit eher eine unerhebliche Mitursache dar, wenn überhaupt von einer Mitursache gesprochen werden könne.
Mit Urteil vom 21.05.2003 wies das SG die Klage, mit der die Anerkennung der koronaren Herzkrankheit, der Linksherzhypertrophie sowie von Oberbauchschmerzen als Schädigungsfolgen nach dem OEG und die Gewährung von Beschädigtenrente begehrt wurde, ab. Diese Gesundheitsstörungen könnten nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den angeschuldigten Faustschlag zurückgeführt werden.
Gegen das am 21.08.2003 mit eingeschriebenem Brief zu Post gegebene Urteil hat der Kläger am 09.09.2003 Berufung eingelegt. Er ist nach wie vor der Auffassung, dass die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen Folge des Faustschlages vom 27.02.1997 seien. Es sei versucht worden, von seiten der Ärzte und der Sangeskollegen den tatsächlichen Sachverhalt zu vertuschen. So seien medizinische Unterlagen, u. a. Röntgenbilder, verschwunden oder gefälscht worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21.05.2003 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 14.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2001 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, als Schädigungsfolgen nach dem OEG "koronare Herzkrankheit, Linksherzhypertrophie und Oberbauchbeschwerden" anzuerkennen und ihm deswegen Beschädigtenrente nach einer MdE um mindestens 50 v. H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat von Amts wegen von Dr. P. das nervenärztliche Gutachten vom 12.01.2005 und auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Dr. D., Oberarzt der Abteilung Innere Medizin IV der Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums F., das gemeinsam mit Dr. W. erstattete internistische Gutachten vom 24.07.2005 eingeholt. Dr. P. diagnostizierte eine beginnende demenzielle Entwicklung, eine arterielle Hypertonie sowie eine allgemeine Gefäßsklerose. Die Gesundheitsstörungen seien unabhängig von dem Faustschlag zu sehen, da zum Einen laut medizinischer Fachliteratur de facto ein solcher Zusammenhang nicht nachvollziehbar sei, zum Anderen bereits 1991 ein Risikofaktor in Form einer Hypercholesterinämie beschrieben worden sei, die im Rahmen einer allgemeinen Gefäßsklerose zu einer vaskulär bedingten demenziellen Entwicklung beitragen könne. Hinweise für eine somatoforme Schmerzstörung habe die testpsychologische Zusatzdiagnostik nicht ergeben. Dr. D. und Dr. W. haben in ihrem Gutachten, dem auch eine gutachtliche Stellungnahme der Radiologin Dr. W.-B. vom 18.07.2005 zugrunde lag, dargelegt, dass die koronare Herzerkrankung des Klägers definitiv nicht Folge des Faustschlages, sondern ausschließlich Ausdruck einer generalisierten Arteriosklerose sei, die beim Kläger deutlich ausgeprägt sei und neben den Herzkranzgefäßen nahezu alle größeren Gefäßabschnitte des Körpers betreffe. Außerdem sei ein Schädigungsmechanismus der Koronararterien bei abdominellem Trauma pathophysiologisch nicht nachvollziehbar. Auch könne die koronare Herzerkrankung nicht mit den vom Kläger beschriebenen stichartigen Schmerzen in Zusammenhang gebracht werden, die nach dessen Angaben zwei Tage nach dem Faustschlag aufgetreten seien. Allerdings habe der Faustschlag vermutlich eine sog. traumatische Pankreatitis ausgelöst, was sich in der Erhöhung der Lipase-Werte auf das mehr als 4-fache der Norm am 28.02.1997 zeige. Diese Pankreatitis habe sich jedoch, wie es für dieses Krankheitsbild ganz typisch sei, vollständig zurückgebildet. Eine einmalige Bauchspeicheldrüsenentzündung gehe üblicherweise auch nicht in eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung über, so auch nicht beim Kläger. Hierfür sprächen die in den letzten acht Jahren völlig normalen Amylase- und Lipasewerte, die normalen Elastasewerte im Stuhl, das im Abdomen-CT unauffällige Pankreas sowie die fehlende Symptomatik einer chronischen Pankreatitis. Das abdominelle Schmerz-Syndrom sei erstmalig mit dem Faustschlag vom 27.02.1997 aufgetreten und bestehe seither in wiederkehrenden Episoden bis heute fort. Trotz umfangreicher Untersuchungen habe sich kein organisches Korrelat für dieses Schmerz-Syndrom finden lassen. Die Beschwerden stünden in direktem zeitlichem Zusammenhang mit dem Faustschlag, weshalb der Faustschlag vom 27.02.1997 mit Wahrscheinlichkeit für diese Gesundheitsstörung als Ursache in Frage komme, auch wenn diese Schmerzen eher Ausdruck einer Somatisierungstendenz seien. Die MdE wegen der Schmerzsymptomatik betrage allerdings unter 10 v. H. Weitere schädigungsabhängige Gesundheitsstörungen seien beim Kläger nicht vorhanden. Insbesondere die diskrete linksventrikuläre Hypertrophie könne nicht durch einen Faustschlag ausgelöst worden sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des SG und des Senats sowie die OEG- und SchwbG-Akten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe liege nicht vor (§ 144 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden, weil die Bescheide des Beklagten nicht rechtswidrig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beschädigtenrente nach dem OEG i.V.m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), weil der tätliche Angriff vom Februar 1997 keine Schädigungsfolgen in rentenberechtigendem Ausmaß seit Antragstellung im Dezember 2000 hinterlassen hat.
Nach § 1 Abs. 1 OEG erhält, wer infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Danach müssen u. a. die durch die Gewalttat eingetretene gesundheitliche Schädigung und die darauf beruhenden Gesundheitsstörungen (Schädigungsfolgen) erwiesen sein, während für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSGE 45, 1, 9/10; 60, 58, 59). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlicher Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zu kommt (vgl. BSG aaO), d. h. es muss unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den behaupteten ursächlichen Zusammenhang sprechen. Eine Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens ist dann anzunehmen, wenn der schädigende Vorgang entweder den Zeitpunkt vorverlegt hat, an dem das Leiden sonst in Erscheinung getreten wäre, oder das Leiden schwerer auftreten ließ, als es sonst zu erwarten gewesen wäre (vgl. BSG SozR 3100 § 1 BVG Nr. 3). Als Ursachen sind nur diejenigen Bedingungen zu berücksichtigen, die rechtlich wesentlich sind, d. h. die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt zumindest annähernd gleichwertig beigetragen haben (vgl. BSGE 1, 150, 157; 15, 85, 88; 30, 167, 178). Für die Gewährung einer Beschädigtenrente ist gem. § 31 Abs. 1 und 2 BVG außerdem Voraussetzung, dass eine MdE um mindestens 25 v. H. vorliegt. Die entsprechende MdE muss - da die Beschädigtenversorgung nach § 60 Abs. 1 BVG frühestens mit dem Antragsmonat beginnt - jedenfalls noch im Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen.
Unter Anwendung dieser Vorschriften und Grundsätze gelangt der Senat ebenso wie das SG zu dem Ergebnis, dass über die vom Beklagten bereits als - abgeheilte - Schädigungsfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen hinaus keine weiteren Schädigungsfolgen festgestellt werden können. Die koronare Herzkrankheit und die Linksherzhypertrophie können weder nach dem Gutachten von Dr. W. noch nach dem Gutachten von Dr. D. mit Wahrscheinlichkeit auf den Faustschlag zurückgeführt werden, weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Dr. D. hat für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass für diese Erkrankungen eine traumatische Ursache praktisch ausgeschlossen ist, andererseits beim Kläger genügend Risikofaktoren vorliegen, die die Entstehung der entsprechenden Gesundheitsstörung erklären können.
Soweit Dr. D. in seinem Gutachten eine vorübergehende Pankreatitis als Schädigungsfolge bezeichnet hat, lässt der Senat dahinstehen, ob dies so zutrifft. Jedenfalls war die Pankreatitis zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollständig abgeheilt, was sich aus dem Hinweis von Dr. D., dass seit acht Jahren praktisch unauffällige Laborbefunde vorlägen, ergibt, sodass insoweit weder ein Anspruch auf Anerkennung einer Schädigungsfolge noch gar auf Gewährung von Beschädigtenversorgung besteht.
Soweit Dr. D. die vom Kläger beklagte Oberbauchsymptomatik mit Wahrscheinlichkeit auf den Faustschlag zurückführt, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Dr. D. hat selbst dargelegt, dass dafür nur der vom Kläger angegebene zeitliche Zusammenhang spricht. Objektive organische Ursachen für die Beschwerdesymptomatik hat Dr. D. nicht gefunden, er bezeichnet die Schmerzen vielmehr eher als Ausdruck einer Somatisierungstendenz. Anhaltspunkte für eine Somatisierungsstörung hat jedoch Dr. P. nicht gefunden, entsprechend hat sie auch nicht die Diagnose einer Somatisierungsstörung gestellt. Wenn aber für die Oberbauchsymptomatik weder eine organische Ursache noch eine psychische Ursache im Sinne einer Somatisierungsstörung festgestellt werden können, kommt insoweit die Feststellung einer Schädigungsfolge nicht in Betracht. Allein die Tatsache, dass die Schmerzsymptomatik nach den Angaben des Klägers erstmals nach dem Faustschlag aufgetreten ist, reicht hierfür nicht aus. Abgesehen davon hat Dr. D. die MdE für die von ihm als Schädigungsfolge angenommene Oberbauchsymptomatik mit unter 10 v. H. bewertet, sodass insoweit - selbst bei Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs - die Gewährung einer Beschädigtenrente nicht in Betracht käme. Auch ansonsten bestehen auf nervenärztlichem Fachgebiet keine Schädigungsfolgen, wie Dr. P. in ihrem Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat.
Soweit der Kläger geltend macht, es seien medizinische Unterlagen verschwunden bzw. gefälscht worden, vermag der Senat dies so nicht nachzuvollziehen. Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, da die aktuellen Untersuchungen jedenfalls für die Zeit ab Antragstellung keine Gesundheitsstörungen ergeben haben, die mit Wahrscheinlichkeit auf den Faustschlag zurückgeführt werden könnten. Insoweit erübrigt sich auch die Vernehmung von Zeugen zum Hergang der Singstunde, wie sie der Kläger für erforderlich hält, ebenso wie die Vernehmung von Ärzten zur Frage, ob Befunde gefälscht oder unterdrückt worden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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