Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 6 KR 57/08 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 166/08 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Übergangsvorschrift des § 126 Abs. 2 SGB V führt zu einem weit reichenden Vertrauensschutz für nach altem Recht zugelassene Leistungserbringer bis zum 31. Dezember 2008. Sie greift auch dann ein, wenn die Krankenkasse bereits gemäß § 127 Abs. 1 SGB V nach erfolgter Ausschreibung Verträge über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln geschlossen hat.
Im Wege der einstweiligen Anordnung wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, die Antragstellerin bis zum 31. Dezember 2008 (längstens jedoch bis zum rechtskräftigen Abschluss eines eventuellen Hauptsacheverfahrens) zur Versorgung ihrer Versicherten mit Anti-Dekubitus-Systemen zuzulassen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 37.500 EUR festgesetzt.
Gründe:
Dem am 17. April 2008 (Eingangsdatum) gestellten Antrag,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin bis zum 31. Dezember 2008 zur Versorgung der Versicherten der Antragsgegnerin mit Hilfsmitteln der Anti-Dekubitus-Prophylaxe und der Anti-Dekubitus-Behandlung (sog. Anti-Dekubitus-Systeme) zuzulassen, war stattzugeben, da er zulässig und begründet ist.
Im vorliegenden Fall wäre im Hauptsacheverfahren die Feststellungsklage die statthafte Klageart, so dass Eilrechtsschutz über die Regelung des § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu gewähren ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b Rn. 26).
Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich ist insoweit ein Anordnungsanspruch, d.h. ein subjektiv-öffentliches Recht des Antragstellers, für das er einstweiligen Rechtsschutz durch eine vorläufige gerichtliche Regelung begehrt. Neben dem Anordnungsanspruch setzt § 86b Abs. 2 SGG einen Anordnungsgrund voraus. Ein solcher ist bei Dringlichkeit der begehrten Entscheidung gegeben, d.h. das Abwarten einer Hauptsacheentscheidung muss dem Antragsteller unzumutbar sein. Das Vorliegen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrunds muss der Antragsteller gemäß § 86b Abs. 2 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft machen. Die einen Anordnungsanspruch oder Anordnungsgrund begründenden Tatsachen sind glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen für das beschließende Gericht überwiegend wahrscheinlich ist.
Diese Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Antragstellerin hat sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Materielle Rechtsgrundlage für das Begehren der Antragstellerin ist die Regelung des § 126 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Danach bleiben abweichend von § 126 Abs. 1 S. 1 SGB V Leistungserbringer, die am 31. März 2007 über eine Zulassung nach § 126 SGB V a. F. verfügten, bis zum 31. Dezember 2008 zur Versorgung der Versicherten berechtigt. Die zitierte Vorschrift, von der hier vorübergehend suspendiert wird, besagt, dass Hilfsmittel grundsätzlich nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127 Abs. 1, 2 und 3 SGB V abgegeben werden. Auf dieser Basis wäre die Antragstellerin nicht zur Versorgung der Versicherten der Antragsgegnerin mit den streitgegenständlichen Hilfsmitteln berechtigt. Denn die Antragsgegnerin hat eine Ausschreibung nach § 127 Abs. 1 S. 1 SGB V durchgeführt und auf diesem Weg einen Vertrag mit einem anderen Leistungserbringer abgeschlossen. Gegen die Rechtmäßigkeit dieser Vorgehensweise bestehen keine Bedenken. Insoweit erhebt auch die Antragstellerin keine Einwendungen.
Im vorliegenden Fall sind jedoch die Voraussetzungen der eingangs erwähnten Übergangsvorschrift des § 126 Abs. 2 SGB V erfüllt. Denn die Antragstellerin war am 31. März 2007 eine zugelassene Leistungserbringerin bezüglich der Versorgung von gesetzlich krankenversicherten Personen mit den streitgegenständlichen Hilfsmitteln. Die Zulassung nach § 126 SGB V a.F. erfolgte durch Bescheid der Verbände der Krankenkassen in Hessen vom 22. Oktober 2003. Sie umfasste ausdrücklich die Versorgung von Versicherten der Antragsgegnerin mit Hilfen gegen Dekubitus. Weitere Tatbestandsvoraussetzungen kennt die Regelung des § 126 Abs. 2 SGB V nicht. Sie führt damit zu einem weit reichenden Vertrauensschutz für nach altem Recht zugelassene Leistungserbringer (ebenso im Ergebnis TN., MedR 2008, 206 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.02.2008 – L 1 B 41/08 KR ER – sowie die weiteren in der Antragsschrift zitierten Entscheidungen; anderer Ansicht LSG Sachsen, Beschluss vom 29.04.2008 – L 1 B 207/08 KR-ER –). Dies entspricht nach Ansicht der Kammer den Willen des Gesetzgebers. Mit der Übergangsvorschrift des § 126 Abs. 2 SGB V sollte der grundlegende Systemwechsel im Leistungserbringerrecht für Hilfsmittel zeitlich gestreckt werden. Für Leistungserbringer, die nach bisherigem Recht zugelassen waren und mit denen die betreffende Krankenkasse keinen Vertrag abgeschlossen hat, sollte der damit einhergehende Wegfall von Erwerbschancen abgefedert werden. Diese Unternehmen sollten die Möglichkeit haben, sich während einer zeitlich absolut begrenzten Übergangsfrist auf die neue Rechtslage einstellen zu können (siehe zu den Hintergründen Bundestagsdrucksache 16/3100, S. 103, 141; TN., a.a.O.). Eine solche Vertrauensschutzregelung würde jedoch ihren Sinn verfehlen, wollte man ihre Anwendbarkeit (in zeitlicher Hinsicht) zur Disposition der Krankenkassen stellen. Dann käme es nur darauf an, wie schnell die jeweilige Kasse entsprechende Verträge nach § 127 Abs. 1 SGB V abschließt. Auf diesem Weg ließe sich jedoch die bezweckte Planungssicherheit für die betroffenen Leistungserbringer nicht erreichen. Einer solchen Auslegung stehen auch schutzwürdige Interessen der Antragsgegnerin nicht entgegen. Zwar ist den Krankenkassen verständlicherweise daran gelegen, die mit dem neuen Recht verbundenen (und beabsichtigten) Einsparpotenziale so schnell wie möglich zu erschließen. Dabei sind sie jedoch an die rechtliche Ausgestaltung des Übergangs zum neuen System (Versorgung der Versicherten aufgrund von Verträgen nach Ausschreibungen) gebunden. Hierzu zählt auch die genannte Übergangsvorschrift des § 126 Abs. 2 SGB V. Diese Regelung führt angesichts ihrer strikten zeitlichen Begrenzung auch nicht zu inakzeptablen Mehrkosten in der Hilfsmittelversorgung.
Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus der Regelung des § 33 Abs. 6 SGB V. Diese Norm konkretisiert den Anspruch der Versicherten auf die Versorgung mit Hilfsmitteln. Schon dieses systematische Argument spricht dagegen, ihr maßgebende Bedeutung für das Leistungserbringerrecht einzuräumen. Besteht ein Sachleistungsanspruch auf die Versorgung mit Hilfsmitteln, können die Versicherten alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse oder nach § 126 Abs. 2 SGB V versorgungsberechtigt sind (§ 33 Abs. 6 S. 1 SGB V). Hat die Krankenkasse Verträge nach § 127 Abs. 1 SGB V über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln geschlossen, erfolgt die Versorgung durch einen Vertragspartner, der den Versicherten von der Krankenkasse zu benennen ist (§ 33 Abs. 6 S. 2 SGB V). Aus der zuletzt zitierten Vorschrift könnte man auf den ersten Blick folgern, dass das Wahlrecht der Versicherten nach erfolgter Ausschreibung erlischt und sie von diesem Zeitpunkt an an den Vertragspartner ihrer Krankenkasse gebunden sind (so etwa LSG Sachsen, a.a.O.). Ein solches Verständnis des § 33 Abs. 6 SGB V vermag jedoch nicht zu überzeugen. Denn dann hätte die Einbeziehung der Regelung des § 126 Abs. 2 SGB V in die Vorschrift des § 33 Abs. 6 S. 1 SGB V nur für wenige Fälle Bedeutung. Der dortige Verweis auf die Ausnahme- und Übergangsvorschrift des § 126 Abs. 2 SGB V wirkt sich nur dann aus, wenn die in § 126 Abs. 2 SGB V vorgesehene Abweichung von § 126 Abs. 1 S. 1 SGB V überhaupt erforderlich ist. Dies setzt jedoch voraus, dass bereits ein Vertrag nach § 127 Abs. 1, 2 oder 3 SGB V geschlossen worden ist. Davon würde § 32 Abs. 6 S. 2 SGB V in der hier abgelehnten Auslegung des LSG Sachsen den praktisch wichtigsten Fall (Vertragsschluss nach § 127 Abs. 1 SGB V) ausnehmen. Eine Differenzierung der Übergangsfrist des § 126 Abs. 2 SGB V zwischen diesen Varianten des § 127 SGB V sieht das Gesetz indes nicht vor. Auch die Gesetzgebungsgeschichte bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass auf dem Umweg des § 33 Abs. 6 S. 2 SGB V eine solche Unterscheidung beabsichtigt war. Sie ließe sich auch sachlich nicht rechtfertigen. Schließlich überzeugt es nicht, wenn das LSG Sachsen, a.a.O., aus § 126 Abs. 2 SGB V ein Fortbestehen der Zulassung des Leistungserbringers bis Ende 2008 folgert, auf der anderen Seite jedoch sein Recht, Versicherte (nach erfolgter Ausschreibung und Vertragsschluss mit einem Mitbewerber) zu versorgen, ablehnt. Ein solches Verständnis würde einen wesentlichen Aspekt der mit der Zulassung verbundenen Rechte von der Übergangsregelung ausnehmen. Es spricht jedoch nichts dafür, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung der Regelung des § 126 Abs. 2 SGB V dem Leistungserbringer nur eine solche "TT.-Zulassung" belassen wollte.
Ein Anordnungsgrund ergibt sich aus der besonderen Eilbedürftigkeit der gerichtlichen Entscheidung. Zwischen den Beteiligten steht ausschließlich der laufende Zeitraum bis zum Jahresende im Streit. Innerhalb dieser Zeit könnte nach allgemeiner Lebenserfahrung keine Klärung des streitigen Rechtsverhältnisses im Hauptsacheverfahren erfolgen. Die Antragstellerin kann auch nicht darauf verwiesen werden, im Nachhinein ihre Rechtsposition klären zu lassen und dann gegebenenfalls Schadensersatz geltend zu machen. Dies würde dem Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) nicht gerecht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ein Wirtschaftsunternehmen ist, das im Wettbewerb steht und nicht unerhebliche Umsätze mit den streitgegenständlichen Hilfsmitteln erzielt. Dies wäre ihr ohne die Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes bis zum Jahresende versagt, nachdem die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 11. April 2008 deutlich gemacht hat, dass sie nicht bereit ist, entsprechende, nach dem 1. April 2008 erbrachte Leistungen der Antragstellerin zu vergüten. Unerheblich ist in dieser Situation, welche Höhe die entsprechenden Umsätze der Antragstellerin erreichen und welchen Marktanteil die Versorgung von Versicherten der Antragsgegnerin ausmacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 3 Abs. 1, 52 Abs. 1, Abs. 7, 53 Abs. 3 Nr. 4, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 37.500 EUR festgesetzt.
Gründe:
Dem am 17. April 2008 (Eingangsdatum) gestellten Antrag,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin bis zum 31. Dezember 2008 zur Versorgung der Versicherten der Antragsgegnerin mit Hilfsmitteln der Anti-Dekubitus-Prophylaxe und der Anti-Dekubitus-Behandlung (sog. Anti-Dekubitus-Systeme) zuzulassen, war stattzugeben, da er zulässig und begründet ist.
Im vorliegenden Fall wäre im Hauptsacheverfahren die Feststellungsklage die statthafte Klageart, so dass Eilrechtsschutz über die Regelung des § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu gewähren ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b Rn. 26).
Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich ist insoweit ein Anordnungsanspruch, d.h. ein subjektiv-öffentliches Recht des Antragstellers, für das er einstweiligen Rechtsschutz durch eine vorläufige gerichtliche Regelung begehrt. Neben dem Anordnungsanspruch setzt § 86b Abs. 2 SGG einen Anordnungsgrund voraus. Ein solcher ist bei Dringlichkeit der begehrten Entscheidung gegeben, d.h. das Abwarten einer Hauptsacheentscheidung muss dem Antragsteller unzumutbar sein. Das Vorliegen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrunds muss der Antragsteller gemäß § 86b Abs. 2 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft machen. Die einen Anordnungsanspruch oder Anordnungsgrund begründenden Tatsachen sind glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen für das beschließende Gericht überwiegend wahrscheinlich ist.
Diese Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Antragstellerin hat sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Materielle Rechtsgrundlage für das Begehren der Antragstellerin ist die Regelung des § 126 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Danach bleiben abweichend von § 126 Abs. 1 S. 1 SGB V Leistungserbringer, die am 31. März 2007 über eine Zulassung nach § 126 SGB V a. F. verfügten, bis zum 31. Dezember 2008 zur Versorgung der Versicherten berechtigt. Die zitierte Vorschrift, von der hier vorübergehend suspendiert wird, besagt, dass Hilfsmittel grundsätzlich nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127 Abs. 1, 2 und 3 SGB V abgegeben werden. Auf dieser Basis wäre die Antragstellerin nicht zur Versorgung der Versicherten der Antragsgegnerin mit den streitgegenständlichen Hilfsmitteln berechtigt. Denn die Antragsgegnerin hat eine Ausschreibung nach § 127 Abs. 1 S. 1 SGB V durchgeführt und auf diesem Weg einen Vertrag mit einem anderen Leistungserbringer abgeschlossen. Gegen die Rechtmäßigkeit dieser Vorgehensweise bestehen keine Bedenken. Insoweit erhebt auch die Antragstellerin keine Einwendungen.
Im vorliegenden Fall sind jedoch die Voraussetzungen der eingangs erwähnten Übergangsvorschrift des § 126 Abs. 2 SGB V erfüllt. Denn die Antragstellerin war am 31. März 2007 eine zugelassene Leistungserbringerin bezüglich der Versorgung von gesetzlich krankenversicherten Personen mit den streitgegenständlichen Hilfsmitteln. Die Zulassung nach § 126 SGB V a.F. erfolgte durch Bescheid der Verbände der Krankenkassen in Hessen vom 22. Oktober 2003. Sie umfasste ausdrücklich die Versorgung von Versicherten der Antragsgegnerin mit Hilfen gegen Dekubitus. Weitere Tatbestandsvoraussetzungen kennt die Regelung des § 126 Abs. 2 SGB V nicht. Sie führt damit zu einem weit reichenden Vertrauensschutz für nach altem Recht zugelassene Leistungserbringer (ebenso im Ergebnis TN., MedR 2008, 206 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.02.2008 – L 1 B 41/08 KR ER – sowie die weiteren in der Antragsschrift zitierten Entscheidungen; anderer Ansicht LSG Sachsen, Beschluss vom 29.04.2008 – L 1 B 207/08 KR-ER –). Dies entspricht nach Ansicht der Kammer den Willen des Gesetzgebers. Mit der Übergangsvorschrift des § 126 Abs. 2 SGB V sollte der grundlegende Systemwechsel im Leistungserbringerrecht für Hilfsmittel zeitlich gestreckt werden. Für Leistungserbringer, die nach bisherigem Recht zugelassen waren und mit denen die betreffende Krankenkasse keinen Vertrag abgeschlossen hat, sollte der damit einhergehende Wegfall von Erwerbschancen abgefedert werden. Diese Unternehmen sollten die Möglichkeit haben, sich während einer zeitlich absolut begrenzten Übergangsfrist auf die neue Rechtslage einstellen zu können (siehe zu den Hintergründen Bundestagsdrucksache 16/3100, S. 103, 141; TN., a.a.O.). Eine solche Vertrauensschutzregelung würde jedoch ihren Sinn verfehlen, wollte man ihre Anwendbarkeit (in zeitlicher Hinsicht) zur Disposition der Krankenkassen stellen. Dann käme es nur darauf an, wie schnell die jeweilige Kasse entsprechende Verträge nach § 127 Abs. 1 SGB V abschließt. Auf diesem Weg ließe sich jedoch die bezweckte Planungssicherheit für die betroffenen Leistungserbringer nicht erreichen. Einer solchen Auslegung stehen auch schutzwürdige Interessen der Antragsgegnerin nicht entgegen. Zwar ist den Krankenkassen verständlicherweise daran gelegen, die mit dem neuen Recht verbundenen (und beabsichtigten) Einsparpotenziale so schnell wie möglich zu erschließen. Dabei sind sie jedoch an die rechtliche Ausgestaltung des Übergangs zum neuen System (Versorgung der Versicherten aufgrund von Verträgen nach Ausschreibungen) gebunden. Hierzu zählt auch die genannte Übergangsvorschrift des § 126 Abs. 2 SGB V. Diese Regelung führt angesichts ihrer strikten zeitlichen Begrenzung auch nicht zu inakzeptablen Mehrkosten in der Hilfsmittelversorgung.
Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus der Regelung des § 33 Abs. 6 SGB V. Diese Norm konkretisiert den Anspruch der Versicherten auf die Versorgung mit Hilfsmitteln. Schon dieses systematische Argument spricht dagegen, ihr maßgebende Bedeutung für das Leistungserbringerrecht einzuräumen. Besteht ein Sachleistungsanspruch auf die Versorgung mit Hilfsmitteln, können die Versicherten alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse oder nach § 126 Abs. 2 SGB V versorgungsberechtigt sind (§ 33 Abs. 6 S. 1 SGB V). Hat die Krankenkasse Verträge nach § 127 Abs. 1 SGB V über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln geschlossen, erfolgt die Versorgung durch einen Vertragspartner, der den Versicherten von der Krankenkasse zu benennen ist (§ 33 Abs. 6 S. 2 SGB V). Aus der zuletzt zitierten Vorschrift könnte man auf den ersten Blick folgern, dass das Wahlrecht der Versicherten nach erfolgter Ausschreibung erlischt und sie von diesem Zeitpunkt an an den Vertragspartner ihrer Krankenkasse gebunden sind (so etwa LSG Sachsen, a.a.O.). Ein solches Verständnis des § 33 Abs. 6 SGB V vermag jedoch nicht zu überzeugen. Denn dann hätte die Einbeziehung der Regelung des § 126 Abs. 2 SGB V in die Vorschrift des § 33 Abs. 6 S. 1 SGB V nur für wenige Fälle Bedeutung. Der dortige Verweis auf die Ausnahme- und Übergangsvorschrift des § 126 Abs. 2 SGB V wirkt sich nur dann aus, wenn die in § 126 Abs. 2 SGB V vorgesehene Abweichung von § 126 Abs. 1 S. 1 SGB V überhaupt erforderlich ist. Dies setzt jedoch voraus, dass bereits ein Vertrag nach § 127 Abs. 1, 2 oder 3 SGB V geschlossen worden ist. Davon würde § 32 Abs. 6 S. 2 SGB V in der hier abgelehnten Auslegung des LSG Sachsen den praktisch wichtigsten Fall (Vertragsschluss nach § 127 Abs. 1 SGB V) ausnehmen. Eine Differenzierung der Übergangsfrist des § 126 Abs. 2 SGB V zwischen diesen Varianten des § 127 SGB V sieht das Gesetz indes nicht vor. Auch die Gesetzgebungsgeschichte bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass auf dem Umweg des § 33 Abs. 6 S. 2 SGB V eine solche Unterscheidung beabsichtigt war. Sie ließe sich auch sachlich nicht rechtfertigen. Schließlich überzeugt es nicht, wenn das LSG Sachsen, a.a.O., aus § 126 Abs. 2 SGB V ein Fortbestehen der Zulassung des Leistungserbringers bis Ende 2008 folgert, auf der anderen Seite jedoch sein Recht, Versicherte (nach erfolgter Ausschreibung und Vertragsschluss mit einem Mitbewerber) zu versorgen, ablehnt. Ein solches Verständnis würde einen wesentlichen Aspekt der mit der Zulassung verbundenen Rechte von der Übergangsregelung ausnehmen. Es spricht jedoch nichts dafür, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung der Regelung des § 126 Abs. 2 SGB V dem Leistungserbringer nur eine solche "TT.-Zulassung" belassen wollte.
Ein Anordnungsgrund ergibt sich aus der besonderen Eilbedürftigkeit der gerichtlichen Entscheidung. Zwischen den Beteiligten steht ausschließlich der laufende Zeitraum bis zum Jahresende im Streit. Innerhalb dieser Zeit könnte nach allgemeiner Lebenserfahrung keine Klärung des streitigen Rechtsverhältnisses im Hauptsacheverfahren erfolgen. Die Antragstellerin kann auch nicht darauf verwiesen werden, im Nachhinein ihre Rechtsposition klären zu lassen und dann gegebenenfalls Schadensersatz geltend zu machen. Dies würde dem Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) nicht gerecht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ein Wirtschaftsunternehmen ist, das im Wettbewerb steht und nicht unerhebliche Umsätze mit den streitgegenständlichen Hilfsmitteln erzielt. Dies wäre ihr ohne die Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes bis zum Jahresende versagt, nachdem die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 11. April 2008 deutlich gemacht hat, dass sie nicht bereit ist, entsprechende, nach dem 1. April 2008 erbrachte Leistungen der Antragstellerin zu vergüten. Unerheblich ist in dieser Situation, welche Höhe die entsprechenden Umsätze der Antragstellerin erreichen und welchen Marktanteil die Versorgung von Versicherten der Antragsgegnerin ausmacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 3 Abs. 1, 52 Abs. 1, Abs. 7, 53 Abs. 3 Nr. 4, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
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