S 12 KA 445/07

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 445/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 69/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 10/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das Anknüpfen an frühere Quartale im Rahmen eines sog. Individualbudgets ist grundsätzlich zulässig. Fallzahlbegrenzungsmaßnahmen können indirekt fortgeführt werden, wenn sie auf von nicht mehr als drei Jahren zurückliegenden Fallzahlen beruhen.
Die Vielzahl verschiedener zulässiger Vergütungsformen und Honorarbegrenzungsmaßnahmen führt dazu, dass allein die Garantie von Mindestpunktwerten eine annähernd gleichmäßige und leistungsproportionale Honorarverteilung nicht mehr gewährleisten kann. Eine Kassenärztliche Vereinigung ist verpflichtet, bei einem Auseinanderbrechen der durchschnittlichen Nettoerlöse der Fachgruppen von mehr als 15 % steuernd in eine auf einer Fachgruppentopfbildung beruhenden Honorarverteilung einzugreifen (Fortführung von BSG, Urt. v. 09.09.1998 - B 6 KA 55/97 RSozR 3-2500 § 85 Nr. 26 = BSGE 83, 1 = NZS 1999, 366 = MedR 2000, 150, juris Rdnr. 17 und BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 43/06 R – USK 2007-78, juris Rdnr. 20).
Bemerkung
verb. mit S 12 KA 933/05
1. Unter Abänderung der Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale I/03 bis III/04 und I/05, alle in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 19.09.2007 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger über seine Honoraransprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

2. im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte hat 4/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Der Kläger hat 1/5 der Gerichtskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars für die acht Quartale I/03 bis III/04 und I/05 sowie um die Ablehnung einer Sonderregelung zu den LZ 505, 506 und Anlage 3 zu LZ 702 Abschnitt I HVM für die vier Quartale III/03 bis II/04.

Der Kläger ist als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie seit 01.09.1993 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid das Honorar für die streitbefangenen Quartale jeweils durch Honorarbescheid fest. Für die Quartale I und II/03 nahm die Beklagte eine Neuberechnung vor. Hierzu teilte sie unter Datum vom 30.03.2005 an die Vertragsärzte u. a. der Fachgruppe des Klägers mit, für diese beiden Quartale sei ihr ein Berechnungsfehler unterlaufen. Der IT-Bereich habe nunmehr eine Neuberechnung vorgenommen. Es seien andere Punktwerte zur Anwendung gekommen. Gegen die Festsetzungen legte der Kläger Widerspruch ein.

Im Einzelnen ergeben sich die Festsetzungen sowie die Daten der Widerspruchseinlegung aus nachfolgender Übersicht.

I/03 II/03 III/03 IV/03
Honorarbescheid vom 10.10.2003 03.03.2005 25.10.2003 02.03.2005 16.03.2004 17.06.2004
Nettohonorar 31.430,95 32.884,57 28.949,29 30.938,05 30.124,18 35.433,01
Widerspruch eingelegt am 08.01.2004 05.04.2005 23.04.2004 05.04.2005 21.05.2004 01.10.2004
Bruttohonorar in Euro Primär- und Ersatzkassen 31.840,78 33.331,17 28.979.97 31.019,08 30.447,65 35.691,09
Angefordertes Honorar in Euro 60.338,03 51.657,15 58.765,12 58.463,99
Anerkanntes Honorar in Euro 60.338,03 51.657,15 52.153,59 58.463,99
Fallzahl PK + EK 794 745 847 788
Punktwert Allg. Leistungen (HG 2) in Cent PK/korr. 2,724/2,732 2,972/2,891 2,854/3,035 3,020/3,212 3,038 3,215 32,87 34,78
Punktwert Allg. Leistungen (HG 2) in Cent EK 2,574/2,892 2,809/3,060 2,797/3,054 2,960/3,232 2,894 3,062 32,90 34,82
Korrigierte Punktwerte PK (oberer/unterer PW)
EK (oberer/unterer PW) Bl. der Verwaltungsakte 3,77/1,73 3,80/1,74 Bl. 39 4,09/1,72 3,99/1,74 Bl. 39

Praxisbudget 100 % 100 %
Maßnahme nach LZ 505 HVM keine keine keine
Quotierung der rechnerisch bereinigten ambulanten Honoraranforderung 99,85 % Rechnerischer Punktwertabzug im Ergebnis (Kürzung nach LZ 505 HVM) 1.721,9

Maßnahme nach LZ 506 HVM keine
Honorarvolumen zur Quotierung 1.109.950,9
Quotierung des Honorarvolumens Nach Korrektur 88,5 % 93,2 %
Rechnerischer Punktwertabzug im Ergebnis (Kürzung nach LZ 506 HVM) 75.396,2

Maßnahme nach Abschnitt 1. der Anl. 3 zu LZ 702 HVM
Aktuelle Honoraranforderung oberer PW PK 631.848,0 691.203,0 Aktuelle Honoraranforderung oberer PW EK 336.482,0 346.665,7 Aktuelle Honoraranforderung unterer PW PK 86.065,0 -
Aktuelle Honoraranforderung unterer PW EK 57.230,0 67.873,3
Unterer Punktwert gesamt 143.295,0 67.873,3

I/04 II/04 III/04 I/05
Honorarbescheid vom 05.08.2004 09.10.2004 06.02.2005 26.07.2005
Nettohonorar 31.018,03 31.272,63 29.813,93 30.299,61
Widerspruch eingelegt am 19.11.2004 23.12.2004 22.04.2005 08.09.2005
Bruttohonorar in Euro Primärkassen Ersatzkassen
Gesamt 31.297,14 31.952,34 30.116,12 30.838,84
Angefordertes Honorar in Euro 55.946,52 61.453,77 58.739,44 59.183,60
Anerkanntes Honorar in Euro 55.946,52 53.872,80 54.552,89 54.552,89
Nachzahlung Bruttohonorar in Euro PK EK
Gesamt 1.132,21 887,59 493,74 1.381,33
Fallzahl PK + EK 721 788 797 772 Punktwert Allg. Leistungen (HG 2) in Cent PK 28,88 30,56 29,99 31,74 2,782 2,944 2,653 2,801
Punktwert Allg. Leistungen (HG 2) in Cent EK 30,02 31,77 31,46 33,29 2,783 2,945 2,916 3,079

Maßnahme nach LZ 505 HVM keine keine keine keine
Maßnahme nach LZ 506 HVM keine keine
Honorarvolumen zur Quotierung 1.158.447,0 1.114.037,0
Quotierung des Honorarvolumens 87,20 % 92,65 %
Rechnerischer Punktwertabzug im Ergebnis (Kürzung nach LZ 506 HVM) 148.295,6 81.895,3

Maßnahme nach Abschnitt 1. der Anl. 3 zu LZ 702 HVM
Aktuelle Honoraranforderung oberer PW PK 665.630,0 627.636,0
Aktuelle Honoraranforderung oberer PW EK 354.632,0 365.333,0
Aktuelle Honoraranforderung unterer PW PK - 108.134,0 20.950,0 173,0
Aktuelle Honoraranforderung unterer PW EK 37.675,0 57.344,0 81.321,0 14.805,0

Unterer Punktwert gesamt 37.675,0 165.478,0 102.271,0 14.978,0
Bruttohonorar ist das Honorar für Primär- und Ersatzkassen ohne sonstige Kostenträger und vor Abzug von Verwaltungskosten. Angaben in Punkten soweit kein weiterer Zusatz.

Zur Begründung seiner Widersprüche trug der Kläger vor, das Honorar für das Quartal I/03 sei das niedrigste Honorar seiner Arbeit seit Bestehen der Praxis. Die Honorierung sei ruinös. Es bestünden offenbar Probleme mit der innerärztlichen Verteilung. Auch für die anderen Quartale seien die Honorierungen ruinös. Der Fortbestand seiner Praxis sei gefährdet. Die Honorierung sei nicht kostendeckend. Er überreiche eine Statistik, aus der die in diskrepantem Ausmaß aufklappende Schere zwischen Patientenzahl und Honorar eindrücklich entnommen werden könne. Trotz einer Zwischenfinanzierung schiebe er ständig Defizite bis zu mehr als 12.000,00 EUR vor sich her. Seine Praxis sei bei der Budgetierung bisher mit dem Quartal II/95 verglichen worden. Er könne keinerlei Rücklagen für notwendige Ersetzung von Geräten etc. bilden. Die Tilgung des Praxisgründungskredites sei ausgesetzt. Sein Steuerberater sehe weder betriebswirtschaftliche Fehler in der Praxisführung noch weitere Möglichkeiten für Kosteneinsparungen. Die Zahl der Arzthelferinnen habe er schon vor längere Zeit auf zwei reduziert. Er konzentriere sich voll auf die Patientenversorgung und sei nicht gutachterlich oder in anderer Weise ärztlich tätig. Die Praxis sei bisher auf annähernd 800 gesetzlich krankenversicherte Patienten budgetiert. Diese Patientenzahl trage dem realen Zuweisungsaufkommen bzw. dem Versorgungsaufwand eher Rechnung. Seine Vergütung sei von 140.548,74 EUR im Jahr 2002 auf 125.996,42 EUR, also um 14.550,00 EUR zurückgegangen.

Mit Bescheid vom 02.04.2004 bewilligte die Beklagte auf Antrag des Klägers vom 24.09.2003 wegen einer mehrwöchigen Praxisschließung im Quartal III/02 für das Quartal III/03 im Rahmen der Fallzahlbegrenzung nach LZ 505 HVM den Rückgriff auf das Quartal III/01 mit 767 Fällen brutto. Eine darüber hinausgehende Sonderregelung lehnte sie ab. Die Entscheidung werde aber sinngemäß auf die nachfolgenden Maßnahmen der Grundsätze der Honorarverteilung LZ 506 und Anlage 3 zu LZ 702, Abschnitt 1 HVM übertragen.

Die Beklagte verband alle Widersprüche gegen die streitbefangenen Honorarbescheide und wies mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2007, dem Kläger am 20.09. zugestellt, die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der EBM sei rechtmäßig. Der Honorarverteilungsmaßstab genüge auch dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er sich im Rahmen der gleichmäßigen Verteilung der Gesamtvergütung bei der Ermittlung des Arzthonorars an die im EBM festgelegten Relationen halte. In verschiedenen Quartalen seien Honorarbegrenzungsmaßnahmen nur zum Teil durchgeführt worden. Lediglich im Quartal III/03 habe das angeforderte Honorarvolumen einer sogenannten Fallzahlbegrenzung nach Leitzahl 505 HVM unterlegen. Das anerkennungsfähige Honorarvolumen habe hier 99,85% betragen. Die Bestimmungen der Leitzahl 505 HVM dienten dem Ziel, eine medizinisch nicht begründbare Mengenausweitung zu verhindern und den Punktwert auf einer angemessenen Höhe zu stabilisieren. Nach diesen zum 01.10.2002 in Kraft getretenen Bestimmungen unterlägen die ambulanten Honorarforderungen der niedergelassenen Ärzte einer Quotierung, sofern im aktuellen Abrechnungsquartal die Fallzahl der jeweiligen Arzt-/Fachgruppen im Vergleich zum entsprechenden Quartal des Jahres 2002 mehr als 1% gestiegen sei. Liege ein Anstieg von mehr als 1% in einer Arzt-/Fachgruppe vorkomme, so sei für diese Arzt-/Fachgruppe die fallzahlabhängige Quotierung der Honorarforderung im aktuellen Abrechnungsquartal im Einzelnen durchzuführen. Liege die Fallzahl nicht über der Vergleichsfallzahl zzgl. 2% der durchschnittlichen Fallzahl der Arzt-/Fachgruppe im Vergleichsquartal 2002, so würde der Fallwert zu 100% anerkannt werden. Für alle darüber hinausgehenden Abrechnungsfälle erfolge die Anerkennung des Fallwertes zu 50%. In der seit dem 01.07.2003 gültigen Leitzahl 506 HVM unterlägen die Honorarforderungen einer Begrenzung, sofern im aktuellen Abrechnungsquartal die Honorarforderung der jeweiligen Arzt-/Fachgruppe im Vergleich zum entsprechenden Quartal des Jahres 2002 um mehr als 1% gestiegen sei. Im Ausgangsquartal sei auf die Honorarforderung vor Anwendung der Maßnahme nach der seinerzeit gültigen Leitzahl 208 HVM (Praxis- und Zusatzbudgets) abzustellen. Dabei blieben Honorarforderungen aus Abrechnungsfällen und Leistungen, die gemäß Leitzahl 701d HVM zur Honorierung kämen (Hausarztpauschale, vertraglich vereinbarte Kosten des Kapitels O EBM 1996 – Nrn. 3450 bis 4826 EBM 1996 – und Leistungen des Kapitels U) unberücksichtigt. Bei einem Vergleich der Abrechnungswerte bliebe auch die Honoraranforderung für Leistungen, für die ein Mindestpunktwert definiert sei, unberücksichtigt. Beim Vergleich der Honorarforderung werde ein Zuwachs bis zu einer Grenze von 2% (im Abrechnungsquartal) anerkannt. Darüber hinausgehende Honorarforderungen seien von der Honorierung ausgeschlossen. Zur Umsetzung dieser Vorgabe werde der über die Grenze von 2% hinausgehende Anteil der Honorarforderung im Sinne einer Quotierung auf den anerkennungsfähigen Teil der Honorarforderungen, reduziert um die Honorarforderungen aus stationären belegärztlichen Leistungen, Abrechnungsfälle im organisierten Notdienst, Leistungen im organisierten Notdienst sowie Leistungen mit festen Punktwerten und Kostenerstattungen gemäß LG 15, umgelegt. Im Quartal III/03 sei es zu einer Überschreitung von 127.744,5 Punkten, für das Quartal II/04 von 148.295,6 Punkten und für III/04 von 81.895,3 Punkten gekommen. Die Kürzungen aufgrund der Leitzahl 505 und 506 HVM würden fast ausschließlich auf das im Rahmen der Honorargruppe 2 zum unteren Punktwert ausgewiesene Honorarvolumen (sog. Individualbudget) umgelegt werden. Das Individualbudget gemäß Anlage 3 zu Leitzahl 702 (1) HVM habe in den Quartalen III/03, IV/03, I/04, II/04, III/04 und I/05 zu einer Beschwer geführt. Unter Heranziehung der vergleichbaren Honorarforderung der entsprechenden Vergleichsquartale aus 2002 sei ein Punktzahlumfang von 651.717,0 Punkten (III/03 und III/04 = erhöhter Wert lt. Sonderregelung), 721.922,8 Punkten (IV/03), 712.591,0 Punkten (I/04 u. I/05) bzw. 627.636,0 Punkten (II/04) bei den Primärkassen und von 360.049,0 Punkten (III/03 u. III/04 = erhöhter Wert lt. Sonderregelung), 346.665,7 Punkten (IV/03), 354.632,0 Punkten (I/04 u. I/05) bzw. 365.333,0 Punkten (II/04) bei den Ersatzkassen als zu vergütendes Honorar zugrunde gelegt worden. Das darüber hinaus gehende Punktzahlvolumen von 86.065,0 (III/03), 108.134,0 (II/04), 20.950,0 (III/04) bzw. 173,0 (I/05) Punkten bei den Primärkassen und von 57.230,0 (III/03), 67.873,3 (IV/03), 37.675,0 (I/04), 57.344,0 (II/04), 81.321,0 (III/04) bzw. 14.805,0 (I/05) Punkten bei den Ersatzkassen sei nicht gesondert vergütet worden. In den Quartalen IV/03 und I/04 sei das vorgenannte als Grundlage herangezogene Honorarvolumen bei den Primärkassen unterschritten worden, so dass es hier zu keinen Honorarbegrenzungen gekommen sei. Die Individualbudgetierung sei korrekt durchgeführt worden. Für die der Honorargruppe 2 zugeordneten Honorarforderungen aus ambulanter und stationärer Tätigkeit stehe bei getrennter Betrachtung für Primär- und Ersatzkassen jeweils maximal das der Praxis für die vergleichbare Honorarforderung in Punkten im entsprechenden Quartal des Jahres 2002 bei Primärkassen und bei Ersatzkassen vergütete Honorarvolumen zur Verfügung. Die Honorarzahlung reduziere sich anteilig im Verhältnis zur Reduktion der Honorarforderungen bei Vergleich zwischen aktuellem Abrechnungsquartal und entsprechendem Ausgangsquartal. Es werde nur der Punktzahlumfang zugrunde gelegt, der sich seinerzeit nach Anwendung der Praxisbudgetierung und der Fallzahlbegrenzung im Rahmen der Honorargruppe 2 ergeben habe. Es sei ferner ein Honorarzuwachs bis zum Fachgruppendurchschnitt berücksichtigt worden. Es sei zu einem Gutschriftsbetrag von insgesamt 2.959,16 EUR gekommen (IV/03 = 506,80 EUR; I/04 = 1.104,70 EUR; II/04 = 1.347,76 EUR). Seit dem Quartal III/04 werde dies bereits bei Erlass des Honorarbescheides berücksichtigt. Im Quartal III/04 seien dementsprechend zusätzlich 1.330,87 EUR und im Quartal I/05 91,73 EUR ausgezahlt worden. In den Quarten I bis III/03 sei das Nettohonorar über dem Fachgruppendurchschnitt gelegen. Der Vorstand habe ferner beschlossen, dass eine Punktwertstützung für die sog. allgemeinen Leistungen erfolge. Damit werde dem Umstand Rechnung getragen, dass nach der ab dem Quartal IV/02 erfolgten Stützung des Punktwertes für psychotherapeutische Leistungen für die abgerechneten allgemeinen Leistungen seinerzeit ein geringerer Punktwert zur Auszahlung gelangt sei. Die sich hieraus ergebene Differenz des Punktwertes sei mit den durchgeführten Neuberechnungen ausgeglichen worden. Es habe sich ein Gutschriftsbetrag in Höhe von insgesamt 7.174,53 EUR (I bis III/03, III/04 und I/05) ergeben. Für die Quartale IV/03, I/04 und II/04 sei es nicht zu einer Nachzahlung gekommen, da bereits eine Gutschrift durch die Neuberechnung bezüglich der BSG Rechtssprechung erfolgt sei. Der HVM verstoße nicht gegen den Grundsatz der Angemessenheit der Vergütung. Ein subjektives Recht auf höheres Honorar komme erst dann in Betracht, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen gefährdet werde. Das Hessische Landessozialgericht habe im Urteil vom 15.11.2006 (L 4 KA 19/05) festgestellt, dass eine solche Situation in Hessen nicht bestanden habe und auch bis heute nicht zu bestehen scheine. Das Gericht führe weiter aus, es könne auch nicht festgestellt werden, dass die Anzahl der Neurologen und Psychiater erheblich zurückgegangen wäre.

Hiergegen hat der Kläger am 18.10.2007 zum Aktenzeichen S 12 KA 445/07 die Klage erhoben.

Am 26.04.2004 stellte der Kläger unter Datum vom 21.04.2004 einen Antrag auf Aufhebung der Budgetierung seiner Praxis gemäß LZ 506 und 702 HVM. Er trug vor, es sei ein ruinöser Prozess eingetreten. Die Honorarüberweisung durch die KV habe sich im Jahr 2003 um etwa 16.000 Euro gegenüber dem Vorjahr verringert, von 137.172 Euro auf 121.400 Euro. Im Jahr davor, 2001, habe er mit 143.123 Euro noch um 6.000 Euro höhere Einnahmen erzielt. Im Jahr 2003 habe er persönliche Einkünfte von nur noch 29.000 Euro bzw. monatlich von 2.400 Euro, dies auch nur deshalb, weil er im Jahr 2003 und 2004 jeweils ein Darlehen von 10.000 Euro aufgenommen habe. Er habe bisher in adäquater Weise seine Aufgaben erfüllt. Die nochmalige Erniedrigung des Fallzahlbudgets entspreche nicht dem Patientenaufkommen.

Mit Bescheid vom 09.06.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung verwies sie im Wesentlichen auf ihren Bescheid vom 02.04.2004, in dem sie die Heranziehung des Quartals III/01 als Alternative zum Quartal III/02 wegen der mehrwöchigen Praxisschließung erläutert habe. Sein Honorar liege auch in den Quartalen III und IV/04 oberhalb der Fachgruppenwerte.

Hiergegen legte der Kläger am 13.06.2005 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, da er oftmals unter Budget abgerechnet habe, könne er kaum glauben, dass sein Gesamthonorar oberhalb der Fachgruppenwerte gelegen haben solle.

Mit Bescheid vom 02.09.2005 nahm die Beklagte nach Vorliegen der fachgruppenspezifischen Fachgruppenwerte für die Neurologen und Psychiater mit Doppelzulassung eine Nachberechnung bzgl. des Anwachsens bis zur Fachgruppe vor. Im Ergebnis setzte sie ein zusätzliches Honorar für die Quartale IV/03 bis II/04 in Höhe von insgesamt 2.959,16 Euro fest.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2005, zugestellt am 07.10.2005, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, aufgrund der Doppelzulassung sei der Kläger der Honorargruppe VFG 57-69 zugeordnet worden. Die Entscheidung zur Heranziehung des Alternativquartals III/01 sei auf die Maßnahmen nach LZ 506 und 702 HVM übertragen worden. Dies habe zu einer Nachvergütung von 1.252,64 Euro geführt. Maßnahmen nach LZ 506 HVM seien für die Quartale IV/03 und I/04 wegen Nichtüberschreitens des Individualbudgets nicht erfolgt. Hier fehle es an einer Beschwer des Klägers. Die Berücksichtigung der Rechtsprechung habe sich im Quartal II/04 abrechnungstechnisch nicht niedergeschlagen, da diese bei der Maßnahme nach LZ 702 HVM berücksichtigt worden sei. Bei der Maßnahme nach LZ 702 HVM seien in Umsetzung der BSG-Rechtsprechung im Quartal IV/03 zusätzlich 15.766,4 Punkte, im Quartal I/04 zusätzlich 37.675,0 Punkte und im Quartal II/04 zusätzlich 29.566,4 Punkte zum oberen Punktwert anerkannt worden. Im Quartal I/04 sei nunmehr das gesamte Honorarvolumen zum oberen Punktwert anerkannt worden. Es handele sich nicht um eine Begrenzungs-, sondern Verteilungsmaßnahme. Die Praxis erhalte unter sonst gleichen Bedingungen im Verhältnis zum Vorjahresquartal die gleiche Honorarzahlung. Nach einem Vorstandsbeschluss sei auf die Honoraranforderung nach EBM-Budgetierung und nach sog. Fallzahlbegrenzung zurückzugreifen. Der Mittelwert des Honorars habe für das Jahr 2004 bei ca. 29.800 Euro gelegen und damit den Mittelwert im Jahr 2003 von ca. 30.400 Euro nur unwesentlich unterschritten. Unter Berücksichtigung der Nachvergütung ergäben sich Mittelwerte im Jahr 2003 von ca. 30.800 Euro und im Jahr 2004 von ca. 30.400 Euro. Dieser Honorarrückgang halte sich im Rahmen der Quartalsschwankungen. Ein subjektives Recht auf angemessene Vergütung bestehe nicht; durch die Vergütung der ärztlichen Leistungen werde das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes nicht gefährdet. Die Berücksichtigung der BSG-Rechtsprechung habe zur Nachvergütung geführt. Ab dem Quartal III/04 geschehe dies von Amts wegen. Dies habe zur Anerkennung von 37.386,7 Punkten bei der Maßnahme nach LZ 506 HVM geführt. Das zusätzliche Honorar habe 1.330,87 Euro betragen. Im Quartal IV/04 habe es bei 7.622,3 Punkten bzgl. der Maßnahme nach LZ 506 HVM und 28.202,0 Punkten bzgl. der Maßnahme nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM 1.168,86 Euro betragen.

Hiergegen hat der Kläger am 13.10.2005 zum Aktenzeichen: S 12 KA 933/05 die Klage erhoben.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 02.07.2008 die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.

Der Kläger trägt unter Hinweis auf eine vorgelegte Einnahmen-/Überschussrechnung für das Jahr 2004 vor, sein Honorar sei seit 1996 um 40 % vermindert worden. Er habe ein monatliches Einkommen von 700,00 Euro. Die geringe Honorierung werde durch den EBM 2005 fortgesetzt. Er gehe davon aus, dass sich sein Antrag vom 21.04.2004 auch auf die künftigen Quartale gerichtet habe und damit bis heute reiche. Die Situation im Jahr 2004 sei das Ergebnis einer sich bereits seit Jahren abzeichnenden Entwicklung im Bereich der Arzthonorare für Neurologen und besonders für seine Praxis. Er reiche hierzu einen Schriftwechsel mit der Beklagten aus dem Zeitraum September 2003 bis Dezember 2004 ein. Er müsse für immer weniger Honorar immer mehr Patienten versorgen. Dies gelte für die gesamte Fachgruppe der Neurologen. Mit der Einführung des EBM 2005 habe sich die wirtschaftliche Situation weiter dramatisch verschlechtert. Seine Fachgruppe werde durch den EBM 2005 erheblich benachteiligt. Dies werde durch das Honorarverteilungssystem der Beklagten verstärkt. Die Honorartöpfe der Nervenärzte seien viel zu niedrig berechnet worden. Die Vorsitzende der Beklagten habe selbst im Hessischen Ärzteblatt ihre Einschätzung wiederholt, dass bei einigen Fachgruppen, wie z. b. die Neurologen, die Verwerfungen im EBM besonders stark seien und diesbezüglich nachgebessert müssten. Die von der Beklagten durchgeführten Budgetierungs- und Regulierungsmaßnahmen hätten letztlich dazu geführt, dass die Honorarverteilung völlig unangemessen sei und eklatant gegen den aus dem Grundgesetz herzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoße. Der EBM 2005 sei von der Beklagten nicht vollständig umgesetzt worden. Bei einem Punktwert von 4,0 Cent hätte er im Quartal II/05 hätte er ein um 13.800,00 Euro höheres Honorar erhalten. Diese Situation betreffe die gesamte Fachgruppe der Neurologen. Die Honorartöpfe seien viel zu niedrig berechnet worden. Er erhalte kein angemessenes Honorar mehr. Der Kläger hat ferner eine Einnahme- Überschussrechnung aus kassenärztlichen Leistungen für das Wirtschaftsjahr 2004, erstellt von dem Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterbüro BX. und BX. in A-Stadt mit Datum vom 15.03.2006, sowie für die Folgezeit neben weiteren Unterlagen zur Gerichtsakte gereicht.

Der Kläger beantragt.
unter Abänderung der Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale I/03 bis III/04 und I/05, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2007 und unter Abänderung des Bescheides vom 09.06.2005, ergänzt durch den Bescheid vom 02.09.2005 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2005 die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über seine Honoraransprüche für die Quartale I/03 bis III/04 und I/05 und über seinen Antrag vom 26.04.2004 für die Quartale III/03 bis II/04 hinsichtlich der Honorarbegrenzungsmaßnahmen nach Leitzahl 506 HVM und nach Abschnitt 1 der Anlage 3 zu LZ 702 HVM unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hat verschiedene Unterlagen bezüglich des Anteils der Honorargruppe des Klägers am Honorarvolumen zur Gerichtsakte gereicht. Auf Anfrage der Kammer hat sie mit Schriftsatz vom 15.02.2007 die von ihr vorgenommene Honorarverteilung im Einzelnen erläutert. Hierauf wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigebogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist auch z. T. begründet. Die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale I/03 bis III/04 und I/05, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2007 sind rechtswidrig und waren daher abzuändern. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger über seine Honoraransprüche für diese Quartale unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Der Bescheid vom 09.06.2005, ergänzt durch den Bescheid vom 02.09.2005 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2005 ist demgegenüber rechtmäßig und war nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, ihn über seinen Antrag vom 26.04.2004 für die Quartale III/03 bis II/04 hinsichtlich der Honorarbegrenzungsmaßnahmen nach Leitzahl 506 HVM und nach Abschnitt 1 der Anlage 3 zu LZ 702 HVM unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Klage war daher im Übrigen abzuweisen.

Die Budgetierungsmaßnahmen sind grundsätzlich rechtmäßig und von der Kammer nicht zu beanstanden. Die Honorarbescheide sind aber rechtswidrig, weil - wenn auch für die Honorar(unter)gruppe des Klägers insgesamt kein absolut unangemessenes Honorar festgestellt werden konnte - die hohen Unterschiede der Vergütung zwischen den Honorar(unter)gruppen einen Verstoß gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit bedeuten.

Maßgeblich für die Durchführung der Honorarverteilung sind für die Quartale I und II/03 die durch Beschluss der Abgeordnetenversammlung der Beklagten vom 08. und 22.06.2002 verabschiedeten Grundsätze der Honorarverteilung mit Geltung ab dem Quartal IV/02, veröffentlicht als Teil 3 der Bekanntmachung vom 25.07.2002 (im Folgenden: HVM 2002). Für die Folgequartale (ab Quartal III/03) bis einschließlich Quartal I/05 hat die Beklagte durch Beschluss ihrer Abgeordnetenversammlung vom 11.06.2003 ihre Grundsätze der Honorarverteilung neu gefasst, veröffentlicht als Anlage zum Rundschreiben 5/6 der Bekanntmachung vom 25.06.2003 (info.doc Nr. 5/6 Juni 2003) (im Folgenden: HVM 2003), die ab dem III/04 gemäß der gesetzlichen Vorgabe (§ 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V) als Honorarverteilungsvertrag aufgrund einer Vereinbarung mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen fortgeführt werden.

Für alle streitbefangenen Quartale nimmt danach der Kläger nach den Anlagen 1 und 2 zu LZ 702 HVM an der Honorarverteilung für die fachärztliche Versorgungsebene und dort für die Honorar(unter)gruppe B 2.7 (HVM 2002) "Nervenärzte (VfG 57), Neurologen (VfG 57-68), Psychiater (VfG 59), Kinder- und Jugendpsychiater (VfG 59-30)" bzw. B 2.7.1 (HVM 2003) "Nervenärzte (VfG 57), Neurologen (VfG 57-68), Psychiater (VfG 59)" teil. Die sog. Individualbudgetierung wird für die Honorar(unter)gruppe des Klägers erst ab dem Quartal III/03 durchgeführt.

Soweit die Beklagte eine Fallzahlbegrenzungsmaßnahme im Quartal III/03 durchgeführt hat, war dies von der Kammer nicht zu beanstanden.

Die Fallzahlbegrenzungsmaßnahme nach LZ 505 HVM 2003 ist rechtmäßig. Die hier zum Tragen kommenden Regelungen sind rechtmäßig. Ähnliche Fallzahlbegrenzungsmaßnahmen sind von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wiederholt für rechtmäßig befunden worden (vgl. BSG, Urt. v. 13.03.2002 – B 6 KA 48/00 RSozR 3-2500 § 85 Nr. 44 = MedR 2002, 594 = GesR 2002, 88 = NZS 2003, 440; BSG, Urt. v. 10.03.2004 - B 6 KA 3/03 RSozR 4-2500 § 85 Nr. 9 = BSGE 92, 233 = GesR 2004, 393 = MedR 2004, 639 = Breith 2005, 14 = USK 2004-123). Gründe für eine Sonderregelung hat der Kläger auch im Klageverfahren nicht substantiiert geltend gemacht und sind der Kammer nicht ersichtlich. Im Übrigen wird der Kläger hierdurch nicht zusätzlich beschwert, da die erfolgten Kürzungen des Punktezahlvolumens vollständig in den Bereich des unteren Punktwerts der Maßnahmen nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM gehen und es damit im Ergebnis zu keinen zusätzlichen Kürzungen kommt, da der untere Punktwert 0 Ct. beträgt.

Die Beklagte hat ferner im Quartal III/03, II und IV/04 eine Honorarbegrenzungsmaßnahme nach LZ 506 HVM 2003 vorgenommen.

Nach Leitzahl (LZ) 506 "Begrenzung der Honorarforderungen" gilt Folgendes:

Die Honorarforderungen (Leistungsbedarf) der niedergelassenen Ärzte (ausgenommen Ärzte für Psychotherapeutische Medizin und psychotherapeutisch tätige Ärzte (VfG 55-00, VfG 55-01), Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VfG 72, 83-81, 84, 85-21, 85-95, 86 81) sowie Ärzte/Praxen der Honorar(unter)gruppe B 2.23) unterliegen (nach vorheriger Durchführung der Maßnahmen nach LZ 501 bis 505) einer Begrenzung gemäß nachstehender Bestimmungen, sofern im aktuellen Abrechnungsquartal die Honorarforderungen (ambulant und stationär) der jeweiligen Arzt-/Fachgruppe im Vergleich zum entsprechenden Quartal des Jahres 2002 um mehr als 1 % gestiegen ist.

Bei der Feststellung der Veränderung der Honorarforderungen (des Leistungsbedarfes) ist im Ausgangsquartal auf die Honorarforderungen (Leistungsbedarf) vor Anwendung der Maßnahmen nach der seinerzeit gültigen LZ 208 und Anlagen abzustellen. Dabei bleiben Honorarforderungen (Leistungsbedarf) aus
- Abrechnungsfälle, die gemäß LZ 701 d zur Honorierung kommen, sowie aus
- Hausärztliche Grundvergütung nach Nr. 8066 (Honorargruppe 1)
- Leistungen, die gemäß LZ 701 d zur Honorierung kommen
- Vertraglich vereinbarte Kosten des Kapitels O EBM (Nrn. 3450 bis 4826 EBM – Honorargruppe 3)
- Kapitel U
unberücksichtigt.

Liegt ein Anstieg von mehr als 1 % in einer Arzt-/Fachgruppe vor, so ist für diese Arzt-/Fachgruppe eine Honorarbegrenzung im aktuellen Abrechnungsquartal im Einzelnen wie folgt durchzuführen.

1. Für jede einzelne Praxis dieser Arzt-/Fachgruppe ist (unter der Voraussetzung einer gleichen Zahl von Praxismitgliedern) die Honorarforderung im entsprechenden Vergleichsquartal des Jahres 2002 (Ausgangsquartal - vor Anwendung der Maßnahme nach der seinerzeit gültigen LZ 208 und Anlagen) sowie im aktuellen Abrechnungsquartal festzustellen. Dabei bleiben neben den vorstehend bereits beim Vergleich auf Arzt-/Fachgruppenebene unberücksichtigt gebliebenen Honorarforderungen auch die Honorarforderungen für Leistungen, für die ein Mindestpunktwert definiert ist (in den beiden relevanten Quartalen), unberücksichtigt.

2. Bei Vergleich der gemäß Ziffer 1 festgestellten Honorarforderung (Leistungsbedarf) zwischen Ausgangs- und Abrechnungsquartal wird ein Zuwachs bis zu einer Grenze von 2 % (im Abrechnungsquartal) anerkannt. Darüber hinausgehende Honorarforderungen sind von der Honorierung ausgeschlossen.

Zur Umsetzung dieser Vorgabe des Honorierungsausschlusses wird der über die Grenze von 2 % hinausgehende Anteil der Honorarforderung im Sinne einer Quotierung auf den anerkennungsfähigen Teil der Honorarforderungen (nach Ziffer 1) reduziert um die Honorarforderungen aus
- stationären belegärztlichen Leistungen
- Abrechnungsfälle im organisierten Notdienst (Muster 19 a der Vordruckvereinbarung)
- Leistungen im organisierten Notdienst, die mit Nr. 99 gekennzeichnet sind,
- Leistungen mit festen Punktwerten und Kostenerstattungen gemäß LG 14 umgelegt.

3. Soweit für eine Praxis eine Honorarforderung im entsprechenden Vergleichsquartal des Jahres 2002 nicht zur Verfügung steht, ist die durchschnittliche Honorarforderung je Arzt der Arzt-/Fachgruppe in dem betreffenden Quartal des Jahres 2002 zugrunde zu legen. Von der genannten Voraussetzung des Nichtvorliegens einer Honorarforderung aus dem jeweiligen Quartal des Jahres 2002 ist dann nicht auszugehen, wenn mindestens ein Mitglied der Praxis bereits im entsprechenden Vorjahresquartal niedergelassen ist. In diesem Fall bestimmt sich die Honorarforderung des entsprechenden Quartal des Jahres 2002 unter Berücksichtigung der Zahl der neu in einer Praxis eingetretenen bzw. ausgeschiedenen Praxisteilnehmer, für die in der Regel die entsprechende durchschnittliche Honorarforderung je Arzt der jeweiligen Arzt-/Fachgruppe als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist.

Im Sinne einer Sonderregelung ist bei fachärztlich tätigen Internisten mit bzw. ohne Schwerpunkt (VfG 33, ausgenommen VfG 33-10) und Lungenärzte (VfG 45) für die Berechnungen nach Ziffer 1 und 2 auf die Ausgangsquartale 2/03 für das Abrechnungsquartal 3/03 bzw. 1/03 für das Abrechnungsquartal 4/03 abzustellen.

4. Ergänzende Vorgaben sowie Regelungen zur Durchführung vorstehender Begrenzungsbestimmungen erlässt der Vorstand.

Ferner hat sie in den Quartalen III/03 bis III/04 und I/05 Honorarbegrenzungsmaßnahme nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM 2003 durchgeführt.

Nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM 2003 gelten abweichend von den Honorierungsvorgaben in den Anlagen 1 bzw. 2 zu LZ 702 HVM 2003 betreffend die Honorierung der Honorarforderungen in den Honorargruppen A2 bzw. B2 mit einem rechnerischen Verteilungspunktwert für die nachstehend aufgeführten Honorar(unter)gruppen Sonderregelungen:

1. Honorar(unter)gruppen A 2.1 bis A 2.3.1, B 2.1 bis B 2.5.1, B 2.6, B 2.7.1, B 2.8 und B 2.9 Für die einzelnen Praxen in den Honorar(unter)gruppen A 2.1 bis A 2.3.1, B 2.1 bis B 2.5.1, B 2.6, B 2.7.1, B 2.8 und B 2.9 gelten bei getrennter Anwendung in den einzelnen Honorar(unter)gruppen folgende Bewertungsvorgaben:

1. Für die der Honorargruppe 2 zugeordneten Honorarforderungen aus ambulanter und stationärer Tätigkeit steht bei getrennter Betrachtung für Primär- und Ersatzkassen jeweils maximal das der Praxis für die vergleichbare Honorarforderung in Punkten im entsprechenden Quartal des Jahres 2002 bei Primärkassen und bei Ersatzkassen vergütete Honorarvolumen zur Verfügung. Die Honorarzahlung im aktuellen Quartal reduziert sich anteilig im Verhältnis zur Reduktion der Honorarforderungen bei Vergleich zwischen aktuellem Abrechnungsquartal und entsprechendem Vorjahresquartal.

2. Soweit für eine Praxis eine solche Honorarzahlung im entsprechenden Quartal des Jahres 2002 nicht zur Verfügung steht, ist auf die durchschnittliche Honorarzahlung je Arzt der Arzt-/Fachgruppe (in dem betreffenden Quartal des Jahres 2002) abzustellen mit der dazugehörigen durchschnittlichen Honorarforderung in Punkten. Von der genannten Voraussetzung des Nichtvorliegens einer Honorarforderung bzw. Honorarzahlung aus dem jeweiligen Quartal des Jahres 2002 ist dann nicht auszugehen, wenn mindestens ein Mitglied der Praxis bereits im entsprechenden Vorjahresquartal niedergelassen gewesen ist. In diesem Fall bestimmt sich die durchschnittliche Honorarzahlung des entsprechenden Quartals des Jahres 2002 unter Berücksichtigung der Zahl der neu in eine Praxis eingetretenen bzw. ausgeschiedenen Praxisteilnehmer, für die in der Regel die entsprechende durchschnittliche Honorarforderung bzw. Honorarzahlung je Arzt-/Fachgruppe als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist. Wird eine Einzelpraxis übernommen, kann anstelle der Regelung nach Satz 1 auch die Honorarzahlung aus der bisherigen Praxistätigkeit im entsprechenden Vergleichsquartal des Jahres 2002 zugrunde gelegt werden. Ist eine "junge Praxis" nach Maßgabe der LZ 505 von der fallzahlabhängigen Bewertung freigestellt, kann hier maximal ihre Fallzahl im aktuellen Quartal multipliziert mit der durchschnittlichen fallbezogenen Honorarforderung bzw. mit der durchschnittlichen fallbezogenen Honorarzahlung zuerkannt werden. Ziffer 1 letzter Absatz gilt für alle Fallgestaltungen unter Ziffer 2 entsprechend.

3. In begründeten Ausnahmefällen (Urlaub, Krankheit etc.) kann auf Beschluss des zuständigen Geschäftsausschusses anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals aus dem Jahre 2002 als Referenzquartal das entsprechende Quartal des Jahres 2001 zugrunde gelegt werden.

4. Steht im Rahmen der Honorarabrechnung des aktuellen Quartals kein ausreichendes Honorarvolumen für die Bedienung der bisherigen Honorarzahlungen nach Ziffer 1 sowie von Honorarforderungen, berechnet nach Ziffer 2, an die teilnehmenden Ärzte bzw. Praxen in den jeweiligen Honorar(unter)gruppen zur Verfügung, so ist eine Quotierung unter Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Verteilungsbetrages vorzunehmen.

5. Ergänzende Vorgaben sowie Regelungen zur Durchführung der Honorierungsbestimmungen erlässt der Vorstand.

Die Beklagte hat diese Vorgaben für alle streitbefangenen Quartale nach ihrem Regelwerk zutreffend angewandt.

Die Regelungen selbst sind nicht zu beanstanden.

Die Budgetierung nach LZ 506 HVM und das Individualbudget nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM dienen gerade einer Punktwertstabilisierung, indem sie Leistungsausweitungen nur begrenzt zulassen. Das Bundessozialgericht hat sog Individualbudgets wiederholt für rechtens erklärt, die nach Abrechnungsergebnissen des jeweiligen Arztes aus vergangenen Zeiträumen bemessen wurden und dessen gesamtes Leistungsvolumen umfassten (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 08.02.2006 - B 6 KA 25/05 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 23 = BSGE 96, 53 = MedR 2006, 603 = NZS 2006, 667, juris Rdnr. 23 unter Hinweis auf BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 5; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 6 Rdnr. 9, 11; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, jeweils Rdnr. 53, 56; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 10 Rdnr. 21, 25; - vgl. auch die Beispielsaufzählung in BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 17 Rdnr. 22). Dem liegt die berechtigte Annahme zu Grunde, dass der in der Vergangenheit erreichte Praxisumsatz bei typisierender Betrachtung ein maßgebendes Indiz für den Umfang ist, auf den der Vertragsarzt seine vertragsärztliche Tätigkeit ausgerichtet hat. Die sachliche Rechtfertigung für solche Honorarkontingente ergibt sich aus dem Ziel, die Anreize zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern, dadurch die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und damit die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu verbessern sowie die Versorgungsqualität zu steigern (vgl. BSG, Urt. v. 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 5 = BSGE 92, 10 = GesR 2004, 325 = NZS 2004, 612, juris Rdnr. 17). Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den Praxisbudgets von der Rechtmäßigkeit der Praxisbudgets für die Vergangenheit ausgeht. Lediglich für die Zukunft sollte eine Neubemessung vorzunehmen sein (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 23.05.2007 - B 6 KA 16/06 R – juris Rdnr. 13 m.w.N.).

Der von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aufgestellte Schutz beinhaltet lediglich die Möglichkeit, im aktuellen Quartal bis zum Durchschnitt der Fachgruppe wachsen zu können. Umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen - typischerweise insbesondere neu gegründete Praxen - müssen die Möglichkeit haben, durch Erhöhung der Zahl der von ihnen behandelten Patienten den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Dem Vertragsarzt muss die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen und so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern. Das gilt für die damit verbundenen Umsatzsteigerungen jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe (vgl. BSG, Urt. v. 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R -, aaO., juris Rdnr. 26). Ein unbegrenztes Wachstum auch in den ersten Jahren einer Zulassung wird damit nicht garantiert. Nach dem von dem Kläger in den streitbefangenen Quartalen erzielten Honorarumsätzen ist unter Einbeziehung der Nachvergütungen nicht ersichtlich, dass er damit unterhalb der Umsätze seiner Fachgruppe liegen würde.

Zur Koordination beider Budgetierungsmaßnahmen fehlt es an jeglicher Regelung im HVM 2003. Wenn auch die Kammer erhebliche Bedenken hegt, dass dies vom HVM-Geber nicht selbst eindeutig und nachvollziehbar geregelt wird, was sich insofern auch durch fehlende und insbesondere nachvollziehbare Erläuterungen in den Honorarbescheiden auswirkt, so kann die Praxis der Beklagten noch hingenommen werden, wenn sie im Sinne der von ihr sog. Bestwertregelung verfährt, also die Punktwertminderungen aufgrund der Budgetierungsmaßnahme nach LZ 506 HVM zunächst durch Abzug der Punktezahlen durchführt, die nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM zum unteren Punktwert vergütet werden (vgl. bereits Urteil der Kammer v. 12.03.2008 - S 12 KA 1033/05 -).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Sonderregelung auf der Grundlage der Nr. 1.5 der Anlage 3 zu LZ 702 HVM 2003. Eine entsprechende Sondersituation des Klägers liegt vor. Soweit die Kammer in einem Parallelverfahren entschieden hat, dass ein Anknüpfen an Referenzquartale, in denen der Kläger bereits einmal wegen Fallzahlbegrenzungsmaßnahmen budgetiert worden ist, sei unzulässig, so trifft dies für den Kläger nicht zu.

Nr. 1.1 Satz 1 der Anlage 3 zu LZ 702 HVM 2003 greift das "vergütete" Honorarvolumen der Referenzquartale des Jahres 2002 auf. Damit ist nicht das angeforderte, sondern das anerkannte Honorarvolumen maßgebend. Maßgebend für die Durchführung der Honorarverteilung in den Quartalen I bis III/02 waren die durch Beschluss der Abgeordnetenversammlung der Beklagten vom 01.12.2001 verabschiedeten Grundsätze der Honorarverteilung mit Geltung ab dem Quartal IV/02, veröffentlicht als Anlage 3 zum Landesrundschreiben Nr. 3 – Bekanntmachung Teil 2 – vom 14.12.2001 (im Folgenden: HVM 2002 I-III), für das Quartal IV/02 der bereits genannte HVM 2002. Danach galt ebf. eine fachgruppenbezogene Honorarvergütung. Der HVM 2002 I-III sah für die Quartalen I bis III/02 eine fallzahlabhängige Quotierung auf der Grundlage der Abrechnungsquartale des Jahres 1995 vor.

Nach Abschnitt III der Anlage 3 zu LZ 702 HVM 2002 I-III unterliegen die ambulanten Honorarforderungen niedergelassener Ärzte, ermächtigter Ärzte sowie ärztlich geleitete Einrichtungen einer Quotierung, sofern im aktuellen Abrechnungsquartal die Fallzahl im Vergleich zum entsprechenden Quartal des Jahres 1995 gestiegen ist. Für jede zugelassene bzw. ermächtigte Arztpraxis wird die im jeweiligen Quartal des Jahres 1995 zur Abrechnung gekommene ambulante Fallzahl festgestellt. Soweit ein entsprechender Wert im jeweiligen Quartal des Jahres 1995 (Vergleichsquartal 1995) nicht zur Verfügung steht, ist grundsätzlich auf die durchschnittliche Fallzahl der jeweiligen Arztgruppe in 1995 (Vergleichsfallzahl 1995), der die Arztpraxis abrechnungstechnisch zugeordnet ist, zurückzugreifen. Sofern eine Arztpraxis ihre vertragsärztliche Tätigkeit nach dem 01.01.1993 erstmals aufgenommen hat ("junge Arztpraxis"), ist auf die Fallzahl der Arztpraxis im Vorquartal zurückzugreifen, falls diese höher ist als die durchschnittliche Fallzahl der jeweiligen Arztgruppe im Vergleichsquartal 1995 (Abschnitt III Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 der Anlage 3 zu LZ 702 HVM 2002 I-III).

Die nach Ziffer 1 für die Arztpraxis festgestellte Vergleichsfallzahl im jeweiligen Quartal des Jahres 1995 bildet die Basis für die Durchführung der fallzahlbezogenen Quotierung der Honorarforderung im aktuellen Abrechnungsquartal. Es gilt:

- Für alle Abrechnungsfälle des aktuellen Quartals bis zur Vergleichsfallzahl im Vergleichsquartal 1995 zzgl. 2 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe (der die Arztpraxis abrechnungstechnisch zugeordnet ist) im Vergleichsquartal 1995 erfolgt die Anerkennung des Fallwertes zu 100%.
- Für alle Abrechnungsfälle des aktuellen Quartals, die oberhalb der Vergleichsfallzahl der Arztpraxis im Vergleichsquartal 1995 zzgl. 2 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe im Vergleichsquartal 1995 liegen, erfolgt die Anerkennung des Fallwertes zu 50 % (Abschnitt III Nr. 2 Abs. 1 der Anlage 3 zu LZ 702 HVM 2002 I-III).

Im HVM 2002 wurde diese Regelung für die Folgequartale und somit auch für das Quartal IV/04 in LZ 505 fortgeführt mit der Einschränkung, dass im aktuellen Abrechnungsquartal die Fallzahl der jeweiligen Arztgruppe im Vergleich zum entsprechenden Quartal des Jahres 2001 um mehr als 1 % gestiegen ist. Maßgebliches Referenzquartal ist ferner das entsprechende Quartal des Jahres 2001.

Ferner kamen in allen Quartalen des Jahres 2002 die Regelungen der bis zum 30.06.2003 geltenden Praxis- und Zusatzbudgets nach dem EBM zur Anwendung.

Auf der Grundlage dieser Regelungen nahm die Beklagte für das Jahr 2002 folgende Honorarfestsetzungen vor:

I/02 II/02 III/02 IV/02
Honorarbescheid vom 08.09.2002 22.10.2002 21.01.2003 19.07.2003 Bruttohonorar Primär- u. Ersatzkassen gesamt in
Euro 35.007,90 32.617,99 31.670,37 35.785.31
Anerkanntes Honorar in Euro 56.033,82 52.236,58 50.969,56 56.333.24
Angefordertes Honorar in Euro 56.033,82 52.236,58 50.969,56 57.332,23
Fallzahl Kläger PK + EK 766 747 734 796
Fallzahl Fachgruppe 862 870 845 859

Fallzahlabhängige Quotierung - - -
Fallzahlgrenze 761
Fallzahl 790
Quote in % 98,16
Belastung in Punkten 19.533,3

Praxisbudget
"Grünes" Praxisbudget in Punkten 927.750,0 900.682,2 876.855,0 943.560,7
Angefordertes Honorarvolumen in Punkten 863.558,0 806.809,0 789.190,0 867.879,0
Differenz in Punkten - - - -
Quote in % 100 100 100 100

Danach führte die Beklagte in den Referenzquartalen I bis III/02 keine Fallzahlbegrenzungsmaßnahmen oder sonstige Budgetierungen durch. Im Quartal IV/02 verweist der HVM 2003 aber auf das Referenzquartal des Jahres IV/01, was nicht zu beanstanden war.

Soweit die Beklagte damit Begrenzungen aus früheren Quartalen fortführt, ist dies grundsätzlich zulässig. Dies ist insoweit mit den Zielen der Stabilisierung der Punktwerte und der Kalkulationssicherheit vereinbar. Als individuelle Umsätze aus der Vergangenheit kann an die anerkannten Umsätze angeknüpft werden (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 01.10.2003 - L 11 KA 289/01 – juris Rdnr. 25; Freudenberg in: jurisPK-SGB V, § 85 Rdnr. 159). Dies gilt nicht nur für Berichtigungen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen, sondern generell auch für Honorarbegrenzungsmaßnahmen, soweit diese rechtmäßig waren oder die Honorarbescheide bestandskräftig sind. Diese Honorarbegrenzungsmaßnahmen dienen insgesamt dazu, ein "überschießendes" Punktzahlvolumen aus der Honorarverteilung herauszunehmen, um zu noch vertretbaren Punktwerten zu gelangen. Andernfalls würde es zu größeren Verwerfungen innerhalb und zwischen den Arztgruppen kommen. Das Bundessozialgericht hat es insoweit nicht beanstandet, dass für die Bemessung der Praxisbudgets an die Werte angeknüpft wurde, die sich im ersten Halbjahr 1996 unter Berücksichtigung jener Teilbudgetierung ergeben hätten, die aus den verfassungsrechtlichen Grenzen einer echten Rückwirkung, nicht aus dem Regelungsgehalt der Teilbudgetierung selbst beanstandet worden waren (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.2005 - B 6 KA 80/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 10, juris Rdnr. 27; BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 71/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 28 = BSGE 83, 52 = NZS 1999, 362, juris Rdnr. 21).

Allerdings muss das Anknüpfen an frühere Quartale insofern eine Einschränkung erfahren, als dies an Fallzahlbegrenzungen ansetzt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist es nur zumutbar, die einzelne Praxis für eine bestimmte Zeit an dem in der Vergangenheit selbst geschaffenen Umsatzvolumen festzuhalten (vgl. BSG, Urt. v. 13.03.2002 - B 6 KA 1/01 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 45 = BSGE 89, 173, juris Rdnr. 27). Die Beklagte hat selbst für die Fallzahlbegrenzungsmaßnahmen in den streitbefangenen Quartalen III/03 bis IV/04 auf die Referenzquartale des Jahres 2002 verwiesen. Indem über die Maßnahme nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM 2003 indirekt die Fallzahlbegrenzung aus dem Jahr 2001 fortgelten, setzt sie sich zwar in Widerspruch zu den neu formulierten Referenzquartalen. Dies ist aber noch hinzunehmen, da es sich um einen Zeitraum von zwei bzw. drei Jahren handelt, in dem indirekt die Fallzahlbegrenzung fortgeführt wird.

Die Beklagte hat auch die Aufteilung der Gesamtvergütung nach ihrem Regelwerk in nicht zu beanstandender Weise vorgenommen. Zu beanstanden war allerdings im Ergebnis eine Honorarverteilung, die zu nicht mehr hinnehmbaren Unterschieden innerhalb der Honorar(unter)gruppen führt und damit zu einer unzureichenden Honorierung der Honorar(unter)gruppe des Klägers und damit des Klägers selbst.

Nicht zu beanstanden war die Aufteilung der Gesamtvergütung nach dem Regelwerk der Beklagten.

Für die fachärztliche Versorgungsebene steht für die Quartale III/03 bis IV/04 nach dem HVM 2002 der insgesamt für den fachärztlichen Versorgungsbereich zur Verfügung stehende anteilige Verteilungsbetrag, vermindert um die Honorar-/Kostenforderungen der Honorargruppen B 4 und B 5 anteilig für die Vergütung der Honoraransprüche der einzelnen Honorar(unter)gruppen in der fachärztlichen Versorgungsebene zur Verfügung, nach Abzug besonderer Maßnahmen für die Honorargruppe B 3. Der danach verbleibende Verteilungsbetrag wird auf die einzelnen Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis 2.23 auf Basis der prozentuellen Anteile dieser Honorar(unter)gruppe am seinerzeitigen Verteilungsbetrag in den Quartalen 1/01 bis 4/01 unter Berücksichtigung verschiedenerer Korrekturen (z. B. von Auffüllungsbeträgen, Zahlungen nach Härtefallregelungen Änderung in der Arztgruppen-/Honorar(unter)gruppenzuordnung (vgl. Nr. 4.2.2 Abs. 1 u. 2 der Anlage 1 und 2 zu LZ 702 HVM 2002) anteilig aufgeteilt.

Auf der Basis der nach vorstehenden Vorgaben jeweils ermittelten Honoraranteile ist für jede der Honorar(unter)gruppen B 2.17, B 2.18 und B 2.20 ein vorläufiger Verteilungspunktwert sowie für die gesamte Honorargruppe A 2 ein vorläufiger mittlerer Verteilungspunktwert als Quote aus den jeweils zur Verfügung stehenden Honoraranteilen und den jeweiligen Honorarforderungen vor Durchführung von budgetierenden bzw. bewertenden Maßnahmen nach LZ 208 (gültig bis 30.06.2003) sowie LZ 504 ff zu ermitteln. Liegt ein vorläufiger Verteilungspunktwert in einer der Honorar(unter)gruppen B 2.17, B 2.18 und B 2.20 mehr als 10 % unter dem vorläufigen mittleren Verteilungspunktwert der Honorargruppe B 2, so sind zur Sicherung des maximalen Punktwertabstandes von 10 % der dann betroffenen Honorar(unter)gruppen Auffüllungsbeträge zu Lasten der gesamten Honorargruppe B 2 (vorab) zur Verfügung zu stellen. Diese mindern damit anteilig den für alle anderen Honorar(unter)gruppen zur Verfügung stehenden prozentualen Honoraranteil am Verteilungsbetrag (vgl. Nr. 4.2.2 Abs. 3 der Anlage 1 und 2 zu LZ 702 HVM 2002).

Die vorstehende Regelung gilt entsprechend für die übrigen Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B 2.16, B 2.19, B 2.21 und B 2.23, wenn der vorläufige Punktwert dieser Honorar(unter)gruppen mehr als 15 % unter dem vorläufigen mittleren Punktwert der Honorargruppe B 2 liegt (vgl. Nr. 4.2.2 Abs. 4 der Anlage 1 und 2 zu LZ 702 HVM 2002).

Für zeitgebundene genehmigungspflichtige Leistungen des Abschnittes G IV EBM wird innerhalb der jeweiligen Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B 2.23 ein Mindestpunktwert gemäß Vorgabe des Bewertungsausschusses von 3,97 Ct. für ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte bzw. –therapeuten bis zu einer Höhe von 561.150 Punkten (Primär- und Ersatzkassen) je Quartal und Vertragsarzt vergütet. Liegt danach der vorläufige Verteilungspunktwert bei der Honorar(unter)gruppe B 2.22 um mehr als 15 % unter dem vorläufigen mittleren Punktwert der Honorargruppe B 2, so ist eine Auffüllung zur Sicherung des maximalen Punktwertabstandes von 15 % bezogen auf den vorläufigen mittleren Punktwert der Honorargruppe B 2 vorzunehmen. Die notwendigen Auffüllungsbeträge mindern in diesem Sinne anteilig die für die übrigen Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B 2.21 und B 2.23 zur Verfügung stehenden Honoraranteile am Verteilungsbetrag. Bei Ärzten der Honorar(unter)gruppe B 2.7 gilt befristet für die Quartale 4/02 bis 3/03 die Bewertungsvorgabe mit einem Mindestpunktwert von 3,97 Ct. für zeitgebundene genehmigungspflichtige Leistungen des Abschnittes G IV EBM ohne weitere Einschränkung bis zu einer Höhe von 561.150 Punkten (Primär- und Ersatzkassen) je Quartal und Vertragsarzt (vgl. Nr. 4.2.2 Abs. 5 der Anlage 1 und 2 zu LZ 702 HVM 2002).

Soweit aufgrund der Stützung einer Honorar(unter)gruppe eine andere Honorar-(unter)gruppe selbst den jeweiligen maximalen Punktwertabstand von 10 % bzw. 15 %, jeweils bezogen auf die vorläufigen Verteilungspunktwerte, überschreitet, endet ihre Beteiligung an der Stützung anderer Honorar(unter)gruppen mit Erreichen des maximalen Punktwertabstandes (vgl. Nr. 4.2.2 Abs. 5 der Anlage 1 und 2 zu LZ 702 HVM 2002).

Für die Quartale I und II/03 sah der HVM 2002 eine vergleichsweise Regelung (vgl. Abschnitt 4.2 der Anlage 1 und 2 zu LZ 702 HVM 2002) vor, wobei als Referenzzeitraum die Quartale I bis IV/01 galten.

Die Kammer hat mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung den Mechanismus von Honorarzuweisung und Durchführung der Stützungsmaßnahmen am Beispiel des Ersatzkassenbereichs im Quartal III/04 erörtert. Danach wurde zunächst die Gesamtvergütung für das entsprechende Quartal errechnet. Es wurde auf der Grundlage des Quartals III/01 der Anteil der Fachgruppe im Referenzjahr bzw. im Referenzquartal des Jahres 2001 errechnet. Für die Honorar(unter)gruppe des Klägers waren dies 6,45087 %. Dieser Anteil wurde von der aktuellen Gesamtvergütung im Quartal III/04 berechnet, das waren 5.014.155,48 EUR. Es wurde dann das anerkannte Punktzahlvolumen errechnet für die Honorargruppe, dieses wurde der anteiligen Gesamtvergütung gegenübergestellt und es wurde ein Punktwert errechnet. Ferner wurde wegen der Stützungsverpflichtung bei einem Abweichen von 15 % ein Durchschnittspunktwert errechnet. Hierfür wurde das Punktzahlvolumen aller Honorargruppen der Gesamtvergütung gegenübergestellt und es wurde dann der Durchschnittspunktwert errechnet. Im betreffenden Quartal im Ersatzkassenbereich lag dieser bei 2,95 Cent, vor Abzug der erweiterten Honorarverteilung und der Notdienstvergütung. Dieser Wert liegt 15 % unterhalb des sich rechnerisch ergebenden Punktwertes. Alle Fachgruppen, die unterhalb dieses errechneten Punktwerts lagen, mussten gestützt werden. Alle Fachgruppen, die über diesem Wert lagen, wurden zur Stützung herangezogen, maximal bis zum Erreichen des Durchschnittswerts. Für die Honorar(unter)gruppe des Klägers ergab sich hieraus eine Stützungsverpflichtung in Höhe von 586.129,70 EUR. Dies bedeutete eine Quote von 88,3105 %. Dabei wurde die Honorar(unter)gruppe des Klägers nicht vollständig zur Stützung herangezogen, da sie ansonsten selbst unterhalb des durchschnittlichen Punktwertes gefallen wäre. Die Stützungsquote ergab sich dadurch, dass zunächst der Stützungsbedarf errechnet wurde und in einem weiteren Schritt der mögliche Stützungsumfang. Hieraus ergab sich eine Quote derjenigen Fachgruppen, die zur Stützung herangezogen wurden, in Bezug zum Stützungsbedarf. Diese Quote wurde nun auf alle stützungsfähigen Fachgruppen angewandt, und in diesem Umfang wurden sie bis zur genannten Untergrenze zur Stützung herangezogen. Die fehlenden Beträge wurden in einem zweiten Durchgang auf diese Weise generiert. Der zahlenmäßige Umfang der Stützungsverpflichtung bestand insbesondere seit Hinzukommen der Psychotherapeuten, da die Aufteilung letztlich auf Quartalen basiert, in denen ein Großteil von ihnen noch nicht an der Honorarverteilung teilgenommen hatte. Die Psychotherapeuten erhalten z. T. feste Punktwerte für die genehmigungspflichtigen Leistungen. Diese werden zunächst aufgrund des Honorartopfes vergütet. Reicht die Vergütung des Honorartopfes insgesamt nicht aus, was geschehen kann, so wird der fehlende Betrag im Rahmen des Stützungsausgleichs herangezogen. Hinzu kommen dann die weiteren Leistungen. Es kann sein, dass auf diese Weise diese vollständig im Rahmen der Stützungsverpflichtung erst vergütet werden können. Im Ersatzkassenbereich für das Quartal III/04 betrug die fachärztliche Vergütung für die Honorargruppe 2 77,7 Mio. EUR insgesamt. Die Psychotherapeuten wurden im Ersatzkassenbereich allein mit 3,75 Mio. EUR gestützt. Dies betrifft nur die psychologischen Psychotherapeuten. Hinzu kommen die ärztlichen Psychotherapeuten mit 1,59 Mio. EUR. Die Stützungsverpflichtung lag im Ersatzkassenbereich insgesamt bei 6,5 Mio. EUR. Im Primärkassenbereich wurden im Quartal III/04 insgesamt 7,5 Mio. EUR in die Stützung eingefüttert, davon entfielen 4,6 Mio. EUR auf den Bereich der psychologischen Psychotherapeuten und 1,5 Mio. EUR auf den Bereich der ärztlichen Psychotherapeuten.

Wenn auch der tatsächliche Rechenvorgang wesentlich komplizierter ist, da Leistungen ein- und ausgerechnet werden müssen, z. B. durch Veränderung der Vertragslandschaft, also Veränderungen einer Vorabvergütung oder Festvergütung, im Grunde genommen dann jede Leistungsziffer im Einzelnen nachvollzogen werden muss, so ist der Kammer aber nichts ersichtlich, dass die Beklagte hier Kontingentzuweisungen fehlerhaft verbucht hätte. Auch waren die Vorgaben der Stützungsverpflichtung und der festen Punktwerte von der Kammer nicht zu beanstanden.

Rechtlich unbedenklich ist gleichfalls die Kombination von Individualbudgets und floatendem Punktwert (vgl. BSG, Urt. v. 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 5 = BSGE 92, 10 = GesR 2004, 325 = Breith 2004, 819-827 = NZS 2004, 612 = USK 2003-157, juris Rdnr. 20).

Die Höhe des Punktwerts der Honorar(unter)gruppe des Klägers war von der Kammer ebf. nicht zu beanstanden. Dabei kommt es auch nicht auf die Relation zum Punktwert zu den übrigen Fachgruppen an. Der Punktwert für die Fachgruppe des Klägers entwickelte sich in den Jahren 2002 bis 2004 wie folgt:

Quote Punktwert Allg. Leistungen (HG 2)
Quartal PK PK (vor EHV) EK EK (vor EHV)
I/02 30,55 34,05
II/02 31,50 33,40 31,95 33,90
III/02 30,85 32,70 32,65 34,60
IV/02 31,52 33,43 33,48 35,50
I/03 25,74 27,24 28,09 29,72
II/03 28,54 30,20 27,97 29,60
III/03 30,38 3,215 28,94 3,062
IV/03 32,87 34,78 32,90 34,82
I/04 28,88 30,56 30,02 31,77
II/04 29,99 31,74 31,46 33,29
III/04 27,82 29,44 27,83 29,45
IV/04 30,32 32,08 30,69 32,48

Im Mittel aller drei Jahre ergibt dies (Berechnungen der Kammer) – nach Abzug für die EHV – einen durchschnittlichen Punktwert im Primärkassenbereich von 2,991 Ct. und im Ersatzkassenbereich von 3,084 Ct. Für das Jahr 2002 beträgt der durchschnittliche Punktwert 3,111 Ct. (100 %) bzw. 3,303 Ct. (100 %), im Jahr 2003 2,938 Ct. 94,4 %) bzw. 2,948 Ct. (89,3 %), im Jahr 2004 2,925 Ct. (94,0 %) bzw. 3,000 Ct. (90,8 %). Soweit ein Absinken des Punktwerts insbesondere im Jahr 2003 im Vergleich zum Vorjahr feststellbar ist, so setzt sich dieser Trend im Jahr 2004 nicht fort, wenn auch ein relevantes Ansteigen des Punktwerts nicht zu verzeichnen ist.

Das Kriterium eines unzulässigen Absinkens des Punktwertes auf 15 % unter demjenigen für den größten Teil der sonstigen Leistungen passt auf Honorarverteilungsregelungen der hier zu beurteilenden Art nicht. Im Übrigen hat die Beklagte für alle streitbefangenen Quartale einen entsprechenden Stützungsmechanismus eingebaut. Sind wie im vorliegend maßgebenden HVM zahlreiche Honorarkontingente geschaffen worden, die alle Fachgruppen und alle Leistungen abdecken, so gibt es keinen "Restbereich sonstiger Leistungen" mehr, dessen Punktwert als Vergleichsbasis herangezogen werden könnte (vgl. BSG, Urt. v. 20.10.2004 - B 6 KA 30/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 12 = BSGE 93, 258 = ZMGR 2005, 112 = GesR 2005, 267 = MedR 2005, 366 = SGb 2005, 541 = NZS 2005, 665, juris Rdnr. 32-34). Ob aus dem Punktwertverfall in einem wesentlichen Leistungsbereich eine Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Korrektur der Honorarverteilung folgt, kann damit nur im Rahmen einer Gesamtbetrachtung, also unter Einbeziehung aller einer Arztgruppe zuzuordnenden Honorarkontingente bzw. der daraus resultierenden Punktwerte und Honorarbeträge, ermittelt werden. Das beruht darauf, dass sich der Anspruch eines Vertragsarztes auf Honorarteilhabe aus § 72 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 85 Abs. 4 Satz 1 bis 3 SGB V unter der Geltung begrenzter Gesamtvergütungen erst durch sämtliche, einem bestimmten Leistungsbereich zuzuordnende Honorarkontingente und die für diese Honorarkontingente berechneten Verteilungspunktwerte zu einem der Höhe nach individualisierten Honoraranspruch konkretisiert. Die isolierte Betrachtung einzelner Honorarkontingente und der dafür auszuzahlenden Punktwerte hingegen kann die tatsächliche Höhe der Vergütung einer Arztgruppe für deren vertragsärztliche Leistungen regelmäßig nur unzureichend widerspiegeln (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 43/06 R – USK 2007-78, juris Rdnr. 20).

Maßgeblich kommt es damit auf die Gesamthonorarsituation über mindestens vier zusammenhängende Quartale an (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = BSGE 94, 50 = GesR 2005, 307 = MedR 2005, 538 = Breith 2005, 817, juris Rdnr. 140 f.; BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 43/06 R – USK 2007-78, juris Rdnr. 20).

Nach § 72 Abs. 2 SGB V ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien der Bundesausschüsse durch schriftliche Verträge der KÄVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass (auch) die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der die Kammer auch hier folgt, kann aus dieser Bestimmung ein subjektives Recht des einzelnen Vertragsarztes auf höheres Honorar für ärztliche Tätigkeiten erst dann in Betracht kommen, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa in einer Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet wird. Bei einer zu niedrigen Bewertung lediglich einzelner Leistungen oder Leistungskomplexe ist dies regelmäßig nicht der Fall (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = BSGE 94, 50 = GesR 2005, 307 = MedR 2005, 538 = Breith 2005, 817, juris Rdnr. 130 m.w.N.). Ein darüber hinausgehender Anspruch folgt auch nicht aus anderen Vorschriften, insbesondere nicht aus Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R -, aaO., Rdnr. 137 f. u. 139 ff.). Dabei ist für die Prüfung einer ausreichenden Honorierung auf alle Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit abzustellen, also insbesondere auch unter Einbeziehung der Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit, nicht nur auf die Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit (vgl. BSG, Beschl. v. 31.08.2005 - B 6 KA 22/05 B - juris Rdnr. 10; BSG, Beschl. v. 23.05.2007 - B 6 KA 27/06 B - juris Rdnr. 10). Die als verfassungskonform zu bewertenden gesetzlichen Grundstrukturen über die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen erfordern einen Ausgleich u. a. zwischen dem Ziel der Gewährung angemessener Vergütungen und dem besonders hochrangigen Ziel der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Versorgung. Dieser Ausgleich ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - erst - dann nicht mehr verhältnismäßig realisiert (mit der Folge eines Anspruchs der Ärzte auf höheres Honorar bzw. eine Honorarstützung aus dem Gesichtspunkt angemessener Vergütung), wenn in einem - fachlichen und/oder örtlichen - Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R -, aaO., Rdnr. 153 m.w.N.).

Das Bundessozialgericht hat bisher in Überschüssen aus vertragsärztlicher Tätigkeit von 62.000 EUR im Jahr je Radiologe noch keine flächendeckend unzureichende Vergütung vertragsärztlicher Leistungen einer bestimmten Arztgruppe gesehen, zumal mit einem Überschuss von 62.000 EUR pro Jahr das im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen vom 1. Juli 1997 kalkulierte Durchschnittseinkommen knapp von unter 70.000 EUR je Arzt annähernd erreicht werde (vgl. BSG, Urt. v. 20.10.2004 - B 6 KA 30/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 12 = BSGE 93, 258 = ZMGR 2005, 112 = GesR 2005, 267 = MedR 2005, 366 = SGb 2005, 541 = NZS 2005, 665, juris Rdnr. 28). Jedenfalls für einen begrenzten Zeitraum in den alten Bundesländern hat es auch in Überschüssen aus vertragsärztlicher Tätigkeit von lediglich 12.000 EUR pro Quartal bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen, insbesondere einer gewährleisteten vertragsärztlichen Versorgung im jeweiligen Fachgebiet, für die Jahre 1998 bis 2000 keinen Anlass zur Beanstandung gesehen (vgl. BSG, Beschl. v. 31.08.2005 - B 6 KA 22/05 B - juris Rdnr. 9). Das LSG Hessen hat für die Arztgruppe der Nervenärzte bei einem Honorarumsatz im Jahr 1999 im gesamten Bundesgebiet von durchschnittlich 302.000,00 DM, woraus sich bei einem durchschnittlichen Betriebskostenanteil von 53,8 % ein Durchschnittseinkommen vor Steuer in Höhe von 139.524,00 DM ergab, bzw. einem Honorarumsatz im Jahr 2000 von 298.900,00 DM, was bei einem etwas gesunkenen Betriebskostenanteil in Höhe von 53,3 % zu einem Einkommen vor Steuer in Höhe von durchschnittlich jährlich 139.586,30 DM pro Arzt führte, und einem sich daraus ergebenden Durchschnittseinkommen rein aus vertragsärztlicher Tätigkeit in Höhe von etwa 11.000,00 DM monatlich nicht auf ein unangemessen niedriges Vergütungsniveau der vertragsärztlichen Tätigkeit geschlossen (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 15.11.2006 – L 4 KA 19/05 -, Urteilsumdruck S. 16).

Nach den Angaben der KBV betrug im Jahr 2004 das Gesamthonorar aus vertragsärztlicher Tätigkeit für Nervenärzte je Arzt 151.000 Euro im gesamten Bundesgebiet (Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland 2005, Tabelle III.2). Das Statistische Bundesamt ermittelte für das Jahr 2003 für die Gruppe der Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie, Kinderpsychiatrie und Psychotherapie in Einzelpraxen und unter Einschluss rein privatärztlicher Praxen Einnahmen von 208.000 Euro, wovon 77,0 % (160.160 Euro) auf ambulante und stationäre Kassenpraxis, 16,6 % (34.528 Euro) auf ambulante und stationäre Privatpraxis und 6,4 % (13.312 Euro) auf sonstige selbständige ärztliche Tätigkeit entfielen. Bei einem Kostensatz von 50,1 % ergab dies einen Reinertrag von 104.000 Euro (vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 2, Reihe 1.6.1, Unternehmen und Arbeitsstätten. Kostenstruktur bei Arzt-, Zahnarzt- und Tierarztpraxen, ZF. 2006, S. 13).

Aus den Angaben der Beklagten ergibt sich – unter Zugrundelegung der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Kostensätze – folgende Einkommensentwicklung der Fachgruppe des Klägers im Vergleich zu verschiedenen anderen Fachgruppen nach den Berechnungen der Kammer; ergänzend werden Durchschnittswerte aus dem Durchschnitt aller aufgeführten Arztgruppen mit Ausnahme der Anästhesisten angegeben (hierfür fehlten Angaben zum Kostensatz) und die Relation der einkommensschwächsten und einkommensstärksten Arztgruppe zu diesem Durchschnittswert. Dabei werden in der Spalte "Fachgruppe" in Klammern die Kostensätze für das Jahr 2003 (Summe aus: Personalaufwendungen, Aufwendungen für Material und fremde Laborarbeiten, für Mieten/Leasing und sonstige Aufwendungen), wie sie das Statistische Bundesamt (Fachserie 2, Reihe 1.6.1, Unternehmen und Arbeitsstätten. Kostenstruktur bei Arzt-, Zahnarzt- und Tierarztpraxen, ZF. 2006, S. 13) ermittelt hat, angegeben, in der Spalte des Gesamtjahres werden die Umsätze und die von der Kammer mit Hilfe dieser Kostensätze errechneten Erlöse angegeben.

Fachgruppe I/01 II/01 III/01 IV/01 2001
Neurologen und Psychiater VFG-VTG 57-69 (50,1 %)
38.337,42 19.130,37 38.354,45 37.751,98 39.239,37 153.683,22 76.687,93
Anästhesisten VFG-VTG 09-00 (
39.221,99 36.305,72 33.365,51 31.708,65 140.601,87
Augenärzte VFG-VTG 13-00 (53,6 %)
59.610,12 27.659,10 57.280,73 58.547,24 42.714,00 218.152,09 101.222,56
Chirurgen VFG-VTG 17-00 (61,0 %)
54.677,25 21.324,13 51.074,16 50.491,67 50.121,85 206.364,93 80.482,32
Gynäkologen VFG-VTG 21-00 (55,1 %)
45.181,01 20.286,27 43.772,03 43.141,20 42.947,69 175.041,93 78.593,85
HNO-Ärzte VFG-VTG 25-00 (53,6 %)
47.650,88 22.110,01 48.173,09 45.044,80 45.615,30 186.484,07 86.528,61
Hautärzte 29-00 VFG-VTG (55,9 %)
42.230,71 18.623,74 42.332,00 40.027,03 42.107,26 166.697,00 73.513,38
Orthopäden VFG-VTG 61-00 (58,1 %)
55.694,89 23.336,16 54.572,23 54.294,89 55.328,74 219.890,75 92.134,22
Urologen VFG-VTG 69-00 (55,1 %)
48.802,16 21.912,17 48.434,61 47.874,88 50.307,10 195.418,75 87.743,02
Durchschnitt 2001 ohne Anästhesisten nach Abzug Kostensatz: 84.613,24
Augenärzte: 119,6 %
Neurologen und Psychiater: 90,6 %
Verhältnis Neurologen und Psychiater: Augenärzte: 132,0

I/02 II/02 III/02 IV/02 2002
Neurologen und Psychiater VFG-VTG 57-69 (50,1 %)
37.228,11 36.763,78 34.929,50 37.595,80 146.517,19 73.112,08
Anästhesisten VFG-VTG 09-00 (
33.840,19 35.640,97 31.397,75 36.749,45 137.628,36
Augenärzte VFG-VTG 13-00 (53,6 %)
57.486,12 59.226,76 55.058,65 60.898,00 232.669,53 108.656,67
Chirurgen VFG-VTG 17-00 (61,0 %)
50.841,57 51.479,20 47.339,95 51.142,55 200.803,27 78.313,28
Gynäkologen VFG-VTG 21-00 (55,1 %)
43.947,69 42.450,17 40.021,34 43.061,47 169.480,67 76.096,82
HNO-Ärzte VFG-VTG 25-00 (53,6 %)
46.289,36 45.697,34 42.179,91 46.875,66 181.042,27 84.003,61
Hautärzte 29-00 VFG-VTG (55,9 %)
41.526,01 40.635,89 38.160,08 41.857,41 162.179,39 71.521,11
Orthopäden VFG-VTG 61-00 (58,1 %) 54.936,98 53.604,21 49.958,40 55.505,02 214.004,61 89.667,93
Urologen VFG-VTG 69-00 (55,1 %)
48.966,94 48.088,01 45.182,47 50.717,77 192.955,19 86.636,88
Durchschnitt 2002 ohne Anästhesisten Nach Abzug Kostensatz: 83.501,05
Augenärzte: 130,1 %
Neurologen und Psychiater: 87,6 %
Verhältnis Neurologen und Psychiater: Augenärzte: 148,6 %

I/03 II/03 III/03 IV/03 2003
Neurologen und Psychiater VFG-VTG 57-69 (50,1 %)
34.083,08 33.321,80 33.414,87 38.223,69 18.767,83 139.043,44 69.382,68
Anästhesisten VFG-VTG 09-00 (
39.035,07 36.989,03 32.867,14 39.206,36 148.097,6
Augenärzte VFG-VTG 13-00 (53,6 %)
61.563,34 59.479,60 57.519,49 64.374,26 242.936,69 112.722,62
Chirurgen VFG-VTG 17-00 (61,0 %)
52.818,62 52.084,33 48.107,66 52.891,44 205.902,05 80.301,80
Gynäkologen VFG-VTG 21-00 (55,1 %)
43.311,00 41.692,80 40.138,50 43.389,04 168.531,34 75.670,57
HNO-Ärzte VFG-VTG 25-00 (53,6 %)
45.173,57 45.785,31 41.139,75 46.069,25 178.167,88 82.669,90
Hautärzte 29-00 VFG-VTG (55,9 %)
40.872,29 40.119,72 37.689,87 41.797,16 160.479,04 70.771,26
Orthopäden VFG-VTG 61-00 (58,1 %)
54.315,59 52.544,14 49.528,79 54.311,15 210.699,67 88.283,16
Urologen VFG-VTG 69-00 (55,1 %)
48.367,49 47.550,84 44.558,98 50.387,39 190.864,7 85.698,25
Durchschnitt 2003 ohne Anästhesisten Nach Abzug Kostensatz: 83.187,53
Augenärzte: 135,5 %
Neurologen und Psychiater: 83,4 %
Verhältnis Neurologen und Psychiater: Augenärzte: 162,5 %

I/04 II/04 III/04 IV/04 2004
Neurologen und Psychiater VFG-VTG 57-69 (50,1 %)
33.702,99 16.817,79 34.287,07 31.801,43 36.260,66 136.052,15 67.890,02
Anästhesisten VFG-VTG 09-00 (
38.857,00 35.762,55 31.959,75 36.000,00 142.579,30
Augenärzte VFG-VTG 13-00 (53,6 %)
63.611,18 29.515,59 61.811,35 52.441,33 59.221,71 237.085,57 110.007,70
Chirurgen VFG-VTG 17-00 (61,0 %)
51.971,84 20.269,02 50.359,12 45.964,48 51.826,96 207.517,15 80.931,69
Gynäkologen VFG-VTG 21-00 (55,1 %)
40.534,63 18.200,05 39.543.83 37.235,68 39.511,10 156.907,41 70.451,43
HNO-Ärzte VFG-VTG 25-00 (53,6 %)
43.646,89 20.252,16 43.759,38 39.979,13 44.463,33 171.848,73 79.737,81
Hautärzte 29-00 VFG-VTG (55,9 %)
39.816,63 17.559,13 40.260,20 36.930,14 41.466,51 158.473,48 69.886,80
Orthopäden VFG-VTG 61-00 (58,1 %)
52.659,29 22.064,24 52.892,25 49.222,47 53.719,02 208.493,03 93.613,37
Urologen VFG-VTG 69-00 (55,1 %)
50.387,39 22.623,94 45.971,67 43.286,59 48.630,48 188.276,13 84.535,98
Durchschnitt 2004 ohne Anästhesisten Nach Abzug Kostensatz: 82.131,85
Augenärzte: 133,9 %
Neurologen und Psychiater: 82,7 %
Verhältnis Neurologen und Psychiater: Augenärzte: 133,9 %

Die Zahl der Vertragsärzte in der Gruppe VFG-VTG 57-69, vollzugelassene Neurologen und Psychiater (Doppelzulassung), hat sich im Zeitraum 2002 bis 2004 nach Angaben der Klägerin wie folgt entwickelt:

Quartal I/02 II/02 III/02 IV/02 I/03 II/03 III/03 IV/03 I/04 II/04 III/04 IV/04
Anzahl 204 205 207 214 214 217 217 214 215 214 212 210

Damit lag die Zahl der Vertragsärzte in der Gruppe vollzugelassene Neurologen und Psychiater (Doppelzulassung) im Jahresschnitt 2003 bei 214,5 und im Jahresschnitt 2004 bei 212,75 Ärzten gegenüber 207,5 im Jahresschnitt 2002. Ein signifikanter Rückgang der Zahl der Ärzte ist im Jahr 2004 nicht festzustellen. gegenüber dem Jahr 2002 ist im Jahresschnitt weiterhin ein Zuwachs zu verzeichnen.

Wenn damit auch für die Honorar(unter)gruppe des Klägers insgesamt kein absolut unangemessenes Honorar festgestellt werden konnte, so sieht die Kammer jedoch in den hohen Unterschieden der Vergütung zwischen den Honorar(unter)gruppen einen Verstoß gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit.

Bei der Wahrnehmung des Gestaltungsspielraums hat der HVM-Geber die gesetzlichen Vorgaben - insbesondere in § 85 Abs. 4 ff. SGB V - sowie die Anforderungen des Verfassungsrechts zu beachten, die vor allem in dem aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit konkretisiert worden sind (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2007 – B 6 KA 2/07 R - juris Rdnr. 15). Die Honorarverteilungsregelungen müssen gewährleisten, dass in allen ärztlichen Bereichen ausreichender finanzieller Anreiz besteht, vertragsärztlich tätig zu werden. Jede Arztgruppe muss die Chance haben, eine den anderen Arztgruppen vergleichbare Vergütung zu erhalten (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.2005 – B 6 KA 5/04 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 17 = GesR 2005, 567, juris Rdnr. 17). Mit der Bildung von Honorarkontingenten geht eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht der HVM-Geber als Normgeber einher. Notwendig ist eine Gesamtbetrachtung (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 43/06 R – USK 2007-78, juris Rdnr. 20). Soweit das Bundessozialgericht dies bisher nur auf besondere Konstellationen bezogen hat, sieht die Kammer jedoch eine generelle Verpflichtung einer Kassenärztlichen Vereinigung, zu große Honorarunterschiede zwischen den einzelnen Arztgruppen auszugleichen. Von daher besteht zunächst eine generelle Beobachtungspflicht einer Kassenärztlichen Vereinigung über die Honorarsituation. Im Hinblick auf die genannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann hierbei nicht allein auf Punktwerte abgestellt werden. Die Vielzahl verschiedener zulässiger Vergütungsformen und Honorarbegrenzungsmaßnahmen führt dazu, dass allein die Garantie von Mindestpunktwerten eine annähernd gleichmäßige und leistungsproportionale Honorarverteilung nicht mehr gewährleisten kann. Durchschnittsumsätze sind zudem zur Beobachtung der Honorarentwicklung zwischen den Honorargruppen nur ein unzureichendes Mittel, da die Kostensätze der einzelnen Honorargruppen recht unterschiedlich sind. Die Beklagte wird daher zunächst auch Erhebungen anderer Stellen über die Kostensätze heranzuziehen haben. Sie kann sich jedenfalls nicht weiterhin auf den Standpunkt stellen, über keine Daten zu Kostensätzen zu verfügen, wie noch in diesem Verfahren gegenüber der Kammer geschehen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sie über die tatsächliche Einkommenssituation der Honorargruppen nicht unterrichtet ist und insofern steuernde Maßnahmen nicht ergreifen kann bzw. diese auf wenig nachvollziehbarer Grundlage beruhen.

Für die Beurteilung der Honorarsituation können nach der bereits genannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch durchschnittliche Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit oder aus sonstiger ärztlicher Tätigkeit berücksichtigt werden.

In Anlehnung an die frühere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hält die Kammer ein Eingreifen der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. des HVM-Gebers für erforderlich, wenn die genannte Honorarsituation zu Abweichungen von mehr als 15 % eines Durchschnittshonorars führt (vgl. BSG, Urt. v. 09.09.1998 - B 6 KA 55/97 RSozR 3-2500 § 85 Nr. 26 = BSGE 83, 1 = NZS 1999, 366 = MedR 2000, 150, juris Rdnr. 17). Bei der Berechnung des Durchschnittshonorars ist aufgrund der gesetzlichen Vorgaben für die Honorargruppe des Klägers nur auf den fachärztlichen Bereich abzustellen. Im Wege typisierender Betrachtung kann dabei auf die größten Honorargruppen abgestellt werden oder es können Honorar(unter)gruppen nach dem HVM bzw. darüber hinausgehend zusammengefasst werden, so dass nicht für jede einzelne Verarbeitungsfachgruppe die Kostensätze ermittelt werden müssen.

Eine Korrekturverpflichtung setzt weiter voraus, dass es sich um eine dauerhafte, also nicht nur um eine vorübergehende Entwicklung handelt (vgl. BSG, Urt. v. 09.09.1998 - B 6 KA 55/97 R – ebd.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen geht die Kammer davon aus, dass für die hier streitbefangenen Quartale ein Zustand bereits eingetreten ist, der die Beklagte zum steuernden Eingreifen verpflichtet. Nach den Berechnungen der Kammer sinkt der Erlös der Fachgruppe des Klägers, gemessen am Durchschnittserlös aller berücksichtigten Honorargruppen kontinuierlich in den Jahren 2001 bis 2004 von 90,6 % über 87,6 % und 83,4 % auf 82,7 % im Jahr 2004. Gleichzeitig steigt der entsprechend ermittelte Anteil der erlösstärksten Fachgruppe (Augenärzte) von 119,6 % über 130,1 % und 135,5 % auf noch 133,9 % im Jahr 2004. Wenn sich die Kammer auch bewusst ist, dass die Beklagte eine verfeinerte Honoraranalyse vorzunehmen hat, so sieht sie doch eine sich seit längerem abzeichnende Entwicklung als erwiesen an, die die Beklagte zum Eingreifen verpflichtet. Es obliegt dabei dem Gestaltungsermessen der Beklagten, ob sie eine entsprechende Änderung des HVM im Wege einer Ausgleichsregelung herbeiführt oder das Honorar im Wege einer Einzelfallregelung entsprechend auffüllt. Es ist dann zu errechnen, in welchem Umfang das Honorarkontingent der Honorar(unter)gruppe des Klägers aufzufüllen ist. Auf dieser Grundlage ist ein neuer Punktwert zu errechnen, der dann eine Neuberechnung des Honoraranspruchs ermöglicht. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass das Honorar des einzelnen Vertragsarztes nur entsprechend seinem Anteil am Honorarkontingent seiner Honorar(unter)gruppe steigt.

Nach allem war der Klage daher im tenorierten Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Rechtskraft
Aus
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