Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 1254/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 4318/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. September 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 28. November 2001.
Der am 1971 in Portugal geborene Kläger, der seit 1989 in Deutschland lebt und als Maurer arbeitete, erlitt am 28. November 2001 auf der Heimfahrt von der Arbeit einen Unfall, als er mit ca. 50 km/h gegen ein anderes Fahrzeug fuhr, wobei er sich eine Knieprellung links, eine starke Oberschenkelprellung links und einen Faserriss des Musculus vastus lateralis links zuzog. Bei verzögertem Heilungsverlauf erfolgte am 19. April 2002 eine Arthroskopie am linken Kniegelenk (kein wesentlicher pathologischer Befund) und am 23. Mai 2002 eine operative Fasziendoppelung bei einer Faszienhernie im Bereich des Musculus semi menbranosus am linken distalen Oberschenkel sowie am 17. Februar 2003 eine Narbenrevision, Fasziotomie und Exzision von vier Fadengranulomen mit Freipräparation der Semitendinosussehne in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. Neurologische Untersuchungen erbrachten keine Erklärung für die persistierenden Beschwerden (Berichte Dr. K. und PD Dr. S.).
Im Gutachten vom 23. April 2003 kam Prof. Dr. D. nach einer Untersuchung vom 16. April 2003 zum Ergebnis, an Unfallfolgen bestünden eine endgradige Bewegungseinschränkung im linken Kniegelenk sowie eine druckschmerzhafte und verdickte Operationsnarbe oberhalb der Kniekehle. Nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit in voraussichtlich drei bis vier Wochen werde voraussichtlich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v. H. für weitere drei Monate vorliegen.
Danach erfolgte eine weitere Belastungserprobung und vom 26. Juni bis 17. Juli 2003 eine stationäre Behandlung in der Reha-Klinik Bad S ... Nach dem Entlassungsbericht war die Schmerzursache auch nach neurologischem Konsil (Bericht Dr. H.) ungeklärt und bestand weiter Arbeitsunfähigkeit. Die MdE wurde auf unter 20 v. H. geschätzt.
Im Gutachten vom 27. November 2003 gelangte Prof. Dr. H. zum Ergebnis, unfallbedingt bestehe ein Zustand nach Muskelhernie am körperfernen Oberschenkel links nach Oberschenkelanpralltrauma und jetzt noch eine Faszienlücke mit Ausbildung einer Muskelhernie bei Belastung. Die unfallbedingte MdE betrage ab 15. Oktober 2003 weniger als 10 v. H.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2004 und Widerspruchsbescheid vom 2. April 2004 lehnte die Beklagte, die dem Kläger bis 14. Oktober 2003 Verletztengeld gewährt hatte, die Gewährung von Verletztenrente ab, da der Versicherungsfall nach dem Wegfall des Anspruchs auf Verletztengeld eine MdE in rentenberechtigendem Grade nicht hinterlassen habe. Unfallfolge seien eine nach Oberschenkelanpralltrauma operativ versorgte Faszienhernie im Bereich des Musculus semi menbranosus links und eine Faszienlücke mit Ausbildung einer Muskelhernie am körperfernen linken Oberschenkel bei Belastung.
Deswegen hat der Kläger am 27. April 2004 Klage beim Sozialgericht Heilbronn erhoben und die Gewährung von Verletztenrente begehrt. Der Einschätzung der MdE durch Prof. Dr. H. sei nicht zu folgen, nachdem Prof. Dr. D. eine MdE um mindestens 20 v. H. festgestellt habe und dies auch im Bericht der Reha-Klinik Bad S. vom 16. Juli 2003 bestätigt sei. Auch Prof. Dr. B. (Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik M. ) bewerte die MdE mit mindestens 20 v. H. Diese Einschätzung teilten auch die behandelnden Ärzte Dr. L. und Dr. K.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Ba. eingeholt. Er ist zum Ergebnis gelangt, an wesentlichen Unfallfolgen fänden sich ein Zustand nach Muskelverletzung am linken distalen Oberschenkel, persistierende belastungsabhängige Schmerzen im linken Oberschenkel und ein Kraftmangel am linken Bein. Die unfallbedingte MdE habe vom Tag des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit am 2. August 2003 für ein halbes Jahr 10 v. H. und danach unter 10 v. H. betragen. Dem Gutachten von Prof. Dr. H. sei in vollem Umfang zuzustimmen. Den Antrag des Klägers, die Befangenheit von Prof. Dr. Ba. festzustellen, weil der Gutacher ihn nur kurz untersucht habe und sich deshalb kein ausreichendes Bild machen könne, hat das SG mit Beschluss vom 27. Januar 2005 zurückgewiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 15. September 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Entscheidungsgründe im Widerspruchsbescheid verwiesen und sich im Übrigen im Wesentlichen auf das Gutachten von Prof. Dr. H., insbesondere dessen Darlegung des Untersuchungsbefundes gestützt.
Gegen den am 21. September 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19. Oktober 2005 Berufung eingelegt.
Er trägt im Wesentlichen vor, das Gutachten des Prof. Dr. Ba. hätte nicht verwertet werden dürfen und es müsse ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG auf seinen Antrag eingeholt werden. Die Untersuchung durch Prof. Dr. Ba. habe lediglich 13 Minuten gedauert und der untersuchende Arzt habe während dieser Zeit auch noch zwei Anrufe entgegengenommen. Er, der Kläger, habe jeden Abend starke Schmerzen im hinteren Oberschenkel, insbesondere bei Wetterumschlag und größeren Temperaturschwankungen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. September 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. April 2004 zu verurteilen, ihm ab 15. Oktober 2003 Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat ergänzend Berichte des Orthopäden Dr. B. vom 16. Mai 2004, des PD Dr. F. vom 11. Februar 2005 und des Prof. Dr. W. vom 14. Februar 2005 vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - der hier mit dem Unfall vom 28. November 2001 eingetreten ist - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Renten werden von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet (§ 72 Abs. 1 Ziff. 1 SGB VII), hier also frühestens ab 15. Oktober 2003.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen bedingen die beim Kläger noch vorliegenden Unfallfolgen ab dem Zeitpunkt, zu dem das Verletztengeld endete, keine MdE in rentenberechtigendem Grade. Dies ergibt sich auch für den Senat schlüssig und überzeugend aus dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Prof. Dr. H ... Danach bedingen die - im Gutachten näher beschriebenen Funktionseinschränkungen - jedenfalls keine MdE um mehr als 10 v. H. Die objektivierbaren funktionellen Einschränkungen sind vergleichsweise geringfügig. Weder neurologisch noch unfallchirurgisch oder orthopädisch liegen wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen vor.
Soweit der Kläger zuletzt und soweit ersichtlich in dieser Art und Weise erstmals behauptet hat, er habe jeden Abend starke Schmerzen im hinteren Oberschenkel und sobald das Wetter umschlage oder es größere Temperaturschwankungen gebe, spüre er dies in seinem Oberschenkel, ist dies nicht objektiviert und ergäbe sich daraus keine MdE in Höhe von wenigstens 20 v. H. Gemäß dem von der Beklagten vorgelegten Bericht des Dr. B. hat der Kläger am 1. März 2004 ausdrücklich Ruheschmerzen bzw. eine Wetterfühligkeit verneint und über immer noch anhaltende Belastungsschmerzen am linken distalen Oberschenkel dorsal geklagt. Dr. B. hat eine messbare MdE verneint. Aus den Umfangsmaßen der unteren Extremitäten ergibt sich im Seitenvergleich keine wesentliche Seitendifferenz. Auch PD Dr. F. hat nach seinem Bericht vom 11. Februar 2005 keinen Behandlungsbedarf gesehen und ausgeführt, die MdE "könnte bei persistierenden Beschwerden ca. 10 % betragen", eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß sei nicht zu erwarten. Aus dem von der Beklagten zuletzt vorgelegten Bericht von Prof. Dr. W. vom 10. Februar 2005 ergibt sich gleichfalls keine wesentliche funktionelle Einschränkung, die eine MdE in rentenberechtigendem Grade belegen könnte. Damit sind die von Prof. Dr. H. bei seiner Untersuchung im November 2003 erhobenen Befunde ebenso bestätigt wie dessen Einschätzung der MdE mit weniger als 20 v. H.
Im Übrigen hat auch der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte Prof. Dr. Ba. eine MdE in rentenberechtigendem Grade verneint. Ungeachtet dessen, dass das SG eine geltend gemachte Befangenheit des Sachverständigen rechtskräftig verneint hat, greifen auch die Einwände des Klägers gegen das Gutachten des Prof. Dr. Ba. in der Sache nicht durch. Maßgebend sind nicht allein die anlässlich der Begutachtung erhobenen Untersuchungsbefunde und die Dauer der Untersuchung, sondern auch die weiteren in den Akten dokumentierten Befunde, die der Sachverständige ausgewertet und berücksichtigt hat.
Darüber hinaus hat der Kläger keinen Anspruch auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG, da dieses Recht bereits durch das Gutachten des Prof. Dr. Ba. verbraucht ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Kläger mit dem Ergebnis des Gutachtens zufrieden ist und ob es aus seiner Sicht eine ausreichende Beurteilungsgrundlage hat. Im Übrigen entscheidet in erster Linie der begutachtende Arzt, welche Untersuchung für eine Beurteilung ausreicht.
Soweit der Kläger sich auf das Gutachten von Prof. Dr. D. stützt, verkennt er, dass dieses vom 23. April 2003 datiert, lediglich für drei weitere Monate eine MdE um 20 v. H. auswirft und für die hier strittige Zeit ab 15. Oktober 2003 nichts Verwertbares ergibt. Dies gilt im Übrigen auch für die Beurteilung der Reha-Klinik Bad S. vom 16. Juli 2003, in der die MdE im Übrigen auf unter 20 v. H. geschätzt worden ist, wie auch für den Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. vom 2. September 2003, in dem eine Bewertung der MdE nicht erfolgt ist und nur die Einschätzung von Prof. Dr. D. in der Anamnese referiert wurde. Angesichts dessen und der Tatsache, dass die vom Kläger reklamierten Beeinträchtigungen im Wesentlichen von keinem behandelnden Arzt mit hinreichender Deutlichkeit objektiviert werden konnten, besteht auch kein Anlass für weitere Ermittlungen.
Nachdem das SG zu Recht die Klage abgewiesen hat, ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 28. November 2001.
Der am 1971 in Portugal geborene Kläger, der seit 1989 in Deutschland lebt und als Maurer arbeitete, erlitt am 28. November 2001 auf der Heimfahrt von der Arbeit einen Unfall, als er mit ca. 50 km/h gegen ein anderes Fahrzeug fuhr, wobei er sich eine Knieprellung links, eine starke Oberschenkelprellung links und einen Faserriss des Musculus vastus lateralis links zuzog. Bei verzögertem Heilungsverlauf erfolgte am 19. April 2002 eine Arthroskopie am linken Kniegelenk (kein wesentlicher pathologischer Befund) und am 23. Mai 2002 eine operative Fasziendoppelung bei einer Faszienhernie im Bereich des Musculus semi menbranosus am linken distalen Oberschenkel sowie am 17. Februar 2003 eine Narbenrevision, Fasziotomie und Exzision von vier Fadengranulomen mit Freipräparation der Semitendinosussehne in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. Neurologische Untersuchungen erbrachten keine Erklärung für die persistierenden Beschwerden (Berichte Dr. K. und PD Dr. S.).
Im Gutachten vom 23. April 2003 kam Prof. Dr. D. nach einer Untersuchung vom 16. April 2003 zum Ergebnis, an Unfallfolgen bestünden eine endgradige Bewegungseinschränkung im linken Kniegelenk sowie eine druckschmerzhafte und verdickte Operationsnarbe oberhalb der Kniekehle. Nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit in voraussichtlich drei bis vier Wochen werde voraussichtlich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v. H. für weitere drei Monate vorliegen.
Danach erfolgte eine weitere Belastungserprobung und vom 26. Juni bis 17. Juli 2003 eine stationäre Behandlung in der Reha-Klinik Bad S ... Nach dem Entlassungsbericht war die Schmerzursache auch nach neurologischem Konsil (Bericht Dr. H.) ungeklärt und bestand weiter Arbeitsunfähigkeit. Die MdE wurde auf unter 20 v. H. geschätzt.
Im Gutachten vom 27. November 2003 gelangte Prof. Dr. H. zum Ergebnis, unfallbedingt bestehe ein Zustand nach Muskelhernie am körperfernen Oberschenkel links nach Oberschenkelanpralltrauma und jetzt noch eine Faszienlücke mit Ausbildung einer Muskelhernie bei Belastung. Die unfallbedingte MdE betrage ab 15. Oktober 2003 weniger als 10 v. H.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2004 und Widerspruchsbescheid vom 2. April 2004 lehnte die Beklagte, die dem Kläger bis 14. Oktober 2003 Verletztengeld gewährt hatte, die Gewährung von Verletztenrente ab, da der Versicherungsfall nach dem Wegfall des Anspruchs auf Verletztengeld eine MdE in rentenberechtigendem Grade nicht hinterlassen habe. Unfallfolge seien eine nach Oberschenkelanpralltrauma operativ versorgte Faszienhernie im Bereich des Musculus semi menbranosus links und eine Faszienlücke mit Ausbildung einer Muskelhernie am körperfernen linken Oberschenkel bei Belastung.
Deswegen hat der Kläger am 27. April 2004 Klage beim Sozialgericht Heilbronn erhoben und die Gewährung von Verletztenrente begehrt. Der Einschätzung der MdE durch Prof. Dr. H. sei nicht zu folgen, nachdem Prof. Dr. D. eine MdE um mindestens 20 v. H. festgestellt habe und dies auch im Bericht der Reha-Klinik Bad S. vom 16. Juli 2003 bestätigt sei. Auch Prof. Dr. B. (Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik M. ) bewerte die MdE mit mindestens 20 v. H. Diese Einschätzung teilten auch die behandelnden Ärzte Dr. L. und Dr. K.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Ba. eingeholt. Er ist zum Ergebnis gelangt, an wesentlichen Unfallfolgen fänden sich ein Zustand nach Muskelverletzung am linken distalen Oberschenkel, persistierende belastungsabhängige Schmerzen im linken Oberschenkel und ein Kraftmangel am linken Bein. Die unfallbedingte MdE habe vom Tag des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit am 2. August 2003 für ein halbes Jahr 10 v. H. und danach unter 10 v. H. betragen. Dem Gutachten von Prof. Dr. H. sei in vollem Umfang zuzustimmen. Den Antrag des Klägers, die Befangenheit von Prof. Dr. Ba. festzustellen, weil der Gutacher ihn nur kurz untersucht habe und sich deshalb kein ausreichendes Bild machen könne, hat das SG mit Beschluss vom 27. Januar 2005 zurückgewiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 15. September 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Entscheidungsgründe im Widerspruchsbescheid verwiesen und sich im Übrigen im Wesentlichen auf das Gutachten von Prof. Dr. H., insbesondere dessen Darlegung des Untersuchungsbefundes gestützt.
Gegen den am 21. September 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19. Oktober 2005 Berufung eingelegt.
Er trägt im Wesentlichen vor, das Gutachten des Prof. Dr. Ba. hätte nicht verwertet werden dürfen und es müsse ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG auf seinen Antrag eingeholt werden. Die Untersuchung durch Prof. Dr. Ba. habe lediglich 13 Minuten gedauert und der untersuchende Arzt habe während dieser Zeit auch noch zwei Anrufe entgegengenommen. Er, der Kläger, habe jeden Abend starke Schmerzen im hinteren Oberschenkel, insbesondere bei Wetterumschlag und größeren Temperaturschwankungen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. September 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. April 2004 zu verurteilen, ihm ab 15. Oktober 2003 Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat ergänzend Berichte des Orthopäden Dr. B. vom 16. Mai 2004, des PD Dr. F. vom 11. Februar 2005 und des Prof. Dr. W. vom 14. Februar 2005 vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - der hier mit dem Unfall vom 28. November 2001 eingetreten ist - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Renten werden von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet (§ 72 Abs. 1 Ziff. 1 SGB VII), hier also frühestens ab 15. Oktober 2003.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen bedingen die beim Kläger noch vorliegenden Unfallfolgen ab dem Zeitpunkt, zu dem das Verletztengeld endete, keine MdE in rentenberechtigendem Grade. Dies ergibt sich auch für den Senat schlüssig und überzeugend aus dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Prof. Dr. H ... Danach bedingen die - im Gutachten näher beschriebenen Funktionseinschränkungen - jedenfalls keine MdE um mehr als 10 v. H. Die objektivierbaren funktionellen Einschränkungen sind vergleichsweise geringfügig. Weder neurologisch noch unfallchirurgisch oder orthopädisch liegen wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen vor.
Soweit der Kläger zuletzt und soweit ersichtlich in dieser Art und Weise erstmals behauptet hat, er habe jeden Abend starke Schmerzen im hinteren Oberschenkel und sobald das Wetter umschlage oder es größere Temperaturschwankungen gebe, spüre er dies in seinem Oberschenkel, ist dies nicht objektiviert und ergäbe sich daraus keine MdE in Höhe von wenigstens 20 v. H. Gemäß dem von der Beklagten vorgelegten Bericht des Dr. B. hat der Kläger am 1. März 2004 ausdrücklich Ruheschmerzen bzw. eine Wetterfühligkeit verneint und über immer noch anhaltende Belastungsschmerzen am linken distalen Oberschenkel dorsal geklagt. Dr. B. hat eine messbare MdE verneint. Aus den Umfangsmaßen der unteren Extremitäten ergibt sich im Seitenvergleich keine wesentliche Seitendifferenz. Auch PD Dr. F. hat nach seinem Bericht vom 11. Februar 2005 keinen Behandlungsbedarf gesehen und ausgeführt, die MdE "könnte bei persistierenden Beschwerden ca. 10 % betragen", eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß sei nicht zu erwarten. Aus dem von der Beklagten zuletzt vorgelegten Bericht von Prof. Dr. W. vom 10. Februar 2005 ergibt sich gleichfalls keine wesentliche funktionelle Einschränkung, die eine MdE in rentenberechtigendem Grade belegen könnte. Damit sind die von Prof. Dr. H. bei seiner Untersuchung im November 2003 erhobenen Befunde ebenso bestätigt wie dessen Einschätzung der MdE mit weniger als 20 v. H.
Im Übrigen hat auch der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte Prof. Dr. Ba. eine MdE in rentenberechtigendem Grade verneint. Ungeachtet dessen, dass das SG eine geltend gemachte Befangenheit des Sachverständigen rechtskräftig verneint hat, greifen auch die Einwände des Klägers gegen das Gutachten des Prof. Dr. Ba. in der Sache nicht durch. Maßgebend sind nicht allein die anlässlich der Begutachtung erhobenen Untersuchungsbefunde und die Dauer der Untersuchung, sondern auch die weiteren in den Akten dokumentierten Befunde, die der Sachverständige ausgewertet und berücksichtigt hat.
Darüber hinaus hat der Kläger keinen Anspruch auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG, da dieses Recht bereits durch das Gutachten des Prof. Dr. Ba. verbraucht ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Kläger mit dem Ergebnis des Gutachtens zufrieden ist und ob es aus seiner Sicht eine ausreichende Beurteilungsgrundlage hat. Im Übrigen entscheidet in erster Linie der begutachtende Arzt, welche Untersuchung für eine Beurteilung ausreicht.
Soweit der Kläger sich auf das Gutachten von Prof. Dr. D. stützt, verkennt er, dass dieses vom 23. April 2003 datiert, lediglich für drei weitere Monate eine MdE um 20 v. H. auswirft und für die hier strittige Zeit ab 15. Oktober 2003 nichts Verwertbares ergibt. Dies gilt im Übrigen auch für die Beurteilung der Reha-Klinik Bad S. vom 16. Juli 2003, in der die MdE im Übrigen auf unter 20 v. H. geschätzt worden ist, wie auch für den Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. vom 2. September 2003, in dem eine Bewertung der MdE nicht erfolgt ist und nur die Einschätzung von Prof. Dr. D. in der Anamnese referiert wurde. Angesichts dessen und der Tatsache, dass die vom Kläger reklamierten Beeinträchtigungen im Wesentlichen von keinem behandelnden Arzt mit hinreichender Deutlichkeit objektiviert werden konnten, besteht auch kein Anlass für weitere Ermittlungen.
Nachdem das SG zu Recht die Klage abgewiesen hat, ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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