L 13 R 2084/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2910/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2084/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. März 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit.

Der 1946 geborene Kläger, ein g. Staatsangehöriger, hat keinen Beruf erlernt. Im Bundesgebiet, wo er sich seit 1971 aufhält, war er überwiegend als Kraftfahrer und nach Durchlaufen eines einen viertägigen Tankwagenfahrerlehrgang einschließenden Berufskraftfahrer-Lehrgangs vom 21. Februar bis 31. März 1983 zuletzt ab 2. Mai 1983 bei der P. W. GmbH beschäftigt. Es handelte sich dabei um eine Beschäftigung als Lkw-Fahrer mit Führerscheinklasse 2 sowie Be- und Entladen des Lkw; diese konnte innerhalb einer Anlernzeit von weniger als drei Monaten verrichtet werden und war in Lohngruppe 4 des Tarifvertrages über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Beschäftigten der Stein- und Erdenindustrie in Baden-Württemberg eingestuft. Zur Lohngruppe 4 gehören Beschäftigte, die feststehende Maschinen oder Anlagen bedienen, überwachen oder Tätigkeiten verrichten, die Erfahrung oder Geschicklichkeit erfordern sowie Beschäftigte, die bewegliche Maschinen oder Geräte wie z.B. Stapler oder Krane bedienen können. Der Kläger hat diese Tätigkeit bis zum 29. Oktober 2000 ausgeübt und war im Anschluss daran mit Lohnfortzahlung und Bezug von Krankengeld arbeitsunfähig erkrankt. In der Zeit vom 23. März bis 13. April 2000 durchlief er eine stationäre Heilbehandlung in der Rheumaklinik B. W ... Im Entlassungsbericht des Chefarztes Prof. Dr. J. vom 13. April 2000 werden als Diagnosen genannt: chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen, rezidivierendes Cervicalsyndrom mit Brachialgien und Cephalgien bei muskulärer Dysbalance, Schulter-Arm-Syndrom nach Prellung im Rahmen eines Arbeitsunfalls sowie initialer nicht insulinpflichtigem Diabetes mellitus. Als Lkw-Fahrer wird der Kläger nur noch für fähig erachtet, halb- bis untervollschichtig tätig zu sein. Ansonsten könnten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen ohne häufiges Bücken, Tragen schwerer Lasten und monotonen Zwangshaltungen vollschichtig verrichtet werden.

Am 13. Dezember 2000 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte ließ den Kläger von dem Internisten Dr. L. untersuchen und begutachten. In seinem Gutachten vom 30. März 2001 führte Dr. L. aus, der Kläger leide an Diabetes mellitus, Luxation des linken Sternociaviculargelenkes sowie muskulären Verspannungen im HWS-Bereich; er sei fähig, mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten, auch eine Tätigkeit als Lkw-Fahrer. Weiter wird ein stationäres Heilverfahren empfohlen. Mit Bescheid vom 4. Mai 2001 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ab. Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch. Während des Widerspruchsverfahrens wurde in der Reha-Klinik O. d. T. in B. M. in der Zeit vom 3. Juli bis 7. August 2001 ein weiteres Heilverfahren durchgeführt. Im Heilverfahrens-Ent1assungsbericht des Prof. Dr. T. vom 28. August 2001 werden als Diagnosen genannt: Diabetes mellitus ohne Hinweis für Folgeerkrankungen sowie degeneratives BWS- und LWS-Syndrom. Für eine Tätigkeit als Berufskraftfahrer wird ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden angegeben, da es sich um einen Diabetes mellitus Typ 1 mit instabilem Blutzuckerverlauf handele, so dass das Risiko einer Eigen- und Fremdgefährdung zu hoch sei. Ansonsten könne der Kläger mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen möglichst im Einschichtsystem vollschichtig verrichten. Weiter ließ die Beklagte den Kläger noch von dem Chirurgen Dr. med. R. untersuchen und begutachten. In seinem Gutachten vom 4. Juli 2002 kommt dieser zu dem Ergebnis, beim Kläger bestünden Schulterbeschwerden links bei Engpasssyndrom und Rotatorenmanschettendegeneration sowie Zustand nach Prellung des Sternoclaviculargelenkes vor Jahren. Weiter leide er an degenerativen HWS-Veränderungen ohne Wurzelreizzeichen mit leichter Funktionseinschränkung. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei nicht wesentlich eingeschränkt. Mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen und ohne häufige Überkopfarbeit könne er auch weiterhin vollschichtig verrichten; auch die Tätigkeit eines Lkw-Fahrers sei möglich. Die Beklagte ließ den Kläger auch noch von dem Nervenarzt Dr. R. untersuchen und begutachten. In seinem Gutachten vom 8. Juli 2002 konnte Dr. R. für das psychiatrische Fachgebiet keine Erkrankung feststellen. Der Kläger wurde für fähig erachtet, vollschichtig tätig zu sein; Einschränkungen ergäben sich unter orthopädischen und internistischen Gesichtspunkten. Schließlich ließ die Beklagte den Kläger noch von der Internistin Dr. H.-Z. untersuchen und begutachten. In ihrem Gutachten vom 3. Juli 2002 kommt diese dabei zu dem Ergebnis, beim Kläger bestünde ein Diabetes mellitus, der derzeit mäßig eingestellt sei unter intensiver Insulinbehandlung. Andere bedeutsame Erkrankungen auf internistischem Gebiet hätten nicht eruiert werden können. Die vom Klägerbevollmächtigten erwähnten Erkrankungen wie Bluthochdruck, Schlafapnoesyndrom und Magenschmerzen könnten nicht bestätigt werden. Auch Dr. H.-Z. erachtete den Kläger für fähig, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne Schichtbetrieb noch vollschichtig zu verrichten. Dr. H.-Z. lag bei der Erstattung ihres Gutachtens auch ein Bericht des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. L. vorn 14. Mai 2002 vor. Nach Einholung der Arbeitgeberauskunft der P. W. GmbH vom 29. Juli 2002 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2002 den Widerspruch zurück.

Mit der am 5. November 2002 zum Sozialgericht Heilbronn erhobenen Klage hat der Kläger sein Ziel weiterverfolgt und geltend gemacht, dass er unter Bluthochdruck, Diabetes, Magenschmerzen, Kraftlosigkeit, Schlafapnoe, Kopfschmerzen. Durchschlafstörungen, Schmerzen im Schultergelenkbereich, Beinschmerzen, Wirbelsäulenschäden, Konzentrationsstörungen, Herzrasen, schweren Depressionen, Angstzuständen, Schweißausbrüchen sowie einer Gemengelage weiterer multipler psychischer Probleme leide und eine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausüben könne. Das Sozialgericht hat Beweis erhoben zunächst durch Einholung gutachtlicher Stellungnahmen der behandelnden Ärzte. Ärztin für spezielle Schmerztherapie Dr. E. hat in ihrer Äußerung vom 15. Januar 2003 ausgeführt, beim Kläger bestünde ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit der Notwendigkeit einer viermal täglichen lnsulininjektion, ein Impingementsyndrom der linken Schulter mit Sehnenansatzverkalkung, eine beginnende Arthrose des linken Kniegelenkes und eine leichte Kyphoskoliose der BWS. Das Restleistungsvermögen sei begrenzt auf drei bis vier Stunden pro Tag aufgrund der Beschwerden im Bereich der linken Schulter sowie des linken Kniegelenkes und der angrenzenden Gelenke und der Notwendigkeit der Injektionen von Insulin. Arzt für Allgemeinmedizin Dr. G. hat in seiner Äußerung vom 6. Februar 2003 bekundet, der Kläger stehe wegen Diabetes mellitus, Cervicobrachialsyndrom und einer Depression in Behandlung. Eine Tätigkeit als Kraftfahrer sei nicht mehr möglich. Eine leichte Tätigkeit könnte vollschichtig verrichtet werden, wenn regelmäßige Mahlzeiten, planmäßige Insulininjektionen und das Vermeiden von schwerem Heben gewährleistet würden. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. hat in seinem Bericht vom 10. Februar 2003 ausgesagt, Anlass zur Behandlung sei eine schwere depressive Erkrankung nach dem Verlust des Arbeitsplatzes gewesen. Dem Kläger sei wegen der Zuckererkrankung nunmehr verboten worden, seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Lkw-Fahrer weiter zu verrichten. Die Depression mit schwerer, typisch depressiver Symptomatik habe inzwischen eine chronische Verlaufsform angenommen. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, eine Tätigkeit als Lkw-Fahrer zu verrichten. Auch eine körperlich leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne allenfalls noch unter zwei Stunden täglich verrichtet werden. Im Auftrag des Sozialgerichts hat Dr. med. H., Arzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum am W. das Gutachten vom 4. Mai 2003 erstattet. Der Sachverständige hat ausgeführt, auf neurologischem Fachgebiet beklage der Kläger nunmehr insbesondere Schmerzen im Bereich der HWS. Eine auf eine umschriebene Nervenwurzel beziehbare Schmerzausstrahlung werde nicht beschrieben. Neurologische Ausfallserscheinungen ließen sich jedenfalls nicht nachweisen. Auf die in der Vorgeschichte beschriebene Polyneuropathie beziehbaren Beschwerden würden nunmehr nicht geklagt und im Rahmen der Untersuchung hätten sich insoweit auch keine leistungseinschränkenden Befunde gezeigt. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege eine leichte depressive Episode vor. Die Kriterien für das Vorliegen einer mittelgradigen oder gar schweren depressiven Episode seien definitiv nicht erfüllt. Ebenso wenig würden die Kriterien für das Vorliegen einer eigenständigen Somatisierungsstörung etwa im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung erfüllt. Der Kläger sei durch diese Erkrankungen im freien Gebrauch seiner seelischen und körperlichen Kräfte leicht bis streckenweise mäßiggradig gehindert, Eine Störung der geistigen Funktionen liege nicht vor. Aus nervenärztlicher Sicht könne der Kläger ohne Gefährdung seiner Gesundheit eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ca. acht Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden seien Heben und Tragen schwerer Lasten, gleichförmige Körperhaltungen, Überkopfarbeit. Günstig sei ein Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen. Ebenfalls nicht erfolgen sollten Arbeiten auf Leitern, häufiges Treppensteigen, häufiges Bücken sowie Arbeiten in Kälte. unter Kälteeinfluss oder im Freien. Auch eine Überforderung durch Akkordarbeit, Wechsel- und Nachtschicht sollte vermieden werden. Die von Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 10. Februar 2003 beschriebene schwere depressive Erkrankung sei auf dem Boden des jetzt erhobenen Befundes nicht nachvollziehbar.

Auf Antrag des Klägers hat Dr. med. Sch., Nervenfacharzt in N. das Gutachten vom 7. Mai 2004 erstattet. Darin ist Dr. Sch. zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger leide an einem depressiv gefärbten leichten hirnorganischen Psychosyndrom mit Wesensänderung und vegetativen Begleitsymptomen, insulinpflichtigem Diabetes mellitus mit Hinweisen auf diabetisch-vaskuläre Angiopathie, diabetischer Retinopathie, glykogener Refraktionsänderung, Polyneuropathie der Beine, vegetativer Fehlregulation mit Schlafstörungen, Schwitzen. Schwindel, Blutdruckschwankungen und Kreislaufdereglulation, degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit Schwerpunkt hei BWK 6, funktioneller vertebrobasilärer lnsuffizienz bei HWS-Fehlhaltung, Tinnitus beidseits, posttraumatischem Kopfschmerz, Impingement-Syndrom der linken Schulter nach traumatischer Luxation des linken Sternoclavikulargelenkes und Gonarthrose beidseits. Eine Tätigkeit als Berufskraftfahrer könne der Kläger definitiv nicht mehr verrichten. Auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger aufgrund seiner kognitiven Ausfälle, der vorzeitigen Erschöpfbarkeit, seiner Wesensänderung mit Reizbarkeit und Soziophobie sowie seiner Ängste bei körperlicher Belastung vor Hypoglykämien nicht mehr eingesetzt werden. Möglich wäre noch eine zeitlich eingeschränkte Tätigkeit (unter zwei Stunden pro Tag) wie Hilfstätigkeiten im eigenen Haushalt oder Garten. Die Beurteilung des Dr. H. sei zu optimistisch. Sie stütze sich alleine auf den klinischen Eindruck und verzichte auf apparative und testpsychologische Zusatzuntersuchungen. Das erst nach längerer Untersuchung deutliche hirnorganische Psychosyndrom mit Wesensänderung sei Dr. H. entgangen, wobei es möglicherweise zwischenzeitlich auch zu einer weiteren Progredienz des Krankheitsbildes gekommen sei. Dieses eingeschränkte Leistungsvermögen bestehe seit Dezember 2000.

Das Sozialgericht hat schließlich Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten bei Dr. G., der Gemeinschaftspraxis K. sowie dem Diabetes Zentrum B. M ... Dr. G. hat am 10. September 2004 ausgeführt, der Diabetes mellitus sei weiterhin nicht gut eingestellt. Hierdurch werde der Kläger sehr belastet. Im Rahmen der Diabetes mellitus-Erkrankung bestehe eine Polyneuropathie der Beine sowie eine Sensibilitätsstörung. Aufgrund der chronischen Erkrankung und der finanziellen Belastung habe sich eine Depression entwickelt. Weiter leide der Kläger an einer chronischen Zervikobrachialgie links. Der allgemeine Gesundheitszustand habe sich seit dem Jahre 2003 nicht gebessert, sondern eher verschlechtert, insbesondere die Depression. Der Augenarzt Dr. K. hat ausweislich seines Berichtes vom 5. Februar 2004 auch an diesem Tage eine diabetische Retinopathie nicht feststellen können; insbesondere war keine diabetische Fundusveränderung nachweisbar. Die Fachärztin für Innere Medizin Dr. H. vom Diabetes-Zentrum in B. M. hat am 10. November 2004 berichtet, die durchschnittlichen Blutzuckerwerte lägen zwischen 80 bis 150 mg%. Ein Blutzuckerprotokollbuch habe vom Kläger nicht vorgelegt werden können. Die Insulintherapie solle beibehalten werden. Der Arzt für HNO-Krankheiten Dr. J. aus L. hat unter dem Datum vom 15. November 2004 ausgeführt, die letzte Untersuchung sei am 2. September 2004 erfolgt. Der Kläger leide unter rezidivierendem Tubenmittelohrkatarrh. Darüber hinaus bestehe bei Beeinträchtigung des Hörvermögens vor allem bei Stimmengewirr und Nebengeräuschen ein innenohrbedingtes Ohrgeräusch. Leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien noch über acht Stunden täglich zumutbar. Auch die Wegefähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt. Die Schmerztherapeutin Dr. E. schließlich hat in ihrem Bericht vom 17. November 2004 mitgeteilt, die letzte Behandlung sei am 26. September 2003 erfolgt, weshalb die Fragen des Gerichts nicht beantwortet werden könnten. Mit Urteil vom 22. März 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Gründen wird im Wesentlichen ausgeführt, insgesamt sei der Kläger noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ca. acht Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien Heben und Tragen schwerer Lasten, gleichförmige Körperhaltungen, Überkopfarbeit, häufiges Treppensteigen, Bücken sowie Arbeiten in Kälte oder unter Kälteeinfluss, Gleichfalls sei auszuschließen eine Überforderung durch Akkord, Wechsel- und Nachtschicht. Ansonsten sollte die Tätigkeit günstigerweise im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen verrichtet werden. Die bei dem Kläger bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen qualitativer Art stellten keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar. Vielmehr handele es sich um eine, wenn auch nicht unerhebliche, Anzahl gewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die nicht dazu führten, dass der Kläger nur noch unter betriebsunüblichen Arbeitsbedingungen arbeiten könnte. Nach allem stehe damit fest, dass der Kläger schon nicht berufsunfähig ist. Der Kläger habe einen Beruf nicht erlernt. Er sei im Bundesgebiet zunächst als Lkw-Fahrer beschäftigt und laut Arbeitgeberauskunft als ungelernter Arbeiter eingestuft gewesen. Der Kläger sei damit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, ohne dass es der Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten bedürfte. Mit diesem vollschichtigen Leistungsvermögen stehe darüber hinaus fest, dass Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 des SGB VI erst recht nicht gegeben sei. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit unter Berücksichtigung des ab 1. Januar 2001 geltenden Rechts.

Gegen dieses Urteil - dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 20. Mai 2005 gegen Empfangsbekenntnis - hat der Kläger am 23. Mai 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, er genieße Berufsschutz, da er ausgebildeter Berufskraftfahrer sei und zuletzt als solcher tätig gewesen sei. Eine Erwerbstätigkeit könne er nicht mehr ausüben. Insoweit beruft er sich auf das Gutachten von Herrn Dr. Sch. sowie seinen behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. L., insbesondere auf dessen Stellungnahme vom 14. Mai 2002. Der Kläger hat die Kopie seines Arbeitsvertrags mit der P. W. GmbH vom 2. Mai 1983, aus dem die Einstufung seiner Tätigkeit in Lohngruppe 4 hervorgeht, und eine Arbeitsplatzbeschreibung dieses Unternehmens vom 4. Mai 2005 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. März 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Dezember 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angegriffenen Urteil und weist darauf hin, dass sich aus einer bereits im Widerspruchsverfahren eingeholten Arbeitgeberauskunft ergebe, dass er zuletzt als ungelernter Arbeiter eingestuft gewesen sei.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. In seinem Gutachten vom 7. Januar 2006 hat der beauftragte Sachverständige Prof. Dr. B. ausgeführt, der Kläger leide unter insulinpflichtigem Diabetes mellitus mit den Folgen einer wahrscheinlich mäßig ausgeprägten Retinopathie und einer allenfalls leichten Polyneuropathie, leicht ausgeprägtem Impingement-Syndrom der linken Schulter, leicht bis mittelgradig ausgeprägter Innenohrschwerhörigkeit beidseits (rechts mehr als links), Tinnitus beidseits, leichtem HWS- und BWS-Syndrom, beginnender Arthrose des linken Kniegelenkes, Dysthymia und chronischem Schmerzmittelabusus. Hieraus ergäben sich eine Vielzahl von Einschränkungen. So sei dem Kläger das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg hinaus nicht zuzumuten. Ebenso müssten körperliche Zwangshaltungen (jeglicher Art) vermieden werden. Am günstigsten wäre eine berufliche Tätigkeit, die im steten Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ausgeübt werden könnte. Aufgrund seiner seelischen Verfassung im Sinne einer Dysthymia seien ihm des Weiteren solche berufliche Tätigkeiten nicht zuzumuten, die für ihn einen besonderen Stress bedeuten würden. Zu solchen Stressoren würden Akkordarbeiten, Nachtarbeiten, Wechselschichten und auch solche Tätigkeiten zählen, die an ungünstige klimatische Verhältnisse wie Nässe, Kälte, Feuchte und Hitze gekoppelt wären. Dem Kläger könnten auch keine Aufgaben beruflicher Art übertragen werden, die ein völlig ungestörtes Hörvermögen zur Voraussetzung hätten. Als Berufskraftfahrer könne er nicht mehr tätig sein Auch an sägenden, rotierenden oder bohrenden Maschinen dürfe er nicht eingesetzt werden und ein Umgang mit Säuren oder Laugen müsse ausgeschlossen werden. Für den Kläger kämen dennoch verschiedene Berufsbilder in Frage. So zum Beispiel die Aufgabe eines Pförtners, eines Rezeptionisten, eines Botengängers oder auch die einer solchen Person, die Überwachungsaufgaben zu übernehmen habe. Überdies sei der Kläger in der Lage dazu, leichtere Bürotätigkeiten zu übernehmen. Der von ihm festgestellte Gesundheitszustand des Klägers bestehe mindestens seit dem Zeitpunkt, zu dem er den Antrag zum laufenden Verfahren gestellt habe. Auf Nachfrage hat der Sachverständige mit Schreiben vom 30. März 2006 ergänzend ausgeführt, dass unter Beachtung der im Gutachten genannten Einschränkungen der Kläger in der Lage sei, vollschichtig, also mindestens 6 Stunden täglich, seinen beruflichen Verpflichtungen nachzukommen. Auf weitere Nachfrage hat er mit Schreiben vom 19. Oktober 2006 mitgeteilt, dass der Kläger acht Stunden täglich unter den im Gutachten genannten Bedingungen erwerbstätig sein könne.

Der Kläger bezieht aufgrund des Bescheides der Beklagten vom 9. Februar 2006 seit dem 1. März 2006 Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten des Senats, der Klageakten des SG (S 11 RJ 2940/01 und S 8 RJ 2818/03) und der über den Kläger geführten Rentenakten () Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers konnte keinen Erfolg haben.

Die frist- und formgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Dies gilt auch, soweit der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung und hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach dem ab dem 1. Januar 2001 geltenden Recht begehrt. Denn der Antrag des Klägers im Verwaltungsverfahren umfasste - für den Fall der Verneinung der Ansprüche auf Rente wegen Erwerbs- und Berufsunfähigkeit nach altem Recht - auch die an deren Stelle getretenen Ansprüche nach neuem Recht. Die entsprechende (ablehnende) Verwaltungsentscheidung vom 4. Mai 2001 ist bereits nach dem 1. Januar 2001 ergangen und in der Widerspruchsentscheidung vom 16. Oktober 2002 sowie in der erstinstanzlichen Entscheidung vom 22. März 2005 wurden Ansprüche nach der neuen Rechtslage ausdrücklich geprüft (vgl. hierzu Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-2600 § 43 Nr. 3 und Nr. 5; Urteil vom 16. März 2006 - B 4 RA 24/05 B und Urteil vom 23. Mai 2006 - B 13 RJ 38/05 R veröffentlicht in Juris)

Die Berufung ist sachlich jedoch nicht begründet. Mit der Klage kann der Kläger sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag nicht durchdringen.

Der Rentenanspruch des Klägers, der im Dezember 2000 einen Rentenantrag gestellt hat, richtet sich, soweit er auch für Zeiten vor dem 1. Januar 2001 Rente begehrt, nach § 44 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 gültig gewesenen Fassung (vgl. §§ 300 Abs. 2, 300b SGB VI ).

Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 SGB VI a.F. steht dem Kläger nicht zu. Dem Anspruch steht bereits entgegen, dass der Kläger vor dem 1. Januar 2001 nicht erwerbsunfähig im Sinne des § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F. war und es auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht ist. Erwerbsunfähig sind gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (ab 1. April 1999 monatlich 630,- DM) übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI a.F.).

Für den Senat steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. B. vom 7. Januar 2006, das er für überzeugend hält und dem er in vollem Umfang folgt, fest, dass der Kläger seit der Rentenantragstellung im Dezember 2000 noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten verfügt.

Soweit der behandelnde Arzt Dr. L. für das neurologisch-psychiatrische Fachgebiet die Auffassung vertritt, der Kläger sei aufgrund einer chronischen schweren Depression nicht mehr in der Lage, eine vollschichtige Tätigkeit auszuüben, vermag der Senat dieser Einschätzung nicht zu folgen. Dieser Einschätzung stehen die überzeugenden Aussagen der Sachverständigen Dr. H. und Prof. Dr. B. entgegen, wonach lediglich eine leichte depressive Erkrankung ohne Auswirkung auf die Erwerbsfähigkeit vorliegt. Auch der Sachverständige Dr. Sch. stellt nur eine leicht ausgeprägte Depression fest, geht allerdings zusätzlich von einem zur Überzeugung des Senats aber nicht nachgewiesenen hirnorganischen Syndrom mit eingeschränkter geistiger Belastbarkeit aus und kommt auf dieser Grundlage zu einer zeitlichen Einschränkung der Belastbarkeit des Klägers von unter zwei Stunden. Der Sachverständige Prof. Dr. B. hat beim Kläger keine Symptome feststellen können, die auf eine Erkrankung aus dem Formenkreis der schizophrenen Psychosen oder aus dem Formenkreis einer schwerwiegenden Depression hinweisen; vielmehr diagnostiziert er eine konstante oder konstant wiederkehrende Depression (Dysthymia) in leichtem Ausmaß. Hinsichtlich der kognitive Leistungsfähigkeit wird allenfalls eine leichte Minderung der sog. Merkfähigkeit bzw. des Kurzzeitgedächtnisses angenommen. Der Sachverständige konnte jedoch ebenso wie bereits der Sachverständige Dr. H. keine Symptome erkennen, die ein hirnorganisches Psychosyndrom belegen könnten. Er hat hierzu für den Senat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass sich im Rahmen der ausgedehnten gutachtlichen Untersuchungen keinerlei Hinweise auf das Bestehen einer vertebrobasilären lnsuffizienz bzw. auf das Vorhandensein eines hirnorganischen Psychosyndroms ergeben hätten und sich ein solches allein durch die Ergebnisse testpsychologischer Verfahren, auf die sich Dr. Sch. stütze, nicht beweisen lasse.

Unter Berücksichtigung der beim Kläger danach vorhandenen Leiden insbesondere im Hinblick auf den Diabetes mellitus und die orthopädischen Erkrankungen im Bereich des Haltungs- und Bewegungsapparates sowie der Schulter ergibt sich auf der Grundlage der vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten eine zuletzt im Gutachten von Prof. Dr. B. bestätigte vollschichtige Erwerbsfähigkeit. Dabei sind folgende Einschränkungen zu beachten: Das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg sowie körperliche Zwangshaltungen (jeglicher Art) müssen ebenso ausgeschlossen sein, wie Akkordarbeiten, Nachtarbeiten, Wechselschichten und solche Tätigkeiten, die mit ungünstigen klimatischen Verhältnissen wie Nässe, Kälte, Feuchte und Hitze verbunden sind. Der Kläger darf auch nicht an sägenden, rotierenden oder bohrenden Maschinen tätig werden oder mit Säuren oder Laugen umgehen. Weiterhin können ihm keine Aufgaben übertragen werden, die ein völlig ungestörtes Hörvermögen zur Voraussetzung haben. Am günstigsten wäre eine solche berufliche Tätigkeit, die im steten Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ausgeübt werden könnte. Weiterer Einschränkungen bedarf es auch im Hinblick auf den Diabetes mellitus nicht, wie sich dem Rentengutachten der Internistin Dr. H.-Z. und der die sachverständige Zeugenäußerung der Diabetologin Dr. H. auswertenden Stellungnahme von Dr. D. entnehmen lässt.

Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger zwar nicht mehr in der Lage, die von ihm langjährig bis Oktober 2000 ausgeübte Tätigkeit als Berufskraftfahrer zu verrichten. Derartige Tätigkeiten sind dem Kläger zumindest seit Rentenantragstellung weder vollschichtig noch mindestens halbschichtig, sondern, wie bereits im Bericht der Reha-Klinik O. d. T. vom 28. August 2001 aufgrund des im November 2000 diagnostizierten Diabetes mellitus angenommen wird, überhaupt nicht mehr zumutbar.

Die Unfähigkeit des Klägers, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit zumindest halbschichtig zu verrichten, bedingt jedoch keine Erwerbsunfähigkeit, weil diese erst dann gegeben ist, wenn es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Erwerbstätigkeiten mehr gibt, die mit dem vorhandenen Leistungsvermögen noch (vollschichtig) verrichtet werden können.

Das Leistungsvermögen des Klägers reicht jedoch noch für eine nicht unerhebliche Anzahl von Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes aus. Die Möglichkeiten des Klägers, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine seinem Leistungsvermögen entsprechende Tätigkeit zu finden, sind zwar eingeschränkt, der Zugang zum Arbeitsmarkt ist ihm jedoch nicht verschlossen. Grundsätzlich bedarf es bei Versicherten, die noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten mit zusätzlichen Einschränkungen verrichten können, nicht der konkreten Benennung (zumindest) einer Verweisungstätigkeit. Ausnahmsweise hat die Rechtsprechung die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit aber in solchen Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl. BSG, Beschlüsse des Großen Senats (GrS) SozR 3-2600 § 44 Nr. 8, BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17 und BSG SozR 3-2600 § 44 Nr. 12). Als Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. schwere spezifische Leistungsbehinderungen sind nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 5 RJ 48/03 R - a.a.O.) besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz (SozR 2200 § 1246 Nr. 17), i.V.m. anderen Einschränkungen die Erforderlichkeit, zwei zusätzliche Arbeitspausen von je 15 Minuten einzulegen (SozR 2200 § 1246 Nr. 136). Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, Notwendigkeit halbstündigen Wechselns von Sitzen und Gehen (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8), regelmäßig einmal in der Woche auftretende Fieberschübe (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14), Einarmigkeit oder Einäugigkeit (SozR 2200 § 1246 Nr. 30), Gefährdung der eigenen Person oder der Umgebung durch kurzfristige Schwindelanfälle mit Ausschluss von Fließband- oder Akkordarbeit für körperlich leichte und fachlich einfache Frauenarbeiten (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 23), sodann Sehstörungen mit Bewegungseinschränkungen der Hände und Arbeit unter Ausschluss bestimmter Umwelteinflüsse wie Kälte, Nässe oder Staub (SozR 3-2600 § 43 Nr. 21) sowie Gebrauchsunfähigkeit einer Hand (Urteil vom 23. August 2001 B 13 RJ 13/01 R -, veröffentlicht in Juris) anzusehen. Beim Kläger liegen weder derart schwerwiegende noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die sein Leistungsvermögen deutlich stärker einschränken als dasjenige von vergleichbaren Versicherten gleichen Alters und Geschlechts. Insbesondere folgt der Senat wie dargelegt nicht der im Gutachten von Dr. Sch. vertretenen Einschätzung, dass auch kognitive Einschränkungen und Einschränkungen aufgrund von Reizbarkeit und Soziopathie berücksichtigt werden müssten. Im vorliegenden Fall ist daher die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nicht zu fordern. Aber auch wenn man eine solche Benennung annehmen wollte, würde dies einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit im Falle des Klägers nicht begründen. Denn dieser ist auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B. auf die Tätigkeiten einer Bürohilfskraft zu verweisen (vgl. unten). Dem Kläger, der die genannte Verweisungstätigkeit noch vollschichtig ausüben kann, steht damit der geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht zu.

Ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 43 SGB VI in der Fassung ab 1. Januar 2001 (n.F.) scheidet dementsprechend ebenso aus, weil die Leistungsfähigkeit nicht in dem für eine Rentengewährung erforderlichen Umfang herabgesunken ist.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die von ihm hilfsweise begehrte Rente wegen Berufsunfähigkeit. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie 1. berufsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten haben und 3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Versicherte sind berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F.). Bisheriger Beruf als Ausgangspunkt der Beurteilung nach dieser Vorschrift ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn diese die qualitativ Höchste ist (ständige Rechtsprechung des BSG, z.B. SozR 3-2960 § 46 Nr. 4 m.w.N.).

Bisheriger Beruf des Klägers ist derjenige des Berufskraftfahrers. Diesen Beruf kann er seit Ende Oktober 2000 wegen der bei ihm vorliegenden Leistungseinschränkungen nicht mehr ausüben (vgl. oben). Der Kläger ist jedoch nicht berufsunfähig, weil er mit dem bisherigen Beruf allenfalls als oberer Angelernter einzustufen ist und als solcher auf die Tätigkeit einer Bürohilfskraft verwiesen werden kann.

Der Kreis der Tätigkeiten, auf die ein Versicherter im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. zumutbar verwiesen werden kann, beurteilt sich nach der Wertigkeit seines bisherigen Berufes. Für die Beantwortung der Frage, wie einerseits die bisherige Berufstätigkeit des Versicherten qualitativ zu bewerten ist, und andererseits Berufstätigkeiten, die der Versicherte nach seinen gesundheitlichen Leistungsvermögen noch ausüben kann, zu beurteilen sind, hat das BSG aufgrund seiner Beobachtungen der tatsächlichen Gegebenheiten der Arbeits- und Berufswelt ein Mehrstufenschema entwickelt, das auch der erkennende Senat seiner Einschätzung zugrunde legt. Dieses gliedert die Arbeiterberufe in verschiedene Leitberufe, nämlich in denjenigen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei, regelmäßig drei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren), und des ungelernten Arbeiters (vgl. z.B. BSG SozR 3-2960 § 46 Nr. 4). Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas dürfen Versicherte, ausgehend von einer hiernach erfolgten Einstufung ihres bisherigen Berufes, nur auf die jeweils nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden. Die Gruppe der angelernten Arbeiter wird, da es sich um eine vielschichtige und inhomogene Gruppe handelt, in einen oberen Bereich (mit einer Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten bis zu zwei Jahren) und einen unteren Bereich (mit einer Anlernzeit von drei Monaten bis zu zwölf Monaten) unterteilt (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Dem Angelernten, der innerhalb seiner Gruppe dem oberen Bereich angehört, ist mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen, denn einem solchen Arbeiter sind nur Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar, die sich aus den ganz einfachen und ungelernten durch Qualitätsmerkmale herausheben (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132; BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45). Ausschlaggebend für die Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses Schema sind die Qualifikationsanforderungen der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt nicht allein auf die absolvierte förmliche Berufsausbildung an, sondern auf das Gesamtbild, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. aufgeführten Merkmalen umschrieben wird (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 27).

Nach diesen Grundsätzen kann der Kläger allenfalls als oberer Angelernter einstuft werden. Allerdings rechtfertigt seine Ausbildung dies nicht. Der Kläger hat den Beruf des Kraftfahrers nicht erlernt. Er kann aufgrund der Kraftfahrerlehrgänge, an denen er erfolgreich teilgenommen hat, auch nicht als angelernter Arbeiter eingestuft werden, weil diese Lehrgänge keine Dauer von mindestens drei Monaten hatten. Auf der Grundlage des Werts der vom Kläger während seiner Tätigkeit als Berufskraftfahrer verrichteten Arbeit lässt sich eine Einstufung in die Gruppe Arbeiter mit mehr als zweijähriger Ausbildung nicht rechtfertigen (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 15; LSG für das Saarland, Urteil vom 10. September 2004 - L 7 RJ 232/03 - m.w.N.). Unter Berücksichtigung der tarifvertraglichen Eingruppierung kommt im vorliegenden Fall allenfalls eine Einstufung als oberer Angelernter in Betracht. Im Rahmen der Verweisungsproblematik hat das BSG tariflichen Regelungen Bedeutung unter zwei Gesichtspunkten zugemessen: Zum einen bei der abstrakten - "tarifvertraglichen" - Klassifizierung der Tätigkeit (i.S. eines verselbständigten Berufsbildes) innerhalb eines nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrages (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 46; SozR 2200 § 1246 Nr. 111; SozR 2200 § 1246 Nr. 116; SozR 2200 § 1246 Nr 122; SozR 2200 § 1246 Nr. 123 und SozR 2200 § 1246 Nr. 164), zum anderen bei der - "tariflichen" - Eingruppierung der Versicherten in eine bestimmte Tarifgruppe des jeweiligen Tarifvertrages durch den Arbeitgeber (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 168; SozR 2200 § 1246 Nr. 169 und SozR 3-2200 § 1246 Nr. 22). Die abstrakte (tarifvertragliche) Einordnung einer bestimmten Berufstätigkeit in eine Tarifgruppe, in der auch Facharbeiter eingeordnet sind, lässt in der Regel den Schluss zu, dass diese Berufstätigkeit im Geltungsbereich des Tarifvertrages als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren ist. Dies rechtfertigt sich aus der Annahme, dass die Tarifvertragsparteien, die die genaue Art der Arbeit im Geltungsbereich des Tarifvertrages kennen und überdies gewohnt sind, solche Einstufungen vorzunehmen, die Tätigkeit richtig eingeordnet haben. Der Grundsatz, dass von der tarifvertraglichen Einstufung bei der Berufsart auszugehen ist, erfährt jedoch eine Ausnahme, wenn die Einstufung durch qualitätsfremde Merkmale bestimmt ist. Die konkrete (tariflichen) Zuordnung ist ein Anhaltspunkt dafür, dass die vom Versicherten ausgeübte Tätigkeit in ihrer Wertigkeit der Berufs- und Tarifgruppe entspricht, nach der er bezahlt wird. Die Richtigkeit dieser Eingruppierung kann aber widerlegt werden. Rechtfertigen die tatsächlichen Feststellungen die Einordnung in die Tarifgruppe nicht, so steht fest, dass der Arbeitgeber die Einordnung in die Tarifgruppe zu Unrecht vorgenommen hat oder dass er Gründe gehabt hat, die jedenfalls nicht qualitativer Art sind.

Nach der Auskunft seines letzten Arbeitgebers vom 29. Juli 2002 hat der Kläger ungelernte, allenfalls einfach angelernte Arbeiten ausgeführt. Dem entspricht seine Entlohnung nach Lohngruppe 4 auf der Grundlage des bis 31. März 2001 geltenden Tarifvertrags über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Beschäftigten der Steine- und Erdenindustrie in Baden-Württemberg. Zu dieser Lohngruppe gehören Beschäftigte, die feststehende Maschinen oder Anlagen bedienen, überwachen oder Tätigkeiten verrichten, die Erfahrung oder Geschicklichkeit erfordern, ferner Beschäftigte, die bewegliche Maschinen oder Geräte wie z.B. Stapler oder Krane bedienen oder fahren. Allerdings werden Lkw-Fahrer mit der vom Kläger benötigten Führerscheinklasse II in diesem Tarifvertrag in der Lohngruppe 5 genannt. Diese Lohngruppe umfasst Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung, die in ihrem Beruf im Betrieb tätig sind, angelernte Facharbeiter, Fahrer/Bediener von Leitständen mehrerer oder verschiedenartiger Aggregate, Beschäftigte, die große Maschineneinheiten bedienen, überwachen oder warten, Maschinenführer in der Rohstoffgewinnung, SKW-Fahrer, LKW-Fahrer mit dem Führerschein der Klasse II. Selbst wenn alle LKW-Fahrer, deren Tätigkeit den Besitz des Führerscheins der Klasse II erfordert, der Lohngruppe 5 zuzuordnen sind, verleiht dies dem Kläger nicht den Berufsschutz des Arbeiters mit einer Berufsausbildung von mehr als zwei Jahren. Denn bei der Lohngruppe 5 handelt es sich um eine inhomogene Mischlohngruppe, die hinsichtlich der Qualität der dort genannten Arbeiten nicht durch den Leitberuf des Facharbeiters geprägt ist. Dies folgt bereits daraus, dass jegliche - und nicht nur die dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung ausreichend ist, wenn der Beschäftigte in diesem Beruf tätig ist. Zudem werden diesen Beschäftigten diejenigen gleichgestellt, die verschiedenste Tätigkeiten ohne abgeschlossene Berufsausbildung ausüben und lediglich angelernt worden sind. Auch im Falle einer Eingruppierung der konkreten Tätigkeit als LKW-Fahrer z.B. in Lohngruppe 5 lässt sich deshalb nicht der Berufsschutz eines Facharbeiters begründen.

Der Kläger kann aufgrund seiner letzten Tätigkeit nach alledem allenfalls der Gruppe der Angelernten des oberen Bereiches zugeordnet werden. Daraus kann er vorliegend jedoch keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit herleiten. Denn er ist, worauf der Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, sozial und gesundheitlich zumutbar auf die Tätigkeit einer Bürohilfskraft zu verweisen. Als oberer Angelernter kann er auf diese Tätigkeit zumutbar verwiesen werden (vgl. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Oktober 1993 - L 2 I 254/91 bestätigt durch BSG, Urteil vom 18. Januar 1995 - 5 RJ 18/94). Die hierfür notwendigen Kenntnisse können vom Kläger innerhalb von drei Monaten erworben werden. Darüber hinaus war und ist der Kläger trotz der bei ihm vorliegenden Erkrankungen in der Lage, eine Tätigkeit als Bürohilfskraft vollschichtig auszuüben. Den beim Kläger vorliegenden qualitativen Funktionseinschränkungen kann bei einer Tätigkeit als Bürohilfskraft in ausreichender Weise Rechnung getragen werden. Es handelt sich hierbei um leichte körperliche Arbeiten, die im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, jedoch überwiegend im Sitzen geleistet werden können. Die Tätigkeit wird zudem in geschlossenen Räumen und in aller Regel auch in Normalschicht ausgeübt (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Oktober 1993 - L 2 I 254/91). Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Wirbelsäulenzwanghaltungen, häufiges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Akkord- oder Fließbandarbeiten oder im Freien fallen hierbei nicht an (Urteil des Senats vom 13. Dezember 2005 - L 13 R 674/04 -). Die Tätigkeit stellt keine besonderen Anforderungen an das Hörvermögen und lässt, sofern überhaupt erforderlich, Pausen für Insulininjektionen zu. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, fällt nicht in den Bereich der Rentenversicherung, sondern in den der Arbeitslosenversicherung.

Nach alledem bedarf es keiner Ausführungen mehr dazu, dass auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf der Grundlage von § 240 SGB VI n.F. nicht besteht, da der Kläger eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und damit gemäß § 240 Abs. 2 S. 4 SGB VI n.F. nicht berufsunfähig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved