L 4 KR 1044/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 01742/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1044/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. Februar 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob und in welchem Umfang der Klägerin ab 28. Oktober 2000 Haushaltshilfe zusteht.

Die am 1968 geborene Klägerin ist aufgrund einer Familienversicherung über den Ehemann Mitglied der Beklagten. Sie ist verheiratet und Mutter von vier Kindern, die 1984, 1988, 1989, 1992 geboren wurden.

Am 23. September 2000 verletzte sie sich im eigenen Haushalt beim Brotschneiden. Sie wurde in die Klinik A. aufgenommen. Dort wurde die Bauchstichwunde operativ versorgt. Mit Antragsformular vom 25. September 2000 beantragte die Klägerin, die sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Klinik A. aufhielt, Haushaltshilfe während der Zeit der Krankenhausbehandlung. Sie gab an, sie habe den Haushalt bisher alleine geführt. Die Weiterführung des Haushalts erfolge durch den Ehepartner. Ihr Ehemann, R. A., habe deshalb zunächst unbefristet Urlaub genommen (Eingang 28. September 2000). Der Arbeitgeber des Ehemanns, die Firma B. GmbH & Co. bestätigte am 26. Oktober 2000, der Ehegatte habe vom 25. September 2000 bis 27. Oktober 2000 unbezahlten Urlaub genommen. Er habe einen Ausfall an Nettoarbeitsentgelt während 24 Arbeitstagen in Höhe von DM 3.374,21. Die Klägerin wurde am 02. Oktober aus der stationären Krankenhausbehandlung entlassen.

Am 12. Oktober 2000 ging bei der Beklagten eine Bescheinigung des Praktischen Arztes H. vom 03. Oktober 2000 ein. Er teilte mit, infolge der Messerstichverletzung sei bei der Klägerin eine Bauchdeckenoperation durchgeführt worden. Es handle sich um eine Operation mit einem 30 cm langen Operationsschnitt. Es liege noch eine Bauchdeckenschwäche vor. Die Klägerin sei im Zustand der Rekonvaleszenz. Eine Weiterführung des Haushalts sei der Versicherten nur teilweise möglich. Hilfebedarf bestehe bei der Haushaltsführung und der Kinderbetreuung für acht Stunden täglich. Haushaltshilfe sei vom 02. Oktober bis 18. Oktober 2000 erforderlich. Am 23. Oktober 2000 ging eine weitere Bescheinigung des Arztes H. bei der Beklagten ein. Eine Weiterführung des Haushalts sei nur teilweise möglich. Hilfebedarf bestehe für sieben Stunden täglich im Zeitraum vom 19. bis 29. Oktober 2000. Es handle sich um eine akute Erkrankung. In der Folge ging eine dritte Bescheinigung des Arztes H. (ohne Eingangsstempel der Beklagten) vom 02. November 2000 ein. Hilfebedarf bestehe weiterhin für fünf Stunden täglich bis 09. November 2000. Der Arzt H. bestätigte in einer weiteren ärztlichen Bescheinigung vom 10. November 2000 die Notwendigkeit einer Haushaltshilfe für vier Stunden täglich ab 10. November 2000 bis auf weiteres.

Die Beklagte erstattete der Klägerin für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe für 24 Tage im Zeitraum vom 25. September 2000 bis 27. Oktober 2000 DM 2.815,03 an Verdienstausfall des Ehemanns. Ein förmlicher Bescheid der Beklagten erging insoweit nicht.

Nach Eingang der vierten Bescheinigung des Arztes H. wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 15. November 2000 an den Medizinischen Dienst der Krankenkassen Baden-Württemberg (MDK) und bat um Stellungnahme zur Notwendigkeit einer für den 27. Oktober 2000 hinausgehenden Haushaltshilfe. Dr. He. führte in seiner Stellungnahme vom 16. November 2000 aus, die Notwendigkeit einer weiteren Haushaltshilfe vier Wochen nach der durchgeführten Laparotomie wegen Messer-Stichverletzung, sei den Bescheinigungen des Arztes H. nicht zu entnehmen. Mit Schreiben vom 20. November 2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, aufgrund der Stellungnahme des MDK sei die Notwendigkeit für eine weitere Gewährung von Haushaltshilfe nicht ersichtlich.

Am 23. November 2000 ging bei der Beklagten zum einen eine ärztliche Bescheinigung des Arztes H. vom 13. November 2000, in dem er einen täglichen Hilfebedarf von vier Stunden aufgrund einer akuten Erkrankung bis auf weiteres angab, und zum anderen das Schreiben der Frau I. S. vom 21. November 2000 ein, mit dem sie. Einspruch gegen den "Ablehnungsbescheid vom 21. November 2000" erhob. Sie helfe seit dem 23. September 2000 täglich im Haushalt mit und betreue die vier Kinder. Sie sei wochentags von 16:15 Uhr bis 22:00 Uhr bei der Familie. Am Wochenende sei sie ebenfalls dort. Die 16-jährige Tochter A. gehe in Geislingen auf die Kaufmännische Berufsfachschule. Sie habe 32 Unterrichtsstunden und eine Transport- und Wegezeit von täglich 1 ½ Stunden. Sie sei deshalb 37 Stunden außer Haus und müsse zusätzlich Hausaufgaben machen. Sie könne die anfallende Hausarbeit unmöglich mitmachen. Die jüngeren Geschwister bräuchten Hausaufgabenunterstützung, die von der 16-jährigen Tochter A. erbracht werde. Mehr könne A. nicht erledigen. Die Familie sei noch im Umbau des Hauses. Der Klägerin sei es aus gesundheitlichen Gründen unmöglich, die nach einer solchen Operation mit den Umbauarbeiten verbundenen Putz- und Hausarbeiten sowie die Kinderversorgung alleine selbst zu erledigen. Die Bauarbeiten seien immer noch nicht abgeschlossen. Die Klägerin sei überfordert.

Am 30. November 2000 übersandte der Ehemann der Klägerin einen weiteren Antrag auf Haushaltshilfe. Haushaltshilfe werde ab 23. September 2000 bis auf weiteres wegen einer akuten schweren Erkrankung und Krankenhausbehandlung beantragt. Der Haushalt sei werktags von 16:15 Uhr bis 22:00 Uhr, samstags und sonntags von 14:15 Uhr bis 22:00 Uhr durch Frau I. S. sowie durch ihn, der Schichtarbeit von 14:00 Uhr bis 23:00 Uhr habe, teilweise weitergeführt worden. Ergänzend teilte der Ehemann mit Schreiben vom 02. Februar 2001 mit, der neue Antrag sei nicht so aufzufassen, dass auch für die Zeit vom 23. September bis 06. November 2000 für zwei Haushaltshilfen bezahlt werden solle. Frau S. habe das neue Formular fälschlicherweise mit dem Datum 23. September 2000 versehen, weil sie bereits ab diesem Zeitpunkt Hilfe geleistet habe. Nachdem zwischen der Beklagten und dem Ehemann der Klägerin persönliche Gespräche geführt wurden, lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 20. Dezember 2000 die weitere Gewährung von Haushaltshilfe ab und wies gleichzeitig darauf hin, dass der Arzt H. erneut angeschrieben worden sei. Dieser teilte mit Schreiben vom 25. Januar 2001, die Klägerin sei durch die besonderen Anforderungen ihrer großen Familie während des Umbaus des Hauses in einer extremen Belastungssituation gewesen. Dadurch habe sich der Heilungsverlauf erschwert und verzögert. Im Zusammenhang mit plötzlichen unwillkürlichen Bewegungen seien immer wieder Schmerzen im Wundbereich aufgetreten. Speziell die Nabel-Region sei bis heute nicht zur Ruhe gekommen. Ende November 2000 habe sich eine Anämie herausgestellt. Dadurch würden sich auch die Erschöpfbarkeit und die häufigen Kopfschmerzen erklären. Dieser Zustand halte noch an. Die Therapie sei nicht abgeschlossen. Ein Krankenhausentlassbericht war nicht beigefügt. Die Beklagte wandte sich nochmals an den MDK. Dr. B., MDK, führte in seiner Stellungnahme vom 14. Februar 2001 aus, eine medizinische Begründung für die Notwendigkeit von Haushaltshilfe über den 27. Oktober 2000 hinaus könne auch aus den zusätzlich vorgelegten Angaben des Arztes H. nicht abgeleitet werden.

Aufgrund einer Nachfrage der Beklagten bei der Kreissparkasse, Filiale U., erhielt die Beklagte von dort die Auskunft, die Klägerin stehe bei der Kreissparkasse in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis (Reinigungsarbeiten). Sie sei verpflichtet, Arbeitsunfähigkeit beim dortigen Filialleiter zu melden. Nach Rücksprache mit der Lohnabteilung habe die Klägerin am 04., 13. und 18. Oktober 2000 sowie am 27. Oktober 2000 dort gearbeitet.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2001 lehnte die Beklagte die Übernahme weiterer Kosten für die Haushaltshilfe über den 27. Oktober 2000 hinaus ab. Auch hiergegen erhob der Ehemann der Klägerin mit Schreiben vom 25. Februar 2001 Widerspruch. Ergänzend legte er nochmals das Attest des Arztes H. vom 25. Januar 2001 und eine ärztliche Bescheinigung vom 01. Februar 2001 vor. Der Arzt H. bestätigte, dass die Klägerin schon vor dem 30. Oktober bis über den 03. November 2000 hinaus einer Haushaltshilfe bedürftig gewesen sei. Zur Begründung wurde weiter ausgeführt, der Ehemann habe bis 06. November 2000 unbezahlten Urlaub genommen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb über den 27. Oktober 2000 hinaus keine Haushaltshilfe übernommen werde. Aus den vorliegenden Attesten ergebe sich, dass die Klägerin mindestens bis 31. Januar 2001 krankgeschrieben war. Der Haushalt werde bis heute von der ehemaligen Nachbarin, Frau I. S., betreut. Die Haushaltshilfe sei notwendig gewesen. Es gehe auch nicht um fiktive Kosten, sondern um Kosten, die tatsächlich entstanden seien.

Die Kreissparkasse G. bestätigte mit Schreiben vom 06. April 2001 gegenüber der Beklagten die bereits telefonisch mitgeteilten Beschäftigungstage der Klägerin mit einer Arbeitszeit von 14:00 Uhr bis 15:30 Uhr.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2001 wurde der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 22. Februar 2001 zurückgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin auf Haushaltshilfe bestehe weder nach § 38 Abs. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SG&61506; V) noch nach § 38 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 11 der Satzung der Beklagten. Sie stelle Haushaltshilfe auch dann zur Verfügung, wenn nach ärztlicher Bescheinigung die Weiterführung des Haushalts wegen akuter schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit nicht möglich sei, längstens jedoch für die Dauer von vier Wochen (§ 11 Nr. 1 der Satzung), oder nach ärztlicher Bescheinigung zur Weiterführung des Haushalts wegen akuter schwerer Krankheit oder akuter Verschlimmerung einer Krankheit oder wegen einer aus medizinischen Gründen erforderlichen Abwesenheit als Begleitperson eines versicherten Angehörigen nicht möglich sei und im Haushalt ein Kind lebe, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet habe oder das behindert und auf Hilfe angewiesen sei, längstens für die Dauer von 52 Wochen ( § 11 Nr. 2 der Satzung), sowie eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen könne. In beiden auf der Satzung beruhenden Fallalternativen sei Voraussetzung, dass eine akute schwere Krankheit oder eine akute Verschlimmerung einer Krankheit vorliege. Beide Voraussetzungen seien nicht gegeben. Darüber hinaus sei ersichtlich, dass die Klägerin bei der Kreissparkasse G. im Oktober ihrer geringfügigen Beschäftigung nachgegangen sei. Krankgemeldet habe sich die Klägerin nicht.

Die Klägerin hat am 11. Juli 2001 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie sich zunächst auf ihr Vorbringen im Vorverfahren bezogen und darauf hingewiesen, dass die medizinische Notwendigkeit der Haushaltshilfe über den gesamten Zeitraum durch die Atteste und Bescheinigungen des Arztes H. bestätigt sei. Sie sei nicht in der Lage gewesen, den Haushalt zu führen. Der Heilungsprozess der Wunde sei durch die ungünstige Situation während der Renovierungs- und Reparaturarbeiten verzögert worden. Insbesondere sei sie auch nach dem 27. Oktober 2000 in einem so schlechten gesundheitlichen Zustand gewesen, dass eine Haushaltshilfe erforderlich gewesen sei. Eine geringfügige Tätigkeit habe sie nicht ausgeübt. Tatsächlich sei ihr Ehemann von der Kreissparkasse angesprochen worden, ob er die Reinigungsarbeiten in Bezug auf drei Parkplätze der Kreissparkasse gegen Entgelt übernehmen könne. Nur aus steuerrechtlichen Gründen habe sie einen entsprechenden Vertrag mit der Kreissparkasse abgeschlossen. Tastsächlich habe sie die Reinigungsarbeiten nicht durchgeführt.

Die Kreissparkasse G. hat auf Anfrage des SG mit Schreiben vom 19. Dezember 2001 mitgeteilt, die Klägerin sei nach dem Vertrag verpflichtet gewesen, die Arbeit persönlich durchzuführen. Arbeitsunfähigkeit bzw. eine Verhinderung hätte sie dem Filialleiter mitteilen müssen. Nach den Unterlagen habe von November 2000 bis Februar 2001 keine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Sie hat auch die mit der Klägerin geschlossene Vereinbarung übersandt.

In der nichtöffentlichen Sitzung vom 28. Mai 2002 hat das SG den Ehemann der Klägerin sowie die Tochter A. als Zeugin vernommen. Die Tochter hat angegeben, Frau S. habe bei den Hausaufgaben geholfen und die Kinder ins Bett geschickt sowie im Haushalt geholfen. Frau S. sei nahezu jeden Tag zwischen 14:30 und 15:00 Uhr nachmittags gekommen und bis zum Abend geblieben. Frau S. habe den Bus wohl bezahlt. Reinigungsarbeiten für die Kreissparkasse habe sie mit ihrem Vater ausgeübt. Der Ehemann R. A. hat angegeben, er habe bis 27. Oktober 2000 unbezahlten Urlaub genommen und diesen dann bis 06. November 2000 verlängert. Am Montag, dem 06. November 2000 habe er mit der Arbeit wieder begonnen. Frau S. habe den Bus selbst bezahlt. Sie habe bisher kein Geld bekommen. Wenn die AOK etwas zahle, werde man das an Frau S. weitergeben. Die Reinigungsarbeiten habe er mit den Kindern durchgeführt.

Ergänzend hat die Klägerin vorgetragen, es gehe ihr um die Freistellung von Kosten, die Frau I. S. gegen sie geltend machen könnte, in Höhe von EUR 3.972,24. Frau S. habe für 18 Wochen (27. Oktober 2000 bis 28. Februar 2001 jeweils sechs Tage die Woche sechs Stunden zu einem Stundensatz von EUR 6,31, der sich nach BAT richte), Haushaltshilfe geleistet. Ergänzend hat sie vorgelegt: &61485; eine Bescheinigung der Frau S. vom 20. Mai 2002, wonach sie in der Zeit vom 23. September 2000 bis Ende Februar 2001/Anfang März 2001 täglich montags bis samstags den Haushalt geführt und die Kinder beaufsichtigt habe. Der Ehemann habe Schichtarbeit von 14:00 Uhr bis 22:40 Uhr geleistet. Die älteste Tochter A. sei erst gegen 14:00 Uhr wieder nach Hause gekommen. Sie kenne die Familie bereits seit 1992 und habe ihr immer wieder geholfen. Es habe nahe gelegen, dass sie in dieser Situation Hilfe erbringe. &61485; ein Schreiben der Frau S. vom 20. Juli 2002, wonach diese einen Vorschuss von EUR 300,00 eingefordert hat. Dieser Betrag sei am 12. September 2002 angewiesen worden.

Die Beklagte hat entgegengehalten, die Klägerin habe im Erörterungstermin angegeben, bei den Ärzten Dr. M., Dr. T. und S. im Dezember 2000 in Behandlung gewesen zu sein. Dies treffe nicht zu. Eine Nachfrage beim Praxisnachfolger des verstorbenen Dr. M., Dr. He., habe ergeben, dass dort kein Eintrag in der Patientenkartei der Klägerin vorliege. Dasselbe gelte für die Ärzte S. und Dr. T ... Das Vorliegen einer akuten schweren Erkrankung oder einer akuten Verschlimmerung einer Krankheit sei nicht nachgewiesen. Dies ergebe sich auch aus einem weiteren Gutachten des MDK vom 15. Oktober 2001 (Dr. L.), das die Beklagte vorgelegt hat. Im Gutachten vom 15. Oktober 2001 hat Dr. L. ausgeführt, die Klägerin sei nach der Operation am 02. Oktober 2000 bei reizlosen Wundverhältnissen aus der stationären Behandlung entlassen worden. Der postoperative Verlauf sei laut Klinikbericht komplikationslos gewesen. Die Angaben in den ärztlichen Bescheinigungen des Arztes H. seien bis 27. Oktober 2000 nachvollziehbar. Die weiteren Bescheinigungen vom 02. und 10. November 2000 enthielten keine weitergehenden medizinischen Informationen. Die Schmerzen bei unerwarteten Situationen begründeten keine akute schwere Erkrankung oder die Verschlimmerung einer Erkrankung.

In der nichtöffentlichen Sitzung vom 08. Oktober 2002 hat das SG Frau S. als Zeugin gehört. Sie hat angegeben, sie habe für ihren Einsatz von Anfang an DM 12,00 gefordert. Man sei überein gekommen, der Ehemann solle zahlen, wenn er dazu in der Lage sei. Sie habe dann EUR 300,00 angefordert. Den in dieser Sitzung geschlossenen widerruflichen Vergleich über Zahlung von EUR 300,00 hat die Klägerin widerrufen und unter Rücknahme der Klage im übrigen die Zahlung von Haushaltsführungskosten für die Zeit vom 28. Oktober 2000 bis 28. Februar 2001 in Höhe von insgesamt EUR 2.822,33 begehrt. Frau S. habe nunmehr 460 geleistete Stunden Haushaltshilfe nach Maßgabe der ärztlichen Bescheinigungen zu einem Stundensatz von DM 12,00, also einem Gesamtbetrag von EUR 2.822,33 (DM 5.520,00) abgerechnet. Die Zahlung sei veranlasst worden. Ergänzend hat sie hierzu eine Rechnung der Frau S. vom 14. Oktober 2002 über EUR 2.822,33 vorgelegt.

Mit Urteil vom 11. Februar 2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Unter Berücksichtigung der Angaben des praktischen Arztes H., der Ausführungen der Zeugin S. und der eigenen Angaben der Klägerin und ihrer Familienmitglieder habe sich das Gericht nicht davon überzeugen können, dass eine medizinische Notwendigkeit für die Gewährung von Haushaltshilfe dem behaupteten Umfang gegeben gewesen sei. Die Angaben zur Notwendigkeit der Haushaltshilfe des Arztes H. und der Klägerin divergierten Der Ehemann der Klägerin habe den gemeinsamen Haushalt regelmäßig erst am Nachmittag verlassen. Bis 14:00 Uhr habe er Haushaltshilfeleistungen ohne zusätzliche Kosten erbringen können. Dass die Zeugin S. sich täglich bei der Familie aufgehalten habe, reiche nicht aus, da die Anwesenheit nicht wegen der Beweglichkeit der Klägerin sondern aus anderen Gründen nötig gewesen sei. Der behandelnde Arzt habe keine konkreten Angaben zum Gesundheitszustand gemacht. Seine Bescheinigungen würden vage Diagnosen enthalten. Die Befragung weiterer Ärzte habe keine Behandlung der Klägerin dort ergeben.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 27. Februar 2003 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 19. März 2003 Berufung eingelegt. Ihr ursprüngliches Zahlungsbegehren in Höhe von EUR 2.822,33 hat sie auf den Betrag von EUR 2.227,19 beschränkt. Bei der Berechnung der streitgegenständlichen Forderung sei ein Fehler unterlaufen. Für die Zeit ab 13. November 2000 bis 28. Februar 2001 sei bisher für 97 Tage jeweils eine Stunde Haushaltshilfe zu viel berechnet worden. Es werde nunmehr noch Haushaltshilfe für 363 Stunden à DM 12,00. also DM 4.365,00 bzw. EUR 2.227,19 geltend gemacht. Das SG habe zu Unrecht angenommen, dass es an einer medizinischen Notwendigkeit für die Gewährung der Haushaltshilfe gefehlt habe. Der Heilungsverlauf habe sich über den 27. Oktober bei 2000 hinaus verzögert. Außerdem sei sie durch die Situation stark psychisch beeinträchtigt gewesen und habe an einer Depression und einem Erschöpfungszustand in Verbindung mit häufigen Kopfschmerzenanfällen gelitten. Sie sei von dem Arzt H. im umstrittenen Zeitraum mehrfach zu Hause besucht worden, wobei dieser die Notwendigkeit einer weiteren Haushaltshilfe immer wieder festgestellt habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. Februar 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2001 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von EUR 2.227,19 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält daran fest, dass die medizinischen Voraussetzungen ab 27. Oktober 2000 nicht gegeben gewesen seien. Im Übrigen habe der Ehemann der Klägerin den Haushalt führen können.

Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage in der nichtöffentlichen Sitzung vom 18. Juni 2003 erörtert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG und die Akten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Streitgegenstand ist die Frage, ob die Beklagte die Kostenerstattung für häusliche Krankenpflege im Zeitraum vom 27. Oktober 2000 bis 28. Februar 2001 mit dem Bescheid vom 22. Februar 2001 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2001) zu Recht abgelehnt hat. Die Beklagte hat zwar zuvor mit den Bescheiden vom 20. November 2000 und 20. Dezember 2000, die beide - auch wenn sie als solche nicht bezeichnet sind - Verwaltungsakte im Sinne des § 31 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) und damit Bescheide sind, es abgelehnt, Haushaltshilfe über den 27. Oktober 2000 hinaus zu bewilligen. Diese Bescheide sind allerdings erledigt. Denn mit dem Bescheid vom 27. Februar 2001 hat die Beklagte nochmals in vollem Umfang über die Bewilligung von Haushaltshilfe ab dem 28. Oktober 2000 entschieden.

II.

Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin in Höhe des im Berufungsverfahren noch geltendgemachten Betrages von EUR 2.227,19 besteht nicht. Die angefochtenen Bescheide sind vielmehr rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Nach § 38 Abs. 4 Satz 1 SGB V sind Versicherten die Kosten für eine selbst beschaffte Haushaltshilfe in angemessener Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse keine Haushaltshilfe stellen kann oder Grund besteht, davon abzusehen. Daneben kommt nach § 13 Abs. 3 SGB V ein Kostenerstattungsanspruch für die selbst beschaffte Leistung in Betracht, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.

Sowohl der Kostenerstattungsanspruch nach § 38 Abs. 4 Satz 1 SGB V als auch die beiden in § 13 Abs. 3 SGB V geregelten Fallvarianten setzen voraus, dass zunächst ein Sachleistungsanspruch des Versicherten auf Gewährung von Haushaltshilfe besteht. Daran scheitert der von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsanspruch. Denn über den 27. Oktober 2000 hinaus war die Beklagte nicht verpflichtet, der Klägerin Haushaltshilfe als Sachleistung zu erbringen.

1. Ein Anspruch auf Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 1 SGB V bestand ab diesem Zeitpunkt nicht mehr. Nach Satz 1 dieser Vorschrift erhalten Versicherte Haushaltshilfe, wenn ihnen wegen Krankenhausbehandlung oder wegen einer Leistung nach § 23 Abs. 2 oder 4, §§ 24, 37, 40 oder 41 SGB V die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Die Klägerin befand sich ab 28. Oktober 2000 bis 28. Februar 2001 weder in stationärer Krankenhausbehandlung noch wurde eine der sonstigen in § 38 Abs. 1 SGB V genannten Behandlungsmaßnahmen durchgeführt.

2. Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Anspruch nach § 38 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 11 der Satzung der Beklagten berufen. Nach § 38 Abs. 2 SGB V kann die Krankenkasse in der Satzung bestimmen, dass Haushaltshilfe auch in anderen als in den in § 38 Abs. 1 SGB V genannten Fällen erbracht werden kann, wenn Versicherten wegen der Krankheit die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Dabei kann die Krankenkasse von den Bestimmungen des § 38 Abs. 1 SGB V abweichen sowie Umfang und Dauer der Leistung bestimmen. Die Beklagte hat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht. Sie hat in § 11 ihrer Satzung die Erbringung von Haushaltshilfen in drei weiteren Fallkonstellationen geregelt.

Nach § 11 S. 1 Nr. 1 ihrer Satzung stellt die Beklagte Haushaltshilfe auch dann zur Verfügung, wenn die Weiterführung des Haushalts wegen akuter schwerer Erkrankung oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit nicht möglich ist, längstens jedoch für die Dauer von vier Wochen. Ein Anspruch auf Haushaltshilfe nach dieser Vorschrift scheidet bereits deshalb aus, weil die Beklagte Haushaltshilfe für die Zeit bis 27. Oktober 2000 bereits für die Dauer von vier Wochen bewilligt und der Klägerin insoweit einen Erstattungsanspruch zugebilligt hat.

Nach § 11 S. 1 Nr. 2 ihrer Satzung besteht ein Anspruch auf Haushaltshilfe auch dann, wenn nach ärztlicher Bescheinigungen die Weiterführung des Haushalts wegen akuter schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit oder wegen einer aus medizinischen Gründen erforderlichen Abwesenheit als Begleitperson eines versicherten Angehörigen nicht möglich ist und im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist, längstens jedoch für die Dauer von 52 Wochen. Darüber hinaus regelt die Beklagte in § 11 Satz 2 ihrer Satzung einen weitergehenden Anspruch, wonach die Beklagte im Einzelfall in begründeten Ausnahmefällen unter Berücksichtigung der familiären Verhältnisse Haushaltshilfe zur Verfügung stellen kann, wenn nach ärztlicher Feststellung diese aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist. Sowohl die in § 11 S. 1 Nrn. 1 und 2 der Satzung als auch die in § 11 S. 2 der Satzung geregelte Mehrleistungen setzen zusätzlich nach § 11 der Satzung voraus, dass eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann. Damit greift die Beklagte in ihrer Satzung auf den Ausschlussgrund des § 38 Abs. 3 SGB V zurück, wonach ein Anspruch auf Haushaltshilfe nur besteht, wenn eine im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann.

Die Klägerin hatte im umstrittenen Zeitraum nach keiner der genannten Anspruchsalternativen einen Anspruch auf Haushaltshilfe. Dies ergibt sich zum einen aus dem Fehlen der medizinischen Notwendigkeit, zum anderen daraus, dass die Haushaltsführung durch eine im Haushalt lebende Person möglich gewesen wäre.

Es ist bereits nicht nachgewiesen, dass die Klägerin in eigener Person nicht befähigt war, ab 28. Oktober 2000 ihren Haushalt weiter zu führen. Die Befähigung zur Weiterführung des Haushalts hat, wer die damit verbundenen wesentlichen Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen kann. Aus den Attesten und Bescheinigungen des Arztes H. ergibt sich jedoch keine gesundheitliche Beeinträchtigung, die Zweifel an der Befähigung der Klägerin zur Weiterführung ihres Haushalts begründen könnten. Aus den von der Beklagten vorgelegten MDK-Gutachten des Dr. L. vom 15. Oktober 2001 ergibt sich, dass die Klägerin nach Operation an der Bauchdecke bei reizlosen Wundverhältnissen entlassen wurde. Sicherlich war nach der Entlassung noch eine gewisse Zeit der Schonung notwendig, um die Heilung der Wunde zu fördern, jedoch ist nicht ersichtlich, dass über vier Wochen nach der Operation eine solch weitgehende Schonung noch notwendig war. Der Arzt H. hat lediglich Schmerzen bei unerwarteten, ruckartigen Bewegungen geschildert. Solche Schmerzen sind plausibel, doch hinderten diese die Klägerin gerade nicht, ihren Haushalt zu versorgen. Soweit der Arzt H. die Notwendigkeit einer Haushaltshilfe wegen eines Erschöpfungszustands und Depressionen begründet, handelt es sich dabei um unspezifische Diagnosen, die eine fachärztliche Behandlung nicht erforderlich machten. Die von der Klägerin reklamierten weiteren Behandlungen durch drei weitere Ärzte haben sich auf Nachfrage der Beklagten nicht bestätigt. Dementsprechend hat Dr. L. in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 15. Oktober 2001 zu Recht festgestellt, dass die vom Arzt H. erwähnten Schmerzen bei unerwarteten Situationen, die ohne nähere Einzelheiten bezeichnete Anämie und die Erschöpfbarkeit sowie häufige Kopfschmerzattacken nicht ausreichen, um von einer Erkrankung ausgehen zu können, die eine Haushaltsführung unmöglich machen.

Darüber hinaus scheidet ein Anspruch, selbst wenn man von einer medizinisch begründeten Unmöglichkeit der Haushaltsführung durch die Klägerin selbst ausgehen wollte, deshalb aus, weil eine im Haushalt lebende Person den Haushalt hätte weiterführen können. Der im Haushalt der Klägerin lebende Ehemann wäre in der Lage gewesen, den Haushalt zumindest unter teilweiser Mithilfe der Klägerin, die auch nach Einschätzung des Dr. L. nur teilweise verhindert war, und mit Hilfe der ältesten Tochter weiter zu führen. Gründe, die die Übernahme von Haushaltstätigkeiten durch den Ehegatten und die älteste Tochter als unzumutbar erscheinen lassen könnten, wurden nicht vorgetragen und sind auch nach Auswertung des Sachverhalts nicht ersichtlich. Der Ehemann der Klägerin arbeitete Spätschicht und verließ den Haushalt erst gegen 14:00 Uhr nachmittags. Bis dahin wäre der Ehemann der Klägerin ohne weiteres in der Lage gewesen, körperlich schwere Tätigkeiten in Verbindung mit der Haushaltsführung, wie Reinigungsarbeiten und Einkaufen, durchzuführen, wie dies im Übrigen der Ehemann der Klägerin bei den mit der Kreissparkasse vertraglich vereinbarten Tätigkeiten der Außenreinigung tat. Ab 14:00 Uhr waren dann die drei jüngeren Kinder zwar alleine. Insoweit beschränkten sich die der Haushaltsführung zuzuordnenden Tätigkeiten allerdings nach Angaben der Klägerin, ihres Ehemanns und der Tochter A. bei ihrer Zeugenvernehmung auf die Betreuung der kleineren Kinder bei den Hausaufgaben am Nachmittag. Dabei handelt es sich um Tätigkeiten, die als solche körperlich nicht belastend sind und auch keine unerwarteten Bewegungen seitens der Klägerin erforderlich machen. Insoweit wäre die Klägerin durchaus in der Lage gewesen, die Kinder bei diesen Aufgaben zu betreuen. Dass der Ehemann der Klägerin in der Lage war, neben seiner beruflichen Tätigkeit noch weitere Aufgaben zu übernehmen, zeigt schon sein Vortrag, wonach er eine geringfügige Beschäftigung für die Kreissparkasse G. übernahm, die im Reinigen von Parkplätzen bestand.

Demnach bestand jedenfalls ab 28. Oktober 2000 kein Anspruch der Klägerin auf die Gewährung von Haushaltshilfe als Sachleistung. Da kein Sachleistungsanspruch bestand, kann sich auch kein hierauf gestützter und rechtlich davon abhängiger Kostenerstattungsanspruch ergeben.

3. Bei dieser Sach- und Rechtslage muss nicht mehr weiter darauf eingegangen werden, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, ob infolge der Beschäftigung der Frau S. überhaupt Kosten entstanden sind. Die Zweifel gründen auf die im zeitlichen Ablauf des Verfahrens jeweils geänderten und erweiterten Vortrag der Klägerin. Nachdem zunächst nur davon die Rede war, dass Frau S. geholfen habe, wurde dann geltend gemacht, Frau S. habe die Busfahrkosten selbst getragen. Zuletzt wurde geltend gemacht, es sei von Anfang an eine Vereinbarung über einen Stundenlohn von DM 12,00 getroffen worden, obwohl in den ursprünglichen Anträgen solche Angaben gerade nicht enthalten waren. Diese Zweifel können jedoch dahingestellt bleiben, da bereits die Grundvoraussetzungen für einen Anspruch auf Haushaltshilfe nicht vorliegen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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