L 5 KA 340/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KA 4155/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 340/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. 7. 2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten in allen Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit ist die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Zulassung des Klägers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.

Der 1943 geborene Kläger, dem am 3.8.1971 die Approbation als Arzt erteilt wurde und dem die Landesärztekammer Baden-Württemberg - Bezirksärztekammer Nord-Württemberg - am 31.5.1976 die Anerkennung als Frauenarzt erteilte, nimmt seit 7.7.1976 als Frauenarzt an der vertragsärztlichen Versorgung mit dem Vertragsarztsitz Stuttgart teil.

I.

In der Vergangenheit war das Verhalten des Klägers mehrfach Gegenstand berufsgerichtlicher Verfahren. Dabei handelte es sich im Einzelnen um folgende Vorgänge:

1. Verurteilung des Bezirksberufsgerichts für Ärzte in Stuttgart vom 4. 5. 1994 (BBG 4/94) zu einer Geldbuße in Höhe von 3.000,- DM wegen Übersehens einer Eileiterschwangerschaft. Nach den Regeln ärztlicher Kunst hätte er zumindest Ultraschalluntersuchungen durchführen oder veranlassen müssen. Erschwerend komme hinzu, dass er seiner ärztlichen Dokumentationspflicht nur sehr ungenügend nachgekommen sei. Wegen desselben Tatbestandes war der Kläger zuvor mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart/Bad Cannstatt am 15.6.1993 (B 1 Ds 324/93) wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 15.000 DM (50 Tagessätzen zu je 300,- DM) verurteilt worden.

2. Verurteilung des Bezirksberufsgerichts für Ärzte in Stuttgart vom 29. 3.1995 (BBG 18/94) zu einer Geldbuße in Höhe von 5.000,- DM. Er habe auf einem Rezeptvordruck neben seinem Namen und der Facharztbezeichnung Frauenarzt die Zusatzbezeichnung "Betriebsarzt" zugefügt. Diese Zusatzbezeichnung (sie laute nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 der Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer vom 1.3.1980 "Betriebsmedizin") habe der Arzt durch die Bezirksärztekammer Nord-Württemberg nicht verliehen erhalten. Sie dürfe außerdem nur an der Stätte der arbeitsmedizinischen Tätigkeit im Betrieb geführt werden. Wegen der hartnäckigen Weigerung des Arztes, die Führung dieser Bezeichnung zu unterlassen, habe der Kläger schuldhaft gegen die Berufsordnung und damit berufsunwürdig im Sinne von § 54 Abs. 2 Kammergesetz gehandelt.

3. Verurteilung des Bezirksberufsgerichts für Ärzte in Stuttgart vom 18.6.1997 (BBG 6/97) zu einer Geldbuße von 7.000,- DM. Der Kläger habe trotz der Verurteilung vom 29.3.1995 im September 1996 gegenüber Kollegen den aufgedruckten bzw. aufgestempelten Briefkopf Frauenarzt/Betriebsarzt verwendet und auf einem mit dem Aufdruck Frauenarzt/Betriebsarzt/ambulante Operationen versehenen Rezeptvordruck gegenüber der Bezirksärztekammer Nord-Württemberg Widerspruch eingelegt.

4. Verurteilung des Bezirksberufsgerichts vom 25.11.1998 (BBG 8/98 i.V.m. BBG 17/98) zu einer Geldbuße von 10.000,- DM. Der Kläger habe in einem Schreiben gegenüber der Bezirksärztekammer erneut einen Stempel mit dem Aufdruck Betriebsarzt verwendet. Außerdem seien im April 1998 im Flur seiner Praxis Informationsschriften mit dem Stempelaufdruck "Dr. med. Andreas Schunk, Frauenarzt/Betriebsarzt/ambulante Operationen" ausgelegt gewesen.

Die hiergegen beim Landesberufsgericht für Ärzte eingelegten Berufungen blieben erfolglos.

In den Quartalen 4/90 bis 4/92 (mit Ausnahme des Quartals 3/92) wurden die Honorarabrechnungen des Klägers wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise gekürzt. Die Kürzungen beliefen sich dabei zwischen 6.286 Punkten im Quartal 2/92 und 82.277 Punkten im Quartal 1/91. Für die Quartale 1/93 und 2/93 wurden dem Kläger Hinweise erteilt. Von späteren Wirtschaftlichkeitsprüfungen ist nichts bekannt. In den Quartalen 1/92 bis 1/93 wurden die Abrechnungen auch wiederholt sachlich-rechnerisch berichtigt. Der Kläger habe sich nicht an die Beschränkung auf sein Fachgebiet gehalten und auch Männer behandelt. Für die Quartale 1/92 bis 1/93 wurden insgesamt 104 Behandlungsausweise nicht vergütet. In dem folgenden Gerichtsverfahren nahm die KV Nord-Württemberg in 11 Fällen durch Teilanerkenntnis die Berichtigungen wieder zurück. Im Übrigen wurden die Berichtigungen durch die Gerichte bestätigt (Urteil des SG Stuttgart vom 18.1.1995 - S 10 Ka 2145/93 und Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 24.1.1996 - L 5 Ka 524/95). Auch im Quartal 2/93 wurden zunächst 10 Behandlungsausweise wegen Verstoßes gegen das Gebot der Fachgebietsbeschränkung nicht vergütet. In dem sich anschließenden Klageverfahren vor dem SG Stuttgart nahm die KV Nord-Württemberg in 4 Fällen die Berichtigung wieder zurück; im Übrigen nahm der Kläger die Klage zurück (S 10 Ka 1419/94).

Wegen dieser Verstöße gegen das Gebot der wirtschaftlichen Behandlungsweise und der Beschränkung auf das eigene Fachgebiet stellte der Disziplinarausschuss der KV Nord-Württemberg mit Beschluss vom 28.6.1996 fest, dass der Kläger seine Pflichten als Vertragsarzt verletzt habe und legte ihm deswegen eine Geldbuße in Höhe von 10.000,- DM auf. Die hiergegen vom Kläger erhobene Klage wies das SG Stuttgart mit Urteil vom 21.1.1998 - S 10 KA 3367/96 ab.

II.

Mit Schreiben vom 27.10.1998 beschwerte sich ein Patient des Klägers. Der Kläger habe ihm in einem ersten persönlichen Gespräch die Durchführung des Methadonprogamms in Aussicht gestellt mit Therapiestunden zu einem Stundensatz von 150,- DM. Danach habe er ihm mitgeteilt, dass er die Behandlung wegen anderweitiger Verpflichtungen aus zeitlichen Gründen nicht durchführen könne. Mit Schreiben vom 22.12.1998 wies der beratende Arzt bei der KV Nord-Württemberg B. den Kläger darauf hin, dass er nur auf seinem Fachgebiet tätig werden dürfe und die Behandlung von drogenabhängigen Männern nicht hierunter falle. Außerdem sei davon auszugehen, dass die Mehrzahl der Drogenabhängigen Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen seien, bei denen die Vereinbarung einer privaten Vergütung an besondere Voraussetzungen gebunden sei. Er bitte deshalb um Auskunft, für welche Leistungen und unter welchen Umständen er private Vergütungen von Drogenabhängigen einfordere und wie die Rechnungslegung erfolge. Der Kläger sandte dieses Schreiben mit handschriftlichem Vermerk versehen an den "Facharzt für Schriftverkehr" B. mit u.a. folgenden Ausführungen zurück:

1. Nehmen Sie z.K., dass Sie mir gar nichts zu sagen haben. 4. Ich den baldigen exitus der KV sehr begrüße. 6. Strengen Sie Ihr Gehirn - falls möglich - an, um ggf. doch eine Promotion zu schaffen. 7. Sie sich - allerdings mit zweifelhaften Erfolgsaussichten - bereits um eine Hausmeisterstelle bewerben können. 8. die Differenziertheit Ihres Briefes am Besten zu bezeichnen ist: Blöd - blöder - B.blöd! 9. Nach Meinung meiner Tochter (12 Jahre, Klasse 7 im G 8-Zug des Karl-Gymnasiums) "Blöd-Briefe" zum Media-Markt geschickt werden könnten. 10. Es Sie jetzt auch in Zukunft nichts angeht, was ich im Ärztehaus Stuttgart W. zusammen mit meiner Frau therapiere.

Die KV Nord-Württemberg leitete daraufhin ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein. In der Sitzung vom 16.6.1999 beschloss der Disziplinarausschuss der KV Nord-Württemberg

1. Herr Dr. Sch. hat seine Pflichten als Vertragsarzt verletzt. 2. Es wird das Ruhen der vertragsärztlichen Zulassung für 3 Monate angeordnet. Zusätzlich wird Herr Dr. Sch. mit einer Geldbuße in Höhe von 15.000,- DM belegt.

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die Äußerungen gegenüber dem beratenden Arzt B. seien inhaltlich und in ihrer Form keineswegs Ausrutscher, sondern stünden in einer Reihe weiterer ähnlich gelagerter Vorfälle, die danach im einzelnen aufgeführt wurden. Auch wenn diese Vorfälle letztlich nicht Gegenstand dieses Disziplinarverfahrens seien, zeigten sie doch deutlich, dass der Kläger offensichtlich selbst unter dem Eindruck mehrfacher gerichtlicher Verurteilungen nicht bereit sei, sich in das System der Berufsordnung und auch der vertragsärztlichen Versorgung zu integrieren. Er zeige insoweit ein völliges Desinteresse und setze sich über alle entsprechenden Vorgaben dauerhaft hinweg. Ein derartiges Verhalten sei aber in einem System, wie dem der vertragsärztlichen Versorgung, nicht tolerierbar. Die dargestellten Verfehlungen seien ihrer Art und Schwere nach derart gravierend, dass eine Disziplinarmaßnahme zwingend erforderlich sei. Da der Kläger sich bislang durch eine Vielzahl von Geldbußen nicht habe beeindrucken lassen, werden das Ruhen der Zulassung für ein Quartal als erforderlich angesehen.

Gegen den schriftlichen Bescheid vom 27.7.1999 hat der Kläger am 3.8.1999 Klage bei dem Sozialgericht Stuttgart erhoben (S 10 KA 4522/99). Mit Schreiben vom 4.8.1999 nahm der Vorsitzende der KV Nord-Württemberg Bezug auf den Bescheid vom 27.7.1999, wies darauf hin, dass Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Disziplinarausschusses keine aufschiebende Wirkung hätten, und ordnete das Ruhen der vertragsärztlichen Zulassung für die Zeit vom 1.10.1999 bis 31.12.1999 an. Eine vertragsärztliche Tätigkeit in diesem Zeitraum sei nicht möglich, Leistungen dürften nicht erbracht und könnten nicht abgerechnet werden (vgl. Bl. 23 der SG-Akten S 10 KA 4522/99). Mit Schreiben vom 21.9.1999 bat der Kläger seinen Bevollmächtigten, beim Gericht eine EV zu veranlassen, da ihm für 3 Monate die KV-Zulassung entzogen werden solle. Mit Schriftsatz vom 29.9.1999 teilten die Bevollmächtigten des Klägers mit, sie seien beauftragt, einen Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu stellen und fügten das Schreiben des Klägers vom 21.9.1999 bei. Soweit ersichtlich hat das SG hiervon keine Kenntnis genommen und kein einstweiliges Anordnungsverfahren durchgeführt. Während des Verfahrens hob die beklagte Kassenärztliche Vereinigung Nord-Württemberg die Geldbuße in Höhe von 15.000,- DM auf. Die Klage, die sich nunmehr allein gegen das angeordnete Ruhen der vertragsärztlichen Zulassung für 3 Monate richtete, wurde vom SG daraufhin mit Urteil vom 28.6.2000 abgewiesen. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.

Entgegen dem Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg vom 4.8.1999, wonach die vertragsärztliche Zulassung vom 1.10.1999 bis 31.12.1999 ruhe, praktizierte der Kläger in unveränderter Weise weiter. Hiervon erhielt die KV Kenntnis, als der Kläger am 10.1.2000 für das Quartal 4/99 eine Abrechnung vorlegte. Diese Abrechnung wurde nicht vergütet. Wegen des den beteiligten Krankenkassen durch die Arznei-Verordnung verursachten Schadens in Höhe von 12.843,61,- DM wurde der Kläger in Regress genommen. Dieser Betrag wurde in der Quartalsabrechnung 2/01 von seinem Honorar abgezogen.

III.

Mit Schreiben vom 8.3.1999 wandte sich die Bezirksärztekammer Nord-Württemberg an den Vorstand der KV Nord-Württemberg. Darin wurden die bisherigen berufsgerichtlichen Verurteilungen aufgeführt, die KV um Amtshilfe bei den erforderlichen Kontenpfändungen gebeten und darauf hingewiesen, bei der Berichterstattung des Kammeranwaltes sei die Frage gestellt worden, ob der Kläger überhaupt noch fähig sei, den Arztberuf ordnungsgemäß auszuüben. Es werde deshalb um die Prüfung gebeten, ob der Kläger die notwendige Zuverlässigkeit als Vertragsarzt besitze. Mit Schreiben vom 16.3.1999 bat die KV Nord-Württemberg daraufhin den Zulassungsausschuss um Überprüfung, ob der Kläger die erforderliche Eignung besitze. In seiner Sitzung vom 14.4.1999 beschloss der ZA die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zu der Frage, ob der Kläger für die vertragsärztliche Tätigkeit geeignet sei. Das Gutachten solle vom Gesundheitsamt Stuttgart oder einem von dieser Behörde zu benennenden Gutachter erstellt werden. Nachdem der Kläger der Einbestellung zur Untersuchung nicht nachgekommen war, entschied der ZA mit Beschluss vom 29.9.1999/Bescheid vom 18.11.1999 den Kläger wegen nicht mehr gegebener Eignung zur Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit die erteilte Zulassung als Frauenarzt von Amts wegen zu entziehen. Bei der Entscheidung sei außer Betracht geblieben, dass der Kläger sich einer Begutachtung durch das Gesundheitsamt des Landeshauptstadt Stuttgart entzogen habe. Maßgeblich sei, dass der Kläger für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ungeeignet sei. Der Kläger lasse sich durch Verurteilungen nicht belehren. Er sei nicht Willens sich an die Konventionen vertragsärztlicher Versorgung zu halten und täusche den Rechtsverkehr durch das Vorhandensein von Zusatzbezeichnungen. Es bestehe die ernste Besorgnis, dass diese Ungeeignetheit sich negativ auf die Versorgung der Versicherten auswirken und diesen insoweit Schaden zugefügt werden könne. Durch sein Verhalten ergebe sich eine nicht einschätzbare Gefahr für die Patienten.

Gegen den ihm am 19.11.1999 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 10.12.1999 Widerspruch mit der Begründung ein, die Entscheidung sei juristisch nicht haltbar, in der Diktion arrogant und damit nicht gerechtfertigt. "Denken Sie - Retourkutsche - auch an die Möglichkeit, dass sich die niedergelassenen Ärzte von der "KV" befreien könnten, ich beglückwünsche Sie zur gezeigten Sensibilität". In der mündlichen Verhandlung des Beklagten am 10.5.2000 gab der Kläger zu Protokoll, er habe gegenüber dem Arzt B. keine Beleidigung ausgesprochen, seine Äußerungen seien ironisch zu verstehen. Es fehle offensichtlich an Humor, die Äußerungen seien nicht beleidigend gemeint gewesen. Er habe die Abrechnung für das Quartal 4/99 eingereicht, weil er die Maßnahme des Disziplinarausschusses für ungerechtfertigt gehalten habe. Der Ton mache die Musik. Männer habe er nur als Notfälle behandelt. Er habe 4 schulpflichtige Kinder, seine 15-jährige Tochter leide unter Morbus Hodgkin. Seine berufliche Tätigkeit habe er deswegen einschränken müssen, er könne deswegen aber auch seine Praxis nicht aufgeben.

Mit Beschluss vom 10.5.2000/Bescheid vom 21.6.2000 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg vom 29.9.1999 als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dem Kläger sei die Zulassung zu entziehen, weil er seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt habe. So habe er die Verpflichtung zur peinlich genauen Abrechnung wiederholt gravierend verletzt. Seine Abrechnungen in den Quartalen 1/92 bis 2/93 hätten mehrfach sachlich berichtigt werden müssen. Zuletzt habe er trotz Ruhens seiner Zulassung in der Zeit vom 1.10.1999 bis 31.12.1999 eine Abrechnung vorgelegt. Darüber hinaus habe er das Vertrauensverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen so nachhaltig gestört, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht zugemutet werden könne. Dies zeigten die Sachverhalte, die zu bezirksberufsgerichtlichen Verurteilungen wegen unberechtigten Führens der Zusatzbezeichnung "Betriebsarzt" geführt hätten. Darüber hinaus habe der Kläger wiederholt ohne ausreichende sachliche Gründe Mitarbeiter der KV Nord-Württemberg in beleidigender Form beschimpft. Dies gelte insbesondere für das Schreiben vom 14.1.1999, aber auch für ein Schreiben vom 5.5.1999. Schließlich habe der Kläger seine Patienten darüber getäuscht, dass seine Behandlungen im Quartal 4/99 nicht durch eine Zulassung gedeckt seien. Die Vorgänge zeigten, dass der Kläger nicht bereit sei, sich in das System der vertragsärztlichen Versorgung einzuordnen. Jedenfalls in der Summe hätten all diese Vorgänge das Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger einerseits und der Kassenärztlichen Vereinigung sowie den Krankenkassen andererseits so nachhaltig zerstört, dass diesen die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Widerspruchsführer nicht mehr zuzumuten sei. Zugunsten des Klägers werde von einer Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entscheidung abgesehen. Nach der jetzt getroffenen Entscheidung sei die Gefahr nicht mehr so schwer, dass sie den sofortigen Entzug der Zulassung notwendig mache. Dem Kläger solle vielmehr die Chance gegeben werden, durch so genanntes Wohlverhalten seine Zulassung wieder zu erlangen.

Gegen den ihm am 23.6.2000 zugestellten Bescheid erhob der Kläger am 20.7.2000 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG), ohne diese jedoch zu begründen. Nach Beiladung der Primär- und Ersatzkassen zum Rechtsstreit mit Beschluss vom 17.10.2000 wies das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.7.2001 ab. Es nahm zur Begründung Bezug auf den Bescheid vom 21.6.2000 und führte ergänzend aus, dass insbesondere das Verhalten des Klägers im Quartal IV/99 die Entziehung der Zulassung rechtfertige, da dieses in eindeutiger Weise belege, dass der Kläger getroffene Entscheidungen der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg entweder nicht beachten könne oder wolle und dadurch seine Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und zur Beachtung und Einhaltung getroffener Entscheidungen und Regelungen im vertragsärztlichen Bereich verletze. Nachdem selbst das angeordnete Ruhen der Zulassung als schärfstes Mittel für eine Disziplinarmaßnahme den Kläger nicht davon abgehalten habe, weiter in gröblicher Weise gegen die ihn treffenden Pflichten zu verstoßen, sei die Entziehung die einzige Möglichkeit, auf seine Pflichtverletzungen zu reagieren. Die Entziehung sei auch nicht deswegen unverhältnismäßig, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits das 55. Lebensjahr vollendet habe und daher eine erneute Zulassung nach Ablauf einer etwaigen "Bewährungszeit" nur unter Härtegesichtspunkten erteilt bekommen könne. Denn dies führe im Ergebnis dazu, das ältere Ärzte besser gestellt würden als jüngere, weil bei ihnen die Zulassungsentziehung wegen gröblicher Pflichtverletzung niemals mehr zur Anwendung kommen könne.

Gegen den zum Zwecke der Zustellung am 25. 7 2001 zur Post aufgegebene Gerichtsbescheid legte der Kläger am 17. 8 2001 Berufung beim SG Stuttgart ein, die er ebenfalls nicht begründete.

Der Beklagte schloss sich den Ausführungen des Beigeladenen zu 1) an. Dieser hatte die Leistungsübersichten für die Quartale 3/99 bis 2/01 sowie die Gesamthonorarabrechnung für die Quartale 3/99 bis 3/01 vorgelegt sowie vorgetragen, der Kläger habe auch seit den Verstößen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und den wegen Behandlung von Männern durchgeführten sachlich-rechnerischen Richtigstellungen in den Quartalen 1/92 bis 1/93 kein Wohlverhalten ausgeübt. So sei mit Bescheid vom 9.11.00 durch den Prüfungsausschuss ein Regress iHv. 12.843,61 DM auf Antrag von Krankenkassen festgesetzt worden, da der Kläger während des Ruhenszeitraumes Arzneimittel auf Kassenrezept verordnet habe. Des weiteren seien in den Quartalen 2/93, 4/93, 1/94, 2/94 und 2/96 die Honoraranforderungen um die Behandlungen von Männern sachlich-rechnerisch berichtigt worden. Im Quartal 4/94 seien die GNR 75, 81, 1141 und 2100 EBM korrigiert; im Quartal 2/00 diverse Sonographieleistungen, deren Leistungsinhalt nicht erfüllt gewesen sei und schließlich in den Quartalen 1/96 und 2/98 diverse Abrechnungsziffern. Zu erwähnen sei auch, dass sich der Kläger während des gesamten Zeitraumes geweigert habe, die von ihm erbrachten Leistungen der Qualitätskontrolle zu unterziehen. Auch führe er den Stempel "Betriebsarzt" weiter, so dass eine Verwechslung des Rat suchenden Patienten mit der fast gleich lautenden Bezeichnung des Arztes für "Betriebsmedizin" unterlaufen könne. Das fortlaufende Führen der Bezeichnung sei mithin zu einer Täuschung im Rechtsverkehr geeignet. Hiervon lasse sich der Kläger auch nicht durch die wiederholte Verhängung von Geldbußen abbringen. Die Verhältnismäßigkeit der Entziehung der Zulassung folge daraus, das sich der Kläger auch durch das angeordnete Ruhen der Zulassung nicht davon habe abhalten lassen weiter zu praktizieren. Die vorgelegten Honorarbescheide belegten eine kontinuierliche Rückläufigkeit der Honorarentwicklung, die selbst mit Maximalwerten von 14.000 EUR im Quartal nicht einmal die Betriebskosten deckten, so dass eine Geldbuße oder sonstige finanzielle Nachteile nicht vollstreckbar seien. Die Rechtmäßigkeit des Ruhens der Zulassung sei durch rechtskräftiges Urteil des SG festgestellt worden, lediglich der genaue Zeitraum habe aus Sicherstellungsgründen von der Beigeladenen zu 1) koordiniert werden müssen, so dass die Konkretisierung dieses Zeitraums durch den Vorsitzenden der Beigeladenen zu 1) keine Probleme aufwerfe. Das diesbezügliche Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung führe lediglich zu einer Verlängerung der Widerspruchsfrist, nicht aber zu materiellen Auswirkungen.

Mit Urteil vom 11. 9. 2002 (L 5 KA 3536/01) hob das LSG (LSG) Baden-Württemberg den Gerichtsbescheid des SG Stuttgart vom 13. 7. 2001 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. 6. 2001/Beschluss vom 10. 5. 2000 auf. Wegen Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Das Bundessozialgericht ließ die Revision der Beigeladenen zu 1.) und des Beklagten zu. Mit Urteil vom 26. 10. 2004 (B 6 KA 67/03 R) hob es das Urteil des LSG auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die vom LSG festgestellten Pflichtverletzungen des Klägers könnten geeignet sein, die ausgesprochene Zulassungsentziehung zu rechtfertigen; eine abschließende Entscheidung hierüber sei jedoch nicht möglich.

So erweise es sich als - möglicherweise gröbliche - Pflichtverletzung, dass der Kläger zumindest bis Ende 1993 routinemäßig auch Männer behandelt habe, was einem Frauenarzt verwehrt sei. Entgegen der Auffassung des LSG sei es rechtlich nicht beachtlich, dass der Beklagte solche Verstöße nur bis Ende 1993 gewürdigt habe. Das LSG wäre verpflichtet gewesen, den Sachverhalt bis zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung aufzuklären, nachdem die Beigeladene zu 1.) im Berufungsverfahren vorgetragen habe, der Kläger habe auch lange nach 1993 insbesondere drogensüchtige Männer behandelt. Insoweit sei für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zulassungsentziehung unter Vereinheitlichung der bisherigen Rechtsprechung sowohl bei vollzogenen als auch bei nicht vollzogenen Entziehungsentscheidungen grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich. Für die Aufklärungspflicht der Gerichte gem. § 103 SGG folge daraus, dass sie sich grundsätzlich auch nur auf Umstände bis zu diesem Zeitpunkt erstrecke. Da ein Vertragsarzt, dem die Zulassung entzogen worden sei, in der Regel aber seine Praxis verliere und vielfach keine Chance zum Neuaufbau einer Praxis habe, müsse in der Situation, dass sich bei einer noch nicht vollzogenen Zulassungsentziehung die Sach- und Rechtslage während des Prozesses zu Gunsten des Klägers in einer Weise geändert habe, die eine Entziehung nicht mehr als angemessen erscheinen lasse, im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG der Grundsatz durchbrochen werden, dass bei statusverändernden Maßnahmen wie der Zulassungsentziehung auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen sei. Dementsprechend seien die genannten Grundsätze bei Zulassungsentziehungen im Vertragsarztrecht dahingehend zu modifizieren, dass zu Gunsten des betroffenen Vertragsarztes ein so genanntes Wohlverhalten nach Ergehen der Entscheidung des Berufungsausschusses zu berücksichtigen sei. Insoweit seien Änderungen des Sachverhalts bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht zu beachten. Von dieser Ausnahme abgesehen seien aber die Grundsätze über die Maßgeblichkeit der letzten Verwaltungsentscheidung als Zeitpunkt zur Überprüfung der Entziehungsentscheidung zu beachten.

Für das vorliegende Verfahren bedeute das, dass die Gerichte grundsätzlich alle Verletzungen vertragsärztlicher Pflichten durch den betroffenen Arzt zu berücksichtigen hätten, die vor der Entscheidung des Berufungsausschusses geschehen seien, auch wenn sie von diesem nicht verwertet worden seien. Hierzu seien die Gerichte allerdings nur dann verpflichtet, wenn Beteiligte Umstände geltend machten, die Anlass für eine entsprechende Sachverhaltsermittlung ergäben. Sie müssten nicht von sich aus alle Umstände ermitteln, die geeignet sein könnten, die Voraussetzungen für eine Zulassungsentziehung zu erfüllen. Die Zulassungsgremien entschieden, auf welche Umstände sie eine Entziehung stützen wollten, und die Gerichte prüften im Streitfall, ob diese Umstände vorlägen und ob damit der Entziehungstatbestand erfüllt werde. Soweit aber das Gericht die vom Berufungsausschuss seiner Entscheidung zu Grunde gelegten Verfehlungen allein oder auch nur vorrangig im Hinblick auf ihre Dauer für eine Zulassungsentziehung nicht für ausreichend halte, dürfe es nicht allein deswegen den Entziehungsbescheid aufheben. Eine solche Entscheidungspraxis würde insbesondere dem zeitlichen Ablauf bei Zulassungsentziehungsverfahren nicht gerecht.

Vielfach stützten die Zulassungsgremien ihre Entscheidungen nur auf solche Verfehlungen des Arztes, deren Ahndung bereits in anderen Verwaltungsverfahren (Honorarberichtigung, Wirtschaftlichkeitsprüfung, Disziplinarverfahren) bestandskräftig erfolgt sei. Das beruhe auf der Befürchtung, die Einbeziehung von Umständen, über die noch keine bestandskräftigen Entscheidungen vorlägen, könne den Bestand der Zulassungsentziehung im gerichtlichen Verfahren gefährden. Dem müssten die Gerichte bei der Überprüfung von Zulassungsentziehungen oder deren Verweigerung Rechnung tragen. Diejenigen Umstände, die im Rahmen des § 95 Abs. 6 SGB V von Bedeutung seien und mit den Tatsachen in Zusammenhang stünden, auf die die Zulassungsentziehung gestützt sei, müssten aufgeklärt werden. Das gelte namentlich für Verfehlungen des Arztes nach dem Eintritt der Bestandskraft von Verwaltungsentscheidungen z.B. über unzulässige Abrechnungen oder unwirtschaftliche Behandlungen. Wenn die Verfahrensbeteiligten, insbesondere die KÄV und die Krankenkassen, konkret vortrügen, der Arzt habe sein pflichtwidriges Behandlungs- und/oder Abrechnungsverhalten auch noch nach der vom Zulassungsausschuss gewürdigten Zeitspanne fortgesetzt, müssten die Gerichte dem für den Zeitraum bis zur letzten Verwaltungsentscheidung nachgehen, bevor sie etwa den Entziehungsbescheid mit der Begründung aufhöben, die Verfehlungen beträfen nur einen wenig aussagekräftigen kurzen Zeitraum und rechtfertigten damit nach Intensität und Dauer noch keine Entziehung der Zulassung.

In diesem Zusammenhang werde das LSG auch aufzuklären haben, ob der Vortrag der beigeladenen KÄV im Berufungsverfahren zutreffe, der Kläger habe sich beharrlich allen Maßnahmen der Qualitätssicherung verweigert und insoweit jegliche Kooperation abgelehnt. Wenn das zutreffe, komme dem im Rahmen des § 95 Abs. 6 SGB V erhebliches Gewicht zu. Ein Arzt, der bei konkreten Hinweisen auf eine unzureichende Qualität seiner Behandlungen, z.B. im Bereich Sonographie oder Radiologie, jegliche Mitwirkung an der Klärung des Sachverhalts prinzipiell verweigere und festgestellte bzw. zu vermutende Mängel nicht abstelle, gefährde seine Zulassung. Die KÄV könne für die Behandlungen eines solchen Arztes ihrer Pflicht zur Sicherstellung der Versorgungsqualität ( § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V ) nicht nachkommen.

Des Weiteren liege ein schwer wiegender Verstoß des Klägers gegen vertragsärztliche Verpflichtungen darin, dass er das im Disziplinarwege angeordnete Ruhen seiner Zulassung im Quartal IV/1999 nicht beachtet habe. Er sei mit Schreiben des Vorsitzenden der beigeladenen KÄV vom 4.8.1999 darauf hingewiesen worden, dass seine Zulassung ab dem 1.10.1999 ruhe und Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Disziplinarausschusses aus der Sitzung vom 16.6.1999 keine aufschiebende Wirkung hätten. Die letztgenannte Rechtsansicht sei entgegen der Auffassung des LSG zutreffend. Die aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln gegen Entscheidungen in Zulassungssachen nach § 97 Abs. 1 Nr. 4 SGG a. F. habe Entscheidungen der Disziplinarausschüsse nicht erfasst. Das sei in Rechtsprechung und Literatur ganz einhellig so gesehen worden. Soweit angenommen worden sei, die Regelung erfasse auch die Anordnung des Ruhens der Zulassung, gelte das nur für Ruhensanordnungen durch die Zulassungsgremien und nicht für diejenigen durch Disziplinarausschüsse.

Der Kläger habe im Übrigen gewusst, dass die von ihm am 3. August 1999 zum SG Stuttgart erhobene Klage gegen den Disziplinarbescheid der beigeladenen KÄV keine aufschiebende Wirkung haben würde. Das ergebe sich aus einem handschriftlichen Auftrag des Klägers an den Rechtsanwalt R. vom 21.9.1999 "gegen die KV Nord-Württ ... bei Gericht eine EV zu veranlassen" (Bl 6 der Gerichtsakten S 10 KA 4522/99 des SG Stuttgart). Einen solchen Antrag habe der Rechtsanwalt nicht gestellt, sondern nach durchgeführter Akteneinsicht weder eine Vollmacht noch eine Begründung vorgelegt und später nur mitgeteilt, dass er den Kläger nicht mehr vertrete. Aus diesem aktenkundigen Ablauf sei abzuleiten, dass der Kläger in Kenntnis des Ruhens seiner Zulassung und der Rechtswidrigkeit weiterer Tätigkeit ab dem 1.10.1999 Versicherte behandelt habe. Das LSG habe in der Nichtbeachtung des angeordneten Ruhens der Zulassung allein deshalb keine schwere Belastung des Verhältnisses zur beigeladenen KÄV gesehen, weil das Verfahren nicht "rechtsstaatlich bedenkenfrei abgelaufen" sei. Derartige Bedenken seien indessen nicht gerechtfertigt.

Schließlich könne dem Berufungsgericht auch insoweit nicht gefolgt werden, als es die vom Kläger in zahlreichen Schreiben formulierten Beleidigungen von Mitarbeitern und Funktionsträgern der zu 1. beigeladenen KÄV nicht als gewichtige Belege für ein Fehlen seiner Eignung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gewertet habe. Der Senat habe in seinem Urteil vom 11.9.2002 (SozR 3-2500 § 81 Nr. 8 S 43 f) im Rahmen der Überprüfung eines Disziplinarbescheides näher ausgeführt, dass sich der Vertragsarzt bei der Abgabe von Erklärungen und Mitteilungen im Zusammenhang mit der Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung auf das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art 5 Abs. 1 Satz 1 GG berufen könne und der Disziplinarausschuss jeweils zu prüfen habe, ob Meinungsäußerungen vorlägen, die berechtigt oder wegen entgegenstehender Rechtsvorschriften i. S. des Art 5 Abs. 2 GG rechtswidrig seien. Handele es sich - wie in dem vom BSG am 11.9.2002 entschiedenen Fall - zumindest potenziell um die Teilnahme an der politischen bzw. gesundheitspolitischen Auseinandersetzung oder werde, wenn auch möglicherweise in extrem überspitzter Form, eine bestimmte sachliche Position der Mitglieder und Organe der KÄV kritisiert, so liege eine berechtigte Meinungsäußerung vor, die auch dem Vertragsarzt nicht verwehrt sei. Erfolge die Kritik aber in Form völlig unsachlicher Verbalattacken, so trete der Schutz durch Art 5 GG zurück. Ebenso wenig seien herabsetzende Äußerungen gegen einzelne Mitglieder der KÄV durch Art 5 GG geschützt. Der Unterschied zwischen einer zulässigen, weil von der Meinungsfreiheit gedeckten polemischen Wendung und einer unzulässigen, beleidigenden und diffamierenden Äußerung möge im Einzelfall schwer zu ziehen sein. Die vom LSG festgestellten Äußerungen des Klägers hätten diese Grenze jedoch bei weitem überschritten. Das ergebe sich aus Folgendem:

Nachdem der bei der Beigeladenen zu 1). beschäftigte Arzt B. dem Kläger mit Schreiben vom 22.12.1998 vorgehalten habe, die KÄV sei darauf hingewiesen worden, dass er drogenabhängigen Männern Therapiestunden gegen Zahlung eines Honorars von 150 DM je Stunde anbiete, und er um Auskunft in dieser Angelegenheit gebeten werde, habe er den Brief mit der Aufschrift "zurück an H. B., Facharzt f. Schriftverkehr" (letzteres unterstrichen) zurückgesandt. Das möge für sich genommen noch als zulässige polemische Wendung verstanden werden, mit der angedeutet werden solle, dass die Mitarbeiter der beigeladenen KÄV anders als ein in vertragsärztlicher Praxis tätiger Arzt nur mit "Schreibtischarbeiten" befasst seien, was zu einer vom einzelnen Arzt als unzumutbar empfundenen Bürokratisierung beitrage. Die weiteren Wendungen, "Ihr Brief ist von der Qualität her so einfältig und schräg, dass ich ihn nicht beantworte", "Vielleicht suchen Sie erst mal ... (unleserlich), dass sich die Qualität Ihres Briefes nach oben bewegt", setzten den Adressaten, den Arzt B., schon ohne sachliche Rechtfertigung herab. Eindeutig anlasslos beleidigend und diffamierend seien dann die Äußerungen im Brief an den Arzt B. vom 14. Januar 1999, in dem etwa formuliert werde "Strengen Sie Ihr Gehirn - falls möglich - an, um ggf doch noch eine Promotion zu schaffen", "Sie sich - allerdings mit zweifelhaften Erfolgsaussichten - bereits um eine Hausmeisterstelle bewerben können", die "Differenziertheit Ihres Briefes am besten so zu bezeichnen ist: blöd - blöder - b. blöd". Der Kläger habe somit ohne erkennbaren Ansatz einer sachlichen Kontroverse den von ihm angeschriebenen Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1.) beleidigt, indem er ihn als blöd, geistig minderbemittelt, auf dem Niveau von Schulkindern stehend und intellektuell gerade einmal für die Ausübung einer Hausmeistertätigkeit geeignet bezeichnet habe.

Im Übrigen liege eine Besonderheit im Fall des Klägers darin, dass er zahlreiche, nur teilweise im Zusammenhang stehende Pflichtverletzungen begangen habe, die aber durch sein unkooperatives und vielfach grob beleidigendes Verhalten verbunden seien. Die fehlende Kooperationsbereitschaft zeige sich daran, dass er nicht bereit gewesen sei, an der Klärung auch nur eines einzigen gegen ihn und seine Behandlungsweise erhobenen Vorwurfs mitzuwirken. Ein solches Gesamtverhalten verleihe jeder einzelnen Pflichtverletzung ein besonderes Gewicht und zerstöre das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in eine korrekte Behandlungs- und Abrechnungsweise des Klägers. Ein Vertragsarzt, der sich einzelne Pflichtverletzungen habe zu schulden kommen lassen, der aber an der Aufklärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe kooperativ mitwirke und glaubhaft machen könne, sich in Zukunft korrekt zu verhalten, müsse anders behandelt werden als ein Arzt, der auch nach bestands- bzw. rechtskräftiger Feststellung der Fehlerhaftigkeit seines Verhaltens dieses fortsetze und sich jeglicher sachlicher Klärung der Ordnungsgemäßheit seines Verhaltens zum Teil mit fadenscheinigen Begründungen entziehe. Ein solcher Arzt zeige, dass er nicht bereit sei, sich in das geltende Vertragsarztsystem einzufügen, sei somit als Vertragsarzt ungeeignet und könne deshalb nicht Vertragsarzt bleiben.

Hiernach könne das Urteil des LSG keinen Bestand haben. Das LSG werde zunächst - wie oben näher dargelegt - zu klären haben, ob und ggf. wie lange und in welchem Umfang der Kläger nach 1993 die Behandlungen von (drogensüchtigen) Männern fortgesetzt habe und ob er sich dabei evtl. auf eine Genehmigung der beigeladenen KÄV zur Durchführung von Substitutionsbehandlungen habe berufen können. Weiterhin sei zu klären, ob der Kläger die Kooperation bei der Qualitätssicherung verweigert habe.

Schließlich sei zu prüfen, ob der Kläger im Laufe des nunmehr über fünf Jahre anhängigen Rechtsstreits über die Rechtmäßigkeit der Zulassungsentziehung möglicherweise seine Eignung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Tätigkeit durch verändertes Verhalten wiederhergestellt habe, wie das der Beklagte in seinem angefochtenen Beschluss bereits als Möglichkeit angedeutet und deshalb auf den Sofortvollzug seiner Entscheidung verzichtet habe. Zwar gehe die Rechtsprechung des Senats davon aus, dass dem "Wohlverhalten" eines Arztes während des Streits über die Zulassungsentziehung grundsätzlich geringeres Gewicht zukommt als schwer wiegenden Pflichtverletzungen in der Vergangenheit, die zur Zulassungsentziehung geführt hätten. Wie dies im Einzelnen zu berücksichtigen und zu gewichten sei, entziehe sich rechtsgrundsätzlicher Festlegung; das habe der Senat bereits in seinem Beschluss vom 19.6.1996 (MedR 1997, 86, 87) dargelegt. Das Berufungsgericht werde die in diesem Zusammenhang erforderlichen Feststellungen über das Verhalten des Klägers insbesondere bei der Frage der fachfremden Behandlung von Männern, der Ablehnung der Teilnahme an Qualitätssicherungsmaßnahmen und seinem Verhalten gegenüber Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1.) nach der Entscheidung des Berufungsausschusses im Jahr 2000 zu treffen und die für und gegen eine Zulassungsentziehung sprechenden Gesichtspunkte erneut zu gewichten haben.

Der Kläger hat auch nach Zurückverweisung des Verfahrens durch das Bundessozialgericht und trotz entsprechender Aufforderung zunächst nichts vorgetragen. Er hat mit einem per Fax am 7.11.2006, einen Tag vor der mündlichen Verhandlung des Senats eingegangenen Schreiben sinngemäß geltend gemacht, das Begehren der KV sei allein durch die Länge des Verfahrens abzulehnen und widerspreche der Europäischen Menschenrechtskonvention. Die KV (die im Spiegel (gemeint wohl das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel") den Aliasnamen "Kriminelle Vereinigung" erhalten habe) lüge, wie so oft auch hier, es sei Aufgabe des Advokaten O (gemeint ist wohl der Beklagtenvertreter Rechtsanwalt Dr. O.), diese auch auf solche Sachverhalte hinzuweisen, es seien Zweifel an seiner Beratungskompetenz angezeigt. Nachgewiesen sei durch das Gutachten des Architekten B. eine Totalüberschwemmung im Ärztehaus mit allen daraus sich ergebenden Schwierigkeiten. Die KV habe die entsprechenden Unterlagen aber offensichtlich verschwinden lassen. Sie sei auch nicht kinderfreundlich, sonst hätte sie ihn nicht in der damaligen Zeit der schweren Erkrankung seiner Tochter mit einer Arbeitskampagne belastet. Laut "Transparency International" gebe es im Gesundheitssektor in Deutschland, auch bei der KV Milliardenverluste durch Korruption. Die KV, auch deren Spitze, versuche ihn als unliebsamen Kritiker mundtot zu machen. Beigefügt war dem Schreiben ein Arztbrief des Olgahospitals S. vom 28.2.1997 an einen Dr. W. über die Behandlung der Tochter des Klägers seit November 1996.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.7.2001 und den Bescheid des Beklagten vom 21.6.2000 aufzuheben.

Die Beigeladene zu 1.) und der Beklagte beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen zu 2.) bis 7.) stellen keinen Antrag.

Die Beigeladene zu 1.) hat ergänzend vorgetragen, der Kläger sei mit Schreiben vom 26.1.1996 zur Einreichung der benötigten Dokumentation von ihm erbrachter Ultraschallleistungen des Quartals 1/95 bis zum 22.2.1996 aufgefordert worden. Mit Schreiben vom 12.3.1996 sei auf Intervention des Klägers Fristverlängerung bis zum 1.4.1996 gewährt worden. Erst nach dreimaliger Mahnung (Schreiben vom 12.4., 20.5. und 12.6.1996) habe der Kläger die benötigten Unterlagen zur Verfügung gestellt. Die durchgeführte Überprüfung habe qualitative Beanstandungen, insbesondere im Hinblick auf die fehlende Identifikation der Patientendaten auf den Ultraschallbildern ergeben. Außerdem habe die Hälfte der angeforderten Dokumentationen nicht vorgelegt werden können, ohne dass der Kläger hierfür eine schlüssige Begründung gegeben habe. Hinsichtlich des Quartals 1/98 sei der Kläger mit Schreiben vom 10.12.1998 zur Einreichung der Dokumentationen aufgefordert worden. Dem sei er trotz entsprechender Mahnungen vom 25.1., 17.2.und 22.3.1999 nicht nachgekommen. Die Ultraschalldokumentation des Quartals 1/99 sei mit Schreiben vom 8.11.1999 angefordert worden. Wiederum seien Mahnungen vom 22.11. und 17.12.1999 sowie vom 11.1.2000 erfolglos geblieben. Schließlich habe sich die Verweigerungshaltung des Klägers auch hinsichtlich der Ultraschalldokumentationen des Quartals 2/00, die mit Schreiben vom 9.8.2001 angefordert worden seien, fortgesetzt. Auf Mahnungen vom 30.8 und 20. 9.2001 habe der Kläger nicht reagiert. Die ultraschalldiagnostischen Leistungen der Quartale 1/98, 1/99 und 2/00 seien vollständig gestrichen und nicht honoriert worden. Schließlich sei die Ultraschallgenehmigung mit Bescheid vom 17.5.2000 widerrufen worden.

Ob und wie lange der Kläger nach 1993 die Behandlung von Männern fortgesetzt habe, könne nicht dargelegt werden, da der entsprechende Datenbestand nicht mehr vorhanden sei.

Die Eignung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung habe der Kläger durch verändertes Verhalten nicht wiederhergestellt. Im Gegenteil habe er Leistungen nach Nr. 100 EBM (Betreuung einer Schwangeren) im Quartal 4/03 8 mal, im Quartal 1/04 10 mal, im Quartal 2/04 11 mal, im Quartal 3/04 9 mal und im Quartal 4/04 4 mal abzurechnen versucht, obwohl die Ultraschallgenehmigung zuvor widerrufen worden war und die dagegen eingelegten Rechtsbehelfe bis hin zur Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch das Bundessozialgericht erfolglos geblieben seien. Das zeige, dass der Kläger ungeachtet des Widerrufs der Ultraschallgenehmigung weiterhin Schwangerenbetreuung mit Ultraschallleistungen anbiete. Ein Arzt, für dessen Ultraschallleistungen mangels aktiver Bereitschaft zur Mitwirkung an der Qualitätssicherung keine Gewähr mehr übernommen werden könne und der aber dennoch solche Leistungen im Zusammenhang mit der Betreuung von Schwangeren anbiete, sei offensichtlich zu einer den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entsprechenden Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht bereit.

Der Beklagte hat sich diesen Ausführungen angeschlossen und sie sinngemäß wiederholt und vertieft. Er hat darauf hingewiesen, dass der Widerruf der dem Kläger erteilten Genehmigung zur Abrechnung ultraschalldiagnostischer Leistungen durch Gerichtsbescheid des SG Stuttgart vom 21.11.2001 - S 10 KA 3398/00, Urteil des LSG vom 9.4.2003 - L 5 KA 409/02 und Beschluss des BSG vom 3.9.2003 - B 6 KA 71/03 B rechtskräftig geworden ist. Gleichwohl habe der Kläger die GNR 100 EBM abgerechnet, obwohl Ultraschalluntersuchungen, die nach den Mutterschafts-Richtlinien in großer Zahl durchzuführen seien, zum obligaten Leistungsinhalt dieser Gebührenordnungsnummer gehörten. Bemühungen, die Ultraschallgenehmigung wieder zu erhalten, habe der Kläger nicht unternommen. Der Kläger zeige damit, dass er nicht gewillt sei, sich in das geltende Vertragsarztsystem einzufügen. Der Beklagte hat ergänzend 74 Abrechnungsscheine des Klägers aus den Quartalen 1/2004 bis 4/2005 vorgelegt, mit denen der Kläger die GNR 100 EBM bzw. Sonografieleistungen habe abrechnen wollen.

Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen

Entscheidungsgründe:

Nach Zurückverweisung des Rechtsstreits hat der Senat über die Berufung des Klägers erneut zu entscheiden. Er ist dabei gem. § 170 Abs. 5 SGG an die rechtliche Beurteilung im Revisionsurteil des Bundessozialgerichts vom 26. 10. 2004 (B 6 KA 67/03 R) gebunden. Danach erweist sich die Berufung aber als unbegründet. Dem Kläger ist die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu Recht entzogen worden. Das SG hat die dagegen bzw. gegen den Bescheid des Beklagten vom 26. 1. 2000 als alleinigem Verfahrensgegenstand gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.

Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung des Beklagten ist § 95 Abs. 6 SGB V. Danach ist einem Vertragsarzt die Zulassung ua zu entziehen, wenn er seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Eine Pflichtverletzung ist gröblich, wenn sie so schwer wiegt, dass ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist. Davon ist dann auszugehen, wenn durch sie das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen durch den Vertragsarzt so gestört ist, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann (BSG SozR 3 - 2500 § 95 Nr. 4; BSGE 66, 6; BVerfG E 69, 233, 244). Sowohl wiederholt unkorrekte Abrechnungen als auch nachhaltige Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot können die Zulassungsentziehung rechtfertigen (BSG SozR 3 - 2500 § 95 Nr. 4 S. 18). Für den Tatbestand einer gröblichen Pflichtverletzung i. S. von § 95 Abs. 6 SGB V ist nicht erforderlich, dass den Vertragsarzt ein Verschulden trifft; auch unverschuldete Pflichtverletzungen können zur Zulassungsentziehung führen (BSGE 66, 6, 8; BSGE 34, 252, 253). Liegen bei einem Vertragsarzt zahlreiche, nur teilweise im Zusammenhang stehenden Pflichtverletzungen vor, die durch ein unkooperatives und vielfach grob beleidigendes Verhalten ergänzt werden, und erweist sich der Vertragsarzt bei der Klärung der gegen ihn und seine Behandlungsweise erhobenen Vorwürfe nicht als kooperationsbereit, so ist dieses Gesamtverhalten in die Würdigung mit einzubeziehen. Ein solches Gesamtverhalten verleiht jeder einzelnen Pflichtverletzung ein besonderes Gewicht und zerstört das Vertrauen der vertragsärztlichen Institution in eine korrekte Behandlungs- und Abrechnungsweise. Ein Vertragsarzt, der sich einzelne Pflichtverletzungen zu Schulden kommen lässt, der aber an der Aufklärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe kooperativ mitwirkt und glaubhaft machen kann, sich in Zukunft korrekt zu verhalten, muss anders behandelt werden, als ein Arzt, der auch nach bestands- bzw. rechtskräftiger Feststellung der Fehlerhaftigkeit seines Verhaltens dieses fortsetzt und sich jeglicher sachlicher Klärung der Ordnungsgemäßheit seines Verhaltens zum Teil mit fadenscheinigen Begründungen entzieht. Ein solcher Arzt zeigt, dass er nicht bereit ist, sich in das geltende Vertragsarztsystem einzufügen, er ist somit als Vertragsarzt ungeeignet und kann deshalb nicht Vertragsarzt bleiben (BSG-Urteil v. 26.10.2002 - B 6 KA 67/03 R unter Bezugnahme auf BSGE 34, 252, 254).

Ausgehend von dieser im genannten Revisionsurteil des BSG vorgegebenen Rechtslage hat der Senat entsprechend den Vorgaben des BSG ergänzende Feststellungen zum Sachverhalt getroffen und auch Fehlverhalten des Klägers in seine Würdigung einbezogen, das dem beklagten Berufungsausschuss zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zwar bekannt war (bzw. hätte bekannt sein müssen), das er aber nicht ausdrücklich zum Gegenstand seiner Zulassungsentziehung gemacht hat, weiterhin ist der Senat entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsauffassung bei seiner Entscheidung vom Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung ausgegangen. Danach hat der Kläger folgende Pflichtverletzungen begangen:

1.) Der Kläger führt neben der Facharztbezeichnung Frauenarzt auch die berufsrechtlich nicht vorgesehene Zusatzbezeichnung "Betriebsarzt".

Wegen dieses Verhaltens wurde er mehrfach vom Bezirksberufsgericht für Ärzte in Stuttgart zu Geldbußen verurteilt. Wegen Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Tatbestand unter I. Bezug genommen. Die damit verbundenen Verstöße gegen das Berufsrecht erweisen sich zugleich auch als Verstöße gegen das Vertragsarztrecht, weil der an sein Fachgebiet gebundene Vertragsarzt gegenüber den Versicherten grundsätzlich nur mit den ihm von der Ärztekammer ordnungsgemäß verliehenen Gebiets-, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen auftreten darf.

Bei den Pflichtverstößen ist erschwerend zu beachten, dass der Kläger trotz mehrfacher Verurteilung sein gerügtes und bestraftes Verhalten zuletzt wieder fortgesetzt hat. So hat er sich gegenüber dem Gericht als Betriebsarzt bezeichnet (vgl. Bl. 10 der Akte S 10 KA 4155/00), zuletzt mit Schreiben an den Senat vom 3. und 7. November 2006. Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner abschließenden rechtlichen Klärung, ob das Ignorieren berufsrechtlicher Vorschriften durch das unberechtigte Führen einer selbst geschaffenen Zusatzbezeichnung für sich allein einen die Zulassungsentziehung rechtfertigenden schwerwiegenden Vorwurf darstellt. Das Verhalten des Klägers gewinnt jedenfalls Bedeutung bei der zusammenfassenden Würdigung der verschiedenen Pflichtverletzungen. Denn er zeigt auch hier, dass er nicht nachhaltig bereit ist, sich an Vorschriften zu halten.

2.) Falschabrechnungen, Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und die routinemäßige Behandlung von (drogenabhängigen) Männern.

Zu diesem Punkt wird auf die im Tatbestand beschriebenen Feststellungen auf Seite 4 und 5 Bezug genommen. Neue Erkenntnisse haben sich insoweit im zurückverwiesenen Berufungsverfahren nicht ergeben. Der Beigeladenen zu 1.) liegen (wohl wegen Aussonderung der entsprechenden Unterlagen) insoweit keine über die bereits vorgetragenen Verstöße hinausgehenden Hinweise auf diesbezügliche Fehlverhaltensweisen des Klägers vor.

3.) Beleidigungen von Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1.):

Zu diesem Punkt wird auf die Ausführungen im Tatbestand unter II. sowie die Ausführungen des BSG im Urteil vom 20. Oktober 2004 - Umdruck S. 11 letzter Absatz bis S. 13 erster Absatz - Bezug genommen. Neue Erkenntnisse haben sich durch das beim Senat am 7. November 2006 kurz vor der mündlichen Verhandlung eingegangene Schreiben des Klägers ergeben, in dem er der Beigeladenen zu 1.) vorwarf zu lügen, Unterlagen verschwinden zulassen, die Abkürzung KV mit "kriminelle Vereinigung" übersetzte und ihr hochgradig korruptes Verhalten vorwarf, ferner den Bevollmächtigten des Beklagten unsachlich angriff und herabsetzte.

Der Kläger zeigt mit diesen Äußerungen, dass seine Beleidigungen im Dezember 1998 nicht einmalige Fehlleistungen waren, sondern sein Verhalten auf einer extrem negativen Sicht der Arbeit der Beigeladenen zu 1.) basiert, weswegen im Falle einer Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Beigeladenen zu 1.) bei Meinungsverschiedenheiten mit weiteren Beleidigungen zu rechnen wäre.

4.) Die Nichtbeachtung des angeordneten Ruhens der Zulassung im Quartal 4/1999.

Bezüglich des maßgebenden Sachverhalts ist hier auf die Ausführungen im Tatbestand Seite 6 und 7 und die des BSG im Urteil vom 20.10.2004 - Umdruck Seite 11 zu verweisen. Neue Erkenntnisse sind im Laufe des erneuten Berufungsverfahrens nicht aufgetreten.

Bereits im Urteil vom 11.09.2002 hat der Senat zu diesem Punkt die Auffassung vertreten, dass das Verhalten des Klägers grundsätzlich geeignet ist, das Vertrauen zwischen Kassenärztlicher Vereinigung und Arzt so nachhaltig zu stören, dass der Kläger als ungeeignet für die weitere Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung anzusehen ist. Auch das BSG hat dieses Verhalten als schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen vertragsärztliche Verpflichtungen bewertet (aaO - Umdruck S. 11). Hiervon ist auszugehen, nachdem das BSG die vom Senat zunächst gesehenen rechtsstaatlichen Bedenken nicht teilt.

5.) Die Weigerung des Klägers, an Maßnahmen der Qualitätssicherung kooperativ mitzuwirken.

Hierzu ist festzustellen, dass ihn die Beigeladene zu 1.) bereits mit Schreiben vom 26.1.1996 zur Einreichung der benötigten Dokumentation erbrachter Ultraschallleistungen des Quartals 1/95 bis zum 22.2.1996 aufgefordert und mit Schreiben vom 12.3.1996 auf Antrag hierfür Fristverlängerung bis zum 1.4.1996 gewährt hatte. Gleichwohl stellte der Kläger die benötigten Unterlagen erst nach dreimaliger Mahnung (Schreiben vom 12.4., 20.5. und 12.6.1996) zur Verfügung, konnte indessen nur die Hälfte der angeforderten Dokumentationen vorlegen. Eine schlüssige Begründung für das Fehlen der anderen Hälfte gab der Kläger nicht. Die sodann durchgeführte Überprüfung ergab, wie die Beigeladene zu 1.) unwidersprochen vorgetragen hat, qualitative Beanstandungen, insbesondere im Hinblick auf die fehlende Identifikation der Patientendaten auf den Ultraschallbildern.

Hinsichtlich der Quartale 1/98 und 1/99 wiederholte sich dieser Vorgang im Wesentlichen. Wiederum wurde der Kläger mit Schreiben vom 10.12.1998 zur Einreichung der Dokumentationen (Quartal 1/98) aufgefordert und drei mal gemahnt (Schreiben vom 25.1., 17.2.und 22.3.1999). Die verlangten Dokumentationen legte der Kläger gleichwohl nicht vor. Die Ultraschalldokumentation des Quartals 1/99 wurde mit Schreiben vom 8.11.1999 angefordert und unter dem 22.11. und 17.12.1999 sowie 11.1.2000 erfolglos angemahnt.

Sein Verhalten setzte der Kläger hinsichtlich der Ultraschalldokumentation des Quartals 2/00 fort. Diese forderte die Beigeladene zu 1.) mit Schreiben vom 9.8.2001 an und mahnte den Kläger - wiederum erfolglos - mit Schreiben vom 30.8 und 20. 9.2001; der Kläger reagierte hierauf nicht.

Die ultraschalldiagnostischen Leistungen der Quartale 1/98, 1/99 und 2/00 wurden sodann auch vollständig gestrichen und nicht honoriert und die Genehmigung des Klägers zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Ultraschalldiagnostik mit Bescheid vom 17.5.2000 widerrufen.

Der Kläger, der zu diesen Vorwürfen nichts vorgetragen hat, hat mit dem festgestellten Verhalten nachdrücklich bewiesen, dass er nicht bereit ist, zur Sicherstellung der Qualität der Ultraschalldiagnostik im notwendigen Maße mit der Beigeladenen zu 1.) zusammenzuarbeiten, um ggf. Mängel zu beheben, die letztendlich auch zu Gefahren für die Patienten etwa durch fehlerhafte Diagnosen oder Verwechslungen führen können. Dass die entsprechenden Leistungen des Klägers tatsächlich Mängel aufwiesen, ergab die Überprüfung der vom Kläger (im Übrigen auch nur teilweise) vorgelegten Ultraschalldokumentationen des Quartals 1/95; so war bspw. eine Identifikation der Patientendaten auf den Ultraschallbildern nicht vorhanden. Angesichts dieser konkreten Hinweise auf Mängel hätte für den Kläger in besonderem Maße Veranlassung dazu bestanden, an der Aufklärung des Sachverhalts durch entsprechend kooperatives Verhalten mitzuwirken und die Mängel abzustellen. Der Kläger hat aber in der Folgezeit Dokumentationen gar nicht mehr vorgelegt und auch auf eine Vielzahl entsprechender Maßnahmen nicht reagiert, sich also jeglicher Mitarbeit an der Qualitätssicherung in der Ultraschalldiagnostik vollkommen verweigert. Mit einem Vertragsarzt, der eine derart gravierende und hartnäckige Verweigerungshaltung an den Tag legt, kann die Beigeladene zu 1.) den ihr obliegenden Auftrag zur Sicherstellung der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter nicht erfüllen.

6.) Die fortdauernde Erbringung und Abrechnung ultraschalldiagnostischer Leistungen:

Der Kläger hat trotz Widerrufs der Ultraschallgenehmigung durch Bescheid vom 17.05.2000 in der Folgezeit ultraschalldiagnostische Leistungen in größerer Anzahl erbracht und abgerechnet. Selbst nach Zustellung des Beschlusses des BSG vom 03.09.2003 - B 6 KA 71/03 B, mit dem der Widerruf der Ultraschallgenehmigung rechtskräftig wurde, hat der Kläger sein Verhalten fortgesetzt als sei nichts geschehen. So hat er Leistungen nach Nr. 100 EBM und ab 01.04.2005 Leistungen nach Nr. 01770 EBM 2000plus, die von einem Frauenarzt bei der Betreuung von Schwangeren Ultraschalluntersuchungen entsprechend den Mutterschafts-Richtlinien in großer Zahl verlangen, im Quartal 4/03 8 mal, im Quartal 1/04 10 mal, im Quartal 2/04 11 mal, im Quartal 3/04 9 mal und im Quartal 4/04 4 mal abzurechnen versucht, obwohl er diese Leistungen nicht erbringen durfte. Im Quartal 2/05 mussten aus diesem Grund die entsprechenden Leistungsansätze bei 10, im Quartal 3/05 bei 13 und im Quartal 4/05 bei 9 Patientinnen gestrichen werden.

Dieses Verhalten wiegt nach Auffassung des Senates in besonderer Weise schwer, weil der Kläger nicht nur gegen Mitwirkungs- und Ordnungsvorschriften der Beklagten verstößt, er vielmehr damit ein Verhalten an den Tag legt, das geeignet sein kann, auch die Gesundheit seiner Patientinnen zu gefährden. Darf ein Arzt bestimmte Leistungen nicht mehr erbringen, ist grundsätzlich zu befürchten, dass eine gleichwohl durchgeführte Leistung nicht ordnungsgemäß erbracht wurde, mit der Folge, dass von einer Gefährdung des Patienten, hier der Gesundheit der Schwangeren und ihres Kindes, auszugehen ist. Die Patientinnen wurden von ihm zudem über seinen vertragsarztrechtlichen Status getäuscht. Gegenüber den versicherten Patientinnen erweckt er den Eindruck, als dürfte und würde er ordnungsgemäße diagnostische Ultraschallleistungen erbringen, während in Wirklichkeit die erforderliche Qualität nicht gegeben und die Aussagekraft der Untersuchungen deshalb fraglich sein kann. Der Kläger hätte, wenn er richtig gehandelt hätte, die Patientinnen zu Ultraschalluntersuchungen zu anderen Frauenärzten überweisen müssen. Stünde es außerdem im Belieben der Vertragsärzte, genehmigungspflichtige Leistungen auch ohne Genehmigung zu erbringen, könnte die Beigeladene zu 1.) ihrem gesetzlichen Auftrag zur Qualitätssicherung nicht nachkommen. Da sich der Kläger somit in einem für die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten ganz zentralen Punkt über vertragsärztliche Vorschriften hinwegsetzt, ist es weder den Krankenkassen noch der Beigeladenen zu 1.) zuzumuten, mit ihm weiter zusammenzuarbeiten. Die oben beschriebene weitere Erbringung ultraschall-diagnostischer Leistungen rechtfertigt somit schon für sich allein die Entziehung der Zulassung.

Zusammenfassend liegen somit mehrere schwerwiegende Verstöße gegen vertragsärztliche Pflichten vor, indem der Kläger Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1.) massiv beleidigt, das angeordnete Ruhen seiner Zulassung für das Quartal 4/1999 grundlos ignoriert, sich beharrlich und völlig grundlos geweigert hat, an Maßnahmen der Qualitätssicherung mitzuwirken, und er anschließend diagnostische Ultraschallleistungen an Schwangeren erbracht hat, ohne hierzu die erforderliche Genehmigung zu haben. Jeder dieser Verstöße wiegt bereits so schwer, dass er für sich geeignet ist, eine Zulassungsentziehung zu rechtfertigen. In der Zusammenschau dieser vier gravierenden Verstöße bestehen für den Senat keine Zweifel mehr, dass dem Kläger die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu entziehen ist. Ob der Kläger nach 1993 Männer in nennenswerter Zahl behandelt hat, kann angesichts der nachgewiesenen gravierenden anderen Pflichtverletzungen dahin gestellt bleiben. Das für sich genommen bereits erhebliche Gewicht der vom Kläger begangenen Pflichtverletzungen wird zusätzlich dadurch erhöht, dass er sich nicht bereit gezeigt hat, an der Klärung auch nur eines einzigen gegen ihn und seine Handlungsweise erhobenen Vorwurfs mitzuwirken. Der Kläger ist somit zur weiteren Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht geeignet. Weder der Beigeladenen zu 1.) noch den Krankenkassen ist es weiter zuzumuten, mit dem Kläger zusammen zu arbeiten.

Anhaltspunkte für die Annahme so genannten Wohlverhaltens liegen nicht vor. Der Kläger hat auch noch während des gerichtlichen Verfahrens und in Kenntnis der ausgesprochenen Konsequenzen sein Verhalten unverändert beibehalten, er hat weiterhin getan was er wollte und hat sich weder von entgegenstehenden Vorschriften, Bescheiden, disziplinarischen Urteilen oder die Bescheide der Beklagten bestätigenden instanzgerichtlichen und höchstrichterlichen Entscheidungen beeinflussen lassen.

So hat er die von ihm erfundene Zusatzbezeichnung "Betriebsarzt" weiter verwendet, auch gegenüber dem Gericht, zuletzt noch im Schreiben vom 7. 11. 2006. Unter dem Druck der bevorstehenden mündlichen Verhandlung am 8. 11. 2006 hat er sich erneut zu inakzeptablen Beleidigungen und Herabsetzungen gegenüber der Beigeladenen zu 1.) hinreißen lassen. Am schwerwiegendsten ist jedoch, dass der Kläger als Frauenarzt schwangere Patientinnen weiterhin behandelt hat, obwohl er wegen des rechtskräftigen Widerrufs der Ultraschallgenehmigung Schwangere gar nicht mehr entsprechend den Vorgaben der Mutterschafts-Richtlinien ordnungsgemäß betreuen konnte. Auch hat er keinerlei Anstalten gemacht, die Ultraschallgenehmigung wieder zu erhalten. Bei dieser Sachlage scheidet die Annahme von "Wohlverhalten" von vorneherein aus.

Das Sozialgericht hat die Klage danach zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung, die hier noch zur Anwendung kommt, weil Klage bereits am 20.7.2000 erhoben worden ist. Da der Kläger im Ergebnis erfolglos geblieben ist, sind ihm die Kosten des Beklagten in sämtlichen Rechtszügen einschließlich des Revisionsverfahrens aufzuerlegen.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG) ...
Rechtskraft
Aus
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