S 12 KA 977/06

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 977/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 46/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Probatorische Sitzungen können in ein Regelleistungsvolumen einbezogen werden.
Für die Bemessung des Regelleistungsvolumens bestehen zwischen den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und den anderen ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten und Psychologischen Psychotherapeuten solche Unterschiede, dass eine unterschiedliche Festsetzung der Fallpunktzahlen geboten ist.
1. Unter Aufhebung des Bescheids vom 29.05.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 20.09.2006 wird die Beklagte verpflichtet, den Kläger über seinen Antrag auf Zuerkennung eines höheren Regelleistungsvolumens vom 11.10.2005 für die Quartale ab II/05 ff. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine Sonderregelung für das Regelleistungsvolumen ab dem Quartal II/05.

Der Kläger ist als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut mit Praxissitz in A-Stadt seit 23.08.2002 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

In den Quartalen II/05 bis IV/05 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers wie folgt fest:

Quartal II/05 III/05 IV/05
Honorarbescheid v. 29.06.2006 12.08.2006 28.11.2006
Honorar PK + EK in EUR 18.745,75 12.859,24 17.525,25
Fallzahl PK + EK 31 37 41

Ziff. 7,5 HVV
Referenzfallwert in EUR 77,1947 55,2473 83,1943
Aktueller Fallwert in EUR 25,4913 25,2030 27,4429
Auffüllbetrag pro Fall in EUR 47,8437 11,7092 26,5914
Auffüllbetrag gesamt in EUR 1.435,31 304,44 930,70
Fallwert nach Auffüllung- 73,3350 36,9122 54,0343
Fallwert nach Auffüllung im Verhältnis zum Referenzfallwert in %- 95,0 66,8 64,9

Punktzahlvolumen nach der Frequenzstatistik- 404.140 320.615 412.565
Honorarforderung auf Basis EBM 2005 in EUR / in Punkten- 20.663,35 16.392,78 320.798,0 21.094,11 412.800,6
Probatorische Sitzungen Anzahl Punktezahlvolumen auf 100 Fälle Kl/VG/VG-Abrechner 22 32.890 34 50.830 92/65/67 42 62.790 102/69/71
Genehmigungspflichtige Psychotherapieleistungen Anzahl Punktezahlvolumen 166 248.170 221 330.395

Regelleistungsvolumen Fallzahl Fallwert Punktezahlvolumen Abgerechnetes Honorarvolumen Überschreitung 31 1.101,3 34.140,0 51.320,0 17.179,7 37 1.100,1 40.703,7 72.445,0 31.741,3 41 1.100,8 45.132,8 82.170,0 37.037,2
Überschreitung in v.H. des RLV- 50,3 77,9 82,0

Regelleistungsvolumen oberer Punktwert unterer Punktwert in Ct.(PK/EK) 1,965/2,130 0,493/0,497 1,995/2,187 0,493/0,497 2,005/2,159 0.493/0,497
Psychotherapie Punktwert in Ct.(PK/EK) 4,670/4,700 4,670/4,700 4,670/4,700
- Berechnung der Kammer

Am 11.10.2005 beantragte der Kläger die Heraufsetzung seiner Fallpunktzahl für das ab dem Quartal II/05 eingeführte Regelleistungsvolumen. Durch die unzureichende Fallpunktzahl in Verbindung der bei ihm gegebenen spezifischen Praxisstruktur könne er für seine Patienten die notwendigen psychotherapeutischen Leistungen in den Bereichen Diagnose, Indikationsstellung sowie psychotherapeutische und psychosomatische Grundversorgung aus wirtschaftlichen Erfordernissen der Praxisführung nicht ausreichend erbringen. Er beantrage daher, die Berechnung nach dem Modus für solche Ausnahmesituationen vorzunehmen.

Mit Bescheid vom 29.05.2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie unter Hinweis auf den Honorarverteilungsvertrag aus, die zeitbezogenen genehmigungspflichtigen Leistungen würden zu einem festen Punktwert vergütet werden und blieben von dem Regelleistungsvolumen unberücksichtigt. Die noch verbleibenden Leistungen unterlägen der Bewertung mit einem Punktwert von 4,0 Cent bis zu dem für das aktuelle Quartal festgestellten praxisindividuellen Regelleistungsvolumen. Die darüber hinausgehenden Honorarforderungen seien mit einem Punktwert von mindestens 0,51 Cent zu bewerten. Für das Quartal II/05 überschreite der Kläger mit 51.320,0 Punkten das Regelleistungsvolumen in Höhe von 34.140,0 Punkten um 17.180,0 Punkte, die noch mit 0,51 Cent vergütet würden. Sonderregelungen seien nur aus Sicherstellungsgründen möglich. In A-Stadt seien zwei weitere Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten u. a. auch mit der Genehmigung für analytische Psychotherapie zugelassen. Eine Sonderregelung aus Gründen der Sicherstellung erscheine nicht begründet. Aufgrund der Regelung zur Vermeidung von Fallwertverlusten bestehe voraussichtlich ein Anspruch auf einen Auffüllbetrag in Höhe von 1.286,75 Euro, da der aktuelle Fallwert des Quartals II/05 mehr als 5 % von dem Referenzfallwert des Quartals II/04 nach unten abweiche.

Hiergegen legte der Kläger am 28.06.2006 Widerspruch ein. Er führte weiter aus, die Versorgung sei nicht mehr gewährleistet, wenn die probatorischen Sitzungen nicht mehr in vollem Umfang honoriert würden. Die Abstaffelung des Punktwerts für probatorische Sitzungen könne auch kurzfristig zu einem Anstieg der Leistungen für Kurzzeitpsychotherapie führen. Die Richtlinien für das Regelleistungsvolumen sollten überdacht werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ergänzend zur Begründung im Ausgangsbescheid führte sie aus, nach einem Vorstandsbeschluss sei für eine Sonderregelung aus Gründen der Sicherstellung maßgeblich, ob im Umkreis von 50 km ausreichend Ärzte zur Verfügung stünden. Je ein weiterer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut sei in A-Stadt und P., 2 km bzw. 5 km zur Praxis des Klägers niedergelassen. Zwei weitere Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten seien in Sch. (ca. 32 km) sowie eine weitere Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in L. (ca. 27 km) tätig. Es sei von einer Sicherstellung der psychotherapeutischen Versorgung von im Landkreis A-Stadt auszugehen. Aufgrund der Regelung zur Vermeidung von Fallwertverlusten bestehe nach der Neuberechnung ein Anspruch auf einen Auffüllbetrag in Höhe von 1.435,31 Euro.

Hiergegen hat der Kläger am Montag, den 23.10.2006 die Klage erhoben. Er trägt ergänzend vor, probatorische Sitzungen seien nicht budgetierbar. Das Regelleistungsvolumen differenziere nicht zwischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und Erwachsenenpsychotherapeuten. Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen entziehe sich einer Begrenzung durch ein Regelleistungsvolumen, welche für alle psychotherapeutischen Leistungen gelten würden. Im Quartal II/05 habe er 31 Fälle abgerechnet mit einer bestimmten Behandlungsfrequenz. Durch das Regelleistungsvolumen werde sein Honorar erheblich herabgesenkt. Damit werde der EBM faktisch außer Kraft gesetzt. Entweder sei das Regelleistungsvolumen zu korrigieren oder aber eine Ausnahmeregelung bei Kindern und Jugendlichen zur Anwendung zu bringen. Wie die zeitgebundenen genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen könnten auch die probatorischen Sitzungen nicht zu einer Mengenausweitung führen. Diese seien zwingend durchzuführen. Die Härtefallregelung sei in den Quartalen I/05 bis II/06 zur Anwendung gekommen. Nur hierdurch sei ein effektiver Grundwert von 4,0 Cent bzw. 4,5 Cent erzielt worden. Es bestehe eine Sicherstellungsproblematik. Kinder und Jugendliche könnten nicht auf einen Umkreis von 50 Km verwiesen werden. Das Bundessozialgericht habe nunmehr festgestellt, dass die probatorischen Sitzungen zum Kern des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten gehörten und bei ihnen deshalb ein beliebiger Punktwertabfall nicht hingenommen werden dürfe. Ein Punktwert von 2,56 Cent dürfe nicht unterschritten werden. Inwiefern die Zusammenfassung der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in einer Honorar(unter)gruppe ohne Auswirkungen auf den Punktwert geblieben und sachgerecht sei, könne er nicht nachvollziehen. Der Beschluss des Bewertungsausschusses sei rechtswidrig, da er eine Sonderregelung für probatorische Sitzungen nicht vorgesehen habe. Jedenfalls hätten im HVV Sonderregelungen getroffen werden müssen.

Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 29.05.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 20.09.2006 die Beklagte zu verpflichten, ihn über seinen Antrag auf Zuerkennung eines höheren Regelleistungsvolumens vom 11.10.2005 für die Quartale ab II/05 ff. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, der Vorstand habe beschlossen, dass nur noch in Einzelfällen bei Vorliegen einer absoluten Sicherstellungsproblematik Sonderregelungen möglich sein sollten. Von einer Versorgungslücke sei erst dann auszugehen, wenn ein anderer Arzt im Umkreis von 50 km im Umkreis nicht zur Verfügung stehe. Der Beschluss des Bewertungsausschusses lasse die Zusammenfassung der von ihm genannten Arztgruppen zu. Er räume auch dort einen weiteren Handlungsspielraum ein, wo bestehende Regelungen fortgeführt würden. Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bildeten bereits im HVM mit den Psychologischen Psychotherapeuten eine Honorargruppe. Ein Grund hierfür sei, dass von den 1.390 Psychologischen Psychotherapeuten 80 eine sog. Doppelzulassung als Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und 183 auch die Genehmigung zur Behandlung von Kindern- und Jugendlichen nach den Psychotherapierichtlinien besäßen. Es gebe 292 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Die Zusammenführung beider Gruppen beruhe daher auf sachgerechten Erwägungen. Die unterschiedliche Bewertung des Ordinationskomplexes bei gleichem Regelleistungsvolumen führe zu keiner Schlechterstellung. Die Ziffer 23214 sehe als fakultativen Leistungsinhalt auch die intensive Beratung zu den therapeutischen, familiären, sozialen oder beruflichen bzw. schulischen Auswirkungen und deren Bewältigung vor. Erbringe ein Psychologischer Psychotherapeut eine über die 10 Minuten des Ordinationskomplexes hinausgehende intensive Beratung, werde er neben den Ziffern 23210 bis 23212 eine weitere Gesprächsziffer abrechnen, so z. B. die Ziffer 23220. Es sei davon auszugehen, dass Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten für ein vergleichbar intensives Gespräch ähnlich hohe Punktzahlen anforderten. Ein Psychologischer Psychotherapeut erbringe pro Behandlungsfall 0,62 und ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut 0,84 probatorische Sitzungen pro Behandlungsfall. Sie sei an die Vorgaben des Bewertungsausschusses gebunden. Die Honorarhöhe sei nicht Verfahrensgegenstand.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Der Bescheid vom 29.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2006 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger über seinen Antrag auf Zuerkennung eines höheren Regelleistungsvolumens vom 11.10.2005 für die Quartale ab II/05 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Bescheid vom 29.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2006 ist rechtswidrig. Bei der Bemessung des Regelleistungsvolumens werden nicht hinreichend die Unterschiede zwischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und den übrigen Psychotherapeuten berücksichtigt.

Nach Ziffer 6.3 der hier maßgeblichen Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der AOK – Die Gesundheitskasse in Hessen, dem BKK Landesverband Hessen, der IKK Hessen, dem Verband der Angestellten Krankenkassen e. V. (VdAK) – Landesvertretung Hessen, dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassenverband e. V. – Landesvertretung Hessen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, der Krankenkasse für den Gartenbau und der Knappschaft zur Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005 vom 10.11.2005, veröffentlicht durch die Beklagte als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung &8208; Landesstelle &8208; vom 10.11.2005, die in den Folgequartalen fortgeführt wurde (im Folgenden: HVV), sind praxisindividuelle Regelleistungsvolumina zu bilden, da der Kläger zu den entsprechenden Arztgruppen gehört.

Im Einzelnen bestimmt Ziffer 6.3 HVV:
Die im Abrechnungsquartal für eine Praxis zutreffende Fallpunktzahl bestimmt sich aus der Zugehörigkeit der Ärzte einer Praxis zu einer in der Anlage 1 angeführten Arzt-/Fachgruppe unter Beachtung der angeführten Altersklassen. Bei Gemeinschaftspraxen bestimmt sich die Höhe der in der einzelnen Altersklasse zu treffenden Fallpunktzahl als arithmetischer Mittelwert aus der Fallpunktzahl der in der Gemeinschaftspraxis vertretenen Ärzte (gemäß Zuordnung entsprechend Anlage zu Ziffer 6.3) verbunden mit folgender Zuschlagsregelung:

130 Punkte bei arztgruppen- und schwerpunktgleichen Gemeinschaftspraxen sowie bei Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung gemäß Angestellten-Ärzte Richtlinien unterliegen,

alternativ

30 Punkte je in einer arztgruppen- oder schwerpunktübergreifenden Gemeinschaftspraxis repräsentiertem Fachgebiet oder Schwerpunkt, mindestens jedoch 130 Punkte und höchstens 220 Punkte

Bei der Ermittlung der Zuschlagsregelung bleiben Ärzte aus Arztgruppen, für die gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 keine arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen definiert sind, unberücksichtigt.

Die Zuschlagsregelung findet keine Anwendung bei Praxen mit angestellten Ärzten bzw. zugelassenen Ärzten, die einer Leistungsbeschränkung gemäß Bedarfsplanungsrichtlinien bzw. Angestellten-Ärzte-Richtlinien unterliegen. Für Ärzte bzw. Psychotherapeuten, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben, richtet sich die Höhe der Fallpunktzahl in den einzelnen Altersklassen nach dem Schwerpunkt der Praxistätigkeit bzw. dem Versorgungsauftrag mit dem der Arzt bzw. Psychotherapeut zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist.

Das im aktuellen Abrechnungsquartal gültige praxisindividuelle (fallzahlabhängige) Regelleistungsvolumen einer Praxis bestimmt sich dann aus der Multiplikation der im aktuellen Quartal nach verstehender Vorgabe ermittelten arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen und der Fallzahl der Praxis unter Beachtung der Aufteilung der relevanten Fallzahlen in die verschiedenen Altersklassen.

Bei der Ermittlung der für die einzelnen Altersklassen gültigen relevanten Fallzahlen einer Praxis sind alle kurativ ambulanten Behandlungsfälle (gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 BMVÄ bzw. § 25 Absatz 1 Satz 1 GKV zugrunde zu legen, ausgenommen Behandlungsfälle, die gemäß Anlage 1 Und 2 zu Ziffer 7.1 Honorierung kommen, Notfälle im organisierten ärztlichen Bereitschaftsdienst bzw. Notdienst (Muster 19 A der Vordruckvereinbarung), Überweisungsfälle zur Durchführung ausschließlich von Probenuntersuchungen oder zur Befundung von dokumentierten Untersuchungsergebnissen sowie Behandlungsfälle, in denen ausschließlich Kostenerstattungen des Kapitels V. 40 abgerechnet werden. Die so festgestellten Fallzahlen reduzieren sich dabei (vorab der Berechnung des praxisindividuellen (fallzahlabhängigen) Regelleistungsvolumens) aufgrund einer zuvor durchgeführten fallzahlabhängigen Bewertung (Fallzahlbegrenzungsregelung) gemäß Ziffer 5.2, wobei die aus dieser Maßnahme resultierende Reduzierung anteilig auf die Altersklassen zu verteilen ist.

Das nach dieser Vorschrift festgestellte Regelleistungsvolumen einer Praxis im aktuellen Quartal ist dann nachfolgend für jeden über 150% der durchschnittlichen Fallzahl der Honorar(unter)gruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal hinausgehenden Fall um 25% zu mindern.Die Feststellung der relevanten durchschnittlichen Fallzahl erfolgt bei Gemeinschaftspraxen und Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung unterliegen, je in der Gemeinschaftspraxis tätigen Arzt bzw. Psychotherapeuten.

Für die Bildung des Regelleistungsvolumens einer Praxis im Abrechnungsquartal gilt im Übrigen eine Fallzahlobergrenze in Höhe von 200% der durchschnittlichen Fallzahl der Honorar(unter)gruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal. Überschreitet eine Praxis im aktuellen Abrechnungsquartal diese Fallzahlobergrenze, tritt diese anstelle der praxisindividuellen Fallzahl bei der Ermittlung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens. Dabei bestimmt sich im Falle von Gemeinschaftspraxen und Praxen mit angestellten Ärzten, die keiner Leistungsbeschränkung unterliegen, die Fallzahlobergrenze aus den arztgruppenbezogenen durchschnittlichen Fallzahlen im entsprechenden Vorjahresquartal je in der Gemeinschaftspraxis tätigen Art bzw. Psychotherapeuten.

Für Ärzte bzw. Psychotherapeuten, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben, bestimmt sich die durchschnittliche Fallzahl im entsprechenden Vorjahresquartal für vorstehende Bewertungsvorgaben bzw. Fallzahlobergrenze aus der Honorar(unter)gruppe, zu der sie nach dem Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind.

Soweit in der Anlage zu Ziffer 6.3 Arztgruppen nicht aufgeführt sind, gehen deren Fälle und Honoraranforderungen nicht in die Berechnung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens ein.

Der Vorstand der KV Hessen ist ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung praxisbezogenen Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 vorzunehmen.

Die Kammer hält diese Regelungen, soweit sie hier streitbefangen sind, grundsätzlich für rechtmäßig.

Nach § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung v. 20.12.1988, BGBl. I S. 2477 in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003, BGBl. I S. 2190 mit Gültigkeit ab 01.01.2005 (SGB V), verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73) (§ 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im ersten und zweiten Quartal 2004 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab angewandt (§ 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zu Grunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychotherapeutische Medizin sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten (§ 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden (§ 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen (§ 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V). Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina) (§ 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V). Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V). Die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen sind Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2 (§ 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V). Dabei bestimmt nach § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V der Bewertungsausschuss Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 4 SGB V, insbesondere zur Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung sowie für deren Anpassung an solche Veränderungen der vertragsärztlichen Versorgung, die bei der Bestimmung der Anteile der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung an der Gesamtvergütung zu beachten sind; er bestimmt ferner, erstmalig bis zum 29. Februar 2004, den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen.

Der Bewertungsausschuss ist seinen Regelungsverpflichtungen nach § 85 Abs. 4a SGB V u. a. durch den Beschluss in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 46 vom 12.11.2004, Seite A-3129 = B-2649 = C-2525) (im Folgenden: BRLV) nachgekommen. Darin bestimmt er, dass Regelleistungsvolumen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V arztgruppenspezifische Grenzwerte sind, bis zu denen die von einer Arztpraxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum (Arzt-Abrechnungsnummer) im jeweiligen Kalendervierteljahr (Quartal) erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern des Honorarverteilungsvertrages (ggf. jeweils) vereinbarten, festen Punktwert (Regelleistungspunktwert) zu vergüten sind. Für den Fall der Überschreitung der Regelleistungsvolumen ist vorzusehen, dass die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten (Restpunktwerten) zu vergüten ist (III.2.1 BRLV). Für die Arztpraxis oder das medizinische Versorgungszentrum, die bzw. das mit mindestens einer der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sind im Honorarverteilungsvertrag nachfolgende Regelleistungsvolumen zu vereinbaren, für die dieser Beschluss die Inhalte der Regelungen vorgibt (III.3.1 Abs. 1 BRLV). Die in 4. aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen unterliegen nicht den Regelleistungsvolumen (III.3.1 Abs. 4 BRLV).

Die Kammer sieht in diesen Bestimmungen eine verbindliche Vorgabe des Bewertungsausschusses. Dies hat die Kammer bereits für die von der Beklagten vorgenommene und gegen die Vorgaben des Bewertungsausschusses verstoßende Einbeziehung von Dialyseleistungen in die Regelleistungsvolumina festgestellt (vgl. Urteil der Kammer vom 26.09.2007 - S 12 KA 822/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht zurückgewiesen (LSG Hessen, Urt. v. 23.04.2008 - L 4 KA 69/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Revision anhängig - B 6 KA 31/08 -). Es hat im Einzelnen dargelegt, dass ein Honorarverteilungsvertrag nach der gesetzlichen Fiktion des § 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V aus einem Beschlussteil und dem zwischen den Vertragspartnern vereinbarten Teil besteht, dass im Falle einer divergenten Regelung den bundeseinheitlichen Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses der Vorrang zu kommt und dass die Vertragspartner des Honorarverteilungsvertrags an die Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses in der Weise gebunden sind, dass sie rechtswirksam keine abweichende Regelung treffen konnten. Dem folgt die Kammer vollumfänglich.

In der Anlage 1 BRLV werden unter den Arztgruppen, für die Arztgruppentöpfe gemäß III.1. BRLV und Regelleistungsvolumen gemäß III.3.1 BRLV berechnet werden, die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten genannt. Daneben werden auch "andere ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte, Psychologische Psychotherapeuten" genannt, wobei im Honorarverteilungsvertrag weitere Differenzierungen oder Zusammenfassungen der im BRLV aufgeführten Arztgruppen vereinbart werden können (Anlage 1 zum Teil III Abs. 2 BRLV). Im HVV wird von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und wird entsprechend die Honorar(unter)gruppe B 2.25 "Psychotherapeutisch tätige Ärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VfG 55-01, 56, 71, 72, 83-81, 84, 85-21, 85-95, 86-81)" gebildet und werden für "Ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten" gemäß der Anlage zu Ziff. 6.3 HVV die im Widerspruchsbescheid genannten Fallpunktzahlen vorgegeben.

Mit dem GMG hat der Gesetzgeber die bisher als Soll-Vorschrift ausgestaltete Regelung zu den Regelleistungsvolumina verbindlich vorgegeben. Dadurch soll erreicht werden, dass die von den Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben wird. Leistungen, die den Grenzwert überschreiten, sollen mit abgestaffelten Punktwerten vergütet werden; damit soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen werden, zum anderen soll der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Mengenausweitung begrenzt werden (vgl. BT-Drs. 15/1170, S. 79).

Regelleistungsvolumina dienen damit der Kalkulationssicherheit bei der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen (vgl. Engelhard in: Hauck/Haines, SGB V, Kommentar, § 85, Rn. 256a f.; Freudenberg in: jurisPK-SGB V, Online-Ausgabe, Stand: 26.02.2008, § 85, Rn. 164). Zum anderen haben sie aufgrund des Zwecks, der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung zu tragen als auch den ökonomischen Anreiz zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern, auch den Charakter von Honorarbegrenzungsmaßnahmen (vgl. Engelhard, ebd.). Nach Auffassung der Kammer steht aber angesichts der gesetzgeberischen Vorgaben der Gesetzeszweck der Kalkulationssicherheit im Vordergrund, insbesondere auch im Hinblick auf eine begrenzte Gesamtvergütung bei insgesamt steigenden Leistungsanforderungen.

Soweit die HVV-Vertragsparteien bei der Festsetzung der Fallpunktzahlen abweichend von der Anlage 2 BRLV den Referenzzeitraum auf das 1. Halbjahr 2004 beschränkt haben – nach der Anlage 2 ist der arztgruppenspezifische Leistungsbedarf in Punkten im Zeitraum vom 2. Halbjahr 2003 bis zum 1. Halbjahr 2004 zu ermitteln -, sieht die Kammer dies unter Zurückstellung erheblicher Bedenken für gerade noch vom Gestaltungsspielraum der HVV-Vertragsparteien als gedeckt an. Insofern kann eine Ermächtigung hierfür in Abschnitt III.3.1 Abs. 3 BRLV gesehen werden, wonach die HVV-Vertragsparteien zur Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung Anpassungen der Regelleistungsvolumen vornehmen können. Der Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 112. Sitzung hat zudem, allerdings erst mit Wirkung zum 01.04.2006, in einer angefügten Fußnote 2 klargestellt, dass die Formel zur Ermittlung der KV-bezogenen, arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl im Einvernehmen der Partner der Honorarverteilungsverträge modifiziert werden und ein abweichendes Verfahren zur Festlegung des arztgruppenspezifischen Leistungsbedarfs vereinbart werden kann.

Die Vertragsparteien des HVV haben aber verkannt, dass für die Bemessung des Regelleistungsvolumens zwischen den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und den anderen ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten und Psychologischen Psychotherapeuten solche Unterschiede bestehen, die eine unterschiedliche Behandlung gebieten. Insofern verstoßen die einheitlichen Fallpunktzahlen in der Anlage zu Ziff. 6.3 HVV gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Zudem ermächtigt Abschnitt III.3.1 Abs. 3 BRLV die HVV-Vertragsparteien, zur Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung Anpassungen der Regelleistungsvolumen vorzunehmen. Im Hinblick auf die signifikanten Unterschiede zwischen den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und den anderen ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten, was sogleich im Einzelnen erläutert wird, waren die HVV-Vertragsparteien verpflichtet, hiervon Gebrauch zu machen.

Bei der Ausgestaltung der Honorarverteilungsregelungen ist ein Gestaltungsspielraum eröffnet. Die Gestaltungsfreiheit ist eine Ausprägung des mit Rechtsetzungsakten der Exekutive typischerweise verbundenen normativen Ermessens. Dieses wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die getroffene Regelung in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist. Allerdings sind bei der Wahrnehmung des Gestaltungsspielraums die gesetzlichen Vorgaben - insbesondere in § 85 Abs. 4 ff. SGB V - sowie die Anforderungen des Verfassungsrechts zu beachten, die vor allem in dem aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit konkretisiert worden sind (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 2/07 R - juris Rdnr. 15). Dies bedeutet zwar nicht, dass gleiche Leistungen stets gleich vergütet werden müssten. Das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit stellt nur einen Grundsatz dar, von dem aus sachlichem Grund abgewichen werden darf (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.2005 - B 6 KA 5/04 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 17 = GesR 2005, 567 = USK 2005-104, juris Rdnr. 18).

Innerhalb der klägerischen Honorar(unter)gruppe fallen, da die genehmigungspflichtigen Psychotherapieleistungen in das Regelleistungsvolumen nicht einbezogen werden, insbesondere die Ordinationsgebühr und die probatorischen Sitzungen. Die Ordinationsgebühr fällt regelmäßig einmal im Quartal pro Behandlungsfall an, die nach Ziffer 35150 EBM 2005 mit 1.495 Punkten bewertete probatorische Sitzung erbringt ein Psychologischer Psychotherapeut 0,62-mal und ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut 0,84-mal pro Behandlungsfall im Quartal. Damit fallen durchschnittlich 927 bzw. 1.226 Punkte pro Behandlungsfall im Quartal an. Der Ordinationskomplex für ärztliche und psychologische Psychotherapeuten beträgt nach Ziffer 23210 bis 23212 EBM 2005 jeweils 120 Punkte für alle Altersklassen, dem gegenüber beträgt der Ordinationskomplex für Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten nach Ziffer 23214 EBM 2005 für alle Altersklassen 510 Punkte. Soweit diese Leistung im Regelfall für jeden Patienten annähernd erbracht wird, fallen bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vorneweg 390 Punkte pro Behandlungsfall mehr an, ohne dass dies bei den Fallpunktzahlen zum Ausdruck kommt. Im Einzelnen folgen hieraus folgende Relationen:

Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten Ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte, Psychologische Psychotherapeuten
1 Ordinationskomplex 510 120
2 Probatorischen Sitzungen 1.226 927
3 Summe 1.736 1.047

Regelleistungsvolumen
4 Altersgruppe 6-59 PK/EK 1.054/1.166 1.054/1.166
5 Altersgruppe 0-5 1.050/956 1.050/956
6 Altersgruppe ) 60 1.054/1.065 1.054/1.065

Verhältnis Zeile 3 zu 4 in % 165/148 99/90
Verhältnis Zeile 3 zu 5 in % 165/182 100/109
Verhältnis Zeile 3 zu 6 in % 165/163 99/98

Im Ergebnis bedeutet dies, dass – unter Vernachlässigung weiterer Leistungen, insb. der für alle Behandler gleich bewerteten Leistungen nach Ziffer 23214 (Konsultationskomplex), Ziffer 23220 (Psychotherapeutisches Gespräch als Einzelbehandlung) und der Leistungen nach Ziffer 35100 bis 35142 EBM 2005 - statistisch die Gruppe der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten das Regelleistungsvolumen immer um mindestens 48 bis 82 % überschreiten, wobei in der Hauptgruppe der 6 bis 18 Jahre alten Versicherten die Überschreitung 65 % im Primär- und 48 % im Ersatzkassenbereich beträgt, während die Gruppe der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte und Psychologischen Psychotherapeuten rechnerisch lediglich in der Altersgruppe der 0 bis 5 Jahre alten Versicherten das Regelleistungsvolumen um 9 % überschreitet. Zu beachten ist ferner, das das Regelleistungsvolumen – unter Vernachlässigung der sog. Transkodierung, also unter Berücksichtigung der Neufassung des EBM - auf dem Leistungsbedarf von lediglich 80 % im Referenzzeitraum beruht (vgl. Anlage 2 BRLV), also rechnerische Überschreitungen des Regelleistungsvolumens von 25 % systemimmanent bereits angelegt sind. Dies bedeutet eine Ungleichbehandlung der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten und führt insbesondere zur Nichtbeachtung der vom Bewertungsausschuss im EBM festgelegten Höherbewertung des Ordinationskomplexes für die Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten. Für den Ordinationskomplex und die Probatorischen Sitzungen haben die Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten von vornherein einen um 66 % erhöhten Leistungsbedarf gegenüber den übrigen Leistungserbringern ihrer Honorar(unter)gruppe, was die Kammer im Hinblick auf die Gleichbehandlung für signifikant hält.

Der Umstand, dass von den 1.390 Psychologischen Psychotherapeuten 80 eine sog. Doppelzulassung als Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und 183 auch die Genehmigung zur Behandlung von Kindern- und Jugendlichen nach den Psychotherapierichtlinien besitzen, folgt keine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung. Im Einzelfall kann hier das Regelleistungsvolumen durch eine Ausnahmegenehmigung ggf. angepasst werden. Die Zusammenführung beider Gruppen beruht nur insoweit auf sachgerechten Erwägungen, als eine einheitliche Honorar(unter)gruppe gebildet wird, was im Übrigen auch im Hinblick auf die genehmigungspflichtigen Leistungen sachgerecht sein kann. Dies führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass für alle Teile der Honorar(unter)gruppe gleich große Fallpunktzahlen zu bilden sind.

Die unterschiedliche Bewertung des Ordinationskomplexes bei gleichem Regelleistungsvolumen führt aus den genannten Gründen zu einer Schlechterstellung der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten. Die Ziffer 23214 sieht gegenüber den Ziffern 23210 bis 23212 EBM 2005 als fakultativen Leistungsinhalt zusätzlich auch die intensive Beratung zu den therapeutischen, familiären, sozialen oder beruflichen bzw. schulischen Auswirkungen und deren Bewältigung vor. Damit unterstellt der Bewertungsausschuss grundsätzlich, das heißt durchschnittlich einen höheren Leistungsaufwand, was sich im Regelleistungsvolumen wiederfinden muss, da bereits mit der Einbeziehung dieses zusätzlichen Aufwands in eine Komplexziffer eine Budgetierung erfolgt. Es ist nicht ersichtlich, dass die übrigen Psychotherapeuten im Regelfall den gleichen Aufwand haben wie die Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten. Soweit über den Ordinationskomplex hinaus eine mit dieser Leistungsziffer bereits abgegoltene intensive Beratung notwendig wird, kann dies ggf. über weitere Gesprächsziffern abgerechnet werden, was aber für die gesamte Honorar(unter)gruppe gilt.

Soweit das Regelleistungsvolumen wegen der Herausnahme der genehmigungspflichtigen Psychotherapieleistungen nur einen geringen Teil der Honoraranforderung betrifft, so ändert dies nichts an der Ungleichbehandlung innerhalb der klägerischen Honorar(unter)gruppe.

Vor einer Neubescheidung werden die Vertragsparteien des Honorarverteilungsvertrags eine entsprechende Anpassung der Fallpunktzahlen für die Teilgruppe der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten unter Beachtung der unterschiedlichen Bewertung des Ordinationskomplexes vorzunehmen haben. Ferner haben Sie die unterschiedlichen Anforderungen der probatorischen Sitzungen zu berücksichtigen, die offensichtlich der unterschiedlichen Patientenschaft beider Teilgruppen der Honorar(unter)gruppe geschuldet sind. Soweit darüber hinaus signifikante Unterschiede bei den übrigen in das Regelleistungsvolumen einbezogenen Leistungen bestehen, die sachlichen Gesichtspunkten geschuldet sind, kann dies ebf. berücksichtigt werden. Im Rahmen einer Neubescheidung hat die Beklagte diese Erwägungen dann im Einzelnen zu erläutern.

Die Kammer hat auch noch nicht entschieden, dass das Regelleistungsvolumen für die klägerische Honorar(unter)gruppe richtig berechnet sei. Das Urteil der Kammer v. 27.08.2008 - S 12 KA 424/07 – (Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 76/08 -) betraf eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie- und –psychotherapie.

Auf die gänzliche Herausnahme der probatorischen Sitzungen aus dem Regelleistungsvolumen besteht kein Anspruch. Dies sieht Abschnitt III.4.1 und III.4.2. BRLV nicht vor. Die Kammer hält dies nicht für rechtswidrig.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der hier abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sieht, war der Bewertungsausschuss nicht verpflichtet, in der ihm obliegenden Normierung von Vorgaben für eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit eine Punktwertstützung auch für die probatorischen Sitzungen nach Nr. 870 EBM a. F. vorzusehen. Der Bewertungsausschuss ist zwar grundsätzlich befugt, inhaltliche Vorgaben für die angemessene Honorierung psychotherapeutischer Leistungen auch für diejenigen Leistungen festzulegen, die nur zeitgebunden und nicht genehmigungsbedürftig sind. Andererseits ist es dem Bewertungsausschuss aber nicht verwehrt, sich darauf zu beschränken, eine Punktwertstützung nur für diejenigen Leistungen vorzugeben, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig sind (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 35/06 R - juris Rdnr. 10 ff.). Soweit es aber an einer rechtlichen Vorgabe für einen bestimmten Punktwert fehlt, besteht kein Hindernis, diese Leistungen in das Regelleistungsvolumen einzubeziehen.

Soweit das Bundessozialgericht zunächst in einem obiter dictum der Auffassung war, es sei aber zu beachten, dass die probatorischen Sitzungen zum Kern des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten gehörten und bei ihnen deshalb ein beliebiger Punktwertabfall auf Dauer nicht hingenommen werden dürfe (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 35/06 R - juris Rdnr. 17), so betrifft dies die hier nicht streitgegenständliche Honorierung der probatorischen Sitzungen. Das Bundessozialgericht hat nunmehr diese Rechtsprechung fortgeführt und aus dieser zentralen Funktion der probatorischen Sitzungen gefolgert, dass die Kassenärztliche Vereinigung im Rahmen der ihr - ab 01.07.2004 gemeinsam mit den Verbänden der Krankenkassen - obliegenden Ausgestaltung der Honorarverteilungsregelungen für eine substanzielle Honorierung dieser Leistungen sorgen müsse. Die für eine sachgerechte psychotherapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis notwendige Mindestzahl an probatorischen Sitzungen müsse deshalb so honoriert werden, dass - erforderlichenfalls nach Anwendung von Mengenbegrenzungsregelungen o. Ä. - jedenfalls die Hälfte des ursprünglich zur Kalkulation herangezogenen Punktwerts von 10 Pfennig (d. h. 2,56 Cent) für solche Leistungen nicht unterschritten werde (vgl. BSG, Urt. v. 28.05.2008 - B 6 KA 9/07 R - juris Rdnr. 64 f.).

Eine zwingende Herausnahme aus dem Regelleistungsvolumen folgt aus dieser Rechtsprechung nicht. Das Bundessozialgericht verweist selbst auf Mengenbegrenzungsregelungen. Die Honorarhöhe wird insofern maßgeblich auch vom Punktwert bestimmt. Ob die Honorarverteilungsregelungen der Beklagten diesen Anforderungen genügen, ist ggf. in einem Verfahren bzgl. der Anfechtung der Honorarbescheide nachzuprüfen. Streitgegenstand dieses Verfahrens ist aber ausschließlich die Frage der Zuerkennung des Regelleistungsvolumens und nicht die Frage der ordnungsgemäßen Honorierung.

Im Übrigen besteht aber kein Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung.

Ein Ausnahmefall, der ein Abweichen vom festgesetzten Regelleistungsvolumen rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Klägerseits sind keine entsprechenden Gründe vorgetragen worden.

Nach der Ermächtigung in Ziff. 6.3 HVV ist der Vorstand verpflichtet, bei Vorliegen von Sicherstellungsgründen sein Ermessen im Hinblick auf eine Sonderregelung auszuüben. Dies hat die Beklagte nicht verkannt. Nach Auffassung der Kammer liegt kein Ausnahmefall vor und musste die Beklagte daher von ihrem Ermessen keinen Gebrauch machen.

Wann ein solcher Ausnahmefall aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung vorliegt, wird weder im HVV noch im Beschluss des Bewertungsausschusses noch in den gesetzlichen Regelungen bestimmt und ist daher durch Auslegung zu konkretisieren.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), von der abzuweichen die Kammer hier keine Veranlassung sieht, darf der Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung, was nach Auffassung der Kammer auch unter Geltung eines Honorarverteilungsvertrags gilt, außer zu konkretisierenden Bestimmungen, die nicht im voraus für mehrere Quartale gleichbleibend festgelegt werden können, auch dazu ermächtigt werden, Ausnahmen für sog. atypische Fälle vorzusehen. Es ist eine typische Aufgabe des Vorstandes, zu beurteilen, ob sog. atypische Fälle die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Freistellung von Obergrenzen erfüllen. Dabei beschränkt sich die Kompetenz des Vorstandes nicht auf die Statuierung von Ausnahmen für "echte Härten", vielmehr müssen sie generell für atypische Versorgungssituationen möglich sein (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 15/98 RSozR 3-2500 § 85 Nr. 31 = MedR 2000, 153, juris Rn. 36; BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 27, juris Rn. 23). So hat das BSG eine vom Vorstand getroffene Sonderregelung für spezialisierte Internisten nicht beanstandet. Die Entscheidung, dass bei den Internisten, die eine Teilgebietsbezeichnung führten und deren spezielle Leistungen (einschließlich Folgeleistungen) 30 % der Gesamthonoraranforderung ausmachten, diese Leistungen herausgerechnet werden und dass diejenigen, deren spezialisierte Leistungen sogar 50 % der Gesamthonoraranforderung ausmachten, gänzlich von der Teilquotierung freigestellt werden, enthalte Schematisierungen, die nicht als sachwidrig beanstandet werden könnten. Derartige mit scharfen Grenzziehungen einhergehende Härten seien - wie z.B. auch für Stichtagsregelungen anerkannt - hinzunehmen, solange sie nicht im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung willkürlich seien (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 15/98 R – aaO., Rn. 36). Eine Generalklausel könne z.B. zur Anwendung kommen, wenn sich überraschend Änderungen der Versorgungsstruktur in einer bestimmten Region ergeben, weil etwa einer von wenigen Vertragszahnärzten in einer Stadt unvorhergesehen aus der vertragszahnärztlichen Versorgung ausgeschieden sei. Die von diesem Zahnarzt bisher behandelten Patienten müssten dann kurzfristig auf andere Zahnarztpraxen ausweichen, was zwangsläufig zu einer von diesen Praxen nur eingeschränkt steuerbaren Erhöhung der Zahl der dort behandelten Patienten führen werde. Vergleichbares gelte für die Änderung der Behandlungsausrichtung einer zahnärztlichen Praxis im Vergleich zum Bemessungszeitraum, etwa wenn sich ein bisher allgemein zahnärztlich tätiger Vertragszahnarzt auf oral-chirurgische Behandlungen konzentriert und deshalb höhere Fallwerte erreiche (vgl. BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R – aaO. Rn. 23). Darauf reagierende Differenzierungen hinsichtlich der Festlegung der individuellen Bemessungsgrundlage seien nicht nur dann geboten, wenn ihr Unterlassen zur Existenzgefährdung zahnärztlicher Praxen führen würde. Ein Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass sich auf eine Verletzung des Gebotes der Honorarverteilungsgerechtigkeit nur solche Vertrags(zahn)ärzte berufen können, bei denen die Anwendung der jeweils angegriffenen Honorarverteilungsregelung zu existenzbedrohenden Konsequenzen führen könnte, ist dem Vertrags(zahn)arztrecht fremd (vgl. BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R – aaO. Rn. 25).

Zur Erweiterung von Praxis- und Zusatzbudgets gemäß Nr. 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen A I., Teil B, EBM 1996 im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs hat das BSG zur Auslegung des Begriffs "besonderer Versorgungsbedarf" entschieden, dass der besondere Versorgungsbedarf eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung voraussetze, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl der Praxis habe. Dies erfordere vom Leistungsvolumen her, dass bei dem Arzt das durchschnittliche Punktzahlvolumen je Patient in dem vom Budget erfassten Bereich die Budgetgrenze übersteige und zudem, dass bei ihm im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt eine signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit vorliegt, die zwar allein noch nicht ausreiche, aber immerhin ein Indiz für eine entsprechende Spezialisierung darstelle (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 80/04 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 12 = GesR 2006, 363, juris Rn. 15 m.w.N.). Zu Erweiterungen der Zusatzbudgets nach den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B Nr. 4.3 EBM 1996 hat das BSG ebf. entschieden, dies setze voraus, dass im Leistungsangebot der betroffenen Praxis eine Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Ausrichtung zum Ausdruck komme, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte auf die Gesamtpunktzahl der Praxis habe (vgl. BSG, Urt. v. 02.04.2003 - B 6 KA 48/02 - SozR 4-2500 § 87 Nr. 1, juris Rn. 23; BSG, Urt. v. 02.04.2003 – B 6 KA 48/02 RSozR 3-2500 § 87 Nr. 31, juris Rn. 26 f.).

Die Beurteilung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Der Beklagten steht insoweit kein – der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher – Beurteilungsspielraum zu. Es gelten dieselben Erwägungen wie zu den Ausnahmen von der Teilbudgetierung nach Nr. 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung vom 7. August 1996 (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 26) und der Erweiterung der Praxis- und Zusatzbudgets (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31).

Ausgehend hiervon hält die Kammer zunächst die Ermächtigung des Vorstands der Beklagten für rechtmäßig. Die Kammer vermag aber keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Höhe des Honorars und Umfang des Regelleistungsvolumens zu erkennen. Die Fallpunktzahlen werden, KV-bezogen und nach Altersgruppen, anhand des artgruppenspezifischen Leistungsbedarfs in Punkten in den Quartalen III/03 bis II/04 bzw. von den HVV-Vertragsparteien in den Quartalen I und II/04 und der Fallzahl berechnet. Der so ermittelte Fallwert für die in die Regelleistungsvolumina einbezogenen Leistungen wird mit dem Faktor 0,8 malgenommen, d. h. um 20 % vermindert (vgl. Anlage 2 zum Teil III BRLV). Im Ergebnis bedeutet dies, dass jeder Vertragsarzt nicht eigene Durchschnittswerte, sondern die seiner Honorargruppe zuerkannt bekommt. Damit gehen die Honorarregelungen von einem gleichförmigen Leistungsgeschehen aus, was im Grundsatz, da auf die Fachgruppen abgestellt wird, nicht zu beanstanden ist. Eine Ungleichbehandlung und damit ein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit kann jedoch dann vorliegen, wenn die Praxis ein zur Fachgruppe atypischen Versorgungsbedarf abdeckt. Dies ist aber unabhängig von der Honorarhöhe oder evtl. erfolgten Ausgleichszahlungen nach Ziff. 7.5 HVV. Maßstab ist allein, wie bereits ausgeführt, ob im Leistungsangebot der betroffenen Praxis eine Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Ausrichtung zum Ausdruck komme, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte auf die Gesamtpunktzahl der Praxis hat. Die Kammer hält es auch für unzulässig, den Vertragsarzt von vornherein darauf zu verweisen, er könne auf seine Spezialisierung verzichten. In der Konsequenz kann dies bedeuten, dass Spezialisierungen mit besonderen Praxisschwerpunkten nicht mehr gebildet werden können mit der weiteren Konsequenz, dass diese Leistungen nicht oder in nur ungenügendem Umfang erbracht werden. Auch unter einer sog. gedeckelten Gesamtvergütung hat das Honorar grundsätzlich der Leistung nachzufolgen und sich das Leistungsgeschehen nicht, zumindest nicht vordringlich an den Honoraranreizen zu orientieren.

Soweit die Honorarausstattung der einzelnen Honorar(unter)gruppen auf Basis der tatsächlich in den jeweiligen Quartalen des Jahres 2004 erfolgten Honorarzahlungen erfolgt, sodass in der Ermittlung der maßgeblichen RLV-Fallpunktzahlen das von der Arzt-/Fachgruppe abgerechnete Honorarvolumen für die hier streitigen Leistungen einbezogen ist, kann im Rahmen des Grundsatzes der Gleichbehandlung nur maßgebend sein, ob hier eine normale Streuung in der Fachgruppe vorhanden ist oder die Einzelpraxis signifikant hiervon abweicht.

Der Beklagten mag zwar zuzugestehen sein, dass im Ergebnis die Anwendung der Ziff. 7.5 HVV, deren Inhalt und Rechtmäßigkeit nicht Gegenstand dieses Verfahrens war, die Bedeutung des Umfangs des Regelleistungsvolumens verringern, da Ziff. 7.5 HVV wesentlich an den individuellen Fallwerten des Vorjahresquartals anknüpft und auf dieser Grundlage Honorarveränderungen im Bereich von mehr als 5 % nach oben oder unten weitgehend nivelliert. Die Ausnahmeregelung im HVV sieht aber eine solche Verknüpfung zur Regelung nach Ziff. 7.5 HVV nicht vor, sondern ist vielmehr gerade Ausdruck des Gleichbehandlungsgebots, nach dem Ungleiches nicht gleich behandelt werden darf. Im Übrigen verliert die Honorarverteilung an Transparenz und Akzeptanz, wenn Unterschiede im Leistungsgeschehen nicht mehr adäquat erfasst werden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es bei Feststellung der Sicherstellungsgründe nicht allein auf die Versorgung im Umkreis einer Praxis an. Maßgebend für die hier strittige Ausnahmeregelung ist der Versorgungsschwerpunkt der Praxis. Mit der Erbringung der Leistungen wird zunächst der Bedarf dokumentiert, soweit eine Fehlabrechnung oder Unwirtschaftlichkeit ausgeschlossen werden kann. Der mit einer Spezialisierung einhergehende vermehrte Zulauf von Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern kann gerade auch Ausdruck der Qualität und des Rufs der Praxis sein.

Allerdings ist andererseits zu berücksichtigen, dass nicht jede im Vergleich zur Fachgruppe vermehrte Erbringung von Einzelleistungen oder Leistungsgruppen oder Spezialisierung einen Ausnahmefall begründen kann, da dann die Regelleistungsvolumina ihren Zweck der Kalkulationssicherheit nicht mehr erreichen könnten. § 85 Abs. 4 und 4a SGB V gibt keine Vorgabe für differenzierte Ausnahmen und gibt insoweit die Tendenz der Nivellierung des Leistungsgeschehens vor. Von daher ist es auch nicht zu beanstanden, dass weder der Bewertungsausschuss noch der HVV ein den die früheren Praxisbudgets ergänzenden Zusatzbudgets vergleichbares Instrumentarium vorsehen. Auch wird im Regelfall ein Ausnahmetatbestand nicht vorliegen, wenn generell in allen oder vielen Leistungsbereichen ein gegenüber der Fachgruppe erhöhtes Leistungsvolumen abgerechnet wird, da insoweit die Regelleistungsvolumina auch der Leistungsbegrenzung dienen. Eine generelle Festlegung, wann ein Ausnahmefall vorliegt, kann aber, da es sich um eine Regelung für atypische Einzelfälle handelt, nicht getroffen werden.

Im vorliegenden Fall sieht die Kammer es jedoch nicht als erwiesen an, dass ein atypischer Sonderfall vorliegt.

Besonderheiten, die auf der Zugehörigkeit zur Teilgruppe der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten beruhen, wird die Beklagte bei Neubescheidung aufgrund der teilgruppenspezifischen Fallpunktzahlen gerecht werden. Der klägerische Vortrag macht insofern nur teilgruppenspezifische Besonderheiten, nicht darüber hinausgehende Besonderheiten geltend.

Eine Sicherstellungsproblematik besteht insofern aus der Sicht jedes Behandlers, der Leistungen über das Regelleistungsvolumen hinaus erbringt. Soweit aber gewährleistet ist, dass teilgruppenspezifische Fallpunktzahlen gebildet werden, kann eine weitere Ausnahmegenehmigung nur bei einer auf sachlichen Gründen beruhenden atypischen Situation zur Teilgruppe der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten bestehen. Aus der Lage der Praxis werden solche Gründe nicht ersichtlich. Insofern hat die Kammer bereits für einen Augenarzt entschieden, der Vortrag, die Versorgung der Patienten in ländlichen, strukturschwachen Regionen müsse sichergestellt werden, könne nicht begründen, dass vermehrt Leistungen anfallen (vg. Urt. der Kammer vom 08.10.2008 – S 12 KA 84/08 -).

Im Ergebnis war der Klage daher aus den genannten Gründen stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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