L 8 AS 5755/06 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 3309/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 5755/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die Regelung in § 22 Abs. 1 SGB II normiert eine Verpflichtung des Hilfebedürftigen zu Bemühungen um eine Kostensenkung (Anschluss an LSG Rheinland-Pfalz 19.09.2006 - L 3 ER 161/06 AS -). Der Hilfebedürftige muss sich deshalb ernsthaft und intensiv um eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung bemühen (vgl HEssLSG 05.10.2006 - L 7 AS 126/06 ER -).
2. Für den Hilfebedürftigen nachteilige Konsequenzen aus der Verletzung seiner sich aus § 22 SGB II ergebenden Obliegenheit dürfen aber nur gezogen werden, wenn er zuvor vom Leistungsträger darauf hingewiesen worden ist, welche Anforderungen hinsichtlich der Wohnungsgröße (in m²) bezogen auf die Anzahl der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sowie des Kaltmietpreises pro m² Wohnungsfläche zu erfüllen sind. Dabei dürfen die für Heiz- und andere Nebenkosten ggf. aufzuwendenden Beträge nicht von vornherein auf die Zahlung von Pauschalbeträgen begrenzt werden.
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Oktober 2006 abgeändert und der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig und unter Anrechnung bereits erfolgter Zahlungen für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007 Leistungen zu den Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in Höhe von monatlich insgesamt 559,83 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Antrags- und Beschwerdeverfahren.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in tatsächlicher Höhe weiter zu gewähren.

Der 1953 geborene Antragsteller zu 1 bewohnt zusammen mit seinem am 28.08.1988 geborenen Sohn P. (Antragsteller zu 2) sowie einem weiteren 1986 geborenen Sohn S. (S) eine Mietwohnung mit einer Nutzfläche von 165 m² (5 Zimmer, 1 Küche, 1 Bad mit WC, 1 Dusche mit WC). Mit der Wohnung wurden zusätzlich 2 TG-Stellplätze vermietet. Die Gesamtmiete beträgt 1145,56 EUR (Kaltmiete 889,66 EUR, Garage/Stellplatz 40,90 EUR, Nebenkostenvorauszahlung 215 EUR). Nach einer zu den Akten gelangten Mietbescheinigung wurden ca. 50 m² der Wohnfläche am 03.01.2005 vom Antragsteller an S gegen die Verpflichtung zur Übernahme der Hälfte der Mietkosten untervermietet. Dieser Bescheinigung entsprechen ausweislich eines Aktenvermerkes des Antragsgegners vom 04.02.2005 (Blatt 45) die vom Antragsteller und S bei einer Vorsprache am 04.02.2005 gemachten Angaben. S erhielt mit Bescheid vom 28.04.2005 vom Studentenwerk M. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).

Mit Bescheiden vom 08.03.2006 (Blatt 117) und 30.06.2006 (Blatt 239) bewilligte der Antragsgegner Leistungen für Unterkunftskosten für die Zeit vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 und 01.07.2006 bis 31.08.2006 in Höhe von jeweils monatlich 724,21 EUR. In diesen Bescheiden wurde u. a. darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von 1099,66 EUR den angemessenen Betrag für einen 3-Personen-Haushalt in Höhe von 517,00 EUR überschritten und dass die unangemessenen Kosten der Unterkunft längstens für 6 Monate (bis 31.08.2006) berücksichtigt würden. Die Antragsteller wurden aufgefordert, sich intensiv um eine günstigere Wohnung zu bemühen oder anderweitige geeignete Maßnahmen mit dem Ziel der Senkung der derzeitigen Unterkunftskosten auf einen angemessenen Umfang einzuleiten und eingeleitete Bemühungen nachzuweisen. Gegen diese Bescheide erhob der Antragsteller zu 1 jeweils Widerspruch (Blatt 137/301), mit dem er sich in der Sache gegen die Aufforderung zu Bemühungen um eine günstigere Wohnung wandte. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.03.2006 blieb durch Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 23.10.2006 erfolglos (Blatt 359). Gegen diesen Widerspruchsbescheid wandte sich der Antragsteller mit Schreiben vom 25.10.2006 (Blatt 373).

Inzwischen hatte der Antragsgegner den Antragstellern mit Bescheid vom 11.08.2006 (Blatt 307) gekürzte Leistungen für angemessene Unterkunftskosten für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.12.2006 in Höhe von monatlich 344,66 EUR bewilligt. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller zu 1 am 21.08.2006 Widerspruch (Blatt 351), über den vom Antragsgegner nach Aktenlage bislang noch nicht entschieden wurde. Mit weiterem Bescheid vom 11.12.2006 wurde den Antragstellern für die Zeit vom 01.01.2007 bis 30.06.2007 Leistungen für angemessene Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 356,66 EUR bewilligt.

Auf eine Anfrage des Antragstellers zu 1 vom 06.12.2006 wegen der Angemessenheit der Kosten eines Mietobjektes (74 m², 450 EUR Miete + 160 EUR Nebenkosten) stimmte der Antragsgegner der Anmietung dieser Wohnung unter Verweis auf die angemessenen Unterkunftskosten für einen 2 Personenhaushalt nicht zu (Schreiben vom 11.12.2006).

Bereits am 06.10.2006 hatte der Antragsteller zu 1 beim Sozialgericht Mannheim (SG) den vorliegenden streitgegenständlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er hat sich zur Begründung auf einen seit Anfang 2002 andauernden Kündigungsschutzprozess berufen. Er sei derzeit nicht in der Lage, die Miete in voller Höhe zu bezahlen. Sein Vermieter drohe bereits mit Mahnungen und rechtlichen Schritten. Im Falle des Obsiegens im Kündigungsschutzprozess könne er kaum noch in seine jetzige Wohnung zurückkehren und müsse sich wieder eine vergleichbare Wohnung mit erneutem Umzug suchen. Es ergebe sich letztlich eine unzumutbare Benachteiligung seinerseits.

Der Antragsgegner ist dem Eilantrag entgegengetreten. Er hat eingehend ausgeführt dass die geltend gemachten Unterkunftskosten der Antragsteller zu hoch seien. Für einen 3-Personen-Haushalt ergebe sich eine angemessene Warmmiete in Höhe von 517 EUR und seit 01.10.2006 in Höhe von 535 EUR (437 EUR Miete zuzüglich einer angemessenen Heizkostenpauschale von 80 EUR, seit 01.10.2006 von 98 EUR). Hiervon seien 2/3 zu berücksichtigen (344,66 EUR bzw. seit 01.10.2006 356,66 EUR). Ein Anspruch auf die Übernahme der Garagenmiete in Höhe von 40,90 EUR bestehe nicht. Der Antragsteller sei seiner Verpflichtung, sich intensiv um eine Kostensenkung zu bemühen, nicht nachgekommen. Eine Vorleistungspflicht des Antragsgegners wegen der Kosten einer Wohnungssuche bestehe nicht. Außerdem bestehe kein Anordnungsgrund für die begehrte vorläufige Regelung. Er befinde sich nicht in einer akuten Notlage. Der Antragsteller zu 1 könne sich jederzeit selbst dadurch helfen, dass er sich intensiv bemühe, die Kosten der Unterkunft auf ein angemessenes Maß zu senken. Soweit er dies bislang versäumt habe, gehe dies zu seinen Lasten.

Mit Beschluss vom 23.10.2006 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller zu 1 habe weder das Vorliegen eines Anordnungsanspruches noch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes hinreichend glaubhaft gemacht.

Gegen den am 25.10.2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller zu 1 am 22.11.2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Er hat zur Begründung seiner Beschwerde ausgeführt, der angegriffene Beschluss des SG stütze sich im Wesentlichen auf die Angaben des Antragsgegners. In seinem Fall sei von zwei völlig unabhängigen Bedarfsgemeinschaften auszugehen, für die andere Kriterien für eine angemessene Wohnung gelten würden. Diese Kriterien habe der Antragsgegner bislang nie konkret genannt. Der Antragsgegner habe auch nie substantiiert erklärt, wie eine nachhaltige und ernsthafte Suche nach einer Wohnung auszusehen habe. Das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft könne vom Antragsgegner nicht unterstellt werden. Er habe dem Antragsgegner mehrfach mitgeteilt, dass eine bedarfsgerechte kostengünstigere Wohnung weder konkret verfügbar noch zugänglich gewesen sei. Damit habe sich der Antragsgegner nie auseinandergesetzt. Die Behauptung, er habe bislang keinerlei Bemühungen um eine Senkung der Unterkunftskosten nachgewiesen und sei hierzu nicht gewillt, entspreche nicht der Wahrheit. Kostenlose Zeitungen mit Wohnungsinseraten stünden ihm nicht zur Verfügung. Das Vorgehen des Antragsgegners ihm gegenüber habe zur Klage geführt.

Der Antragsgegner hält den angefochtenen Beschluss des SG für zutreffend. Das Vorbringen des Antragstellers zu 1 im Schreiben vom 18.06.2006 sowie zur Begründung seines Antrages auf einstweiligen Rechtschutz mache deutlich, dass er tatsächlich nicht aus der bisherigen Wohnung ausziehen wolle. Die Antragsteller und S bildeten eine Haushaltsgemeinschaft, für die ein Wohnraumbedarf von bis zu 75 m² zugrunde zu legen sei. Die Kosten für den Erwerb einer regionalen Tageszeitung oder für den Besuch eines Internetcafes seien aus dem Regelsatz zu bestreiten.

Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie ein Band Akten des Antragsgegners verwiesen.

II.

Die gemäß den §§ 172ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde der Antragsteller ist teilweise begründet. Sie haben einen Anordnungsanspruch auf vorläufige Leistungen von Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 559,83 EUR sowie einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Im Übrigen ist die Beschwerde jedoch nicht begründet.

Beteiligte des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens sind die Antragsteller zu 1 und 2. Sie bilden gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 1 und 4 SGB II in der ab 01.07.2006 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) des Gesetzes vom 24.03.2006 (BGBl I 558) eine Bedarfsgemeinschaft. Nur die Antragsteller – und nicht die Bedarfsgemeinschaft – sind berechtigt (aktiv legitimiert), Ansprüche auf höhere Leistungen nach dem SGB II für sich geltend zu machen. Denn diese Ansprüche stehen nicht der Bedarfsgemeinschaft zu, sondern nur den einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft (LSG Baden-Württemberg 21.07.2006 - L 7 AS 2129/06 ER-B - juris; LSG Brandenburg 09.05.2006 - L 10 AS 272/06 - juris). Der Sohn S des Antragstellers zu 1 gehört zwar, da er das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Jahrgang 1986), ebenfalls der Bedarfsgemeinschaft an, hat aber als Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB III grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben sich aus Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden (BVerfG 12.05.2005, NVwZ 2005, 927, 928).

Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1236; BVerfG, NVwZ 2004, 95,96). Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller eines Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinen Begehren verfolgt (BVerfG, NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen (BVerfG 12.05.2005, NVwZ 2005, 927, 928).

Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005, NVwZ 2005, 927, 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845, 847).

Hiervon ausgehend vermag sich der Senat der Ansicht des SG im angefochtenen Beschluss nicht anzuschließen.

Allerdings steht auch nach Ansicht des Senats fest, dass die Wohnung, in der die Antragsteller und S wohnen, nicht angemessen ist. Dies bedarf bereits im Hinblick auf die Gesamtwohnfläche von 165 m² keiner näheren Darlegung. Die Antragsteller waren und sind daher verpflichtet, sich ernsthaft und intensiv um eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung zu bemühen (vgl HessLSG 05.10.2006 - L 7 AS 126/06 ER - juris). Denn § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II normiert eine Verpflichtung des Hilfebedürftigen zu Bemühungen um eine Kostensenkung (LSG Rheinland-Pfalz 19.09.2006 - L 3 ER 161/06 AS - juris). Für die Antragsteller nachteilige Konsequenzen aus der Verletzung ihrer Obliegenheit, sich um kostengünstigeren Wohnraum zu bemühen, dürfen aber nur gezogen werden, wenn sie zuvor vom Leistungsträger darauf hingewiesen worden sind, welche Anforderungen hinsichtlich der Wohnungsgröße (in m2) bezogen auf die Anzahl der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sowie den Kaltmietpreis pro m2 Wohnfläche zu erfüllen sind.

Daran fehlt es hier. Der Antragsgegner hat in den Bescheiden vom 08.03.2006 und 30.06.2006 die angemessenen Unterkunftskosten für einen 3-Personen-Haushalt wie folgt berechnet: Für eine Wohnung mit Ölheizung ergäben sich die angemessenen Unterkunftskosten aus einer angemessenen Grundmiete mit kalten Nebenkosten in Höhe von 437,00 EUR und angemessenen Heizkosten mit 65,00 EUR und für eine Wohnung mit Beheizung durch Strom (Nachtspeicher) oder Gas aus einer Grundmiete mit kalten Nebenkosten von 437,00 EUR und Heizkosten mit 80,00 EUR. Mit der Festlegung einer pauschalen Obergrenze für Heizkosten, der Einbeziehung der sonstigen (kalten) Nebenkosten in die Kaltmiete und den fehlenden Angaben zur als angemessenen betrachteten Wohnfläche und des als angemessen zugebilligten Mietzinses ist der Antragsgegner seiner Hinweispflicht nicht nachgekommen. In welcher Höhe Heizkosten und sonstige Nebenkosten als angemessen angesehen werden müssen, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab (z.B. Isolierung der Wohnung, Beschaffenheit der Heizanlage usw). Die hierfür ggf. aufzuwendenden Kosten können nicht von vornherein auf die Zahlung von Pauschalbeträgen begrenzt werden. Außerdem muss ein Hilfebedürftiger wissen, nach welcher Wohnungsgröße er suchen muss und wie teuer die (reine) Kaltmiete sein darf. Fehlt es - wie hier - an diesen Angaben, kann er nicht gezielt nach angemessenem Wohnraum suchen. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner den Antragsteller zu 1 im Schreiben vom 11.12.2006 wegen der Anmietung einer Wohnung auf angemessene Unterkunftskosten für einen 2-Personen-Haushalt verwiesen und aus diesem Grund der Anmietung einer Wohnung durch den Antragsteller zu 1 nicht zugestimmt hat. Dies zeigt, dass auch für den Antragsgegner Unklarheiten hinsichtlich der für die Antragsteller angemessenen Wohnungsgröße bestehen.

Der Senat geht im vorliegenden Eilverfahren davon aus, dass den Antragstellern Leistungen zu Unterkunftskosten auf der Grundlage der Berechnungen in den Bescheiden des Antragsgegners vom 08.03.2006 und 30.06.2006, die die Antragsteller der Höhe nach nicht substantiiert angegriffen haben, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes weiter zu zahlen sind; sie betragen monatlich 1119,66 EUR (Miete 889,66 EUR, Nebenkosten 132,00 EUR, Heizungskosten ab 01.10.2006 nach Angaben des Antragsgegners beim SG 98,00 EUR). Nach dem Vorbringen des Antragstellers zu 1 wie auch des S am 04.02.2005 (ausweislich des hierzu gefertigten Aktenvermerks) hat S als Untermieter für die Hälfte der Unterkunftskosten aufzukommen. Dem entsprechen auch die in der Mietbescheinigung vom 03.01.2005 getroffenen Vereinbarungen zwischen dem Antragsteller zu 1 und S. Hieran muss sich der Antragsteller zu 1 jedenfalls im vorliegenden Verfahren festhalten lassen. Zwar bleibt - insbesondere im Hinblick auf den mit Wirkung ab 01.01.2007 durch Art. 1 Nr. 21 Buchst. e) Fortentwicklungsgesetz vom 20.07.2006 (BGBl I 1706) eingefügten § 22 Abs. 7 SGB II - zu prüfen, ob es sich bei der Untervermietung um ein nichtiges Scheingeschäft handelt (vgl. Senatsurteil vom 15.09.2006 - L 8 AS 5071/05 -), wofür nach der Rechtsprechung des Senats die familiären Verhältnisse sprechen könnten (vgl. Senatsurteil vom 17.03.2006 - L 8 AS 4364/05 -). Nähere Feststellungen hierzu sind nach Aktenlage bislang nicht getroffen worden. Der Senat sieht auch kein Anlass, im vorliegenden Eilverfahren hierzu nähere Feststellungen zu treffen. Abgesehen davon, dass dadurch im vorliegenden Verfahren zu Gunsten des Antragsgegners die Unterkunftskosten der Antragsteller vermindert werden, steht die Eilbedürftigkeit des auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Eilverfahrens dem entgegen. Die weitere Sachverhaltsaufklärung muss daher dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Damit haben die Antragsteller aber einen eigenen Bedarf für Unterkunftskosten in Höhe von - lediglich - monatlich 559,83 EUR glaubhaft gemacht.

Ein Anordnungsgrund ist gegeben. Der abweichenden Ansicht des SG und des Antragsgegners folgt der Senat nicht. Die Auffassung des Antragsgegners liefe im Ergebnis darauf hinaus, dass den Antragstellern die Inanspruchnahme effektiven Rechtsschutzes weitgehend versagt bliebe, was gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstieße. Ein Anordnungsgrund ist auch entgegen der Ansicht des SG nicht deswegen zu verneinen, weil den Antragstellern derzeit wohl Obdachlosigkeit nicht droht bzw. nicht unmittelbar bevorsteht. Denn die unstreitig im Sinne des SGB II hilfebedürftigen Antragsteller sind nach deren unwidersprochenen Vorbringen nicht mehr in der Lage, den Unterschiedsbetrag der von ihnen zu tragenden monatlichen Anteile der tatsächlich anfallenden Unterkunftskosten und den vom Antragsgegner ab 01.09.2006 bewilligten gekürzten Leistungen für Unterkunftskosten und Heizung aus eigenen Mitteln aufzubringen und damit den Fortbestand des Wohnungsmietverhältnisses zu sichern. Ein weiteres Zuwarten ist den Antragstellern nicht zuzumuten. Denn Zahlungen des Antragsgegners nach Abschluss eines erst bei unmittelbar drohendem Wohnungsverlust eingeleiteten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens wären in tatsächlicher Hinsicht voraussichtlich nicht mehr geeignet, eine Obdachlosigkeit den Antragsteller nachträglich zu verhindern. Die Antragsteller können auch nicht darauf verwiesen werden, Mietschulden auflaufen zu lassen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz aaO Rn 18).

Der Senat betrachtet es im vorliegenden Fall als angemessen, die einstweilige Anordnung auf den Zeitraum vom 01.10.2006 bis 31.03.2007 zu begrenzen. Eine Verpflichtung zur Bewilligung von Leistungen vor dem Zeitpunkt der Beantragung der einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht (06.10.2006) kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Dies beruht auf dem auch für das Recht des SGB II geltenden Grundsatz, dass Hilfe zum Lebensunterhalt im Wege einer einstweiligen Anordnung nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu erfolgen hat und nicht rückwirkend zu bewilligen ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht ist (LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 01.08.2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - und Beschluss des Senats vom 28.10.2005 - L 8 AS 3783/05 ER-B), was bei den Antragstellern nicht zutrifft. Die Begrenzung auf den 31.03.2007 beruht darauf, dass nicht auszuschließen ist, dass die Antragsteller bis dahin eine andere angemessene Wohnung gefunden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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