Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 2873/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3385/06 W-A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Bei Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in kassenärztlichen Zulassungssachen (hier: Konkurrentenstreit um eine nachzubesetzende Praxis) beträgt der Streitwert die Hälfte des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens (also 1/2 x drei Jahre x (durchschnittlicher Umsatz der Fachgruppe abzüglich durchschnittliche Kosten der Fachgruppe))--Abweichung vom Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit C IX 16.2
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens L 5 KA 3384/06 ER-B wird auf 118.800 EUR festgesetzt.
Gründe:
Da weder der Beschwerdeführer noch der Beschwerdegegner des vorliegenden Verfahrens zu den in § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Personen (Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger) gehören, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben; das Verfahren ist daher gem. § 1 Abs.1 Nr. 4 GKG gerichtskostenpflichtig.
Gem. § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert gerichtskostenpflichtiger Verfahren nach der sich aus dem Antrag des Klägers (hier des Beschwerdeführers - vgl. auch § 52 Abs. 7 GKG) für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gem. § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,- EUR anzunehmen. Diese Vorschriften gelten auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b SGG (§ 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG). Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert gem. § 47 Abs. 1 GKG nach den Anträgen des Rechtsmittelführers; allerdings ist der Streitwert (abgesehen von Erweiterungen des Streitgegenstands) durch den Streitwert des ersten Rechtszugs begrenzt (§ 47 Abs. 2 GKG).
Da sich die Höhe der Gerichtskosten maßgeblich nach der Höhe des Streitwerts richtet und das Risiko, Gerichtskosten tragen zu müssen, für den Zugang zum Gericht von nicht unerheblicher Bedeutung sein kann, besteht ein Bedürfnis danach, die Streitwertpraxis der Gerichte vorhersehbar zu machen und zu vereinheitlichen. Dem dienen die Streitwertkataloge, die zunächst für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und nunmehr auch für die Sozialgerichtsbarkeit auf der Grundlage der Rechtsprechung unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsliteratur erarbeitet worden sind. Sie haben den Charakter von Empfehlungen ohne verbindliche Wirkung für die Gerichte.
Der Senat geht bei seiner Rechtsprechung vom Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit aus, der auf der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Landessozialgerichte vom 16.5.2006 auf Vorschlag des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz beschlossen worden ist. Außerdem berücksichtigt er, soweit der Sache nach angezeigt, ergänzend den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dieser wurde im Juli 2004 neu gefasst (veröffentlicht in: NVwZ 2004, 1327).
Hier begehrte der Beschwerdeführer zum einen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen den Bescheid des Beschwerdegegners vom 12.6.2006 erhobenen Klage; mit diesem Bescheid war der Beigeladene Nr. 8 unter Ablehnung des Zulassungsantrags des Beschwerdeführers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung unter Übernahme der Praxis des Dr. K. zugelassen worden. Außerdem begehrte er, im Wege der einstweiligen Anordnung (selbst) als Facharzt für Allgemeinmedizin vorläufig zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Nachbesetzungsverfahren des Vertragsarztsitzes des Dr. K zugelassen zu werden.
Das Interesse des Beschwerdeführers an der erstrebten Gerichtsentscheidung wird maßgebend geprägt von seinem Begehren, vorläufig an Stelle des mit ihm um den nachzubesetzenden Vertragsarztsitz konkurrierenden Beigeladenen Nr. 8 zugelassen zu werden und sodann aus der vertragsärztlichen Tätigkeit Einnahmen zu erzielen. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die Zulassung des Beigeladenen Nr. 8 gerichteten (offensiven) Konkurrentenklage dient diesem (eigentlichen) Ziel (nur) und hat daher für die Bemessung des Streitwerts keine eigenständige Bedeutung (vgl. auch etwa Senatsbeschluss vom 24.7.2006, - L 5 KA 2736/06 W-A -).
Bei Verfahren, in denen die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung begehrt wird, orientiert sich das wirtschaftliche Interesse am durch die vertragsärztliche Tätigkeit erzielbaren Gewinn (Umsatz abzüglich Praxiskosten). Weil dieses wirtschaftliche Interesse in die Zukunft gerichtet ist, lässt es sich nicht exakt berechnen, sondern nur schätzen. Dabei können bei einer Neuzulassung mangels eigener Umsatzzahlen des Vertragsarztes nur die Durchschnittswerte der jeweiligen Arztgruppe als Schätzungsgrundlage dienen (vgl. Senatsbeschluss vom 24.7.2006, a. a. O.; auch Nr. C IX 16.4 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit). Entsprechend ist bei Konkurrentenstreitigkeiten um eine Praxisübernahme zu verfahren; diese sind wie Streitigkeiten um Neuzulassungen zu behandeln. Der hier deutlich unterdurchschnittliche (Schriftsatz der Beigeladenen Nr. 1 vom 19.7.2006, Senatsakte S. 53) Umsatz der zu übernehmenden Praxis ist daher nicht maßgeblich, weil davon auszugehen ist, dass der Übernehmer zumindest den durchschnittlichen Umsatz seiner Arztgruppe erzielen will. Eine Ausnahme davon kann geboten sein, wenn die zu übernehmende Praxis - was hier nicht der Fall ist - eine ganz besondere Struktur aufweist und (etwa) die Erzielung weit überdurchschnittlicher Umsätze ermöglicht, was sich regelmäßig im Preis für die Praxisübernahme niederschlagen dürfte (vgl. Wenner/Bernhard, NZS 2001, 57, 60 unter Hinweis auf LSG Hessen, Beschl. v. 20.12.1996, - L 7 B 37/95 -).
Aus dem Gesagten folgt nach Auffassung des Senats, dass auch in Verfahren der vorliegenden Art auf den Gewinn und nicht allein auf den Umsatz ohne Abzug von Praxiskosten abzustellen ist. Für den als Konkurrentenstreit um eine nachzubesetzende Praxis ausgetragenen Zulassungsstreit kann nichts anderes gelten als für (um Praxisneugründungen ausgetragene) Zulassungsstreitigkeiten im allgemeinen. Der Senat folgt damit nicht der anders lautenden Empfehlung unter Nr. C IX 16.6. des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit, die sich offenbar auf die im zitierten Aufsatz von Wenner/Bernhard, a. a. O. unter Fn. 26 angeführte Entscheidung des LSG Hessen vom 20.12.1996 (a. a. O.) bezieht, in der das wirtschaftliche Interesse des die Zulassung begehrenden Arztes nicht nur auf die Erzielung eines Gewinns, sondern auch auf die Deckung aller Kosten der Arztpraxis erstreckt wird. Dies entspricht nicht den zuvor dargestellten Grundsätzen für die Streitwertfestsetzung in Zulassungssachen (vgl. dazu auch Nr. C IX 16.4 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit, der für Zulassungsstreitigkeiten ebenfalls auf den Gewinn - Umsatz abzüglich Praxiskosten - abstellt; entsprechend Nr. C IX 16.3 für Zulassungsentziehungen). Der Kaufpreis, der für die zu übernehmende Praxis entrichtet werden muss, ist demgegenüber nicht Gegenstand des Verfahrens und als nur mittelbare Folge der erstrebten Zulassung für die Streitwertfestsetzung nicht maßgebend (Senatsbeschluss vom 27.8.1999, - L 5 KA 1576/99 W-B -).
In Übereinstimmung mit der neuen Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 1.9.2005 - B 6 KA 41/04 R - zum Streitwert bei der Zulassung von Vertragsärzten und Beschluss vom 10.11.2005 - B 3 KR 36/05 B - zur Zulassung nicht ärztlicher Leistungserbringer), geht der Senat bei der Streitwertfestsetzung in Hauptsacheverfahren schließlich davon aus, dass in vertragsärztlichen Zulassungssachen der Jahresbetrag der Einnahmen mit dem Faktor drei zu multiplizieren ist (Senatsbeschluss vom 24.7.2006, a. a. O.).
Nach den von der Beigeladenen Nr. 1 (unwidersprochen) mitgeteilten Zahlenwerten beträgt der Durchschnittsumsatz der Fachgruppe der Allgemeinärzte ca. 176.000 EUR (Senatsakte W-A-Verfahren S. 4). Abzüglich des hier maßgeblichen Praxiskostenanteils von 55 % verbleibt ein durchschnittlicher Jahresgewinn von 79.200 EUR. Im Hauptsacheverfahren wäre daher ein Streitwert von 237.600 EUR (dreifacher Jahresgewinn) anzusetzen.
Für einstweilige Anordnungsverfahren empfiehlt der Streitwertkatalog der Sozialgerichtsbarkeit unter Nr. B 7.1 im Abschnitt "Allgemeines, Verfahrensrecht" einen Streitwert von einem Viertel bis zur Hälfte des Streitwerts der Hauptsache je nach deren wirtschaftlichen Bedeutung; bei Vorwegnahme der Hauptsache soll in der Regel der volle Streitwert festgesetzt werden. Diese Empfehlung bezieht der Senat auf Verfahren, die den Erlass einstweiliger Anordnungen i. S. d. § 86b Abs. 2 SGG zum Gegenstand haben. Hier wird, wenn nicht die Hauptsache vorweggenommen werden soll, regelmäßig die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts die sich aus dem Antrag des Klägers (Antragstellers) für ihn ergebende Bedeutung der Sache (§ 52 Abs. 1 GKG) angemessen widerspiegeln. Denn entweder soll das in der Hauptsache verfolgte Recht (mit der Sicherungsanordnung) gegen Veränderungen des bestehenden Zustands gesichert werden oder der Antragsteller will (mit der Regelungsanordnung) den vorläufigen Zustand in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis regeln (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG). Sowohl Sicherungs- wie Regelungsanordnung erfassen mit ihren rechtlichen Wirkungen daher den Gegenstand des Hauptsacheverfahrens (das Recht oder das Rechtsverhältnis) unmittelbar, was es rechtfertigt, den Streitwert dieser vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf mindestens die Hälfte des für die Hauptsache maßgeblichen Streitwerts zu bemessen (vgl. Senatsbeschluss vom 11.9.2006, - L 5 KR 2854/06 W-A -).
Mit seinem auf vorläufige Zulassung im Nachbesetzungsverfahren gerichteten Begehren will der Beschwerdeführer die Entscheidung in der Hauptsache zeitweise - bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens - vorwegnehmen. Der Ansatz des vollen Hauptsachestreitwerts ist daher im Grundsatz gerechtfertigt, da der Beschwerdeführer bei Erlass der einstweiligen Anordnung nicht anders als ein bestandskräftig zugelassener Arzt tätig werden könnte und sein Honorar auch nicht zurückzahlen müsste, wenn er in der Hauptsache unterliegen würde (Wenner/Bernhard, NZS 2001, 57, 59 sowie NZS 2003, 568, 571 unter Hinweis auf LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 12.7.2001, - L 1 B 6/99 KA und L 1 B 51/00 KA -).
Abweichend von der für einstweilige Anordnungsverfahren unter Nr. B 7.1 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit allgemeinen ausgesprochenen Empfehlung ist für einstweilige Anordnungen in vertrags(zahn)ärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Zulassungsverfahren auf die Höhe der Einnahmen, die während der wahrscheinlichen Verfahrensdauer zu erzielen wären, abzustellen (Wenner/Bernhard, NZS 2001, 57, 59 unter Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.10.1999, - L 11 B 36/99 -). Der Streitwertkatalog empfiehlt folgerichtig unter Hinweis auf die genannten Abhandlungen von Wenner/Bernhard (a. a. O.) sowie deren Darlegungen in NZS 2006, 1, 3 f.) in Nr. C IX 16.2 für Verfahren dieser Art den Streitwert mit der Höhe der Einnahmen während der voraussichtlichen Verfahrensdauer von 1 Jahr ohne Abschlag anzunehmen. Diesem Ansatz vermag sich der Senat jedoch nicht anzuschließen. Er erfordert zum einen eine höchst problematische Schätzung, bei der der zu erwartende Umsatz einer einzelnen Praxis mit all ihren (möglicherweise umstrittenen) Besonderheiten und den individuellen Fähigkeiten des Zulassungsbewerbers im Wege der Prognose festzulegen ist, zum anderen geht er von einer Verfahrensdauer aus, die auch bei zügig arbeitenden Gerichten häufig nicht einzuhalten ist.
Größere Rechtssicherheit insbesondere hinsichtlich der voraussichtlich anfallenden Kosten bietet die bisherige langjährige Rechtsprechung des Senats, wonach in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig die Hälfte des Gegenstandswertes des Hauptsacheverfahrens anzusetzen ist (Beschluss vom 9. November 2001 L 5 KA 1455/01 W-B; vgl. auch Knittel in: Hennig u. a., Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 151). Dieser Pauschalabzug erübrigt zum einen Überlegungen, wie lange das Hauptsacheverfahren gedauert hätte. Das Abstellen auf den durchschnittlichen Gewinn der Fachgruppe vermeidet zum anderen aufwändige Ermittlungen im Einzelfall und gibt den Anwälten bei ihrer Beratung schon vor der Einleitung eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes eine brauchbare Grundlage für die Schätzung der voraussichtlich anfallenden Kosten. Auch kann im Regelfall im Streitwertverfahren die Prüfung entfallen, ob die Hauptstreitpunkte der Hauptsache auch schon im einstweiligen Anordnungsverfahren entscheidungserheblich sind. Der Senat hält deshalb an seiner bisher praktizierten Rechtsprechung (vgl. zuletzt Beschluss vom 24.07.2006 - L 5 KA 2736/06 W-A) fest.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich ein Betrag in Höhe von 118.800 EUR (Hälfte des Hauptsachestreitwerts von 237.600 EUR ), sodass der Streitwert in dieser Höhe festzusetzen ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Da weder der Beschwerdeführer noch der Beschwerdegegner des vorliegenden Verfahrens zu den in § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Personen (Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger) gehören, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben; das Verfahren ist daher gem. § 1 Abs.1 Nr. 4 GKG gerichtskostenpflichtig.
Gem. § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert gerichtskostenpflichtiger Verfahren nach der sich aus dem Antrag des Klägers (hier des Beschwerdeführers - vgl. auch § 52 Abs. 7 GKG) für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gem. § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,- EUR anzunehmen. Diese Vorschriften gelten auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b SGG (§ 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG). Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert gem. § 47 Abs. 1 GKG nach den Anträgen des Rechtsmittelführers; allerdings ist der Streitwert (abgesehen von Erweiterungen des Streitgegenstands) durch den Streitwert des ersten Rechtszugs begrenzt (§ 47 Abs. 2 GKG).
Da sich die Höhe der Gerichtskosten maßgeblich nach der Höhe des Streitwerts richtet und das Risiko, Gerichtskosten tragen zu müssen, für den Zugang zum Gericht von nicht unerheblicher Bedeutung sein kann, besteht ein Bedürfnis danach, die Streitwertpraxis der Gerichte vorhersehbar zu machen und zu vereinheitlichen. Dem dienen die Streitwertkataloge, die zunächst für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und nunmehr auch für die Sozialgerichtsbarkeit auf der Grundlage der Rechtsprechung unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsliteratur erarbeitet worden sind. Sie haben den Charakter von Empfehlungen ohne verbindliche Wirkung für die Gerichte.
Der Senat geht bei seiner Rechtsprechung vom Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit aus, der auf der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Landessozialgerichte vom 16.5.2006 auf Vorschlag des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz beschlossen worden ist. Außerdem berücksichtigt er, soweit der Sache nach angezeigt, ergänzend den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dieser wurde im Juli 2004 neu gefasst (veröffentlicht in: NVwZ 2004, 1327).
Hier begehrte der Beschwerdeführer zum einen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen den Bescheid des Beschwerdegegners vom 12.6.2006 erhobenen Klage; mit diesem Bescheid war der Beigeladene Nr. 8 unter Ablehnung des Zulassungsantrags des Beschwerdeführers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung unter Übernahme der Praxis des Dr. K. zugelassen worden. Außerdem begehrte er, im Wege der einstweiligen Anordnung (selbst) als Facharzt für Allgemeinmedizin vorläufig zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Nachbesetzungsverfahren des Vertragsarztsitzes des Dr. K zugelassen zu werden.
Das Interesse des Beschwerdeführers an der erstrebten Gerichtsentscheidung wird maßgebend geprägt von seinem Begehren, vorläufig an Stelle des mit ihm um den nachzubesetzenden Vertragsarztsitz konkurrierenden Beigeladenen Nr. 8 zugelassen zu werden und sodann aus der vertragsärztlichen Tätigkeit Einnahmen zu erzielen. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die Zulassung des Beigeladenen Nr. 8 gerichteten (offensiven) Konkurrentenklage dient diesem (eigentlichen) Ziel (nur) und hat daher für die Bemessung des Streitwerts keine eigenständige Bedeutung (vgl. auch etwa Senatsbeschluss vom 24.7.2006, - L 5 KA 2736/06 W-A -).
Bei Verfahren, in denen die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung begehrt wird, orientiert sich das wirtschaftliche Interesse am durch die vertragsärztliche Tätigkeit erzielbaren Gewinn (Umsatz abzüglich Praxiskosten). Weil dieses wirtschaftliche Interesse in die Zukunft gerichtet ist, lässt es sich nicht exakt berechnen, sondern nur schätzen. Dabei können bei einer Neuzulassung mangels eigener Umsatzzahlen des Vertragsarztes nur die Durchschnittswerte der jeweiligen Arztgruppe als Schätzungsgrundlage dienen (vgl. Senatsbeschluss vom 24.7.2006, a. a. O.; auch Nr. C IX 16.4 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit). Entsprechend ist bei Konkurrentenstreitigkeiten um eine Praxisübernahme zu verfahren; diese sind wie Streitigkeiten um Neuzulassungen zu behandeln. Der hier deutlich unterdurchschnittliche (Schriftsatz der Beigeladenen Nr. 1 vom 19.7.2006, Senatsakte S. 53) Umsatz der zu übernehmenden Praxis ist daher nicht maßgeblich, weil davon auszugehen ist, dass der Übernehmer zumindest den durchschnittlichen Umsatz seiner Arztgruppe erzielen will. Eine Ausnahme davon kann geboten sein, wenn die zu übernehmende Praxis - was hier nicht der Fall ist - eine ganz besondere Struktur aufweist und (etwa) die Erzielung weit überdurchschnittlicher Umsätze ermöglicht, was sich regelmäßig im Preis für die Praxisübernahme niederschlagen dürfte (vgl. Wenner/Bernhard, NZS 2001, 57, 60 unter Hinweis auf LSG Hessen, Beschl. v. 20.12.1996, - L 7 B 37/95 -).
Aus dem Gesagten folgt nach Auffassung des Senats, dass auch in Verfahren der vorliegenden Art auf den Gewinn und nicht allein auf den Umsatz ohne Abzug von Praxiskosten abzustellen ist. Für den als Konkurrentenstreit um eine nachzubesetzende Praxis ausgetragenen Zulassungsstreit kann nichts anderes gelten als für (um Praxisneugründungen ausgetragene) Zulassungsstreitigkeiten im allgemeinen. Der Senat folgt damit nicht der anders lautenden Empfehlung unter Nr. C IX 16.6. des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit, die sich offenbar auf die im zitierten Aufsatz von Wenner/Bernhard, a. a. O. unter Fn. 26 angeführte Entscheidung des LSG Hessen vom 20.12.1996 (a. a. O.) bezieht, in der das wirtschaftliche Interesse des die Zulassung begehrenden Arztes nicht nur auf die Erzielung eines Gewinns, sondern auch auf die Deckung aller Kosten der Arztpraxis erstreckt wird. Dies entspricht nicht den zuvor dargestellten Grundsätzen für die Streitwertfestsetzung in Zulassungssachen (vgl. dazu auch Nr. C IX 16.4 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit, der für Zulassungsstreitigkeiten ebenfalls auf den Gewinn - Umsatz abzüglich Praxiskosten - abstellt; entsprechend Nr. C IX 16.3 für Zulassungsentziehungen). Der Kaufpreis, der für die zu übernehmende Praxis entrichtet werden muss, ist demgegenüber nicht Gegenstand des Verfahrens und als nur mittelbare Folge der erstrebten Zulassung für die Streitwertfestsetzung nicht maßgebend (Senatsbeschluss vom 27.8.1999, - L 5 KA 1576/99 W-B -).
In Übereinstimmung mit der neuen Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 1.9.2005 - B 6 KA 41/04 R - zum Streitwert bei der Zulassung von Vertragsärzten und Beschluss vom 10.11.2005 - B 3 KR 36/05 B - zur Zulassung nicht ärztlicher Leistungserbringer), geht der Senat bei der Streitwertfestsetzung in Hauptsacheverfahren schließlich davon aus, dass in vertragsärztlichen Zulassungssachen der Jahresbetrag der Einnahmen mit dem Faktor drei zu multiplizieren ist (Senatsbeschluss vom 24.7.2006, a. a. O.).
Nach den von der Beigeladenen Nr. 1 (unwidersprochen) mitgeteilten Zahlenwerten beträgt der Durchschnittsumsatz der Fachgruppe der Allgemeinärzte ca. 176.000 EUR (Senatsakte W-A-Verfahren S. 4). Abzüglich des hier maßgeblichen Praxiskostenanteils von 55 % verbleibt ein durchschnittlicher Jahresgewinn von 79.200 EUR. Im Hauptsacheverfahren wäre daher ein Streitwert von 237.600 EUR (dreifacher Jahresgewinn) anzusetzen.
Für einstweilige Anordnungsverfahren empfiehlt der Streitwertkatalog der Sozialgerichtsbarkeit unter Nr. B 7.1 im Abschnitt "Allgemeines, Verfahrensrecht" einen Streitwert von einem Viertel bis zur Hälfte des Streitwerts der Hauptsache je nach deren wirtschaftlichen Bedeutung; bei Vorwegnahme der Hauptsache soll in der Regel der volle Streitwert festgesetzt werden. Diese Empfehlung bezieht der Senat auf Verfahren, die den Erlass einstweiliger Anordnungen i. S. d. § 86b Abs. 2 SGG zum Gegenstand haben. Hier wird, wenn nicht die Hauptsache vorweggenommen werden soll, regelmäßig die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts die sich aus dem Antrag des Klägers (Antragstellers) für ihn ergebende Bedeutung der Sache (§ 52 Abs. 1 GKG) angemessen widerspiegeln. Denn entweder soll das in der Hauptsache verfolgte Recht (mit der Sicherungsanordnung) gegen Veränderungen des bestehenden Zustands gesichert werden oder der Antragsteller will (mit der Regelungsanordnung) den vorläufigen Zustand in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis regeln (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG). Sowohl Sicherungs- wie Regelungsanordnung erfassen mit ihren rechtlichen Wirkungen daher den Gegenstand des Hauptsacheverfahrens (das Recht oder das Rechtsverhältnis) unmittelbar, was es rechtfertigt, den Streitwert dieser vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf mindestens die Hälfte des für die Hauptsache maßgeblichen Streitwerts zu bemessen (vgl. Senatsbeschluss vom 11.9.2006, - L 5 KR 2854/06 W-A -).
Mit seinem auf vorläufige Zulassung im Nachbesetzungsverfahren gerichteten Begehren will der Beschwerdeführer die Entscheidung in der Hauptsache zeitweise - bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens - vorwegnehmen. Der Ansatz des vollen Hauptsachestreitwerts ist daher im Grundsatz gerechtfertigt, da der Beschwerdeführer bei Erlass der einstweiligen Anordnung nicht anders als ein bestandskräftig zugelassener Arzt tätig werden könnte und sein Honorar auch nicht zurückzahlen müsste, wenn er in der Hauptsache unterliegen würde (Wenner/Bernhard, NZS 2001, 57, 59 sowie NZS 2003, 568, 571 unter Hinweis auf LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 12.7.2001, - L 1 B 6/99 KA und L 1 B 51/00 KA -).
Abweichend von der für einstweilige Anordnungsverfahren unter Nr. B 7.1 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit allgemeinen ausgesprochenen Empfehlung ist für einstweilige Anordnungen in vertrags(zahn)ärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Zulassungsverfahren auf die Höhe der Einnahmen, die während der wahrscheinlichen Verfahrensdauer zu erzielen wären, abzustellen (Wenner/Bernhard, NZS 2001, 57, 59 unter Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.10.1999, - L 11 B 36/99 -). Der Streitwertkatalog empfiehlt folgerichtig unter Hinweis auf die genannten Abhandlungen von Wenner/Bernhard (a. a. O.) sowie deren Darlegungen in NZS 2006, 1, 3 f.) in Nr. C IX 16.2 für Verfahren dieser Art den Streitwert mit der Höhe der Einnahmen während der voraussichtlichen Verfahrensdauer von 1 Jahr ohne Abschlag anzunehmen. Diesem Ansatz vermag sich der Senat jedoch nicht anzuschließen. Er erfordert zum einen eine höchst problematische Schätzung, bei der der zu erwartende Umsatz einer einzelnen Praxis mit all ihren (möglicherweise umstrittenen) Besonderheiten und den individuellen Fähigkeiten des Zulassungsbewerbers im Wege der Prognose festzulegen ist, zum anderen geht er von einer Verfahrensdauer aus, die auch bei zügig arbeitenden Gerichten häufig nicht einzuhalten ist.
Größere Rechtssicherheit insbesondere hinsichtlich der voraussichtlich anfallenden Kosten bietet die bisherige langjährige Rechtsprechung des Senats, wonach in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig die Hälfte des Gegenstandswertes des Hauptsacheverfahrens anzusetzen ist (Beschluss vom 9. November 2001 L 5 KA 1455/01 W-B; vgl. auch Knittel in: Hennig u. a., Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 151). Dieser Pauschalabzug erübrigt zum einen Überlegungen, wie lange das Hauptsacheverfahren gedauert hätte. Das Abstellen auf den durchschnittlichen Gewinn der Fachgruppe vermeidet zum anderen aufwändige Ermittlungen im Einzelfall und gibt den Anwälten bei ihrer Beratung schon vor der Einleitung eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes eine brauchbare Grundlage für die Schätzung der voraussichtlich anfallenden Kosten. Auch kann im Regelfall im Streitwertverfahren die Prüfung entfallen, ob die Hauptstreitpunkte der Hauptsache auch schon im einstweiligen Anordnungsverfahren entscheidungserheblich sind. Der Senat hält deshalb an seiner bisher praktizierten Rechtsprechung (vgl. zuletzt Beschluss vom 24.07.2006 - L 5 KA 2736/06 W-A) fest.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich ein Betrag in Höhe von 118.800 EUR (Hälfte des Hauptsachestreitwerts von 237.600 EUR ), sodass der Streitwert in dieser Höhe festzusetzen ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved