L 11 KR 104/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 KR 2441/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 104/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. November 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin das Arzneimittel "Magium K forte" zu erstatten ist.

Die 1929 geborene Klägerin, die anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hat, ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie leidet an einer koronaren Herzkrankheit (Z.n. Vorderwandinfarkt 3/98; Z.n. Linksherzdekompensation 4/98), arteriellen Hypertonie, Hypercholesterinämie und einem Zustand nach Ulcus ventriculi. Außerdem besteht der Verdacht auf eine distal symmetrische sensible Polyneuropathie.

Am 10.02.2005 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines Arztbriefes des Prof. Dr. S., Chefarzt, Abteilung für Innere Medizin 3 des R.-B.-Krankenhauses S., wonach ihr u.a. die Einnahme von Magnesium K forte empfohlen wird, und von Belegen der R.-Apotheke S. über den Kauf von Magium K forte (100 Stück 15,30 EUR), die Erstattung der verauslagten Arzneimittelkosten. Gleichzeitig bat sie um Prüfung, ob Magium K forte verordnet werden könne. Ihr Begehren begründete sie damit, dass ihr Prof. Dr. S. erklärt habe, dass dieses Medikament nötig sei, weil durch die Einnahme der anderen Medikamente ihrem Körper etwas entzogen werde, was ihm wieder zugeführt werden müsse.

Die Beklagte wandte sich daraufhin zunächst an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Für diesen führte Dr. T. aus, bei dem Arzneimittel handele es sich um ein apothekenpflichtiges, aber nicht rezeptpflichtiges Arzneimittel. Nach § 31 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf apothekenpflichtige Arzneimittel, sofern sie nicht durch § 34 SGB V ausgeschlossen seien. Nach § 34 SGB V seien nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich von der Versorgung ausgeschlossen, es sei denn die Verordnung erfolge für Kinder unter 12 Jahren oder entwicklungsgestörte Jugendliche unter 18 Jahren oder der Bundesausschuss habe in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V (Arzneimittelrichtlinien/AMR) die Verordnungsfähigkeit bejaht, da es sich um einen Therapiestandard bei schwerwiegenden Erkrankungen handele. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe für die Substanzgruppe Magnesiumverbindungen nach Ziffer 16.4 AMR eine Ausnahme, bei der eine Verordnung möglich ist, nur bei angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen definiert. Für die Indikation Zustand nach Vorderwandinfarkt könne das Präparat nicht verordnet werden.

Mit Bescheid vom 14.03.2005, der nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, lehnte die Beklagte hierauf einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten für das Arzneimittel Magium K forte ab, da es sich um ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel handele und auch keine Ausnahmeindikation der Arzneimittel-Richtlinien vorliege.

Die Klägerin brachte hiergegen vor, die Verordnung von Magium K forte sei nach Abschnitt G Ziffer 20.2 Buchstabe g, Fall 8 der AMR ausdrücklich ausgenommen von der Verordnungsbeschränkung des Satzes 1.

Die Beklagte erläuterte der Klägerin daraufhin, das Präparat Magium K forte gehöre zu der Gruppe der Mineralstoffpräparate. Es handele sich um ein Arzneimittel, das zur Behandlung von Kalium- und Magnesiummangel zugelassen sei. Es sei apothekenpflichtig, unterliege jedoch nicht der Verschreibungspflicht nach dem Arzneimittelgesetz (§ 48 Arzneimittelgesetz). Für die Arzneimittelgruppe der apothekenpflichtigen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel seien die Regelungen im Abschnitt F AMR maßgeblich. Der Abschnitt F regele die gesetzlichen Verordnungsausschlüsse bei der Arzneimittelversorgung und zugelassene Ausnahmen. Nr. 16 enthalte die Regelungen zu apothekenpflichtigen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V schließe nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel als Kassenleistung aus. Der nachfolgende Satz 2 verpflichte den Gemeinsamen Bundesausschuss Richtlinien festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden könnten. Schwerwiegende Erkrankungen und Standardtherapeutika zu deren Behandlung seien in den Nrn. 16.4.1 bis 16.4.43 und 16.5 festgelegt. Zu Magnesiumverbindungen seien die Erkrankungen in den Nrn. 16.4.24 und 25 aufgeführt. Die koronare Herzkrankheit, an der die Klägerin leide, zähle nicht zu diesen Erkrankungen. Der Abschnitt G AMR enthalte Regelungen zu Verordnungseinschränkungen aufgrund der §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 12, 70 SGB V und zugelassene Ausnahmen. Nach Nr. 20.2. dürften die unter a) bis k) aufgeführten Arzneimittel nur unter der Voraussetzung verordnet werden, dass zuvor allgemeine nicht medikamentöse Maßnahmen genutzt worden seien, hierdurch aber das Behandlungsziel nicht habe erreicht werden können und eine medikamentöse Behandlung mit diesen Arzneimitteln zusätzlich erforderlich sei. Gemäß Buchstabe g) seien hier Verordnungen von Magnesium- und Magnesium-Kalium-Verbindungen zur kardialen Therapie möglich. Soweit der behandelnde Arzt die vorher genannten Voraussetzungen für eine Arzneimitteltherapie bei der Klägerin als erfüllt ansehe, müsse er das notwendige Arzneimittel aus den zur Verfügung stehenden verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auswählen. Ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel käme hierfür nicht in Frage.

Die Klägerin legte hierauf weitere Arztbriefe des R.-B.-Krankenhauses aus den Jahren 2002 bis 2005 und den Bescheid des Versorgungsamts S., wonach ihr Grad der Behinderung 80 beträgt, vor und vertrat die Auffassung, der Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel in § 34 SGB V sei nur grundsätzlicher Natur. Abschnitt F der AMR lasse Ausnahmen zu. In gleicher Weise sei auch Abschnitt G der AMR als Abweichung von § 34 SGB V zu werten. Abschnitt G gelte auch für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Im übrigen sei die von Prof. Dr. S. vorgenommene Verordnung von Magium K forte zur Herztherapie auch als Non plus ultra im Sinne von Abschnitt F Ziffer 16.1 bis 16.3 anzusehen.

Die Beklagte schaltete hierauf noch einmal den MDK ein. Dieser hielt an seiner bisherigen Auffassung fest.

Mit Bescheid vom 19.09.2005 lehnte die Beklagte hierauf noch einmal die Kostenerstattung ab. Ergänzend führte sie aus, es sei richtig, dass der Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel nach § 34 SGB V nur grundsätzlicher Natur sei. Die Einschränkungen des Versorgungsausschlusses würden die AMR regeln. Titel G der AMR sei überschrieben mit "Verordnungseinschränkungen aufgrund der §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 12, 70 SGB V und zugelassene Ausnahmen". Er beziehe sich nicht auf § 34 SGB V, habe somit keine Gültigkeit für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und könne zur Beurteilung von Magium K forte nicht herangezogen werden. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß § 34 SGB V würden ausschließlich durch den Titel F der AMR geregelt.

Ihren dagegen erhobenen Widerspruch stützte die Klägerin weiter auf Titel G 20.2 Buchstabe g) der AMR, wonach Magium K forte kassenpflichtig sei, wenn, wie in ihrem Fall, es zur kardialen Therapie dienen solle. Die Vorschrift gelte nicht nur für verschreibungspflichtige Arzneimittel.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Arzneimittel Magium K forte unterliege zwar der Apotheken-, nicht jedoch der Verschreibungspflicht. Es gehöre somit zu den gemäß § 34 SGB V von der Versorgung ausgeschlossenen Arzneimitteln. Ausnahmen würden in Abschnitt F der AMR insofern konkretisiert, als dass abschließend die Erkrankungen und Wirkstoffgruppen aufgeführt würden. Magnesium K forte sei eine Kalium-Magnesium-Verbindung. Gemäß Abschnitt F Ziffer 16.4.24 und 25 seien diese zur Behandlung von Magnesiumverlusterkrankungen, nachgewiesenem Magnesiummangel und zur Behandlung bei erhöhtem Eklampsierisiko ausnahmsweise verordnungsfähig. Diese Diagnosen lägen bei der Klägerin nicht vor. Das Präparat werde zur kardialen Therapie eingesetzt. Abschnitt G Ziffer 20.2 g AMR gelte für verschreibungspflichtige Medikamente, die aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit grundsätzlich von der Versorgung ausgeschlossen seien (sog. Bagatellarzneimittel). Diese könnten unter bestimmten Voraussetzungen, z.B. Magnesium-Verbindungen zur kardialen Therapie, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Bei dem Präparat Magium K forte handele es sich jedoch nicht um ein verschreibungspflichtiges, sondern um ein lediglich apothekenpflichtiges Medikament, so dass diese Regelung nicht einschlägig sei. Ausschlaggebend sei ausschließlich Abschnitt F AMR.

Deswegen erhob die Klägerin unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG).

Mit Urteil vom 29.11.2006, der Klägerin zugestellt am 05.12.2006, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Versorgung mit dem Arzneimittel Magium K forte. Dies ergebe sich, da es sich um ein apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel handele, aus § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Die Ausnahmetatbestände hiervon seien in der AMR unter Abschnitt F geregelt. Nach dessen Ziffer 16.4.21 seien Kaliumverbindungen als Monopräparate nur zur Behandlung der Hypokaliämie zur Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung möglich, nach Ziffer 16.4.24 Magnesiumverbindungen, oral, nur bei angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen sowie Magnesiumverbindungen, parentheral, nur zur Behandlung bei nachgewiesenem Magnesiummangel und zur Behandlung bei erhöhtem Eklampsierisiko. Diese Krankheiten lägen bei der Klägerin nicht vor. Auf den Abschnitt G der AMR könne für den vorliegenden Fall nicht zurückgegriffen werden. Abschnitt G betreffe keine Ausnahmeregelungen zu den gesetzlichen Verordnungsausschlüssen nach §§ 31, 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Dies ergebe sich bereits aus der amtlichen Überschrift ("Verordnungseinschränkungen aufgrund §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 12, 70 SGB V und zugelassene Ausnahmen"). Abschnitt G stelle eine Konkretisierung des sich aus diesen Normen ergebenden Wirtschaftlichkeitsgebotes dar. Die in Abschnitt G geregelten Ausnahmen beruhten daher auf einer gänzlich unterschiedlichen gesetzgeberischen Wertung und gesetzlichen Rahmenvorgaben. Dem Gemeinsamen Bundesausschuss würde auch die Kompetenz fehlen, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel in die Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen, ohne dass die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V erfüllt wären. Gerade ein solches Ergebnis würde jedoch erzielt, wenn man im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V auf den Abschnitt G der AMR zurückgriffe.

Hiergegen richtet sich die am 05.01.2007 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie weist noch einmal darauf hin, dass nach Titel G, Ziffer 20.2, Buchstabe g der AMR ein Anspruch auf Verordnung des Arzneimittels Magium K forte zur Behandlung ihrer Herzkrankheit bestehe. Es sei unstatthaft, auf den § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V zurückzugreifen oder Vermutungen zugrunde zu legen dahin, dass der Gesetzgeber das Postulat der Verordnung anders gemeint habe.

Die Klägerin beantragt - teilweise sinngemäß -,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. November 2006 sowie den Bescheid vom 14. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. März 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für das Arzneimittel Magium K forte zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass das angefochtene Urteil eine zutreffende rechtliche Würdigung des Sachverhalts enthält.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung einen längeren Zeitraum als ein Jahr umfasst.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Vorab wird insoweit darauf hingewiesen, dass der maßgebliche Bescheid der Beklagten derjenige vom 14.03.2005 ist. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte erstmals das Nichtvorliegen eines Erstattungsanspruches abgelehnt, da es sich bei Magium K forte um ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel handele und keine Ausnahmeindikation vorliege. Im Bescheid vom 19.09.2005 hat die Beklagte dies lediglich noch einmal wiederholt.

Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruches nach § 13 Abs. 2 SGB V, der hier aufgrund der von der Klägerin gewählten Kostenerstattung alleine in Betracht kommt, sind nicht erfüllt. Der Kostenerstattungsanspruch tritt nach § 13 Abs. 2 Satz 1 SGB V anstelle des Sachleistungsanspruchs. Er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben. Dies ist bei dem von der Klägerin ab 2004 beschafften Arzneimittel Magium K forte nicht der Fall, denn es handelt sich hierbei um ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel, das auch nach der Ausnahmeliste (F 16) der AMR keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ist. Abschnitt G der AMR gilt hier nicht. Dieser Abschnitt erfasst nur verschreibungspflichtige Arzneimittel. Dies hat das SG unter Darlegung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen im angefochtenen Urteil zutreffend begründet dargelegt. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der in § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und § 31 Abs. 1 SGB V normierte Anspruch des Versicherten auf Bereitstellung der für die Krankenbehandlung benötigten Arzneimittel unterliegt vorrangig den Einschränkungen der §§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 12 Abs. 1 SGB V und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Abschnitt G der AMR enthält ausweislich der Überschrift über diesem Abschnitt Einschränkungen und zugelassene Ausnahmen aufgrund der §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 12, 70 SGB V. Er bezieht sich damit auf apothekenpflichtige Arzneimittel, die verschreibungspflichtig sind. § 34 SGB V in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung regelt darüber hinaus gesetzliche Ausnahmen, in denen Arzneimittel ausgeschlossen sind. Nach dieser Norm sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ab 01.01.2004 grundsätzlich von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Nur soweit diese für die Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, sind vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V in den AMR Ausnahmen zur Verordnungsfähigkeit definiert worden. Diese Ausnahmen befinden sich nur in Abschnitt F der AMR. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der AMR sowohl in der Überschrift zu Abschnitt F ("Gesetzliche Verordnungsausschlüsse bei der Arzneimittelversorgung und zugelassene Ausnahmen") als auch in der Einleitung von F 16 ("Apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB VI"). Ansonsten erwähnen die AMR § 34 Abs. 1 SGB V nicht. Weitere Ausnahmen von § 34 SGB V regeln die AMR nicht. Bei Abschnitt F AMR handelt es sich um eine abschließende Regelung (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23.08.2005 -L 11 KR 1877/05-).

Bei dem im Streit befindlichen Medikament Magium K forte handelt es sich unstreitig um ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel. Es ist deshalb nach § 34 Abs. 1 SGB V von der Verordnung ausgenommen. Die hierzu existierenden Ausnahmen, die in Abschnitt F AMR geregelt sind, treffen auf die Erkrankung der Klägerin nicht zu. Für die koronare Herzkrankheit sind keine Ausnahmen vorgesehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht auf Grund von Abschnitt G der AMR. Abschnitt G AMR gilt nicht für das hier im Streit befindliche nicht verschreibungspflichtige Medikament Magium K forte. Über Abschnitt G 20.2 g) AMR hat die Klägerin nur einen Anspruch auf Kostenerstattung für eine Magnesium- bzw. Magnesium-Kalium-Verbindung zur kardialen Therapie, die verschreibungspflichtig ist.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung auch daran scheitert, dass sie für das Arzneimittel Magium K forte keine ärztliche Verordnung vorgelegt hat. Ein Sachleistungsanspruch bzw. in diesem Fall Kostenerstattungsanspruch kann grundsätzlich nur dadurch begründet werden, dass ein Vertragsarzt das Arzneimittel auf Kassenrezept verordnet und damit die Verantwortung für die Behandlung übernimmt. Denn die §§ 31, 32 SGB V begründen keine unmittelbar durchsetzbaren Ansprüche auf "Versorgung" schlechthin mit irgendwelchen Arznei- oder Heilmitteln, sondern stellen ausfüllungsbedürftiges Rahmenrecht dar. Der Versicherte kann ein bestimmtes Mittel erst beanspruchen, wenn es ihm in Konkretisierung des gesetzlichen Rahmenrechts vom Vertragsarzt als ärztliche Behandlungsmaßnahme verschrieben wird. Das ist in § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V dadurch klargestellt, dass alle ärztlichen Verordnungen zum Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung erklärt werden; nur in deren Rahmen sind die gesetzlichen Krankenkassen zur Versorgung ihrer Versicherten mit entsprechenden Mitteln verpflichtet. Dass der Anspruch auf Versorgung mit Arznei- oder Heilmitteln von einer ärztlichen Verordnung abhängig ist, ergibt sich auch aus dem systematischen Zusammenhang der §§ 15 Abs. 1, 31, 32 und des § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 19. 11.1996 - 1 RK 15/96 - in SozR 3-2500 § 31 Nr. 4). Die von Prof. Dr. S. in den Arztbriefen ausgesprochene Empfehlung zur Medikamentation stellt keine ärztliche Verordnung in diesem Sinne dar. Es handelt sich insoweit nur um eine Empfehlung. Die Krankenkasse selbst kann und darf Arzneimittel nicht verordnen und sie auf dieser Grundlage dann erstatten bzw. übernehmen.

Etwas anderes ergäbe sich auch nicht, wenn es bei der Klägerin zu einem Behandlungserfolg gekommen wäre, denn es reicht nicht aus, dass eine streitige Therapie nach Einschätzung des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte sie befürwortet haben (so zuletzt BSG, Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 27/02 R).

Schließlich kann die Klägerin einen Leistungsanspruch auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 (SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 5) herleiten. Dieser ist nicht einschlägig in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Erkrankung den Versicherten zwar erheblich beeinträchtigt, aber weder lebensbedrohlich ist noch regelmäßig tödlich verläuft oder wertungsmäßig vergleichbar schwer und folgenreich ist.

Die Berufung der Klägerin konnte hiernach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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