Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 1031/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 6306/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung einer am 16. August 2004 durchgeführten Bauchdeckenplastik streitig.
Die 1980 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin beantragte am 01.03.2004 unter Vorlage einer befürwortenden Stellungnahme des Universitätsklinikums H. die Kostenübernahme einer Bauchdeckenplastik. Darin war ausgeführt, die Klägerin befinde sich in gutem Allgemeinzustand und habe bei massiver Adipositas eine Gewichtsreduktion um 40 kg vorgenommen. Seit den letzten eineinhalb Jahren befände sich das Gewicht konstant bei 64 kg, so dass die Klägerin bei einer Körpergröße von 1,68 cm normgewichtig sei. Durch die massive Gewichtsabnahme sei es zu einer Erschlaffung der Bauchdecken mit deutlichem Hautüberschuss gekommen, was zu einem sehr unbefriedigenden körperlichen Erscheinungsbild mit Faltenbildung und Striae führe. Die Klägerin klage ausdrücklich über den psychischen Leidensdruck, der es ihr unmöglich mache, einen selbstverständlichen Umgang mit ihrem Erscheinungsbild zu haben. Der Eingriff sei sicherlich nicht rein kosmetischer Natur.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dr. D. kam zu dem Ergebnis, dass eine Fettschürze oder erschlaffte Bauchdecke Veränderungen der Körperform darstellten, welche isoliert betrachtet in der Regel keine wesentlichen Gesundheitsstörungen bedeuteten, keine Funktionsstörungen bedingten und damit nicht als behandlungsbedürftige Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne anzusehen seien. Es handle sich vielmehr um Schönheitsfehler, welche durch kosmetische Eingriffe angegangen werden könnten. Auch würden entzündliche Veränderungen an der Haut nicht beschrieben. Eine Krankheit liege damit insgesamt nicht vor, so dass eine Kostenübernahme nicht empfohlen werden könne.
Mit Bescheid vom 12.03.2004 lehnte die Beklagte daraufhin die Kostenübernahme für die beantragte Bauchdeckenplastik ab.
Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, sportliche Betätigung habe die überschüssige Haut im Bauchbereich nicht reduzieren können. Somit habe sie alles in ihrer Macht Stehende getan um ein normales Körperbild wieder herzustellen, unter ihrem Gegenwärtigen leide sie psychisch. So könne sie sich beispielsweise nicht mehr im Schwimmbad zeigen oder einem möglichen Partner gegenüber. Die Scham über ihren Körper sei auf jeden Fall als wesentliche Gesundheitsstörung zu betrachten, da sie psychisch darunter leide. Sie fügte ein Attest des behandelnden Psychologen/Psychotherapeuten Dr. A. bei, wonach die operative Bauchdeckenstraffung für das psychische Wohlbefinden und damit auch für ihre psychosomatische Gesundheit dringend erforderlich sei. Man müsse es als große Leistung anerkennen, dass die Klägerin mit ihrer Gewichtsabnahme auch viel für ihre Gesundheit getan habe.
Die Beklagte veranlasste eine erneute Begutachtung durch den MDK. Dr. R. führte aus, dass im Fall einer reaktiven Depression wegen schlaffer Bauchdecken nur eine psychiatrische Behandlung in Betracht käme. Es lägen keine Fähigkeitsstörungen vor, die eine Kostenübernahme rechtfertigten.
Die Klägerin ließ die Bauchdeckenplastik am 16.08.2004 im Universitätsklinikum H. durchführen, wofür ihr Kosten in Höhe von 6.414,87 EUR in Rechnung gestellt wurden. Ausweislich des Operationsberichts wurden dabei bei der Diagnose einer Hautfettschürze (ICD 10: E65) 1020 g Bauchdeckengewebe entfernt.
Gestützt auf die Ausführungen des MDK wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.2005 mit der Begründung zurück, psychische Beeinträchtigungen könnten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht zu einer Kostenübernahme führen.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, ihr behandelnder Arzt habe die Maßnahme als dringlich angesehen um einen erträglichen Gesundheitszustand wieder herzustellen. Denn die Haut der Bauchdecke habe sich erheblich gelockert und hinge als Folge einer erforderlich gewordenen Reduzierung des seinerzeit bestehenden erheblichen Übergewichts und der veranlassten starken Gewichtsabnahme von 40 kg innerhalb von drei Jahren herunter. Die Operation sei daher wegen ihrer psychischen und psychosomatischen Gesundheit erforderlich gewesen um weitere Erkrankungen zu verhindern, ihre Psyche zu stabilisieren und damit weitere Krankheitszeiten zu vermeiden. Die Operation habe auch der Behandlung der defekt gewordenen Haut gedient.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die medizinischen Unterlagen des Universitätsklinikums H. beigezogen und den behandelnden Hausarzt der Klägerin als sachverständigen Zeugen befragt. Dr. E. teilte die Behandlungsdaten wie Diagnosen bis August 2004 mit. Danach wurde die Klägerin in den Jahren 2002 bis 2004 überwiegend wegen akuter Gastroenteritis behandelt, zuletzt am 20.01.2004.
Mit Urteil vom 25.10.2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 10.11.2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die bei der Klägerin bestehende Fettschürze im Bereich des Unterbauches aufgrund einer Gewichtsreduktion von 40 kg stelle keine Krankheit dar. Maßgeblich sei nämlich, ob der Versicherte zur Ausübung der normalen psychischen und physischen Funktionen in der Lage sei oder nicht. Durch die erschlaffte Bauchdecke ergäben sich keine funktionalen Einschränkungen. Auch Hautveränderungen durch die beschriebene Fettschürze seien nicht dokumentiert. Eine hautärztliche Behandlung fände nicht statt. Der behandelnde Allgemeinmediziner Dr. E. habe eine Behandlung wegen hautärztlicher Probleme nicht dokumentiert. Die erschlaffte Hautdecke stelle auch keine schwere sichtbare Entstellung dar. Dies sei nur dann der Fall, wenn das Erscheinungsbild bei Mitmenschen üblicherweise Missempfindungen wie Erschrecken, Abscheu oder eine anhaltende Abneigung auszulösen vermöge. Das sei bei der Klägerin nicht der Fall gewesen, insbesondere weil der Unterbauch in der Regel mit Kleidung bedeckt sei. Die psychischen Beschwerden allein begründeten ebenfalls keinen Anspruch auf Kostenerstattung. Diese stellten zwar eine Erkrankung dar, begründeten aber nur einen Anspruch auf psychische Behandlung mit den Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie. Denn es widerspräche dem Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn Versicherte auf Kosten der Krankenkassen operative Eingriffe vornehmen ließen, um einen nicht krankhaften Körperzustand zu verändern, weil sich aus diesem psychische Beschwerden ergäben. Eine Grenzziehung zu rein kosmetischen Operationen wäre dann nicht mehr möglich.
Mit ihrer dagegen am 11.12.2006, einem Montag, beim SG eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, es könne nicht angehen, dass der vor der Durchführung der Plastik bestehende, psychisch erheblich belastende Gesundheitszustand mit erheblichem Kostenaufwand und ohne jede Erfolgsgarantie psychisch behandelt werden könne, aber entgegen dem Anraten sämtlicher Ärzte man nicht bereit sei, die Beseitigung der Ursache für die psychischen Schwierigkeiten, nämlich die Bauchdeckenplastik, zu bezahlen.
Die Klägerin beantragt - teilweise sinngemäß -,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Oktober 2006 sowie den Bescheid vom 12. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die am 16. August 2004 durchgeführte Bauchdeckenplastik in Höhe von 6.414,87 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass psychische Beeinträchtigungen nach der Rechtsprechung des BSG nicht zu einer Kostenübernahme führen dürften. Die Entscheidung des SG sei daher zu Recht folgt.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG, da die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR überschritten wird. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung der operativen Bauchdeckenplastik.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch ist allein § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), nachdem die Klägerin sich die in Rede stehende Behandlung auf eigene Kosten selbst beschafft hat und eine Notfallbehandlung im Sinne der 1. Alternative allein aufgrund des Zeitablaufs zwischen Antragstellung und Durchführung der Operation denknotwendig ausscheidet.
Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative SGB V hat eine Krankenkasse Kosten nur dann für eine vom Versicherten selbst beschaffte Leistung zu erstatten, wenn sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da der Kostenerstattungsanspruch nach Abs. 3 anstelle der Sach- oder Dienstleistung tritt (§ 13 Abs. 1 SGB V), besteht ein Anspruch nur insoweit, als auch ein (primärer) Sach- und Dienstleistungsanspruch auf die Bauchdeckenplastik gegeben ist. Das ist indessen, wie das SG mit zutreffender Begründung ausgeführt hat, weswegen der Senat auf die Entscheidungsgründe ergänzend nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt, bei der Klägerin nicht der Fall.
Denn trotz des Überlappens des Gewebes und dem Umstand, dass bei der Klägerin Bauchdeckengewebe von 1020 Gramm entfernt werden konnte, liegt in diesem Bereich keine Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Denn nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit kommt Krankheitswert im Rechtssinne zu. Eine Krankheit liegt vielmehr nur dann vor, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (vgl. zuletzt BSG SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 3).
Eine solche Funktionsstörung liegt bei der Klägerin nach den zutreffenden Feststellungen des SG nicht vor. Insbesondere hat sie sich wegen Entzündungen oder ähnlichem der Hautfalte nicht in Behandlung begeben müssen, wie sich aus den Behandlungsdaten des Allgemeinmediziners Dr. E. ergibt. Die erschlaffte Bauchdecke oder Fettschürze selbst führt zu keinen funktionellen Einschränkungen des Bauches.
Auch an einer schwer sichtbaren Entstellung durch die Hautfalte fehlt es. Selbst wenn die Klägerin ihre Erscheinung als entstellend ansieht und sich deshalb nicht mehr entblößt oder gering bekleidet gezeigt hat, so liegen dennoch die Kriterien nach der Rspr. des BSG für eine entstellende Wirkung einer Krankheit oder Verletzung, denen der erkennende Senat folgt, nicht vor. Denn eine körperliche Auffälligkeit muss sich für einen unbefangenen Beobachter in alltäglichen Situationen quasi im Vorbeigehen bemerkbar machen (so BSG a.a.O.). Dies ist bei einer bedeckten Hautstelle nicht der Fall.
Auch die psychischen Beschwerden der Klägerin begründen nicht die Notwendigkeit der Operation. Denn Versicherte können nur Maßnahmen der Krankenbehandlung in Anspruch nehmen, die unmittelbar an der eigentlichen Erkrankung ansetzen. Psychische Störungen sind danach in der Regel nur mit den Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu behandeln. Zu beachten ist insoweit auch, dass durch die Operation in ein im Grunde gesundes Gewebe und eine gesunde Haut eingegriffen würde, diese somit ohnehin nur als ultima ratio in Betracht kommt (so BSG SozR 4 - 2500 § 137 c Nr. 19 zur Magenverkleinerungsoperation).
Schließlich kann die Klägerin einen Leistungsanspruch auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 (SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 5) herleiten. Dieser ist nicht einschlägig in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Erkrankung den Versicherten zwar erheblich beeinträchtigt, aber weder lebensbedrohlich ist noch regelmäßig tödlich verläuft noch wertungsmäßig vergleichbar schwer und folgenreich ist.
Die Berufung der Klägerin ist daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung einer am 16. August 2004 durchgeführten Bauchdeckenplastik streitig.
Die 1980 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin beantragte am 01.03.2004 unter Vorlage einer befürwortenden Stellungnahme des Universitätsklinikums H. die Kostenübernahme einer Bauchdeckenplastik. Darin war ausgeführt, die Klägerin befinde sich in gutem Allgemeinzustand und habe bei massiver Adipositas eine Gewichtsreduktion um 40 kg vorgenommen. Seit den letzten eineinhalb Jahren befände sich das Gewicht konstant bei 64 kg, so dass die Klägerin bei einer Körpergröße von 1,68 cm normgewichtig sei. Durch die massive Gewichtsabnahme sei es zu einer Erschlaffung der Bauchdecken mit deutlichem Hautüberschuss gekommen, was zu einem sehr unbefriedigenden körperlichen Erscheinungsbild mit Faltenbildung und Striae führe. Die Klägerin klage ausdrücklich über den psychischen Leidensdruck, der es ihr unmöglich mache, einen selbstverständlichen Umgang mit ihrem Erscheinungsbild zu haben. Der Eingriff sei sicherlich nicht rein kosmetischer Natur.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dr. D. kam zu dem Ergebnis, dass eine Fettschürze oder erschlaffte Bauchdecke Veränderungen der Körperform darstellten, welche isoliert betrachtet in der Regel keine wesentlichen Gesundheitsstörungen bedeuteten, keine Funktionsstörungen bedingten und damit nicht als behandlungsbedürftige Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne anzusehen seien. Es handle sich vielmehr um Schönheitsfehler, welche durch kosmetische Eingriffe angegangen werden könnten. Auch würden entzündliche Veränderungen an der Haut nicht beschrieben. Eine Krankheit liege damit insgesamt nicht vor, so dass eine Kostenübernahme nicht empfohlen werden könne.
Mit Bescheid vom 12.03.2004 lehnte die Beklagte daraufhin die Kostenübernahme für die beantragte Bauchdeckenplastik ab.
Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, sportliche Betätigung habe die überschüssige Haut im Bauchbereich nicht reduzieren können. Somit habe sie alles in ihrer Macht Stehende getan um ein normales Körperbild wieder herzustellen, unter ihrem Gegenwärtigen leide sie psychisch. So könne sie sich beispielsweise nicht mehr im Schwimmbad zeigen oder einem möglichen Partner gegenüber. Die Scham über ihren Körper sei auf jeden Fall als wesentliche Gesundheitsstörung zu betrachten, da sie psychisch darunter leide. Sie fügte ein Attest des behandelnden Psychologen/Psychotherapeuten Dr. A. bei, wonach die operative Bauchdeckenstraffung für das psychische Wohlbefinden und damit auch für ihre psychosomatische Gesundheit dringend erforderlich sei. Man müsse es als große Leistung anerkennen, dass die Klägerin mit ihrer Gewichtsabnahme auch viel für ihre Gesundheit getan habe.
Die Beklagte veranlasste eine erneute Begutachtung durch den MDK. Dr. R. führte aus, dass im Fall einer reaktiven Depression wegen schlaffer Bauchdecken nur eine psychiatrische Behandlung in Betracht käme. Es lägen keine Fähigkeitsstörungen vor, die eine Kostenübernahme rechtfertigten.
Die Klägerin ließ die Bauchdeckenplastik am 16.08.2004 im Universitätsklinikum H. durchführen, wofür ihr Kosten in Höhe von 6.414,87 EUR in Rechnung gestellt wurden. Ausweislich des Operationsberichts wurden dabei bei der Diagnose einer Hautfettschürze (ICD 10: E65) 1020 g Bauchdeckengewebe entfernt.
Gestützt auf die Ausführungen des MDK wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.2005 mit der Begründung zurück, psychische Beeinträchtigungen könnten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht zu einer Kostenübernahme führen.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, ihr behandelnder Arzt habe die Maßnahme als dringlich angesehen um einen erträglichen Gesundheitszustand wieder herzustellen. Denn die Haut der Bauchdecke habe sich erheblich gelockert und hinge als Folge einer erforderlich gewordenen Reduzierung des seinerzeit bestehenden erheblichen Übergewichts und der veranlassten starken Gewichtsabnahme von 40 kg innerhalb von drei Jahren herunter. Die Operation sei daher wegen ihrer psychischen und psychosomatischen Gesundheit erforderlich gewesen um weitere Erkrankungen zu verhindern, ihre Psyche zu stabilisieren und damit weitere Krankheitszeiten zu vermeiden. Die Operation habe auch der Behandlung der defekt gewordenen Haut gedient.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die medizinischen Unterlagen des Universitätsklinikums H. beigezogen und den behandelnden Hausarzt der Klägerin als sachverständigen Zeugen befragt. Dr. E. teilte die Behandlungsdaten wie Diagnosen bis August 2004 mit. Danach wurde die Klägerin in den Jahren 2002 bis 2004 überwiegend wegen akuter Gastroenteritis behandelt, zuletzt am 20.01.2004.
Mit Urteil vom 25.10.2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 10.11.2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die bei der Klägerin bestehende Fettschürze im Bereich des Unterbauches aufgrund einer Gewichtsreduktion von 40 kg stelle keine Krankheit dar. Maßgeblich sei nämlich, ob der Versicherte zur Ausübung der normalen psychischen und physischen Funktionen in der Lage sei oder nicht. Durch die erschlaffte Bauchdecke ergäben sich keine funktionalen Einschränkungen. Auch Hautveränderungen durch die beschriebene Fettschürze seien nicht dokumentiert. Eine hautärztliche Behandlung fände nicht statt. Der behandelnde Allgemeinmediziner Dr. E. habe eine Behandlung wegen hautärztlicher Probleme nicht dokumentiert. Die erschlaffte Hautdecke stelle auch keine schwere sichtbare Entstellung dar. Dies sei nur dann der Fall, wenn das Erscheinungsbild bei Mitmenschen üblicherweise Missempfindungen wie Erschrecken, Abscheu oder eine anhaltende Abneigung auszulösen vermöge. Das sei bei der Klägerin nicht der Fall gewesen, insbesondere weil der Unterbauch in der Regel mit Kleidung bedeckt sei. Die psychischen Beschwerden allein begründeten ebenfalls keinen Anspruch auf Kostenerstattung. Diese stellten zwar eine Erkrankung dar, begründeten aber nur einen Anspruch auf psychische Behandlung mit den Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie. Denn es widerspräche dem Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn Versicherte auf Kosten der Krankenkassen operative Eingriffe vornehmen ließen, um einen nicht krankhaften Körperzustand zu verändern, weil sich aus diesem psychische Beschwerden ergäben. Eine Grenzziehung zu rein kosmetischen Operationen wäre dann nicht mehr möglich.
Mit ihrer dagegen am 11.12.2006, einem Montag, beim SG eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, es könne nicht angehen, dass der vor der Durchführung der Plastik bestehende, psychisch erheblich belastende Gesundheitszustand mit erheblichem Kostenaufwand und ohne jede Erfolgsgarantie psychisch behandelt werden könne, aber entgegen dem Anraten sämtlicher Ärzte man nicht bereit sei, die Beseitigung der Ursache für die psychischen Schwierigkeiten, nämlich die Bauchdeckenplastik, zu bezahlen.
Die Klägerin beantragt - teilweise sinngemäß -,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Oktober 2006 sowie den Bescheid vom 12. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die am 16. August 2004 durchgeführte Bauchdeckenplastik in Höhe von 6.414,87 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass psychische Beeinträchtigungen nach der Rechtsprechung des BSG nicht zu einer Kostenübernahme führen dürften. Die Entscheidung des SG sei daher zu Recht folgt.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG, da die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR überschritten wird. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung der operativen Bauchdeckenplastik.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch ist allein § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), nachdem die Klägerin sich die in Rede stehende Behandlung auf eigene Kosten selbst beschafft hat und eine Notfallbehandlung im Sinne der 1. Alternative allein aufgrund des Zeitablaufs zwischen Antragstellung und Durchführung der Operation denknotwendig ausscheidet.
Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative SGB V hat eine Krankenkasse Kosten nur dann für eine vom Versicherten selbst beschaffte Leistung zu erstatten, wenn sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da der Kostenerstattungsanspruch nach Abs. 3 anstelle der Sach- oder Dienstleistung tritt (§ 13 Abs. 1 SGB V), besteht ein Anspruch nur insoweit, als auch ein (primärer) Sach- und Dienstleistungsanspruch auf die Bauchdeckenplastik gegeben ist. Das ist indessen, wie das SG mit zutreffender Begründung ausgeführt hat, weswegen der Senat auf die Entscheidungsgründe ergänzend nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt, bei der Klägerin nicht der Fall.
Denn trotz des Überlappens des Gewebes und dem Umstand, dass bei der Klägerin Bauchdeckengewebe von 1020 Gramm entfernt werden konnte, liegt in diesem Bereich keine Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Denn nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit kommt Krankheitswert im Rechtssinne zu. Eine Krankheit liegt vielmehr nur dann vor, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (vgl. zuletzt BSG SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 3).
Eine solche Funktionsstörung liegt bei der Klägerin nach den zutreffenden Feststellungen des SG nicht vor. Insbesondere hat sie sich wegen Entzündungen oder ähnlichem der Hautfalte nicht in Behandlung begeben müssen, wie sich aus den Behandlungsdaten des Allgemeinmediziners Dr. E. ergibt. Die erschlaffte Bauchdecke oder Fettschürze selbst führt zu keinen funktionellen Einschränkungen des Bauches.
Auch an einer schwer sichtbaren Entstellung durch die Hautfalte fehlt es. Selbst wenn die Klägerin ihre Erscheinung als entstellend ansieht und sich deshalb nicht mehr entblößt oder gering bekleidet gezeigt hat, so liegen dennoch die Kriterien nach der Rspr. des BSG für eine entstellende Wirkung einer Krankheit oder Verletzung, denen der erkennende Senat folgt, nicht vor. Denn eine körperliche Auffälligkeit muss sich für einen unbefangenen Beobachter in alltäglichen Situationen quasi im Vorbeigehen bemerkbar machen (so BSG a.a.O.). Dies ist bei einer bedeckten Hautstelle nicht der Fall.
Auch die psychischen Beschwerden der Klägerin begründen nicht die Notwendigkeit der Operation. Denn Versicherte können nur Maßnahmen der Krankenbehandlung in Anspruch nehmen, die unmittelbar an der eigentlichen Erkrankung ansetzen. Psychische Störungen sind danach in der Regel nur mit den Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu behandeln. Zu beachten ist insoweit auch, dass durch die Operation in ein im Grunde gesundes Gewebe und eine gesunde Haut eingegriffen würde, diese somit ohnehin nur als ultima ratio in Betracht kommt (so BSG SozR 4 - 2500 § 137 c Nr. 19 zur Magenverkleinerungsoperation).
Schließlich kann die Klägerin einen Leistungsanspruch auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 (SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 5) herleiten. Dieser ist nicht einschlägig in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Erkrankung den Versicherten zwar erheblich beeinträchtigt, aber weder lebensbedrohlich ist noch regelmäßig tödlich verläuft noch wertungsmäßig vergleichbar schwer und folgenreich ist.
Die Berufung der Klägerin ist daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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