Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 655/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2959/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Übernahme der Kosten der Medikamente Eulatin-Zäpfchen, Terzolinlösung und Nizoralcreme im Streit.
Der 1958 geborene Kläger ist u. a. durch eine spastische Tetraplegie, schwere Dysarthrie, Residualepilepsie und neurogene Darmlähmung schwerstbehindert. Daneben liegt beim ihm eine Hämorridalerkrankung vor. Der behandelnde Hausarzt und Facharzt für Innere Medizin Dr. U. verordnete dem Kläger u. a. Terzolinlösung, Nizoralcreme und Eulatin-Zäpfchen.
Mit Schreiben vom 31. August 2004 hatte der Vater und Betreuer des Klägers hinsichtlich einer zuvor durchgeführten Kostenabrechnung zu den von ihm vorgelegten Rezepten geltend gemacht, auch hinsichtlich der hier streitigen verordneten Medikamente die Kosten zu übernehmen. Mit Bescheid vom 9. September 2004 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für diese Medikamente ab, da sie von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien. Eine Ausnahmeindikation liege nicht vor.
Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Betreuer Widerspruch und legte in dem Zusammenhang u. a. noch ein Attest des Dr. U. vom 2. Oktober 2004 vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. U. a. verwies die Beklagte darauf, dass es sich bei den hier streitigen Arzneimittel um nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel handele, die nicht erstattungsfähig seien, da ein Ausschluss nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -Gesetzliche Krankenversicherung- (SGB V) vorliegen würde und diese Medikamente in der abschließenden Ausnahmeliste unter Nr. 16 Arzneimittelrichtlinien (AMR) nicht genannt seien. Der Einwand des Klägervertreters, dass der Kläger der Kasse durch die Verwendung dieser Präparate Kosten für andernfalls eventuell erforderliche stationäre Krankenhausaufenthalte erspare, rechtfertige keine andere Entscheidung. Die soziale Krankenversicherung beruhe auf dem Gedanken des Solidarausgleichs innerhalb der Versichertengemeinschaft. Sie kenne nicht das Prinzip des Finanzausgleichs des Versicherten- und Kassenvermögens mit dem Effekt, dass - angeblich - ersparte Aufwendungen der Kasse dem Versicherten gut zu bringen seien (mit Hinweis auf Urteil des BSG v. 10. November 1977 - 3 RK 68/76 -).
Hiergegen hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte am 7. März 2005 Klage vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Die Bevollmächtigte hat u. a. vorgetragen, der Kläger benötige die Eulatin-Zäpfchen, da er an einem schweren Hämorridenleiden mit chronischer Hämorridenblutung erkrankt sei. Es handele sich hierbei um eine Krankheit, die mit Medikamenten zu behandeln sei, die nicht verschreibungspflichtig seien. Die Gesetzliche Krankenversicherung solle sämtliche Erkrankungen und deren Behandlung abdecken. Seitens des Bundesausschusses sei eine Überprüfung des Therapiestandards bei mehrfach Behinderten nicht ausreichend erfolgt. Außerdem verstoße der Ausschluss von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Durch die Ausgrenzung nicht verschreibungspflichtiger Medikamente entstehe eine Versorgungslücke, die dazu führe, dass auch schwerwiegende Krankheiten sich stärker auswirken würden und damit zu einer höheren Kostenbelastung der Krankenkasse führten.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass die Aufzählung der Ausnahmen für nicht verschreibungspflichtige Medikamente in den Arzneimittelrichtlinien entgegen der Auffassung der Klägerseite abschließend sei. Wie der Bevollmächtigte selbst bestätigt habe sei im Übrigen die Aufzählung der Ausnahmen zwischenzeitlich ergänzt worden. Dies wäre bei einer nicht abschließenden Liste nicht notwendig gewesen, da es sich in dem Fall nur um eine beispielhafte Aufzählung handeln würde, die keiner Ergänzung bedürfe. Dem sei hier aber nicht so, sodass der Gemeinsame Bundesausschuss aufgrund von Überprüfungen weitere Arzneimittel in die Liste aufgenommen habe und somit den abschließenden Charakter der Liste unterstreiche.
Mit Gerichtsbescheid vom 22. Juni 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass zur Krankenbehandlung u. a. auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V) gehöre und dabei Versicherte nach § 31 Abs. 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung ab 1. Januar 2004 Anspruch auf apothekenpflichtige Arzneimittel haben, soweit diese nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen seien. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V (ebenfalls in der Neufassung ab 1. Januar 2004) nehme nur nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung aus. Dabei lege der Gemeinsame Ausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erstmals bis zum 31. März 2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten würden, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden könnten (§ 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Insoweit sei der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (§ 34 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Hiervon habe der Bundesausschuss auch unter F 16. der Arzneimittelrichtlinien (AMR) Gebrauch gemacht. Dabei seien unter F 16.4 die schwerwiegenden Erkrankungen und die Standardtherapeutika zu deren Behandlung festgelegt. Es handele sich hierbei ausdrücklich um abschließende Regelungen (F 16.7 AMR, jetzt i. d. F. vom 20. Dezember 2005 F 16.9). Unstreitig gehörten die vom Kläger entsprechend der Privatverordnung erworbenen Medikamente nicht zu den in der Ausnahmeliste des Gemeinsamen Bundesausschusses genannten Medikamenten. Diese Medikamente dienten auch nicht der Behandlung der unter F 16.4 AMR aufgeführten schwerwiegenden Erkrankungen. Beim Kläger liege zwar eine neurogene Darmlähmung vor, die Eulatin-Zäpfchen dienten jedoch der Behandlung des Hämorridalleidens. Dass dieses - wie Dr. U. in seinem Attest vom 2. Oktober 2004 anführe - im Zusammenhang mit der Darmlähmung stehe, rechtfertige keine Zuordnung zum Katalog nach F 16.4 AMR. Dort sei nämlich nicht ausdrücklich festgelegt, dass auch Medikamente, die zur Therapie gegen Folgeerkrankungen der als schwerwiegend eingestuften Erkrankungen dienten, die Ausnahmeversorgung rechtfertigten. Die Medikamente Terzolinlösung und Nizoralcreme seien Produkte gegen Schuppenbekämpfung und daher bereits von vorneherein nicht als Behandlung eines schwerwiegenden Krankheitsbildes im Sinne von F 16.2 AMR anzusehen. Der weitgehende Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Medikamente aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung sei ausdrücklicher Wille des Gesetzgebers um weitere Kosten in der gesetzlichen Krankenversicherung einzusparen. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht sei für das SG nicht erkennbar. Insbesondere sei es nicht unzulässig, dem Gemeinsamen Bundesausschuss die Kompetenz zur Bestimmung der Verordnungsfähigkeit von Medikamenten einzuräumen. Welche Arzneimittel nun aus der Verordnungsfähigkeit entfallen sollten und welche wirtschaftlich vertretbaren Alternativen mit ähnlicher Wirkungsweise statt dessen verordnet werden könnten, obliege mangels Fachwissens nicht den Gerichten, sondern im Wege der Ermächtigung zur Richtlinienkompetenz dem Gemeinsamen Bundesausschuss (m. H. auf Knittel in Kraußkopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung § 92 Rdnr. 2). Diese Delegation der Kompetenz sei auch rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat gegen den mit Empfangsbekenntnis seinem Bevollmächtigten am 23. Juni 2005 zugestellten Gerichtsbescheid am 19. Juli 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht die Bevollmächtigte des Klägers wie bereits im Klageverfahren geltend, dass im Falle der Nichtgabe der hier erforderlichen Medikamente regelmäßig ein stationärer Aufenthalt des Klägers erforderlich sei. Soweit das SG ausführe, dass das Medikament Eulatin-Zäpfchen nicht verordnungsfähig sei, weil es bei Erkrankungen wie sie in den AMR unter 16.4.1 aufgeführt würden, nur bei Darmlähmungen, aber nicht bei den Folgeerkrankungen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung eingesetzt werden dürften, könne dem nicht gefolgt werden. Zum einen sei nicht ausdrücklich festgelegt, dass die Folgeerkrankung ausgeschlossen sei. Zum anderen fielen, wenn die Voraussetzungen bei schwerwiegender Erkrankung bei Standardtherapeutika erfüllt seien, die Medikamente unter Ziffer 16.4.1 AMR. Auch stehe im vorliegenden Fall der Verordnung die Ziffer 17 ff. AMR nicht entgegen. Diese regele lediglich, dass eine Versorgung außerhalb einer Erkrankung ausgeschlossen sei. Nicht dagegen, wenn wie beim Kläger Erkrankungen bestünden. Der Wille des Gesetzgebers könne nicht dahingehend interpretiert werden, dass Folgeerkrankungen außen vor blieben unter Missachtung wirtschaftlicher und humanitärer Gesichtspunkte.
Ebenso wenig könne den Ausführungen des SG bezüglich der Medikamente Terzolinlösung und Nizoralcreme gefolgt werden, soweit das SG ausführe, diese dienten lediglich der Schuppenbekämpfung. Beide Produkte würden den Wirkstoff Ketoconazol enthalten. Diese Medikamente würden nicht zur Schuppenbekämpfung verordnet, sondern zur Bekämpfung von Pilzerkrankungen. Sie gehörten zum Therapiestandard bei der Behandlung von mehrfach behinderten Menschen, deren Krankheitsbild von dem eines nicht behinderten Menschen abweiche. Soweit das SG in dem Zusammenhang darauf verweise, dass hinsichtlich der Frage der Verordnungsfähigkeit von Medikamenten dem Bundesausschuss die Entscheidungskompetenz und nicht den Gerichten mangels Fachwissen zustehe, sei dem entgegen zu halten, dass im vorliegenden Fall vom Bundesausschuss der medizinische Standard bei Versicherten mit Mehrfachbehinderungen nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Der Gesetzgeber habe in § 34 Abs. 1 Satz 3 SGB V festgelegt, dass ausnahmsweise nicht verschreibungspflichtige Medikamente, die bei der Behandlung von schwerwiegenden Erkrankungen als Therapiestandard gelten würden, verordnet werden könnten und der Gemeinsame Ausschuss die verschreibungspflichtigen Medikamente (gemeint sind wohl die nicht verschreibungspflichtigen Medikamente) dann in den AMR festlegen könne. Der Gesetzgeber sei dabei davon ausgegangen, dass dem Bundesausschuss insbesondere kein Ermessensspielraum zukomme, sondern dass er die Medikamente dann in die Richtlinien aufzunehmen habe. Demzufolge habe es das SG unterlassen zu prüfen, ob es sich bei den Erkrankungen des Klägers um eine schwerwiegende Erkrankung handele und ob die Behandlung zum Therapiestandard gehöre. Seien beide Voraussetzungen zu bejahen, habe der Bundesausschuss kein Ermessen, sondern müsse die Medikamente im Rahmen des Therapiestandards in den Leistungskatalog der verschreibungspflichtigen Medikamente aufnehmen. Daraus ergebe sich, dass nicht verschreibungspflichtige Medikamente in die AMR aufzunehmen seien, die die Voraussetzungen "schwere Erkrankung" und "Therapiestandard" erfüllten. Beide Voraussetzungen seien bezüglich der vom Kläger benötigten Medikamente erfüllt. Der Gesetzgeber sei im Übrigen davon ausgegangen, dass für die Versicherungsnehmer lediglich geringe Kosten entstünden. Bei Medikamenten, die zum Therapiestandard gehörten, entstünden aber erheblich höhere Kosten, die gerade bei der Gruppe der mehrfach behinderten Menschen die wirtschaftlichen Möglichkeiten überstiegen und dadurch dazu führen würden, dass bestehende Erkrankungen sich verschlimmerten und die Menschen in Fällen, in denen sie sich die Kosten für die nicht verschreibungspflichtigen Medikamente nicht leisten könnten, dann erheblich höhere Kosten verursachten, da stationäre Aufenthalte bzw. erheblich teurere weitere Behandlungen erforderlich seien.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 9. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2005 zu verurteilen, ihn mit den Medikamenten Eulatin-Zäpfchen, Terzolinlösung und Nizoralcreme zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Der Kläger begehrt für die Zeit ab 1. Januar 2004 weiterhin die Übernahme der Kosten der hier streitigen, ihm regelmäßig durch den behandelnden Arzt verordneten, nicht verschreibungspflichtigen Medikamente durch die Krankenkasse auch für die Zukunft. Damit werden zum einen die Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr geltend gemacht und zum anderen auch der Beschwerdewert in Höhe von 500,00 EUR überschritten.
II.
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da ein Anspruch des Klägers auf Übernahme der Kosten der hier streitigen nicht verschreibungspflichtigen Medikamente nicht besteht.
Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen (insbesondere dem bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Attest von Dr. O. vom 2. Oktober 2004) leidet der Kläger unbestritten unter anderem an einer neurogenen Darmlähmung und einer Hämorridalerkrankung.
Der Kläger hat deshalb gem. § 27 Abs. 1 SGB V auch Anspruch auf Krankenbehandlung, wozu nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V (u. a.) die Versorgung mit Arzneimitteln gehört. Hierzu bestimmt § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V, dass Versicherte (nur) apothekenpflichtige Arzneimittel beanspruchen können, soweit diese nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind.
Gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt gem. § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 erstmals bis zum 31. März 2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegende Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (Satz 3).
Zutreffend hat zunächst das SG festgestellt, dass keines der hier noch streitigen nicht verschreibungspflichtigen Medikamente zu den in der Ausnahmeliste des Gemeinsamen Bundesausschusses genannten Medikamenten gehört. Diese Medikamente dienen auch nicht der Behandlung der unter F 16.4 AMR aufgeführten schwerwiegenden Erkrankungen. Danach sind u. a. Abführmittel grundsätzlich nicht verordnungsfähig außer zur Behandlung u. a. von Erkrankungen wie z. B. neurogener Darmlähmung. Bei dem Kläger liegt auch eine solche Darmlähmung vor, die Eulatin-Zäpfchen dienen jedoch nicht als Abführmittel, sondern zur Behandlung des Hämorridalleidens. Ausweislich des ärztlichen Attestes von Dr. U. vom 2. Oktober 2004 haben zwar die Darmlähmung und die zusätzlich bestehende Insuffizienz des rektalen Schließmuskels zu einem schweren Hämorridalleiden beim Kläger geführt. Aber dies rechtfertigt auch nach Überzeugung des Senates keine Zuordnung der Eulatin-Zäpfchen zum Katalog nach F 16.4 AMR. Dort sind abschließend bestimmte nicht verschreibungspflichtige Medikamente im Zusammenhang mit der Behandlung bestimmter Erkrankungen aufgeführt, im Rahmen dessen die Kosten von den Krankenkassen zu übernehmen sind. Eulatin-Zäpfchen sind dort einerseits nicht als entsprechende Medikamente benannt und ebenso wenig Hämorridalleiden als schwerwiegende Erkrankung im Sinne dieser Regelungen. Auch die Medikamente Terzolinlösung und Nizoralcreme sind nicht im Ausnahmekatalog genannt. Auch wenn diese - worauf die Klägerbevollmächtigte hingewiesen hat - nicht der Bekämpfung von Schuppen, sondern konkret aufgrund des entsprechenden Wirkstoffes zur Bekämpfung von Pilzerkrankungen dienen, sind sie vom Ausnahmekatalog nicht erfasst. Dort sind Mund- und Rachentherapeutika, sofern sie etwa der Behandlung von Pilzinfektionen dienen, ausnahmsweise zur Verordnung zu Lasten der Krankenkassen zugelassen, nicht aber die hier streitigen Medikamente im Zusammenhang mit der Behandlung von sonstigen Pilzerkrankungen.
Die Beklagte hat somit in Überseinstimmung mit dem Gesetz und den Arzneimittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gehandelt, als sie mit den streitigen Bescheiden die Erstattung der Kosten für Eulatin-Zäpfchen, Terzolinlösung und Nizoralcreme abgelehnt hat.
Der weitgehende Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Medikamente aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ist ausdrücklicher Wille des Gesetzgebers um weitere Kosten in der gesetzlichen Krankenversicherung einzusparen. So hat der Gesetzgeber konkret im Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz - GMG - vom 8. September 2003 unter anderem ausgeführt, dass die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in diesen Bereichen (gemeint ist die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln) in den letzten fünf Jahren überproportional angestiegen sei, ohne dass dies allein medizinisch zu begründen wäre. Daher seien steuernde Maßnahmen erforderlich, die die Effizienz der Versorgung in diesen Bereichen erhöhe (s. BT-Drs. 15/1525 Seite 75 Ziff. 5). Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht besteht nicht. Denn der Gesetzgeber hat hier zum einen Verordnungen für Kinder bis zum 12. Lebensjahr sowie für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ebenso weiter zugelassen wie bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen, für die nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zum Therapiestandard gehören und insoweit im übrigen die zu bearbeitenden Ausnahmen in den Arzneimittelrichtlinien dem Gemeinsamen Bundesausschuss übertragen (siehe auch BT-Drs. 15/1525 Seite 75 Ziff. 5).
Der Richtlinienauftrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss präzisiert das Wirtschaftlichkeitsgebot im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung (§ 12, 70 Abs. 1, 72 Abs. 2 SGB V). Er zielt darauf, unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse Grundlagen für eine medizinisch notwendige und wirtschaftliche ärztliche Behandlungs- und Verordnungsweise verbindlich festzulegen. Die Verbindlichkeit wird dadurch begründet, dass die Richtlinien nach § 92 Abs. 8 SGB V Bestandteil der Bundesmantelverträge (BMV-Ä) sind und die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 81 Abs. 3 Nr. 1, 2 SGB V Bestimmungen enthalten müssen, wonach die Verträge und die Richtlinien als solche für ihre Mitglieder (die zugelassenen Vertragsärzte) verbindlich sind. Nach der Rechtsprechung des BSG haben die Richtlinien als gesetzlicher Bestandteil der Bundesmantelverträge (siehe § 92 Abs. 8 SGB V) die gleiche Rechtsnormqualität wie diese (BSG SozR 3 - 2500 § 92 Nr. 6 = BSGE 78, 70; siehe auch BSG SozR 3-2500 § 92 Nr. 7 = BSGE 81, 73, SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 = BSGE 81, 54 zu NUB-Richtlinien). Dabei entfalten die Richtlinien ihre normative Wirkung nicht nur gegenüber den Partnern der Bundesmantelverträge und der Gesamtverträge, sondern auch gegenüber den Versicherten, weil § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V und die leistungsrechtlichen Vorschriften des § 12 Abs. 1 SGB V in einem unmittelbaren sachlogischen Zusammenhang stehen (s. BSG aaO).
Die Verbindlichkeit der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses hat der Gesetzgeber im Rahmen des GMG mit Wirkung zum 1. Januar 2004 noch durch die Regelung in § 91 Abs. 9 SGB V unterstrichen. Dort ist gesetzlich angeordnet, dass die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Versicherten der Krankenkassen, für die an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer und die zugelassenen Krankenhäuser verbindlich sind. Dies hat vorliegend zur Folge, dass auch für den Kläger der Ausschluss der hier streitigen Medikamente in Kapitel F Nr. 16 AMR verbindlich ist. Dagegen bestehen auch sonst keine rechtlichen Bedenken.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den ihm durch § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V übertragenen Auftrag in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt. In formeller Hinsicht sind Verstöße gegen die auf der Grundlage von § 91 Abs. 3 Nr. 1 SGB V ergangene Verfahrensordnung vom 5. September 2005 (BAnZ 2005 Nr. 242) nicht ersichtlich und von dem Kläger auch nicht vorgetragen, so dass offenbleiben kann, ob die darin enthaltenen Verfahrensregeln zumindest in ihren wesentlichen Kernpunkten auch schon auf die früher, nämlich am 16. März 2004 (BanZ S. 8905) ergangene Richtlinie zu § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V anzuwenden ist.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auch nicht die gesetzlichen Grenzen seiner ihm nach § 34 Abs. 1 Satz 2 übertragenen Richtlinienkompetenz verletzt. Voraussetzung für die ausnahmsweise Verordnung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel ist nach dem Gesetzeswortlaut das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung. Nach Abschnitt F Nr. 16.2 AMR ist eine Krankheit schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörungen die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Als schwere Erkrankungen, die bei Abführmitteln den Einsatz nicht verschreibungspflichtiger Medikamente rechtfertigen werden in Nr. 16.4.1 Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose und neurogene Darmlähmung angegeben, weiterhin wird die Verwendung solcher Mittel vor diagnostischen Eingriffen und in der Terminalphase erlaubt.
Es bedarf keiner weiteren medizinischen Abklärung, dass ein Hämorridenleiden den genannten schweren Erkrankungen nicht gleichsteht. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, das der Gemeinsame Bundesausschuss den Begriff der schweren Erkrankung in Bezug auf Hämorridenleiden verkannt hätte. Gleiches gilt auch für die Pilzerkrankungen, denen durch die anderen hier streitigen Medikamente begegnet werden soll. Der Gesetzgeber hat den Begriff der Mehrfachbehinderung in § 34 Abs. 1 SGB V nicht verwendet, sondern den der Erkrankung, was auch sinnvoll ist, weil durch Medikamente eine Erkrankung gezielt bekämpft werden soll. Der Begriff der Mehrfachbehinderung wird demgegenüber im allgemeinen dazu verwendet, die schweren Auswirkungen von Behinderungen im sozialen Leben zu umschreiben. Mehrfachbehinderte können unter verschiedenen Gesundheitsstörungen unterschiedlicher Ausprägung und mit unterschiedlichen Einschränkungen leiden. Bei ihnen muss der Arzt im Einzelfall jeweils die Gesundheitsstörungen feststellen und dann gegen jede einzelne Gesundheitsstörung gezielt Medikamente zur Anwendung bringen. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist daher zu Recht, wie ihm vom Gesetzgeber aufgetragen, von Erkrankungen ausgegangen und nicht von dem Menschentyp des Mehrfachbehinderten (oder etwa dem des hochbetagten älteren Menschen).
Zuzugeben ist dem Kläger, dass Mehrfachbehinderte in den meisten Fällen einen höheren Medikamentenbedarf haben als der Durchschnitt der nichtbehinderten gesetzlich Krankenversicherten und diese Gruppe daher stärker von der Einschränkung des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V betroffen wird. Soweit die Klägerbevollmächtigte darauf verweist, dass durch diese Regelungen insbesondere mehrfach behinderte Menschen wirtschaftlich belastet würden, die in der Regel auch eher über geringe finanzielle Mittel verfügten, ist darauf hinzuweisen, dass, sofern diese sozialhilfebedürftig sind und Leistungen nach dem SGB XII beziehen, speziell für Behinderte nach diesen Regelungen ein entsprechender Mehraufwand anerkannt wird und entsprechende zusätzliche Leistungen gewährt werden, die im Ergebnis dann gerade dazu dienen die aufgrund der Behinderung anfallenden möglicherweise zusätzlichen Kosten im Verhältnis zu nicht behinderten Menschen abzudecken. Hierunter können dann durchaus auch etwa hier anfallende zusätzliche Kosten für nicht verschreibungspflichtige Medikamente, die von der Krankenkasse nicht erstattet werden, fallen. Das heißt mit anderen Worten, dass insoweit die schlimmsten sozialen Härten sehr wohl abgefangen werden. Im Übrigen ist die grundsätzliche gesetzgeberische Entscheidung zu beachten, die dahingeht, durch die Herausnahme nicht verschreibungspflichtiger Medikamente aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen insgesamt zu einer Entlastung der gesetzlichen Krankenkassen und damit auch zumindest eine Stabilisierung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und eine Entlastung für die gesetzlich Versicherten zu erreichen (siehe BT-Drs. 15/1525 Seite 75 Ziff. 5 - Neuordnung der Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln -).
Aus all diesen Gründen ist daher die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Übernahme der Kosten der Medikamente Eulatin-Zäpfchen, Terzolinlösung und Nizoralcreme im Streit.
Der 1958 geborene Kläger ist u. a. durch eine spastische Tetraplegie, schwere Dysarthrie, Residualepilepsie und neurogene Darmlähmung schwerstbehindert. Daneben liegt beim ihm eine Hämorridalerkrankung vor. Der behandelnde Hausarzt und Facharzt für Innere Medizin Dr. U. verordnete dem Kläger u. a. Terzolinlösung, Nizoralcreme und Eulatin-Zäpfchen.
Mit Schreiben vom 31. August 2004 hatte der Vater und Betreuer des Klägers hinsichtlich einer zuvor durchgeführten Kostenabrechnung zu den von ihm vorgelegten Rezepten geltend gemacht, auch hinsichtlich der hier streitigen verordneten Medikamente die Kosten zu übernehmen. Mit Bescheid vom 9. September 2004 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für diese Medikamente ab, da sie von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien. Eine Ausnahmeindikation liege nicht vor.
Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Betreuer Widerspruch und legte in dem Zusammenhang u. a. noch ein Attest des Dr. U. vom 2. Oktober 2004 vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. U. a. verwies die Beklagte darauf, dass es sich bei den hier streitigen Arzneimittel um nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel handele, die nicht erstattungsfähig seien, da ein Ausschluss nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -Gesetzliche Krankenversicherung- (SGB V) vorliegen würde und diese Medikamente in der abschließenden Ausnahmeliste unter Nr. 16 Arzneimittelrichtlinien (AMR) nicht genannt seien. Der Einwand des Klägervertreters, dass der Kläger der Kasse durch die Verwendung dieser Präparate Kosten für andernfalls eventuell erforderliche stationäre Krankenhausaufenthalte erspare, rechtfertige keine andere Entscheidung. Die soziale Krankenversicherung beruhe auf dem Gedanken des Solidarausgleichs innerhalb der Versichertengemeinschaft. Sie kenne nicht das Prinzip des Finanzausgleichs des Versicherten- und Kassenvermögens mit dem Effekt, dass - angeblich - ersparte Aufwendungen der Kasse dem Versicherten gut zu bringen seien (mit Hinweis auf Urteil des BSG v. 10. November 1977 - 3 RK 68/76 -).
Hiergegen hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte am 7. März 2005 Klage vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Die Bevollmächtigte hat u. a. vorgetragen, der Kläger benötige die Eulatin-Zäpfchen, da er an einem schweren Hämorridenleiden mit chronischer Hämorridenblutung erkrankt sei. Es handele sich hierbei um eine Krankheit, die mit Medikamenten zu behandeln sei, die nicht verschreibungspflichtig seien. Die Gesetzliche Krankenversicherung solle sämtliche Erkrankungen und deren Behandlung abdecken. Seitens des Bundesausschusses sei eine Überprüfung des Therapiestandards bei mehrfach Behinderten nicht ausreichend erfolgt. Außerdem verstoße der Ausschluss von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Durch die Ausgrenzung nicht verschreibungspflichtiger Medikamente entstehe eine Versorgungslücke, die dazu führe, dass auch schwerwiegende Krankheiten sich stärker auswirken würden und damit zu einer höheren Kostenbelastung der Krankenkasse führten.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass die Aufzählung der Ausnahmen für nicht verschreibungspflichtige Medikamente in den Arzneimittelrichtlinien entgegen der Auffassung der Klägerseite abschließend sei. Wie der Bevollmächtigte selbst bestätigt habe sei im Übrigen die Aufzählung der Ausnahmen zwischenzeitlich ergänzt worden. Dies wäre bei einer nicht abschließenden Liste nicht notwendig gewesen, da es sich in dem Fall nur um eine beispielhafte Aufzählung handeln würde, die keiner Ergänzung bedürfe. Dem sei hier aber nicht so, sodass der Gemeinsame Bundesausschuss aufgrund von Überprüfungen weitere Arzneimittel in die Liste aufgenommen habe und somit den abschließenden Charakter der Liste unterstreiche.
Mit Gerichtsbescheid vom 22. Juni 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass zur Krankenbehandlung u. a. auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V) gehöre und dabei Versicherte nach § 31 Abs. 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung ab 1. Januar 2004 Anspruch auf apothekenpflichtige Arzneimittel haben, soweit diese nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen seien. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V (ebenfalls in der Neufassung ab 1. Januar 2004) nehme nur nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung aus. Dabei lege der Gemeinsame Ausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erstmals bis zum 31. März 2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten würden, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden könnten (§ 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Insoweit sei der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (§ 34 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Hiervon habe der Bundesausschuss auch unter F 16. der Arzneimittelrichtlinien (AMR) Gebrauch gemacht. Dabei seien unter F 16.4 die schwerwiegenden Erkrankungen und die Standardtherapeutika zu deren Behandlung festgelegt. Es handele sich hierbei ausdrücklich um abschließende Regelungen (F 16.7 AMR, jetzt i. d. F. vom 20. Dezember 2005 F 16.9). Unstreitig gehörten die vom Kläger entsprechend der Privatverordnung erworbenen Medikamente nicht zu den in der Ausnahmeliste des Gemeinsamen Bundesausschusses genannten Medikamenten. Diese Medikamente dienten auch nicht der Behandlung der unter F 16.4 AMR aufgeführten schwerwiegenden Erkrankungen. Beim Kläger liege zwar eine neurogene Darmlähmung vor, die Eulatin-Zäpfchen dienten jedoch der Behandlung des Hämorridalleidens. Dass dieses - wie Dr. U. in seinem Attest vom 2. Oktober 2004 anführe - im Zusammenhang mit der Darmlähmung stehe, rechtfertige keine Zuordnung zum Katalog nach F 16.4 AMR. Dort sei nämlich nicht ausdrücklich festgelegt, dass auch Medikamente, die zur Therapie gegen Folgeerkrankungen der als schwerwiegend eingestuften Erkrankungen dienten, die Ausnahmeversorgung rechtfertigten. Die Medikamente Terzolinlösung und Nizoralcreme seien Produkte gegen Schuppenbekämpfung und daher bereits von vorneherein nicht als Behandlung eines schwerwiegenden Krankheitsbildes im Sinne von F 16.2 AMR anzusehen. Der weitgehende Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Medikamente aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung sei ausdrücklicher Wille des Gesetzgebers um weitere Kosten in der gesetzlichen Krankenversicherung einzusparen. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht sei für das SG nicht erkennbar. Insbesondere sei es nicht unzulässig, dem Gemeinsamen Bundesausschuss die Kompetenz zur Bestimmung der Verordnungsfähigkeit von Medikamenten einzuräumen. Welche Arzneimittel nun aus der Verordnungsfähigkeit entfallen sollten und welche wirtschaftlich vertretbaren Alternativen mit ähnlicher Wirkungsweise statt dessen verordnet werden könnten, obliege mangels Fachwissens nicht den Gerichten, sondern im Wege der Ermächtigung zur Richtlinienkompetenz dem Gemeinsamen Bundesausschuss (m. H. auf Knittel in Kraußkopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung § 92 Rdnr. 2). Diese Delegation der Kompetenz sei auch rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat gegen den mit Empfangsbekenntnis seinem Bevollmächtigten am 23. Juni 2005 zugestellten Gerichtsbescheid am 19. Juli 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht die Bevollmächtigte des Klägers wie bereits im Klageverfahren geltend, dass im Falle der Nichtgabe der hier erforderlichen Medikamente regelmäßig ein stationärer Aufenthalt des Klägers erforderlich sei. Soweit das SG ausführe, dass das Medikament Eulatin-Zäpfchen nicht verordnungsfähig sei, weil es bei Erkrankungen wie sie in den AMR unter 16.4.1 aufgeführt würden, nur bei Darmlähmungen, aber nicht bei den Folgeerkrankungen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung eingesetzt werden dürften, könne dem nicht gefolgt werden. Zum einen sei nicht ausdrücklich festgelegt, dass die Folgeerkrankung ausgeschlossen sei. Zum anderen fielen, wenn die Voraussetzungen bei schwerwiegender Erkrankung bei Standardtherapeutika erfüllt seien, die Medikamente unter Ziffer 16.4.1 AMR. Auch stehe im vorliegenden Fall der Verordnung die Ziffer 17 ff. AMR nicht entgegen. Diese regele lediglich, dass eine Versorgung außerhalb einer Erkrankung ausgeschlossen sei. Nicht dagegen, wenn wie beim Kläger Erkrankungen bestünden. Der Wille des Gesetzgebers könne nicht dahingehend interpretiert werden, dass Folgeerkrankungen außen vor blieben unter Missachtung wirtschaftlicher und humanitärer Gesichtspunkte.
Ebenso wenig könne den Ausführungen des SG bezüglich der Medikamente Terzolinlösung und Nizoralcreme gefolgt werden, soweit das SG ausführe, diese dienten lediglich der Schuppenbekämpfung. Beide Produkte würden den Wirkstoff Ketoconazol enthalten. Diese Medikamente würden nicht zur Schuppenbekämpfung verordnet, sondern zur Bekämpfung von Pilzerkrankungen. Sie gehörten zum Therapiestandard bei der Behandlung von mehrfach behinderten Menschen, deren Krankheitsbild von dem eines nicht behinderten Menschen abweiche. Soweit das SG in dem Zusammenhang darauf verweise, dass hinsichtlich der Frage der Verordnungsfähigkeit von Medikamenten dem Bundesausschuss die Entscheidungskompetenz und nicht den Gerichten mangels Fachwissen zustehe, sei dem entgegen zu halten, dass im vorliegenden Fall vom Bundesausschuss der medizinische Standard bei Versicherten mit Mehrfachbehinderungen nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Der Gesetzgeber habe in § 34 Abs. 1 Satz 3 SGB V festgelegt, dass ausnahmsweise nicht verschreibungspflichtige Medikamente, die bei der Behandlung von schwerwiegenden Erkrankungen als Therapiestandard gelten würden, verordnet werden könnten und der Gemeinsame Ausschuss die verschreibungspflichtigen Medikamente (gemeint sind wohl die nicht verschreibungspflichtigen Medikamente) dann in den AMR festlegen könne. Der Gesetzgeber sei dabei davon ausgegangen, dass dem Bundesausschuss insbesondere kein Ermessensspielraum zukomme, sondern dass er die Medikamente dann in die Richtlinien aufzunehmen habe. Demzufolge habe es das SG unterlassen zu prüfen, ob es sich bei den Erkrankungen des Klägers um eine schwerwiegende Erkrankung handele und ob die Behandlung zum Therapiestandard gehöre. Seien beide Voraussetzungen zu bejahen, habe der Bundesausschuss kein Ermessen, sondern müsse die Medikamente im Rahmen des Therapiestandards in den Leistungskatalog der verschreibungspflichtigen Medikamente aufnehmen. Daraus ergebe sich, dass nicht verschreibungspflichtige Medikamente in die AMR aufzunehmen seien, die die Voraussetzungen "schwere Erkrankung" und "Therapiestandard" erfüllten. Beide Voraussetzungen seien bezüglich der vom Kläger benötigten Medikamente erfüllt. Der Gesetzgeber sei im Übrigen davon ausgegangen, dass für die Versicherungsnehmer lediglich geringe Kosten entstünden. Bei Medikamenten, die zum Therapiestandard gehörten, entstünden aber erheblich höhere Kosten, die gerade bei der Gruppe der mehrfach behinderten Menschen die wirtschaftlichen Möglichkeiten überstiegen und dadurch dazu führen würden, dass bestehende Erkrankungen sich verschlimmerten und die Menschen in Fällen, in denen sie sich die Kosten für die nicht verschreibungspflichtigen Medikamente nicht leisten könnten, dann erheblich höhere Kosten verursachten, da stationäre Aufenthalte bzw. erheblich teurere weitere Behandlungen erforderlich seien.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 9. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2005 zu verurteilen, ihn mit den Medikamenten Eulatin-Zäpfchen, Terzolinlösung und Nizoralcreme zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Der Kläger begehrt für die Zeit ab 1. Januar 2004 weiterhin die Übernahme der Kosten der hier streitigen, ihm regelmäßig durch den behandelnden Arzt verordneten, nicht verschreibungspflichtigen Medikamente durch die Krankenkasse auch für die Zukunft. Damit werden zum einen die Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr geltend gemacht und zum anderen auch der Beschwerdewert in Höhe von 500,00 EUR überschritten.
II.
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da ein Anspruch des Klägers auf Übernahme der Kosten der hier streitigen nicht verschreibungspflichtigen Medikamente nicht besteht.
Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen (insbesondere dem bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Attest von Dr. O. vom 2. Oktober 2004) leidet der Kläger unbestritten unter anderem an einer neurogenen Darmlähmung und einer Hämorridalerkrankung.
Der Kläger hat deshalb gem. § 27 Abs. 1 SGB V auch Anspruch auf Krankenbehandlung, wozu nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V (u. a.) die Versorgung mit Arzneimitteln gehört. Hierzu bestimmt § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V, dass Versicherte (nur) apothekenpflichtige Arzneimittel beanspruchen können, soweit diese nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind.
Gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt gem. § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 erstmals bis zum 31. März 2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegende Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (Satz 3).
Zutreffend hat zunächst das SG festgestellt, dass keines der hier noch streitigen nicht verschreibungspflichtigen Medikamente zu den in der Ausnahmeliste des Gemeinsamen Bundesausschusses genannten Medikamenten gehört. Diese Medikamente dienen auch nicht der Behandlung der unter F 16.4 AMR aufgeführten schwerwiegenden Erkrankungen. Danach sind u. a. Abführmittel grundsätzlich nicht verordnungsfähig außer zur Behandlung u. a. von Erkrankungen wie z. B. neurogener Darmlähmung. Bei dem Kläger liegt auch eine solche Darmlähmung vor, die Eulatin-Zäpfchen dienen jedoch nicht als Abführmittel, sondern zur Behandlung des Hämorridalleidens. Ausweislich des ärztlichen Attestes von Dr. U. vom 2. Oktober 2004 haben zwar die Darmlähmung und die zusätzlich bestehende Insuffizienz des rektalen Schließmuskels zu einem schweren Hämorridalleiden beim Kläger geführt. Aber dies rechtfertigt auch nach Überzeugung des Senates keine Zuordnung der Eulatin-Zäpfchen zum Katalog nach F 16.4 AMR. Dort sind abschließend bestimmte nicht verschreibungspflichtige Medikamente im Zusammenhang mit der Behandlung bestimmter Erkrankungen aufgeführt, im Rahmen dessen die Kosten von den Krankenkassen zu übernehmen sind. Eulatin-Zäpfchen sind dort einerseits nicht als entsprechende Medikamente benannt und ebenso wenig Hämorridalleiden als schwerwiegende Erkrankung im Sinne dieser Regelungen. Auch die Medikamente Terzolinlösung und Nizoralcreme sind nicht im Ausnahmekatalog genannt. Auch wenn diese - worauf die Klägerbevollmächtigte hingewiesen hat - nicht der Bekämpfung von Schuppen, sondern konkret aufgrund des entsprechenden Wirkstoffes zur Bekämpfung von Pilzerkrankungen dienen, sind sie vom Ausnahmekatalog nicht erfasst. Dort sind Mund- und Rachentherapeutika, sofern sie etwa der Behandlung von Pilzinfektionen dienen, ausnahmsweise zur Verordnung zu Lasten der Krankenkassen zugelassen, nicht aber die hier streitigen Medikamente im Zusammenhang mit der Behandlung von sonstigen Pilzerkrankungen.
Die Beklagte hat somit in Überseinstimmung mit dem Gesetz und den Arzneimittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gehandelt, als sie mit den streitigen Bescheiden die Erstattung der Kosten für Eulatin-Zäpfchen, Terzolinlösung und Nizoralcreme abgelehnt hat.
Der weitgehende Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Medikamente aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ist ausdrücklicher Wille des Gesetzgebers um weitere Kosten in der gesetzlichen Krankenversicherung einzusparen. So hat der Gesetzgeber konkret im Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz - GMG - vom 8. September 2003 unter anderem ausgeführt, dass die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in diesen Bereichen (gemeint ist die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln) in den letzten fünf Jahren überproportional angestiegen sei, ohne dass dies allein medizinisch zu begründen wäre. Daher seien steuernde Maßnahmen erforderlich, die die Effizienz der Versorgung in diesen Bereichen erhöhe (s. BT-Drs. 15/1525 Seite 75 Ziff. 5). Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht besteht nicht. Denn der Gesetzgeber hat hier zum einen Verordnungen für Kinder bis zum 12. Lebensjahr sowie für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ebenso weiter zugelassen wie bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen, für die nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zum Therapiestandard gehören und insoweit im übrigen die zu bearbeitenden Ausnahmen in den Arzneimittelrichtlinien dem Gemeinsamen Bundesausschuss übertragen (siehe auch BT-Drs. 15/1525 Seite 75 Ziff. 5).
Der Richtlinienauftrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss präzisiert das Wirtschaftlichkeitsgebot im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung (§ 12, 70 Abs. 1, 72 Abs. 2 SGB V). Er zielt darauf, unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse Grundlagen für eine medizinisch notwendige und wirtschaftliche ärztliche Behandlungs- und Verordnungsweise verbindlich festzulegen. Die Verbindlichkeit wird dadurch begründet, dass die Richtlinien nach § 92 Abs. 8 SGB V Bestandteil der Bundesmantelverträge (BMV-Ä) sind und die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 81 Abs. 3 Nr. 1, 2 SGB V Bestimmungen enthalten müssen, wonach die Verträge und die Richtlinien als solche für ihre Mitglieder (die zugelassenen Vertragsärzte) verbindlich sind. Nach der Rechtsprechung des BSG haben die Richtlinien als gesetzlicher Bestandteil der Bundesmantelverträge (siehe § 92 Abs. 8 SGB V) die gleiche Rechtsnormqualität wie diese (BSG SozR 3 - 2500 § 92 Nr. 6 = BSGE 78, 70; siehe auch BSG SozR 3-2500 § 92 Nr. 7 = BSGE 81, 73, SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 = BSGE 81, 54 zu NUB-Richtlinien). Dabei entfalten die Richtlinien ihre normative Wirkung nicht nur gegenüber den Partnern der Bundesmantelverträge und der Gesamtverträge, sondern auch gegenüber den Versicherten, weil § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V und die leistungsrechtlichen Vorschriften des § 12 Abs. 1 SGB V in einem unmittelbaren sachlogischen Zusammenhang stehen (s. BSG aaO).
Die Verbindlichkeit der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses hat der Gesetzgeber im Rahmen des GMG mit Wirkung zum 1. Januar 2004 noch durch die Regelung in § 91 Abs. 9 SGB V unterstrichen. Dort ist gesetzlich angeordnet, dass die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Versicherten der Krankenkassen, für die an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer und die zugelassenen Krankenhäuser verbindlich sind. Dies hat vorliegend zur Folge, dass auch für den Kläger der Ausschluss der hier streitigen Medikamente in Kapitel F Nr. 16 AMR verbindlich ist. Dagegen bestehen auch sonst keine rechtlichen Bedenken.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den ihm durch § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V übertragenen Auftrag in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt. In formeller Hinsicht sind Verstöße gegen die auf der Grundlage von § 91 Abs. 3 Nr. 1 SGB V ergangene Verfahrensordnung vom 5. September 2005 (BAnZ 2005 Nr. 242) nicht ersichtlich und von dem Kläger auch nicht vorgetragen, so dass offenbleiben kann, ob die darin enthaltenen Verfahrensregeln zumindest in ihren wesentlichen Kernpunkten auch schon auf die früher, nämlich am 16. März 2004 (BanZ S. 8905) ergangene Richtlinie zu § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V anzuwenden ist.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auch nicht die gesetzlichen Grenzen seiner ihm nach § 34 Abs. 1 Satz 2 übertragenen Richtlinienkompetenz verletzt. Voraussetzung für die ausnahmsweise Verordnung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel ist nach dem Gesetzeswortlaut das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung. Nach Abschnitt F Nr. 16.2 AMR ist eine Krankheit schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörungen die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Als schwere Erkrankungen, die bei Abführmitteln den Einsatz nicht verschreibungspflichtiger Medikamente rechtfertigen werden in Nr. 16.4.1 Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose und neurogene Darmlähmung angegeben, weiterhin wird die Verwendung solcher Mittel vor diagnostischen Eingriffen und in der Terminalphase erlaubt.
Es bedarf keiner weiteren medizinischen Abklärung, dass ein Hämorridenleiden den genannten schweren Erkrankungen nicht gleichsteht. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, das der Gemeinsame Bundesausschuss den Begriff der schweren Erkrankung in Bezug auf Hämorridenleiden verkannt hätte. Gleiches gilt auch für die Pilzerkrankungen, denen durch die anderen hier streitigen Medikamente begegnet werden soll. Der Gesetzgeber hat den Begriff der Mehrfachbehinderung in § 34 Abs. 1 SGB V nicht verwendet, sondern den der Erkrankung, was auch sinnvoll ist, weil durch Medikamente eine Erkrankung gezielt bekämpft werden soll. Der Begriff der Mehrfachbehinderung wird demgegenüber im allgemeinen dazu verwendet, die schweren Auswirkungen von Behinderungen im sozialen Leben zu umschreiben. Mehrfachbehinderte können unter verschiedenen Gesundheitsstörungen unterschiedlicher Ausprägung und mit unterschiedlichen Einschränkungen leiden. Bei ihnen muss der Arzt im Einzelfall jeweils die Gesundheitsstörungen feststellen und dann gegen jede einzelne Gesundheitsstörung gezielt Medikamente zur Anwendung bringen. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist daher zu Recht, wie ihm vom Gesetzgeber aufgetragen, von Erkrankungen ausgegangen und nicht von dem Menschentyp des Mehrfachbehinderten (oder etwa dem des hochbetagten älteren Menschen).
Zuzugeben ist dem Kläger, dass Mehrfachbehinderte in den meisten Fällen einen höheren Medikamentenbedarf haben als der Durchschnitt der nichtbehinderten gesetzlich Krankenversicherten und diese Gruppe daher stärker von der Einschränkung des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V betroffen wird. Soweit die Klägerbevollmächtigte darauf verweist, dass durch diese Regelungen insbesondere mehrfach behinderte Menschen wirtschaftlich belastet würden, die in der Regel auch eher über geringe finanzielle Mittel verfügten, ist darauf hinzuweisen, dass, sofern diese sozialhilfebedürftig sind und Leistungen nach dem SGB XII beziehen, speziell für Behinderte nach diesen Regelungen ein entsprechender Mehraufwand anerkannt wird und entsprechende zusätzliche Leistungen gewährt werden, die im Ergebnis dann gerade dazu dienen die aufgrund der Behinderung anfallenden möglicherweise zusätzlichen Kosten im Verhältnis zu nicht behinderten Menschen abzudecken. Hierunter können dann durchaus auch etwa hier anfallende zusätzliche Kosten für nicht verschreibungspflichtige Medikamente, die von der Krankenkasse nicht erstattet werden, fallen. Das heißt mit anderen Worten, dass insoweit die schlimmsten sozialen Härten sehr wohl abgefangen werden. Im Übrigen ist die grundsätzliche gesetzgeberische Entscheidung zu beachten, die dahingeht, durch die Herausnahme nicht verschreibungspflichtiger Medikamente aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen insgesamt zu einer Entlastung der gesetzlichen Krankenkassen und damit auch zumindest eine Stabilisierung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und eine Entlastung für die gesetzlich Versicherten zu erreichen (siehe BT-Drs. 15/1525 Seite 75 Ziff. 5 - Neuordnung der Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln -).
Aus all diesen Gründen ist daher die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved