Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 912/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 3784/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die gem. § 7 Abs. 1 S. 2 2. Halbs. SGB II i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylblG an die Art der erteilten Aufenthaltserlaubnis nach dem AufenthG anknüfende Abgrenzung des Kreises der Anspruchsberechtigten der verschiedenen Systeme staatlicher Sozialleistungen verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der im Jahre 1957 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger und im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Er erstrebt die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) anstelle der ihm gewährten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Mit Bescheid vom 23.01.2006 lehnte der Beklagte den am 19.01.2006 gestellten Antrag des Klägers auf Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II ab. In den Gründen wurde im wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II vom begehrten Leistungsbezug ausgeschlossen, da er wegen der ihm gem. § 25 Abs. 5 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis Leistungsberechtigter nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG sei.
Zur Begründung seines hiergegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im wesentlichen vor, der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II für Inhaber einer gem. § 25 Abs. 5 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis verstoße gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Denn der Grund für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei kein zulässiges Differenzierungsmerkmal für den Zugang zu Leistungen nach dem SGB II. Demgemäß sei auch die unterschiedliche Behandlung seines Jahre 1993 geborenen Sohnes Ramadan, der als anerkannter Asylberechtigter im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis sei, und der übrigen Familienmitglieder gleichheitswidrig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2006 wies der Beklagte den Widerspruch aus den Gründen der Ausgangsentscheidung zurück. Diese Entscheidung wurde dem Kläger am 14.02.2006 zugestellt.
Am 06.03.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Reutlingen Klage erhoben und im wesentlichen sein Vorbringen aus den Widerspruchsverfahren wiederholt. Ergänzend hat er ausgeführt, sein Aufenthalt im Bundesgebiet sei angesichts der erforderlichen Pflege und Erziehung seines mit einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ausgestatteten minderjährigen Sohnes nicht lediglich von kurzer Dauer.
Mit Gerichtsbescheid vom 30.05.2006 hat das Sozialgericht Reutlingen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ausschluss des Klägers von Leistungen nach dem SGB II bestünden im Ergebnis nicht. Denn § 2 Abs. 1 AsylbLG sehe nach einem 36-monatigen Bezug von Leistungen nach diesem Gesetz einen Anspruch auf demgegenüber erhöhte Sozialleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vor, wenn der Leistungsberechtigte die Dauer seines Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst habe. Ein möglicherweise verfassungsrechtlich bedenklicher Sonderfall, wie beispielsweise bei einem unmittelbarem Absinken von einem Arbeitslosengeldbezug nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liege nicht vor. Diese Entscheidung ist dem Kläger am 09.06.2006 zugestellt worden.
Am 20.06.2006 hat der Kläger Berufung eingelegt und sein Begehren unter Hinweis auf Art. 3 GG weiterverfolgt. Ergänzend hat er vorgetragen, er habe als aufenthaltsberechtigter Vater seines als Asylberechtigtem anerkannten Sohnes Ramadan aus Art. 23 der Genfer Konvention Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Im übrigen halte er sich nicht - wie in der Vergangenheit für die Anwendung des AsylblG erforderlich - als Asylbewerber oder als ausreisepflichtiger Ausländer im Bundesgebiet auf.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 30.05.2006 und den Bescheid des Beklagten vom 23.01.2006 sowie den Widerspruchsbescheid desselben vom 09.02.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm ab dem 19.01.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Reutlingen sowie die beigezogenen Leistungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) durch den Berichterstatter allein (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG).
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Ohne Rechtsfehler hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 23.01.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 09.02.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Denn ihm können die erstrebten Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II nicht bewilligt werden.
So schließt § 7 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. SGB II den begehrten Leistungsbezug - einfachrechtlich - aus, nachdem der Kläger wegen der ihm gem. § 25 Abs. 5 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG leistungsberechtigt ist. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Der geltend gemachte Leistungsanspruch ergibt sich aber auch nicht aus - höherrangigem - innerstaatlichem Verfassungsrecht oder aus völkerrechtlichen Regelungen.
Im Ergebnis ohne Erfolg beruft sich der Kläger zunächst auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Ihm kommt im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Für den Gesetzgeber ergeben sich allerdings aus dem allgemeinen Gleichheitssatz um so engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann. Strengere Anforderungen an eine an die Zugehörigkeit zu einer Personengruppe anknüpfende Unterscheidung sind auch dann zu stellen, wenn der Einzelne das Vorliegen des Differenzierungsmerkmals nicht durch eigenes Verhalten beeinflussen kann. Ob eine Regelung dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG entspricht, hängt davon ab, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen (vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 06.07.2004 - 1 BvR 2515/95 - [BVerfGE 111, 176 ff. = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4 = InfAuslR 2005, 116 ff. = NVwZ 2005, 319 ff. = EzAR-NF 87 Nr. 1] und - 1 BvL 4/97 - [BVerfGE 111, 160 ff. = SozR 4-5870 § 1 Nr. 1 = NVwZ 2005, 201 ff. = InfAuslR 2005, 67 ff. = EzAR-NF 87 Nr. 2]).
In Anwendung dieser Grundsätze verstieß zwar der gänzliche Ausschluss von im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis nach dem damaligen Ausländergesetz (AuslG) befindlichen Ausländern vom Bezug von Kindergeld und von Erziehungsgeld gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Denn die Anknüpfung an die unterschiedliche Art des Aufenthaltstitels war unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 GG vor allem deshalb nicht als Differenzierungskriterium geeignet, weil allein der erteilte Aufenthaltstitel keine Prognose über die Dauer des zukünftigen Aufenthalts des Ausländers im Bundesgebiet zuließ (vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 06.07.2004, a. a. O.).
Indes gilt dies nicht mit Blick auf die hier in Rede stehende, an die Art der erteilten Aufenthaltserlaubnis nach dem zwischenzeitlich in Kraft getretenen AufenthG anknüpfende Abgrenzung des Kreises der Anspruchsberechtigten der verschiedenen Systeme staatlicher Sozialleistungen (ebenso Eicher/Spellbrink, SGB II, Rdnr. 15 zu § 7; a. A. Geiger, info also 2005, 147, 149).
Zum einen geht mit dieser Differenzierung nämlich kein gänzlicher Ausschluss von Zuwendungen wegen der Art des Aufenthaltsrechts einher. Vielmehr führt sie nur zu einer Verweisung auf verschiedene Formen staatlicher Sozialleistungen, die sich i. Ü. mit ihren unterschiedlichen Leistungshöhen sämtlich im durch die Verfassung gezogenen Rahmen halten.
Zum anderen ist der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG hier im Gegensatz zur Bewilligung von Kindergeld und Erziehungsgeld nicht betroffen und vermag sich die Art der gewährten Sozialleistungen - wiederum anders als im Falle der Gewährung oder Versagung von Kindergeld und Erziehungsgeld - für den Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG auch aufenthaltsrechtlich nicht auszuwirken, da die Inanspruchnahme jeglicher Sozialleistungen der Verfestigung des Aufenthalts durch Erteilung einer Niederlassungserlaubnis entgegensteht (vgl. § 25 Abs. 4 S. 1 i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 2 Abs. 3 AufenthG).
Der demgemäß weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wird durch den Umstand der fehlenden Beeinflussbarkeit des Differenzierungsmerkmals - hier der rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG - durch den Kläger nicht entscheidend eingeschränkt. Denn dem genannten Umstand ist durch den in § 2 Abs. 1 AsylblG gerade für Fälle dieser Art geregelten Anspruch auf - gegenüber den Leistungen nach dem AsylblG - erhöhte Leistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII nach einem 36-monatigen Bezug von Leistungen nach dem AsylblG Rechnung getragen.
In Ansehung dessen ist der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum durch die hier entscheidungserhebliche Abgrenzung nach der Art des Aufenthaltsrechts nicht in vor dem Gleichheitssatz zu beanstandender Weise überschritten. Die u. a. für Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG vorgesehene Leistungsgewährung nach dem AsylblG soll diejenigen Ausländer aus dem Anwendungsbereich des SGB II ausschließen, über deren Aufenthalt noch nicht abschließend entschieden worden ist und die mithin noch keine längerfristige Aufenthaltsperspektive erhalten haben (vgl. hierzu die amtliche Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze [BT-Drucks 15/3784], abgedr. bei Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Teil II, § 1 AsylblG). Dieser Regelungszweck vermag die normierte Ungleichbehandlung zu tragen. Denn der hier in Rede stehende, dem Anwendungsbereich des § 25 Abs. 5 AufenthG unterfallende Personenkreis war vor Inkrafttreten des AufenthG im wesentlichen auf eine Duldungserteilung wegen rechtlicher oder tatsächlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gem. § 55 Abs. 2 AuslG sowie damit einhergehend ebenfalls auf Leistungen nach dem AsylblG (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylblG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung) verwiesen und sollte durch die Neuregelung lediglich ausländerrechtlich, nicht aber leistungsrechtlich besser gestellt werden (vgl. Mergler/Zink, a. a. O., Rdnr. 23 zu § 1 AsylblG). Nachdem der an sich bestehenden vollziehbaren Ausreisepflicht dieses Personenkreises eine normativ schwächere Bindung an das Bundesgebiet entspricht, die auch die aus dem Sozialstaatsgebot folgende Einstandspflicht des Gesetzgebers für die auf seinem Gebiet lebenden Ausländer beeinflusst (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 03.06.2003 - 5 C 32/02 -, Buchholz 436.02 § 2 AsylbLG Nr. 1 = DVBl 2004, 56 ff. = ZFSH/SGB 2004, 51 ff. = FEVS 55, 114 ff. = InfAuslR 2004, 119 ff. = NVwZ 2004, 491 ff.), liegen nach Art und Gewicht ausreichende Gründe für die im Ergebnis vorgenommene Differenzierung bei der Leistungshöhe vor. Allein der Umstand, dass die Ausreisehindernisse voraussichtlich noch längere Zeit vorliegen, ändert hieran nichts. Er begründet - wie unter Geltung des AuslG für gem. § 55 Abs. 2 geduldete Ausländer - allenfalls die Prognose einer länger dauernden Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung und eines damit einhergehenden Verbleibs im Bundesgebiet, nicht aber eine mit einer abschließenden Entscheidung über den Aufenthalt verbundene längerfristige Aufenthaltsperspektive.
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich auch auf Art. 23 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK). Denn er unterfällt mangels vom dafür - bis auf hier nicht vorliegende Sonderfälle - allein zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i. V. m. § 4 Satz 1 Asylverfahrensgesetz [AsylVfG]) festgestellter Flüchtlingseigenschaft nicht dem Anwendungsbereich dieser Regelung. Die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft zu Gunsten seines Sohnes ist für den geltend gemachten Anspruch des Klägers unerheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der im Jahre 1957 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger und im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Er erstrebt die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) anstelle der ihm gewährten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Mit Bescheid vom 23.01.2006 lehnte der Beklagte den am 19.01.2006 gestellten Antrag des Klägers auf Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II ab. In den Gründen wurde im wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II vom begehrten Leistungsbezug ausgeschlossen, da er wegen der ihm gem. § 25 Abs. 5 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis Leistungsberechtigter nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG sei.
Zur Begründung seines hiergegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im wesentlichen vor, der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II für Inhaber einer gem. § 25 Abs. 5 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis verstoße gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Denn der Grund für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei kein zulässiges Differenzierungsmerkmal für den Zugang zu Leistungen nach dem SGB II. Demgemäß sei auch die unterschiedliche Behandlung seines Jahre 1993 geborenen Sohnes Ramadan, der als anerkannter Asylberechtigter im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis sei, und der übrigen Familienmitglieder gleichheitswidrig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2006 wies der Beklagte den Widerspruch aus den Gründen der Ausgangsentscheidung zurück. Diese Entscheidung wurde dem Kläger am 14.02.2006 zugestellt.
Am 06.03.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Reutlingen Klage erhoben und im wesentlichen sein Vorbringen aus den Widerspruchsverfahren wiederholt. Ergänzend hat er ausgeführt, sein Aufenthalt im Bundesgebiet sei angesichts der erforderlichen Pflege und Erziehung seines mit einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ausgestatteten minderjährigen Sohnes nicht lediglich von kurzer Dauer.
Mit Gerichtsbescheid vom 30.05.2006 hat das Sozialgericht Reutlingen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ausschluss des Klägers von Leistungen nach dem SGB II bestünden im Ergebnis nicht. Denn § 2 Abs. 1 AsylbLG sehe nach einem 36-monatigen Bezug von Leistungen nach diesem Gesetz einen Anspruch auf demgegenüber erhöhte Sozialleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vor, wenn der Leistungsberechtigte die Dauer seines Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst habe. Ein möglicherweise verfassungsrechtlich bedenklicher Sonderfall, wie beispielsweise bei einem unmittelbarem Absinken von einem Arbeitslosengeldbezug nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liege nicht vor. Diese Entscheidung ist dem Kläger am 09.06.2006 zugestellt worden.
Am 20.06.2006 hat der Kläger Berufung eingelegt und sein Begehren unter Hinweis auf Art. 3 GG weiterverfolgt. Ergänzend hat er vorgetragen, er habe als aufenthaltsberechtigter Vater seines als Asylberechtigtem anerkannten Sohnes Ramadan aus Art. 23 der Genfer Konvention Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Im übrigen halte er sich nicht - wie in der Vergangenheit für die Anwendung des AsylblG erforderlich - als Asylbewerber oder als ausreisepflichtiger Ausländer im Bundesgebiet auf.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 30.05.2006 und den Bescheid des Beklagten vom 23.01.2006 sowie den Widerspruchsbescheid desselben vom 09.02.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm ab dem 19.01.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Reutlingen sowie die beigezogenen Leistungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) durch den Berichterstatter allein (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG).
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Ohne Rechtsfehler hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 23.01.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 09.02.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Denn ihm können die erstrebten Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II nicht bewilligt werden.
So schließt § 7 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. SGB II den begehrten Leistungsbezug - einfachrechtlich - aus, nachdem der Kläger wegen der ihm gem. § 25 Abs. 5 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG leistungsberechtigt ist. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Der geltend gemachte Leistungsanspruch ergibt sich aber auch nicht aus - höherrangigem - innerstaatlichem Verfassungsrecht oder aus völkerrechtlichen Regelungen.
Im Ergebnis ohne Erfolg beruft sich der Kläger zunächst auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Ihm kommt im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Für den Gesetzgeber ergeben sich allerdings aus dem allgemeinen Gleichheitssatz um so engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann. Strengere Anforderungen an eine an die Zugehörigkeit zu einer Personengruppe anknüpfende Unterscheidung sind auch dann zu stellen, wenn der Einzelne das Vorliegen des Differenzierungsmerkmals nicht durch eigenes Verhalten beeinflussen kann. Ob eine Regelung dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG entspricht, hängt davon ab, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen (vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 06.07.2004 - 1 BvR 2515/95 - [BVerfGE 111, 176 ff. = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4 = InfAuslR 2005, 116 ff. = NVwZ 2005, 319 ff. = EzAR-NF 87 Nr. 1] und - 1 BvL 4/97 - [BVerfGE 111, 160 ff. = SozR 4-5870 § 1 Nr. 1 = NVwZ 2005, 201 ff. = InfAuslR 2005, 67 ff. = EzAR-NF 87 Nr. 2]).
In Anwendung dieser Grundsätze verstieß zwar der gänzliche Ausschluss von im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis nach dem damaligen Ausländergesetz (AuslG) befindlichen Ausländern vom Bezug von Kindergeld und von Erziehungsgeld gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Denn die Anknüpfung an die unterschiedliche Art des Aufenthaltstitels war unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 GG vor allem deshalb nicht als Differenzierungskriterium geeignet, weil allein der erteilte Aufenthaltstitel keine Prognose über die Dauer des zukünftigen Aufenthalts des Ausländers im Bundesgebiet zuließ (vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 06.07.2004, a. a. O.).
Indes gilt dies nicht mit Blick auf die hier in Rede stehende, an die Art der erteilten Aufenthaltserlaubnis nach dem zwischenzeitlich in Kraft getretenen AufenthG anknüpfende Abgrenzung des Kreises der Anspruchsberechtigten der verschiedenen Systeme staatlicher Sozialleistungen (ebenso Eicher/Spellbrink, SGB II, Rdnr. 15 zu § 7; a. A. Geiger, info also 2005, 147, 149).
Zum einen geht mit dieser Differenzierung nämlich kein gänzlicher Ausschluss von Zuwendungen wegen der Art des Aufenthaltsrechts einher. Vielmehr führt sie nur zu einer Verweisung auf verschiedene Formen staatlicher Sozialleistungen, die sich i. Ü. mit ihren unterschiedlichen Leistungshöhen sämtlich im durch die Verfassung gezogenen Rahmen halten.
Zum anderen ist der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG hier im Gegensatz zur Bewilligung von Kindergeld und Erziehungsgeld nicht betroffen und vermag sich die Art der gewährten Sozialleistungen - wiederum anders als im Falle der Gewährung oder Versagung von Kindergeld und Erziehungsgeld - für den Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG auch aufenthaltsrechtlich nicht auszuwirken, da die Inanspruchnahme jeglicher Sozialleistungen der Verfestigung des Aufenthalts durch Erteilung einer Niederlassungserlaubnis entgegensteht (vgl. § 25 Abs. 4 S. 1 i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 2 Abs. 3 AufenthG).
Der demgemäß weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wird durch den Umstand der fehlenden Beeinflussbarkeit des Differenzierungsmerkmals - hier der rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG - durch den Kläger nicht entscheidend eingeschränkt. Denn dem genannten Umstand ist durch den in § 2 Abs. 1 AsylblG gerade für Fälle dieser Art geregelten Anspruch auf - gegenüber den Leistungen nach dem AsylblG - erhöhte Leistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII nach einem 36-monatigen Bezug von Leistungen nach dem AsylblG Rechnung getragen.
In Ansehung dessen ist der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum durch die hier entscheidungserhebliche Abgrenzung nach der Art des Aufenthaltsrechts nicht in vor dem Gleichheitssatz zu beanstandender Weise überschritten. Die u. a. für Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG vorgesehene Leistungsgewährung nach dem AsylblG soll diejenigen Ausländer aus dem Anwendungsbereich des SGB II ausschließen, über deren Aufenthalt noch nicht abschließend entschieden worden ist und die mithin noch keine längerfristige Aufenthaltsperspektive erhalten haben (vgl. hierzu die amtliche Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze [BT-Drucks 15/3784], abgedr. bei Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Teil II, § 1 AsylblG). Dieser Regelungszweck vermag die normierte Ungleichbehandlung zu tragen. Denn der hier in Rede stehende, dem Anwendungsbereich des § 25 Abs. 5 AufenthG unterfallende Personenkreis war vor Inkrafttreten des AufenthG im wesentlichen auf eine Duldungserteilung wegen rechtlicher oder tatsächlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gem. § 55 Abs. 2 AuslG sowie damit einhergehend ebenfalls auf Leistungen nach dem AsylblG (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylblG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung) verwiesen und sollte durch die Neuregelung lediglich ausländerrechtlich, nicht aber leistungsrechtlich besser gestellt werden (vgl. Mergler/Zink, a. a. O., Rdnr. 23 zu § 1 AsylblG). Nachdem der an sich bestehenden vollziehbaren Ausreisepflicht dieses Personenkreises eine normativ schwächere Bindung an das Bundesgebiet entspricht, die auch die aus dem Sozialstaatsgebot folgende Einstandspflicht des Gesetzgebers für die auf seinem Gebiet lebenden Ausländer beeinflusst (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 03.06.2003 - 5 C 32/02 -, Buchholz 436.02 § 2 AsylbLG Nr. 1 = DVBl 2004, 56 ff. = ZFSH/SGB 2004, 51 ff. = FEVS 55, 114 ff. = InfAuslR 2004, 119 ff. = NVwZ 2004, 491 ff.), liegen nach Art und Gewicht ausreichende Gründe für die im Ergebnis vorgenommene Differenzierung bei der Leistungshöhe vor. Allein der Umstand, dass die Ausreisehindernisse voraussichtlich noch längere Zeit vorliegen, ändert hieran nichts. Er begründet - wie unter Geltung des AuslG für gem. § 55 Abs. 2 geduldete Ausländer - allenfalls die Prognose einer länger dauernden Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung und eines damit einhergehenden Verbleibs im Bundesgebiet, nicht aber eine mit einer abschließenden Entscheidung über den Aufenthalt verbundene längerfristige Aufenthaltsperspektive.
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich auch auf Art. 23 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK). Denn er unterfällt mangels vom dafür - bis auf hier nicht vorliegende Sonderfälle - allein zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i. V. m. § 4 Satz 1 Asylverfahrensgesetz [AsylVfG]) festgestellter Flüchtlingseigenschaft nicht dem Anwendungsbereich dieser Regelung. Die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft zu Gunsten seines Sohnes ist für den geltend gemachten Anspruch des Klägers unerheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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