Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 P 1703/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 3661/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Weder die Pflegekasse noch die Krankenkasse als Einzugsstelle ist berechtigt, in einem Bescheid nur über den Beitragszuschlag für Kinderlose als ein Element des Beitragssatzes zu entscheiden.
Revision zugelassen
Revision zugelassen
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. August 2005 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2005 aufgehoben.
Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der Beiträge der Klägerin zur sozialen Pflegeversicherung (SPV) ab 01. Januar 2005.
Die am 1960 geborene Klägerin ist als Angestellte beim Finanzamt R. beschäftigt und deswegen bei der AOK Baden-Württemberg krankenversichert und bei der Beklagten pflegeversichert. Sie ist mit dem am 11. Dezember 1957 geborenen L. H. (L.H.) verheiratet. Die Ehe ist kinderlos geblieben. Bei L.H. besteht nach dem früheren Schwerbehindertengesetz (SchwbG) ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 seit 30. Oktober 1989. L.H. bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg Rente. Insoweit wird ab 01. Januar 2005 bei ihm von der Rente der Beitragszuschlag für Kinderlose nach § 55 Abs. 3 und 4 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) abgezogen (vgl. Rentenbescheid vom 08. Februar 2005). Auch bei der Klägerin wurde vom Arbeitgeber ab 01. Januar 2005 dieser Beitragszuschlag für Kinderlose nach § 55 Ab. 3 SGB XI von monatlich EUR 6,22 einbehalten (vgl. Mitteilung des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg über die Zusammensetzung der Bezüge im Januar 2005).
Mit Bescheid vom 17. März 2005 hatte die AOK - Die Gesundheitskasse Kreis R., Bezirksdirektion der AOK Baden-Württemberg, die Klägerin darauf hingewiesen, dass am 01. Januar 2005 das Kinder-Berücksichtigungsgesetz (KiBG) in Kraft getreten sei. Dadurch erhöhe sich für kinderlose Mitglieder ab 01. Januar 2005 der Beitragssatz in der Pflegeversicherung (PV) um 0,25 vom Hundert (v.H.)-Punkte. Den Beitrag behalte der Arbeitgeber vom Gehalt ein und führe ihn an die Pflegekasse ab. Dabei würden die neuen Bestimmungen berücksichtigt. Nicht zu zahlen sei der Beitragszuschlag von Mitgliedern, deren Elternschaft gegenüber dem Arbeitgeber nachgewiesen werde oder dort bereits bekannt sei, die das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten oder die vor dem 01. Januar 1940 geboren seien. Nach den dortigen Unterlagen träfen diese Voraussetzungen für die Klägerin nicht zu. Daher müsse für sie der Beitragszuschlag in der PV berechnet werden. Wenn ein Kind geboren werde, solle der Nachweis innerhalb von drei Monaten vorgelegt werden, damit der Beitragszuschlag sofort entfalle. Entsprechendes gelte bei Adoptiv-, Stief- und Pflegekindern. Gegen diesen Bescheid könne die Klägerin innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Widerspruch einlegen. Mit ihrem am 22. März 2005 eingelegten Widerspruch nahm die Klägerin auf eine Anfrage bei der Beklagten vom 29. Januar 2005 Bezug und machte geltend, die gesetzliche Regelung sei verfassungswidrig, da nicht alle Bürger gleichgestellt seien. Sie sei aus medizinischen Gründen, da ihr Ehemann infolge einer Holzschutzmittelvergiftung geschädigt sei, nicht in der Lage, gesunde Kinder auszutragen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2005, der im Namen der Pflegekasse erging, zurückgewiesen. Der Gesetzgeber habe mit der gesetzlichen Neuregelung im KiBG vom 15. Dezember 2004, BGBl. I S. 3448, die Auflage des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Urteil vom 03. April 2001 umgesetzt. Mit diesem Gesetz sei für Kinderlose in der SPV ein Beitragszuschlag von 0,25 v.H. eingeführt worden. Im Übrigen bleibe es bei dem bisherigen Beitragssatz von 1,7 v.H ... Eltern mit Kindern zahlten keinen geringeren Beitrag. Der Grund der Kinderlosigkeit bleibe sowohl in der Urteilsbegründung des BVerfG als auch im Gesetzgebungsverfahren unbeachtlich.
Mit Fernkopie erhob die Klägerin deswegen am 27. Mai 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Reutlingen. Sie begehrte, ab 01. Januar 2005 den Beitragssatz in der SPV auf 1,7 v.H. zu senken, und machte geltend, sie werde zu Unrecht mit dem Beitragszuschlag von 0,25 v.H.-Punkten belastet, da der Grund der Kinderlosigkeit nicht berücksichtigt worden sei und das KiBG nur solche Versicherten zu einer höheren Beitragszahlung verpflichten könne, die freiwillig auf Nachwuchs verzichtet hätten. Bei ihr und ihrem Ehemann habe jedoch kein freiwilliger Verzicht vorgelegen, sondern die Kinderlosigkeit habe rein medizinische Gründe. Bei ihr habe Anfang 2005 der Uterus wegen Myomen an der Gebärmutter nach längerer Krankheit entfernt werden müssen, sodass sie nicht in der Lage sei, Kinder zu gebären. Auch schon vor dieser Operation sei sie wegen ihrer Erkrankung jedoch nicht in der Lage gewesen, Kinder zu bekommen. Auch liege bei ihrem Ehemann ein GdB von 100 vor. Er leide an einer Epilepsie, welche ihre Ursache darin habe, dass er während seiner Tätigkeit in den Jahren 1973 bis 1976 in einem Holz verarbeitenden Betrieb durch jahrelange Holzschutzmittelexposition eine organische Hirnschädigung erlitten habe. Insoweit habe nicht ausgeschlossen werden können, dass durch diese Toxikose seine Zeugungsfähigkeit beeinträchtigt bzw. er nicht mehr in der Lage gewesen sei, ein gesundes Kind zu zeugen. Ihr und ihrem Ehemann sei von mehreren Ärzten dringend abgeraten worden, Kinder zu bekommen. Sie widerspreche im Übrigen der Begründung des Widerspruchsbescheids. Der Urteilsbegründung des BVerfG könne an mehreren Stellen entnommen werden, dass das Gericht bei der Prüfung, ob die entsprechenden Regeln des SGB XI mit dem Grundgesetz vereinbar seien, lediglich einen Vergleich angestellt habe zwischen Versicherten mit Kindern einerseits und freiwillig Kinderlosen andererseits. Das BVerfG habe den Gesetzgeber mit seinem Urteil vom 03. April 2001 lediglich dazu aufgefordert. beitragspflichtige Versicherte mit einem oder mehreren Kindern gegenüber freiwillig kinderlosen Mitgliedern der SPV bei der Bemessung der Beiträge relativ zu entlasten und einen entsprechenden Ausgleich vorzunehmen. Dementsprechend müsse auch das KiBG verstanden werden. Dieses normiere keine Pflicht der Beklagten, auch sie mit höheren Beiträgen zu belasten. Ferner sei dem Urteil des BVerfG zu entnehmen, dass dem Element der Erwerbsfähigkeit eine entscheidende Bedeutung zukomme. Aus dem Urteil werde deutlich, dass zentraler Anknüpfungspunkt für die Beurteilung einer Ungleichbehandlung die Erwerbsfähigkeit sei. Demnach gehe das Gericht dann von einer Ungleichbehandlung aus, wenn zum einen erwerbsfähige Eltern und zum anderen erwerbsfähige Kinderlose mit gleich hohen Beiträgen zur SPV belastet würden. Dementsprechend könne auch das KiBG nur dahingehend verstanden werden, dass hierdurch eine Ungleichbehandlung von erwerbsfähigen Eltern einerseits und erwerbsfähigen Kinderlosen andererseits beseitigt werden solle. Kinderlose jedoch, die nicht erwerbsfähig seien, würden bei diesem Vergleich des BVerfG nicht berücksichtigt, sodass dieses Gesetz auch auf diese Gruppe nicht angewendet werden könne. Insoweit müsse berücksichtigt werden, dass ihr Ehemann erwerbsunfähig sei; auch daraus ergebe sich, dass es ihr und ihrem Ehemann nicht möglich sei, in gleichem Maße Konsum und Vermögensbildung zu betreiben, wie kinderlose Ehepartner, die beide berufstätig seien. Ihr erwachse trotz Kinderlosigkeit kein Vorteil gegenüber Versicherten, die Erziehungsleistungen erbrächten. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gebiete es, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Ihre Situation sei nicht zu vergleichen mit derjenigen von Versicherten, die freiwillig auf Kinder verzichten würden. Es sei deshalb unbillig, sie mit freiwillig Kinderlosen gleichzustellen und ebenfalls mit einem Beitragszuschlag zu belasten.
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf ihre Verwaltungsakten entgegen.
Mit Urteil vom 11. August 2005, das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 18. August 2005 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Mit den angegriffenen Bescheiden habe die Beklagte zutreffend festgestellt, dass die Klägerin ab Januar 2005 einen Zusatzbeitrag zur SPV in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten zu leisten habe. Dieser Zusatzbeitrag entspreche der gesetzlichen Regelung, da die Klägerin kinderlos sei. Das Gesetz biete keinen Anhaltspunkt dafür, dass unfreiwillig kinderlose Mitglieder der SPV oder nicht erwerbsfähige Kinderlose von der Regelung hätten ausgenommen werden sollen. Auch die von der Klägerin angeführten Argumente, wonach bei unfreiwillig Kinderlosen und bei nicht erwerbsfähigen Versicherten bzw. bei nicht erwerbsfähigen Ehepartnern aufgrund von Verfassungsbestimmungen keine Heranziehung zu einer höheren Beitragsbelastung gegenüber Versicherten mit Kindern zulässig sei, fänden sich im Urteil des BVerfG nicht. Auf die Entscheidungsgründe wird im Übrigen Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 02. September 2005 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die Klägerin hat verschiedene Unterlagen eingereicht und macht geltend, die angegriffenen Bescheide seien fehlerhaft, weil die Beklagte keine verbindliche Regelung nur in Bezug auf den Beitragssatz habe treffen können. Vielmehr hätten entsprechende Bescheide für jeweils bestimmte Zeiträume unter Angabe konkreter Beiträge für diese Zeiträume erlassen werden müssen. Es bleibe kein Raum, die insoweit fehlerhaften Bescheide nach § 43 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) umzudeuten. Auch für eine richterliche Umdeutung gemäß § 170 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei kein Raum. Mithin seien die Bescheide aufzuheben. Den ursprünglich gestellten Antrag, den Beitragssatz ab 01. Januar 2005 festzustellen, halte sie nicht aufrecht. Auch bei einer materiell-rechtlichen Überprüfung der angegriffenen Bescheide wäre sie nicht verpflichtet, den Beitragszuschlag ab 01. Januar 2005 zu zahlen. Ergänzend zu dem Vorbringen im Klageverfahren verweise sie darauf, dass das Gesetz in § 55 Abs. 3 Satz 7 SGB XI eine Ausnahme vom Beitragszuschlag für Kinderlose mache, die vor dem 01. Januar 1940 geboren seien. Damit privilegiere das Gesetz die vor 1940 geborenen Versicherten ohne Kinder. Dass diese Gruppe ihr gegenüber bessergestellt werde als unfreiwillig Kinderlose, die nach dem 01. Januar 1940 geboren worden seien, lasse sich im Lichte des Art. 3 GG nicht rechtfertigen. Nach dem Gesetz liege die Elterneigenschaft auch vor, wenn ein Kind nicht mehr lebe, es aber zumindest lebend geboren worden sei. Sie könne nicht nachvollziehen, dass solche Eltern gegenüber unfreiwillig Kinderlosen und Eltern, welche eine Fehlgeburt zu beklagen hätten, privilegiert würden, obwohl auch sie, objektiv betrachtet, keine Erziehungsleistung erbrächten. Die Argumentation des SG, dass alle Versicherten ohne Kinder, d.h. auch unfreiwillig Kinderlose, für den ihnen im Versicherungsfall erwachsenen Vorteil aus der Erziehungsleistung anderer mit einem Beitragszuschlag belastet würden, werde durch die Privilegierungen der vor 1940 Geborenen und derjenigen Eltern, welche ein Kind unmittelbar vor der Geburt verloren hätten, ad absurdum geführt. Es stimme auch nicht, dass Kinderlose einen Vorteil aus der Erziehungsleistung anderer erhalten würden. Mit ihren Beiträgen würden Kinderlose auch die Abdeckung des Pflegerisikos der beitragsfrei mitversicherten Familienangehörigen abdecken. Das SG berücksichtige auch nicht, dass es sich bei ihr und ihrem Ehemann um erwerbsgeminderte unfreiwillig kinderlose Personen handle. Das BVerfG habe in seiner Urteilsbegründung zwar ausgeführt, dass in Deutschland seit Mitte der sechziger Jahre die Zahl der lebend Geborenen je Frau von 2,49 in rascher Folge auf mittlerweile 1,3 gesunken sei. Darin könne jedoch keine Rechtfertigung dafür gesehen werden, als zeitliche Grenze für die Beitragspflicht den 01. Januar 1940 festzulegen. Die Festlegung dieses Zeitpunkts sei rein willkürlich. Es gebe beispielsweise keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass Frauen, die im Dezember 1939 geboren worden seien, weniger Kinder geboren hätten, als solche, die im Januar 1940 geboren worden seien. Der Rückgang der Geburten sei eine dynamische Entwicklung. Es verbiete sich schon deshalb, einen fixen Termin, nämlich den 01. Januar 1940, als Zeitpunkt für eine Ungleichbehandlung festzusetzen. Es liege kein sachlicher Grund für eben dieses Datum vor.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. August 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die streitbefangenen Bescheide und das angegriffene Urteil für zutreffend. Die Klägerin sei schon allein aufgrund der zwingenden gesetzlichen Regelung ab 01. Januar 2005 verpflichtet gewesen, einen um 0,25 v.H.-Punkte erhöhten Beitrag in der SPV hinzunehmen, und zwar durch entsprechenden Einbehalt durch den Arbeitgeber, ohne dass es dazu eines feststellenden Verwaltungsaktes bedurft hätte. Beitragsansprüche entstünden mit dem Vorliegen der materiell-rechtlichen Tatbestandsmerkmale und bedürften keiner Konkretisierung durch Verwaltungsakt. Lediglich auf Wunsch der Klägerin habe sie dennoch einen Bescheid erlassen und diesen, nachdem die Klägerin dagegen Widerspruch eingelegt habe, durch Widerspruchsbescheid bestätigt. Dabei dürfe nicht übersehen werden, dass diese Bescheide keinen regelnden, vielmehr einen mitteilenden Charakter hätten, auch wenn jeweils Rechtsbehelfsbelehrungen erteilt worden seien. Im Hinblick darauf, dass eventuell in den Bescheiden zu Unrecht nur ein einzelnes Element des Beitragstragungstatbestands, nämlich der anzuwendende Beitragssatz, festgestellt worden sei, erwäge sie, den eventuellen fehlerhaften Bescheid vom 17. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2005 gemäß § 43 SGB X umzudeuten. Die Voraussetzungen für eine Umdeutung seien erfüllt. Der beabsichtigte andere Verwaltungsakt sei auf das gleiche Ziel wie der bisherige gerichtet, nämlich darauf, der Klägerin mitzuteilen, dass sie einen bestimmten, um 0,25 Prozentpunkte höheren Beitrag in der SPV hinnehmen müsse. Der neue umgedeutete Verwaltungsakt werde gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens. Es bestehe auch die Möglichkeit einer richterlichen Umdeutung im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 170 Abs. 1 Satz 2 SGG. Dieser Bestimmung liege der allgemeine Gedanke zugrunde, dass ein Verfahren nicht wegen eines Fehlers fortgesetzt werden solle, der für das endgültige Ergebnis des Prozesses bedeutungslos bleiben werde. Es müsse berücksichtigt werden, dass nach ihrer Ansicht die Klägerin in jedem Fall ab 01. Januar 2005 den Abzug von zusätzlichen 0,25 Prozentpunkten beim Beitragssatz in der SPV hinnehmen müsse und dass sie, die Beklagte, ohnehin von Anfang an nicht gezwungen gewesen sei und auch nicht habe gezwungen werden können, die zusätzliche Beitragszahlungspflicht der Klägerin durch belastenden Verwaltungsakt rechtsbegründend zu regeln.
Der Berichterstatter des Senats hat mit Beschluss vom 28. September 2006 und Berichtigungsbeschluss vom 24. Oktober 2006 das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg beigeladen. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig; sie ist auch begründet.
Soweit in dem Bescheid vom 17. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2005 festgestellt worden ist, dass die Klägerin ab 01. Januar 2005 einen um 0,25 v.H.-Punkte erhöhten Beitragssatz zur SPV schulde, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn zu Unrecht ist in dem angegriffenen Bescheid lediglich ein einzelnes Element des Beitragstragungstatbestands festgestellt worden, nicht jedoch die konkrete Beitragshöhe.
Hier ist die Höhe der Beiträge zur SPV im Hinblick auf die seit 01. Januar 2005 geltende Neuregelung des § 55 Abs. 3 SGB XI streitig. Über die Beiträge zur SPV entscheidet grundsätzlich nicht die Krankenkasse, sondern die Pflegekasse als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts, sofern es nicht um die Aufgabe der Einzugsstelle im Rahmen der Entscheidung über Gesamtsozialversicherungsbeiträge Versicherungspflichtiger nach §§ 28h und 28i des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) geht (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-3300 § 20 Nrn. 2 und 5 und § 55 Nr. 2). Der Senat lässt, die Zuständigkeit der Pflegekasse zur Festsetzung der Beiträge zur SPV im Rahmen des § 55 Abs. 3 SGB XI vorausgesetzt, dahingestellt, ob die Beklagte als Pflegekasse überhaupt entschieden hat. Denn der Ausgangsbescheid lässt nicht klar erkennen, dass die Pflegekasse entschieden hat. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Zuständigkeitsmangel dann dadurch geheilt worden wäre, dass im angegriffenen Widerspruchsbescheid der Hinweis enthalten ist, dass "dieser Bescheid im Namen der Pflegekasse erging". Unabhängig davon, ob die Beklagte als Pflegekasse über die Höhe des Beitragssatzes oder die Krankenkasse als Einzugsstelle entschied, bestand in jedem Fall keine Berechtigung, weder der Beklagten noch der Krankenkasse, den Beitragssatz als ein Element des Beitragstragungstatbestands festzustellen. Das BSG hat entschieden, dass den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung in der Rechtsprechung seit langem auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung "aufgrund der Natur der Sache" die Kompetenz zuerkannt worden sei, im Beitragsrecht Verwaltungsakte zu erlassen, weil sie die ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben nur erfüllen können, wenn ihnen hierzu finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Indes bedarf es auch insofern nur der Geltendmachung des sich für einen bestimmten Zeitraum jeweils konkret ergebenden Betrages, nicht aber der verbindlichen Regelung einer einzelnen Größe zu seiner Bemessung wie des Beitragssatzes. Diesen kann und darf die Krankenkasse nicht zum Gegenstand eines "Verwaltungsaktes" machen (vgl. Urteile vom 10. Mai 2006 - B 12 KR 10/05 R - u.a.). Dieser Ausschluss eines bloßen Elementenfeststellungsbescheids hinsichtlich des Beitragssatzes gilt auch für die Beitragsbescheide der Pflegekassen, unabhängig davon, dass in der SPV der Beitragssatz weitgehend gesetzlich und einheitlich im Unterschied zur gesetzlichen Krankenversicherung geregelt ist. Der Beitragselementenfeststellungsbescheid ist auch dann nicht zulässig, wenn es um die Feststellung der Kranken- oder Pflegeversicherungsbeiträge im Rahmen der Feststellung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen geht (vgl. BSG, Urteile vom 05. Juli 2006 - B 12 KR 16/05 R - u. a.). Zu Unrecht ist daher in den angegriffenen Bescheiden nicht über die monatliche Höhe des Beitrags zur SPV entschieden worden, sondern nur über den Beitragszuschlag für Kinderlose als Teil des Beitragssatzes. Damit waren die angegriffenen Bescheide aufzuheben, ohne dass es einer materiell-rechtlichen Überprüfung der Pflicht zur Zahlung des Beitragszuschusses für Kinderlose in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten hier bedurfte.
Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Unwirksamkeit des Elementenfeststellungsbescheids nicht entgegen, dass an sich im Hinblick auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge die Beitragspflicht kraft Gesetzes aufgrund des Vorliegens einer Beschäftigung in nicht selbständiger Arbeit entsteht. Denn der Versicherte hat durchaus ein Recht darauf, dass die Beitragspflicht und Beitragshöhe durch einen Bescheid festgestellt wird. Entgegen der Ansicht der Beklagten sieht der Senat auch ferner keine Möglichkeit, den fehlerhaften Elementenfeststellungsbescheid in einen anderen wirksamen Verwaltungsakt nach § 43 Abs. 1 SGB X umzudeuten. Eine Umdeutung des Elementenfeststellungsbescheids in einen Bescheid, mit dem die Beitragshöhe ab 01. Januar 2005 festgestellt wird, scheidet aus. Der Senat vermag ferner die Anfechtungsklage nicht etwa in entsprechender Anwendung des § 170 Abs. 1 Satz 2 SGG zurückzuweisen, weil sich bei materiell-rechtlicher Prüfung die Pflicht zur Zahlung eines höheren Beitrags zur SPV ab 01. Januar 2005 für die Klägerin ergeben könnte.
Danach waren das sozialgerichtliche Urteil und die angegriffenen Bescheide aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der Beiträge der Klägerin zur sozialen Pflegeversicherung (SPV) ab 01. Januar 2005.
Die am 1960 geborene Klägerin ist als Angestellte beim Finanzamt R. beschäftigt und deswegen bei der AOK Baden-Württemberg krankenversichert und bei der Beklagten pflegeversichert. Sie ist mit dem am 11. Dezember 1957 geborenen L. H. (L.H.) verheiratet. Die Ehe ist kinderlos geblieben. Bei L.H. besteht nach dem früheren Schwerbehindertengesetz (SchwbG) ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 seit 30. Oktober 1989. L.H. bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg Rente. Insoweit wird ab 01. Januar 2005 bei ihm von der Rente der Beitragszuschlag für Kinderlose nach § 55 Abs. 3 und 4 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) abgezogen (vgl. Rentenbescheid vom 08. Februar 2005). Auch bei der Klägerin wurde vom Arbeitgeber ab 01. Januar 2005 dieser Beitragszuschlag für Kinderlose nach § 55 Ab. 3 SGB XI von monatlich EUR 6,22 einbehalten (vgl. Mitteilung des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg über die Zusammensetzung der Bezüge im Januar 2005).
Mit Bescheid vom 17. März 2005 hatte die AOK - Die Gesundheitskasse Kreis R., Bezirksdirektion der AOK Baden-Württemberg, die Klägerin darauf hingewiesen, dass am 01. Januar 2005 das Kinder-Berücksichtigungsgesetz (KiBG) in Kraft getreten sei. Dadurch erhöhe sich für kinderlose Mitglieder ab 01. Januar 2005 der Beitragssatz in der Pflegeversicherung (PV) um 0,25 vom Hundert (v.H.)-Punkte. Den Beitrag behalte der Arbeitgeber vom Gehalt ein und führe ihn an die Pflegekasse ab. Dabei würden die neuen Bestimmungen berücksichtigt. Nicht zu zahlen sei der Beitragszuschlag von Mitgliedern, deren Elternschaft gegenüber dem Arbeitgeber nachgewiesen werde oder dort bereits bekannt sei, die das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten oder die vor dem 01. Januar 1940 geboren seien. Nach den dortigen Unterlagen träfen diese Voraussetzungen für die Klägerin nicht zu. Daher müsse für sie der Beitragszuschlag in der PV berechnet werden. Wenn ein Kind geboren werde, solle der Nachweis innerhalb von drei Monaten vorgelegt werden, damit der Beitragszuschlag sofort entfalle. Entsprechendes gelte bei Adoptiv-, Stief- und Pflegekindern. Gegen diesen Bescheid könne die Klägerin innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Widerspruch einlegen. Mit ihrem am 22. März 2005 eingelegten Widerspruch nahm die Klägerin auf eine Anfrage bei der Beklagten vom 29. Januar 2005 Bezug und machte geltend, die gesetzliche Regelung sei verfassungswidrig, da nicht alle Bürger gleichgestellt seien. Sie sei aus medizinischen Gründen, da ihr Ehemann infolge einer Holzschutzmittelvergiftung geschädigt sei, nicht in der Lage, gesunde Kinder auszutragen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2005, der im Namen der Pflegekasse erging, zurückgewiesen. Der Gesetzgeber habe mit der gesetzlichen Neuregelung im KiBG vom 15. Dezember 2004, BGBl. I S. 3448, die Auflage des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Urteil vom 03. April 2001 umgesetzt. Mit diesem Gesetz sei für Kinderlose in der SPV ein Beitragszuschlag von 0,25 v.H. eingeführt worden. Im Übrigen bleibe es bei dem bisherigen Beitragssatz von 1,7 v.H ... Eltern mit Kindern zahlten keinen geringeren Beitrag. Der Grund der Kinderlosigkeit bleibe sowohl in der Urteilsbegründung des BVerfG als auch im Gesetzgebungsverfahren unbeachtlich.
Mit Fernkopie erhob die Klägerin deswegen am 27. Mai 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Reutlingen. Sie begehrte, ab 01. Januar 2005 den Beitragssatz in der SPV auf 1,7 v.H. zu senken, und machte geltend, sie werde zu Unrecht mit dem Beitragszuschlag von 0,25 v.H.-Punkten belastet, da der Grund der Kinderlosigkeit nicht berücksichtigt worden sei und das KiBG nur solche Versicherten zu einer höheren Beitragszahlung verpflichten könne, die freiwillig auf Nachwuchs verzichtet hätten. Bei ihr und ihrem Ehemann habe jedoch kein freiwilliger Verzicht vorgelegen, sondern die Kinderlosigkeit habe rein medizinische Gründe. Bei ihr habe Anfang 2005 der Uterus wegen Myomen an der Gebärmutter nach längerer Krankheit entfernt werden müssen, sodass sie nicht in der Lage sei, Kinder zu gebären. Auch schon vor dieser Operation sei sie wegen ihrer Erkrankung jedoch nicht in der Lage gewesen, Kinder zu bekommen. Auch liege bei ihrem Ehemann ein GdB von 100 vor. Er leide an einer Epilepsie, welche ihre Ursache darin habe, dass er während seiner Tätigkeit in den Jahren 1973 bis 1976 in einem Holz verarbeitenden Betrieb durch jahrelange Holzschutzmittelexposition eine organische Hirnschädigung erlitten habe. Insoweit habe nicht ausgeschlossen werden können, dass durch diese Toxikose seine Zeugungsfähigkeit beeinträchtigt bzw. er nicht mehr in der Lage gewesen sei, ein gesundes Kind zu zeugen. Ihr und ihrem Ehemann sei von mehreren Ärzten dringend abgeraten worden, Kinder zu bekommen. Sie widerspreche im Übrigen der Begründung des Widerspruchsbescheids. Der Urteilsbegründung des BVerfG könne an mehreren Stellen entnommen werden, dass das Gericht bei der Prüfung, ob die entsprechenden Regeln des SGB XI mit dem Grundgesetz vereinbar seien, lediglich einen Vergleich angestellt habe zwischen Versicherten mit Kindern einerseits und freiwillig Kinderlosen andererseits. Das BVerfG habe den Gesetzgeber mit seinem Urteil vom 03. April 2001 lediglich dazu aufgefordert. beitragspflichtige Versicherte mit einem oder mehreren Kindern gegenüber freiwillig kinderlosen Mitgliedern der SPV bei der Bemessung der Beiträge relativ zu entlasten und einen entsprechenden Ausgleich vorzunehmen. Dementsprechend müsse auch das KiBG verstanden werden. Dieses normiere keine Pflicht der Beklagten, auch sie mit höheren Beiträgen zu belasten. Ferner sei dem Urteil des BVerfG zu entnehmen, dass dem Element der Erwerbsfähigkeit eine entscheidende Bedeutung zukomme. Aus dem Urteil werde deutlich, dass zentraler Anknüpfungspunkt für die Beurteilung einer Ungleichbehandlung die Erwerbsfähigkeit sei. Demnach gehe das Gericht dann von einer Ungleichbehandlung aus, wenn zum einen erwerbsfähige Eltern und zum anderen erwerbsfähige Kinderlose mit gleich hohen Beiträgen zur SPV belastet würden. Dementsprechend könne auch das KiBG nur dahingehend verstanden werden, dass hierdurch eine Ungleichbehandlung von erwerbsfähigen Eltern einerseits und erwerbsfähigen Kinderlosen andererseits beseitigt werden solle. Kinderlose jedoch, die nicht erwerbsfähig seien, würden bei diesem Vergleich des BVerfG nicht berücksichtigt, sodass dieses Gesetz auch auf diese Gruppe nicht angewendet werden könne. Insoweit müsse berücksichtigt werden, dass ihr Ehemann erwerbsunfähig sei; auch daraus ergebe sich, dass es ihr und ihrem Ehemann nicht möglich sei, in gleichem Maße Konsum und Vermögensbildung zu betreiben, wie kinderlose Ehepartner, die beide berufstätig seien. Ihr erwachse trotz Kinderlosigkeit kein Vorteil gegenüber Versicherten, die Erziehungsleistungen erbrächten. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gebiete es, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Ihre Situation sei nicht zu vergleichen mit derjenigen von Versicherten, die freiwillig auf Kinder verzichten würden. Es sei deshalb unbillig, sie mit freiwillig Kinderlosen gleichzustellen und ebenfalls mit einem Beitragszuschlag zu belasten.
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf ihre Verwaltungsakten entgegen.
Mit Urteil vom 11. August 2005, das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 18. August 2005 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Mit den angegriffenen Bescheiden habe die Beklagte zutreffend festgestellt, dass die Klägerin ab Januar 2005 einen Zusatzbeitrag zur SPV in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten zu leisten habe. Dieser Zusatzbeitrag entspreche der gesetzlichen Regelung, da die Klägerin kinderlos sei. Das Gesetz biete keinen Anhaltspunkt dafür, dass unfreiwillig kinderlose Mitglieder der SPV oder nicht erwerbsfähige Kinderlose von der Regelung hätten ausgenommen werden sollen. Auch die von der Klägerin angeführten Argumente, wonach bei unfreiwillig Kinderlosen und bei nicht erwerbsfähigen Versicherten bzw. bei nicht erwerbsfähigen Ehepartnern aufgrund von Verfassungsbestimmungen keine Heranziehung zu einer höheren Beitragsbelastung gegenüber Versicherten mit Kindern zulässig sei, fänden sich im Urteil des BVerfG nicht. Auf die Entscheidungsgründe wird im Übrigen Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 02. September 2005 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die Klägerin hat verschiedene Unterlagen eingereicht und macht geltend, die angegriffenen Bescheide seien fehlerhaft, weil die Beklagte keine verbindliche Regelung nur in Bezug auf den Beitragssatz habe treffen können. Vielmehr hätten entsprechende Bescheide für jeweils bestimmte Zeiträume unter Angabe konkreter Beiträge für diese Zeiträume erlassen werden müssen. Es bleibe kein Raum, die insoweit fehlerhaften Bescheide nach § 43 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) umzudeuten. Auch für eine richterliche Umdeutung gemäß § 170 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei kein Raum. Mithin seien die Bescheide aufzuheben. Den ursprünglich gestellten Antrag, den Beitragssatz ab 01. Januar 2005 festzustellen, halte sie nicht aufrecht. Auch bei einer materiell-rechtlichen Überprüfung der angegriffenen Bescheide wäre sie nicht verpflichtet, den Beitragszuschlag ab 01. Januar 2005 zu zahlen. Ergänzend zu dem Vorbringen im Klageverfahren verweise sie darauf, dass das Gesetz in § 55 Abs. 3 Satz 7 SGB XI eine Ausnahme vom Beitragszuschlag für Kinderlose mache, die vor dem 01. Januar 1940 geboren seien. Damit privilegiere das Gesetz die vor 1940 geborenen Versicherten ohne Kinder. Dass diese Gruppe ihr gegenüber bessergestellt werde als unfreiwillig Kinderlose, die nach dem 01. Januar 1940 geboren worden seien, lasse sich im Lichte des Art. 3 GG nicht rechtfertigen. Nach dem Gesetz liege die Elterneigenschaft auch vor, wenn ein Kind nicht mehr lebe, es aber zumindest lebend geboren worden sei. Sie könne nicht nachvollziehen, dass solche Eltern gegenüber unfreiwillig Kinderlosen und Eltern, welche eine Fehlgeburt zu beklagen hätten, privilegiert würden, obwohl auch sie, objektiv betrachtet, keine Erziehungsleistung erbrächten. Die Argumentation des SG, dass alle Versicherten ohne Kinder, d.h. auch unfreiwillig Kinderlose, für den ihnen im Versicherungsfall erwachsenen Vorteil aus der Erziehungsleistung anderer mit einem Beitragszuschlag belastet würden, werde durch die Privilegierungen der vor 1940 Geborenen und derjenigen Eltern, welche ein Kind unmittelbar vor der Geburt verloren hätten, ad absurdum geführt. Es stimme auch nicht, dass Kinderlose einen Vorteil aus der Erziehungsleistung anderer erhalten würden. Mit ihren Beiträgen würden Kinderlose auch die Abdeckung des Pflegerisikos der beitragsfrei mitversicherten Familienangehörigen abdecken. Das SG berücksichtige auch nicht, dass es sich bei ihr und ihrem Ehemann um erwerbsgeminderte unfreiwillig kinderlose Personen handle. Das BVerfG habe in seiner Urteilsbegründung zwar ausgeführt, dass in Deutschland seit Mitte der sechziger Jahre die Zahl der lebend Geborenen je Frau von 2,49 in rascher Folge auf mittlerweile 1,3 gesunken sei. Darin könne jedoch keine Rechtfertigung dafür gesehen werden, als zeitliche Grenze für die Beitragspflicht den 01. Januar 1940 festzulegen. Die Festlegung dieses Zeitpunkts sei rein willkürlich. Es gebe beispielsweise keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass Frauen, die im Dezember 1939 geboren worden seien, weniger Kinder geboren hätten, als solche, die im Januar 1940 geboren worden seien. Der Rückgang der Geburten sei eine dynamische Entwicklung. Es verbiete sich schon deshalb, einen fixen Termin, nämlich den 01. Januar 1940, als Zeitpunkt für eine Ungleichbehandlung festzusetzen. Es liege kein sachlicher Grund für eben dieses Datum vor.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. August 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die streitbefangenen Bescheide und das angegriffene Urteil für zutreffend. Die Klägerin sei schon allein aufgrund der zwingenden gesetzlichen Regelung ab 01. Januar 2005 verpflichtet gewesen, einen um 0,25 v.H.-Punkte erhöhten Beitrag in der SPV hinzunehmen, und zwar durch entsprechenden Einbehalt durch den Arbeitgeber, ohne dass es dazu eines feststellenden Verwaltungsaktes bedurft hätte. Beitragsansprüche entstünden mit dem Vorliegen der materiell-rechtlichen Tatbestandsmerkmale und bedürften keiner Konkretisierung durch Verwaltungsakt. Lediglich auf Wunsch der Klägerin habe sie dennoch einen Bescheid erlassen und diesen, nachdem die Klägerin dagegen Widerspruch eingelegt habe, durch Widerspruchsbescheid bestätigt. Dabei dürfe nicht übersehen werden, dass diese Bescheide keinen regelnden, vielmehr einen mitteilenden Charakter hätten, auch wenn jeweils Rechtsbehelfsbelehrungen erteilt worden seien. Im Hinblick darauf, dass eventuell in den Bescheiden zu Unrecht nur ein einzelnes Element des Beitragstragungstatbestands, nämlich der anzuwendende Beitragssatz, festgestellt worden sei, erwäge sie, den eventuellen fehlerhaften Bescheid vom 17. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2005 gemäß § 43 SGB X umzudeuten. Die Voraussetzungen für eine Umdeutung seien erfüllt. Der beabsichtigte andere Verwaltungsakt sei auf das gleiche Ziel wie der bisherige gerichtet, nämlich darauf, der Klägerin mitzuteilen, dass sie einen bestimmten, um 0,25 Prozentpunkte höheren Beitrag in der SPV hinnehmen müsse. Der neue umgedeutete Verwaltungsakt werde gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens. Es bestehe auch die Möglichkeit einer richterlichen Umdeutung im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 170 Abs. 1 Satz 2 SGG. Dieser Bestimmung liege der allgemeine Gedanke zugrunde, dass ein Verfahren nicht wegen eines Fehlers fortgesetzt werden solle, der für das endgültige Ergebnis des Prozesses bedeutungslos bleiben werde. Es müsse berücksichtigt werden, dass nach ihrer Ansicht die Klägerin in jedem Fall ab 01. Januar 2005 den Abzug von zusätzlichen 0,25 Prozentpunkten beim Beitragssatz in der SPV hinnehmen müsse und dass sie, die Beklagte, ohnehin von Anfang an nicht gezwungen gewesen sei und auch nicht habe gezwungen werden können, die zusätzliche Beitragszahlungspflicht der Klägerin durch belastenden Verwaltungsakt rechtsbegründend zu regeln.
Der Berichterstatter des Senats hat mit Beschluss vom 28. September 2006 und Berichtigungsbeschluss vom 24. Oktober 2006 das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg beigeladen. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig; sie ist auch begründet.
Soweit in dem Bescheid vom 17. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2005 festgestellt worden ist, dass die Klägerin ab 01. Januar 2005 einen um 0,25 v.H.-Punkte erhöhten Beitragssatz zur SPV schulde, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn zu Unrecht ist in dem angegriffenen Bescheid lediglich ein einzelnes Element des Beitragstragungstatbestands festgestellt worden, nicht jedoch die konkrete Beitragshöhe.
Hier ist die Höhe der Beiträge zur SPV im Hinblick auf die seit 01. Januar 2005 geltende Neuregelung des § 55 Abs. 3 SGB XI streitig. Über die Beiträge zur SPV entscheidet grundsätzlich nicht die Krankenkasse, sondern die Pflegekasse als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts, sofern es nicht um die Aufgabe der Einzugsstelle im Rahmen der Entscheidung über Gesamtsozialversicherungsbeiträge Versicherungspflichtiger nach §§ 28h und 28i des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) geht (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-3300 § 20 Nrn. 2 und 5 und § 55 Nr. 2). Der Senat lässt, die Zuständigkeit der Pflegekasse zur Festsetzung der Beiträge zur SPV im Rahmen des § 55 Abs. 3 SGB XI vorausgesetzt, dahingestellt, ob die Beklagte als Pflegekasse überhaupt entschieden hat. Denn der Ausgangsbescheid lässt nicht klar erkennen, dass die Pflegekasse entschieden hat. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Zuständigkeitsmangel dann dadurch geheilt worden wäre, dass im angegriffenen Widerspruchsbescheid der Hinweis enthalten ist, dass "dieser Bescheid im Namen der Pflegekasse erging". Unabhängig davon, ob die Beklagte als Pflegekasse über die Höhe des Beitragssatzes oder die Krankenkasse als Einzugsstelle entschied, bestand in jedem Fall keine Berechtigung, weder der Beklagten noch der Krankenkasse, den Beitragssatz als ein Element des Beitragstragungstatbestands festzustellen. Das BSG hat entschieden, dass den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung in der Rechtsprechung seit langem auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung "aufgrund der Natur der Sache" die Kompetenz zuerkannt worden sei, im Beitragsrecht Verwaltungsakte zu erlassen, weil sie die ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben nur erfüllen können, wenn ihnen hierzu finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Indes bedarf es auch insofern nur der Geltendmachung des sich für einen bestimmten Zeitraum jeweils konkret ergebenden Betrages, nicht aber der verbindlichen Regelung einer einzelnen Größe zu seiner Bemessung wie des Beitragssatzes. Diesen kann und darf die Krankenkasse nicht zum Gegenstand eines "Verwaltungsaktes" machen (vgl. Urteile vom 10. Mai 2006 - B 12 KR 10/05 R - u.a.). Dieser Ausschluss eines bloßen Elementenfeststellungsbescheids hinsichtlich des Beitragssatzes gilt auch für die Beitragsbescheide der Pflegekassen, unabhängig davon, dass in der SPV der Beitragssatz weitgehend gesetzlich und einheitlich im Unterschied zur gesetzlichen Krankenversicherung geregelt ist. Der Beitragselementenfeststellungsbescheid ist auch dann nicht zulässig, wenn es um die Feststellung der Kranken- oder Pflegeversicherungsbeiträge im Rahmen der Feststellung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen geht (vgl. BSG, Urteile vom 05. Juli 2006 - B 12 KR 16/05 R - u. a.). Zu Unrecht ist daher in den angegriffenen Bescheiden nicht über die monatliche Höhe des Beitrags zur SPV entschieden worden, sondern nur über den Beitragszuschlag für Kinderlose als Teil des Beitragssatzes. Damit waren die angegriffenen Bescheide aufzuheben, ohne dass es einer materiell-rechtlichen Überprüfung der Pflicht zur Zahlung des Beitragszuschusses für Kinderlose in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten hier bedurfte.
Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Unwirksamkeit des Elementenfeststellungsbescheids nicht entgegen, dass an sich im Hinblick auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge die Beitragspflicht kraft Gesetzes aufgrund des Vorliegens einer Beschäftigung in nicht selbständiger Arbeit entsteht. Denn der Versicherte hat durchaus ein Recht darauf, dass die Beitragspflicht und Beitragshöhe durch einen Bescheid festgestellt wird. Entgegen der Ansicht der Beklagten sieht der Senat auch ferner keine Möglichkeit, den fehlerhaften Elementenfeststellungsbescheid in einen anderen wirksamen Verwaltungsakt nach § 43 Abs. 1 SGB X umzudeuten. Eine Umdeutung des Elementenfeststellungsbescheids in einen Bescheid, mit dem die Beitragshöhe ab 01. Januar 2005 festgestellt wird, scheidet aus. Der Senat vermag ferner die Anfechtungsklage nicht etwa in entsprechender Anwendung des § 170 Abs. 1 Satz 2 SGG zurückzuweisen, weil sich bei materiell-rechtlicher Prüfung die Pflicht zur Zahlung eines höheren Beitrags zur SPV ab 01. Januar 2005 für die Klägerin ergeben könnte.
Danach waren das sozialgerichtliche Urteil und die angegriffenen Bescheide aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
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