Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 720/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4151/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14.7.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1952 geborene Kläger (GdB 50, Verwaltungsakte S. 115) absolvierte von 1971 bis 1975 eine Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten und war in diesem Beruf bis Februar 2005 bei einer Berufsgenossenschaft beschäftigt; er war in Tarifgruppe IVa Bundesangestelltentarif eingestuft (Arbeitgeberbescheinigung Verwaltungsakte S. 152).
Am 8.9.2003 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, er leide unter anderem unter Wirbelsäulenbeschwerden sowie unter Beschwerden am Knie und an einem Glaukom.
Die Beklagte erhob die Gutachten des Internisten Dr. S. vom 19.10.2003, des Augenarztes Dr. R. vom 18.11.2003 und des Orthopäden Dr. Re. vom 7.12.2003.
Dr. S. diagnostizierte Hypertonus, Prostatahypertrophie, Hepatomegalie vom Steatosetyp, eine Nierenzyste rechts, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Polyarthrosen mit Maximum am Knie links, Glaukom, Optikusatrophie, latente depressive Verstimmung sowie ausgeprägte Somatisierung. Die Prostataveränderung wirke auf den Kläger sehr belastend, da er nachts bis zu viermal aufstehen müsse, was mit Schlafstörungen verbunden sei. Die degenerativen Veränderungen (bzw. ihre Auswirkungen) seien möglicherweise auch durch Übergewicht verstärkt. Extrem belastend wirke das Glaukom mit Sehstörungen, das allerdings augenärztlich zu beurteilen sei. Es falle auch eine latent depressive Verstimmung auf, die mit dem Augenbefund nachzuvollziehen sei. Internistisch sei die Leistungsfähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt. Seine bisherige Tätigkeit könne er vollschichtig verrichten und leichte bis mittelschwere Arbeit zeitweise im Stehen, Gehen und Sitzen ebenfalls vollschichtig leisten.
Dr. R. führte aus, nach Angaben des Klägers habe die Sehleistung seit dem Frühjahr 2003 merklich nachgelassen. Damals sei ein Glaukom diagnostiziert worden. Der Kläger klage bereits nach kurzer Bildschirmtätigkeit über Augenbeschwerden und fühle sich außer Stande, seine bisherige Tätigkeit weiter zu verrichten. Der Gutachter fand eine Sehverschlechterung mit Gesichtsfeldausfällen des linken Auges und leichten Gesichtsfeldausfällen des rechten Auges auf Grund eines Glaukoma simplex, das derzeit ausreichend therapiert werde. Der Kläger solle keine berufliche Tätigkeit ausüben, die erhöhte Anforderungen an die Sehleistung stelle. Von einer Bildschirmtätigkeit sei abzuraten. Als Sozialversicherungsfachangestellter mit ganztägiger Bildschirmarbeit könne der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich tätig sein. Leichte bis mittelschwere Arbeiten könne er überwiegend im Sitzen drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten.
Dr. Re. führte aus, nach Angaben des Klägers finde seit September 2003 keine zielgerichtete Behandlung (orthopädischer Beschwerden) mehr statt; der Kläger habe außerdem angegeben, nahezu an keinem Tag schmerzfrei zu sein. Der Gutachter diagnostizierte degenerative Halswirbelsäulenveränderungen ohne neurologische Ausfallerscheinungen, degenerative Veränderungen der Brust- und Lendenwirbelsäule mit endgradiger Funktionseinschränkung der Beweglichkeit bei guter muskulärer Leistungsfähigkeit, degenerative Aufbraucherscheinungen beider Kniegelenke, degenerative Aufbraucherscheinungen beider Hüftgelenke ohne Bewegungseinschränkung, ansatzweise Beckentiefstand zu Ungunsten rechts sowie degenerative Aufbraucherscheinungen der Rotatorenmanschette ohne Funktionseinschränkung der Beweglichkeit. Schwere sowie mittelschwere körperliche Tätigkeiten könnten dem Kläger nicht mehr zugemutet werden. Leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeit könne er aber vollschichtig (sechs Stunden täglich und mehr) in wechselnden Arbeitspositionen verrichten; zu vermeiden seien Tätigkeiten in fortgesetzten Zwangshaltungen, mit häufigem Bücken, in Rumpfvorneigung, mit häufigem Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie ausschließlich stehende und gehende Tätigkeiten. Außerdem sollten häufige Überkopfarbeiten vermieden werden.
Mit Bescheid vom 15.1.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab; der Kläger könne als Sozialversicherungsfachangestellter noch vollschichtig arbeiten.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, er sei im Mitgliedschafts- und Beitragswesen beschäftigt und müsse fast ausschließlich am Bildschirm arbeiten. Nach der Umstellung auf aktenlose Sachbearbeitung (Arbeitsbeschreibung Verwaltungsakte S. 104; Arbeitgeberbescheinigung S. 112) gebe es für ihn keinen Arbeitsplatz ohne Bildschirmtätigkeit mehr. Sein Arbeitgeber wolle ihm deshalb wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen kündigen; das Integrationsamt wolle zustimmen. Neben seiner Augenerkrankung leide er an Beeinträchtigungen des Bewegungsapparats. In einer Registratur könne er wegen der von Dr. Re. festgestellten qualitativen Einschränkungen ebenfalls nicht mehr arbeiten. Außerdem überwiege auch hier die Bildschirmtätigkeit. Davon abgesehen sei ihm eine Arbeit dieser Art auch nicht sozial zumutbar. Schließlich hätten sich mittlerweile wegen der schwierigen beruflichen Situation auch behandlungsbedürftige Angstzustände entwickelt.
Die Beklagte erhob das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 19.5.2004. Darin ist zum Tagesablauf ausgeführt, der Kläger stehe um 5.30 Uhr auf, da er ohnehin nicht weiterschlafen könne. In den ersten beiden Stunden könne er wegen Augenrötung, Brennen und Schmerzen der Augen nicht lesen. Sodann fahre er seine (ebenfalls bei der Berufsgenossenschaft als Beamtin beschäftigte) Ehefrau zur Arbeit und die Tochter in den Kindergarten. Danach nehme er Augentropfen, wodurch das Brennen und Stechen in den Augen stärker werde. Am Vormittag kaufe er ein und koche auch etwas. Nach dem Mittagessen mache er manchmal einen Spaziergang und fahre Fahrrad. Hinsichtlich Hobbies sei er nach wie vor an Sport interessiert, wenngleich er wegen der Gelenkbeschwerden keinen Sport mehr betreibe. Er sei weiterhin mit seinem Fußballverein verbunden. Dort habe er auch einen guten Freundes- und Bekanntenkreis. Am Wochenende gehe er immer zu den Spielen. Nachmittags befasse er sich mit seiner Tochter. Abends schaue er wenig fern, nur informative Sendungen. Der Gutachter fand eine gedrückte Stimmungslage, wobei Beschwerden und Anliegen mit einer gewissen Klagsamkeit und fordernden Haltung, aber ohne Aggravationstendenzen, vorgebracht würden mit dem Hinweis auf existenzielle Sorgen auch beruflicher Art. Insofern sei das affektive Verhalten bei der Begutachtung situationsadäquat bei situationsspezifischer Anspannung, darüber hinaus sei aber auch gute Ablenkbarkeit und ausreichende affektive Schwingungsfähigkeit gegeben. Die emotionalen Äußerungen hätten eine ausreichende Modulationsfähigkeit gezeigt. Die auf nervenärztlichem Fachgebiet vorliegende Störung, die reaktive depressive Verstimmung, sei im Vergleich zu der im Vordergrund stehenden Augenerkrankung als geringgradig einzuschätzen. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit folge allein daraus nicht. Aus nervenärztlicher Sicht könne der Kläger seine bisherige Tätigkeit bzw. eine sonstige Tätigkeit im Bürobereich weiter vollschichtig verrichten.
Der Kläger legte noch einen Bericht der Neurologin und Psychiaterin Dr. A. vom 1.4.2004 vor. Diese teilte mit, der Kläger habe sich insgesamt sechsmal zu einem psychotherapeutischen Gespräch in ihrer Praxis eingefunden. Die Gespräche hätten der Abklärung einer Indikation zu tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie gedient; zu einer Therapie sei es aber nicht gekommen. Es liege eine schwere gemischte Symptomatik i. S. einer depressiven und Anpassungsreaktion vor. Dauer, Häufigkeit und Intensität der Symptomatik seien von ihr nicht gezielt exploriert worden, so dass eine qualitative Einschätzung nicht möglich sei. Aus ihrer Sicht sei aber ein GdB von 50 berechtigt.
Mit Bescheid vom 28.1.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1.9.2003 in Höhe von 514,05 EUR monatlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.2.2005 wurde der Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen.
Am 14.3.2005 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim. Er trug (unter Vorlage eines Berichts des Augenarztes Dr. G. vom 25.1.2005: am rechten Auge regelrechtes Gesichtsfeld ohne glaukomtypische Ausfälle, stabiler Befund; am linken Auge bereits geschädigter Sehnerv offenbar in einem Stadium, in dem bereits ein normaler Augeninnendruck zu hoch sei, mit den bereits festgestellten Gesichtsfeldausfällen und Funktionsbeeinträchtigungen bei deutlicher Funktionsverschlechterung) vor, die Glaukomerkrankung führe dazu, dass er schrittweise das Augenlicht verliere. Das verursache qualitative Leistungseinschränkungen, die volle Erwerbsminderung bedingten. Eine neurologisch-psychiatrische Behandlung werde nicht durchgeführt, obgleich die Krankenkasse eine Gesprächstherapie genehmigt habe; aus seiner Sicht wäre die Therapie nicht Erfolg versprechend gewesen (SG-Akte S. 96).
Das Sozialgericht befragte die behandelnden Ärzte des Klägers (Dres. K., G., T., B., Prof. Dr. J.) und erhob die Gutachten des Internisten Dr. Su. vom 11.9.2005 und des Orthopäden Dr. S.-F. vom 9.3.2006.
Die praktische Ärztin Dr. K. (Hausärztin des Klägers) hielt den Kläger nicht für arbeitsfähig hinsichtlich einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit (Bericht vom 27.5.2005). Ihrem Bericht war u.a. ein Arztbrief des Orthopäden Dr. P. vom 17.7.2002 beigefügt (bei nicht sehr eindrucksvollen klinischen und radiologischen Befunden ließen sich die Beschwerden rein orthopädisch nicht ausreichend erklären). Der Augenarzt Dr. G. teilte unter dem 6.6.2005 mit, das linke Auge habe sich trotz drucksenkender Therapie weiter verschlechtert. Ob der Kläger noch täglich sechs Stunden arbeiten könne, hänge stark von der Tätigkeit ab. Arbeiten, die räumliches Sehen verlangten, seien nicht mehr ohne Weiteres ausführbar. Arbeiten am Bildschirm seien möglich, wobei Bildschirmtätigkeiten mit mehr als vier bis fünf Stunden täglich nur unter sehr hoher Belastung leistbar wären. Der Kläger müsse praktisch einäugig arbeiten. Funktionell könne man ihn als Einäugigen einstufen. Seine Situation sei allerdings schlechter, da er bislang gewohnt gewesen sei, mit beiden Augen zu sehen, und das schlechtere linke Auge noch nicht adäquat nutzbare Sehinformationen liefere. Eine tägliche Arbeitszeit von bis zu fünf Stunden sei vertretbar, wenn spätestens nach drei Stunden eine Pause von 20 bis 30 Minuten möglich sei.
Professor Dr. J. (Direktor der Augenklinik, Universitätsklinikum M.) teilte unter dem 14.6.2005 mit, da sich das Gesichtsfeld am linken Auge trotz Maximaltherapie deutlich verschlechtert habe, sei eine Operation auf den 18.7.2005 vereinbart worden. Auch am rechten Auge sei eine Verschlechterung des Gesichtsfelds nachweisbar. Gleichwohl spreche aus augenärztlicher Sicht nichts gegen eine Arbeitsbelastung von sechs Stunden täglich.
Der Lungenarzt Dr. T. gab an, der Kläger habe ihn einmalig am 8.12.2005 konsultiert. Auf seinem Fachgebiet bestünden keine wesentlichen Leistungseinschränkungen (Bericht vom 28.12.2005; SG-Akte S. 108). Eine spezielle Therapie sei nicht angezeigt (Arztbrief an Dr. K. vom 13.12.2005, SG-Akte S. 109).
Der Orthopäde Dr. B. war der Auffassung, eine Berufstätigkeit sei nur noch zwischen drei bis sechs Stunden möglich, da die Schmerzsituation längere Belastungen nicht erlaube (Bericht vom 17.1.2006, SG-Akte S. 111).
Der Internist Dr. Su. diagnostizierte in seinem Gutachten eine Sehminderung links bei Glaukom und Optikusatrophie, Hypertonie, Verdacht auf Morbus Melengracht, funktionelle Blasenentleerungsstörung sowie Überhöhung für Triglyceride im Blutserum und Adipositas. Leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten könne der Kläger vollschichtig (ca. 8 Stunden täglich) verrichten. Eine weitere Begutachtung auf nervenärztlichem Fachgebiet sei nicht notwendig; eine psychotherapeutische Behandlung werde aktuell (offenbar mangels entsprechenden Leidensdrucks) nicht durchgeführt. Auch bei zunehmender Depression wären zunächst therapeutische Maßnahmen vorrangig.
Der Orthopäde Dr. S.-F. diagnostizierte auf seinem Fachgebiet eine geringfügige Medial- und Retropatellararthrose beider Kniegelenke, beginnende Spondylose und beginnende Bandscheibendegeneration L2/3 und L5/S1 bei minimaler linkskonvexer Seitverbiegung der LWS mit zusätzlich vorhandener kyphotischer Fehlhaltung im Bereich der oberen BWS, rezidivierende HWS-Beschwerden bei relativer Streckfehlhaltung der HWS und beginnenden spondylotischen Veränderungen C4/5 und C5/6 ohne wesentliche Funktionseinschränkung, initiale Coxarthrose beidseits ohne wesentliche Funktionseinschränkung sowie degenerative Aufbraucherscheinungen der Rotatorenmanschette beidseits ohne Funktionseinschränkung der Beweglichkeit. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 15 kg Gewicht und ohne häufige und länger anhaltende Tätigkeiten in Zwangshaltung bzw. auf Leitern und Gerüsten und ohne Akkord- und Fließbandarbeit seien vollschichtig möglich. Im Vergleich zum Gutachten des Dr. Re. vom 4.12.2003 hätten sich keine wesentlichen Änderungen der Befunde ergeben. Auch die degenerativen Aufbraucherscheinungen seien im Wesentlichen gleich geblieben.
Mit Beschluss vom 10.4.2006 entschied das Sozialgericht, dass ein vom Kläger gestellter Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. S.-F. wegen Befangenheit unbegründet sei. Der Antrag sei verspätet. Außerdem liege Befangenheit allein deshalb, weil der Gutachter mit dem im Verwaltungsverfahren beauftragten Gutachter Dr. Re. eine Gemeinschaftspraxis betreibe, nicht vor, zumal das Verwaltungsgutachten über zwei Jahre zurückliege.
Mit Urteil vom 14.7.2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei nicht voll erwerbsgemindert. Er könne noch täglich sechs Stunden einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Die im Mittelpunkt der Leistungseinschränkungen stehende Augenerkrankung bewirke eine qualitative, jedoch keine quantitative (zeitliche) Leistungsminderung. Durch die Gesichtsfeldeinschränkung und die reduzierte Sehschärfe sei nach übereinstimmender Beurteilung der Augenärzte Dr. G. und Prof. Dr. J. eine Tätigkeit am Bildschirm nur noch vier Stunden täglich möglich. Nach Auffassung des Prof. Dr. J. sei im Übrigen aus augenärztlicher Sicht gegen eine Arbeitsbelastung von sechs Stunden täglich aber nichts einzuwenden. Auf internistischem Fachgebiet lägen keine Leistungseinschränkungen vor, die volle Erwerbsminderung verursachen könnten. Das habe Dr. Su. in seinem Gutachten festgestellt. Gleiches gelte für Leistungsminderungen auf orthopädischem Fachgebiet; das Gutachten des Dr. S.-F. sei insoweit ebenfalls schlüssig und überzeugend. Dem könne die nicht weiter begründete Einschätzung des Dr. B. nicht entgegen gehalten werden. Wegen der Belastungen durch die Augenerkrankung habe der Kläger zwar im Februar 2004 eine psychotherapeutische Behandlung begonnen, diese aber offensichtlich nicht fortgesetzt.
Auf das ihm am 20.7.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.8.2006 Berufung eingelegt. Er trägt vor, das Sozialgericht habe die eingeholten Gutachten fehlerhaft gewürdigt. Seine Haupterkrankung liege auf augenärztlichem Fachgebiet. Der Auffassung des Prof. Dr. J., wonach er auch im Hinblick darauf noch sechs Stunden täglich arbeiten könne, sei nicht zu folgen, nachdem das Vertrauensverhältnis zu diesem Arzt gestört sei. Prof. Dr. J. habe eine Operation vorgeschlagen, die er nach Befragung weiterer Spezialisten aber abgelehnt habe. Wegen der medikamentösen Behandlung seiner Augenkrankheit benötige er auch tagsüber erhebliche Ruhepausen. Das sei ebenso wenig berücksichtigt worden wie seine chronische Bronchitis. Das Sozialgericht hätte ein weiteres augenärztliches Gutachten einholen müssen. Auch müssten seine Erkrankungen fachübergreifend beurteilt werden. Das Sozialgericht habe schließlich nicht geprüft, ob die bei ihm vorliegende funktionelle Einäugigkeit zusammen mit seinen weiteren Erkrankungen nicht zu einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen führe (BSG, Urt. v. 23.05.2005, - B 13 RJ 38/05 R -).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14.7.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 28.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.2.2005 zu verurteilen, ihm ab 1.9.2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die sachverständige Zeugenaussage des Augenarztes Dr. G. vom 29.11.2006 eingeholt. Darin ist ausgeführt, die für eine Arbeit hinderlichen Gesundheitsstörungen seien die verminderte Sehschärfe links auf 0,125 und der Gesichtsfeldausfall der oberen Gesichtsfeldhälfte des linken Auges. Die Sehstörung des linken Auges sei so ausgeprägt, dass der Kläger damit allein nicht arbeiten könne. Er müsse allein mit dem rechten Auge sehen. Es könne fast von einer funktionellen Einäugigkeit gesprochen und auch von einer solchen ausgegangen werden. An diese Situation sei der Kläger nicht gewöhnt, weshalb die Leistungsfähigkeit bei der Arbeit herabgesetzt sei. Der Kläger müsse sich allein auf das rechte Auge konzentrieren, was ihm schwer falle, da er früher beide Augen zur Verfügung gehabt habe. Außerdem sei die Fehlinformation des linken Auges eher hinderlich. Der Kläger mache sich große Sorgen, dass auch das rechte Auge schlechter werden könnte. Ob er noch sechs Stunden täglich einer leichten Arbeit nachgehen könne, hänge von der Tätigkeit ab und davon, ob er sich dieser Arbeit gewachsen fühle. Je nach betroffener Person und dem Empfinden und den Sorgen, die vorlägen, könnten sechs Stunden täglich möglich sein oder auch nicht. Gehe man allein von der Sehschärfe aus, seien einäugige Menschen durchaus in der Lage, leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Kläger empfinde seine verminderte Sehfunktion als unzureichend, um konzentriert sechs Stunden täglich arbeiten zu können. Er mache sich große Sorgen, dass die Überlastung der Augen zu weiteren Verschlechterungen führen könnte. Außerdem klage er über Nebenwirkungen der Augentropfen. Mit allen Nebenwirkungen und Beschwerden versichere er glaubwürdig, dass ihm eine tägliche Arbeitszeit von sechs Stunden nicht möglich sei. Die berufliche Leistungsfähigkeit sei weiterhin eingeschränkt, da der Kläger mit seiner fast einäugigen Situation seelisch nicht zurechtkomme und befürchte, dass jede "Sehtätigkeit" zu einer Verschlimmerung des rechten Auges führen könnte. Im Vordergrund stehe nicht allein die Sehschärfe, denn diese sei durch das rechte Auge normal, wenn auch nur einäugig, sondern die Angst des Klägers, dass sich die Augen noch verschlechtern könnten. Der Kläger fürchte, dass jedwelche Arbeit sein Augenlicht gefährden könne, und fühle sich durch Nebenwirkungen der Augentropfentherapie eingeschränkt.
Auf Nachfrage des Senats hat der Kläger ergänzend mitgeteilt, dass eine neurologisch-psychiatrische Behandlung wegen der vorgebrachten Angst vor weiterer Verschlechterung des Sehvermögens nicht stattfinde.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat gem. § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet. Er kann (was allein noch um Streit ist) Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht beanspruchen. Die Beklagte hat die Gewährung dieser Rente zu Recht abgelehnt.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Vorschriften der geltend gemachte Anspruch zu beurteilen ist (§ 43 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) und weshalb der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht beanspruchen kann. Der Senat teilt auch die Beweiswürdigung des Sozialgerichts und nimmt daher gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug. Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten und die Ergebnisse der im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen anzumerken:
Auch der Senat ist der Auffassung, dass der Kläger leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, was die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ausschließt. Wegen Erkrankungen auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet ist das (zeitliche) Leistungsvermögen des Klägers nicht auf unter sechs Stunden täglich abgesunken. Das geht bereits aus den im Verwaltungsverfahren erhobenen Gutachten des Internisten Dr. S. vom 19.10.2003 bzw. des Orthopäden Dr. Re. vom 7.12.2003 schlüssig und überzeugend hervor. Deren Erkenntnisse haben die vom Sozialgericht beauftragten Gutachter, der Internist Dr. Su. und der Orthopäde Dr. S.-F., in ihren Gutachten vom 11.9.2005 bzw. 9.3.2006 bestätigt. Der Kläger hat dagegen auch nichts mehr eingewandt. Auch auf lungenärztlichem Fachgebiet liegt eine rentenrechtlich beachtliche Leistungsminderung nicht vor, wie der Lungenarzt Dr. T. in seiner vom Sozialgericht eingeholten sachverständigen Zeugenaussage vom 28.12.2005 dargelegt hat. Er konnte keine wesentlichen Leistungseinschränkungen finden; das gilt auch in Ansehung der von Dr. T. diagnostizierten chronischen Bronchitis. Eine spezielle Therapie hielt Dr. T. nicht für angezeigt (Arztbrief an Dr. K. vom 13.12.2005, SG-Akte S. 109).
Das Hauptleiden des Klägers liegt, auch nach dessen eigener Einschätzung, auf augenärztlichem Fachgebiet (Glaukom). Die Glaukom-Erkrankung steht der vollschichtigen Verrichtung leichter Tätigkeiten jedoch nicht im Wege.
Unstreitig verfügt der Kläger auf dem rechten Auge über ein normales Sehvermögen, während die Sehstörung des linken Auges dazu führt, dass er mit diesem Auge allein nicht arbeiten kann und letztendlich eine funktionelle Einäugigkeit angenommen werden muss; das geht aus den Mitteilungen des Augenarztes Dr. G. (zuletzt in der im Berufungsverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenaussage vom 29.11.2006) schlüssig hervor. Das schränkt das dem Kläger verbliebene Leistungsvermögen in qualitativer Hinsicht ein und schließt etwa Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das räumliche Sehvermögen oder die Sehleistung aus (so bereits Dr. R. im Verwaltungsgutachten vom 18.11.2003); auch Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mögen ausscheiden. Damit allein ist der geltend gemachte Rentenanspruch aber nicht begründet, da für die Frage voller Erwerbsminderung im Rechtssinne (§ 43 Abs. 2 SGG) auf das gesamte Arbeitsfeld des allgemeinen Arbeitsmarkts, einschließlich aller Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an das (räumliche) Sehvermögen, abgestellt werden muss. Dass das Leistungsvermögen des Klägers wegen der durch die Augenkrankheit verursachten funktionellen Einschränkungen (zusätzlich) auch in zeitlicher Hinsicht in rentenberechtigendem Maße herabgesetzt wäre, ist nicht festzustellen. Prof. Dr. J. hat in seiner vom Sozialgericht eingeholten sachverständigen Zeugenaussage vielmehr angenommen, aus augenärztlicher Sicht spreche nichts gegen eine Arbeitsbelastung von sechs Stunden täglich. Dass der Kläger nach seinem Vorbringen zu diesem Arzt ein gestörtes Vertrauensverhältnis habe, stellt die Auffassung des Prof. Dr. J. nicht in Frage.
Die Einschätzung des Dr. G. in dessen sachverständiger Zeugenaussage vom 6.6.2005, wonach eine tägliche Arbeitszeit von fünf Stunden (bei einer Pause nach drei Stunden) vertretbar sei, kann demgegenüber nicht überzeugen. Dr. G. hatte seine Ansicht selbst schon dadurch relativiert, dass er die starke Abhängigkeit des dem Kläger aus augenärztlicher Sicht verbliebenen Leistungsvermögens von der Art der auszuführenden Tätigkeit betonte. In seiner weiteren sachverständigen Zeugenaussage vom 29.11.2006 (im Berufungsverfahren) hat Dr. G. seine Beurteilung letztendlich im Kern auch nicht mehr auf funktionelle Einschränkungen infolge des Glaukomleidens, sondern auf damit verbundene subjektive Sorgen und Ängste des Klägers und dessen subjektive (Selbst-)Einschätzung gestützt. Richtig ist, dass der Kläger an die Situation, mit dem rechten Auge allein sehen zu müssen, nicht (von Anfang an) gewöhnt ist und dies die Leistungsfähigkeit bei der Arbeit herabsetzen wird. Das allein begründet jedoch eine rentenberechtigende (volle) Erwerbsminderung nicht. Gleiches gilt für von Dr. G. angeführten Sorgen des Klägers, es könnte auch das rechte Auge durch jedwede Arbeit - dann aber auch durch jedwede Tätigkeit im privaten Bereich - schlechter werden. Dr. G. stellt wiederum maßgeblich auf die Art der Tätigkeit ab und (nunmehr) zusätzlich auch darauf, ob sich der Kläger der in Frage kommenden Tätigkeit gewachsen fühle. Im Kern begründet Dr. G. damit (unstreitige) qualitative Einschränkungen, denen das Leistungsvermögen des Klägers wegen der funktionellen Beeinträchtigung seiner Sehfähigkeit unterworfen ist. Eine auch zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens (auf unter sechs Stunden täglich) ist damit aber nicht dargetan. Im Vordergrund stehen für Dr. G. vielmehr erneut das Empfinden und die Sorgen des Klägers. Die darauf gestützte, wenig aussagekräftige Feststellung, es könnten "sechs Stunden täglich möglich sein oder auch nicht", führt nicht weiter, zumal es dabei nicht um funktionelle Einschränkungen der Leistungsfähigkeit auf augenärztlichem Fachgebiet geht; an Ängste und Sorgen anknüpfende Einschränkungen wären vielmehr dem neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet zuzurechnen. Was sein Fachgebiet angeht, hat Dr. G. demgegenüber - insoweit in Übereinstimmung mit Prof. Dr. J. - klar bekundet, auch einäugige Menschen seien hinsichtlich der Sehschärfe durchaus in der Lage, leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich zu verrichten. Dass der Kläger seine Leistungsfähigkeit selbst subjektiv anders empfindet, trägt einen Rentenanspruch nicht, zumal sich dieses Empfinden (so Dr. G. in der genannten sachverständigen Zeugenaussage) offensichtlich auf die Fähigkeit zu konzentrierter sechsstündiger Arbeit täglich bezog. Offenbar geht der Kläger nach wie vor davon aus, ihm würde kontinuierliche und konzentrierte Arbeit unter besonderer Beanspruchung der Augen abverlangt, wie etwa bei seiner zuletzt verrichteten Bildschirmarbeit. Dass er dazu nicht mehr imstande und sein Leistungsvermögen (wie dargelegt) qualitativ eingeschränkt ist, steht freilich außer Frage; deswegen wurde ihm auch Berufsunfähigkeitsrente bewilligt. Schließlich können die angeführten Nebenwirkungen der Augentropfentherapie (Augenrötung, Augenbrennen und Stechen nach Tropfengabe) einen Anspruch auf Rente wegen voller Ewerbsminderung ebenfalls nicht begründen; entsprechende Funktionseinschränkungen sind dadurch nicht bedingt, wie nicht zuletzt der von Dr. K. im Verwaltungsgutachten vom 19.5.2004 erhobene Tagesablauf des Klägers verdeutlicht. Auch insoweit stellt Dr. G. allein auf die Angaben des Klägers ab und nimmt auch nur an, dass dessen Versicherungen, er könne nicht vollschichtig (sechs Stunden täglich) arbeiten hinsichtlich allen Nebenwirkungen und Beschwerden glaubwürdig seien.
Die Sorgen und Verschlimmerungsängste, die den Kern der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. Glück ausmachen, begründen rentenrechtlich beachtliche Leistungseinschränkungen nicht. Das geht bereits aus dem Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 19.5.2004, das die Beklagte im Verwaltungsverfahren erhoben hat, überzeugend hervor. Zwar fand sich eine gedrückte Stimmungslage; die Störungen auf nervenärztlichem Fachgebiet wurden aber als geringgradig eingeschätzt ohne Folgen für die Leistungsfähigkeit des Klägers. Der im Gutachten wiedergegebene Tagesablauf des Klägers stützt diese Einschätzung zusätzlich. Der Kläger wird, wie er auf entsprechende Nachfrage im Berufungsverfahren bestätigt hat, wegen der in Rede stehenden Verschlimmerungsängste auch nicht nervenärztlich behandelt. In der Vergangenheit fanden nur vorbereitende und abklärende Gespräche bei der Neurologin und Psychiaterin Dr. A. statt, ohne dass es sodann (ungeachtet einer Therapiegenehmigung der Krankenkasse) zu einer weiteren Behandlung gekommen wäre.
Schließlich liegt auch weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vor (dazu KassKomm-Niesel, SGB VI § 43 Rdnr. 37 ff. m.w.N.), weshalb dem Kläger eine konkrete Tätigkeit nicht benannt werden muss. Vielmehr ist der (im Vordergrund stehenden) funktionellen Einäugigkeit des Klägers, wie dargelegt, mit qualitativen Leistungseinschränkungen (namentlich hinsichtlich Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Sehleistung oder das räumliche Sehen) ausreichend Rechnung zu tragen. Davon abgesehen sind dem Kläger leichte Tätigkeiten wegen der Glaukomerkrankung und der dadurch verursachten funktionellen Einschränkungen aber nicht versperrt, nachdem auch Dr. G. die Fähigkeit Einäugiger zu sechsstündiger leichter Arbeit betont, Dr. R. in seinem Verwaltungsgutachten vom 18.11.2003 weitergehende Einschränkungen für den Kläger nicht verlangt und auch Prof. Dr. J. angenommen hat, aus augenärztlicher Sicht spreche nichts gegen eine täglich sechsstündige Arbeitsbelastung des Klägers. Nur auf orthopädischem - nicht jedoch auf internistischem bzw. lungenärztlichem und neurologisch-psychiatrischem - Fachgebiet liegen weitere Einschränkungen vor, allerdings lediglich für schwere körperliche Arbeit und insbesondere für Arbeit in Zwangshaltung und ausschließlich im Stehen und Gehen, während der Kläger leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeit in wechselnder Arbeitsposition und damit das Gros leichter Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten kann (Gutachten Dr. Re. vom 7.12.2003 und Dr. S.-F. vom 9.3.2006). In der Zusammenschau kann daher von einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen keine Rede sein.
Angesichts der bereits vorliegenden Gutachten und Arztberichte und der darin festgehaltenen ärztlichen Erkenntnisse (aller hier maßgeblichen Fachgebiete) zum dem Kläger insgesamt verbliebenen Leistungsvermögen drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen bzw. Begutachtungen nicht auf.
Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1952 geborene Kläger (GdB 50, Verwaltungsakte S. 115) absolvierte von 1971 bis 1975 eine Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten und war in diesem Beruf bis Februar 2005 bei einer Berufsgenossenschaft beschäftigt; er war in Tarifgruppe IVa Bundesangestelltentarif eingestuft (Arbeitgeberbescheinigung Verwaltungsakte S. 152).
Am 8.9.2003 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, er leide unter anderem unter Wirbelsäulenbeschwerden sowie unter Beschwerden am Knie und an einem Glaukom.
Die Beklagte erhob die Gutachten des Internisten Dr. S. vom 19.10.2003, des Augenarztes Dr. R. vom 18.11.2003 und des Orthopäden Dr. Re. vom 7.12.2003.
Dr. S. diagnostizierte Hypertonus, Prostatahypertrophie, Hepatomegalie vom Steatosetyp, eine Nierenzyste rechts, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Polyarthrosen mit Maximum am Knie links, Glaukom, Optikusatrophie, latente depressive Verstimmung sowie ausgeprägte Somatisierung. Die Prostataveränderung wirke auf den Kläger sehr belastend, da er nachts bis zu viermal aufstehen müsse, was mit Schlafstörungen verbunden sei. Die degenerativen Veränderungen (bzw. ihre Auswirkungen) seien möglicherweise auch durch Übergewicht verstärkt. Extrem belastend wirke das Glaukom mit Sehstörungen, das allerdings augenärztlich zu beurteilen sei. Es falle auch eine latent depressive Verstimmung auf, die mit dem Augenbefund nachzuvollziehen sei. Internistisch sei die Leistungsfähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt. Seine bisherige Tätigkeit könne er vollschichtig verrichten und leichte bis mittelschwere Arbeit zeitweise im Stehen, Gehen und Sitzen ebenfalls vollschichtig leisten.
Dr. R. führte aus, nach Angaben des Klägers habe die Sehleistung seit dem Frühjahr 2003 merklich nachgelassen. Damals sei ein Glaukom diagnostiziert worden. Der Kläger klage bereits nach kurzer Bildschirmtätigkeit über Augenbeschwerden und fühle sich außer Stande, seine bisherige Tätigkeit weiter zu verrichten. Der Gutachter fand eine Sehverschlechterung mit Gesichtsfeldausfällen des linken Auges und leichten Gesichtsfeldausfällen des rechten Auges auf Grund eines Glaukoma simplex, das derzeit ausreichend therapiert werde. Der Kläger solle keine berufliche Tätigkeit ausüben, die erhöhte Anforderungen an die Sehleistung stelle. Von einer Bildschirmtätigkeit sei abzuraten. Als Sozialversicherungsfachangestellter mit ganztägiger Bildschirmarbeit könne der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich tätig sein. Leichte bis mittelschwere Arbeiten könne er überwiegend im Sitzen drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten.
Dr. Re. führte aus, nach Angaben des Klägers finde seit September 2003 keine zielgerichtete Behandlung (orthopädischer Beschwerden) mehr statt; der Kläger habe außerdem angegeben, nahezu an keinem Tag schmerzfrei zu sein. Der Gutachter diagnostizierte degenerative Halswirbelsäulenveränderungen ohne neurologische Ausfallerscheinungen, degenerative Veränderungen der Brust- und Lendenwirbelsäule mit endgradiger Funktionseinschränkung der Beweglichkeit bei guter muskulärer Leistungsfähigkeit, degenerative Aufbraucherscheinungen beider Kniegelenke, degenerative Aufbraucherscheinungen beider Hüftgelenke ohne Bewegungseinschränkung, ansatzweise Beckentiefstand zu Ungunsten rechts sowie degenerative Aufbraucherscheinungen der Rotatorenmanschette ohne Funktionseinschränkung der Beweglichkeit. Schwere sowie mittelschwere körperliche Tätigkeiten könnten dem Kläger nicht mehr zugemutet werden. Leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeit könne er aber vollschichtig (sechs Stunden täglich und mehr) in wechselnden Arbeitspositionen verrichten; zu vermeiden seien Tätigkeiten in fortgesetzten Zwangshaltungen, mit häufigem Bücken, in Rumpfvorneigung, mit häufigem Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie ausschließlich stehende und gehende Tätigkeiten. Außerdem sollten häufige Überkopfarbeiten vermieden werden.
Mit Bescheid vom 15.1.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab; der Kläger könne als Sozialversicherungsfachangestellter noch vollschichtig arbeiten.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, er sei im Mitgliedschafts- und Beitragswesen beschäftigt und müsse fast ausschließlich am Bildschirm arbeiten. Nach der Umstellung auf aktenlose Sachbearbeitung (Arbeitsbeschreibung Verwaltungsakte S. 104; Arbeitgeberbescheinigung S. 112) gebe es für ihn keinen Arbeitsplatz ohne Bildschirmtätigkeit mehr. Sein Arbeitgeber wolle ihm deshalb wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen kündigen; das Integrationsamt wolle zustimmen. Neben seiner Augenerkrankung leide er an Beeinträchtigungen des Bewegungsapparats. In einer Registratur könne er wegen der von Dr. Re. festgestellten qualitativen Einschränkungen ebenfalls nicht mehr arbeiten. Außerdem überwiege auch hier die Bildschirmtätigkeit. Davon abgesehen sei ihm eine Arbeit dieser Art auch nicht sozial zumutbar. Schließlich hätten sich mittlerweile wegen der schwierigen beruflichen Situation auch behandlungsbedürftige Angstzustände entwickelt.
Die Beklagte erhob das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 19.5.2004. Darin ist zum Tagesablauf ausgeführt, der Kläger stehe um 5.30 Uhr auf, da er ohnehin nicht weiterschlafen könne. In den ersten beiden Stunden könne er wegen Augenrötung, Brennen und Schmerzen der Augen nicht lesen. Sodann fahre er seine (ebenfalls bei der Berufsgenossenschaft als Beamtin beschäftigte) Ehefrau zur Arbeit und die Tochter in den Kindergarten. Danach nehme er Augentropfen, wodurch das Brennen und Stechen in den Augen stärker werde. Am Vormittag kaufe er ein und koche auch etwas. Nach dem Mittagessen mache er manchmal einen Spaziergang und fahre Fahrrad. Hinsichtlich Hobbies sei er nach wie vor an Sport interessiert, wenngleich er wegen der Gelenkbeschwerden keinen Sport mehr betreibe. Er sei weiterhin mit seinem Fußballverein verbunden. Dort habe er auch einen guten Freundes- und Bekanntenkreis. Am Wochenende gehe er immer zu den Spielen. Nachmittags befasse er sich mit seiner Tochter. Abends schaue er wenig fern, nur informative Sendungen. Der Gutachter fand eine gedrückte Stimmungslage, wobei Beschwerden und Anliegen mit einer gewissen Klagsamkeit und fordernden Haltung, aber ohne Aggravationstendenzen, vorgebracht würden mit dem Hinweis auf existenzielle Sorgen auch beruflicher Art. Insofern sei das affektive Verhalten bei der Begutachtung situationsadäquat bei situationsspezifischer Anspannung, darüber hinaus sei aber auch gute Ablenkbarkeit und ausreichende affektive Schwingungsfähigkeit gegeben. Die emotionalen Äußerungen hätten eine ausreichende Modulationsfähigkeit gezeigt. Die auf nervenärztlichem Fachgebiet vorliegende Störung, die reaktive depressive Verstimmung, sei im Vergleich zu der im Vordergrund stehenden Augenerkrankung als geringgradig einzuschätzen. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit folge allein daraus nicht. Aus nervenärztlicher Sicht könne der Kläger seine bisherige Tätigkeit bzw. eine sonstige Tätigkeit im Bürobereich weiter vollschichtig verrichten.
Der Kläger legte noch einen Bericht der Neurologin und Psychiaterin Dr. A. vom 1.4.2004 vor. Diese teilte mit, der Kläger habe sich insgesamt sechsmal zu einem psychotherapeutischen Gespräch in ihrer Praxis eingefunden. Die Gespräche hätten der Abklärung einer Indikation zu tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie gedient; zu einer Therapie sei es aber nicht gekommen. Es liege eine schwere gemischte Symptomatik i. S. einer depressiven und Anpassungsreaktion vor. Dauer, Häufigkeit und Intensität der Symptomatik seien von ihr nicht gezielt exploriert worden, so dass eine qualitative Einschätzung nicht möglich sei. Aus ihrer Sicht sei aber ein GdB von 50 berechtigt.
Mit Bescheid vom 28.1.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1.9.2003 in Höhe von 514,05 EUR monatlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.2.2005 wurde der Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen.
Am 14.3.2005 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim. Er trug (unter Vorlage eines Berichts des Augenarztes Dr. G. vom 25.1.2005: am rechten Auge regelrechtes Gesichtsfeld ohne glaukomtypische Ausfälle, stabiler Befund; am linken Auge bereits geschädigter Sehnerv offenbar in einem Stadium, in dem bereits ein normaler Augeninnendruck zu hoch sei, mit den bereits festgestellten Gesichtsfeldausfällen und Funktionsbeeinträchtigungen bei deutlicher Funktionsverschlechterung) vor, die Glaukomerkrankung führe dazu, dass er schrittweise das Augenlicht verliere. Das verursache qualitative Leistungseinschränkungen, die volle Erwerbsminderung bedingten. Eine neurologisch-psychiatrische Behandlung werde nicht durchgeführt, obgleich die Krankenkasse eine Gesprächstherapie genehmigt habe; aus seiner Sicht wäre die Therapie nicht Erfolg versprechend gewesen (SG-Akte S. 96).
Das Sozialgericht befragte die behandelnden Ärzte des Klägers (Dres. K., G., T., B., Prof. Dr. J.) und erhob die Gutachten des Internisten Dr. Su. vom 11.9.2005 und des Orthopäden Dr. S.-F. vom 9.3.2006.
Die praktische Ärztin Dr. K. (Hausärztin des Klägers) hielt den Kläger nicht für arbeitsfähig hinsichtlich einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit (Bericht vom 27.5.2005). Ihrem Bericht war u.a. ein Arztbrief des Orthopäden Dr. P. vom 17.7.2002 beigefügt (bei nicht sehr eindrucksvollen klinischen und radiologischen Befunden ließen sich die Beschwerden rein orthopädisch nicht ausreichend erklären). Der Augenarzt Dr. G. teilte unter dem 6.6.2005 mit, das linke Auge habe sich trotz drucksenkender Therapie weiter verschlechtert. Ob der Kläger noch täglich sechs Stunden arbeiten könne, hänge stark von der Tätigkeit ab. Arbeiten, die räumliches Sehen verlangten, seien nicht mehr ohne Weiteres ausführbar. Arbeiten am Bildschirm seien möglich, wobei Bildschirmtätigkeiten mit mehr als vier bis fünf Stunden täglich nur unter sehr hoher Belastung leistbar wären. Der Kläger müsse praktisch einäugig arbeiten. Funktionell könne man ihn als Einäugigen einstufen. Seine Situation sei allerdings schlechter, da er bislang gewohnt gewesen sei, mit beiden Augen zu sehen, und das schlechtere linke Auge noch nicht adäquat nutzbare Sehinformationen liefere. Eine tägliche Arbeitszeit von bis zu fünf Stunden sei vertretbar, wenn spätestens nach drei Stunden eine Pause von 20 bis 30 Minuten möglich sei.
Professor Dr. J. (Direktor der Augenklinik, Universitätsklinikum M.) teilte unter dem 14.6.2005 mit, da sich das Gesichtsfeld am linken Auge trotz Maximaltherapie deutlich verschlechtert habe, sei eine Operation auf den 18.7.2005 vereinbart worden. Auch am rechten Auge sei eine Verschlechterung des Gesichtsfelds nachweisbar. Gleichwohl spreche aus augenärztlicher Sicht nichts gegen eine Arbeitsbelastung von sechs Stunden täglich.
Der Lungenarzt Dr. T. gab an, der Kläger habe ihn einmalig am 8.12.2005 konsultiert. Auf seinem Fachgebiet bestünden keine wesentlichen Leistungseinschränkungen (Bericht vom 28.12.2005; SG-Akte S. 108). Eine spezielle Therapie sei nicht angezeigt (Arztbrief an Dr. K. vom 13.12.2005, SG-Akte S. 109).
Der Orthopäde Dr. B. war der Auffassung, eine Berufstätigkeit sei nur noch zwischen drei bis sechs Stunden möglich, da die Schmerzsituation längere Belastungen nicht erlaube (Bericht vom 17.1.2006, SG-Akte S. 111).
Der Internist Dr. Su. diagnostizierte in seinem Gutachten eine Sehminderung links bei Glaukom und Optikusatrophie, Hypertonie, Verdacht auf Morbus Melengracht, funktionelle Blasenentleerungsstörung sowie Überhöhung für Triglyceride im Blutserum und Adipositas. Leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten könne der Kläger vollschichtig (ca. 8 Stunden täglich) verrichten. Eine weitere Begutachtung auf nervenärztlichem Fachgebiet sei nicht notwendig; eine psychotherapeutische Behandlung werde aktuell (offenbar mangels entsprechenden Leidensdrucks) nicht durchgeführt. Auch bei zunehmender Depression wären zunächst therapeutische Maßnahmen vorrangig.
Der Orthopäde Dr. S.-F. diagnostizierte auf seinem Fachgebiet eine geringfügige Medial- und Retropatellararthrose beider Kniegelenke, beginnende Spondylose und beginnende Bandscheibendegeneration L2/3 und L5/S1 bei minimaler linkskonvexer Seitverbiegung der LWS mit zusätzlich vorhandener kyphotischer Fehlhaltung im Bereich der oberen BWS, rezidivierende HWS-Beschwerden bei relativer Streckfehlhaltung der HWS und beginnenden spondylotischen Veränderungen C4/5 und C5/6 ohne wesentliche Funktionseinschränkung, initiale Coxarthrose beidseits ohne wesentliche Funktionseinschränkung sowie degenerative Aufbraucherscheinungen der Rotatorenmanschette beidseits ohne Funktionseinschränkung der Beweglichkeit. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 15 kg Gewicht und ohne häufige und länger anhaltende Tätigkeiten in Zwangshaltung bzw. auf Leitern und Gerüsten und ohne Akkord- und Fließbandarbeit seien vollschichtig möglich. Im Vergleich zum Gutachten des Dr. Re. vom 4.12.2003 hätten sich keine wesentlichen Änderungen der Befunde ergeben. Auch die degenerativen Aufbraucherscheinungen seien im Wesentlichen gleich geblieben.
Mit Beschluss vom 10.4.2006 entschied das Sozialgericht, dass ein vom Kläger gestellter Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. S.-F. wegen Befangenheit unbegründet sei. Der Antrag sei verspätet. Außerdem liege Befangenheit allein deshalb, weil der Gutachter mit dem im Verwaltungsverfahren beauftragten Gutachter Dr. Re. eine Gemeinschaftspraxis betreibe, nicht vor, zumal das Verwaltungsgutachten über zwei Jahre zurückliege.
Mit Urteil vom 14.7.2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei nicht voll erwerbsgemindert. Er könne noch täglich sechs Stunden einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Die im Mittelpunkt der Leistungseinschränkungen stehende Augenerkrankung bewirke eine qualitative, jedoch keine quantitative (zeitliche) Leistungsminderung. Durch die Gesichtsfeldeinschränkung und die reduzierte Sehschärfe sei nach übereinstimmender Beurteilung der Augenärzte Dr. G. und Prof. Dr. J. eine Tätigkeit am Bildschirm nur noch vier Stunden täglich möglich. Nach Auffassung des Prof. Dr. J. sei im Übrigen aus augenärztlicher Sicht gegen eine Arbeitsbelastung von sechs Stunden täglich aber nichts einzuwenden. Auf internistischem Fachgebiet lägen keine Leistungseinschränkungen vor, die volle Erwerbsminderung verursachen könnten. Das habe Dr. Su. in seinem Gutachten festgestellt. Gleiches gelte für Leistungsminderungen auf orthopädischem Fachgebiet; das Gutachten des Dr. S.-F. sei insoweit ebenfalls schlüssig und überzeugend. Dem könne die nicht weiter begründete Einschätzung des Dr. B. nicht entgegen gehalten werden. Wegen der Belastungen durch die Augenerkrankung habe der Kläger zwar im Februar 2004 eine psychotherapeutische Behandlung begonnen, diese aber offensichtlich nicht fortgesetzt.
Auf das ihm am 20.7.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.8.2006 Berufung eingelegt. Er trägt vor, das Sozialgericht habe die eingeholten Gutachten fehlerhaft gewürdigt. Seine Haupterkrankung liege auf augenärztlichem Fachgebiet. Der Auffassung des Prof. Dr. J., wonach er auch im Hinblick darauf noch sechs Stunden täglich arbeiten könne, sei nicht zu folgen, nachdem das Vertrauensverhältnis zu diesem Arzt gestört sei. Prof. Dr. J. habe eine Operation vorgeschlagen, die er nach Befragung weiterer Spezialisten aber abgelehnt habe. Wegen der medikamentösen Behandlung seiner Augenkrankheit benötige er auch tagsüber erhebliche Ruhepausen. Das sei ebenso wenig berücksichtigt worden wie seine chronische Bronchitis. Das Sozialgericht hätte ein weiteres augenärztliches Gutachten einholen müssen. Auch müssten seine Erkrankungen fachübergreifend beurteilt werden. Das Sozialgericht habe schließlich nicht geprüft, ob die bei ihm vorliegende funktionelle Einäugigkeit zusammen mit seinen weiteren Erkrankungen nicht zu einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen führe (BSG, Urt. v. 23.05.2005, - B 13 RJ 38/05 R -).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14.7.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 28.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.2.2005 zu verurteilen, ihm ab 1.9.2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die sachverständige Zeugenaussage des Augenarztes Dr. G. vom 29.11.2006 eingeholt. Darin ist ausgeführt, die für eine Arbeit hinderlichen Gesundheitsstörungen seien die verminderte Sehschärfe links auf 0,125 und der Gesichtsfeldausfall der oberen Gesichtsfeldhälfte des linken Auges. Die Sehstörung des linken Auges sei so ausgeprägt, dass der Kläger damit allein nicht arbeiten könne. Er müsse allein mit dem rechten Auge sehen. Es könne fast von einer funktionellen Einäugigkeit gesprochen und auch von einer solchen ausgegangen werden. An diese Situation sei der Kläger nicht gewöhnt, weshalb die Leistungsfähigkeit bei der Arbeit herabgesetzt sei. Der Kläger müsse sich allein auf das rechte Auge konzentrieren, was ihm schwer falle, da er früher beide Augen zur Verfügung gehabt habe. Außerdem sei die Fehlinformation des linken Auges eher hinderlich. Der Kläger mache sich große Sorgen, dass auch das rechte Auge schlechter werden könnte. Ob er noch sechs Stunden täglich einer leichten Arbeit nachgehen könne, hänge von der Tätigkeit ab und davon, ob er sich dieser Arbeit gewachsen fühle. Je nach betroffener Person und dem Empfinden und den Sorgen, die vorlägen, könnten sechs Stunden täglich möglich sein oder auch nicht. Gehe man allein von der Sehschärfe aus, seien einäugige Menschen durchaus in der Lage, leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Kläger empfinde seine verminderte Sehfunktion als unzureichend, um konzentriert sechs Stunden täglich arbeiten zu können. Er mache sich große Sorgen, dass die Überlastung der Augen zu weiteren Verschlechterungen führen könnte. Außerdem klage er über Nebenwirkungen der Augentropfen. Mit allen Nebenwirkungen und Beschwerden versichere er glaubwürdig, dass ihm eine tägliche Arbeitszeit von sechs Stunden nicht möglich sei. Die berufliche Leistungsfähigkeit sei weiterhin eingeschränkt, da der Kläger mit seiner fast einäugigen Situation seelisch nicht zurechtkomme und befürchte, dass jede "Sehtätigkeit" zu einer Verschlimmerung des rechten Auges führen könnte. Im Vordergrund stehe nicht allein die Sehschärfe, denn diese sei durch das rechte Auge normal, wenn auch nur einäugig, sondern die Angst des Klägers, dass sich die Augen noch verschlechtern könnten. Der Kläger fürchte, dass jedwelche Arbeit sein Augenlicht gefährden könne, und fühle sich durch Nebenwirkungen der Augentropfentherapie eingeschränkt.
Auf Nachfrage des Senats hat der Kläger ergänzend mitgeteilt, dass eine neurologisch-psychiatrische Behandlung wegen der vorgebrachten Angst vor weiterer Verschlechterung des Sehvermögens nicht stattfinde.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat gem. § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet. Er kann (was allein noch um Streit ist) Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht beanspruchen. Die Beklagte hat die Gewährung dieser Rente zu Recht abgelehnt.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Vorschriften der geltend gemachte Anspruch zu beurteilen ist (§ 43 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) und weshalb der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht beanspruchen kann. Der Senat teilt auch die Beweiswürdigung des Sozialgerichts und nimmt daher gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug. Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten und die Ergebnisse der im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen anzumerken:
Auch der Senat ist der Auffassung, dass der Kläger leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, was die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ausschließt. Wegen Erkrankungen auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet ist das (zeitliche) Leistungsvermögen des Klägers nicht auf unter sechs Stunden täglich abgesunken. Das geht bereits aus den im Verwaltungsverfahren erhobenen Gutachten des Internisten Dr. S. vom 19.10.2003 bzw. des Orthopäden Dr. Re. vom 7.12.2003 schlüssig und überzeugend hervor. Deren Erkenntnisse haben die vom Sozialgericht beauftragten Gutachter, der Internist Dr. Su. und der Orthopäde Dr. S.-F., in ihren Gutachten vom 11.9.2005 bzw. 9.3.2006 bestätigt. Der Kläger hat dagegen auch nichts mehr eingewandt. Auch auf lungenärztlichem Fachgebiet liegt eine rentenrechtlich beachtliche Leistungsminderung nicht vor, wie der Lungenarzt Dr. T. in seiner vom Sozialgericht eingeholten sachverständigen Zeugenaussage vom 28.12.2005 dargelegt hat. Er konnte keine wesentlichen Leistungseinschränkungen finden; das gilt auch in Ansehung der von Dr. T. diagnostizierten chronischen Bronchitis. Eine spezielle Therapie hielt Dr. T. nicht für angezeigt (Arztbrief an Dr. K. vom 13.12.2005, SG-Akte S. 109).
Das Hauptleiden des Klägers liegt, auch nach dessen eigener Einschätzung, auf augenärztlichem Fachgebiet (Glaukom). Die Glaukom-Erkrankung steht der vollschichtigen Verrichtung leichter Tätigkeiten jedoch nicht im Wege.
Unstreitig verfügt der Kläger auf dem rechten Auge über ein normales Sehvermögen, während die Sehstörung des linken Auges dazu führt, dass er mit diesem Auge allein nicht arbeiten kann und letztendlich eine funktionelle Einäugigkeit angenommen werden muss; das geht aus den Mitteilungen des Augenarztes Dr. G. (zuletzt in der im Berufungsverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenaussage vom 29.11.2006) schlüssig hervor. Das schränkt das dem Kläger verbliebene Leistungsvermögen in qualitativer Hinsicht ein und schließt etwa Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das räumliche Sehvermögen oder die Sehleistung aus (so bereits Dr. R. im Verwaltungsgutachten vom 18.11.2003); auch Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mögen ausscheiden. Damit allein ist der geltend gemachte Rentenanspruch aber nicht begründet, da für die Frage voller Erwerbsminderung im Rechtssinne (§ 43 Abs. 2 SGG) auf das gesamte Arbeitsfeld des allgemeinen Arbeitsmarkts, einschließlich aller Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an das (räumliche) Sehvermögen, abgestellt werden muss. Dass das Leistungsvermögen des Klägers wegen der durch die Augenkrankheit verursachten funktionellen Einschränkungen (zusätzlich) auch in zeitlicher Hinsicht in rentenberechtigendem Maße herabgesetzt wäre, ist nicht festzustellen. Prof. Dr. J. hat in seiner vom Sozialgericht eingeholten sachverständigen Zeugenaussage vielmehr angenommen, aus augenärztlicher Sicht spreche nichts gegen eine Arbeitsbelastung von sechs Stunden täglich. Dass der Kläger nach seinem Vorbringen zu diesem Arzt ein gestörtes Vertrauensverhältnis habe, stellt die Auffassung des Prof. Dr. J. nicht in Frage.
Die Einschätzung des Dr. G. in dessen sachverständiger Zeugenaussage vom 6.6.2005, wonach eine tägliche Arbeitszeit von fünf Stunden (bei einer Pause nach drei Stunden) vertretbar sei, kann demgegenüber nicht überzeugen. Dr. G. hatte seine Ansicht selbst schon dadurch relativiert, dass er die starke Abhängigkeit des dem Kläger aus augenärztlicher Sicht verbliebenen Leistungsvermögens von der Art der auszuführenden Tätigkeit betonte. In seiner weiteren sachverständigen Zeugenaussage vom 29.11.2006 (im Berufungsverfahren) hat Dr. G. seine Beurteilung letztendlich im Kern auch nicht mehr auf funktionelle Einschränkungen infolge des Glaukomleidens, sondern auf damit verbundene subjektive Sorgen und Ängste des Klägers und dessen subjektive (Selbst-)Einschätzung gestützt. Richtig ist, dass der Kläger an die Situation, mit dem rechten Auge allein sehen zu müssen, nicht (von Anfang an) gewöhnt ist und dies die Leistungsfähigkeit bei der Arbeit herabsetzen wird. Das allein begründet jedoch eine rentenberechtigende (volle) Erwerbsminderung nicht. Gleiches gilt für von Dr. G. angeführten Sorgen des Klägers, es könnte auch das rechte Auge durch jedwede Arbeit - dann aber auch durch jedwede Tätigkeit im privaten Bereich - schlechter werden. Dr. G. stellt wiederum maßgeblich auf die Art der Tätigkeit ab und (nunmehr) zusätzlich auch darauf, ob sich der Kläger der in Frage kommenden Tätigkeit gewachsen fühle. Im Kern begründet Dr. G. damit (unstreitige) qualitative Einschränkungen, denen das Leistungsvermögen des Klägers wegen der funktionellen Beeinträchtigung seiner Sehfähigkeit unterworfen ist. Eine auch zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens (auf unter sechs Stunden täglich) ist damit aber nicht dargetan. Im Vordergrund stehen für Dr. G. vielmehr erneut das Empfinden und die Sorgen des Klägers. Die darauf gestützte, wenig aussagekräftige Feststellung, es könnten "sechs Stunden täglich möglich sein oder auch nicht", führt nicht weiter, zumal es dabei nicht um funktionelle Einschränkungen der Leistungsfähigkeit auf augenärztlichem Fachgebiet geht; an Ängste und Sorgen anknüpfende Einschränkungen wären vielmehr dem neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet zuzurechnen. Was sein Fachgebiet angeht, hat Dr. G. demgegenüber - insoweit in Übereinstimmung mit Prof. Dr. J. - klar bekundet, auch einäugige Menschen seien hinsichtlich der Sehschärfe durchaus in der Lage, leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich zu verrichten. Dass der Kläger seine Leistungsfähigkeit selbst subjektiv anders empfindet, trägt einen Rentenanspruch nicht, zumal sich dieses Empfinden (so Dr. G. in der genannten sachverständigen Zeugenaussage) offensichtlich auf die Fähigkeit zu konzentrierter sechsstündiger Arbeit täglich bezog. Offenbar geht der Kläger nach wie vor davon aus, ihm würde kontinuierliche und konzentrierte Arbeit unter besonderer Beanspruchung der Augen abverlangt, wie etwa bei seiner zuletzt verrichteten Bildschirmarbeit. Dass er dazu nicht mehr imstande und sein Leistungsvermögen (wie dargelegt) qualitativ eingeschränkt ist, steht freilich außer Frage; deswegen wurde ihm auch Berufsunfähigkeitsrente bewilligt. Schließlich können die angeführten Nebenwirkungen der Augentropfentherapie (Augenrötung, Augenbrennen und Stechen nach Tropfengabe) einen Anspruch auf Rente wegen voller Ewerbsminderung ebenfalls nicht begründen; entsprechende Funktionseinschränkungen sind dadurch nicht bedingt, wie nicht zuletzt der von Dr. K. im Verwaltungsgutachten vom 19.5.2004 erhobene Tagesablauf des Klägers verdeutlicht. Auch insoweit stellt Dr. G. allein auf die Angaben des Klägers ab und nimmt auch nur an, dass dessen Versicherungen, er könne nicht vollschichtig (sechs Stunden täglich) arbeiten hinsichtlich allen Nebenwirkungen und Beschwerden glaubwürdig seien.
Die Sorgen und Verschlimmerungsängste, die den Kern der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. Glück ausmachen, begründen rentenrechtlich beachtliche Leistungseinschränkungen nicht. Das geht bereits aus dem Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 19.5.2004, das die Beklagte im Verwaltungsverfahren erhoben hat, überzeugend hervor. Zwar fand sich eine gedrückte Stimmungslage; die Störungen auf nervenärztlichem Fachgebiet wurden aber als geringgradig eingeschätzt ohne Folgen für die Leistungsfähigkeit des Klägers. Der im Gutachten wiedergegebene Tagesablauf des Klägers stützt diese Einschätzung zusätzlich. Der Kläger wird, wie er auf entsprechende Nachfrage im Berufungsverfahren bestätigt hat, wegen der in Rede stehenden Verschlimmerungsängste auch nicht nervenärztlich behandelt. In der Vergangenheit fanden nur vorbereitende und abklärende Gespräche bei der Neurologin und Psychiaterin Dr. A. statt, ohne dass es sodann (ungeachtet einer Therapiegenehmigung der Krankenkasse) zu einer weiteren Behandlung gekommen wäre.
Schließlich liegt auch weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vor (dazu KassKomm-Niesel, SGB VI § 43 Rdnr. 37 ff. m.w.N.), weshalb dem Kläger eine konkrete Tätigkeit nicht benannt werden muss. Vielmehr ist der (im Vordergrund stehenden) funktionellen Einäugigkeit des Klägers, wie dargelegt, mit qualitativen Leistungseinschränkungen (namentlich hinsichtlich Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Sehleistung oder das räumliche Sehen) ausreichend Rechnung zu tragen. Davon abgesehen sind dem Kläger leichte Tätigkeiten wegen der Glaukomerkrankung und der dadurch verursachten funktionellen Einschränkungen aber nicht versperrt, nachdem auch Dr. G. die Fähigkeit Einäugiger zu sechsstündiger leichter Arbeit betont, Dr. R. in seinem Verwaltungsgutachten vom 18.11.2003 weitergehende Einschränkungen für den Kläger nicht verlangt und auch Prof. Dr. J. angenommen hat, aus augenärztlicher Sicht spreche nichts gegen eine täglich sechsstündige Arbeitsbelastung des Klägers. Nur auf orthopädischem - nicht jedoch auf internistischem bzw. lungenärztlichem und neurologisch-psychiatrischem - Fachgebiet liegen weitere Einschränkungen vor, allerdings lediglich für schwere körperliche Arbeit und insbesondere für Arbeit in Zwangshaltung und ausschließlich im Stehen und Gehen, während der Kläger leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeit in wechselnder Arbeitsposition und damit das Gros leichter Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten kann (Gutachten Dr. Re. vom 7.12.2003 und Dr. S.-F. vom 9.3.2006). In der Zusammenschau kann daher von einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen keine Rede sein.
Angesichts der bereits vorliegenden Gutachten und Arztberichte und der darin festgehaltenen ärztlichen Erkenntnisse (aller hier maßgeblichen Fachgebiete) zum dem Kläger insgesamt verbliebenen Leistungsvermögen drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen bzw. Begutachtungen nicht auf.
Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved