L 11 R 6226/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 927/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 6226/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch um den Zeitpunkt des Beginns der Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1950 geborene Klägerin hat den Beruf der Einzelhandelskauffrau erlernt. Ab 1969 war sie als Geschäftsführerin des von ihr und ihrem Ehemann betriebenen Hotels versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 16.02.1995 war sie arbeitsunfähig krank.

Auf einen ersten Rentenantrag der Klägerin vom Dezember 1995 gewährte die Beklagte der Klägerin gestützt auf Begutachtungen in der Sozialmedizinischen Klinik in L. und eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Psychosomatischen Klinik S. W. wegen psychischer Probleme aufgrund eines am 16.02.1995 festgestellten Leistungsfalles Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zunächst bis März 1998 (der diesbezügliche Bescheid befindet sich nicht in der Akte) und sodann bis 30.06.1999 (auch dieser Bescheid befindet sich nicht in der Akte).

Im September 1998 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Rente unter Vorlage des Entlassungsberichts über eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Hochgebirgsklinik D.-W., die sie in der Zeit vom 28.07. bis 18.08.1998 absolviert hatte. Im Entlassungsbericht sind als Diagnosen der Verdacht auf ein beginnendes Churg-Strauss-Syndrom, ein Analgetika-Asthma-Syndrom mit adaptiver Desaktivierung seit 1986, ein Zustand nach mehrfachen NNH-Operationen, ein Zustand nach Paukenerguss rechts 1997, ein Tinnitus auris, ein vestibulärer Schwindel und eine erosive Antrumgastritis genannt. Die Klägerin wurde unter anderem mit einem systemischen Steroidstoss behandelt. Dies führte ausweislich des Entlassungsberichts zur deutlichen Besserung der Nasenatmung und des Asthma bronchiale.

Die Beklagte zog hierauf zunächst Berichte des Internisten und Pneumologen Dr. J. und des Internisten Dr. S. bei. Dr. J. verwies auf den Entlassungsbericht der Hochgebirgsklinik D.-W ... Dr. S. teilte mit, dass die letzte Untersuchung der Klägerin am 11.11.1998 stattgefunden habe. Zum Zeitpunkt der Untersuchung habe keine wesentliche pulmonale Symptomatik bestanden. Festgestellt worden sei ein mäßiger Druck- und Klopfschmerz der Stirn und Kieferhöhlen sowie ein Druck- und Klopfschmerz über der gesamten Wirbelsäule.

Im Anschluss daran veranlasste die Beklagte eine Begutachtung der Klägerin in der Klinischen Beobachtungsstation der damaligen Landesversicherungsanstalt B. in K ... Unter Berücksichtigung von Zusatzgutachten des Lungenarztes Dr. H., des Neurologen und Psychiaters Dr. B. und des Chirurgen Dr. W. sowie eines Arztbriefes des Dr. S. und Berichten des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. H. diagnostizierte der Internist Dr. L. eine Konversionsneurose mit vielfältigen psychosomatischen Beschwerden, ein Intrinsic-Asthma bronchiale, unklare Blutbildveränderungen, Angaben über chronische Durchfälle, ein HWS- und LWS-Syndrom, eine leichte Kniegelenksarthrose, eine geringe Varikosis beider Beine und einen Senkspreizfuß beidseits. Er kam zu dem Ergebnis, die Klägerin könne leichte Tätigkeiten ohne Wechsel- und Nachtschicht sowie erhöhten Zeitdruck, inhalative Schadstoffe, besondere Beanspruchung des Hörvermögens, überwiegend einseitige Körperhaltung und Belastung durch Kälte, Zugluft, Nässe und Lärm vollschichtig verrichten. Auch ihr bisheriger Beruf sei ihr noch vollschichtig möglich.

Mit Bescheid vom 23.08.1999 lehnte die Beklagte hierauf den Rentenantrag ab, weil über den Wegfallzeitpunkt Juni 1999 hinaus weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vorliege.

Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs verwies die Klägerin insbesondere auf ihre Beschwerden von Seiten des Asthmas, Probleme von Seiten des Gehörs und der Nase, eine Gastritis, einen Schwindel, eine starke Depression und Schmerzen, die ohne schmerzstillende Mittel nicht auszuhalten seien, weshalb sie keine Tätigkeiten mehr ausführen könne. Zur Unterstützung ihres Begehrens legte sie einen Arztbrief des Prof. Dr. C. und des Orthopäden Dr. B., Orthopädische Universitätsklinik H., des Arztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. Z. und des Orthopäden Dr. G., Atos Praxisklinik H., vor.

Die Beklagte zog Auskünfte zur Tätigkeit eines Hotelfachmann/Hotelfachfrau und zugehöriger Berufe und des Ehemanns der Klägerin zu ihrer bisherigen Tätigkeit bei und wies sodann gestützt auf sozialmedizinische Stellungnahmen von Dr. L. den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2000 zurück. Die Klägerin könne zwar ihrem zuletzt ausgeübten Beruf als Hotelfachkraft nicht mehr nachgehen. Sie könne jedoch auf die Tätigkeit einer Einkaufs- und Magazinsachbearbeiterin im Hotelgewerbe verwiesen werden und könne auch andere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit Funktionseinschränkungen wieder vollschichtig verrichten.

Deswegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) mit der Begründung, dass sich ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen seit der Rentengewährung nicht verbessert, sondern vielmehr noch verschlechtert hätten. Dies gelte insbesondere für die bei ihr vorliegende psychische Problematik. Außerdem sei eine Verweisung auf angelernte Tätigkeiten sowie herausgehobene ungelernte Tätigkeiten nicht zulässig. Die genannte Verweisungstätigkeit als Einkaufs- und Magazinsachbearbeiterin im Hotelgewerbe sei ihr nicht möglich.

Das SG hörte zunächst Dr. Z., die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S., Dr. G. und Dr. S. als sachverständige Zeugen. Dr. Z. teilte mit, in seinem Fachbereich leide die Klägerin unter einer Polyposis nasi, polyvalenten Allergien und einem Zustand nach mehrfachen Nasennebenhöhlenoperationen. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei deutlich reduziert. Leichte Tätigkeiten, die keine hohe Konzentration und keinen Anspruch an ein gutes Gehör sowie einen intakten Geruch fordern würden und lärmfrei seien, könne sie jedoch noch vollschichtig verrichten. Dr. S. berichtete über eine zweimalige Vorstellung der Klägerin. Hinsichtlich der Diagnose schloss sie sich dem Gutachten von Dr. B. an, wonach bei der Klägerin eine Somatisierungsstörung auf dem Boden einer depressiv-neurotischen Entwicklung vorliege. Sie halte die Klägerin nur für eingeschränkt arbeitsfähig. Eine Belastungserprobung im Sinne des Hamburger Modells wäre anzustreben. Dr. G. führte aus, bei der Klägerin stehe auf orthopädischem Gebiet eine chronisch rezidivierende Lumboischialgie rechts, ein Impingementsyndrom des rechten Schultergelenks und ein Cervicobrachial-Syndrom linksseitig im Vordergrund. Leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung seien ihr vollschichtig möglich. Im weiteren Verlauf teilte Dr. G. ohne Äußerung zur Leistungsfähigkeit mit, dass eine Verschlimmerung im Hinblick auf die Lumboischialgie, das Impingementsyndrom, das Cervicobrachial-Syndrom und eine Hallux valgus Deviation beidseits eingetreten sei. Dr. S. äußerte sich dahingehend, dass die im Verwaltungsgutachten gemachten Feststellungen und Beurteilungen zutreffend seien. Er fügte Arztbriefe des Dr. G., von Dr. S. und von der Internistin Dr. F.-R. bei.

Die Klägerin legte im weiteren Verlauf Arztbriefe des Dr. G. und des Dr. T. und Dr. D., Hals-Nasen- und Ohrenklinik des Universitätsklinikums H. vor.

Nach Beanstandung der von Dr. Z. angegebenen Behandlungstage durch die Klägerin bestätigte Dr. Z. zwei weitere Behandlungstage im Juli 2000. An seiner bisherigen Leistungsbeurteilung hielt er jedoch fest.

Als gerichtlicher Sachverständiger erstattete sodann der Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Facharzt für psychotherapeutische Medizin Dr. L., der sich der Mitarbeit des Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychotherapie Dr. A. bediente, Psychosomatische Klinik B. D., ein psychosomatisch-psychiatrisches Fachgutachten. Die Ärzte diagnostizierten eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, ein intrinsisches Asthma bronchiale sowie damit zusammenhängend psychologische Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei andernorts klassifizierten Erkrankungen, einen Tinnitus auris beidseits und rezidivierende Lumbalgien bei Fehlstatik. Sie empfahlen die Durchführung eines Heilverfahrens in einer psychosomatischen Klinik. Vorausgesetzt, dass die Klägerin hierbei aktiv mitwirke, hielten sie eine teilweise Verbesserung der seelischen Störung in einem Zeitraum von etwa 6 Monaten für erreichbar. Die Klägerin werde aller Voraussicht nach leichte Tätigkeiten mit Funktionseinschränkungen nach einem erneuten Heilverfahren innerhalb von 6 Monaten 6 und mehr Stunden täglich verrichten können.

Zur Durchführung einer solchen Maßnahme erklärte sich die Klägerin bereit, wies in der weiteren Folge aber darauf hin, dass sie ihr Sohn ab 01.07.2001 in seinem Geschäft habe anmelden wollen. Aufgrund der Rehabilitationsmaßnahme stehe dies wieder in der Waage.

Die Klägerin absolvierte dann jedoch tatsächlich in der Zeit vom 02.10. bis 30.10.2001 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der L.klinik in B. D ... Den Entlassungsbericht legte die Beklagte zusammen mit ärztlichen Stellungnahmen des Dr. B. und des Arztes für Psychiatrie/Psychotherapie Dr. B. vor. Nach dem Entlassungsbericht wurden bei der Klägerin eine undifferenzierte Somatisierungsstörung, ein Asthma bronchiale, eine Polyposis nasi, ein HWS-Syndrom und ein LWS-Syndron diagnostiziert. Die Klägerin wurde mit der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung, dass sie als Hotelmanagerin nur noch unter 3 Stunden täglich tätig sein könne, leichte Tätigkeiten in Tagschicht und ohne hohe Anforderungen an das Konzentrations-, das Reaktions-, das Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie die Stresstoleranz und Tätigkeiten, die das Heben und Bewegen schwerer Lasten und die Einnahme von Zwangshaltungen erfordern würden, jedoch noch 6 Stunden und mehr täglich verrichten könne, entlassen. Ausgeschlossen seien auch Tätigkeiten, die im besonderen Maße ein Hörvermögen erfordern würden und solche, bei denen die Klägerin durch Nässe, Zugluft, extrem schwankende Temperaturen und inhalative Belastungen gefährdet sei.

Hierauf hat die Klägerin weitere Arztbriefe des Klinikums der Universität H., des Radiologen Dr. S., des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S., des Arztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. G., des Chirurgen Dr. H. und des Rehabilitationszentrums für Chronisch Nierenkranke sowie weitere Unterlagen der Rehabilitationsklinik in B. D. vorgelegt.

Zu den von der Klägerin darüber hinaus vorgelegten Arztbriefen des Radiologen Dr. W., des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H., des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. B., des Dr. H., des Arztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. D., des Dr. N. und Kollegen, Universitätsklinik W., Neurologische Klinik und des Entlassungsberichts über die von der Klägerin erneut durchgeführte stationäre Behandlung in der H.klinik D.-W. in der Zeit vom 17.07. bis 16.08.2002 äußerte sich für die Beklagte wiederum Dr. B ...

Das SG holte sodann eine sachverständige Zeugenauskunft von Dr. M. und Dr. P., H.klinik D.-W., ein. Diese teilten mit, dass das Atemwegsleiden der Klägerin mit einer heftigen bronchialen Hyperreagibilität und Atemnotanfällen einhergehen würde. Getriggert werde die Erkrankung durch rezidivierende und prolongierte Bronchitiden mit vermehrtem Auswurf. Die körperliche Belastbarkeit der Klägerin sei durch das Atemwegsleiden eingeschränkt. Sie könne leichte Tätigkeiten im Innendienst ohne Kontakt mit unspezifischen Umweltreizen, Schichtdienst, Publikumsverkehr und häufiges Stehen 3 bis 6 Stunden pro Tag verrichten. Auf die Einwendungen von Dr. B. gegen diese Einschätzung äußerten sich Dr. M. und Dr. P. ergänzend dahingehend, dass bei der Klägerin tatsächlich eine heftige bronchiale Hyperreagibilität und Atemnotanfälle vorliegen würden. Bei ihr sei jährlich mit 6 bis 8 Infekten zu rechnen. Ein eindeutiger Hinweis auf den instabilen Verlauf des Atemwegsleidens der Klägerin sei in dem Arztbrief des Dr. B. vom 05.07.2002 mit der Aussage, dass nach erneuter endonasaler Operation und zwangsläufigem Absetzen von Aspirin wieder eine Verschlechterung des Atemwegsleidens eingetreten sei, enthalten.

Das SG hörte hierauf Prof. Dr. K. und Dr. A., Universitätsklinikum H., Neurochirurgische Klinik, als sachverständige Zeugen. Die Ärzte berichteten über eine Hydromyelie in Höhe des Halswirbelkörpers 6 und 7 und Bandscheibenvorfälle in Höhe der Halswirbelkörper 4/5, 5/6 und 6/7. Von Seiten dieser Erkrankungen ergäben sich Einschränkungen nur für körperlich schwere Arbeiten.

Zusammen mit einem von der Klägerin vorgelegten Arztbrief des Dr. W. über eine MR der Halswirbelsäule teilte die Klägerin im Anschluss daran mit, dass ihr das Gehen immer mehr Probleme bereite. Teilweise seien die Schmerzen unerträglich. Wenn sie nur das Asthma hätte, könne sie leichte Arbeiten verrichten. Ergänzend legte die Klägerin noch eine weitere Bescheinigung des Dr. B. vor.

Auf Anfrage des SG berichtete sodann Dr. H., dass die Klägerin durch das Lungenleiden immer wieder eingeschränkt sei. Während der akuten Erkrankungen könne davon ausgegangen werden, dass sie arbeits- und erwerbsunfähig in ihrem Beruf als Hotelfachkraft sei. Während der übrigen Zeiten sei sie durch das Lungenleiden alleine aufgrund des hohen Medikamentenbedarfs derart körperlich beeinträchtigt, dass sie allenfalls bis zu 3 oder 4 Stunden täglich arbeiten könne.

Dr. B. führte auf Veranlassung des SG aus, dass er die Klägerin seit 17.01.2002 mitbehandele. Bei ihr bestehe ein ausgesprochen kompliziertes atopisches Leiden der oberen und unteren Atemwege, welches als Analgetika-Asthma-Syndrom bezeichnet werde. Im bisherigen Beruf als Hotelfachkraft sei sie nur noch maximal halbschichtig, also weniger als 3 Stunden täglich und nur für leichte körperliche Arbeiten einsatzfähig. Eine zusätzliche quantitative Einschränkung der Arbeitszeit ergebe sich aus der Notwendigkeit der regelmäßigen und intensiven Selbstbehandlung und Selbstmedikation durch Tabletteneinnahme und inhalative Therapie. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestünden die gleichen qualitativen Einschränkungen. Er fügte Arztbriefe des Dr. M., des Neuropathologen Prof. Dr. G., des Dr. D., des Dr. H., des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. und eigene Arztbriefe bei.

Die Beklagte legte hierzu eine Stellungnahme von Obermedizinalrat F. vor.

Dr. B. setzte sich daraufhin wiederum auf Anfrage des SG mit den Stellungnahmen der Beratungsärzte der Beklagten auseinander. Er beschrieb den Krankheitsverlauf der Klägerin als progredient mit rezidivierenden, teilweise in Serie auftretenden Exacerbationen.

Die Beklagte anerkannte sodann der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. B. folgend, dass die Klägerin seit 08.07.2002 sowohl teilweise als auch voll erwerbsgemindert sei und erklärte sich bereit, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.08.2002 auf Dauer und wegen voller Erwerbsminderung befristet ab 01.02.2003 bis 31.01.2006 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Rentenbescheid bezüglich der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und der Bescheid bezüglich des Übergangsgelds wurden jeweils am 14.10.2004 erteilt. Der Bescheid in Hinblick auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung befindet sich nicht bei den Akten.

Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis der Beklagten nicht als ausreichend angesehen. Sie sei seit dem Zeitpunkt der Antragstellung bis heute nicht in der Lage, mindestens 3 Stunden täglich zu arbeiten.

Das SG befragte deshalb erneut Dr. B. insbesondere zum Beginn der maßgeblichen Leistungseinschränkung. Dr. B. äußerte sich dahingehend, dass die Einschätzung in der Tat sehr schwierig sei. Die Schwere und der wechselhafte Verlauf der Erkrankung hätten in ihrer derzeitigen Ausprägung schon lange vor dem 17.01.2002, der ersten Mitbehandlung durch ihn, in gleicher Intensität vorgelegen. Er schließe auf den Beginn der maßgeblichen Leistungseinschränkung spätestens Mitte 1998. Auf weitere Nachfrage führte Dr. B. aus, er sehe sich nicht in der Lage, einen exakten Zeitpunkt oder ein bestimmtes Ereignis zu benennen, an dem die vorliegende Einschränkung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin erstmals eingetreten sei.

Die Klägerin reagierte nunmehr durch Vorlage weiterer Arztbriefe des Dr. W. und des Radiologen Dr. F ...

Die Beklagte legte ärztliche Stellungnahmen des Dr. B. vor und anerkannte, dass die Klägerin über den 31.01.2006 hinaus voll erwerbsgemindert sei. Sie erklärte sich bereit, Rente wegen voller Erwerbsminderung befristet ab 01.02.2006 bis 31.01.2009 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der entsprechende Rentenbescheid wurde am 22.02.2006 erteilt.

Mit Urteil vom 30.06.2006, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 23.11.2006, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es unter Hinweis auf die Gesetzeslage und das vom Bundessozialgericht entwickelte Mehrstufenschema im wesentlichen aus, die Klägerin erfülle auf Grund ihres Restleistungsvermögens weder nach dem bis zum 31.12.2000 noch nach dem ab 01.01.2001 geltenden Recht die Voraussetzungen einer weiteren Rentenzahlung über Juni 1999 hinaus oder zu einem Zeitpunkt vor den von der Beklagten zuerkannten Leistungszeiträumen. Sie sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme während des streitigen Zeitraums bis 31.12.2000 etwa 8 Stunden täglich und ab 01.01.2001 mindestens 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Arbeiten einsetzbar gewesen. Dies ergebe sich insbesondere aus den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten, dem Verhalten und den Äußerungen der Klägerin, den sachverständigen Zeugenauskünften der die Klägerin behandelnden Ärzte und dem psychosomatischen Gutachten von Dr. L. sowie dem Entlassungsbericht über die Rehabilitationsmaßnahme in der L.klinik in B. D ... Auch aus den sonstigen medizinischen Unterlagen lasse sich vor Juli 2002 keine relevante Leistungseinschränkung ableiten. Erst aufgrund der weiteren stationären Behandlung in D.-W. Juli/August 2002 sei ein Restleistungsvermögen von 3 bis unter 6 Stunden aufgrund des Atemwegsleidens festzustellen. Der Leistungsfall im Juli 2002 lasse sich auch auf die Ausführungen von Dr. S. und Dr. B. stützen.

Hiergegen richtet sich die am 13.12.2006 eingelegte Berufung der Klägerin, die zunächst trotz zweimaliger Erinnerung nicht begründet wurde. Mit Schreiben vom 19.03.2007 hat der Senat dem Klägerbevollmächtigten mitgeteilt, dass der Rechtsstreit zur Terminierung vorgemerkt sei. Mit beim Senat am 12.04.2007 eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin im wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen. Die Feststellung des SG, dass ihr erst ab Juli 2002 gelungen sei, relevante Leistungseinschränkungen zu beweisen, sei nicht haltbar. Hilfsweise hat sie einen Antrag auf Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt.

Die Klägerin beantragt - teilweise sinngemäß -,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. Juni 2006 und den Bescheid vom 23. August 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. März 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 14. Oktober 2004 und 22. Februar 2006 zu verurteilen, ihr auch für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis 31. Juli 2002 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise ein Gutachten gemäß § 109 SGG bei Chefarzt Dr. G. M., Ärztlicher Direktor der H.klinik D., D.-W. einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten und den der Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist sachlich nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat für die Zeit vom 01.07.1999 bis 31.07.2002 keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit und auch nicht auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit in der bis zum 31.12.2000 gültigen Fassung und auf Rente wegen Erwerbsminderung nach der ab 01.01.2001 gültigen Fassung des § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sind ebenso wie das vom Bundessozialgericht entwickelte Mehrstufenschema im Urteil des SG zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor.

In Übereinstimmung mit dem SG kommt auch der Senat zu der Überzeugung, dass die Klägerin zwischen dem 01.07.1999 und 31.07.2002 weder erwerbs- noch berufsunfähig und auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert war. Sie konnte nach dem vorliegenden und feststellbaren medizinischen Sachverhalt zwar nicht mehr eine Führungsposition in einem Hotel oder als Hotelfachkraft vollschichtig ausüben. Als gelernte Einzelhandelskauffrau war sie jedoch sowohl gesundheitlich als auch sozial zumutbar auf eine Büro-/Verwaltungstätigkeit verweisbar. Eine solche Tätigkeit konnte sie noch vollschichtig verrichten. Dies hat das SG, gestützt auf die äußerst umfangreichen Ermittlungen im angefochtenen Urteil, ausführlichst und zutreffend begründet. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an und nimmt deshalb insoweit auch auf die Entscheidungsgründe Bezug.

Ergänzend weist der Senat noch einmal darauf hin, dass sich im Hinblick auf das Atemwegsleiden der Klägerin aus den Arztbriefen der behandelnden Lungenfachärzte und Ärzte für Hals-Nasen- und Ohrenerkrankungen aus den Jahren 1999 bis Juli 2002 weder eine Berufs- noch eine Erwerbsunfähigkeit oder geminderte Erwerbsfähigkeit ergibt. Im Arztbrief des Dr. S. über die Untersuchungen im Januar und Juli 2001 wird im wesentlichen nur ein Giemen beschrieben. Darüber hinaus klagte die Klägerin lediglich bei der Vorstellung im Juli 2001 über etwas vermehrte Atembeschwerden. Aus dem Arztbrief des Dr. B. vom 06.03.2002 folgt, dass damals ein eher stabiler Verlauf des komplizierten Atemwegsleidens vorlag. Die Bodyplethysmographie zeigte eine leichte Erhöhung des Residualvolumens, jedoch keine Obstruktion oder Restriktion. Die körperliche Untersuchung und die Blutgase waren zufriedenstellend. Radiologisch fand sich lediglich eine betonte Gefäß-Bronchial-Zeichnung links paracardial, aber keine intrapulmonalen Infiltrate oder Herde. Einen exakten Zeitpunkt oder ein bestimmtes Ereignis, an dem die Einschränkung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin erstmals eingetreten ist, vermochte Dr. B. nicht zu bekunden. Weitere Nachfragen sind insoweit, nachdem Dr. B. erstinstanzlich viermal befragt wurde und sich umfassend geäußert hat, entbehrlich. Dr. Z. befundete in seiner sachverständigen Zeugenauskunft eine Polyposis nasi, polyvalente Allergien und einen Zustand nach mehrfachen Nasennebenhöhlenoperationen. Er hielt die Klägerin für imstande, leichte Arbeiten, die keine hohe Konzentration erfordern, die keinen Anspruch an ein gutes Gehör haben, keinen intakten Geruch fordern und die lärmfrei sind, vollschichtig zu verrichten. Dr. G. berichtete im August 2001 desweiteren über eine mittelgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits und einen chronischen Tinnitus. Dies führt zweifelsohne zu qualitativen Leistungseinschränkungen, hat jedoch noch keine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens zur Folge. Die von Dr. D. im Juni 2002 durchgeführte Nebenhöhlenrevision war ohne Komplikationen. Auch auf die auf nervenärztlichem und chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet in diesem Zeitraum erhobenen Befunde lässt sich unter Bezugnahme auf das Urteil des SG eine rentenrelevante Einschränkung der Erwerbsfähigkeit noch nicht stützen.

Der Antrag auf Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG war abzulehnen. Das Gericht kann gemäß § 109 Abs. 2 SGG einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Verspätung aus grober Nachlässigkeit liegt vor, wenn jede zur sorgfältigen Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen ist, wenn nicht getan wird, was jedem einleuchten muss. Ein Beteiligter muss den Antrag spätestens dann innerhalb einer angemessenen Frist stellen, wenn er erkennen muss, dass das Gericht keine (weiteren) Erhebungen von Amts wegen durchführt. Dies ist anzunehmen, wenn ihn das Gericht auf die Möglichkeit eines Antrags nach § 109 SGG hinweist, aber auch (bei sachkundigen oder sachkundig vertretenen Klägern) wenn es mitteilt, es seien keine weiteren Ermittlungen vorgesehen bzw. der Rechtsstreit werde als entscheidungsreif angesehen oder wenn der Rechtsstreit ohne weitere Mitteilung terminiert wird. Wenn ein Beteiligter erkennen muss, dass das Gericht keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen durchführt, muss er innerhalb angemessener Frist den Antrag nach § 109 SGG stellen. In der Regel ist, wenn das Gericht keine Frist setzt, eine solche von einem Monat ausreichend (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, Rd.-Ziff. 11). Hier ist zu beachten, dass der Senat mit Schreiben vom 19.03.2007 mitgeteilt hat, dass keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen beabsichtigt sind. Hierauf hat die Klägerin erst dreieinhalb Wochen später mit dem beim Senat am 12.04.2007 eingegangenen Schriftsatz reagiert und einen Antrag gemäß § 109 SGG gestellt. Damit wurde zwar noch innerhalb eines Monats reagiert. Von besonderer Bedeutung ist hier jedoch, dass dies nach der Berufungseinlegung die erste Reaktion im Berufungsverfahren war. Eine Berufungsbegründung wurde davor trotz zweimaliger Erinnerung nicht vorgelegt. Auch ist von Belang, dass eine Überlegungszeit nach dem Hinweis des Senats vom 19.03.2007 nicht notwendig war. Es sind keine medizinischen Ermittlungen vorausgegangen, die der Klägerbevollmächtigte und die Klägerin hätten besprechen müssen oder die ggfs. auch weiteren ärztlichen Rat erforderlich gemacht hätten. In diesem Fall hätte nach dem Hinweis des Senats vom 19.03.2007 sofort reagiert werden müssen.

Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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