L 6 VG 445/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 VG 3265/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 445/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Kapitalisierung der dem Kläger nach dem Opferentschädi-gungsgesetz (OEG) gewährten Grundrente streitig.

Der 1955 geborene Kläger wurde am 04. Dezember 1993 Opfer eine Gewalttat. Als Schädi-gungsfolgen wurden mit Bescheid vom 02. März 1995 "Verlust des Geruchssinns und Minde-rung der Geschmacksqualitäten, Kopfschmerz nach Schädel-Hirn-Trauma (mit Contusio ce-rebri)" bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vom Hundert (v.H.) ab 01. Dezember 1993 anerkannt. Mit Neufeststellungsbescheid vom 10. September 2004 wurden die Schädigungsfolgen ab 01. Juni 2004 um "hirnorganisches Psychosyndrom" ergänzt und die MdE mit 40 v.H. neu festgesetzt.

Am 28. Juni 2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Rentenkapitalisierung nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Sicherstellung der Grundrentenabfindung in der Kriegsopferversorgung vom 27. April 1970 (Rentenkapitalisierungsgesetz - KOV). Zu dem beabsichtigen Verwendungs-zweck der Rentenkapitalisierung gab er in dem Formular des Beklagten unter Ziffer 14 "Erstel-lung, Ausbau, Erweiterung, Instandsetzung und Modernisierung von Wohngebäuden" an, er wol-le mit seiner Frau, die Marokkanerin sei, nach Marokko ziehen. Das Geld der Kapitalabfindung sei "zur gründlichen Renovierung und zum Existenzaufbau gedacht", und zwar für das bereits bestehende Gebäude, das der Familie seiner Frau gehöre. Es handele sich um ein Mehrfamilien-haus mit zwei Wohnungen, wobei er Miteigentümer zu 50 v.H. des Grundstücks sei. In seinen mit "Zusatzerklärung zum Antrag auf die Rentenkapitalisierung" überschriebenen weiteren Aus-führungen gab er zu seinen Lebensverhältnissen an, bis zum Jahr 2003 selbstständig als Trans-portunternehmer tätig gewesen zu sein. Seit Januar 2004 sei er arbeitslos und beziehe Arbeitslo-senhilfe. Seine Ehefrau sei krankheitsbedingt ebenfalls arbeitslos. Ihre Zukunft in Deutschland sei eher aussichtslos, weil er in seinem Alter kaum mehr mit einer neuen Arbeitsstelle rechnen könne. Durch die Kapitalisierung seiner Grundrente könne er sich mit seiner Ehefrau jedoch eine Zukunft in Marokko sichern. Damit hätten sie anteilmäßig ein Haus bzw. lebenslang ein Dauer-wohnrecht. Ihr Hauptwohnsitz bleibe allerdings vorerst in Freiburg "als Meldeadresse bei der Schwester" seiner Frau. Seine Ehefrau habe zwar ein unbefristetes Visum, sie müsse bis zur Ausstellung der deutschen Staatsbürgerschaft jedoch in Deutschland gemeldet bleiben. Entspre-chendes gelte für ihn, da er, um seine Altersrente zu sichern, den freiwilligen Mindestsatz ein-zahlen wolle. Den Lebensunterhalt in Marokko wollten sie sich durch das Mitarbeiten bei seinem Schwager, der einen Geflügelverkauf führe, und das Eröffnen einer "Teleboutique" erarbeiten. Das maßgebliche Haus bestehe aus drei Ebenen und einem Keller; erbaut sei es ca. 1980. Eine Ebene einschließlich Terrasse zuzüglich eines gemeinsamen Salons würde ihnen gehören. Besit-zer des Hauses sei der Bruder seiner Frau, der den notwendigen Ausbau bzw. die komplette Fer-tigstellung nicht bezahlen könne und deshalb schon an Verkauf gedacht habe, falls sie es nicht übernehmen könnten. In Marokko würde er sich mit seiner Ehefrau vorläufig mit einem zweiten Wohnsitz ordentlich anmelden. Dem Antrag beigefügt war noch eine mit "Materialauflistung und Kosten" überschriebene Aufstellung über Tapeten, Farbe, Bad- und Küchenausstattungen, die allerdings keine Preisangaben enthält. Dazu führte der Kläger aus, Preise könne er so nicht nennen, da es immer wieder Angebote gebe und weitere Möbel u.s.w. in Marokko gekauft wür-den, wo diese möglicherweise günstiger seien. Zu seinen Einkommensverhältnissen gab der Klä-ger an, 720 EUR (Arbeitslosenhilfe zuzüglich Grundrente) zu beziehen, seine Ehefrau erhalte ca. 630 EUR zuzüglich 88 EUR Wohngeld monatlich. Nach Abzug der Miete verblieben ihm ca. 300 EUR und seiner Ehefrau ca. 500 EUR monatlich. Mit Bescheid vom 09. August 2004 lehnte das frühere Landesversorgungsamt (LV-Amt) den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung führte es aus, die Kapitalabfindung solle es dem Berech-tigten ermöglichen, sich Wohnraum zur Eigennutzung durch Erwerb oder wirtschaftliche Stär-kung eigenen Grundbesitzes zu schaffen oder zu erhalten. Momentan liege beim Kläger jedoch keine Eigennutzung des Wohnhauses in Marokko vor, da er weder Eigentümer des Haus- und Grundbesitzes sei, noch dort wohne. Sein Hauptwohnsitz solle nach den eigenen Angaben wei-terhin in Deutschland sein. Außerdem komme für Grundbesitz oder Wohnungseigentum im Aus-land eine Kapitalisierung der Grundrente grundsätzlich nicht in Betracht. Mit dem Umzug ins Ausland seien die besonderen Vorschriften für Berechtigte außerhalb des Geltungsbereichs des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) anzuwenden, wobei § 64 c Abs. 6 BVG bestimme, dass Ka-pitalabfindungen ins Ausland nicht gewährt würden. Im Widerspruchsverfahren bat der Kläger um Benennung der Regelungen, die ihm als deutschen Staatsbürger, der mit einer marokkanischen Staatsbürgerin verheiratet sei, verbieten würden, sich ein Haus oder eine Wohnung im Ausland anzueignen und zu beziehen. Der Antrag sei nicht we-gen Erwerb eines Grundstücks gestellt worden. Dies ergebe sich ausdrücklich aus Ziffer 14 des Formularantrags. Das LV-Amt zog die zur Rentenkapitalisierung zum Erwerb oder zur wirt-schaftlichen Stärkung eines Wochenendhauses oder einer Ferienwohnung ergangene Verfügung des LV-Amts Niedersachsen vom 17. Dezember 1985 bei. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2004 wurde der Widerspruch mit der weiteren Begründung zurückgewiesen, bei der Kapitalabfindung handele es sich um eine Kannleistung, auf die kein Rechtsanspruch beste-he. Die Bewilligung stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Der Kläger beantrage eine Kapitalabfindung zum Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Haus in Marokko durch die Übernahme der notwendigen Renovierungskosten. Da nach § 75 BVG die bestimmungsgemäße Verwendung einer Kapitalabfindung durch die Eintragung einer Sicherungshypothek und eines Weiterveräußerungs- und Belastungsverbotes in das Grundbuch abzusichern sei, eine Überwa-chung der Verfügungsbeschränkung an Grundstücken in Marokko jedoch nicht möglich sei, sei allein schon aufgrund der fehlenden Absicherungsmöglichkeiten die Genehmigung der Renten-kapitalisierung zu versagen. Nachdem der Schwager des Klägers ferner zu 50 v.H. Miteigentü-mer des Hauses sei, müsse der Verkehrswert von Wohnungen in Marokko mit der Höhe der Ka-pitalabfindung verglichen werden. Ein solches Feststellungsverfahren sei für Grundstücke in Marokko nicht realisierbar. Weiterhin habe er zum einen angegeben, sein Hauptwohnsitz bleibe vorerst Freiburg, zum anderen jedoch, dass er seinen Lebensunterhalt in Marokko erarbeiten wolle. Dies bedeute letztendlich, dass eine Rentenkapitalisierung für eine Wohnung am Zweit-wohnsitz begehrt werde. Das Gesetz sehe eine solche Kapitalisierung jedoch nicht vor, wenn der Grundbesitz oder das Wohnungseigentum lediglich als Zweitwohnsitz genutzt werde.

Dagegen erhob der Kläger am 15. September 2004 zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unter Hinweis auf sein bisheriges Vorbringen Klage und bat um Überprüfung, ob eine Rentenkapitalisierung mit der Maßgabe möglich sei, zur Existenzsicherung Eigentum in Marokko zu erwerben. Im Rahmen des auf seinen Wunsch anberaumten Termins zur Erörterung des Sachverhalts führte er ausweislich der Niederschrift vom 14. Dezember 2004 dann aus, er beabsichtigte derzeit nicht mehr, mit seinem Schwager gemeinsam ein Haus zu erwerben. Viel-mehr sei seine Frau auf der Suche nach einem Objekt, das sie in Alleineigentum erwerben könn-ten. Im Übrigen betonte er, einziger Grund dafür, in Deutschland eine Meldeadresse beizubehal-ten, sei, das Aufenthaltsrecht seiner Ehefrau im Inland abzusichern. Der Mittelpunkt seiner Le-bensverhältnisse sei jedoch ganz klar Marokko. Der Beklagte trat der Klage unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Standpunktes entgegen. Mit Urteil vom 13. Januar 2005 wies das SG die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, die gesetzlichen Voraussetzungen des § 72 Abs. 1 BVG seien zwar erfüllt; insbesondere sei der Erwerb von Grundstücken im Ausland durch die gesetzliche Regelung nicht ausgeschlossen. Im Rahmen des dem Beklagten eröffneten Ermessensspielraums habe der Antrag jedoch abgelehnt werden können. Der mit der Kapitalisierung angestrebte Zweck, die Stärkung der Vermögens-verhältnisse, sei nicht in dem erforderlichen Maß zu gewährleisten, wenn der zu erwerbende Grundbesitz lediglich als Zweitwohnsitz genutzt werde, da nach wie vor ein Hauptwohnsitz fi-nanziert werden müsse. Im Übrigen sei auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Kapita-lisierung von Renten zum Erwerb von Eigentum im Ausland nicht für zweckdienlich halte. Denn die vom Gesetz vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen seien im Ausland nicht möglich. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des dem Kläger am 19. Januar 2005 zugestellten Urteils verwiesen.

Dagegen richtet sich die am 02. Februar 2005 schriftlich beim SG Freiburg eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er bekräftigt, dass sein Hauptwohnsitz in Marokko sei, die deutsche Anmeldung lediglich wegen seiner deutschen Rente erhalten bleibe. In Marokko sei es wie in Deutschland üblich, Grundbucheintragungen vorzunehmen. Das gleiche gelte für Siche-rungshypotheken durch einen Notar, das Gericht oder das Grundbuchamt. Damit könne die er-forderliche Sicherheit gewährleistet werden. Entgegen seiner telefonischen Ankündigung legte er allerdings keine Unterlagen zu den Möglichkeiten einer dinglichen Absicherung von Grundstü-cken in Marokko vor. Nicht akzeptabel sei, wenn sich der Beklagte auf Regelungen aus dem Jahr 1985 beziehe. Er legte Kopien über das zu finanzierende Objekt in Marokko vor. Zu der auf den Fotos dargestellten Wohnanlage gab er an, die Wohnungen kosteten umgerechnet 18.181,82 EUR, sie seien 70 qm groß und befänden sich in S. direkt neben R ... Nach Hinzuziehung eines Bevoll-mächtigten machte er geltend, die Voraussetzungen für eine Kapitalabfindung nach dem §§ 72 bis 78 ff. BVG seien erfüllt. Dem stehe jedenfalls nicht entgegen, dass sich das zu erwerbende Wohneigentum in Marokko befinde. Soweit die Beklagte sich insoweit auf § 64 c Abs. 6 BVG berufen habe, könne diese Regelung im Rahmen der § 72, 73 BVG keine Rolle spielen. Der Ge-währung einer Kapitalabfindung stehe auch nicht entgegen, dass er nur zu 50 v.H. Eigentümer des Hauses werden würde. Auch insoweit enthalte das Gesetz keine Regelung. Zum Verkehrs-wert des zu erwerbenden Miteigentumsanteils könne eine Auskunft über die marokkanische Bot-schaft in Berlin eingeholt werden. Auch § 75 BVG stehe der begehrten Kapitalabfindung nicht entgegen, da der Sicherungszweck nicht nur durch die Grundbucheintragung bzw. durch Eintrag einer Sicherungshypothek erreicht werden könne, vielmehr seien ggf. auch andere Maßnahmen nach marokkanischem Recht in Betracht zu ziehen. Der Beklagte sei bei der zu treffenden Er-messensentscheidung fehlerhaft davon ausgegangen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Kapitalisierung nicht vorlägen. Zu Unrecht sei sie davon ausgegangen, keinen Ermessens-spielraum bei der zu treffenden Entscheidung zu haben. Somit habe sie keine Ermessenserwä-gungen angestellt, weshalb die Entscheidung rechtswidrig sei. Dies sei auch vom SG nicht er-kannt worden. Nach Hinweis auf die widersprüchlichen Angaben zum Verwendungszweck, führte der Kläger schließlich aus, die Rentenkapitalisierung solle zum Kauf einer Eigentums-wohnung in Marokko eingesetzt werden, wobei mit dem zu erwartenden Betrag entweder die Wohnung insgesamt erworben werden solle oder ein geringer Teil zusätzlich finanziert werden müsse. Im Hinblick auf § 73 Abs. 1 Nr. 4 BVG könne er sich nicht konkret äußern, da er noch kein Objekt in Aussicht habe. Dies hänge davon ab, dass die Rentenkapitalisierung bewilligt werde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Januar 2005 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 09. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2004 zu verurteilen, seine Be-schädigtenrente zu kapitalisieren, hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, über seinen Antrag erneut zu entschei-den.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Die begehrte Rentenkapitalisierung zum Er-werb eines Grundstücks und Gebäudes im Ausland sei im Sinne der § 72 ff. BVG nicht zweck-dienlich.

Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, über die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden. Der Kläger hat sich daraufhin mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Der Beklagte hat sich zu der erwogenen Verfahrensweise nicht geäußert.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genom-men.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid vom 09. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die Be-schädigtengrundrente des Klägers zu kapitalisieren.

Anspruchsgrundlage für das geltend gemachte Begehren ist aufgrund der Verweisung in § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG § 1 Abs. 1 des Rentenkapitalisierungsgesetzes - KOV. Danach kann dem Berech-tigten anstelle einer Kapitalabfindung nach den §§ 72 bis 80 BVG nach Maßgabe des Bundes-haushaltsplans ein Betrag in Höhe der Kapitalabfindung durch ein Kreditinstitut gewährt werden (Rentenkapitalisierung). Für die Rentenkapitalisierung gelten nach § 2 Abs. 1 des genannten Gesetzes die für Kapitalabfindungen nach dem BVG maßgeblichen Vorschriften und Bestim-mungen mit Ausnahme des § 74 Abs. 2 Satz 3, § 74 Abs. 3 Satz 3 und des § 76 Abs. 3 des BVG entsprechend.

§ 72 Abs. 1 BVG der hiernach in Bezug genommenen Regelung bestimmt, dass Beschädigten, die eine Rente erhalten, zum Erwerb oder zur wirtschaftlichen Stärkung eigenen Grundbesitzes eine Kapitalabfindung gewährt werden kann. Abs. 2 der Regelung enthält diesen Zwecken gleichgestellte Bestimmungsgründe, wobei nach Nr. 1 dieser Vorschrift eine Kapitalabfindung auch zum Erwerb oder zur wirtschaftlichen Stärkung nach dem Wohnungseigentumsgesetz ge-währt werden kann. Diese Regelung macht deutlich, dass die Kapitalabfindung nicht zu einem beliebigen Zweck, wie beispielsweise die Anschaffung von Hausrat, die Beschaffung eines Kraftfahrzeugs oder den Aufbau einer Existenz, sondern nur für den Erwerb und die wirtschaftli-che Stärkung eigenen Grundbesitzes sowie für gleichgestellte Zwecke gewährt werden kann. Gemäß § 73 Abs. 1 BVG setzt die Gewährung einer Kapitalabfindung weiter voraus, dass der Beschädigte im Zeitpunkt der Antragstellung das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Nr. 1), der Versorgungsanspruch anerkannt ist (Nr. 2), nicht zu erwarten ist, dass innerhalb des Abfin-dungszeitraums die Rente wegfallen wird (Nr. 3) und für eine nützliche Verwendung des Geldes Gewähr besteht (Nr. 4).

Während der Kläger die Voraussetzungen der Nrn. 1 und 2 dieser Regelung zum Zeitpunkt der Antragstellung erfüllt hat und nach der aktenkundigen unter dem 12. Juli 2004 veranlassten ver-sorgungsärztlichen Stellungnahme der Vertragsärztin Lange im Sinne der Nr. 3 auch nicht zu erwarten ist, dass innerhalb des Abfindungszeitraums die Rente wegfallen wird, vermag der Se-nat allerdings nicht festzustellen, dass im Sinne der Nr. 4 des § 73 Abs. 1 BVG Gewähr für eine nützliche Verwendung des Geldes besteht. Denn für den Senat ist nicht ersichtlich, ob und in-wieweit mit Bereitstellung des begehrten Kapitalisierungsbetrags der gesetzlich vorgesehene Verwendungszweck erreicht werden kann.

Der Kläger hat kein konkretes Objekt bezeichnet, das er zu erwerben gedenkt. Im Zusammen-hang mit der Einlegung der Berufung hat er in Kopie zwar Abbildungen einer Wohnanlage mit Eigentumswohnungen vorgelegt, der Senat sieht jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich hierbei um Objekte handelt, hinsichtlich derer auf Seiten des Klägers ein ernsthaftes Kaufinteres-se bestand bzw. weiterhin besteht. Denn im weiteren Verfahren hat der Kläger auf die Frage nach den Kosten des zum Erwerb ins Auge gefassten Objekts lediglich dargelegt, er habe kein konkretes Objekt in Aussicht, dies hänge davon ab, dass die Rentenkapitalisierung bewilligt werde. Damit ist aber schon nicht erkennbar, in welcher Höhe der Kläger Aufwendungen für den Erwerb eines Objekts hat. Gleichzeitig ist dadurch auch nicht bezifferbar, welche weiteren Kos-ten vom Kläger, bspw. in Form von öffentlichen Lasten, im Zusammenhang mit dem Erwerb zu tragen sind, mithin welche Gesamtkosten der Kläger aufzuwenden hätte. Entsprechend ist auch nicht feststellbar, ob und inwieweit der Kläger die voraussichtlich entstehenden Belastungen unter Berücksichtigung des Abfindungsbetrages angesichts seiner Einkommens- und Vermö-gensverhältnisse auch tatsächlich zu bestreiten vermag.

Bereits aufgrund der anlässlich der Antragstellung vom Kläger dargelegten Einkommens- und Vermögensverhältnisse hat der Senat allerdings erhebliche Zweifel an der Finanzierbarkeit eines entsprechenden Wohnobjekts. Denn der Kläger bezog seinen Angaben zufolge zum Zeitpunkt der Antragstellung lediglich Arbeitslosenhilfe in Höhe von monatlich rund 600 EUR und seine Ehe-frau von 630 EUR. Die zwischenzeitlich an die Stelle der Arbeitslosenhilfe getretene Leistung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) fiele bei einem Aufenthalt des Klägers in Marokko aber weg, so dass nicht einmal ersichtlich ist, wie der Kläger sein notwendiges Exis-tenzminimum dort sichern wollte. Inwieweit er mit der von ihm in Betracht gezogenen Beschäf-tigung bei seinem Schwager bzw. durch die Eröffnung einer Teleboutique seinen Lebensunter-halt würde sichern können, erscheint dem Senat gegenwärtig völlig offen.

Soweit der Kläger geltend gemacht hat, die Nennung eines konkreten Erwerbsobjekts hänge da-von ab, dass die Rentenkapitalisierung bewilligt werde, verkennt er die Anspruchsvoraussetzun-gen der geltend gemachten Leistung. Der Gesetzgeber hat die beantragte Rentenkapitalisierung gerade davon abhängig gemacht, dass für eine nützliche Verwendung des Geldes Gewähr be-steht. Diese kann daher nur dann bewilligt werden, wenn der Antragsteller in der Lage ist, die mit dem konkret beabsichtigten Erwerb voraussichtlich verbundenen Belastungen auch zu bestreiten. Eine derartige Prüfung setzt aber gerade voraus, dass sich die Erwerbsabsichten des Antragstellers zumindest so weit konkretisiert haben, dass er ein konkretes Objekt zu benennen vermag, dessen Erwerb er beabsichtigt. Denn nur bei Kenntnis der dann zu finanzierenden Ge-samtkosten kann in eine entsprechende Prüfung eingetreten werden, ob im Sinne des § 73 Abs. 1 Nr. 4 BVG für eine nützliche Verwendung des Geldes Gewähr besteht.

Da vor diesem Hintergrund bereits nicht die Anspruchsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 Nr. 4 BVG zu bejahen sind, konnte der Senat offen lassen, ob und inwieweit der Beklagte sich zu Recht darauf berufen hat, das zum Erwerb beabsichtigte Wohnungseigentum liege im Ausland.

Da die Berufung nach alledem keinen Erfolg haben konnte, war diese zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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