Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 4080/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 508/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Streit steht die Zuerkennung des Merkzeichens "aG".
Bei dem 1933 geborenen Kläger wurde auf seinen Erstantrag vom Oktober 1998 mit Bescheid vom 12.01.1999 durch den Beklagten ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 seit dem 02.10.1998 festgestellt. Hierbei wurden eine Schwerhörigkeit beidseits, ein degeneratives Wirbelsäulen- und Gelenkleiden, Osteoporose, eine operierte Lungenerkrankung sowie eine psychovegetative Labilität mit Organbeschwerden zugrunde gelegt. Dem Widerspruch des Klägers half der Beklagte mit Bescheid vom 26.04.1999 teilweise ab und stellte den GdB mit 50 fest. Gleichzeitig lehnte der Beklagte die Zubilligung des Nachteilsausgleichs "G" ab. Der Kläger erhielt seinen Widerspruch aufrecht, um das Merkzeichen "G" zu erhalten. Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.1999 zurückgewiesen. Das Klageverfahren S 6 SB 1890/99 endete mit einem Vergleich, wonach der Beklagte den GdB des Klägers ab dem 02.10.1998 auf 60 festsetzte.
Am 07.03.2004 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB und die Feststellung weiterer gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen. Dabei beantragte er u. a. das Merkzeichen "aG" und gab zur Begründung an, er habe nach operiertem Lungenkrebs am rechten Lungenflügel nunmehr ein nur noch sehr geringes Volumen, leide unter psychovegetativer schwerer Labilität mit Organbeschwerden, Knochen- und Gelenkschmerzen sowie einer starken Kniearthrose. Der Beklagte zog ärztliche Befundunterlagen über den Kläger bei und stellte mit Bescheid vom 05.04.2004 fest, dass der GdB seit dem 07.03.2004 nunmehr 100 betrage. Merkzeichen könnten nicht festgestellt werden, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Die Prüfung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass als Funktionsbeeinträchtigungen ein Teilverlust der Lunge mit Lungenerkrankung, eine Schwerhörigkeit beidseitig, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und Nervenwurzelreizerscheinungen sowie psychovegetative Störungen und funktionelle Organbeschwerden vorlägen. Die vom Kläger geltend gemachte Gonarthrose habe nicht nachgewiesen werden können.
Der Kläger erhob am 20.04.2004 Widerspruch, um die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" zu erreichen. Er benötige eine Ausnahmegenehmigung zur Parkerleichterung, weil ihn wenige Meter Gehweg so anstrengten, dass er sich außer Atem hinsetzen müsse. Der Beklagte zog weitere ärztliche Befundunterlagen über den Kläger bei. In ihrer versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme vom 29.09.2004 kam Dr. L. zu dem Ergebnis, dass die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vertretbar sei, das Merkzeichen "aG" jedoch nicht, weil insoweit keine Vergleichbarkeit bestehe. Nach telefonischer Rücksprache mit dem Hausarzt und Beiziehung weiterer Unterlagen sei die Lage nach wie vor schwer einzuschätzen. Der Kläger habe normale Blutgase und nur gering eingeschränkte Lungenvolumina. Bei ihm liege eine psychische Überlagerung vor.
Mit Teilabhilfebescheid vom 07.10.2004 stellte der Beklagte zur Inanspruchnahme entsprechender Nachteilsausgleiche das Merkzeichen "G" fest. Der Kläger begehrte weiterhin, ihm das Merkzeichen "aG" zuzuerkennen. Sein Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2004 zurückgewiesen. Der Beklagte wies daraufhin, dass erst bei außergewöhnlicher Gehbehinderung das Merkzeichen "aG" anerkannt werden könne. Die Auswertung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass der Kläger dem Kreis der schwerbehinderten Menschen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen könnten, nicht gleichzustellen sei. Eine Einschränkung seiner Lungenfunktion, d. h. eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades mit Atemnot bereits bei leichtester Belastung oder in Ruhe liege beim Kläger nach den vorliegenden Befunden nicht vor. Die ärztlichen Unterlagen ergäben, dass der Kläger normale Blutgase mit nur gering eingeschränktem Lungenvolumen habe. Sein Rollstuhl sei nur bei Spaziergängen dabei. Die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" lasse sich daher nicht begründen.
Dagegen erhob der Kläger am 18. November 2004 Klage zum SG. Er machte geltend, täglich Schmerzmittel in hoher Dosis und Kortison einnehmen zu müssen, um seine starken Schmerzen in der Brust, Engegefühle und Atemnot zu bewältigen. Zum Erreichen seiner Erdgeschosswohnung aus der angebauten Autogarage müsse er sich zwischenzeitlich hinsetzen. Durch seine Lungenkrebserkrankung sowie die dafür vorliegenden diagnostischen Lebenserwartungen sei seine seelische Gesundheit in einem besonderen Maße betroffen. Aufgrund der Schwere seines Leidens sei er dauernd auf fremde Hilfe angewiesen und könne sich nur mit solcher Hilfe und großer Anstrengung außerhalb eines Kraftfahrzeuges bewegen. Schon 50 m Weg zu gehen überanstrenge ihn.
Das SG hörte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen.
Der behandelnde Allgemeinmediziner Dr. K. teilte dem SG unter dem 28.08.2005 mit, er habe die Diagnosen einer mittelschweren Ateminsuffizienz nach Teilverlust beider Lungen, Opiatabhängigkeit, Nephrolithiasis, Schwerhörigkeit beidseits, eines degenerativen Halswirbelsäulensyndroms mit Nervenwurzelreizung, einer psychischen Störung mit Hyperventilation, Pressatmung, Luftschlucken und ständigem subjektivem Gefühl der Atemnot auch in Ruhe sowie einer Kniegelenksarthrose gestellt. Laut Angaben des Patienten könne dieser kaum 500 m gehen, die fachärztlichen Lungenbefunde könnten dies nicht eindeutig belegen. Die Ruheatmung sei fast unauffällig. Beim Kläger liege eine Einschränkung des Gehvermögens vor, bei derzeitigem Kenntnisstand bestehe eine Gehstrecke von 500 m. Bei Gehstrecken bis 500 m bestünden keine erheblichen Schwierigkeiten oder Gefahren, mit Hilfe seien auch weitere Wege möglich. Der Kläger sei aus psychischen Gründen (Hyperventilation, Pressatmung und Angst) nicht in der Lage, eine Gehstrecke von 2 km Weglänge in 30 Minuten zurückzulegen. Die Gehbehinderung sei nicht so schwer, dass der Kläger auf dauernde fremde Hilfe angewiesen sei. Er gehe teilweise allein spazieren. Seines Erachtens lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkmales "aG" nicht vor.
Der Oberarzt der Abteilung Thoraxchirurgie und Facharzt für Innere Medizin sowie Pneumologie Dr. E. vom Universitätsklinikum F. teilte dem SG unter dem 10.11.2005 mit, der Kläger befinde sich bei ihm in der Tumornachsorge wegen eines Plattenepithelkarzinoms des rechten Lungenunterlappens. Bereits im Jahr 1988 sei der Lungenunterlappen linksseitig behandelt worden. Beim Kläger bestehe eine Belastungsdyspnoe. Er habe sporadisch auftretende linksthorakale und atemabhängige Thoraxschmerzen. Eine Evaluation der Belastungsdyspnoe sei nicht möglich, die Angaben beruhten lediglich auf der Anamnese von Seiten des Patienten. Dieser sei auch durch ein Sauerstoffgerät versorgt. Durch die anamnetisch angegebene Belastungsdyspnoe und die Belastung durch das Sauerstoffgerät könne eine Einschränkung des Gehvermögens vermutet werden. Der Kläger habe Überanstrengungen bei körperlicher Aktivität berichtet. Weitere Aussagen könnten ohne Begutachtung nicht getroffen werden.
Beauftragt durch das SG hat der Chefarzt der Lungenfachklinik St. B., Dr. S., am 17.07.2006 ein Gutachten über den Kläger erstattet. In seinem internistisch-pneumologischen Gutachten beschreibt der Gutachter das Ergebnis der Blutgasanalysen und der Bodyplethysmographie. Bezüglich der Lungenfunktion bestehe keine Restriktion, keine Überblähung und keine Obstruktion. Eine objektiv nicht erklärbare Reduktion der Vitalkapazität und damit bedingt der totalen Lungenkapazität ergebe sich durch die Bronchospasmolyse. Zusammenfassend sei am ehesten von mangelnder Mitarbeit auszugehen. Eine echte Gasaustauschstörung könne nicht festgestellt werden. Der 6-Minuten-Gehtest habe ergeben, dass der Kläger eine Gehstrecke von 200 m ohne Beschwerden habe zurücklegen können. Die Blutlaboruntersuchung sei im Wesentlichen unauffällig gewesen. Als Diagnosen werden genannt: Plattenepithel-Karzinom des rechten und linken Lungenunterlappens, Zwerchfellhochstand beidseits, Übergewicht, Nephrolithiasis beidseits 1995, arterielle Hypertonie, Gonarthrose rechts, Cervikobrachialsyndrom rechts betont, Schwerhörigkeit sowie anamnetisch Jodmangelstruma.
In der zusammenfassenden Beurteilung des Gutachters heißt es, es stelle sich die Frage, inwieweit die vom Kläger angegebenen Beschwerden mit Belastungsdyspnoe bei geringer Belastung sowie Anstrengungsgefühl auf die stattgehabten Lungenteilresektionen bei Plattenepithelkarzinom im November 1988 links und im November 2003 rechts zurückgeführt werden könnten. Zum Zeitpunkt der Untersuchung hätten beim Aufstehen und Ankleiden sowie beim Sprechen keinerlei anstrengungsbedingte Einschränkungen beobachtet werden können. Die klinische Untersuchung, die Röntgenthoraxuntersuchung sowie die Auswertung der Laborbefunde ließen keine Rückschlüsse auf eine einschränkende infektassoziierte Erkrankung vor. Die lungenfunktionell gemessenen Parameter zeigten eine geringgradige Einschränkung der Vitalkapazität, welche sich durch den beidseitigen Zwerchfellhochstand nach stattgehabter Unterlappenresektion beidseits und/oder das Übergewicht begründen lasse. Der zentrale Atemwiderstand sowie der spezifische zentrale Widerstand seien normal und die totale Lungenkapazität mit gut 90 % im Normbereich. Eine in Ruhe durchgeführte Blutgasanalyse habe einen altersentsprechenden Normalbefund ergeben. Nach einer Gehstrecke von 200 m sei bei diskreter Hyperventilationstendenz eine geringgradige Gasaustauschstörung nachweisbar gewesen. Die im Abstand von 5 und 10 Minuten nach dieser Belastung gemessenen Blutgasanalysenwerte hätten im zeitlich ersten Wert trotz deutlicher Hyperventilation keine Gasaustauschstörung im Sinne einer Hypoxämie ergeben, der nach 10 Minuten gemessene Wert dagegen eine schwergradige respiratorische Insuffizienz bei deutlicher Hyperventilation. Die Differenz beider Messwerte sei objektiv nicht erklärlich.
Es müsse davon ausgegangen werden, dass aufgrund der Reduktion der Gasaustauschfläche postoperativ in Ruhe noch kompensierte Werte vorlägen, die unter Belastung nur durch ausgeprägte Hyperventilation kompensiert werden könnten. Der Kläger selbst benenne Funktionsbeeinträchtigungen bereits bei einer Gehstrecke von 40 m bei langsamem ebenerdigem Gehen. Eine außergewöhnliche Gehbehinderung sei zu bejahen. Begründet werde diese durch die funktionellen Gasaustauschstörungen aufgrund objektiv pathologischer Blutgasparameter unter Belastung und bei glaubhaft geschilderter Atemnot bereits bei leichtester Belastung und deutlicher Einschränkung der 6-Minuten-Gehstrecke. Im Gegensatz zu den versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 25.04.2004 und 29.09.2004 sei jetzt eine schwergradige respiratorische Insuffizienz sowie eine deutliche Einschränkung der Gehstrecke mit belastungsinduzierter weiterer Verschlechterung nachweisbar. Hinzu kämen glaubhaft geschilderte subjektive Beschwerden, die mit den Untersuchungsergebnissen bestätigt werden könnten. Die Voraussetzungen für die Anerkennung des Merkzeichens "aG" seien gegeben.
Dr. W. vom vä Dienst des Beklagten wandte in seiner Stellungnahme vom 14.08.2006 ein, das Gutachten überzeuge aus diversen Gründen nicht. Dass der Kläger eine Gehstrecke von 200 m ohne Beschwerden habe zurücklegen können, spreche gegen die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung. Auch habe die Lungenfunktionsprüfung allenfalls eine geringgradige Einschränkung der Vitalkapazität ergeben. Auch die Blutgasanalyse in Ruhe zeige einen altersentsprechenden Normalbefund. Die nach Belastung gemessenen Blutgaswerte seien nicht erklärlich, daher könne das Vorliegen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung objektiv nicht als nachgewiesen angesehen werden.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 27.10.2006 ab. Es entschied, der Kläger gehöre weder zur Gruppe der explizit aufgezählten Schwerbehinderten mit außergewöhnlicher Gehbehinderung noch sei er diesem Personenkreis gleichzustellen. Das Vorliegen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung beim Kläger könnte nur auf Krankheiten der Inneren Organe, insbesondere der Lunge, zurückgeführt werden. Die Kammer habe sich jedoch nicht die Überzeugung bilden können, dass beim Kläger eine Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades im Sinne der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004 (AHP) vorliege. Zwar bejahe der Gutachter Dr. S. in seinem Gutachten das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG". Der Gutachter stütze diese Folgerung jedoch nicht auf konsistente objektive Befunde, sondern in erster Linie auf eine von ihm als glaubhaft angesehene geschilderte Atemnot bei leichtester Belastung. Da er ausdrücklich angebe, sich die Differenz zwischen objektiv erhobenen Messwerten und den subjektiven Angaben des Klägers nicht erklären zu können, habe sich die Kammer der Schlussfolgerung des Dr. S. nicht anschließen können. Denn Dr. S. habe in seiner Untersuchung sowohl objektive Befunde erhoben, die für eine schwergradige sauerstoffpflichtige respiratorische Insuffizienz sprächen, als auch für einen altersentsprechenden Normalbefund bei einer Gehstrecke von 200 m ohne Gasaustauschstörung, was widersprüchlich sei. Darüber hinaus sehe der Hausarzt des Klägers, Dr. K., die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" gerade als nicht gegeben an. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast gehe die Nichterweislichkeit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung des Klägers zu dessen Lasten.
Gegen das am 10.01.2007 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 22.01.2007 Berufung eingelegt. Er hat vorgetragen, das angefochtene Urteil sei für ihn nicht nachvollziehbar. Die Operation seiner beiden Lungenflügel sei eine nachweisbare Tatsache. Daraus folge notwendigerweise die von ihm geltend gemachte Lungenfunktionseinschränkung. Das Sachverständigengutachten von Dr. S. belege seinen Standpunkt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichtes Freiburg vom 27. Oktober 2006 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 5. April 2004 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 7. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2004 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm das Merkzeichen "aG" zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er hält dem Kläger entgegen, allein die Höhe des GdB reiche für die Feststellung des Merkzeichens "aG" nicht aus. Vielmehr müsse eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades nachgewiesen sein. Voraussetzung hierfür sei Atemnot bereits bei leichtester Belastung oder in Ruhe mit Messwerten der Lungenfunktionsprüfung um mehr als 2/3 unter den Sollwerten. Maßgeblich sei auch nicht die vom Kläger geschilderte Atemnot bei leichtester Belastung, sondern die objektiv vorliegende Beeinträchtigung. Könne der Kläger aber eine Gehstrecke von 200 m im 6-Minuten-Gehtest ohne Sauerstoffinsufflation laufen, spreche dies bereits gegen die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung.
Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden. Sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "aG".
Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind seit dem 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (Artikel 63, 68 des SGB IX vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046). Nach § 69 Abs. 4 SGB IX stellen die Versorgungsämter neben einer Behinderung auch gesundheitliche Merkmale fest, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind. Zu diesen Merkmalen gehört die außergewöhnliche Gehbehinderung, für die in den Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen "aG" einzutragen ist. Der Nachteilsausgleich "aG" steht Schwerbehinderten zu, die außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) oder anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften sind. Die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "aG" befreit den Behinderten von Beschränkungen des Haltens und Parkens im Straßenverkehr und eröffnet ihm besonders gekennzeichnete Parkmöglichkeiten. Darüber hinaus ist er als Halter eines Kraftfahrzeuges von der Kraftfahrzeugsteuer befreit (§ 3a Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz).
Nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift Nr. 11 zu § 46 Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO, vgl. BAnz 2001, Nr. 21, S. 1419, zuletzt geändert am 19.04.2006) sind als Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend aufgeführten Personenkreis gleichzustellen sind.
Nach den AHP, die der Senat im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung anwendet (vgl. BSG 72, 285, 286; BSG SozR 3 - 3870 aaO; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R), sind als Erkrankungen der inneren Organe, die eine solche Gleichstellung rechtfertigen, beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz anzusehen (S. 140), was insoweit einen GdB von mindestens 80 voraussetzt (S. 72). Nach den AHP ist von einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nur dann auszugehen, wenn die Fortbewegung auf das Schwerste eingeschränkt ist (Abschnitt 31 Abs. 4; vgl. auch BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nrn. 11, 18). Der begünstigte Personenkreis ist daher eng zu fassen, weil eine Ausweitung desselben die Verknappung des ortsnahen Parkraums - der im übrigen nicht beliebig vermehrbar ist - nach sich ziehen würde, wodurch dem gesamten begünstigten Personenkreis letztlich eine längere Wegstrecke zugemutet würde (vgl. BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 28). Deshalb ist ein Betroffener der Gruppe der in der Verwaltungsvorschrift beispielhaft aufgeführten schwerbehinderten Menschen nur gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der Vorschrift ausdrücklich aufgeführten Schwerbehinderten oder nur mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Der vollständige Verlust des Gehvermögens ist daher nicht zu fordern. Das Restgehvermögen muss aber so weit eingeschränkt sein, dass es dem Betroffenen unzumutbar ist, längere Wege zu Fuß zurückzulegen (BSG, Urteil vom 10.12.2002 -B 9 SB 7/01 R).
Einen exakten Beurteilungsmaßstab zur Abgrenzung des anspruchsberechtigten Personenkreises nach dem gesteigerten Energieaufwand beim Gehen gibt es nicht. Das BSG hält eine in Metern ausgedrückte Wegstrecke hierfür grundsätzlich nicht für tauglich. Die mögliche Weglänge bis zu den ersten auftretenden Zeichen der Erschöpfung ist aber ein gewichtiges Indiz für die Beurteilung des Restgehvermögens (vgl. BSG vom 10.12.2002 zu einer Gehpause wegen Erschöpfung nach 30 Metern). Aus dem Gebot, den begünstigten Personenkreis eng zu fassen, hat der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. stellvertretend Urteil vom 27.09.2001 - L 6 SB 1340/00 mwN) abgeleitet, dass die Sonderparkplätze in der Nähe von Behörden, anderen öffentlichen Einrichtungen oder Kliniken sowie die Sonderparkrechte vor Wohnungen und Arbeitsstätten denjenigen vorbehalten bleiben sollen, denen nur noch Wegstrecken zumutbar sind, die sie von diesen Sonderparkplätzen aus üblicherweise bis zum Eingang des zu erreichenden Gebäudes zurücklegen können. Solche Wegstrecken in die Eingangsbereiche der betreffenden Gebäude betragen in der Regel unter 100 m (vgl. LSG aaO; ebenso der 11. Senat des LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 19.03.2002 - L 11 SB 942/01).
Nach Nr. 31 der AHP sind als Erkrankungen der inneren Organe, die eine Gleichstellung mit dem in der VwV-StVO genannten Personenkreis rechtfertigen, beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz sowie Krankheiten der Atmungsorgane mit Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades anzusehen. Gemäß Nr. 26.8 der AHP liegt eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades dann vor, wenn Atemnot bereits bei leichtester Belastung oder in Ruhe eintritt, statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung um mehr als 2/3 niedriger sind als die Sollwerte bzw. eine respiratorische Globalinsuffizienz vorliegt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist im Fall des Klägers nicht von einer außergewöhnlichen Gehbehinderung auszugehen, denn seine Lungenfunktionseinschränkung erreicht nicht das geforderte Ausmaß. Dabei stützt sich der Senat bei seiner Beurteilung insbesondere auf die Messergebnisse des Gutachters Dr. S ... Dr. S. bejaht zwar das Vorliegen des Merkmal "aG". Diese Einschätzung ist aber mit den von ihm erhobenen Befunden und den o.g. Grundsätzen zum Ausmaß einer Erkrankung für die Rechtfertigung des Merkzeichens "aG" nicht in Einklang zu bringen, so dass sich der Senat darauf beschränkt, die vom Gutachter erhobenen objektiven Befunde, nicht aber seine Schlussfolgerung einer eigenen Beurteilung des Senats zugrunde zu legen. Der Gutachter hat beim sechs-Minuten-Gehtest ohne Sauerstoffinsufflation eine Gehstrecke von 200 m ohne Beschwerden festgestellt. Allein dieses Untersuchungsergebnis lässt es bereits als erheblich zweifelhaft erscheinen, ob der Kläger dem durch Zuerkennung des Merkzeichens "aG" begünstigten Personenkreis zugeordnet werden kann. Denn er weist damit noch eine Gehstrecke auf, die über die üblicherweise zwischen normalen (Behinderten-)Parkplätzen und dem Ziel eines Besuchs (Geschäft, Restaurant, Behörde) liegende Entfernung hinausgeht. Die Fähigkeit des Behinderten, Wegstrecken über 100 Meter ohne Erholungspausen und Zeichen der Überanstrengung in angemessener Zeit zurücklegen zu können, erachtet der Senat wie oben dargestellt als gewichtiges Indiz für ein anspruchsausschließendes Restgehvermögen, 200 m als doppelt so weite Strecke sind bereits deutlich kein aufs Schwerste eingeschränkter Bewegungsradius mehr. Soweit der Kläger selbst angibt, was der Gutachter Dr. S. trotz Widerspruchs zu seinem eigenen Untersuchungsergebnis kritiklos akzeptiert hat, nur noch 40 m ohne Beschwerden laufen zu können, ist dies durch die beim Gutachter Dr. S. erreichte Gehstrecke eindrucksvoll widerlegt. Der Senat hält es auch nicht für wahrscheinlich, dass der Kläger beim Gutachter eine aufgrund guter Tagesform nur ausnahmsweise gute Wegefähigkeit erreicht hat. Denn der Kläger benennt ein unverändertes Leistungsbild. Dagegen spricht weiter, dass der Kläger beim Aufstehen, Sprechen und Ankleiden keinerlei anstrengungsbedingte Lungeneinschränkungen zeigte und die Lungenfunktionsprüfung nur eine geringgradige Einschränkung der Vitalkapazität ohne obstruktive Lungenfunktionseinschränkung ergab. Die Lungenkapazität des Klägers beträgt ausweislich der Messwerte von Dr. S. gut 90 Prozent und liegt damit im altersentsprechenden Normbereich, die Blutlaboruntersuchung war im wesentlichen unauffällig und Obstruktionszeichen bestanden ebenso wenig wie eine echte Gasaustauschstörung. Damit ist das Erfordernis der Nr. 26.8 der AHP (dauernde Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades dann, wenn Atemnot bereits bei leichtester Belastung oder in Ruhe eintritt, statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung um mehr als 2/3 niedriger sind als die Sollwerte bzw. eine respiratorische Globalinsuffizienz vorliegt) nicht erfüllt. Der Senat schließt sich daher der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. W. vom 14.08.2006 an und hält eine außergewöhnliche Gehbehinderung aufgrund einer schweren Lungenfunktionsstörung nicht für nachgewiesen. Wie bereits das SG hält der Senat die aus den nachvollziehbaren objektiven Messwerten abgeleiteten Schlussfolgerungen des Gutachters Dr. S. nicht für überzeugend, denn dieser hat sich nicht mit der nahe liegenden Frage auseinandergesetzt, inwieweit die Differenz zwischen inspiratorischer und exspiratorischer Vitalkapazität und die im zeitlichen Ablauf "nicht erklärliche" schwergradige Insuffizienz auf mangelnde Mitarbeit oder gar Übertreibung des Klägers in der Untersuchung zurückzuführen sein könnte, was angesichts der festgestellten plötzlichen "deutlichen Hyperventilation" zu diskutieren nahegelegen hätte. Anzunehmen, dass in Ruhe kompensierte Werte vorliegen, die unter Belastung nur noch durch ausgeprägte Hyperventilation zulasten der Atemmuskelpumpe kompensiert werden können, macht angesichts des Zeitablaufs nach Durchführung des Gehtests wenig Sinn: Denn dann hätte während, bei oder sofort nach dem sechsminütigen Gang des Klägers eine respiratorische Insuffizienz erwartet werden müssen, nicht aber erst nach zehn Minuten und später einsetzender Hyperventilation, während vorher normale Atmung und Werte festzustellen waren. Der Senat sieht sich in seiner Einschätzung auch durch das Votum des den Kläger regelmäßig behandelnden Hausarzt Dr. K. bestätigt, der nur eine mittelschwere Ateminsuffizienz diagnostiziert und angibt, der Kläger habe ihm gesagt, er könne "kaum 500 m gehen" und deswegen davon abrät, das Merkzeichen "aG" zuzuerkennen. Ist der Senat aber bereits aufgrund dieser Beweislage nicht davon überzeugt, dass dem Kläger das Merkzeichen "aG" nicht zusteht, kann er es offen lassen, ob die Tatsache, dass der Kläger trotz der von ihm benannten massiven Luftnot weiter in der Lage ist, eine mehrwöchige Auslandsreise anzutreten (Angabe beim SG), weitere Zweifel an seinem Vorbringen rechtfertigt.
Die übrigen Erkrankungen des Klägers wie u.a. erhebliches Übergewicht und eine Kniegelenksarthrose begründen erkennbar keine außergewöhnliche Gehbehinderung, wovon auch die Beteiligten zu Recht ausgehen.
Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG stützt sich die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Streit steht die Zuerkennung des Merkzeichens "aG".
Bei dem 1933 geborenen Kläger wurde auf seinen Erstantrag vom Oktober 1998 mit Bescheid vom 12.01.1999 durch den Beklagten ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 seit dem 02.10.1998 festgestellt. Hierbei wurden eine Schwerhörigkeit beidseits, ein degeneratives Wirbelsäulen- und Gelenkleiden, Osteoporose, eine operierte Lungenerkrankung sowie eine psychovegetative Labilität mit Organbeschwerden zugrunde gelegt. Dem Widerspruch des Klägers half der Beklagte mit Bescheid vom 26.04.1999 teilweise ab und stellte den GdB mit 50 fest. Gleichzeitig lehnte der Beklagte die Zubilligung des Nachteilsausgleichs "G" ab. Der Kläger erhielt seinen Widerspruch aufrecht, um das Merkzeichen "G" zu erhalten. Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.1999 zurückgewiesen. Das Klageverfahren S 6 SB 1890/99 endete mit einem Vergleich, wonach der Beklagte den GdB des Klägers ab dem 02.10.1998 auf 60 festsetzte.
Am 07.03.2004 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB und die Feststellung weiterer gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen. Dabei beantragte er u. a. das Merkzeichen "aG" und gab zur Begründung an, er habe nach operiertem Lungenkrebs am rechten Lungenflügel nunmehr ein nur noch sehr geringes Volumen, leide unter psychovegetativer schwerer Labilität mit Organbeschwerden, Knochen- und Gelenkschmerzen sowie einer starken Kniearthrose. Der Beklagte zog ärztliche Befundunterlagen über den Kläger bei und stellte mit Bescheid vom 05.04.2004 fest, dass der GdB seit dem 07.03.2004 nunmehr 100 betrage. Merkzeichen könnten nicht festgestellt werden, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Die Prüfung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass als Funktionsbeeinträchtigungen ein Teilverlust der Lunge mit Lungenerkrankung, eine Schwerhörigkeit beidseitig, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und Nervenwurzelreizerscheinungen sowie psychovegetative Störungen und funktionelle Organbeschwerden vorlägen. Die vom Kläger geltend gemachte Gonarthrose habe nicht nachgewiesen werden können.
Der Kläger erhob am 20.04.2004 Widerspruch, um die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" zu erreichen. Er benötige eine Ausnahmegenehmigung zur Parkerleichterung, weil ihn wenige Meter Gehweg so anstrengten, dass er sich außer Atem hinsetzen müsse. Der Beklagte zog weitere ärztliche Befundunterlagen über den Kläger bei. In ihrer versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme vom 29.09.2004 kam Dr. L. zu dem Ergebnis, dass die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vertretbar sei, das Merkzeichen "aG" jedoch nicht, weil insoweit keine Vergleichbarkeit bestehe. Nach telefonischer Rücksprache mit dem Hausarzt und Beiziehung weiterer Unterlagen sei die Lage nach wie vor schwer einzuschätzen. Der Kläger habe normale Blutgase und nur gering eingeschränkte Lungenvolumina. Bei ihm liege eine psychische Überlagerung vor.
Mit Teilabhilfebescheid vom 07.10.2004 stellte der Beklagte zur Inanspruchnahme entsprechender Nachteilsausgleiche das Merkzeichen "G" fest. Der Kläger begehrte weiterhin, ihm das Merkzeichen "aG" zuzuerkennen. Sein Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2004 zurückgewiesen. Der Beklagte wies daraufhin, dass erst bei außergewöhnlicher Gehbehinderung das Merkzeichen "aG" anerkannt werden könne. Die Auswertung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass der Kläger dem Kreis der schwerbehinderten Menschen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen könnten, nicht gleichzustellen sei. Eine Einschränkung seiner Lungenfunktion, d. h. eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades mit Atemnot bereits bei leichtester Belastung oder in Ruhe liege beim Kläger nach den vorliegenden Befunden nicht vor. Die ärztlichen Unterlagen ergäben, dass der Kläger normale Blutgase mit nur gering eingeschränktem Lungenvolumen habe. Sein Rollstuhl sei nur bei Spaziergängen dabei. Die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" lasse sich daher nicht begründen.
Dagegen erhob der Kläger am 18. November 2004 Klage zum SG. Er machte geltend, täglich Schmerzmittel in hoher Dosis und Kortison einnehmen zu müssen, um seine starken Schmerzen in der Brust, Engegefühle und Atemnot zu bewältigen. Zum Erreichen seiner Erdgeschosswohnung aus der angebauten Autogarage müsse er sich zwischenzeitlich hinsetzen. Durch seine Lungenkrebserkrankung sowie die dafür vorliegenden diagnostischen Lebenserwartungen sei seine seelische Gesundheit in einem besonderen Maße betroffen. Aufgrund der Schwere seines Leidens sei er dauernd auf fremde Hilfe angewiesen und könne sich nur mit solcher Hilfe und großer Anstrengung außerhalb eines Kraftfahrzeuges bewegen. Schon 50 m Weg zu gehen überanstrenge ihn.
Das SG hörte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen.
Der behandelnde Allgemeinmediziner Dr. K. teilte dem SG unter dem 28.08.2005 mit, er habe die Diagnosen einer mittelschweren Ateminsuffizienz nach Teilverlust beider Lungen, Opiatabhängigkeit, Nephrolithiasis, Schwerhörigkeit beidseits, eines degenerativen Halswirbelsäulensyndroms mit Nervenwurzelreizung, einer psychischen Störung mit Hyperventilation, Pressatmung, Luftschlucken und ständigem subjektivem Gefühl der Atemnot auch in Ruhe sowie einer Kniegelenksarthrose gestellt. Laut Angaben des Patienten könne dieser kaum 500 m gehen, die fachärztlichen Lungenbefunde könnten dies nicht eindeutig belegen. Die Ruheatmung sei fast unauffällig. Beim Kläger liege eine Einschränkung des Gehvermögens vor, bei derzeitigem Kenntnisstand bestehe eine Gehstrecke von 500 m. Bei Gehstrecken bis 500 m bestünden keine erheblichen Schwierigkeiten oder Gefahren, mit Hilfe seien auch weitere Wege möglich. Der Kläger sei aus psychischen Gründen (Hyperventilation, Pressatmung und Angst) nicht in der Lage, eine Gehstrecke von 2 km Weglänge in 30 Minuten zurückzulegen. Die Gehbehinderung sei nicht so schwer, dass der Kläger auf dauernde fremde Hilfe angewiesen sei. Er gehe teilweise allein spazieren. Seines Erachtens lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkmales "aG" nicht vor.
Der Oberarzt der Abteilung Thoraxchirurgie und Facharzt für Innere Medizin sowie Pneumologie Dr. E. vom Universitätsklinikum F. teilte dem SG unter dem 10.11.2005 mit, der Kläger befinde sich bei ihm in der Tumornachsorge wegen eines Plattenepithelkarzinoms des rechten Lungenunterlappens. Bereits im Jahr 1988 sei der Lungenunterlappen linksseitig behandelt worden. Beim Kläger bestehe eine Belastungsdyspnoe. Er habe sporadisch auftretende linksthorakale und atemabhängige Thoraxschmerzen. Eine Evaluation der Belastungsdyspnoe sei nicht möglich, die Angaben beruhten lediglich auf der Anamnese von Seiten des Patienten. Dieser sei auch durch ein Sauerstoffgerät versorgt. Durch die anamnetisch angegebene Belastungsdyspnoe und die Belastung durch das Sauerstoffgerät könne eine Einschränkung des Gehvermögens vermutet werden. Der Kläger habe Überanstrengungen bei körperlicher Aktivität berichtet. Weitere Aussagen könnten ohne Begutachtung nicht getroffen werden.
Beauftragt durch das SG hat der Chefarzt der Lungenfachklinik St. B., Dr. S., am 17.07.2006 ein Gutachten über den Kläger erstattet. In seinem internistisch-pneumologischen Gutachten beschreibt der Gutachter das Ergebnis der Blutgasanalysen und der Bodyplethysmographie. Bezüglich der Lungenfunktion bestehe keine Restriktion, keine Überblähung und keine Obstruktion. Eine objektiv nicht erklärbare Reduktion der Vitalkapazität und damit bedingt der totalen Lungenkapazität ergebe sich durch die Bronchospasmolyse. Zusammenfassend sei am ehesten von mangelnder Mitarbeit auszugehen. Eine echte Gasaustauschstörung könne nicht festgestellt werden. Der 6-Minuten-Gehtest habe ergeben, dass der Kläger eine Gehstrecke von 200 m ohne Beschwerden habe zurücklegen können. Die Blutlaboruntersuchung sei im Wesentlichen unauffällig gewesen. Als Diagnosen werden genannt: Plattenepithel-Karzinom des rechten und linken Lungenunterlappens, Zwerchfellhochstand beidseits, Übergewicht, Nephrolithiasis beidseits 1995, arterielle Hypertonie, Gonarthrose rechts, Cervikobrachialsyndrom rechts betont, Schwerhörigkeit sowie anamnetisch Jodmangelstruma.
In der zusammenfassenden Beurteilung des Gutachters heißt es, es stelle sich die Frage, inwieweit die vom Kläger angegebenen Beschwerden mit Belastungsdyspnoe bei geringer Belastung sowie Anstrengungsgefühl auf die stattgehabten Lungenteilresektionen bei Plattenepithelkarzinom im November 1988 links und im November 2003 rechts zurückgeführt werden könnten. Zum Zeitpunkt der Untersuchung hätten beim Aufstehen und Ankleiden sowie beim Sprechen keinerlei anstrengungsbedingte Einschränkungen beobachtet werden können. Die klinische Untersuchung, die Röntgenthoraxuntersuchung sowie die Auswertung der Laborbefunde ließen keine Rückschlüsse auf eine einschränkende infektassoziierte Erkrankung vor. Die lungenfunktionell gemessenen Parameter zeigten eine geringgradige Einschränkung der Vitalkapazität, welche sich durch den beidseitigen Zwerchfellhochstand nach stattgehabter Unterlappenresektion beidseits und/oder das Übergewicht begründen lasse. Der zentrale Atemwiderstand sowie der spezifische zentrale Widerstand seien normal und die totale Lungenkapazität mit gut 90 % im Normbereich. Eine in Ruhe durchgeführte Blutgasanalyse habe einen altersentsprechenden Normalbefund ergeben. Nach einer Gehstrecke von 200 m sei bei diskreter Hyperventilationstendenz eine geringgradige Gasaustauschstörung nachweisbar gewesen. Die im Abstand von 5 und 10 Minuten nach dieser Belastung gemessenen Blutgasanalysenwerte hätten im zeitlich ersten Wert trotz deutlicher Hyperventilation keine Gasaustauschstörung im Sinne einer Hypoxämie ergeben, der nach 10 Minuten gemessene Wert dagegen eine schwergradige respiratorische Insuffizienz bei deutlicher Hyperventilation. Die Differenz beider Messwerte sei objektiv nicht erklärlich.
Es müsse davon ausgegangen werden, dass aufgrund der Reduktion der Gasaustauschfläche postoperativ in Ruhe noch kompensierte Werte vorlägen, die unter Belastung nur durch ausgeprägte Hyperventilation kompensiert werden könnten. Der Kläger selbst benenne Funktionsbeeinträchtigungen bereits bei einer Gehstrecke von 40 m bei langsamem ebenerdigem Gehen. Eine außergewöhnliche Gehbehinderung sei zu bejahen. Begründet werde diese durch die funktionellen Gasaustauschstörungen aufgrund objektiv pathologischer Blutgasparameter unter Belastung und bei glaubhaft geschilderter Atemnot bereits bei leichtester Belastung und deutlicher Einschränkung der 6-Minuten-Gehstrecke. Im Gegensatz zu den versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 25.04.2004 und 29.09.2004 sei jetzt eine schwergradige respiratorische Insuffizienz sowie eine deutliche Einschränkung der Gehstrecke mit belastungsinduzierter weiterer Verschlechterung nachweisbar. Hinzu kämen glaubhaft geschilderte subjektive Beschwerden, die mit den Untersuchungsergebnissen bestätigt werden könnten. Die Voraussetzungen für die Anerkennung des Merkzeichens "aG" seien gegeben.
Dr. W. vom vä Dienst des Beklagten wandte in seiner Stellungnahme vom 14.08.2006 ein, das Gutachten überzeuge aus diversen Gründen nicht. Dass der Kläger eine Gehstrecke von 200 m ohne Beschwerden habe zurücklegen können, spreche gegen die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung. Auch habe die Lungenfunktionsprüfung allenfalls eine geringgradige Einschränkung der Vitalkapazität ergeben. Auch die Blutgasanalyse in Ruhe zeige einen altersentsprechenden Normalbefund. Die nach Belastung gemessenen Blutgaswerte seien nicht erklärlich, daher könne das Vorliegen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung objektiv nicht als nachgewiesen angesehen werden.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 27.10.2006 ab. Es entschied, der Kläger gehöre weder zur Gruppe der explizit aufgezählten Schwerbehinderten mit außergewöhnlicher Gehbehinderung noch sei er diesem Personenkreis gleichzustellen. Das Vorliegen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung beim Kläger könnte nur auf Krankheiten der Inneren Organe, insbesondere der Lunge, zurückgeführt werden. Die Kammer habe sich jedoch nicht die Überzeugung bilden können, dass beim Kläger eine Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades im Sinne der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004 (AHP) vorliege. Zwar bejahe der Gutachter Dr. S. in seinem Gutachten das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG". Der Gutachter stütze diese Folgerung jedoch nicht auf konsistente objektive Befunde, sondern in erster Linie auf eine von ihm als glaubhaft angesehene geschilderte Atemnot bei leichtester Belastung. Da er ausdrücklich angebe, sich die Differenz zwischen objektiv erhobenen Messwerten und den subjektiven Angaben des Klägers nicht erklären zu können, habe sich die Kammer der Schlussfolgerung des Dr. S. nicht anschließen können. Denn Dr. S. habe in seiner Untersuchung sowohl objektive Befunde erhoben, die für eine schwergradige sauerstoffpflichtige respiratorische Insuffizienz sprächen, als auch für einen altersentsprechenden Normalbefund bei einer Gehstrecke von 200 m ohne Gasaustauschstörung, was widersprüchlich sei. Darüber hinaus sehe der Hausarzt des Klägers, Dr. K., die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" gerade als nicht gegeben an. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast gehe die Nichterweislichkeit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung des Klägers zu dessen Lasten.
Gegen das am 10.01.2007 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 22.01.2007 Berufung eingelegt. Er hat vorgetragen, das angefochtene Urteil sei für ihn nicht nachvollziehbar. Die Operation seiner beiden Lungenflügel sei eine nachweisbare Tatsache. Daraus folge notwendigerweise die von ihm geltend gemachte Lungenfunktionseinschränkung. Das Sachverständigengutachten von Dr. S. belege seinen Standpunkt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichtes Freiburg vom 27. Oktober 2006 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 5. April 2004 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 7. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2004 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm das Merkzeichen "aG" zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er hält dem Kläger entgegen, allein die Höhe des GdB reiche für die Feststellung des Merkzeichens "aG" nicht aus. Vielmehr müsse eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades nachgewiesen sein. Voraussetzung hierfür sei Atemnot bereits bei leichtester Belastung oder in Ruhe mit Messwerten der Lungenfunktionsprüfung um mehr als 2/3 unter den Sollwerten. Maßgeblich sei auch nicht die vom Kläger geschilderte Atemnot bei leichtester Belastung, sondern die objektiv vorliegende Beeinträchtigung. Könne der Kläger aber eine Gehstrecke von 200 m im 6-Minuten-Gehtest ohne Sauerstoffinsufflation laufen, spreche dies bereits gegen die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung.
Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden. Sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "aG".
Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind seit dem 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (Artikel 63, 68 des SGB IX vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046). Nach § 69 Abs. 4 SGB IX stellen die Versorgungsämter neben einer Behinderung auch gesundheitliche Merkmale fest, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind. Zu diesen Merkmalen gehört die außergewöhnliche Gehbehinderung, für die in den Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen "aG" einzutragen ist. Der Nachteilsausgleich "aG" steht Schwerbehinderten zu, die außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) oder anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften sind. Die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "aG" befreit den Behinderten von Beschränkungen des Haltens und Parkens im Straßenverkehr und eröffnet ihm besonders gekennzeichnete Parkmöglichkeiten. Darüber hinaus ist er als Halter eines Kraftfahrzeuges von der Kraftfahrzeugsteuer befreit (§ 3a Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz).
Nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift Nr. 11 zu § 46 Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO, vgl. BAnz 2001, Nr. 21, S. 1419, zuletzt geändert am 19.04.2006) sind als Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend aufgeführten Personenkreis gleichzustellen sind.
Nach den AHP, die der Senat im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung anwendet (vgl. BSG 72, 285, 286; BSG SozR 3 - 3870 aaO; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R), sind als Erkrankungen der inneren Organe, die eine solche Gleichstellung rechtfertigen, beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz anzusehen (S. 140), was insoweit einen GdB von mindestens 80 voraussetzt (S. 72). Nach den AHP ist von einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nur dann auszugehen, wenn die Fortbewegung auf das Schwerste eingeschränkt ist (Abschnitt 31 Abs. 4; vgl. auch BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nrn. 11, 18). Der begünstigte Personenkreis ist daher eng zu fassen, weil eine Ausweitung desselben die Verknappung des ortsnahen Parkraums - der im übrigen nicht beliebig vermehrbar ist - nach sich ziehen würde, wodurch dem gesamten begünstigten Personenkreis letztlich eine längere Wegstrecke zugemutet würde (vgl. BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 28). Deshalb ist ein Betroffener der Gruppe der in der Verwaltungsvorschrift beispielhaft aufgeführten schwerbehinderten Menschen nur gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der Vorschrift ausdrücklich aufgeführten Schwerbehinderten oder nur mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Der vollständige Verlust des Gehvermögens ist daher nicht zu fordern. Das Restgehvermögen muss aber so weit eingeschränkt sein, dass es dem Betroffenen unzumutbar ist, längere Wege zu Fuß zurückzulegen (BSG, Urteil vom 10.12.2002 -B 9 SB 7/01 R).
Einen exakten Beurteilungsmaßstab zur Abgrenzung des anspruchsberechtigten Personenkreises nach dem gesteigerten Energieaufwand beim Gehen gibt es nicht. Das BSG hält eine in Metern ausgedrückte Wegstrecke hierfür grundsätzlich nicht für tauglich. Die mögliche Weglänge bis zu den ersten auftretenden Zeichen der Erschöpfung ist aber ein gewichtiges Indiz für die Beurteilung des Restgehvermögens (vgl. BSG vom 10.12.2002 zu einer Gehpause wegen Erschöpfung nach 30 Metern). Aus dem Gebot, den begünstigten Personenkreis eng zu fassen, hat der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. stellvertretend Urteil vom 27.09.2001 - L 6 SB 1340/00 mwN) abgeleitet, dass die Sonderparkplätze in der Nähe von Behörden, anderen öffentlichen Einrichtungen oder Kliniken sowie die Sonderparkrechte vor Wohnungen und Arbeitsstätten denjenigen vorbehalten bleiben sollen, denen nur noch Wegstrecken zumutbar sind, die sie von diesen Sonderparkplätzen aus üblicherweise bis zum Eingang des zu erreichenden Gebäudes zurücklegen können. Solche Wegstrecken in die Eingangsbereiche der betreffenden Gebäude betragen in der Regel unter 100 m (vgl. LSG aaO; ebenso der 11. Senat des LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 19.03.2002 - L 11 SB 942/01).
Nach Nr. 31 der AHP sind als Erkrankungen der inneren Organe, die eine Gleichstellung mit dem in der VwV-StVO genannten Personenkreis rechtfertigen, beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz sowie Krankheiten der Atmungsorgane mit Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades anzusehen. Gemäß Nr. 26.8 der AHP liegt eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades dann vor, wenn Atemnot bereits bei leichtester Belastung oder in Ruhe eintritt, statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung um mehr als 2/3 niedriger sind als die Sollwerte bzw. eine respiratorische Globalinsuffizienz vorliegt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist im Fall des Klägers nicht von einer außergewöhnlichen Gehbehinderung auszugehen, denn seine Lungenfunktionseinschränkung erreicht nicht das geforderte Ausmaß. Dabei stützt sich der Senat bei seiner Beurteilung insbesondere auf die Messergebnisse des Gutachters Dr. S ... Dr. S. bejaht zwar das Vorliegen des Merkmal "aG". Diese Einschätzung ist aber mit den von ihm erhobenen Befunden und den o.g. Grundsätzen zum Ausmaß einer Erkrankung für die Rechtfertigung des Merkzeichens "aG" nicht in Einklang zu bringen, so dass sich der Senat darauf beschränkt, die vom Gutachter erhobenen objektiven Befunde, nicht aber seine Schlussfolgerung einer eigenen Beurteilung des Senats zugrunde zu legen. Der Gutachter hat beim sechs-Minuten-Gehtest ohne Sauerstoffinsufflation eine Gehstrecke von 200 m ohne Beschwerden festgestellt. Allein dieses Untersuchungsergebnis lässt es bereits als erheblich zweifelhaft erscheinen, ob der Kläger dem durch Zuerkennung des Merkzeichens "aG" begünstigten Personenkreis zugeordnet werden kann. Denn er weist damit noch eine Gehstrecke auf, die über die üblicherweise zwischen normalen (Behinderten-)Parkplätzen und dem Ziel eines Besuchs (Geschäft, Restaurant, Behörde) liegende Entfernung hinausgeht. Die Fähigkeit des Behinderten, Wegstrecken über 100 Meter ohne Erholungspausen und Zeichen der Überanstrengung in angemessener Zeit zurücklegen zu können, erachtet der Senat wie oben dargestellt als gewichtiges Indiz für ein anspruchsausschließendes Restgehvermögen, 200 m als doppelt so weite Strecke sind bereits deutlich kein aufs Schwerste eingeschränkter Bewegungsradius mehr. Soweit der Kläger selbst angibt, was der Gutachter Dr. S. trotz Widerspruchs zu seinem eigenen Untersuchungsergebnis kritiklos akzeptiert hat, nur noch 40 m ohne Beschwerden laufen zu können, ist dies durch die beim Gutachter Dr. S. erreichte Gehstrecke eindrucksvoll widerlegt. Der Senat hält es auch nicht für wahrscheinlich, dass der Kläger beim Gutachter eine aufgrund guter Tagesform nur ausnahmsweise gute Wegefähigkeit erreicht hat. Denn der Kläger benennt ein unverändertes Leistungsbild. Dagegen spricht weiter, dass der Kläger beim Aufstehen, Sprechen und Ankleiden keinerlei anstrengungsbedingte Lungeneinschränkungen zeigte und die Lungenfunktionsprüfung nur eine geringgradige Einschränkung der Vitalkapazität ohne obstruktive Lungenfunktionseinschränkung ergab. Die Lungenkapazität des Klägers beträgt ausweislich der Messwerte von Dr. S. gut 90 Prozent und liegt damit im altersentsprechenden Normbereich, die Blutlaboruntersuchung war im wesentlichen unauffällig und Obstruktionszeichen bestanden ebenso wenig wie eine echte Gasaustauschstörung. Damit ist das Erfordernis der Nr. 26.8 der AHP (dauernde Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades dann, wenn Atemnot bereits bei leichtester Belastung oder in Ruhe eintritt, statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung um mehr als 2/3 niedriger sind als die Sollwerte bzw. eine respiratorische Globalinsuffizienz vorliegt) nicht erfüllt. Der Senat schließt sich daher der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. W. vom 14.08.2006 an und hält eine außergewöhnliche Gehbehinderung aufgrund einer schweren Lungenfunktionsstörung nicht für nachgewiesen. Wie bereits das SG hält der Senat die aus den nachvollziehbaren objektiven Messwerten abgeleiteten Schlussfolgerungen des Gutachters Dr. S. nicht für überzeugend, denn dieser hat sich nicht mit der nahe liegenden Frage auseinandergesetzt, inwieweit die Differenz zwischen inspiratorischer und exspiratorischer Vitalkapazität und die im zeitlichen Ablauf "nicht erklärliche" schwergradige Insuffizienz auf mangelnde Mitarbeit oder gar Übertreibung des Klägers in der Untersuchung zurückzuführen sein könnte, was angesichts der festgestellten plötzlichen "deutlichen Hyperventilation" zu diskutieren nahegelegen hätte. Anzunehmen, dass in Ruhe kompensierte Werte vorliegen, die unter Belastung nur noch durch ausgeprägte Hyperventilation zulasten der Atemmuskelpumpe kompensiert werden können, macht angesichts des Zeitablaufs nach Durchführung des Gehtests wenig Sinn: Denn dann hätte während, bei oder sofort nach dem sechsminütigen Gang des Klägers eine respiratorische Insuffizienz erwartet werden müssen, nicht aber erst nach zehn Minuten und später einsetzender Hyperventilation, während vorher normale Atmung und Werte festzustellen waren. Der Senat sieht sich in seiner Einschätzung auch durch das Votum des den Kläger regelmäßig behandelnden Hausarzt Dr. K. bestätigt, der nur eine mittelschwere Ateminsuffizienz diagnostiziert und angibt, der Kläger habe ihm gesagt, er könne "kaum 500 m gehen" und deswegen davon abrät, das Merkzeichen "aG" zuzuerkennen. Ist der Senat aber bereits aufgrund dieser Beweislage nicht davon überzeugt, dass dem Kläger das Merkzeichen "aG" nicht zusteht, kann er es offen lassen, ob die Tatsache, dass der Kläger trotz der von ihm benannten massiven Luftnot weiter in der Lage ist, eine mehrwöchige Auslandsreise anzutreten (Angabe beim SG), weitere Zweifel an seinem Vorbringen rechtfertigt.
Die übrigen Erkrankungen des Klägers wie u.a. erhebliches Übergewicht und eine Kniegelenksarthrose begründen erkennbar keine außergewöhnliche Gehbehinderung, wovon auch die Beteiligten zu Recht ausgehen.
Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG stützt sich die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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