Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SB 4174/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 5576/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Grad der Behinderung (GdB) des Klägers.
Bei dem 1944 geborenen Kläger wurde mit Bescheid vom 10.08.1989 erstmals ein GdB von 30 wegen chronisch rezidivierender Magengeschwüre, einer chronischen Bronchitis sowie den Folgen einer Schulterblatthalsfraktur festgestellt.
Mit Bescheid vom 15.03.1993 stellte das Versorgungsamt Stuttgart (VA) einen GdB von 40 unter Berücksichtigung einer Wirbelsäulenfehlhaltung nach Morbus Scheuermann und degenerativer Veränderungen der Kniegelenke fest.
In der Folgezeit beantragte der Kläger mehrfach die Erhöhung des GdB und machte weitere Behinderungen geltend. Nachdem das VA die Feststellung eines höheren GdB wiederholt abgelehnt hatte, stellte es mit Abhilfebescheid vom 04.04.2001 im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens den GdB seit 04.10.1999 mit 50 fest. Dem Bescheid lagen u. a. der Befundbericht von Dr. S. vom 23.10.2000 (ausgeprägte Erschöpfungsdepression), der Arztbrief der Klinik S. vom 20.09.2000 (hochgradiges, obstruktives Schlafapnoe-Syndrom) sowie die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme vom 13.11.2000 zugrunde. Folgende Funktionseinschränkungen wurden berücksichtigt (Teil-GdB nach der vä Stellungnahme in Klammern):
1. chronisch rezidivierende Magengeschwüre (20) 2. chronische Bronchitis (10) 3. Folgen der Schulterblattfraktur rechts (10) 4. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Reizerscheinungen, Wirbelsäulenfehlhaltung nach Morbus Scheuermann (20) 5. Degenerative Veränderungen der Kniegelenke (20) 6. Hochtonhörminderung (10) 7. Depressionen (30) 8. Schlafapnoe-Syndrom (20)
Am 22.10.2001 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB sowie die Zuerkennung des Merkzeichens "G".
Das VA holte den Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin D. vom 07.12.2001 ein, der darin ausführte, die Voraussetzungen für das Merkzeichen G seien nicht gegeben. Im Übrigen verwies er auf die fachärztliche Behandlung des Klägers. Dr. S. teilte auf Anfrage der Beklagten mit, der Kläger sei dort seit der letzten Befunderstellung nicht in Behandlung gewesen. Dr. L. vertrat in der vä Stellungnahme vom 25.05.2002 die Auffassung, der Teil-GdB für die Depression betrage nur noch 20, der Gesamt-GdB lediglich 30.
Nach Anhörung des Klägers lehnte das VA mit Bescheid vom 21.11.2002 den Antrag auf eine höhere Bewertung des GdB und Feststellung des Merkzeichens G ab und stellte den GdB unter Aufhebung des Bescheides vom 04.04.2001 gem. § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) ab 28.11.2002 nur noch mit 30 fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, die bisher berücksichtigte Funktionsbeeinträchtigung "Depression" habe sich gebessert.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 02.12.2002 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, allein aufgrund der eingeschränkten körperlichen Beweglichkeit fühle er sich immer mehr auch im Alltag, insbesondere im beruflichen Umfeld beeinträchtigt. Erschwerend komme die Depression hinzu. Er sei auch wegen eines Augenleidens in ständiger augenärztlicher Behandlung. Das VA holte daraufhin Befundberichte auf HNO-ärztlichem, augenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet sowie die vä Stellungnahme von Dr. G. vom 17.03.2003 ein. Auf dieser Grundlage stellte es mit Teilabhilfebescheid vom 15.05.2003 den GdB mit 40 fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2003 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers im Übrigen zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 07.08.2003 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) mit der Begründung, die Depression habe sich nicht gebessert. Im Übrigen sei der Gesamt-GdB fehlerhaft gebildet worden.
Das SG hat zunächst den behandelnden Psychiater Dr. S. als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser teilte unter dem 12.02.2004 mit, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich seit 10/99 nicht wesentlich geändert. Er leide unter einer schweren Erschöpfungsdepression mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten. Eine "MdE von 60 %" sei gerechtfertigt. Ergänzend teilte er unter dem 28.05.2004 einzelne Behandlungstermine mit und führte aus, es seien mehrere Behandlungsversuche mit Antidepressiva durchgeführt worden, was jedoch zu keiner Besserung geführt habe.
Mit Anerkenntnis vom 13.08.2004 erklärte sich der Beklagte bereit, den Grad der Behinderung über den 27.11.2002 mit 50 festzustellen.
Der Kläger nahm das Anerkenntnis nicht an, sondern begehrte nunmehr die Feststellung eines GdB in Höhe von mindestens 70.
Das SG holte daraufhin noch folgende sachverständige Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers ein:
- Auskunft von Dr. D. (Internist) vom 29.09.2004 - Auskunft von Dr. Bednarek (Orthopäde) vom 11.10.2004 - Auskunft von Dr. Z. (Orthopäde) vom 28.10.2004 - Auskunft des Facharztes für Lungen- und Bronchialheilkunde K. vom 27.10.2004
Der Beklagte legte hierzu die vä Stellungnahme von Dr. B. vom 11.02.2005 vor. Danach ergibt sich aus den von den behandelnden Ärzten mitgeteilten Befunden kein höherer GdB.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.10.2005 nahm der Kläger das Anerkenntnis vom 13.08.2004 zur teilweisen Erledigung des Rechtsstreits an. Die darüber hinaus gehende Klage auf Feststellung eines GdB von 70 "über den 28.11.2002 hinaus" wies das SG mit Urteil vom selben Tag ab.
Gegen das am 06.12.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.12.2005 Berufung eingelegt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. F. vom 05.07.2006. Dieser kam zu der Beurteilung, der Kläger leide unter einer sonstigen anhaltenden affektiven Störung (ICD-10: F 34.8). Es handle sich um eine leichtere psychovegetative oder psychische Störung, die nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht, Stand 2004 (AP) mit einem GdB von 20 ausreichend bewertet sei. Weiterhin liege ein schädlicher Gebrauch von Tabak (F 17.1) vor, der allerdings noch keinen Einzel-GdB von mindestens 10 bedinge. Dr. F. empfahl, an dem Gesamt-GdB von 50 festzuhalten.
Der Kläger macht geltend, das Urteil des SG halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das SG sei ohne ausreichende Tatsachenermittlungen davon ausgegangen, dass eine wesentliche Verschlechterung der für den GdB relevanten Funktionsbeeinträchtigungen - insbesondere auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet - nicht eingetreten sei.
Da in keiner der maßgeblichen sachverständigen Zeugenaussagen ausreichende Befunderhebungen enthalten seien, sei zur Feststellung der Einzel-GdB auch auf orthopädischem Fachgebiet eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch Einholung eines Gutachtens nötig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.10.2005 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 21.11.2002 und Abänderung des Bescheides vom 15.05.2003 - jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2003 - und des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 13.08.2004 zu verurteilen, den GdB bei dem Kläger ab 28.11.2002 mit mindestens 70 festzustellen, hilfsweise von Amts wegen ein orthopädisches Gutachten einzuholen zum Beweis dafür, dass zum einen seit der letzten Feststellung zur Funktionsbehinderung der Wirbelsäule am 04.04.2001 die Funktionsbehinderungen von Seiten der Wirbelsäule erheblich zugenommen haben und nunmehr schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen, die nunmehr einen Einzel-GdB von mindestens 40 bedingen, zum anderen zum Beweis dafür, dass die bei dem Kläger vorliegenden Kniegelenksbeschwerden in beiden Knien mit erheblichen Reizerscheinungen Bewegungseinschränkungen bedingen, und mit einem Einzel-GdB von mindestens 40 zu bewerten sind.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 50.
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften zutreffend und umfassend dargestellt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an (§ 153 Abs. 2 SGG). Ebenso wird auf die Ausführungen über die Heranziehung der AP und zur Bewertung der einzelnen Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrads der Behinderung Bezug genommen.
Ebenso wie das SG ist auch der Senat davon überzeugt, dass sich in Bezug auf die bestehenden Funktionseinschränkungen aus den eingeholten Arztauskünften keine wesentliche Verschlechterung ergibt, die insgesamt einen höheren GdB als 50 rechtfertigen würde. Auch insoweit wird auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des SG Bezug genommen.
Diese Auffassung wird durch das Gutachten von Dr. F. in vollem Umfang bestätigt. Aus dessen allgemeinen Ausführungen ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die Funktionseinschränkungen auf den verschiedenen Fachgebieten verschlechtert haben. Weiterhin wird durch das Gutachten nachgewiesen, dass die beim Kläger vorliegende psychische Störung nicht so schwerwiegend ist, wie dies der behandelnde Psychiater Dr. S. dargestellt hat. Der Kläger arbeitet nach wie vor bei der Firma D.-C. als Montagearbeiter in Zweischicht und im Einzelakkord. Außer einer Affektlabilität konnte Dr. F. keine typischen depressiven Symptome, insbesondere keine Unfähigkeit, sich einer Sache zu erfreuen und keine kognitive bzw. mnestische Störung feststellen. Demzufolge führt er aus, die beim Kläger vorliegende Depressivität sei nicht ausreichend schwer genug, um sie diagnostisch einer Dysthymia oder Zyklothymia zuzuordnen. Es handle sich vielmehr um eine sonstige anhaltende affektive Störung. Weiter führt er für den Senat überzeugend aus, dass die vorliegende psychische Störung aufgrund der Beschwerdeschilderung noch keine "stärker behindernde Störung", die einen GdB von 30 nach den AP rechtfertigen würde, darstellt.
Für den Senat steht damit fest, dass ein Teil-GdB von 30 für die depressive bzw. affektive Störung nicht angemessen ist. Allerdings ist wohl davon auszugehen, dass keine Besserung der von Dr. S. seit 1999 gelegentlich behandelten psychischen Störung vorliegt. Vielmehr beurteilt Dr. F. die beim Kläger seit Jahren vorliegende psychische Störung anders als der behandelnde Psychiater Dr. S ... Für die Beurteilung von Dr. F. spricht nach Überzeugung des Senats, dass der Kläger nur gelegentlich bei Dr. S. in Behandlung ist ( in der Auskunft an das SG vom 28.05.04 gibt Dr. S. ca. 2 Behandlungstermine pro Jahr an) und dass eine regelmäßige antidepressive medikamentöse Behandlung nicht erfolgt. Der Kläger hat bei der Untersuchung durch Dr. F. insoweit lediglich die regelmäßige Einnahme von Medikamenten gegen Schlafstörungen angegeben.
Da eine Besserung der Depression nicht nachgewiesen werden kann, war der Beklagte nicht berechtigt, den GdB von 50 auf 30 herabzusetzen. Dies wurde jedoch bereits durch das in erster Instanz abgegebene Anerkenntnis korrigiert.
Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag des Klägers war nicht stattzugeben. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ist auch hinsichtlich der Funktionseinschränkungen, die dem orthopädischen Fachgebiet zuzurechnen sind, durch die schriftliche Anhörung der behandelnden Orthopäden Dr. Z. und Dr. B., deren Auskünfte durch Dr. B. in der gem. § 128 Abs. 1 SGG als qualifizierter Parteivortrag gewürdigten vä Stellungnahme vom 11.02.2005 ausgewertet worden sind, hinreichend geklärt. Insbesondere Dr. B. hat die maßgeblichen Befunde von Seiten der Wirbelsäule und der Kniegelenke geschildert und sich mit deren Bewertung durch den Beklagten ausdrücklich einverstanden erklärt.
Dr. F. hat ferner bei der Erhebung des körperlich-neurologischen Befundes keine Bewegungseinschränkung beschrieben, die auf eine wesentliche Verschlechterung der orthopädischen Befunde hinweisen würden.
Hinzu kommt, dass selbst eine höhere Bewertung der Wirbelsäulen- und Kniegelenksveränderungen nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB führen würde, da für die psychische Störung lediglich ein GdB in Höhe von 20 angemessen ist.
Die Berufung war aus den genannten Gründen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Grad der Behinderung (GdB) des Klägers.
Bei dem 1944 geborenen Kläger wurde mit Bescheid vom 10.08.1989 erstmals ein GdB von 30 wegen chronisch rezidivierender Magengeschwüre, einer chronischen Bronchitis sowie den Folgen einer Schulterblatthalsfraktur festgestellt.
Mit Bescheid vom 15.03.1993 stellte das Versorgungsamt Stuttgart (VA) einen GdB von 40 unter Berücksichtigung einer Wirbelsäulenfehlhaltung nach Morbus Scheuermann und degenerativer Veränderungen der Kniegelenke fest.
In der Folgezeit beantragte der Kläger mehrfach die Erhöhung des GdB und machte weitere Behinderungen geltend. Nachdem das VA die Feststellung eines höheren GdB wiederholt abgelehnt hatte, stellte es mit Abhilfebescheid vom 04.04.2001 im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens den GdB seit 04.10.1999 mit 50 fest. Dem Bescheid lagen u. a. der Befundbericht von Dr. S. vom 23.10.2000 (ausgeprägte Erschöpfungsdepression), der Arztbrief der Klinik S. vom 20.09.2000 (hochgradiges, obstruktives Schlafapnoe-Syndrom) sowie die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme vom 13.11.2000 zugrunde. Folgende Funktionseinschränkungen wurden berücksichtigt (Teil-GdB nach der vä Stellungnahme in Klammern):
1. chronisch rezidivierende Magengeschwüre (20) 2. chronische Bronchitis (10) 3. Folgen der Schulterblattfraktur rechts (10) 4. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Reizerscheinungen, Wirbelsäulenfehlhaltung nach Morbus Scheuermann (20) 5. Degenerative Veränderungen der Kniegelenke (20) 6. Hochtonhörminderung (10) 7. Depressionen (30) 8. Schlafapnoe-Syndrom (20)
Am 22.10.2001 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB sowie die Zuerkennung des Merkzeichens "G".
Das VA holte den Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin D. vom 07.12.2001 ein, der darin ausführte, die Voraussetzungen für das Merkzeichen G seien nicht gegeben. Im Übrigen verwies er auf die fachärztliche Behandlung des Klägers. Dr. S. teilte auf Anfrage der Beklagten mit, der Kläger sei dort seit der letzten Befunderstellung nicht in Behandlung gewesen. Dr. L. vertrat in der vä Stellungnahme vom 25.05.2002 die Auffassung, der Teil-GdB für die Depression betrage nur noch 20, der Gesamt-GdB lediglich 30.
Nach Anhörung des Klägers lehnte das VA mit Bescheid vom 21.11.2002 den Antrag auf eine höhere Bewertung des GdB und Feststellung des Merkzeichens G ab und stellte den GdB unter Aufhebung des Bescheides vom 04.04.2001 gem. § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) ab 28.11.2002 nur noch mit 30 fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, die bisher berücksichtigte Funktionsbeeinträchtigung "Depression" habe sich gebessert.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 02.12.2002 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, allein aufgrund der eingeschränkten körperlichen Beweglichkeit fühle er sich immer mehr auch im Alltag, insbesondere im beruflichen Umfeld beeinträchtigt. Erschwerend komme die Depression hinzu. Er sei auch wegen eines Augenleidens in ständiger augenärztlicher Behandlung. Das VA holte daraufhin Befundberichte auf HNO-ärztlichem, augenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet sowie die vä Stellungnahme von Dr. G. vom 17.03.2003 ein. Auf dieser Grundlage stellte es mit Teilabhilfebescheid vom 15.05.2003 den GdB mit 40 fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2003 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers im Übrigen zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 07.08.2003 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) mit der Begründung, die Depression habe sich nicht gebessert. Im Übrigen sei der Gesamt-GdB fehlerhaft gebildet worden.
Das SG hat zunächst den behandelnden Psychiater Dr. S. als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser teilte unter dem 12.02.2004 mit, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich seit 10/99 nicht wesentlich geändert. Er leide unter einer schweren Erschöpfungsdepression mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten. Eine "MdE von 60 %" sei gerechtfertigt. Ergänzend teilte er unter dem 28.05.2004 einzelne Behandlungstermine mit und führte aus, es seien mehrere Behandlungsversuche mit Antidepressiva durchgeführt worden, was jedoch zu keiner Besserung geführt habe.
Mit Anerkenntnis vom 13.08.2004 erklärte sich der Beklagte bereit, den Grad der Behinderung über den 27.11.2002 mit 50 festzustellen.
Der Kläger nahm das Anerkenntnis nicht an, sondern begehrte nunmehr die Feststellung eines GdB in Höhe von mindestens 70.
Das SG holte daraufhin noch folgende sachverständige Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers ein:
- Auskunft von Dr. D. (Internist) vom 29.09.2004 - Auskunft von Dr. Bednarek (Orthopäde) vom 11.10.2004 - Auskunft von Dr. Z. (Orthopäde) vom 28.10.2004 - Auskunft des Facharztes für Lungen- und Bronchialheilkunde K. vom 27.10.2004
Der Beklagte legte hierzu die vä Stellungnahme von Dr. B. vom 11.02.2005 vor. Danach ergibt sich aus den von den behandelnden Ärzten mitgeteilten Befunden kein höherer GdB.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.10.2005 nahm der Kläger das Anerkenntnis vom 13.08.2004 zur teilweisen Erledigung des Rechtsstreits an. Die darüber hinaus gehende Klage auf Feststellung eines GdB von 70 "über den 28.11.2002 hinaus" wies das SG mit Urteil vom selben Tag ab.
Gegen das am 06.12.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.12.2005 Berufung eingelegt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. F. vom 05.07.2006. Dieser kam zu der Beurteilung, der Kläger leide unter einer sonstigen anhaltenden affektiven Störung (ICD-10: F 34.8). Es handle sich um eine leichtere psychovegetative oder psychische Störung, die nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht, Stand 2004 (AP) mit einem GdB von 20 ausreichend bewertet sei. Weiterhin liege ein schädlicher Gebrauch von Tabak (F 17.1) vor, der allerdings noch keinen Einzel-GdB von mindestens 10 bedinge. Dr. F. empfahl, an dem Gesamt-GdB von 50 festzuhalten.
Der Kläger macht geltend, das Urteil des SG halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das SG sei ohne ausreichende Tatsachenermittlungen davon ausgegangen, dass eine wesentliche Verschlechterung der für den GdB relevanten Funktionsbeeinträchtigungen - insbesondere auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet - nicht eingetreten sei.
Da in keiner der maßgeblichen sachverständigen Zeugenaussagen ausreichende Befunderhebungen enthalten seien, sei zur Feststellung der Einzel-GdB auch auf orthopädischem Fachgebiet eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch Einholung eines Gutachtens nötig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.10.2005 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 21.11.2002 und Abänderung des Bescheides vom 15.05.2003 - jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2003 - und des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 13.08.2004 zu verurteilen, den GdB bei dem Kläger ab 28.11.2002 mit mindestens 70 festzustellen, hilfsweise von Amts wegen ein orthopädisches Gutachten einzuholen zum Beweis dafür, dass zum einen seit der letzten Feststellung zur Funktionsbehinderung der Wirbelsäule am 04.04.2001 die Funktionsbehinderungen von Seiten der Wirbelsäule erheblich zugenommen haben und nunmehr schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen, die nunmehr einen Einzel-GdB von mindestens 40 bedingen, zum anderen zum Beweis dafür, dass die bei dem Kläger vorliegenden Kniegelenksbeschwerden in beiden Knien mit erheblichen Reizerscheinungen Bewegungseinschränkungen bedingen, und mit einem Einzel-GdB von mindestens 40 zu bewerten sind.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 50.
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften zutreffend und umfassend dargestellt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an (§ 153 Abs. 2 SGG). Ebenso wird auf die Ausführungen über die Heranziehung der AP und zur Bewertung der einzelnen Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrads der Behinderung Bezug genommen.
Ebenso wie das SG ist auch der Senat davon überzeugt, dass sich in Bezug auf die bestehenden Funktionseinschränkungen aus den eingeholten Arztauskünften keine wesentliche Verschlechterung ergibt, die insgesamt einen höheren GdB als 50 rechtfertigen würde. Auch insoweit wird auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des SG Bezug genommen.
Diese Auffassung wird durch das Gutachten von Dr. F. in vollem Umfang bestätigt. Aus dessen allgemeinen Ausführungen ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die Funktionseinschränkungen auf den verschiedenen Fachgebieten verschlechtert haben. Weiterhin wird durch das Gutachten nachgewiesen, dass die beim Kläger vorliegende psychische Störung nicht so schwerwiegend ist, wie dies der behandelnde Psychiater Dr. S. dargestellt hat. Der Kläger arbeitet nach wie vor bei der Firma D.-C. als Montagearbeiter in Zweischicht und im Einzelakkord. Außer einer Affektlabilität konnte Dr. F. keine typischen depressiven Symptome, insbesondere keine Unfähigkeit, sich einer Sache zu erfreuen und keine kognitive bzw. mnestische Störung feststellen. Demzufolge führt er aus, die beim Kläger vorliegende Depressivität sei nicht ausreichend schwer genug, um sie diagnostisch einer Dysthymia oder Zyklothymia zuzuordnen. Es handle sich vielmehr um eine sonstige anhaltende affektive Störung. Weiter führt er für den Senat überzeugend aus, dass die vorliegende psychische Störung aufgrund der Beschwerdeschilderung noch keine "stärker behindernde Störung", die einen GdB von 30 nach den AP rechtfertigen würde, darstellt.
Für den Senat steht damit fest, dass ein Teil-GdB von 30 für die depressive bzw. affektive Störung nicht angemessen ist. Allerdings ist wohl davon auszugehen, dass keine Besserung der von Dr. S. seit 1999 gelegentlich behandelten psychischen Störung vorliegt. Vielmehr beurteilt Dr. F. die beim Kläger seit Jahren vorliegende psychische Störung anders als der behandelnde Psychiater Dr. S ... Für die Beurteilung von Dr. F. spricht nach Überzeugung des Senats, dass der Kläger nur gelegentlich bei Dr. S. in Behandlung ist ( in der Auskunft an das SG vom 28.05.04 gibt Dr. S. ca. 2 Behandlungstermine pro Jahr an) und dass eine regelmäßige antidepressive medikamentöse Behandlung nicht erfolgt. Der Kläger hat bei der Untersuchung durch Dr. F. insoweit lediglich die regelmäßige Einnahme von Medikamenten gegen Schlafstörungen angegeben.
Da eine Besserung der Depression nicht nachgewiesen werden kann, war der Beklagte nicht berechtigt, den GdB von 50 auf 30 herabzusetzen. Dies wurde jedoch bereits durch das in erster Instanz abgegebene Anerkenntnis korrigiert.
Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag des Klägers war nicht stattzugeben. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ist auch hinsichtlich der Funktionseinschränkungen, die dem orthopädischen Fachgebiet zuzurechnen sind, durch die schriftliche Anhörung der behandelnden Orthopäden Dr. Z. und Dr. B., deren Auskünfte durch Dr. B. in der gem. § 128 Abs. 1 SGG als qualifizierter Parteivortrag gewürdigten vä Stellungnahme vom 11.02.2005 ausgewertet worden sind, hinreichend geklärt. Insbesondere Dr. B. hat die maßgeblichen Befunde von Seiten der Wirbelsäule und der Kniegelenke geschildert und sich mit deren Bewertung durch den Beklagten ausdrücklich einverstanden erklärt.
Dr. F. hat ferner bei der Erhebung des körperlich-neurologischen Befundes keine Bewegungseinschränkung beschrieben, die auf eine wesentliche Verschlechterung der orthopädischen Befunde hinweisen würden.
Hinzu kommt, dass selbst eine höhere Bewertung der Wirbelsäulen- und Kniegelenksveränderungen nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB führen würde, da für die psychische Störung lediglich ein GdB in Höhe von 20 angemessen ist.
Die Berufung war aus den genannten Gründen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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