Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 841/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Liegt eine aufgrund der Einführung des EBM 2005 fehlerhafte Berechnung des Anpassungsfaktors (§ 23f BedarfsplRL-Ä) vor (vgl. SG Marburg, Urt. v. 10.11.2010 – S 12 KA 555/09 -), so ist mit Hilfe des Anpassungsfaktors auch die Leistungsobergrenze einer sog. Job-Sharing-Praxis für das 1. Leistungsjahr anzupassen, soweit die Job-Sharing-Praxis ansonsten nicht an der EBM-bedingten allgemeinen Punktzahlerhöhung teilnimmt.
Weist die KV eine Job-Sharing-Praxis auf erhebliche Überschreitungen in einzelnen Quartalen des 1. Leistungsjahres hin und wird das Abrechnungsverhalten nicht geändert, so kann ein Vertrauen darauf, wegen Nichttätigwerden der KV bestehe eine Leistungsüberschreitung nicht, weder im 1. Leistungsjahr noch in den Folgejahren entstehen.
Auch eine – hier unterstellte – Falschberatung bzgl. der Anrechnung extrabudgetärer Leistungen führt nicht zur Rechtswidrigkeit eines Rückforderungsbescheids wegen Überschreitens der Leistungsobergrenze einer Job-Sharing-Praxis.
Weist die KV eine Job-Sharing-Praxis auf erhebliche Überschreitungen in einzelnen Quartalen des 1. Leistungsjahres hin und wird das Abrechnungsverhalten nicht geändert, so kann ein Vertrauen darauf, wegen Nichttätigwerden der KV bestehe eine Leistungsüberschreitung nicht, weder im 1. Leistungsjahr noch in den Folgejahren entstehen.
Auch eine – hier unterstellte – Falschberatung bzgl. der Anrechnung extrabudgetärer Leistungen führt nicht zur Rechtswidrigkeit eines Rückforderungsbescheids wegen Überschreitens der Leistungsobergrenze einer Job-Sharing-Praxis.
1. Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 13.01.2009 betreffend die Quartale II/05 bis I/06 (1. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.11.2009 wird insoweit aufgehoben, als ein den Betrag von 82.378,94 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag festgesetzt wurde.
2. Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 13.01.2009 betreffend die Quartale II/06 bis I/07 (2. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.11.2009 wird insoweit aufgehoben, als ein den Betrag von 193.480,70 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag festgesetzt wurde.
3. Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 13.01.2009 betreffend die Quartale II/07 bis I/08 (3. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.11.2009 wird insoweit aufgehoben, als ein den Betrag von 206.879,89 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag festgesetzt wurde.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Klägerin hat 74 % und die Beklagte 26 % der Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat 26 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine um eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs im Rahmen eines sog. Job-Sharings in Höhe von 632.107,38 EUR netto für die zwölf Quartale II/05 bis I/08 (1. bis 3. Leistungsjahr).
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit zwei Ärzten für innere Medizin mit dem Schwerpunkt Lungen- und Bronchialkunde bzw. Pneumologie, die zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen sind. Herr Dr. med. AA ist bereits seit 1988 als Vertragsarzt tätig. Er führte vom 26.09.2000 bis zum 31.12.2004 mit Herrn Dr. AC als sog. Job-Sharing-Partner eine Gemeinschaftspraxis. Herr Dr. med. AB wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.03.2005 zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit Herrn Dr. med. AA gem. § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V i. V. m. § 23a Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte zugelassen. In einem weiteren Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.03.2005 wurde die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit genehmigt und der Praxisumfang der Vertragsarztpraxis auf der Grundlage des Gesamtpunktzahlvolumens in den vier vorausgegangenen Quartalen (IV/03 bis III/04) für Herrn Dr. med. AA wie folgt festgelegt.
Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr
I 3.592.815,7
II 3.636.619,1
III 3.705.199,9
IV 3.800.673,9
Ab dem 2. Leistungsjahr werde das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend den Richtlinien angepasst. Der Beschluss wurde bestandskräftig.
Die Job-Sharing-Praxis wurde zum 31.03.2008 beendet. Herr Dr. med. AB wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 29.01.2008 nunmehr als Belegarzt gem. § 107 Abs. 7 SGB V zugelassen. Beide Ärzte führen wieder eine Gemeinschaftspraxis.
Die Beklagte setzte das Honorar der klägerischen Gemeinschaftspraxis in den streitbefangenen Quartalen wie folgt fest:
II/05 III/05 IV/05 I/06
Honorarbescheid vom 29.06.2006 12.08.2006 06.08.2007 20.01.2007
Nettohonorar gesamt in EUR 141.073,39 117.450,79 159.029,75 170.300,61
Bruttohonorar PK + EK in EUR 142.417,21 118.583,89 160.073,47 170.719,70
Fallzahl PK + EK 2.798 2.438 2.508 2.779
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in EUR 257.461,52 216.024,61 281.230,79 333.989,64
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 242.002,76 216.024,61 281.230,79 303.844,81
Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV
Fallzahlgrenze 2.548 2.391 2.559 2.325
Aktuelle Fallzahl 2.798 2.438 2.508 2.779
Quote in % 93,30 - - 87,75
Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 2.517.459,0 2.244.030,8 2.458.731,6 2.709.082,4
Überschreitung in Punkten 1.995.181,0 1.506.174,2 1.554.678,4 2.103.827,6
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Auffüllbetrag je Fall EUR 14,1693 8,0575 5,2465 9,7850
Auffüllbetrag gesamt in EUR 35.791,53 19.104,41 13.158,20 22.544,75
II/06 III/06 IV/06 I/07
Honorarbescheid vom 06.02.2007 17.03.2007 17.04.2007 08.03.2008
Nettohonorar gesamt in EUR 170.768,40 165.458,72 167.867,66 166.080,33
Bruttohonorar PK + EK in EUR 173.298,88 166.437,06 169.712,66 167.163,13
Fallzahl PK + EK 2.646 2.439 2.597 2.758
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in EUR 315.520,46 301.838,03 307.853,20 346.767,10
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 315.520,46 301.838,03 303.702,26 346.767,10
Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV
Fallzahlgrenze 2.820 2.457 2.530 2.802
Aktuelle Fallzahl 2.646 2.439 2.597 2.758
Quote in % - - 98,06 -
Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 2.799.692,4 2.441.744,3 2.744.683,5 2.891.511,2
Überschreitung in Punkten 1.602.607,6 1.681.470,7 1.440.126,5 2.048.338,8
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5/§ 5 Abs. 4 HVV
Auffüllbetrag je Fall EUR - 1,7026 - -
Auffüllbetrag gesamt in EUR - 4.150,87 - -
II/07 III/07 IV/07 I/08
Honorarbescheid vom 17.10.2007 17.01.2008 09.05.2008 10.07.2008
Nettohonorar gesamt in EUR 187.312,03 179.727,67 187.930,56 198.532,33
Bruttohonorar PK + EK in EUR 187.645,58 181.828,50 189.265,29 202.646,31
Fallzahl PK + EK 2.623 2.515 2.783 2.742
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in EUR 340.217,09 326.838,70 357.015,21 387.151,92
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 340.217,09 326.838,70 357.015,21 387.151,92
Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV
Fallzahlgrenze
Aktuelle Fallzahl
Quote in %
Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 2.888.970,0 2.628.990,2 2.797.939,5 3.218.737,5
Überschreitung in Punkten 1.655.405,0 1.579.259,8 1.780.130,5 1.774.402,5
Ausgleichsregelung § 5 Abs. 4 HVV
Auffüllbetrag je Fall EUR - 3,6632 - -
Auffüllbetrag gesamt in EUR - 8.930,80 - -
Die Beklagte teilte der Klägerin als "Vorabinformation im Rahmen Ihrer "Job-Sharing-Tätigkeit" 2./05" unter Datum vom 25.10.2006 mit, dass für das Quartal II/05 die Honorarobergrenze 3.636.619,1 Punkte, die aktuelle Honoraranerkennung 4.708.172,3 Punkte betrage. Ergänzt um die Daten für die Folgequartale III bzw. IV/05 gab sie weitere Vorabinformationen unter Datum vom 20.11.2006 und 26.01.2007. Für das Quartal IV/05 wies die Beklagte die Klägerin unter Datum vom 15.01.2007 darauf hin, dass die Prüfung, ob die maximalen Punktzahlobergrenzen eingehalten worden seien, jeweils bezogen auf ein Leistungsjahr erfolge; Überschreitungen könnten sich mit möglichen Unterschreitungen innerhalb eines (Jahres-)Blocks von vier aufeinander folgenden Quartalen ausgleichen. Entsprechend informierte die Beklagte unter Datum vom 26.02.2007 für das Quartal I/06 sowie mit weiteren Schreiben für alle übrigen streitbefangenen Quartale II/06 bis I/08.
Mit Bescheid vom 13.01.2009 nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung für die Quartale II/05 bis I/06 – 1. Leistungsjahr - wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 110.401,55 EUR zurück. Im Rahmen eines Vorstandsbeschlusses führte sie einen Nettohonorarvergleich nach Einführung des EBM 2005 durch. Die Voraussetzung für die Anwendung des Nettohonorarvergleichs lägen dann vor, wenn die vom Zulassungsausschuss festgelegten Leistungsobergrenzen (sog. Ausgangsjahr auf Basis des EBM 1996 und nach Aufnahme der Tätigkeit im Job-Sharing das 1. Leistungsjahr auf Basis der Punktzahlanforderung des EBM 2005) gegenüber gestellt würden. Der Nettohonorarvergleich stelle sicher, dass die Honorarrückforderung nur insoweit realisiert werde, als die Höhe des Nettohonorars des entsprechenden Basisquartals (IV/03 bis III/04) nicht unterschritten werde. Somit erfolge eine Belastung nur maximal bis zum Nettohonorar des Ausgangsquartals. Die Begrenzung reduziere sich von 150.421,66 EUR auf 113.777,32 EUR. Zu berücksichtigen seien anteilige Verwaltungskosten in Höhe von 3.375,77 EUR.
Mit zwei weiteren Bescheiden vom 13.01.2009 setzte sie eine Rückforderung für das 2. Leistungsjahr – Quartale II/06 bis I/07 in Höhe von 247.451,94 EUR (255.018,33 EUR abzgl. 7.566,39 EUR anteilige Verwaltungskosten) und für das 3. Leistungsjahr – Quartale II/07 bis I/08 in Höhe von 274.253,89 EUR (282.735,97 EUR abzgl. 8.482,08 EUR anteilige Verwaltungskosten) fest.
Gegen alle drei Bescheide legte die Klägerin am 20.01.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs führte sie aus, als Basis für die Berechnung des Grenzpunktzahlvolumens seien die Quartale IV/03 bis III/04 aus der Zeit der ehemaligen Gemeinschaftspraxis von Herrn Dr. AA mit Herrn Dr. AC herangezogen worden. Hierbei sei nicht beachtet worden, dass aufgrund der sich länger hinziehenden Trennung das abgerechnete Punktzahlvolumen entgegen der Vorjahresquartale erheblich reduziert gewesen sei. Erschwerend sei hinzugekommen, dass in allen Quartalen des Jahres 2004 erhebliche Honorarbegrenzungsmaßnahmen durchgeführt worden seien. Als Folge hiervon sei das Honorarvolumen nochmals um 12 % bis 15 % gesenkt worden. Auf diesen Umstand habe Herr Dr. AA schriftlich hingewiesen, jedoch sei dies bei der Berechnung des festzulegenden Punktzahlvolumens wohl nicht berücksichtigt worden, da ansonsten auf andere Quartale entsprechend der allgemein üblichen Praxis der Beklagten zurückgegriffen worden wäre. Es sei damit ein viel zu niedriges Gesamtpunktzahlvolumen festgelegt worden. Die Gesamtpunktzahlvolumina für das erste Leistungsjahr seien zudem unter Zuhilfenahme einer intransparenten Formel errechnet worden, die für sie in keinster Weiser nachvollziehbar sei. Basis für die Berechnung des jeweiligen Gesamtpunktzahlenvolumens sei die Honoraranforderung der Quartale IV/03 bis III/04 auf Basis des EBM 1996 für Primär- und Ersatzkassen, dieses werde mit dem Umrechnungsfaktor von 1,95583 multipliziert und damit die DM-Beträge umgerechnet. Dieser Betrag wiederum werde mit dem Faktor 10 multipliziert, was dem ehemaligen Punktwert (10 Pfennig pro Punkt) zurzeit der Einführung des Job-Sharings im Jahr 1996 entspreche. Durch die intransparente, nicht nachvollziehbare Berechnung sei die Punktzahlvolumengrenze also in etwa doppelt so hoch angegeben worden aufgrund des erfolgten Umrechnungsfaktors, als tatsächlich abgerechnet. Insofern habe sie darauf vertrauen dürfen, dass ihr ein ca. doppelt so hohes Punktzahlvolumen zur Verfügung stehe als sich tatsächlich aus der Abrechnung ergebe. Die Berechnungsweise sei weder erläutert noch dargelegt noch sei in irgendeiner anderen Form darauf hingewiesen worden. Diese Berechnung widerspreche damit ganz eindeutig dem Transparenzgebot. Mit Wirkung zum Quartal II/05 sei auch eine Umstellung der Gebührenordnung erfolgt. Zahlreiche Leistungen ihres Schwerpunktbereiches seien anders und überwiegend besser bewertet worden. Soweit für das erste Leistungsjahr ein Netto-Honorarvergleich vorgenommen worden sei, sei nicht berücksichtigt worden, dass zum einen insgesamt aufgrund der Daten des Basisjahres sowie der hierbei durchgeführten Honorarbegrenzungen ein viel zu niedriges Honorarvolumen festgelegt worden sei und zum anderen auch keine Transcodierung des festgelegten Gesamtpunktzahlvolumens erfolgt sei. Bei Berechnung der Anpassungsfaktoren sei nicht berücksichtigt worden, dass das festgesetzte Grenzpunktzahlvolumen auf Basis EBM 1996 ins prozentuale Verhältnis zur durchschnittlichen Punktzahlvolumenanforderung der Fachgruppe auf Basis EBM 2005 ins Verhältnis gesetzt worden sei. Eine korrekt durchgeführte Anpassungsberechnung könne nur auf gleichen Faktoren beruhen. Es sei daher ein fehlerhafter Anpassungsfaktor berechnet worden. Mit Wirkung zum 01.01.2005 sei auch erstmals die ambulante Polysomnographie als vertragsärztliche Leistung anerkannt worden. Diese Leistung sei extrabudgetär vergütet worden. Sie hätten sich bei der Beklagten beraten lassen, ob sie diese Leistung erbringen sollten, da damit erhebliche Investitionen verbunden seien. In allen Beratungsgesprächen sei ihnen ausdrücklich bestätigt worden, dass diese Leistungen extrabudgetär – auch bei Job-Sharing-Partnerschaft – vergütet würden. Es sei Ihnen mitgeteilt worden, dass eine Änderung des geltenden Punktzahlgrenzvolumens nicht erforderlich sei, da diese Leistungen nicht innerhalb des Job-Sharings abzurechnen seien. Im Vertrauen hierauf hätten sie die Polysomnograhpie-Leistungen entsprechend ausgebaut. Im März 2007 sei die Zweigpraxisgenehmigung für den Standort XY. zur Erbringungen von Leistungen der ambulanten Polysomnographien erteilt worden. Eine Auswertung der Abrechnungsdaten ergebe ganz eindeutig, dass sie ansonsten keine Leistungsausweitung vorgenommen habe. Auch sei bei Aufnahme der Akupunktur als vertragsärztliche Leistung diese nicht innerhalb des Punktzahlgrenzvolumens bei den in einem Job-Sharing-Verhältnis tätigen Ärzten vergütet worden. Ab dem Quartal I/06 habe auch für Job-Sharing-Praxen ein Aufschlag von 130 Punkten auf die Regelleistungsvolumima erfolgen müssen. Auch hier sei keine Anhebung des Punktzahlgrenzvolumens zur Berücksichtigung dieses Aufschlags wie in anderen Bundesländern gewährt worden. Aufgrund der hohen Patientenzahlen habe sie in allen Quartalen hohe Abstaffelungen im Regelleistungsvolumen hinnehmen müssen. Dies sei bei der Berechnung des Rückforderungsbetrages nicht berücksichtigt worden, da die mit "0" bewerteten Leistungen nicht mit in die Berechnung hätten einfließen dürfen bzw. begünstigend hätten berücksichtigt werden müssen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2009 alle drei Widersprüche als unbegründet zurück. Sie führte aus, die Rückforderungsbescheide seien formell rechtmäßig. Sie seien ausreichend begründet worden. Sie seien auch materiell rechtmäßig. Die Leistungsbegrenzung im Punktzahlvolumen folge aus dem bindenden Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.03.2005. Das festgelegte Gesamtpunktzahlvolumen sei schriftlich anerkannt worden. Der Beschluss sei bestandskräftig. Etwaige Einwände bezüglich der Berechnung des Punktzahlvolumens hätten bei dem Zulassungsausschuss geltend gemacht werden müssen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass im Rückforderungsbescheid für das erste Leistungsjahr die mit den im Zulassungsausschuss festgelegten Punktzahlgrenzvolumina übereinstimmend und keine Halbierung der Punktzahlvolumina erfolgt sei. Änderungen des EBM oder vertraglicher Vereinbarungen seien nur auf Antrag des Vertragsarztes zu berücksichtigen. Die Neubestimmung des Gesamtpunktzahlvolumens falle allein in den Zuständigkeitsbereich des Zulassungsausschusses. Ab dem zweiten Jahr folgten gem. § 23f die Gesamtpunktzahlvolumina des Praxisumfangs der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor). Der Anpassungsfaktor drücke aus, in welchem Verhältnis die Punktzahlobergrenze der Praxis zum Fachgruppendurchschnitt liege. Dieser Anpassungsfaktor werde dann jeweils mit den aktuellen Fachgruppenwerten multipliziert, so dass sich die Punktzahlobergrenzen gem. der allgemeinen Fachgruppenentwicklung mit veränderten. Die EBM-bedingten Steigerungen des Punktzahlniveaus würden demnach über den Fachgruppenanpassungsfaktor aufgefangen werden. Die Klägerin hätte bei Einführung der ambulanten Polysomnographie im Rahmen des Antragsverfahrens bei dem Zulassungsausschuss darauf hinweisen können, dass dadurch ein Anstieg ihres Gesamtpunktzahlenvolumens unvermeidlich sein werde. Die Regelung in der Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte unterscheide nicht nach Art der Leistung bei der Berechnung des Punktzahlvolumens. Die Begrenzung des Leistungsumfangs sei unabhängig davon, wie und weshalb eine Vergütung gezahlt werde, sondern folge letztlich der Bedarfsplanung für die vertragsärztliche Versorgung. Soweit die Klägerin diesbezüglich eine evtl. fehlerhafte Beratung geltend mache, könne dies nicht Gegenstand dieses Verfahrens sein. Die die Gesamtpunktzahlvolumina überschreitenden Punkte würden mit einem Durchschnittspunktwert zurückgefordert werden, so dass es auf die Abstaffelung nicht ankomme. Ausweislich des Honorarbescheids für das Quartal I/06 habe die Klägerin einen Aufschlag von 130 Punkten erhalten.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.11.2009 die Klage erhoben. Unter weitgehender Wiederholung ihres Vorbringens im Verwaltungsverfahren trägt die Klägerin ergänzend vor, die Aussage der Beklagten treffe nicht zu, sie könne keinen Antrag auf Änderung des Punktzahlvolumens beim Zulassungsausschuss stellen. Schon alleine aufgrund der Tatsache, dass die Berechnung des Gesamtpunktzahlvolumens fehlerhaft gewesen sei und auch seit Erbringung der Schlafapnoe-Leistungen fehlerhaft sei, sei die Beklagte von Amts wegen verpflichtet, Antrag auf Neufestsetzung des Gesamtpunktzahlvolumens zu stellen, wie sie dies auch in anderen Fällen bereits getan habe. Den Rückforderungsbescheiden sei nicht zu entnehmen, dass bzw. ob die Rückforderungen erhaltener Auffüllungen nach Ziffer 7.5 HVV mindernd berücksichtigt worden seien. Hinsichtlich der Rückforderungsbeträge für die Quartale II und III/05 mache sie die Einrede der Verjährung geltend. Sie verweise hierzu ausdrücklich auf § 8.6 des HVV ab dem Quartal II/05, in dem es heiße, dass die Beklagte innerhalb von zwei Jahren nach Zustellung des Honorarbescheides eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarabrechnung durchführen könne. Der korrigierte Honorarbescheid für das Quartal II/05 sei im August 2006, der Honorarbescheid für das Quartal III/05 im Oktober 2006 zugestellt worden. Die Rückforderungsansprüche für diese beiden Quartale seien verwirkt. Es liege bei ihr weder eine vorsätzliche noch grob fahrlässige Falschabrechnung vor noch eine Verletzung sonstiger vertragsärztlicher Bestimmungen nach Ziffer 2.4 und 2.5 HVV. Die Überschreitung des Gesamtpunktzahlvolumens komme ausschließlich durch das Hinzukommen der Schlafapnoe-Leistungen zustande. Die vermehrte Erbringung dieser Leistungen beruhe auf einer Falschberatung der Beklagten.
Die Klägerin beantragt,
die drei Rückforderungsbescheide vom 13.01.2009, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 04.11.2009 aufzuheben,
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, sie habe sich an die Vorgaben des Zulassungsausschusses gehalten. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Klägerin zunächst die Punktzahlobergrenze des Zulassungsausschusses schriftlich anerkenne und nunmehr erstmals vortrage, die Berechnung widerspreche dem Transparenzgebot. Der Beschluss des Zulassungsausschusses sei bestandskräftig und sei bindend. Extrabudgetäre Leistungen seien in die Punktzahlobergrenze einzubeziehen. Die Vorgaben zur Errechnung eines Honorars nach den Bestimmungen des HVV seien inhaltlich und rechtlich völlig zu trennen von den Bestimmungen zur Einhaltung der Leistungsobergrenze im Job-Sharing. Insoweit könnten Bestimmungen, die im Bereich der Honorarverteilung Gültigkeit hätten, nicht alleine deswegen angewandt werden, weil sie für die Berechnung eines Rückforderungsbetrages infolge Leistungsüberschreitung im Job-Sharing günstig wären. Eine Festlegung, dass nur die angeforderten Punktzahlen, die in dem Leistungsjahr honorarvertraglich dem Regelleistungsvolumen zugerechnet werden, rechnerisch für die Überschreitung verantwortlich seien, sei nicht möglich. Wenn alle Leistungen dem Job-Sharing und damit der Leistungsbegrenzung unterworfen seien, könne eine Rückforderung nur durch eine Durchschnittsbetrachtung berechnet werden. Die Berechnung des durchschnittlichen Punktwertes eines Quartals erfolge durch Bereinigung der Honoraranforderung um die LG 14 und auch deren Euro-Bewertung, so dass ausschließlich Punktzahlen, die dem Job-Sharing unterworfen würden, mit Punktwerten dieses Bereiches bewertet würden. Bei dieser Berechnung werde die von der Klägerin geforderte Berücksichtigung vor allem des sog. unteren Punktwertes anteilig beachtet. Dies entspreche letztlich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu Honorarkürzungen bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen bzw. sachlich-rechnerischer Berichtigung. Die im § 8.6 HVV geregelte zweijährige Ausschlussfrist gelte im Falle der Klägerin nicht. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, während des Bestandes der Gemeinschaftspraxis den zum Zeitpunkt der Antragsstellung bestehenden Praxisumfang nicht wesentlich zu überschreiten und die dazu nach Maßgabe der Bestimmung der Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte vom Zulassungsausschuss festgelegte Leistungsbeschränkung anzuerkennen. Unter Verletzung dieser Vorgaben sei durch die Klägerin jedoch eine wesentliche Überschreitung der bestandskräftig festgelegten Punktzahlobergrenze im Quartal II und III/05 erfolgt. Daher liege eine Verletzung der vertragsärztlichen Bestimmungen vor. Eine Falschberatung habe die Klägerin in keiner Weise spezifiziert oder überhaupt belegt. Die Polysomnographie sei extrabudgetär vergütet worden. Insofern wäre auch eine entsprechende Beratung durch sie nicht fehlerhaft erfolgt, soweit eine solche stattgefunden haben sollte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 13.01.2009 betreffend die Quartale II/05 bis I/06 (1. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.11.2009 ist insoweit rechtswidrig, als ein den Betrag von 82.378,94 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag, der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 13.01.2009 betreffend die Quartale II/06 bis I/07 (2. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.11.2009 ist insoweit rechtswidrig, als ein den Betrag von 193.480,70 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag und der der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 13.01.2009 betreffend die Quartale II/07 bis I/08 (3. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.11.2009 ist insoweit rechtswidrig, als ein den Betrag von 206.879,89 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag festgesetzt wurde. Insoweit waren diese Bescheide auch aufzuheben und war der Klage stattzugeben. Im Übrigen waren die Bescheide aber nicht zu beanstanden und war die Klage abzuweisen.
Die angefochtenen Bescheide waren insoweit rechtswidrig, als die Beklagte höhere als die genannten Kürzungsbeträge festgesetzt hat.
Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen.
Die Beklagte hat aber für die hier streitbefangenen Leistungsjahre ein zu hohes Punktzahlvolumen abgesetzt. Die Rückforderung greift unter Berücksichtigung des Anpassungsfaktors in das vom Zulassungsausschuss genehmigte Leistungsvolumen hinein. Insofern hat die Beklagte den sog. Anpassungsfaktor fehlerhaft berechnet.
Nach den hier noch bis zum Quartal I/07 maßgeblichen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte) vom 9. März 1993 (BAnz. Nr. 110 a vom 18. Juni 1993), zuletzt geändert am 21. Februar 2006, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2006, S. 2541, die ab 01. April 2007 durch die in den hier maßgeblichen Bestimmungen unveränderte Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie (Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie) in der Neufassung vom 15. Februar 2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2007, S. 3491, in Kraft getreten am 1. April 2007, zuletzt geändert am 18. Februar 2010, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2010, S. 1641, in Kraft getreten am 8. Mai 2010) (im Folgenden: BedarfsplRL-Ä) abgelöst wurde, die regelungstechnisch Nrn. durch §§ ersetzt, legt der Zulassungsausschuss vor der Zulassung des Antragstellers in einer verbindlichen Feststellung zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber dem Vertragsarzt (den Vertragsärzten) in den vorausgegangenen mindestens vier Quartalen ergangenen Abrechnungsbescheiden quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina fest, welche bei der Abrechnung der ärztlichen Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis von dem Vertragsarzt sowie dem Antragsteller nach seiner Zulassung gemeinsam als Leistungsbeschränkung maßgeblich sind (Obergrenze). Diese Gesamtpunktzahlvolumina sind so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als 3 v. H. überschritten werden. Das Überschreitungsvolumen von 3 v. H. wird jeweils auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bezogen. Das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen (Punktzahlvolumen zuzüglich Überschreitungsvolumen) wird nach Nr. 23f bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä durch die Kassenärztliche Vereinigung angepasst. Bei Internisten ist zur Ermittlung des Fachgruppendurchschnittes auf die Entscheidung des bereits zugelassenen Vertragsarztes zur hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgung abzustellen. Im Übrigen gilt für Anpassungen Nr. 23e bzw. § 23e. Außergewöhnliche Entwicklungen im Vorjahr, wie z. B. Krankheit eines Arztes, bleiben außer Betracht; eine Saldierung von Punktzahlen innerhalb des Jahresbezugs der Gesamtpunktzahlen im Vergleich zum Vorjahresvolumen ist zulässig. Der Zulassungsausschuss trifft seine Festlegungen auf der Grundlage der ihm durch die Kassenärztliche Vereinigung übermittelten Angaben (Nr. 23c bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä).
Sowohl für die Berechnung des Ausgangspunktzahlvolumens als auch des Vergleichspunktzahlvolumens nach Nr. 23c bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä ist das im Zeitpunkt der Abrechnung jeweils geltende Berechnungssystem für die vertragsärztlichen Leistungen maßgeblich. Auf Antrag des Vertragsarztes sind die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben. Die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Nr. 23e bzw. § 23e BedarfsplRL-Ä).
Die Gesamtpunktzahlvolumina zur Beschränkung des Praxisumfangs folgen der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor). Die Anpassungsfaktoren werden im ersten Leistungsjahr von der Kassenärztlichen Vereinigung errechnet. Die dafür maßgebliche Rechenformel lautet: PzVol (Quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis)./. PzFg (Quartalsbezogener Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe ) = Fakt (Quartalsbezogener Anpassungsfaktor). Sie stellen die Grundlage zur Ermittlung der Gesamtpunktzahlvolumina für die Folgejahre dar. Der jeweilige Anpassungsfaktor wird ab dem zweiten Leistungsjahr mit dem Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe multipliziert und ergibt die quartalsbezogene Obergrenze für die Praxis (die Saldierungsregelung nach Nr. 23c Satz 6 bzw. § 23c Satz 6 BedarfsplRL-Ä bleibt hiervon unberührt). Die Kassenärztliche Vereinigung teilt dem Vertragsarzt die für ihn verbindlichen Anpassungsfaktoren mit (Nr. 23f bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä).
Damit können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden.
Die Berechnung des Anpassungsfaktors setzt aber voraus, dass das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis und der quartalsbezogene Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe jedenfalls dann gleichen Zeiträumen entnommen werden müssen, wenn wesentliche Umstrukturierungen im EBM vorgenommen werden. Fehlt es an solchen Veränderungen, so trägt einem allgemeinen Wachstum im Regelfall der Zuschlag von 3 % Rechnung. Die Einführung des EBM 2005 ab dem Quartal II/05 hat aber zu erheblichen Änderungen geführt, die alle Mitglieder einer Fachgruppe und alle Fachgruppen betreffen. Von daher kann die Klägerin nicht auf die Ausnahmeregelung nach Nr. 23e bzw. § 23e BedarfsplRL-Ä verwiesen werden. Die Beklagte hat den Anpassungsfaktor aufgrund der quartalsbezogenen Gesamtpunktzahlvolumina der Praxis für die Quartale I bis IV/04 einerseits und der quartalsbezogenen Punktzahlvolumendurchschnitte der Fachgruppe für die Quartale III/05 bis II/06, dem 1. Leistungsjahr, berechnet. Die Einführung des EBM 2005 hat aber zu erheblichen strukturellen Änderungen durch die vermehrte Einführung von Komplexleistungen und auch Höherbewertung von Leistungen geführt. Deutlich wird dies an der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts für die Fachgruppe der Klägerin. Nach den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 16.07.2010 übersandten, quartalsbezogenen "Durchschnittspunktzahlen Fachgruppe Innere Medizin SP Lungen/Bronchialheilk" stieg das durchschnittliche Gesamtpunktzahlvolumen von 7.100.787,8 Punkten im Zeitraum IV/03 bis III/04 auf 8.317.790,2 Punkte im Zeitraum II/05 bis I/06 und damit um 14,1 %. Der Anpassungsfaktor der Klägerin wird aber nach der Berechnungsweise der Beklagten auf der Grundlage der Abrechnungswerte der Praxis ohne das EBM-bedingte Wachstum und der EBM-bedingten höheren Durchschnittswerte der Fachgruppe berechnet. Von daher ergibt sich zwangsläufig ein zu geringer Anpassungsfaktor, der nicht die tatsächliche Relation zwischen Abrechnungsvolumen der Praxis zum Fachgruppendurchschnitt widerspiegelt. Ohne Ausweitung der Leistungen kommt es demzufolge zu einer Überschreitung des Punktezahlvolumens, das zugleich Anknüpfungspunkt für die Berechnung einer Leistungsüberschreitung ist. Der Anpassungsfaktor soll aber gerade solche EBM-bedingten, von der Leistungserbringung der Job-Sharing-Praxis unabhängigen Punktezahlausweitungen ermöglichen und – ungerechtfertigte – Kürzungen verhindern. Aufgrund der ungleichzeitigen Berechnung des Anpassungsfaktors kommt es aber zu einer Fehlberechnung. Dieser strukturelle Fehler setzt sich zudem in allen folgenden Leistungsjahren fort. Dies führt aber zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung der Job-Sharing-Praxis der Klägerin mit den Job-Sharing-Praxen, deren Anpassungsfaktor vor dem Quartal II/05 berechnet wird oder deren Aufsatzquartale nach dem Quartal I/05 liegen. Von daher ist Nr. 23f bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass die Berechnung des Anpassungsfaktors auf der Grundlage identischer Aufsatzquartale, hier der Quartale I bis IV/04 vorzunehmen ist, also das vom Zulassungsausschuss festgesetzte Leistungsvolumen in Verhältnis zu setzen ist mit der Durchschnittspunktzahl der Fachgruppe, ebenfalls in den genannten Aufsatzquartalen.
Die Beklagte hat zwar grundsätzlich diese Problematik zu einem Teil erkannt, indem sie für das 1. Leistungsjahr nach Einführung des EBM 2005 den auf einem Vorstandsbeschluss beruhenden sog. Nettohonorarvergleich durchführt, dessen Rechtsgrundlage die Beklagte nicht angegeben hat und der insoweit fehlerhaft am Honorar selbst ansetzt, als nach den Vorgaben der Richtlinien ein Leistungsvolumen, nicht aber unmittelbar ein von weiteren Faktoren abhängiges Honorarvolumen garantiert werden soll. Dieser gilt jedoch nur für das erste Leistungsjahr nach Einführung des EBM 2005. Im Übrigen ist sie der Auffassung, die EBM-bedingten Steigerungen des Punktzahlniveaus würden für die Folgezeit über den Fachgruppenanpassungsfaktor aufgefangen werden. Die Beklagte ist auch nach Hinweis auf die strukturellen Mängel des Anpassungsfaktors und ihres – insofern inkonsequenten – Vorgehens bei ihrer Auffassung geblieben, ohne für ihre Auffassung eine nachvollziehbare Begründung abzugeben.
Auf Aufforderung des Gerichts hat die Beklagte auf der vom Gericht aufgezeigten Grundlage den Anpassungsfaktor neu errechnet und für das strittige Leistungsjahr eine Vergleichsberechnung im Hinblick auf die dann entstehende Honorarrückforderung vorgelegt. Die Berechnung ergab für die Jahresquartale I bis IV (auf der Grundlage der Quartale II, III, IV und I/04) die Anpassungsfaktoren 2,0538 (zuvor 1,7768), 2,2211 (zuvor 2,0225), 2,1016 (zuvor 1,7596) und 1,9384 (zuvor 1,5845), die durchweg über den ursprünglich von der Beklagten berechneten Anpassungsfaktoren lagen, und im Ergebnis für das strittige 2. Leistungsjahr eine Überschreitung von 193.480,70 EUR und für das strittige 3. Leistungsjahr eine Überschreitung von 206.879,89 EUR. Hieraus folgte die tenorierte Stattgabe der Klage in Bezug auf das 2. und 3. Leistungsjahr.
Für das 1. Leistungsjahr ist aber entsprechend zu verfahren. Das erste Leistungsjahr ist ebf. von den Veränderungen des EBM betroffen. Unter verfassungskonformer Anwendung der BedarfsplRL-Ä hat gleichfalls eine Anpassung anhand des Anpassungsfaktors zu erfolgen, um eine Transcodierung der Werte der Aufsatzquartale unter die Geltung des EBM 2005 zu erreichen. Nach den auf Anforderung des Gerichts vorgelegten Berechnungen verbleibt dann noch ein Kürzungsbetrag in Höhe von 82.378,94 EUR brutto. Den rechnerischen Kürzungsbetrag in Höhe von ursprünglich 113.777,32 EUR brutto hat die Beklagte zwar bereits selbst unter Anwendung der von ihr erfundenen sog. Nettohonorarentwicklung auf 113.777,32 EUR brutto reduziert. Der Sache nach erkennt die Beklagte hier die unzulässigen Verzerrungen aufgrund unterschiedlicher EBM-Systeme. Im Fall der Klägerin hat sie dem aber nur teilweise abgeholfen. Insofern war der Klage auch bzgl. des 1. Leistungsjahrs im tenorierten Umfang stattzugeben.
Die Klage war aber im Übrigen abzuweisen.
Soweit die Klägerin rügt, sowohl die Festlegung der Gesamtpunktzahlvolumina der Basisquartale als auch die Beschränkung des zweiten Leistungsjahres seien anhand einer intransparenten Formel errechnet worden, die für sie in keiner Weise nachvollziehbar sei, vermochte dem die Kammer nicht zu folgen. Nr. 23f bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä und Nr. 23c bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä geben an, wie die Leistungsbeschränkung berechnet wird. Im Übrigen ist die Festsetzung mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 22.03.2005, der bestandskräftig geworden ist, für alle Beteiligten und das Gericht bindend erfolgt (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 12.12.2007 – L 4 KA 62/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschl. vom 28.01.2009 – B 6 KA 17/08 B – BeckRS). Gleiches gilt für die Einlassung der Klägerin, aufgrund der sich länger hinziehenden Trennung sei das abgerechnete Punktzahlvolumen entgegen der Vorjahresquartale erheblich reduziert gewesen sei. Erschwerend sei hinzugekommen, dass in allen Quartalen des Jahres 2004 erhebliche Honorarbegrenzungsmaßnahmen durchgeführt worden seien. Es sei damit ein viel zu niedriges Gesamtpunktzahlvolumen festgelegt worden.
Im Übrigen kommt es hierauf aber letztlich nicht an, da mit der bestandskräftigen Festsetzung durch den Zulassungsausschuss die Punktzahlenobergrenze festgelegt ist. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, im Verfahren vor dem Zulassungsausschuss auf eine ggf. andere Aufteilung hinzuwirken oder ggf. nachträglich einen Änderungsantrag zu stellen. Letzteres gilt gerade für die geplante und dann auch ausgeführte Leistungsausweitung durch das Schlaflabor.
Nicht zu beanstanden war auch die Berechnung der Honoraranforderung. Die Beklagte hat dies im Einzelnen nochmals mit Schriftsatz vom 14.07.2010 dargelegt. Eine fehlerhafte Berechnung ist nicht zu erkennen.
Nicht zu beanstanden war ferner die Berechnung des praxisbezogenen Punktwerts, mit der die zunächst in Punkten festgestellte Leistungsüberschreitung in Euro-Beträge umgerechnet wurde. Die Beklagte hat dies im Einzelnen im Gerichtsverfahren dargelegt. Zutreffend hat die Beklagte einen durchschnittlichen Punktwert ermittelt. Das ist der Punktwert, mit dem letztlich die Leistungen der Klägerin vergütet wurden. Es besteht kein Anspruch darauf, dass zunächst die – im Rahmen der Honorarberechnung - geringer vergüteten Leistungen als Maßstab genommen werden. Für die Berechnung der Rückforderung aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung im Falle von Budgetierungen bleibt der praxisindividuelle Punktwert maßgebend, der sich auf der Grundlage des vom Arzt in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens ergeben hat. Es erfolgt keine Neuberechnung des Punktwerts auf der Grundlage des korrigierten Punktzahlvolumens. Eine andere Berechnungsweise kann in Ausnahmefällen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Betracht kommen (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R - BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr. 7 = USK 2009-11). Ein solcher Ausnahmefall setzt aber voraus, dass die fehlerhafte Honoraranforderung durch eine missverständliche oder unzutreffende Information o. ä. seitens der Kassenärztlichen Vereinigung mit verursacht wurde. Ein derartiger Sonderfall ist auch dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Arzt in offenem Dissens mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Gebührennummer ansetzt, weil er die Frage ihrer Abrechenbarkeit einer gerichtlichen Klärung zuführen will (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R -, aaO., juris Rdnr. 27 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. In diesem Sinne handelt es sich auch nicht um eine fehlerhafte Abrechnung einzelner Leistungen und kann die Leistungsüberschreitung erst nachträglich festgestellt werden. Im Übrigen dienen Budgetierungsmaßnahmen nur neben ihrer Steuerungsfunktion – der Berechnung des Honorars, bedeuten aber keine Wertigkeit der einzelnen Leistungen. Der tatsächliche Wert der Leistung kann nur praxisbezogen mit Hilfe des praxisindividuellen Punktwerts berechnet werden.
Die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.
Nach den genannten Regelungen der BedarfsplRL-Ä können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden.
Von daher scheidet die Begründung eines Vertrauensschutzes allein aufgrund der Untätigkeit der Beklagten aus. Aufgrund des Job-Sharing-Verhältnisses war der Klägerin das Bestehen einer Leistungsbegrenzung grundsätzlich bekannt und musste sie davon ausgehen, dass ihr eine darüber hinausgehende Leistungsvermehrung nicht möglich war. Soweit ihr die aktuellen Gesamtpunktzahlobergrenzen nicht bekannt waren, muss sie sich an den bisherigen Festsetzungen orientieren bzw. an der Festsetzung für das Vorjahr. Ggf. hätte sie die Beklagte hierzu um Auskunft ersuchen können. Insofern kommt dem Anpassungsfaktor eine Schutzwirkung zugunsten einer Job-Sharing-Praxis zu. Der Anpassungsfaktor ermöglicht der Job-Sharing-Praxis grundsätzlich so zu wachsen, wie auch die Fachgruppe insgesamt wächst. Es kann hier dahinstehen, ob bereits insofern Vertrauensschutz dahingehend besteht, dass trotz einer möglicherweise stärkeren Leistungsbegrenzung aufgrund eines "negativen" Wachstums der Fachgruppe der Job-Sharing-Praxis immer die im ersten Leistungsjahr bzw. später im Vorjahr festgesetzte Leistungsgrenze zuzugestehen ist, da die Leistungsgrenze des ersten Leistungsjahrs hier nicht unterschritten wird und die Klägerin Vertrauen aufgrund der Festsetzungen der Folgejahre nicht aufbauen konnte, da ihr diese nicht bekannt waren. Im Übrigen nimmt die Beklagte aufgrund des Vorstandsbeschlusses vom 28.04.2008 jedenfalls bis zur Bekanntgabe des Anpassungsfaktors keine Kürzungen unterhalb der ursprünglich festgesetzten Punktzahlobergrenze vor.
Die Beklagte hat allen quartalsmäßig ergehenden Honorarbescheiden ein Schreiben beigefügt, in dem sie u. a. ausführte:
"Die Prüfung, ob die im Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte angegebenen maximalen Punktzahlobergrenzen eingehalten worden sind, erfolgt jeweils bezogen auf ein Leistungsjahr. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich Überschreitungen mit möglichen Unterschreitungen jeweils innerhalb eines (Jahres-)Blocks von vier aufeinanderfolgenden Quartalen ausgleichen. Anbei erhalten Sie Ihre Honorarunterlagen des o. g. Quartals vorbehaltlich eventueller Honorarrückforderungen durch die Job-Sharing-Berechnung. Bezüglich der Prüfung ihrer Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der Punktzahlobergrenze im Rahmen des Job-Sharings werden wir Sie jeweils nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben informieren."
Soweit die Kammer in ihrem Urteil vom 09.09.2010 - S 12 KA 126/10 -, Berufung anhängig beim LSG Hessen - L 4 KA 71, 72 u 73/10 – aufgrund dieser Schreiben Vertrauensschutz zugebilligt hat, hat sie wesentlich darauf abgestellt, dass die Beklagte gerade trotz Ankündigung einer Überprüfung über Jahre hinweg untätig geblieben war. Im Fall der dortigen Klägerin lagen jedenfalls wenigstens auch im dritten und vierten Leistungsjahr nicht unerhebliche Überschreitungen der Leistungsbegrenzung vor, die die Beklagte nicht zu einer Rückforderung veranlasst hat, bzw. es war bei einer Überprüfung dann wegen Überschreitens der vierjährigen Verjährungsfrist eine Rückforderung nicht mehr möglich. Damit habe die Beklagte auch für die Job-Sharing-Praxis einen Vertrauenstatbestand gesetzt, als sie eine – letztlich unmittelbare – Prüfung nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres angekündigt habe. Soweit die Beklagte aber dann untätig geblieben sei, habe sich das Vertrauen bilden können, die Prüfung der Beklagten habe ergeben, dass eine Leistungsüberschreitung nicht vorliege oder aber die Beklagte werde von einer Rückforderung absehen. Dies gelte insbesondere für die Klägerin, die über Jahre bzw. 28 Quartale hinweg solche Schreiben erhalten habe, ohne dass eine weitere Reaktion der Beklagten erfolgt sei.
Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Von daher war der Klägerin im Hinblick auf die genannten Schreiben, auf die sich die Klägerin im Übrigen auch nicht, jedenfalls nicht bereits im Widerspruchsverfahren berufen hat, kein Vertrauensschutz zuzubilligen. Hinzu kommt, dass die Beklagte gerade im 1. Leistungsjahr mit Datum vom 25.10.2006 bereits für das Quartal II/05 auf die erhebliche Leistungsüberschreitung Honorarobergrenze: 3.636.619,1 Punkte; aktuelle Honoraranerkennung: 4.708.172,3 Punkte – hingewiesen hat. Einen weiteren Hinweis erhielt die Klägerin mit Datum vom 26.01.2007. Darin werden die entsprechenden Werte nochmals für das Quartal II/05 aufgeführt und um die Werte für die Quartale III und IV/05 ergänzt. Diese Schreiben wurden von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung selbst vorgelegt, sind ihr daher auch zugegangen. Gerade auch in Kombination mit dem allgemeinen Hinweisschreiben zur Überprüfung der Job-Sharing-Praxis konnte damit kein Vertrauen darauf entstehen, Gründe für eine Beanstandung seitens der Beklagten lägen nicht vor. Auch setzte die Klägerin ihr Abrechnungsverhalten in der Folgezeit fort und weitete das Leistungsvolumen sogar weiter aus, so dass ihr eindeutig klar sein musste, dass eine Überschreitung auch in den Folgequartalen vorlag.
Soweit die Klägerin auf die Beratung der Bezirksstelle in A-Stadt verweist, trägt sie vor, es sei kein Hinweis erfolgt, dass eine nachträgliche Rückforderung erfolgen könne. Damit wird aber nicht vorgetragen, es sei ihr versichert worden, eine nachträgliche Rückforderung werde nicht erfolgen. Eines ausdrücklichen Hinweises bedurfte es aber nicht. Bereits aus den genannten Regelungen folgt, dass eine Rückforderung erst nach Abschluss eines Leistungsjahres erfolgen kann. Hinzu kommt, dass die Klägerin durch die genannten Schreiben ausdrücklich auf eine nachträgliche Überprüfung hingewiesen worden sind. Im Übrigen wird seitens der von der Beklagten vorgelegten dienstlichen Stellungnahmen der von der Klägerin genannten Mitarbeiter der Beklagten dieser Sachvortrag der Klägerin ausdrücklich bestritten. Diese Frage einer evtl. Falsch- oder unzureichenden Beratung kann hier aber letztlich dahinstehen, da auch bei einer solch unterstellten Falschberatung hieraus keine Zusicherung erfolgt, die Beklagte werde von einer Honorarrückforderung absehen. Hierfür ist ferner eine Schriftform erforderlich (§ 34 Satz 1 SGB X). Auch bei "richtiger" Beratung hätte die vom Zulassungsausschuss festgesetzte Obergrenze weiter gegolten. Allenfalls hätte die Klägerin dann einen Antrag auf Festsetzung einer höheren Obergrenze beim Zulassungsausschuss stellen können. Von daher kommt aufgrund einer hier unterstellten Falschberatung allenfalls ein Amtshaftungsanspruch in Betracht, der aber im Hinblick auf die Bindung an die vom Zulassungsausschuss festgesetzten Obergrenzen eine Rechtswidrigkeit der Rückforderung nicht zu begründen vermag.
Insofern handelt es sich um einen Irrtum der Klägerin über die Folgen des Job-Sharings, der von fehlerhaften Vorstellungen ihrerseits herrührt und insbesondere auf der Annahme beruht, sog. extrabudgetäre Leistungen fielen nicht unter die Leistungsobergrenze. Warum der jedenfalls klärende Antrag beim Zulassungsausschuss seinerzeit nicht gestellt wurde, erschloss sich der Kammer auch nach der mündlichen Verhandlung nicht vollständig. Aus den genannten Rechtsgründen konnte die Kammer aber von einer weiteren Aufklärung absehen.
Soweit die Beklagte verpflichtet ist, den Anpassungsfaktor von Amts wegen mitzuteilen, und dieser Verpflichtung erst im Rückforderungsbescheid nachgekommen ist, folgt daraus nicht zwingend die Rechtswidrigkeit der Rückforderung. Der Anpassungsfaktor dient, auch nicht in Zusammenhang mit der vom Zulassungsausschuss festgesetzten Obergrenze, einer Steuerungsfunktion in dem Sinne, dass eine Job-Sharing-Praxis von einem vermehrten Leistungsgeschehen abgehalten werden soll. Diese Funktion kommt nur der Obergrenze selbst zu. Demgegenüber dient der Anpassungsfaktor, wie bereits ausgeführt, dem Schutz der Job-Sharing-Praxis, an allgemeinen Leistungsveränderungen innerhalb der Fachgruppe gleichberechtigt teilzunehmen. Von daher ist weder die grundsätzlich auch nur rückwirkend mögliche Mitteilung des Anpassungsfaktors zu beanstanden noch folgt aus der zunächst unterbliebenen Mitteilung die Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheids.
Nach allem war der Klage lediglich im tenorierten Umfang stattzugeben und war sie im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kosten des Verfahrens waren nach den Teilen des Obsiegens und Unterliegens aufzuteilen.
2. Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 13.01.2009 betreffend die Quartale II/06 bis I/07 (2. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.11.2009 wird insoweit aufgehoben, als ein den Betrag von 193.480,70 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag festgesetzt wurde.
3. Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 13.01.2009 betreffend die Quartale II/07 bis I/08 (3. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.11.2009 wird insoweit aufgehoben, als ein den Betrag von 206.879,89 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag festgesetzt wurde.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Klägerin hat 74 % und die Beklagte 26 % der Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat 26 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine um eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs im Rahmen eines sog. Job-Sharings in Höhe von 632.107,38 EUR netto für die zwölf Quartale II/05 bis I/08 (1. bis 3. Leistungsjahr).
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit zwei Ärzten für innere Medizin mit dem Schwerpunkt Lungen- und Bronchialkunde bzw. Pneumologie, die zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen sind. Herr Dr. med. AA ist bereits seit 1988 als Vertragsarzt tätig. Er führte vom 26.09.2000 bis zum 31.12.2004 mit Herrn Dr. AC als sog. Job-Sharing-Partner eine Gemeinschaftspraxis. Herr Dr. med. AB wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.03.2005 zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit Herrn Dr. med. AA gem. § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V i. V. m. § 23a Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte zugelassen. In einem weiteren Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.03.2005 wurde die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit genehmigt und der Praxisumfang der Vertragsarztpraxis auf der Grundlage des Gesamtpunktzahlvolumens in den vier vorausgegangenen Quartalen (IV/03 bis III/04) für Herrn Dr. med. AA wie folgt festgelegt.
Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr
I 3.592.815,7
II 3.636.619,1
III 3.705.199,9
IV 3.800.673,9
Ab dem 2. Leistungsjahr werde das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend den Richtlinien angepasst. Der Beschluss wurde bestandskräftig.
Die Job-Sharing-Praxis wurde zum 31.03.2008 beendet. Herr Dr. med. AB wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 29.01.2008 nunmehr als Belegarzt gem. § 107 Abs. 7 SGB V zugelassen. Beide Ärzte führen wieder eine Gemeinschaftspraxis.
Die Beklagte setzte das Honorar der klägerischen Gemeinschaftspraxis in den streitbefangenen Quartalen wie folgt fest:
II/05 III/05 IV/05 I/06
Honorarbescheid vom 29.06.2006 12.08.2006 06.08.2007 20.01.2007
Nettohonorar gesamt in EUR 141.073,39 117.450,79 159.029,75 170.300,61
Bruttohonorar PK + EK in EUR 142.417,21 118.583,89 160.073,47 170.719,70
Fallzahl PK + EK 2.798 2.438 2.508 2.779
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in EUR 257.461,52 216.024,61 281.230,79 333.989,64
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 242.002,76 216.024,61 281.230,79 303.844,81
Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV
Fallzahlgrenze 2.548 2.391 2.559 2.325
Aktuelle Fallzahl 2.798 2.438 2.508 2.779
Quote in % 93,30 - - 87,75
Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 2.517.459,0 2.244.030,8 2.458.731,6 2.709.082,4
Überschreitung in Punkten 1.995.181,0 1.506.174,2 1.554.678,4 2.103.827,6
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Auffüllbetrag je Fall EUR 14,1693 8,0575 5,2465 9,7850
Auffüllbetrag gesamt in EUR 35.791,53 19.104,41 13.158,20 22.544,75
II/06 III/06 IV/06 I/07
Honorarbescheid vom 06.02.2007 17.03.2007 17.04.2007 08.03.2008
Nettohonorar gesamt in EUR 170.768,40 165.458,72 167.867,66 166.080,33
Bruttohonorar PK + EK in EUR 173.298,88 166.437,06 169.712,66 167.163,13
Fallzahl PK + EK 2.646 2.439 2.597 2.758
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in EUR 315.520,46 301.838,03 307.853,20 346.767,10
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 315.520,46 301.838,03 303.702,26 346.767,10
Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV
Fallzahlgrenze 2.820 2.457 2.530 2.802
Aktuelle Fallzahl 2.646 2.439 2.597 2.758
Quote in % - - 98,06 -
Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 2.799.692,4 2.441.744,3 2.744.683,5 2.891.511,2
Überschreitung in Punkten 1.602.607,6 1.681.470,7 1.440.126,5 2.048.338,8
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5/§ 5 Abs. 4 HVV
Auffüllbetrag je Fall EUR - 1,7026 - -
Auffüllbetrag gesamt in EUR - 4.150,87 - -
II/07 III/07 IV/07 I/08
Honorarbescheid vom 17.10.2007 17.01.2008 09.05.2008 10.07.2008
Nettohonorar gesamt in EUR 187.312,03 179.727,67 187.930,56 198.532,33
Bruttohonorar PK + EK in EUR 187.645,58 181.828,50 189.265,29 202.646,31
Fallzahl PK + EK 2.623 2.515 2.783 2.742
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in EUR 340.217,09 326.838,70 357.015,21 387.151,92
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 340.217,09 326.838,70 357.015,21 387.151,92
Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV
Fallzahlgrenze
Aktuelle Fallzahl
Quote in %
Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 2.888.970,0 2.628.990,2 2.797.939,5 3.218.737,5
Überschreitung in Punkten 1.655.405,0 1.579.259,8 1.780.130,5 1.774.402,5
Ausgleichsregelung § 5 Abs. 4 HVV
Auffüllbetrag je Fall EUR - 3,6632 - -
Auffüllbetrag gesamt in EUR - 8.930,80 - -
Die Beklagte teilte der Klägerin als "Vorabinformation im Rahmen Ihrer "Job-Sharing-Tätigkeit" 2./05" unter Datum vom 25.10.2006 mit, dass für das Quartal II/05 die Honorarobergrenze 3.636.619,1 Punkte, die aktuelle Honoraranerkennung 4.708.172,3 Punkte betrage. Ergänzt um die Daten für die Folgequartale III bzw. IV/05 gab sie weitere Vorabinformationen unter Datum vom 20.11.2006 und 26.01.2007. Für das Quartal IV/05 wies die Beklagte die Klägerin unter Datum vom 15.01.2007 darauf hin, dass die Prüfung, ob die maximalen Punktzahlobergrenzen eingehalten worden seien, jeweils bezogen auf ein Leistungsjahr erfolge; Überschreitungen könnten sich mit möglichen Unterschreitungen innerhalb eines (Jahres-)Blocks von vier aufeinander folgenden Quartalen ausgleichen. Entsprechend informierte die Beklagte unter Datum vom 26.02.2007 für das Quartal I/06 sowie mit weiteren Schreiben für alle übrigen streitbefangenen Quartale II/06 bis I/08.
Mit Bescheid vom 13.01.2009 nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung für die Quartale II/05 bis I/06 – 1. Leistungsjahr - wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 110.401,55 EUR zurück. Im Rahmen eines Vorstandsbeschlusses führte sie einen Nettohonorarvergleich nach Einführung des EBM 2005 durch. Die Voraussetzung für die Anwendung des Nettohonorarvergleichs lägen dann vor, wenn die vom Zulassungsausschuss festgelegten Leistungsobergrenzen (sog. Ausgangsjahr auf Basis des EBM 1996 und nach Aufnahme der Tätigkeit im Job-Sharing das 1. Leistungsjahr auf Basis der Punktzahlanforderung des EBM 2005) gegenüber gestellt würden. Der Nettohonorarvergleich stelle sicher, dass die Honorarrückforderung nur insoweit realisiert werde, als die Höhe des Nettohonorars des entsprechenden Basisquartals (IV/03 bis III/04) nicht unterschritten werde. Somit erfolge eine Belastung nur maximal bis zum Nettohonorar des Ausgangsquartals. Die Begrenzung reduziere sich von 150.421,66 EUR auf 113.777,32 EUR. Zu berücksichtigen seien anteilige Verwaltungskosten in Höhe von 3.375,77 EUR.
Mit zwei weiteren Bescheiden vom 13.01.2009 setzte sie eine Rückforderung für das 2. Leistungsjahr – Quartale II/06 bis I/07 in Höhe von 247.451,94 EUR (255.018,33 EUR abzgl. 7.566,39 EUR anteilige Verwaltungskosten) und für das 3. Leistungsjahr – Quartale II/07 bis I/08 in Höhe von 274.253,89 EUR (282.735,97 EUR abzgl. 8.482,08 EUR anteilige Verwaltungskosten) fest.
Gegen alle drei Bescheide legte die Klägerin am 20.01.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs führte sie aus, als Basis für die Berechnung des Grenzpunktzahlvolumens seien die Quartale IV/03 bis III/04 aus der Zeit der ehemaligen Gemeinschaftspraxis von Herrn Dr. AA mit Herrn Dr. AC herangezogen worden. Hierbei sei nicht beachtet worden, dass aufgrund der sich länger hinziehenden Trennung das abgerechnete Punktzahlvolumen entgegen der Vorjahresquartale erheblich reduziert gewesen sei. Erschwerend sei hinzugekommen, dass in allen Quartalen des Jahres 2004 erhebliche Honorarbegrenzungsmaßnahmen durchgeführt worden seien. Als Folge hiervon sei das Honorarvolumen nochmals um 12 % bis 15 % gesenkt worden. Auf diesen Umstand habe Herr Dr. AA schriftlich hingewiesen, jedoch sei dies bei der Berechnung des festzulegenden Punktzahlvolumens wohl nicht berücksichtigt worden, da ansonsten auf andere Quartale entsprechend der allgemein üblichen Praxis der Beklagten zurückgegriffen worden wäre. Es sei damit ein viel zu niedriges Gesamtpunktzahlvolumen festgelegt worden. Die Gesamtpunktzahlvolumina für das erste Leistungsjahr seien zudem unter Zuhilfenahme einer intransparenten Formel errechnet worden, die für sie in keinster Weiser nachvollziehbar sei. Basis für die Berechnung des jeweiligen Gesamtpunktzahlenvolumens sei die Honoraranforderung der Quartale IV/03 bis III/04 auf Basis des EBM 1996 für Primär- und Ersatzkassen, dieses werde mit dem Umrechnungsfaktor von 1,95583 multipliziert und damit die DM-Beträge umgerechnet. Dieser Betrag wiederum werde mit dem Faktor 10 multipliziert, was dem ehemaligen Punktwert (10 Pfennig pro Punkt) zurzeit der Einführung des Job-Sharings im Jahr 1996 entspreche. Durch die intransparente, nicht nachvollziehbare Berechnung sei die Punktzahlvolumengrenze also in etwa doppelt so hoch angegeben worden aufgrund des erfolgten Umrechnungsfaktors, als tatsächlich abgerechnet. Insofern habe sie darauf vertrauen dürfen, dass ihr ein ca. doppelt so hohes Punktzahlvolumen zur Verfügung stehe als sich tatsächlich aus der Abrechnung ergebe. Die Berechnungsweise sei weder erläutert noch dargelegt noch sei in irgendeiner anderen Form darauf hingewiesen worden. Diese Berechnung widerspreche damit ganz eindeutig dem Transparenzgebot. Mit Wirkung zum Quartal II/05 sei auch eine Umstellung der Gebührenordnung erfolgt. Zahlreiche Leistungen ihres Schwerpunktbereiches seien anders und überwiegend besser bewertet worden. Soweit für das erste Leistungsjahr ein Netto-Honorarvergleich vorgenommen worden sei, sei nicht berücksichtigt worden, dass zum einen insgesamt aufgrund der Daten des Basisjahres sowie der hierbei durchgeführten Honorarbegrenzungen ein viel zu niedriges Honorarvolumen festgelegt worden sei und zum anderen auch keine Transcodierung des festgelegten Gesamtpunktzahlvolumens erfolgt sei. Bei Berechnung der Anpassungsfaktoren sei nicht berücksichtigt worden, dass das festgesetzte Grenzpunktzahlvolumen auf Basis EBM 1996 ins prozentuale Verhältnis zur durchschnittlichen Punktzahlvolumenanforderung der Fachgruppe auf Basis EBM 2005 ins Verhältnis gesetzt worden sei. Eine korrekt durchgeführte Anpassungsberechnung könne nur auf gleichen Faktoren beruhen. Es sei daher ein fehlerhafter Anpassungsfaktor berechnet worden. Mit Wirkung zum 01.01.2005 sei auch erstmals die ambulante Polysomnographie als vertragsärztliche Leistung anerkannt worden. Diese Leistung sei extrabudgetär vergütet worden. Sie hätten sich bei der Beklagten beraten lassen, ob sie diese Leistung erbringen sollten, da damit erhebliche Investitionen verbunden seien. In allen Beratungsgesprächen sei ihnen ausdrücklich bestätigt worden, dass diese Leistungen extrabudgetär – auch bei Job-Sharing-Partnerschaft – vergütet würden. Es sei Ihnen mitgeteilt worden, dass eine Änderung des geltenden Punktzahlgrenzvolumens nicht erforderlich sei, da diese Leistungen nicht innerhalb des Job-Sharings abzurechnen seien. Im Vertrauen hierauf hätten sie die Polysomnograhpie-Leistungen entsprechend ausgebaut. Im März 2007 sei die Zweigpraxisgenehmigung für den Standort XY. zur Erbringungen von Leistungen der ambulanten Polysomnographien erteilt worden. Eine Auswertung der Abrechnungsdaten ergebe ganz eindeutig, dass sie ansonsten keine Leistungsausweitung vorgenommen habe. Auch sei bei Aufnahme der Akupunktur als vertragsärztliche Leistung diese nicht innerhalb des Punktzahlgrenzvolumens bei den in einem Job-Sharing-Verhältnis tätigen Ärzten vergütet worden. Ab dem Quartal I/06 habe auch für Job-Sharing-Praxen ein Aufschlag von 130 Punkten auf die Regelleistungsvolumima erfolgen müssen. Auch hier sei keine Anhebung des Punktzahlgrenzvolumens zur Berücksichtigung dieses Aufschlags wie in anderen Bundesländern gewährt worden. Aufgrund der hohen Patientenzahlen habe sie in allen Quartalen hohe Abstaffelungen im Regelleistungsvolumen hinnehmen müssen. Dies sei bei der Berechnung des Rückforderungsbetrages nicht berücksichtigt worden, da die mit "0" bewerteten Leistungen nicht mit in die Berechnung hätten einfließen dürfen bzw. begünstigend hätten berücksichtigt werden müssen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2009 alle drei Widersprüche als unbegründet zurück. Sie führte aus, die Rückforderungsbescheide seien formell rechtmäßig. Sie seien ausreichend begründet worden. Sie seien auch materiell rechtmäßig. Die Leistungsbegrenzung im Punktzahlvolumen folge aus dem bindenden Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.03.2005. Das festgelegte Gesamtpunktzahlvolumen sei schriftlich anerkannt worden. Der Beschluss sei bestandskräftig. Etwaige Einwände bezüglich der Berechnung des Punktzahlvolumens hätten bei dem Zulassungsausschuss geltend gemacht werden müssen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass im Rückforderungsbescheid für das erste Leistungsjahr die mit den im Zulassungsausschuss festgelegten Punktzahlgrenzvolumina übereinstimmend und keine Halbierung der Punktzahlvolumina erfolgt sei. Änderungen des EBM oder vertraglicher Vereinbarungen seien nur auf Antrag des Vertragsarztes zu berücksichtigen. Die Neubestimmung des Gesamtpunktzahlvolumens falle allein in den Zuständigkeitsbereich des Zulassungsausschusses. Ab dem zweiten Jahr folgten gem. § 23f die Gesamtpunktzahlvolumina des Praxisumfangs der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor). Der Anpassungsfaktor drücke aus, in welchem Verhältnis die Punktzahlobergrenze der Praxis zum Fachgruppendurchschnitt liege. Dieser Anpassungsfaktor werde dann jeweils mit den aktuellen Fachgruppenwerten multipliziert, so dass sich die Punktzahlobergrenzen gem. der allgemeinen Fachgruppenentwicklung mit veränderten. Die EBM-bedingten Steigerungen des Punktzahlniveaus würden demnach über den Fachgruppenanpassungsfaktor aufgefangen werden. Die Klägerin hätte bei Einführung der ambulanten Polysomnographie im Rahmen des Antragsverfahrens bei dem Zulassungsausschuss darauf hinweisen können, dass dadurch ein Anstieg ihres Gesamtpunktzahlenvolumens unvermeidlich sein werde. Die Regelung in der Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte unterscheide nicht nach Art der Leistung bei der Berechnung des Punktzahlvolumens. Die Begrenzung des Leistungsumfangs sei unabhängig davon, wie und weshalb eine Vergütung gezahlt werde, sondern folge letztlich der Bedarfsplanung für die vertragsärztliche Versorgung. Soweit die Klägerin diesbezüglich eine evtl. fehlerhafte Beratung geltend mache, könne dies nicht Gegenstand dieses Verfahrens sein. Die die Gesamtpunktzahlvolumina überschreitenden Punkte würden mit einem Durchschnittspunktwert zurückgefordert werden, so dass es auf die Abstaffelung nicht ankomme. Ausweislich des Honorarbescheids für das Quartal I/06 habe die Klägerin einen Aufschlag von 130 Punkten erhalten.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.11.2009 die Klage erhoben. Unter weitgehender Wiederholung ihres Vorbringens im Verwaltungsverfahren trägt die Klägerin ergänzend vor, die Aussage der Beklagten treffe nicht zu, sie könne keinen Antrag auf Änderung des Punktzahlvolumens beim Zulassungsausschuss stellen. Schon alleine aufgrund der Tatsache, dass die Berechnung des Gesamtpunktzahlvolumens fehlerhaft gewesen sei und auch seit Erbringung der Schlafapnoe-Leistungen fehlerhaft sei, sei die Beklagte von Amts wegen verpflichtet, Antrag auf Neufestsetzung des Gesamtpunktzahlvolumens zu stellen, wie sie dies auch in anderen Fällen bereits getan habe. Den Rückforderungsbescheiden sei nicht zu entnehmen, dass bzw. ob die Rückforderungen erhaltener Auffüllungen nach Ziffer 7.5 HVV mindernd berücksichtigt worden seien. Hinsichtlich der Rückforderungsbeträge für die Quartale II und III/05 mache sie die Einrede der Verjährung geltend. Sie verweise hierzu ausdrücklich auf § 8.6 des HVV ab dem Quartal II/05, in dem es heiße, dass die Beklagte innerhalb von zwei Jahren nach Zustellung des Honorarbescheides eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarabrechnung durchführen könne. Der korrigierte Honorarbescheid für das Quartal II/05 sei im August 2006, der Honorarbescheid für das Quartal III/05 im Oktober 2006 zugestellt worden. Die Rückforderungsansprüche für diese beiden Quartale seien verwirkt. Es liege bei ihr weder eine vorsätzliche noch grob fahrlässige Falschabrechnung vor noch eine Verletzung sonstiger vertragsärztlicher Bestimmungen nach Ziffer 2.4 und 2.5 HVV. Die Überschreitung des Gesamtpunktzahlvolumens komme ausschließlich durch das Hinzukommen der Schlafapnoe-Leistungen zustande. Die vermehrte Erbringung dieser Leistungen beruhe auf einer Falschberatung der Beklagten.
Die Klägerin beantragt,
die drei Rückforderungsbescheide vom 13.01.2009, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 04.11.2009 aufzuheben,
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, sie habe sich an die Vorgaben des Zulassungsausschusses gehalten. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Klägerin zunächst die Punktzahlobergrenze des Zulassungsausschusses schriftlich anerkenne und nunmehr erstmals vortrage, die Berechnung widerspreche dem Transparenzgebot. Der Beschluss des Zulassungsausschusses sei bestandskräftig und sei bindend. Extrabudgetäre Leistungen seien in die Punktzahlobergrenze einzubeziehen. Die Vorgaben zur Errechnung eines Honorars nach den Bestimmungen des HVV seien inhaltlich und rechtlich völlig zu trennen von den Bestimmungen zur Einhaltung der Leistungsobergrenze im Job-Sharing. Insoweit könnten Bestimmungen, die im Bereich der Honorarverteilung Gültigkeit hätten, nicht alleine deswegen angewandt werden, weil sie für die Berechnung eines Rückforderungsbetrages infolge Leistungsüberschreitung im Job-Sharing günstig wären. Eine Festlegung, dass nur die angeforderten Punktzahlen, die in dem Leistungsjahr honorarvertraglich dem Regelleistungsvolumen zugerechnet werden, rechnerisch für die Überschreitung verantwortlich seien, sei nicht möglich. Wenn alle Leistungen dem Job-Sharing und damit der Leistungsbegrenzung unterworfen seien, könne eine Rückforderung nur durch eine Durchschnittsbetrachtung berechnet werden. Die Berechnung des durchschnittlichen Punktwertes eines Quartals erfolge durch Bereinigung der Honoraranforderung um die LG 14 und auch deren Euro-Bewertung, so dass ausschließlich Punktzahlen, die dem Job-Sharing unterworfen würden, mit Punktwerten dieses Bereiches bewertet würden. Bei dieser Berechnung werde die von der Klägerin geforderte Berücksichtigung vor allem des sog. unteren Punktwertes anteilig beachtet. Dies entspreche letztlich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu Honorarkürzungen bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen bzw. sachlich-rechnerischer Berichtigung. Die im § 8.6 HVV geregelte zweijährige Ausschlussfrist gelte im Falle der Klägerin nicht. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, während des Bestandes der Gemeinschaftspraxis den zum Zeitpunkt der Antragsstellung bestehenden Praxisumfang nicht wesentlich zu überschreiten und die dazu nach Maßgabe der Bestimmung der Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte vom Zulassungsausschuss festgelegte Leistungsbeschränkung anzuerkennen. Unter Verletzung dieser Vorgaben sei durch die Klägerin jedoch eine wesentliche Überschreitung der bestandskräftig festgelegten Punktzahlobergrenze im Quartal II und III/05 erfolgt. Daher liege eine Verletzung der vertragsärztlichen Bestimmungen vor. Eine Falschberatung habe die Klägerin in keiner Weise spezifiziert oder überhaupt belegt. Die Polysomnographie sei extrabudgetär vergütet worden. Insofern wäre auch eine entsprechende Beratung durch sie nicht fehlerhaft erfolgt, soweit eine solche stattgefunden haben sollte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 13.01.2009 betreffend die Quartale II/05 bis I/06 (1. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.11.2009 ist insoweit rechtswidrig, als ein den Betrag von 82.378,94 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag, der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 13.01.2009 betreffend die Quartale II/06 bis I/07 (2. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.11.2009 ist insoweit rechtswidrig, als ein den Betrag von 193.480,70 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag und der der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 13.01.2009 betreffend die Quartale II/07 bis I/08 (3. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.11.2009 ist insoweit rechtswidrig, als ein den Betrag von 206.879,89 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag festgesetzt wurde. Insoweit waren diese Bescheide auch aufzuheben und war der Klage stattzugeben. Im Übrigen waren die Bescheide aber nicht zu beanstanden und war die Klage abzuweisen.
Die angefochtenen Bescheide waren insoweit rechtswidrig, als die Beklagte höhere als die genannten Kürzungsbeträge festgesetzt hat.
Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen.
Die Beklagte hat aber für die hier streitbefangenen Leistungsjahre ein zu hohes Punktzahlvolumen abgesetzt. Die Rückforderung greift unter Berücksichtigung des Anpassungsfaktors in das vom Zulassungsausschuss genehmigte Leistungsvolumen hinein. Insofern hat die Beklagte den sog. Anpassungsfaktor fehlerhaft berechnet.
Nach den hier noch bis zum Quartal I/07 maßgeblichen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte) vom 9. März 1993 (BAnz. Nr. 110 a vom 18. Juni 1993), zuletzt geändert am 21. Februar 2006, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2006, S. 2541, die ab 01. April 2007 durch die in den hier maßgeblichen Bestimmungen unveränderte Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie (Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie) in der Neufassung vom 15. Februar 2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2007, S. 3491, in Kraft getreten am 1. April 2007, zuletzt geändert am 18. Februar 2010, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2010, S. 1641, in Kraft getreten am 8. Mai 2010) (im Folgenden: BedarfsplRL-Ä) abgelöst wurde, die regelungstechnisch Nrn. durch §§ ersetzt, legt der Zulassungsausschuss vor der Zulassung des Antragstellers in einer verbindlichen Feststellung zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber dem Vertragsarzt (den Vertragsärzten) in den vorausgegangenen mindestens vier Quartalen ergangenen Abrechnungsbescheiden quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina fest, welche bei der Abrechnung der ärztlichen Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis von dem Vertragsarzt sowie dem Antragsteller nach seiner Zulassung gemeinsam als Leistungsbeschränkung maßgeblich sind (Obergrenze). Diese Gesamtpunktzahlvolumina sind so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als 3 v. H. überschritten werden. Das Überschreitungsvolumen von 3 v. H. wird jeweils auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bezogen. Das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen (Punktzahlvolumen zuzüglich Überschreitungsvolumen) wird nach Nr. 23f bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä durch die Kassenärztliche Vereinigung angepasst. Bei Internisten ist zur Ermittlung des Fachgruppendurchschnittes auf die Entscheidung des bereits zugelassenen Vertragsarztes zur hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgung abzustellen. Im Übrigen gilt für Anpassungen Nr. 23e bzw. § 23e. Außergewöhnliche Entwicklungen im Vorjahr, wie z. B. Krankheit eines Arztes, bleiben außer Betracht; eine Saldierung von Punktzahlen innerhalb des Jahresbezugs der Gesamtpunktzahlen im Vergleich zum Vorjahresvolumen ist zulässig. Der Zulassungsausschuss trifft seine Festlegungen auf der Grundlage der ihm durch die Kassenärztliche Vereinigung übermittelten Angaben (Nr. 23c bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä).
Sowohl für die Berechnung des Ausgangspunktzahlvolumens als auch des Vergleichspunktzahlvolumens nach Nr. 23c bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä ist das im Zeitpunkt der Abrechnung jeweils geltende Berechnungssystem für die vertragsärztlichen Leistungen maßgeblich. Auf Antrag des Vertragsarztes sind die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben. Die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Nr. 23e bzw. § 23e BedarfsplRL-Ä).
Die Gesamtpunktzahlvolumina zur Beschränkung des Praxisumfangs folgen der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor). Die Anpassungsfaktoren werden im ersten Leistungsjahr von der Kassenärztlichen Vereinigung errechnet. Die dafür maßgebliche Rechenformel lautet: PzVol (Quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis)./. PzFg (Quartalsbezogener Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe ) = Fakt (Quartalsbezogener Anpassungsfaktor). Sie stellen die Grundlage zur Ermittlung der Gesamtpunktzahlvolumina für die Folgejahre dar. Der jeweilige Anpassungsfaktor wird ab dem zweiten Leistungsjahr mit dem Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe multipliziert und ergibt die quartalsbezogene Obergrenze für die Praxis (die Saldierungsregelung nach Nr. 23c Satz 6 bzw. § 23c Satz 6 BedarfsplRL-Ä bleibt hiervon unberührt). Die Kassenärztliche Vereinigung teilt dem Vertragsarzt die für ihn verbindlichen Anpassungsfaktoren mit (Nr. 23f bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä).
Damit können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden.
Die Berechnung des Anpassungsfaktors setzt aber voraus, dass das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis und der quartalsbezogene Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe jedenfalls dann gleichen Zeiträumen entnommen werden müssen, wenn wesentliche Umstrukturierungen im EBM vorgenommen werden. Fehlt es an solchen Veränderungen, so trägt einem allgemeinen Wachstum im Regelfall der Zuschlag von 3 % Rechnung. Die Einführung des EBM 2005 ab dem Quartal II/05 hat aber zu erheblichen Änderungen geführt, die alle Mitglieder einer Fachgruppe und alle Fachgruppen betreffen. Von daher kann die Klägerin nicht auf die Ausnahmeregelung nach Nr. 23e bzw. § 23e BedarfsplRL-Ä verwiesen werden. Die Beklagte hat den Anpassungsfaktor aufgrund der quartalsbezogenen Gesamtpunktzahlvolumina der Praxis für die Quartale I bis IV/04 einerseits und der quartalsbezogenen Punktzahlvolumendurchschnitte der Fachgruppe für die Quartale III/05 bis II/06, dem 1. Leistungsjahr, berechnet. Die Einführung des EBM 2005 hat aber zu erheblichen strukturellen Änderungen durch die vermehrte Einführung von Komplexleistungen und auch Höherbewertung von Leistungen geführt. Deutlich wird dies an der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts für die Fachgruppe der Klägerin. Nach den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 16.07.2010 übersandten, quartalsbezogenen "Durchschnittspunktzahlen Fachgruppe Innere Medizin SP Lungen/Bronchialheilk" stieg das durchschnittliche Gesamtpunktzahlvolumen von 7.100.787,8 Punkten im Zeitraum IV/03 bis III/04 auf 8.317.790,2 Punkte im Zeitraum II/05 bis I/06 und damit um 14,1 %. Der Anpassungsfaktor der Klägerin wird aber nach der Berechnungsweise der Beklagten auf der Grundlage der Abrechnungswerte der Praxis ohne das EBM-bedingte Wachstum und der EBM-bedingten höheren Durchschnittswerte der Fachgruppe berechnet. Von daher ergibt sich zwangsläufig ein zu geringer Anpassungsfaktor, der nicht die tatsächliche Relation zwischen Abrechnungsvolumen der Praxis zum Fachgruppendurchschnitt widerspiegelt. Ohne Ausweitung der Leistungen kommt es demzufolge zu einer Überschreitung des Punktezahlvolumens, das zugleich Anknüpfungspunkt für die Berechnung einer Leistungsüberschreitung ist. Der Anpassungsfaktor soll aber gerade solche EBM-bedingten, von der Leistungserbringung der Job-Sharing-Praxis unabhängigen Punktezahlausweitungen ermöglichen und – ungerechtfertigte – Kürzungen verhindern. Aufgrund der ungleichzeitigen Berechnung des Anpassungsfaktors kommt es aber zu einer Fehlberechnung. Dieser strukturelle Fehler setzt sich zudem in allen folgenden Leistungsjahren fort. Dies führt aber zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung der Job-Sharing-Praxis der Klägerin mit den Job-Sharing-Praxen, deren Anpassungsfaktor vor dem Quartal II/05 berechnet wird oder deren Aufsatzquartale nach dem Quartal I/05 liegen. Von daher ist Nr. 23f bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass die Berechnung des Anpassungsfaktors auf der Grundlage identischer Aufsatzquartale, hier der Quartale I bis IV/04 vorzunehmen ist, also das vom Zulassungsausschuss festgesetzte Leistungsvolumen in Verhältnis zu setzen ist mit der Durchschnittspunktzahl der Fachgruppe, ebenfalls in den genannten Aufsatzquartalen.
Die Beklagte hat zwar grundsätzlich diese Problematik zu einem Teil erkannt, indem sie für das 1. Leistungsjahr nach Einführung des EBM 2005 den auf einem Vorstandsbeschluss beruhenden sog. Nettohonorarvergleich durchführt, dessen Rechtsgrundlage die Beklagte nicht angegeben hat und der insoweit fehlerhaft am Honorar selbst ansetzt, als nach den Vorgaben der Richtlinien ein Leistungsvolumen, nicht aber unmittelbar ein von weiteren Faktoren abhängiges Honorarvolumen garantiert werden soll. Dieser gilt jedoch nur für das erste Leistungsjahr nach Einführung des EBM 2005. Im Übrigen ist sie der Auffassung, die EBM-bedingten Steigerungen des Punktzahlniveaus würden für die Folgezeit über den Fachgruppenanpassungsfaktor aufgefangen werden. Die Beklagte ist auch nach Hinweis auf die strukturellen Mängel des Anpassungsfaktors und ihres – insofern inkonsequenten – Vorgehens bei ihrer Auffassung geblieben, ohne für ihre Auffassung eine nachvollziehbare Begründung abzugeben.
Auf Aufforderung des Gerichts hat die Beklagte auf der vom Gericht aufgezeigten Grundlage den Anpassungsfaktor neu errechnet und für das strittige Leistungsjahr eine Vergleichsberechnung im Hinblick auf die dann entstehende Honorarrückforderung vorgelegt. Die Berechnung ergab für die Jahresquartale I bis IV (auf der Grundlage der Quartale II, III, IV und I/04) die Anpassungsfaktoren 2,0538 (zuvor 1,7768), 2,2211 (zuvor 2,0225), 2,1016 (zuvor 1,7596) und 1,9384 (zuvor 1,5845), die durchweg über den ursprünglich von der Beklagten berechneten Anpassungsfaktoren lagen, und im Ergebnis für das strittige 2. Leistungsjahr eine Überschreitung von 193.480,70 EUR und für das strittige 3. Leistungsjahr eine Überschreitung von 206.879,89 EUR. Hieraus folgte die tenorierte Stattgabe der Klage in Bezug auf das 2. und 3. Leistungsjahr.
Für das 1. Leistungsjahr ist aber entsprechend zu verfahren. Das erste Leistungsjahr ist ebf. von den Veränderungen des EBM betroffen. Unter verfassungskonformer Anwendung der BedarfsplRL-Ä hat gleichfalls eine Anpassung anhand des Anpassungsfaktors zu erfolgen, um eine Transcodierung der Werte der Aufsatzquartale unter die Geltung des EBM 2005 zu erreichen. Nach den auf Anforderung des Gerichts vorgelegten Berechnungen verbleibt dann noch ein Kürzungsbetrag in Höhe von 82.378,94 EUR brutto. Den rechnerischen Kürzungsbetrag in Höhe von ursprünglich 113.777,32 EUR brutto hat die Beklagte zwar bereits selbst unter Anwendung der von ihr erfundenen sog. Nettohonorarentwicklung auf 113.777,32 EUR brutto reduziert. Der Sache nach erkennt die Beklagte hier die unzulässigen Verzerrungen aufgrund unterschiedlicher EBM-Systeme. Im Fall der Klägerin hat sie dem aber nur teilweise abgeholfen. Insofern war der Klage auch bzgl. des 1. Leistungsjahrs im tenorierten Umfang stattzugeben.
Die Klage war aber im Übrigen abzuweisen.
Soweit die Klägerin rügt, sowohl die Festlegung der Gesamtpunktzahlvolumina der Basisquartale als auch die Beschränkung des zweiten Leistungsjahres seien anhand einer intransparenten Formel errechnet worden, die für sie in keiner Weise nachvollziehbar sei, vermochte dem die Kammer nicht zu folgen. Nr. 23f bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä und Nr. 23c bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä geben an, wie die Leistungsbeschränkung berechnet wird. Im Übrigen ist die Festsetzung mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 22.03.2005, der bestandskräftig geworden ist, für alle Beteiligten und das Gericht bindend erfolgt (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 12.12.2007 – L 4 KA 62/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschl. vom 28.01.2009 – B 6 KA 17/08 B – BeckRS). Gleiches gilt für die Einlassung der Klägerin, aufgrund der sich länger hinziehenden Trennung sei das abgerechnete Punktzahlvolumen entgegen der Vorjahresquartale erheblich reduziert gewesen sei. Erschwerend sei hinzugekommen, dass in allen Quartalen des Jahres 2004 erhebliche Honorarbegrenzungsmaßnahmen durchgeführt worden seien. Es sei damit ein viel zu niedriges Gesamtpunktzahlvolumen festgelegt worden.
Im Übrigen kommt es hierauf aber letztlich nicht an, da mit der bestandskräftigen Festsetzung durch den Zulassungsausschuss die Punktzahlenobergrenze festgelegt ist. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, im Verfahren vor dem Zulassungsausschuss auf eine ggf. andere Aufteilung hinzuwirken oder ggf. nachträglich einen Änderungsantrag zu stellen. Letzteres gilt gerade für die geplante und dann auch ausgeführte Leistungsausweitung durch das Schlaflabor.
Nicht zu beanstanden war auch die Berechnung der Honoraranforderung. Die Beklagte hat dies im Einzelnen nochmals mit Schriftsatz vom 14.07.2010 dargelegt. Eine fehlerhafte Berechnung ist nicht zu erkennen.
Nicht zu beanstanden war ferner die Berechnung des praxisbezogenen Punktwerts, mit der die zunächst in Punkten festgestellte Leistungsüberschreitung in Euro-Beträge umgerechnet wurde. Die Beklagte hat dies im Einzelnen im Gerichtsverfahren dargelegt. Zutreffend hat die Beklagte einen durchschnittlichen Punktwert ermittelt. Das ist der Punktwert, mit dem letztlich die Leistungen der Klägerin vergütet wurden. Es besteht kein Anspruch darauf, dass zunächst die – im Rahmen der Honorarberechnung - geringer vergüteten Leistungen als Maßstab genommen werden. Für die Berechnung der Rückforderung aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung im Falle von Budgetierungen bleibt der praxisindividuelle Punktwert maßgebend, der sich auf der Grundlage des vom Arzt in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens ergeben hat. Es erfolgt keine Neuberechnung des Punktwerts auf der Grundlage des korrigierten Punktzahlvolumens. Eine andere Berechnungsweise kann in Ausnahmefällen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Betracht kommen (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R - BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr. 7 = USK 2009-11). Ein solcher Ausnahmefall setzt aber voraus, dass die fehlerhafte Honoraranforderung durch eine missverständliche oder unzutreffende Information o. ä. seitens der Kassenärztlichen Vereinigung mit verursacht wurde. Ein derartiger Sonderfall ist auch dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Arzt in offenem Dissens mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Gebührennummer ansetzt, weil er die Frage ihrer Abrechenbarkeit einer gerichtlichen Klärung zuführen will (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R -, aaO., juris Rdnr. 27 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. In diesem Sinne handelt es sich auch nicht um eine fehlerhafte Abrechnung einzelner Leistungen und kann die Leistungsüberschreitung erst nachträglich festgestellt werden. Im Übrigen dienen Budgetierungsmaßnahmen nur neben ihrer Steuerungsfunktion – der Berechnung des Honorars, bedeuten aber keine Wertigkeit der einzelnen Leistungen. Der tatsächliche Wert der Leistung kann nur praxisbezogen mit Hilfe des praxisindividuellen Punktwerts berechnet werden.
Die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.
Nach den genannten Regelungen der BedarfsplRL-Ä können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden.
Von daher scheidet die Begründung eines Vertrauensschutzes allein aufgrund der Untätigkeit der Beklagten aus. Aufgrund des Job-Sharing-Verhältnisses war der Klägerin das Bestehen einer Leistungsbegrenzung grundsätzlich bekannt und musste sie davon ausgehen, dass ihr eine darüber hinausgehende Leistungsvermehrung nicht möglich war. Soweit ihr die aktuellen Gesamtpunktzahlobergrenzen nicht bekannt waren, muss sie sich an den bisherigen Festsetzungen orientieren bzw. an der Festsetzung für das Vorjahr. Ggf. hätte sie die Beklagte hierzu um Auskunft ersuchen können. Insofern kommt dem Anpassungsfaktor eine Schutzwirkung zugunsten einer Job-Sharing-Praxis zu. Der Anpassungsfaktor ermöglicht der Job-Sharing-Praxis grundsätzlich so zu wachsen, wie auch die Fachgruppe insgesamt wächst. Es kann hier dahinstehen, ob bereits insofern Vertrauensschutz dahingehend besteht, dass trotz einer möglicherweise stärkeren Leistungsbegrenzung aufgrund eines "negativen" Wachstums der Fachgruppe der Job-Sharing-Praxis immer die im ersten Leistungsjahr bzw. später im Vorjahr festgesetzte Leistungsgrenze zuzugestehen ist, da die Leistungsgrenze des ersten Leistungsjahrs hier nicht unterschritten wird und die Klägerin Vertrauen aufgrund der Festsetzungen der Folgejahre nicht aufbauen konnte, da ihr diese nicht bekannt waren. Im Übrigen nimmt die Beklagte aufgrund des Vorstandsbeschlusses vom 28.04.2008 jedenfalls bis zur Bekanntgabe des Anpassungsfaktors keine Kürzungen unterhalb der ursprünglich festgesetzten Punktzahlobergrenze vor.
Die Beklagte hat allen quartalsmäßig ergehenden Honorarbescheiden ein Schreiben beigefügt, in dem sie u. a. ausführte:
"Die Prüfung, ob die im Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte angegebenen maximalen Punktzahlobergrenzen eingehalten worden sind, erfolgt jeweils bezogen auf ein Leistungsjahr. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich Überschreitungen mit möglichen Unterschreitungen jeweils innerhalb eines (Jahres-)Blocks von vier aufeinanderfolgenden Quartalen ausgleichen. Anbei erhalten Sie Ihre Honorarunterlagen des o. g. Quartals vorbehaltlich eventueller Honorarrückforderungen durch die Job-Sharing-Berechnung. Bezüglich der Prüfung ihrer Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der Punktzahlobergrenze im Rahmen des Job-Sharings werden wir Sie jeweils nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben informieren."
Soweit die Kammer in ihrem Urteil vom 09.09.2010 - S 12 KA 126/10 -, Berufung anhängig beim LSG Hessen - L 4 KA 71, 72 u 73/10 – aufgrund dieser Schreiben Vertrauensschutz zugebilligt hat, hat sie wesentlich darauf abgestellt, dass die Beklagte gerade trotz Ankündigung einer Überprüfung über Jahre hinweg untätig geblieben war. Im Fall der dortigen Klägerin lagen jedenfalls wenigstens auch im dritten und vierten Leistungsjahr nicht unerhebliche Überschreitungen der Leistungsbegrenzung vor, die die Beklagte nicht zu einer Rückforderung veranlasst hat, bzw. es war bei einer Überprüfung dann wegen Überschreitens der vierjährigen Verjährungsfrist eine Rückforderung nicht mehr möglich. Damit habe die Beklagte auch für die Job-Sharing-Praxis einen Vertrauenstatbestand gesetzt, als sie eine – letztlich unmittelbare – Prüfung nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres angekündigt habe. Soweit die Beklagte aber dann untätig geblieben sei, habe sich das Vertrauen bilden können, die Prüfung der Beklagten habe ergeben, dass eine Leistungsüberschreitung nicht vorliege oder aber die Beklagte werde von einer Rückforderung absehen. Dies gelte insbesondere für die Klägerin, die über Jahre bzw. 28 Quartale hinweg solche Schreiben erhalten habe, ohne dass eine weitere Reaktion der Beklagten erfolgt sei.
Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Von daher war der Klägerin im Hinblick auf die genannten Schreiben, auf die sich die Klägerin im Übrigen auch nicht, jedenfalls nicht bereits im Widerspruchsverfahren berufen hat, kein Vertrauensschutz zuzubilligen. Hinzu kommt, dass die Beklagte gerade im 1. Leistungsjahr mit Datum vom 25.10.2006 bereits für das Quartal II/05 auf die erhebliche Leistungsüberschreitung Honorarobergrenze: 3.636.619,1 Punkte; aktuelle Honoraranerkennung: 4.708.172,3 Punkte – hingewiesen hat. Einen weiteren Hinweis erhielt die Klägerin mit Datum vom 26.01.2007. Darin werden die entsprechenden Werte nochmals für das Quartal II/05 aufgeführt und um die Werte für die Quartale III und IV/05 ergänzt. Diese Schreiben wurden von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung selbst vorgelegt, sind ihr daher auch zugegangen. Gerade auch in Kombination mit dem allgemeinen Hinweisschreiben zur Überprüfung der Job-Sharing-Praxis konnte damit kein Vertrauen darauf entstehen, Gründe für eine Beanstandung seitens der Beklagten lägen nicht vor. Auch setzte die Klägerin ihr Abrechnungsverhalten in der Folgezeit fort und weitete das Leistungsvolumen sogar weiter aus, so dass ihr eindeutig klar sein musste, dass eine Überschreitung auch in den Folgequartalen vorlag.
Soweit die Klägerin auf die Beratung der Bezirksstelle in A-Stadt verweist, trägt sie vor, es sei kein Hinweis erfolgt, dass eine nachträgliche Rückforderung erfolgen könne. Damit wird aber nicht vorgetragen, es sei ihr versichert worden, eine nachträgliche Rückforderung werde nicht erfolgen. Eines ausdrücklichen Hinweises bedurfte es aber nicht. Bereits aus den genannten Regelungen folgt, dass eine Rückforderung erst nach Abschluss eines Leistungsjahres erfolgen kann. Hinzu kommt, dass die Klägerin durch die genannten Schreiben ausdrücklich auf eine nachträgliche Überprüfung hingewiesen worden sind. Im Übrigen wird seitens der von der Beklagten vorgelegten dienstlichen Stellungnahmen der von der Klägerin genannten Mitarbeiter der Beklagten dieser Sachvortrag der Klägerin ausdrücklich bestritten. Diese Frage einer evtl. Falsch- oder unzureichenden Beratung kann hier aber letztlich dahinstehen, da auch bei einer solch unterstellten Falschberatung hieraus keine Zusicherung erfolgt, die Beklagte werde von einer Honorarrückforderung absehen. Hierfür ist ferner eine Schriftform erforderlich (§ 34 Satz 1 SGB X). Auch bei "richtiger" Beratung hätte die vom Zulassungsausschuss festgesetzte Obergrenze weiter gegolten. Allenfalls hätte die Klägerin dann einen Antrag auf Festsetzung einer höheren Obergrenze beim Zulassungsausschuss stellen können. Von daher kommt aufgrund einer hier unterstellten Falschberatung allenfalls ein Amtshaftungsanspruch in Betracht, der aber im Hinblick auf die Bindung an die vom Zulassungsausschuss festgesetzten Obergrenzen eine Rechtswidrigkeit der Rückforderung nicht zu begründen vermag.
Insofern handelt es sich um einen Irrtum der Klägerin über die Folgen des Job-Sharings, der von fehlerhaften Vorstellungen ihrerseits herrührt und insbesondere auf der Annahme beruht, sog. extrabudgetäre Leistungen fielen nicht unter die Leistungsobergrenze. Warum der jedenfalls klärende Antrag beim Zulassungsausschuss seinerzeit nicht gestellt wurde, erschloss sich der Kammer auch nach der mündlichen Verhandlung nicht vollständig. Aus den genannten Rechtsgründen konnte die Kammer aber von einer weiteren Aufklärung absehen.
Soweit die Beklagte verpflichtet ist, den Anpassungsfaktor von Amts wegen mitzuteilen, und dieser Verpflichtung erst im Rückforderungsbescheid nachgekommen ist, folgt daraus nicht zwingend die Rechtswidrigkeit der Rückforderung. Der Anpassungsfaktor dient, auch nicht in Zusammenhang mit der vom Zulassungsausschuss festgesetzten Obergrenze, einer Steuerungsfunktion in dem Sinne, dass eine Job-Sharing-Praxis von einem vermehrten Leistungsgeschehen abgehalten werden soll. Diese Funktion kommt nur der Obergrenze selbst zu. Demgegenüber dient der Anpassungsfaktor, wie bereits ausgeführt, dem Schutz der Job-Sharing-Praxis, an allgemeinen Leistungsveränderungen innerhalb der Fachgruppe gleichberechtigt teilzunehmen. Von daher ist weder die grundsätzlich auch nur rückwirkend mögliche Mitteilung des Anpassungsfaktors zu beanstanden noch folgt aus der zunächst unterbliebenen Mitteilung die Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheids.
Nach allem war der Klage lediglich im tenorierten Umfang stattzugeben und war sie im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kosten des Verfahrens waren nach den Teilen des Obsiegens und Unterliegens aufzuteilen.
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