L 11 R 4795/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 111/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4795/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. August 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des dem Kläger ab 1.02.2006 gewährten Altersruhegeldes, insbesondere die Zuordnung der Beitragszeit vom 01.07.1974 bis 03.08.1987 zu der Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), streitig.

Der 1943 in Gura Sarati/Rumänien geborene Kläger hat vom 01.09.1957 bis 01.06.1960 die Berufsschule in K. besucht, war dann bis 24.10.1966 als Fräser, unterbrochen durch seine Militärdienstzeit vom 08.02.1964 bis 15.06.1965, beschäftigt. Danach besuchte er vom 01.09.1966 bis 15.07.1969 parallel zu seiner Berufstätigkeit als Elektriker die Technische Schule in K ... Ab 01.04.1970 war er als Techniker und ab 01.07.1974 als Subingenieur Prinzipal zunächst im Traktorenwerk B., anschließend ab 01.11.1984 bis 28.07.1987 bei der Industriezentrale für Traktoren und Verkehrsmittel, B., beschäftigt. Von 1971 bis 1974 besuchte er die Hochschule für Mechanik K., Fachgebiet Elektrotechnik, die er mit der Diplomprüfung als Subingenieur (Diplomurkunde vom 21.06.1974) abschloss. Am 04.08.1987 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über; er ist Inhaber des Vertriebenenausweises A.

Mit Urkunde des Landes Baden-Württemberg vom 03.02.1988 wurde dem Kläger die Genehmigung erteilt, in der Bundesrepublik Deutschland den akademischen Grad Diplom-Ingenieur (Fachhochschule) - Dipl.-Ing. (FH) - zu führen.

Mit den im Kontenklärungsverfahren ergangenen Bescheiden vom 20.06.2002 und 01.04.2003 stufte die Beklagte u.a. die Beitragszeit des Klägers vom 01.07.1974 bis 03.08.1987 in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI ein.

Mit Schreiben vom 21.12.2004, bei der Beklagten eingegangen am 03.02.2005, beantragte der Kläger die Überprüfung seiner rentenrechtlichen Zeiten nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Er machte u.a. geltend, er habe nach Absolvierung eines entsprechenden Studiums als Subingenieur gearbeitet. Die Universität B. sei eine Einrichtung mit Hochschulcharakter. Nach der Rechtsprechung sei das "qualitative Selbstverständnis im Herkunftsgebiet" heranzuziehen. Seine Tätigkeit als Subingenieur sei daher die eines Hochschulabsolventen. Die streitbefangene Zeit müsse somit der Qualifikationsgruppe 1 zugeordnet werden.

Mit Bescheid vom 02.05.2005 stellte die Beklagte die Beitragszeiten des Klägers neu fest, ordnete die Beitragszeit vom 01.07.1974 bis 03.08.1987 aber weiterhin der Qualifikationsgruppe 2 zu. Zur Begründung führte sie aus, die Überprüfung des Bescheides vom 01.04.2003 habe ergeben, dass hinsichtlich der zugeordneten Qualifikationsgruppe für die Tätigkeit in Rumänien weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Vielmehr seien die Versicherungszeiten zutreffend bewertet worden. Denn für einen Qualifikationsnachweis im Sinne der Qualifikationsgruppe 1 bedürfe es eines vier- bis sechsjährigen Studiengangs. Das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 07.10.2003 (L 13 RA 4254/00) betreffe ausschließlich pädagogische Institute.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, das Urteil des LSG differenziere nicht zwischen verschiedenen Studiengängen, sondern stelle generell auf das "qualitative Selbstverständnis der Bildungsgänge im Herkunftsgebiet" ab. Er habe seine Ausbildung an der Universität B. absolviert, welches selbstverständlich das Reifezeugnis erfordert und mit dem Erwerb einer Diplomurkunde geendet habe. Es habe sich insoweit um eine Ausbildung an einem Institut mit Hochschulcharakter gehandelt. Auch habe er stets Tätigkeiten entsprechend diesem Hochschulabschluss ausgeübt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, der Kläger habe eine verkürzte Hochschulausbildung von dreijähriger Dauer (vier Jahre im Abendstudium) absolviert. Verglichen mit der sonst üblichen längeren Studiendauer für den Erwerb eines Abschlusses als Ingenieur liege somit nur ein verkürztes Sonder- bzw. Teilstudium vor. Derartige verkürzte Studiengänge berechtigten nach der Definition der Anlage 13 zum SGB VI zu keiner Einstufung in die Qualifikationsgruppe 1. Das Diplom eines Subingenieurs stehe dem eines Ingenieurs nach voller Studiendauer nicht gleich. Bei der Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe sei das Abkommen zwischen der Regierung der DDR und der Regierung der SR Rumänien über die Äquivalenz der Dokumente der verschiedenen Bildungsstufen und der akademischen Grade vom 10.04.1986 zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus den jeweiligen Ziffern 3 der Definitionen der Qualifikationsgruppen 1 und 2 der Anlage 13 zum SGB VI. In diesen Abkommen werde in Art. 3 das Abschlusszeugnis als Unteringenieur dem Abschlusszeugnis der DDR-Ingenieur- bzw. Fachschulen gleichgestellt. Auch dies bestätige die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2.

Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren mit der ergänzenden Begründung weiter, sein Studium habe an einer Hochschulfakultät stattgefunden, alle für den späteren Beruf notwendigen Ausbildungsbereiche umfasst und mit dem Erhalt eines Diploms geendet. Somit habe er eine komplette Hochschulausbildung absolviert.

Mit Bescheid vom 13.01.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 01.02.2006 Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2006 zurück. Seine dagegen beim SG erhobene Klage (S 5 R 1612/06) wurde mit Beschluss vom 23.05.2006 zu dem Verfahren S 5 R 111/06 verbunden.

Mit Urteil vom 28.08.2006, der Beklagten zugestellt am 31.08.2006, verurteilte das SG die Beklagte, dem Kläger unter Einstufung der Zeiten vom 01.07.1974 bis zum 03.08.1987 in die Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI ab dem 01.02.2006 höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu gewähren. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Vormerkungsbescheid vom 02.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2005 habe sich mittlerweile durch die Bewilligung des Altersruhegeldes erledigt, so dass es ausschließlich auf den Rentenbescheid vom 13.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2006 ankomme. Die vom Kläger ab dem 01.07.1974 ausgeübte Tätigkeit als Unteringenieur im Traktorenwerk B. habe der eines Hochschulabsolventen entsprochen. Der Kläger habe drei Jahre lang die Technische Schule "S. R." B. besucht und dort im Juni 1966 die Abschlussprüfung als Techniker für Elektromechanik, Messgeräte und Automatisation bestanden. Ab April 1971 habe er die Ausbildung zum Subingenieur an der Hochschule für Mechanik in B. absolviert. Der Besuch der technischen Schule sei ab dem ersten Studienjahr gleichgestellt worden, so dass der Kläger direkt mit dem Lehrstoff des zweiten Studienjahres begonnen habe. Nach erfolgreicher Abschlussprüfung habe ihm die Hochschule im Juni 1974 das Diplom für Subingenieure verliehen. In Rumänien hätten drei Hauptebenen der beruflichen Bildung bestanden. Neben dem regulären Studium sei auch eine eingeschränkte Hochschulausbildung möglich gewesen. Dieses verkürzte Studium habe entweder an den jeweiligen Fakultäten der Universitäten oder an eigenständigen Bildungseinrichtungen durchgeführt werden können. Die Ausbildung im Vollzeitunterricht habe drei Jahre gedauert, in Abend- oder Fernstudium ein Jahr länger. Zwar habe die eingeschränkte Hochschulausbildung zu einem eigenständigen Qualifikationsniveau geführt, sei aber nach dem - hier maßgeblichen - rumänischen Verständnis dem Hochschulbereich zuzurechnen. Somit komme es auf die Prüfung der Gleichwertigkeit nach Satz 1 Nr. 3 i.V.m. dem Abkommen zwischen der Regierung der DDR und der Regierung der SR Rumänien über die Äquivalenz der Dokumente der verschiedenen Bildungsstufen und der akademischen Grade vom 10.04.1986 nicht an. Dieses Abkommen sei auch bereits am 03.10.1990 außer Kraft getreten. Zu keinem anderen Ergebnis führe auch der Vortrag der Beklagten, bei der Ausbildung habe es sich um ein verkürztes Sonderstudium gehandelt. Denn die Teilnehmer an einem verkürzten Sonderstudium zählten nach Satz 2 der Definition der Qualifikationsgruppe 1 nur dann nicht zu den Hochschulabsolventen, wenn das Sonderstudium nicht mit dem Erwerb eines Diploms oder Staatsexamens abschließe. Dies sei bei dem Kläger indessen nicht der Fall gewesen.

Mit ihrer dagegen am 20.09.2006 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, das SG habe zu Unrecht auf eine Prüfung verzichtet, welcher DDR-Qualifikation der rumänische Abschluss entsprochen habe. Nach dem demnach anzuwendenden Abkommen erfülle der Kläger die Voraussetzungen der Qualifikationsgruppe 1 nicht, da dies ein mindestens vierjähriges Studium voraussetze. Dabei müsse weiter berücksichtigt werden, dass der Abschluss als Subingenieur bzw. "Unteringenieur" auf einer praxisbezogenen Bildung für Fachkräfte des mittleren Managements, Baustellenleiter, Technologische Leiter und Produktionsorganisationen beruhe. Davon zu unterscheiden seien die tatsächlich wissenschaftlichen Hochschulabschlüsse. In einem Parallelverfahren beim 9. Senat (L 9 R 5583/05) habe das LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 20.03.2007) ebenso entschieden, nunmehr auch der 13.Senat (Urteil vom 27.02.2007, L 13 R 2185/03). Sie hat dem Senat noch die Auskunft des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland- Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen - vorgelegt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. August 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass der Umstand, dass in einzelnen Fällen die Ausbildung nur drei Jahre gedauert habe, unerheblich sei. Er habe nach Erwerb des Technikerabschlusses, welcher bereits die mittlere berufliche Ausbildungsebene darstelle, zusätzlich an der Universität K. (Fakultät für Mechanik) einen Diplomabschluss in einem Studiengang erworben, der nach dem qualitativen Verständnis im Herkunftsgebiet zweifelsfrei der Hochschulebene zuzuordnen sei.

Der Senat hat die Akte L 13 RA 4254/00 wie auch die Urteile vom 9. und 13. Senat beigezogen. Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da es bei der Berufung um Leistungen für mehr als ein Jahr geht.

Die danach insgesamt zulässige Berufung ist auch begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, dem Kläger höhere Altersrente unter Zuordnung der Beitragszeit vom 01.07.1974 bis 03.08.1987 zu der Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI ab dem 01.02.2006 zu gewähren. Der mit der Klage angefochtene Bescheid vom 13.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.04.2006 ist rechtmäßig, soweit die alleine streitgegenständliche Zuordnung der Beschäftigungszeiten des Klägers als Subingenieur zur Qualifikationsgruppe 2 betroffen ist. Die Voraussetzungen der vom Kläger begehrten Qualifikationsgruppe 1 sind indessen nicht erfüllt.

Maßgebend sind hier allein die Bestimmungen des SGB VI. Denn seit dem 01.01.1992 gelten nicht mehr die zuvor in den Anlagen zum Fremdrentengesetz (FRG) aufgeführten Leistungsgruppen, vielmehr werden die einzusetzenden Arbeitsverdienste - die der Festsetzung der Entgeltpunkte dienen - auf der Basis der Einkommensverhältnisse im Beitrittsgebiet ermittelt (§ 22 Abs. 1 Satz 1 FRG in der ab 01.01.1992 und seitdem im Wesentlichen unverändert geltenden Fassung durch Art. 20 Buchst. b i.V.m. Art. 42 Abs. 1 des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25.07.1991). Danach sollte die Bewertung nicht mehr auf der Grundlage der Einkommensverhältnisse im alten Bundesgebiet erfolgen, sondern auf derjenigen in der früheren DDR, anknüpfend an die dortigen Beschäftigungs- und Wirtschaftsstrukturen. An die Stelle der Leistungsgruppen treten seither die Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI mit den in Anlage 14 ausgewiesenen nach Wirtschaftsbereichen unterteilten Durchschnittsverdiensten. Das folgt aus der Verweisung in § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG auf § 256 b SGB VI.

Da der Kläger zwar noch vor dem 01.07.1990 ins Bundesgebiet übersiedelte, jedoch keinen Rentenanspruch vor dem 01.01.1996 hatte, kommt ihm auch kein Übergangsrecht zugute (vgl. Art. 6 § 4 Abs. 3 Satz 3 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz - FANG). Vielmehr ist in seinem Fall das Fremdrentengesetz uneingeschränkt anzuwenden.

Die Beschäftigung des Klägers vom 01.07.1974 bis 03.08.1987 ist nach Satz 1 der Anlage 13 zum SGB VI nicht der Qualifikationsgruppe 1 zuzuordnen.

Nach dieser Vorschrift sind Versicherte in eine der aufgeführten Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Die gesetzliche Einstufung knüpft somit an die Erfüllung von benannten (formellen) Qualifikationsmerkmalen und an die tatsächliche Ausübung einer den Qualifikationsmerkmalen entsprechenden Tätigkeit an. Die Qualifikationsmerkmale werden in den nachfolgenden Qualifikationsgruppen umschrieben (vgl. BSG SozR 4-2600 § 256 b Nr. 1). Kennzeichnend für die fünf Qualifikationsgruppen ist, dass unter Zugrundelegung formaler Kriterien (formaler Ausbildungsabschluss) eine Stufung von Berufsbildung vorgenommen wird. Die Qualifikationsgruppen spiegeln die Berufswelt der ehemaligen DDR wider und orientieren sich an den Richtlinien der früheren staatlichen Zentralverwaltung für Statistik für die Einstufung einer Beschäftigung in die dortigen fünf Qualifikationsgruppen (BSG SozR 4-5050 § 22 Nr. 3 - unter Hinweis auf das statistische Jahrbuch der DDR 1989, S. 110 f.).

Obwohl § 22 Abs. 1 FRG i.d.F. des RÜG von einer unmittelbaren Anwendung des § 256 b Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI und damit auch der Qualifikationsgruppenmerkmale der Anl. 13 zum SGB VI spricht, kann mit Blick auf Sachverhalte in Vertreibungsgebieten letztlich nur eine analoge Anwendung erfolgen. Das BSG hat daher ausgeführt, dass ausgehend von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems zu ermitteln ist, welcher Qualifikationsgruppe - übertragen auf die Verhältnisse der DDR - nach den Kriterien der Lohngruppenstatistik der DDR diese berufliche Ausbildung und Qualifikation materiell entspricht (BSG SozR 4-2600 § 256 b Nr. 1).

Ausgehend von diesem Maßstab erfüllt der Kläger die Qualifikationsmerkmale der Qualifikationsgruppe 1 nicht. Zur Qualifikationsgruppe 1 gehören Hochschulabsolventen, wobei es auf den förmlich zuerkannten Ausbildungsabschluss ankommt, der entweder ein Diplom oder ein Staatsexamen sein muss. Die Abschlüsse sind abschließend aufgeführt (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2007, a.a.0.) Dies sind 1. Personen, die in Form eines Direkt-, Fern-, Abend- oder Externstudiums an einer Universität, Hochschule, Ingenieurschule, Akademie oder an einem Institut mit Hochschulcharakter ein Diplom erworben oder ein Staatsexamen abgelegt haben, 2. Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder wissenschaftlicher Leistungen ein wissenschaftlicher Grad oder Titel zuerkannt worden ist (z.B. Attestation im Bereich Volksbildung, Dr. h.c., Professor) und 3. Inhaber gleichwertiger Abschlusszeugnisse staatlich anerkannter höherer Schulen und Universitäten. Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem verkürzten Sonderstudium (z.B. Teilstudium), das nicht mit dem Erwerb eines Diploms oder Staatsexamens abschließt. Zur Qualifikationsgruppe 2 gehören Fachschulabsolventen. Das sind, soweit hier einschlägig, 1. Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist, 3. Personen, die in staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach und ein entsprechendes Zeugnis besitzen. Die Bezugnahme auf die Gegebenheiten der DDR ist hierbei so zu verstehen, dass beim Vergleich mit der DDR das qualitative Selbstverständnis der Bildungsgänge im jeweils betroffenen Vertreibungsgebiet zu prüfen ist (vgl. Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 07.10.2003, L 13 RA 4254/00, veröffentlicht in Juris).

Das rumänische Bildungssystem der Nachkriegszeit weist folgende abgrenzbare Stufen auf: Berufsschulausbildung (reguläres Studium von vier bis sechs Jahren), eingeschränkte Hochschulausbildung (verkürzte Dauer von drei Jahren, beispielsweise Subingenieure, Lehrer), mittlere Berufsausbildung (Ausbildung von Technikern und Meistern), berufliche Grundbildung (qualifizierter Arbeiter) und einfache Berufsbildung (Vermittlung eines Anlernniveaus durch Absolvierung von Qualifikationskursen (vgl. Urteil des Hessischen LSG vom 23.05.2003, L 13 RJ 1086/00, veröffentlicht in Juris, unter Hinweis auf Müller, Die Qual mit den Qualifikationsgruppen, DAngVers 1999, S. 354 ff.). Das rumänische Bildungswesen kannte daher ein eigenständiges Berufsniveau der verkürzten, stärker berufsorientierten Hochschulausbildung, nämlich die Ebene des Studiums für Subingenieure, bauleitende Architekten etc. (vgl. Urteil des Bayerischen LSG vom 11.09.2003, L 14 RA 3/03, veröffentlicht in Juris). Dass die Ausbildung zum Subingenieur in Rumänien nicht der dortigen Qualifikation eines Ingenieurs entspricht, welche durch ein reguläres fünf- bzw. fünfeinhalb Jahre dauerndes Studium zu erreichen war, folgt auch aus der von der Beklagten vorgelegten Auskunft des Sekretariats der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland vom 08.01.2007. Danach wurden die 1968/1969 eingeführten Kurzstudiengänge mit der Berufsbezeichnung Unteringenieur (Subingenieur), die mit einer Diplomprüfung (Diploma de Subingenieur) abgeschlossen, speziell mit dem Ziel eingerichtet, Personen für eine mittlere technische Position zwischen den voll qualifizierten Ingenieuren und den Technikern bzw. Meistern auszubilden. Für die Unteringenieure gab es keine Möglichkeit eines Aufbaustudiums hin zur Qualifikation eines Ingenieurs.

Ausgehend davon hat der Kläger, auch wenn ihn die Ablegung der Diplomprüfung zur Erlangung eines akademischen Grades berechtigte, kein Diplom im Sinne der Nr. 1 der Qualifikationsgruppe 1 erworben. Zwar hatte die Hochschule für Mechanik K., Fachgebiet Elektrotechnik, Hochschulcharakter und verlangte das Reifezeugnis als Zugangsvoraussetzung, es handelt sich aber auch nach rumänischem Verständnis um eine verkürzte Hochschulausbildung im Unterschied zu den fünf- bis fünfeinhalbjährigen Ingenieurstudiengängen, wie sich aus der Auskunft des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland- Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen - vom 08.01.2007 ergibt. Danach handelte es sich um einen als mittlere technische Ausbildung eingeführten, zwei bis dreijährigen Kurzstudiengang, der mit der Verleihung des "Diploma de Subinginer" endete.

In Fällen wie dem vorliegenden muss entsprechend den Verhältnissen in der ehemaligen DDR, in der eine dem heutigen deutschen Fachhochschulbereich entsprechende Qualifikationsebene nicht bestand, nach Hoch- oder Fachschulabschluss unterschieden werden mit der Folge, dass der Kläger trotz seines Studiums an einer Hochschule wegen des angestrengten Studienganges im Rahmen der Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zutreffend in die den Fachschulbereich umfassende Qualifikationsgruppe 2 eingestuft worden ist (so auch LSG Baden-Württemberg vom 20.03.2007, L 9 R 5583/05 Revision anhängig BSG B 4 R 45/07 R).

Im sogenannten Äquivalenzabkommen zwischen der DDR und Rumänien vom 10.04.1986 war daher der in einem solchen dreijährigen Kurzstudium erworbene Abschluss zum Subingenieur einem Ingenieur- bzw. Fachschulabschluss in der DDR gleichgestellt, während eine Vergleichbarkeit von rumänischen Hochschulabschlüssen mit dem der DDR nur bei den nicht verkürzten, mindestens vierjährigen Ausbildungsgängen gegeben war (vgl. Urteil des Bayerischen LSG vom 11.09.2003, aaO). Das Äquivalenzabkommen ist zwar heute nicht mehr gültig. Dennoch kann es für die vom Gesetzgeber angeordnete Beurteilung von damaligen Bildungsabschlüssen entsprechend den Verhältnissen in der DDR zur Auslegung herangezogen werden (so auch LSG Baden-Württemberg vom 20.03.2007 a.a.O.).

Der hier zu entscheidende Fall unterscheidet sich auch nach Auffassung des erkennenden Senats von dem Sachverhalt, welcher dem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 07.10.2003, a.a.O., zugrunde lag. Danach war das Studium für das Lehramt für die Mittelstufe an allgemeinbildenden Schulen mit einer Studiendauer von anfänglich zwei und dann drei Jahren an dem der Universität angeschlossenen Pädagogischen Institut nach rumänischem Verständnis als Hochschulstudium zu bewerten. Hiermit korrespondierte, dass in der DDR ein beruflicher Einsatz möglich gewesen wäre, bei welchem im Vergleich mit den Studiengängen der DDR die nur dreijährige Dauer als wesentliche Qualifikationsvoraussetzung vernachlässigt worden wäre. Demgegenüber handelt es sich bei der Ausbildung zum Subingenieur nach rumänischem Verständnis um eine gegenüber der regulären Ingenieurausbildung verkürzte Ausbildung, die einen beruflichen Einsatz als Ingenieur grundsätzlich nicht ermöglichte und die auch übertragen auf die Verhältnisse der DDR nicht als Hochschulausbildung zu bewerten ist.

Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen des Satzes 2 der Definition der Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI. Denn er hat fortwährend eine seiner Ausbildung als Subingenieur entsprechende Tätigkeit ausgeübt, wie sich insbesondere aus der Adeverinta Nr. 233 vom 27.01.1988 ergibt. Er hat damit in Rumänien keinen gegenüber seinem Ausbildungsabschluss höherwertigen Beruf vollwertig ausgeübt und war nicht auf einem Niveau tätig, auf dem er die notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse eines Ingeniers, der auch ein reguläres Ingenieurstudium abgeschlossen hat, hätte erwerben können. Nach der bereits erwähnten Auskunft der ständigen Konferenz der Kultusminister vom 08.01.2007 wäre bei dem in Rumänien in den siebziger Jahren herrschenden Mangel an mittlerem Fachpersonal ein Zugang zu Ingenieurstellen mit einer Unteringenieurausbildung auch nur schwer vorstellbar gewesen.

Daher war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.08.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil er der Frage, welche Anforderungen an die Qualifikationsmerkmale für die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI zu stellen sind, grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Rechtskraft
Aus
Saved