Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 1323/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1189/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 24. Februar 2005 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2003 wird aufgehoben.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin ein Fünftel ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sowie die Ablehnung einer weiteren Anpassung des Jahresarbeitsverdienstes.
Die 1940 geborene Klägerin rutschte am 6.3.1997 bei ihrer Tätigkeit als Reinigungsfrau in einem Schwimmbad auf einer nassen Treppe aus und stürzte auf das linke Knie. Der Orthopäde Dr. F., den die Klägerin nach Ende ihrer Arbeitszeit aufsuchte, punktierte 6 ml blutig seröse Flüssigkeit und diagnostizierte ein posttraumatisches Hämarthros am linken Knie. Als unfallunabhängige Veränderungen stellte er eine initiale und retropatellare Gonarthrose links fest (H-Bericht vom 6.3.1997). Bei einer Arthroskopie am 12.3.1997 stellte Dr. F. eine ältere Lappenruptur am äußersten Außenmeniskushinterhorn, oberflächliche degenerative Knorpelschäden am Condylus sowie am Tibiaplateau fest. Intercondylär fand er ein stark elongiertes, an seinem proximalen Ansatz partiell rupturiertes vorderes Kreuzband mit Einblutungen sowie im medialen Gelenkkompartiment einen Lappenanriss am Innenmeniskus (Operationsbericht vom 12.3.1997). Er bescheinigte der Klägerin Arbeitsunfähigkeit bis 6.4.1997 und verneinte eine MdE in rentenberechtigendem Grade. Die Behandlung wegen der Unfallfolgen endete am 31.5.1997.
Wegen fortbestehender Belastungs- und Ruheschmerzen im linken Kniegelenk stellte sich die Klägerin am 23.10.1997 erneut bei Dr. F. vor. Dieser führte die Beschwerden auf eine unfallunabhängig aufgetretene Osteoarthrose zurück (Bericht vom 24.10.1997).
Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Klägerin von der AOK F. bei, holte eine Auskunft bei Dr. F. über unfallunabhängige Kniebehandlungen der Klägerin (7.3., 22.6., 2.9. und 8.10.1996) ein und beauftragte Dr. F. mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieser stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 14.9.1998 folgende Unfallfolgen fest: "Anteriore ligamentäre Instabilität im linken Kniegelenk, posttraumatischer Reizzustand des linken Kniegelenks". Die MdE schätzte er wie folgt ein: vom 07.4.1997 bis 20.4.1997 60% vom 21.4.1997 bis 30.6.1997 30% vom 30.6.1997 bis a. w. 10%. Unfallunabhängig fänden sich bei der Klägerin eine betont mediale Gonarthrose links, eine mäßige Gonarthrose rechts, eine Spreiz-Senkfuß-Deformität beidseits sowie ein Zustand nach distaler Radiusfraktur links.
Mit Bescheid vom 25.3.1999 gewährte die Beklagte der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 6.3.1997 eine Rente als vorläufige Entschädigung. Diese betrug entsprechend dem Vorschlag ihres Beratungsarztes Dr. E. vom 10.10.1998 vom 07.4.1997 bis 20.4.1997 60 vH vom 21.4.1997 bis 30.6.1997 30 vH vom 01.7.1997 bis 31.8.1997 20 vH vom 01.9.1997 bis a. w. 10 vH.
Als Folgen des Arbeitsunfalls anerkannte die Beklagte am linken Kniegelenk: "Vordere Bandinstabilität sowie ein zur Zeit noch auf den Unfall zurückzuführender Reizzustand als Folge einer Teilruptur des vorderen Kreuzbandes".
Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden nicht anerkannt: Betont mediale Gonarthrose links, mäßige Gonarthrose rechts, Senk-Spreizfuß-Deformität beidseits, Zustand nach Bruch der linken Speiche und nachfolgender Verlängerungsoperation als Folge des Arbeitsunfalls vom 26.11.90, Ausriss der Strecksehne an der Basis des 5. Fingers links als Folge des Arbeitsunfalls vom 4.1.94, Adipositas, Fibromyalgie-Syndrom, leichte Fehlstellung beider Kniegelenke, Bluthochdruck, Bronchitis, Zuckerkrankheit, vermehrte Neutralfette, Kopfschmerzen und Somatisierungstörung des linken Arms und der linken Körperseite.
Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag gewährte die Beklagte der Klägerin wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 26.11.1990 eine Verletztenrente ab 6.3.1997 nach einer MdE um 10 vH. Seit 1.9.1998 erhält die Klägerin wegen der Folgen dieses Unfalls eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH (Bescheid vom 24.11.1999).
Gegen den erstgenannten Bescheid vom 25.3.1999 (Unfall vom 6.3.1997) legte die Klägerin am 26.4.1999 Widerspruch ein und machte geltend, eine MdE um 10 vH sei zu niedrig. Sie legte ein Attest des Orthopäde Dr. E. vom 17.6.1999 vor, der ausführte, die beiderseitigen, jedoch links führenden Kniegelenksschmerzen ließen sich auf die Gonarthrose zurückführen. Der angegebene Sturz im Jahr 1997 habe zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der Schmerzsymptomatik geführt.
Dr. F. vertrat in der Stellungnahme vom 19.7.1999 die Ansicht, eine MdE von 10 vH für die Unfallfolgen am linken Kniegelenk (vordere Bandinstabilität als Folge einer Teilruptur des vorderen Kreuzbandes) sei zutreffend und ausreichend. Die Hauptursache für die geklagten Schmerzen und die Funktionseinschränkung am linken Kniegelenk sei die in seinem Gutachten beschriebene Gonarthrose mit Höhenminderung des medialen Gelenksspaltes um etwa die Hälfte und osteophytärer Ausziehung des medialen und lateralen Tibiaplateaus wie auch der Condylen, welche unfallunabhängig sei und nachgewiesenermaßen bereits vor dem Unfall bestanden habe.
Die Klägerin legte Arztbriefe der Chirurgischen Universitätsklinik F., Abt. Orthopädie, vom 23.7., 18.8. und 19.11.1999 sowie vom 7.1.2000 und des L.-Krankenhauses vom 25.8.1999 vor.
Die Beklagte beauftragte Professor Dr. W. mit der Begutachtung der Klägerin. Dieser führte im Gutachten vom 20.4.2000 aus, die Klägerin sei schon vor dem Unfall vom 6.3.1997 wegen degenerativer Veränderungen im Bereich des linken Kniegelenks behandelt worden; auch sei bereits damals von Reizergüssen im Bereich des linken Kniegelenks berichtet worden. Ein blutig seröser Erguss komme nicht nur bei einem frischen Kniebinnentrauma vor, sondern sei auch bei einem chronischen Reizzustand möglich. Bei der am 12.3.1997 durchgeführten Arthroskopie sei lediglich von einem seriösen Erguss berichtet worden. Es stelle sich somit die Frage, ob die Klägerin überhaupt eine frische Kniebinnenverletzung erlitten habe. Nach der intraoperativen Begutachtung sei die Kontinuität des vorderen Kreuzbandes erhalten gewesen, es sei jedoch elongiert und teilruptiert gewesen. Zusätzlich seien frische Einblutungen im Bereich des proximalen Ansatzes des vorderen Kreuzbandes gesehen worden. Erstaunlicherweise sei bei späteren Untersuchungen keine Lockerung der vorderen Kreuzbandführung festgestellt worden. Deswegen stelle sich die Frage nach dem Ausmaß des Schadens im Bereich des vorderen Kreuzbandes. Um dies weiter abklären zu können, sei die Beiziehung der intraoperativ angefertigten Video-Prints bzw. Video-Bandaufzeichnungen erforderlich. Nach dem derzeitigen Wissensstand sei es am wahrscheinlichsten, dass sich die Klägerin eine Prellung bzw. Zerrung im Bereich des linken Kniegelenks zugezogen habe, deren Folgen rasch abgeklungen seien. Durch den Unfall sei es damit zu einer vorübergehenden abgrenzbaren Verschlimmerung eines Vorschadens im Bereich des linken Kniegelenks gekommen.
Im Befundbericht der Radiologischen Universitätsklinik F. vom 26.7.2000 lautet die Beurteilung: Medialseitig betonte Gonarthrose unter linksseitiger Führung mit konsekutiven Abstützreaktionen; beidseits Zeichen einer Retropatellararthrose, kein Nachweis eines Traumas bzw. einer Traumafolge. Kein Nachweis einer intraartikulären Verkalkung bzw. eines Körpers.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 1.8.2000 führte Professor Dr. W. aus, die überlassenen Kopien der Video-Prints seien von so schlechter Qualität, dass eine genaue Beurteilung nicht möglich sei. Zur Darstellung kämen degenerative Veränderungen der Gelenkfläche. Eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß liege nicht vor.
Mit Anhörungsschreiben vom 6.12.2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, auf Grund der Beurteilung von Professor Dr. W. sei der Bescheid vom 25.3.1999 als rechtswidrig begünstigend einzustufen. Da eine Rücknahme aus Vertrauensschutzgründen nicht in Betracht komme, sei beabsichtigt, einen Bescheid nach § 48 Abs. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) X mit Wirkung zum 1.7.2001 zu erlassen mit der Konsequenz, dass Rentenanpassungen nach §§ 89, 95 SGB X nicht mehr vorzunehmen seien.
Mit Bescheid 25.1.2001 lehnte die Beklagte die Anpassung des dem Bescheid vom 25.3.1999 zu Grunde liegenden Jahresarbeitsverdienstes gem. § 95 SGB VII unter Hinweis auf § 48 Abs. 3 SGB X ab.
Die Beklagte holte eine Auskunft bei dem Orthopäde Dr. S. vom 7.9.2001 ein und beauftragte Professor Dr. H., Ärztlicher Direktor am Zentrum für Chirurgie am K.hospital S., mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage. Dieser gelangte im Gutachten vom 17.7.2002 zum Ergebnis, die Klägerin habe sich bei dem Unfall vom 6.3.1997 eine Prellung bzw. Zerrung des linken Kniegelenks zugezogen. Die beschriebenen Schäden von Meniskus und Knorpel seien alt; eine Gonarthrose habe schon vor dem Unfallereignis bestanden. In der MRT-Untersuchung vom Dezember 1999 sei das Fehlen des vorderen Kreuzbandes dokumentiert. Nach dem Arthroskopiebericht von Dr. F. vom 12.3.1997 sei jedoch von einem vorgeschädigten und insuffizienten vorderen Kreuzband auszugehen. Dr. F. beschreibe ein stark elongiertes vorderes Kreuzband mit frischen Einblutungen. Bei der Elongation des vorderen Kreuzbandes sei von einer vorbestehenden Teilschädigung des antero-medialen Anteils des Kreuzbandes auszugehen, wobei bei dem Unfall vom 6.3.1997 vermutlich der funktionell wenig bedeutsame postero-laterale Anteil des Kreuzbandes ruptiert sei. Die Zerreißung der Restfasern des vorderen Kreuzbandes bei dem Unfall vom 6.3.1997 sei daher als Gelegenheitsursache bei vorbestehender Insuffizienz des vorderen Kreuzbandes anzusehen. Die MdE wegen der Unfallfolgen sei daher ab dem 7.4.1997 mit unter 10 vH einzuschätzen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.4.2003 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 25.3.1999 und vom 25.1.2001 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die im Bescheid vom 25.3.1999 getroffenen Feststellungen zur MdE entsprächen den in der gesetzlichen Unfallversicherung maßgebenden MdE-Erfahrungssätzen. Allerdings sei bei der Erteilung des Bescheides vom 25.3.1999 von der falschen Voraussetzung ausgegangen worden, dass sich die Klägerin bei dem Unfall vom 6.3.1997 eine Teilruptur des vorderen Kreuzbandes am linken Kniegelenk zugezogen habe und dass als Folge dieser Ruptur noch eine vordere Bandinstabilität sowie ein Reizzustand bestünden. Nach den Feststellungen von Professor Dr. W., die von Professor Dr. H. bestätigt worden seien, habe sich die Klägerin am 6.3.1997 lediglich eine Prellung bzw. Zerrung im Bereich des linken Kniegelenks zugezogen, deren Folgen rasch abgeklungen seien. Der Bescheid vom 25.1.2001 sei daher zu Recht ergangen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 15.5.2003 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg, mit der sie geltend machte, die MdE wegen der Unfallfolgen betrage mindestens 20 vH.
Das SG beauftragte Dr. H., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung der H. R. Klinik, mit der Begutachtung der Klägerin. Dieser führte im Gutachten vom 22.12.2003 aus, zum Unfallzeitpunkt hätten bereits fortgeschrittene Arthrosezeichen vorgelegen. Im Rahmen des Unfallereignisses könne es im Sinne einer Gelegenheitsursache zur Rissbildung am Außen- und Innenmeniskus bei bereits vorbestehendem degenerativen Schaden gekommen sei. Im Rahmen der kurz darauf erfolgten Arthroskopie seien diese Verletzungen saniert worden. Geblieben seien die Beschwerden, die auf die vorbestehende unfallunabhängige Arthrose zurückzuführen seien. Die unfallbedingte MdE liege seit dem 7.4.1997 unter 10 vH.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.2.2005 wies das SG die Klage - gestützt auf die Gutachten von Prof. Dr. W., Professor Dr. H. und Dr. H. - ab. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 1.3.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23.3.2005 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und vorgetragen, die Beurteilung von Professor Dr. W., Professor Dr. H. und Dr. H. könne sie keinesfalls als Entscheidungsgrundlage akzeptieren.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 24. Februar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2003 aufzuheben und den Bescheid vom 25. März 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides am 15. April 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine höhere Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch überwiegend nicht begründet. Mit dem Bescheid vom 25.3.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.2003 hat die Beklagte der Klägerin zu Recht ab 1.9.1997 lediglich noch eine Verletztenrente nach einer MdE um 10 vH gewährt. Zu Unrecht hat die Beklagte jedoch mit Bescheid vom 25.1.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2003 die weitere Anpassung des Jahresarbeitsverdienstes auf Grund künftiger Rentenanpassungsgesetz abgelehnt.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII ). Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben (§ 62 Abs. 2 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII; vgl. auch BSGE 63, 207, 209 = SozR 2200 § 581 Nr. 28). Dabei kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich wissenschaftlichem Gebiet. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung; sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind (vgl. BSG SozR 2200 § 581 Nrn. 22 und 23). Bei der Beurteilung der MdE sind aber auch die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden und einem ständigen Wandel unterliegen (vgl. BSG SozR 2200 § 581 Nr. 23 und 27). Bei einer Vielzahl von Unfallfolgen haben sich im Laufe der Zeit für die Schätzung der MdE Erfahrungswerte herausgebildet. Sie sind in Form von Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst und dienen als Anhaltspunkte für die MdE Einschätzung im Einzelfall. Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte bilden lediglich die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, und gewährleisten, dass alle Betroffenen bei der medizinischen Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden (Ruppelt in Schulin HS UV, § 48 RdNr 28). Den MdE Tabellen kommt nicht der Rechtscharakter einer gesetzlichen Norm zu. Sie können vielmehr als antizipierte Sachverständigengutachten angesehen werden, um den unbestimmten Rechtsbegriff der MdE auszufüllen (BSG SozR 3 2200 § 581 Nr. 5).
Ausgehend von diesen Rechtsvorschriften und den vom BSG hierzu entwickelten Rechtsgrundsätzen ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass der Klägerin ab 1.9.1997 wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 6.3.1997 keine höhere Verletztenrente als nach einer MdE um 10 vH zusteht. Bei seiner Beurteilung stützt sich der Senat auf das nachvollziehbare Gutachten des Orthopäden Dr. F. vom 14.9.1998 und seine Stellungnahme vom 19.7.1999 sowie die Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. E. vom 10.10.1998, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Beide Ärzte schätzen die MdE für die Unfallfolgen ab 1.7.1997 übereinstimmend auf 10 vH. Hiervon abweichende ärztliche Beurteilungen, die die von der Klägerin begehrte höhere Verletztenrente nach eine MdE um 20 vH stützen würden, liegen nicht vor. Eine solche ergibt sich auch nicht aus der bei dem Orthopäden Dr. S. im Parallelverfahren nach dem Schwerbehindertengesetz vom SG Freiburg (S 6 SB 3223/01) eingeholten sachverständigen Zeugenaussage vom 11.6.2002. Zwar schätzt dieser den Grad der Behinderung (GdB) für die Kniegelenksarthrose mit deutlicher Bewegungseinschränkung beidseits auf 20 vH. Dabei beurteilt er jedoch den Gesamtschaden an beiden Kniegelenken, ohne zwischen unfallabhängigen und unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen zu unterscheiden. Die Kriterien für die Einschätzung des GdB nach dem Schwerbehindertengesetz sind darüberhinaus andere als für die Beurteilung der MdE im Unfallversicherungsrecht. Hierzu führt das BSG folgendes aus:
"Vom GdB im Schwerbehindertenrecht, der sich nach der früheren Formulierung an dem durch regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustände verursachten Umfang der Funktionsstörungen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (vgl die offizielle Bezeichnung und § 3 Abs 1 des Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz); BSGE 82, 176 = SozR 3-3870 § 4 Nr 24) und nach der heutigen Formulierung an den Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft orientiert (§ 69 Abs 1 Satz 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX), ist die MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung, die auf die durch die Folgen des Versicherungsfalls verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens abstellt, grundsätzlich zu unterscheiden (BSG SozR 2200 § 551 Nr 15, 23 jeweils mwN, Burchardt, aaO § 56 RdNr 72a, 88). Darüber hinaus gibt es im Schwerbehindertenrecht und im sozialen Entschädigungsrecht bindend vorgeschriebene Mindestvomhundertsätze für den GdB bzw die MdE für erhebliche äußere Körperschäden (vgl § 69 Abs 2 Satz 4 SGB IX , § 30 Abs 1 Satz 6 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) sowie die dazu ergangene Verwaltungsvorschrift Nr 5 zu § 30 BVG ), die für die gesetzliche Unfallversicherung nicht gelten" (BSG, Urt. vom 22.6.2004 - B 2 U 14/03 R - in Juris.
Darüber hinaus rechtfertigt der von Dr. F. erhobene Befund am linken Kniegelenk auch keine höhere MdE als 10 vH. Denn die Kniegelenksbeweglichkeit war lediglich geringfügig eingeschränkt (links 0-0-130, rechts 5-0-130); die Kapselschwellung war nur mäßig ausgeprägt, ein intraartikulärer Erguss war nicht vorhanden; die Lockerung der vorderen Kreuzbandführung war nur mäßig. Die bei der Klägerin vorliegende betont mediale Gonarthrose links und die mäßige Gonarthrose rechts sind unfallunabhängig, wie Dr. F. im Gutachten vom 14.9.1998 nachvollziehbar ausführt und was durch die zumindest seit März 1996 dokumentierte Behandlung wegen Kniebeschwerden belegt ist.
Angesichts dessen ist der Bescheid vom 25.3.1999 nicht zu beanstanden, insbesondere auch nicht hinsichtlich der von der Klägerin für fehlerhaft gehaltenen MdE-Einschätzung um 10 vH ab 1.9.1997.
Der Bescheid vom 25.1.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.2003 ist jedoch rechtswidrig, da die Beklagte nicht befugt war, die der Klägerin auf Grund des Bescheides vom 25.3.1999 zustehende Versichertenrente von weiteren Anpassungen auszunehmen.
Nach § 48 Abs. 3 SGB X darf unter der Voraussetzung, dass ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann, und eine Änderung nach § 48 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X zu Gunsten des Betroffenen eingetreten ist, die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Eine Abschmelzung nach § 48 Abs. 3 SGB X kommt nur dann in Betracht, wenn erwiesen ist, dass nach den Verhältnissen und den Beurteilungsmaßstäben im Zeitpunkt der Rentenbewilligung die für die Kausalität zwischen dem Versicherungsfall und dessen Folgen sprechenden Umstände den Grad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit nicht erreichen (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67).
Vorliegend ist jedoch nicht erwiesen, dass der Bescheid vom 25.3.1999 rechtswidrig ist. Die Beklagte hat die Rechtswidrigkeit des Bescheides damit begründet, dass es nach Auffassung von Professor Dr. W. - entgegen den Feststellungen im Bescheid vom 25.3.1999 - nicht zu einer Teilruptur des vorderen Kreuzbandes mit Bandinstabilität und Reizzustand gekommen sei, sondern lediglich zu einer Prellung/Zerrung.
Durch die Gutachten von Prof. Dr. W., Prof. Dr. H.und Dr. H. ist jedoch nicht erwiesen, dass ein Kausalzusammenhang zwischen Arbeitsunfall vom 6.3.1997, dem Sturz auf das linke Knie, und der Teilruptur des vorderen Kreuzbandes mit Bandinstabilität und Reizzustand nicht wahrscheinlich ist. Denn für einen Kausalzusammenhang spricht zunächst, dass sich die Klägerin wegen des Sturzes am 6.3.1997 am selben Tag mit Beschwerden bei Dr. F. vorstellte, dieser ein Hämarthros diagnostizierte und 6 ml blutig seröse Flüssigkeit punktierte. Weiter spricht hierfür, dass Dr. F. bei der Arthroskopie vom 12.3.1997 einen geringen klarflüssigen Erguss und ein an seinem proximalen Ansatz partiell rupturiertes vorderes Kreuzband mit frischen Einblutungen fand, sodass Dr. F. für den Senat nachvollziehbar zum Ergebnis gelangt ist, dass es sich dabei um eine frische Verletzung handelte.
So weit Prof. Dr. W. meint, ein blutig-seriöser Kniegelenkserguss müsse nicht auf ein frisches Kniebinnentrauma zurückzuführen sein, sondern sei auch beim chronischen Reizzustand möglich, handelt es sich allenfalls um eine Möglichkeit und keinen Nachweis, dass die Teilruptur des vorderen Kreuzbandes mit frischen Einblutungen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Kniesturz zurückzuführen ist. Darüber hinaus ist auch nicht erwiesen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls an einem chronischen Reizzustand des linken Knies gelitten hat, sodass schon deswegen dieser Umstand bei der Abwägung mit anderen Ursachen (hier: Sturz auf das linke Knie) nicht berücksichtigt werden kann. Denn wenn eine Ursache nicht sicher festgestellt werden kann, stellt sich nicht einmal die Frage, ob sie im konkreten Einzelfall auch nur als Ursache im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn in Betracht zu ziehen ist (BSGE 61, 127 ff). Aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. F. vom 8.7.1998 ergibt sich nämlich, dass lediglich am 7.3. 1996, ein Jahr vor dem Unfallereignis, ein intraartikulärer Erguss an beiden Kniegelenken bestand. Bei den weiteren Untersuchungen vom 2.6., 2.9. und 8.10.1996 wurden dagegen jeweils reizfreie Weichteilverhältnisse an beiden Kniegelenken beschrieben.
Professor Dr. H. vermutet eine vorbestehende Teilschädigung des antero-medialen Anteils des Kreuzbandes und lediglich eine Zerreißung der Restfasern des vorderen Kreuzbandes bei dem Unfall vom 6.3.1997. Da jedoch eine Vorschädigung des Kreuzbandes nicht nachgewiesen ist, kann diese auch nicht als Ursache mitberücksichtigt werden, wie oben dargelegt wurde. Auch geht er zu Unrecht davon aus, dass es sich bei dem Sturz auf das Knie um eine Gelegenheitsursache gehandelt hat. Eine solche liegt vor, wenn bei der Abwägung der kausalen Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar ist, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Eigenart unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedarf, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende, ähnlich gelagerte Ereignis zu etwa derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 222). Vorliegend ist jedoch ein gravierender Vorschaden am vorderen Kreuzbandes vor dem Unfall nicht nachgewiesen und auch nicht feststellbar, dass es ohne den Unfall in etwa zur selben Zeit zu einer partiellen Kreuzbandruptur gekommen wäre.
Das Gutachten von Dr. H. belegt ebenfalls nicht, dass die Teilruptur des vorderen Kreuzbandes mit Bandinstabilität und Reizzustand nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Sturz auf das linke Knie zurückzuführen ist, zumal Dr. H. nicht ausschließt, dass es bei dem Unfallereignis vom 6.3.1997 zu einer Rissbildung am Außen- und Innenmeniskus gekommen sein kann. Zu Unrecht geht er jedoch davon aus, dass es sich bei dem Unfallereignis um eine Gelegenheitsursache gehandelt hat. Unstreitig ist, dass Gonarthrosen links und rechts nicht Folgen des Arbeitsunfall sind. Diese Gesundheitsstörungen hat die Beklagte schon im Bescheid vom 25.3.1999 ausdrücklich nicht als Gesundheitsstörungen anerkannt.
Da nach alledem die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 25.3.1999 nicht erwiesen ist, kommt eine Abschmelzung gem. § 48 Abs. 3 SGB X nicht in Betracht.
Auf die Berufung der Klägerin war deswegen der Bescheid vom 25.1.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.2003 aufzuheben. Im übrigen war die Berufung zurückzuweisen.
Da die Berufung der Klägerin lediglich in geringem Umfang Erfolg hatte, hat die Beklagte der Klägerin auch nur ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten gem. § 193 SGG zu erstatten.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin ein Fünftel ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sowie die Ablehnung einer weiteren Anpassung des Jahresarbeitsverdienstes.
Die 1940 geborene Klägerin rutschte am 6.3.1997 bei ihrer Tätigkeit als Reinigungsfrau in einem Schwimmbad auf einer nassen Treppe aus und stürzte auf das linke Knie. Der Orthopäde Dr. F., den die Klägerin nach Ende ihrer Arbeitszeit aufsuchte, punktierte 6 ml blutig seröse Flüssigkeit und diagnostizierte ein posttraumatisches Hämarthros am linken Knie. Als unfallunabhängige Veränderungen stellte er eine initiale und retropatellare Gonarthrose links fest (H-Bericht vom 6.3.1997). Bei einer Arthroskopie am 12.3.1997 stellte Dr. F. eine ältere Lappenruptur am äußersten Außenmeniskushinterhorn, oberflächliche degenerative Knorpelschäden am Condylus sowie am Tibiaplateau fest. Intercondylär fand er ein stark elongiertes, an seinem proximalen Ansatz partiell rupturiertes vorderes Kreuzband mit Einblutungen sowie im medialen Gelenkkompartiment einen Lappenanriss am Innenmeniskus (Operationsbericht vom 12.3.1997). Er bescheinigte der Klägerin Arbeitsunfähigkeit bis 6.4.1997 und verneinte eine MdE in rentenberechtigendem Grade. Die Behandlung wegen der Unfallfolgen endete am 31.5.1997.
Wegen fortbestehender Belastungs- und Ruheschmerzen im linken Kniegelenk stellte sich die Klägerin am 23.10.1997 erneut bei Dr. F. vor. Dieser führte die Beschwerden auf eine unfallunabhängig aufgetretene Osteoarthrose zurück (Bericht vom 24.10.1997).
Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Klägerin von der AOK F. bei, holte eine Auskunft bei Dr. F. über unfallunabhängige Kniebehandlungen der Klägerin (7.3., 22.6., 2.9. und 8.10.1996) ein und beauftragte Dr. F. mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieser stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 14.9.1998 folgende Unfallfolgen fest: "Anteriore ligamentäre Instabilität im linken Kniegelenk, posttraumatischer Reizzustand des linken Kniegelenks". Die MdE schätzte er wie folgt ein: vom 07.4.1997 bis 20.4.1997 60% vom 21.4.1997 bis 30.6.1997 30% vom 30.6.1997 bis a. w. 10%. Unfallunabhängig fänden sich bei der Klägerin eine betont mediale Gonarthrose links, eine mäßige Gonarthrose rechts, eine Spreiz-Senkfuß-Deformität beidseits sowie ein Zustand nach distaler Radiusfraktur links.
Mit Bescheid vom 25.3.1999 gewährte die Beklagte der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 6.3.1997 eine Rente als vorläufige Entschädigung. Diese betrug entsprechend dem Vorschlag ihres Beratungsarztes Dr. E. vom 10.10.1998 vom 07.4.1997 bis 20.4.1997 60 vH vom 21.4.1997 bis 30.6.1997 30 vH vom 01.7.1997 bis 31.8.1997 20 vH vom 01.9.1997 bis a. w. 10 vH.
Als Folgen des Arbeitsunfalls anerkannte die Beklagte am linken Kniegelenk: "Vordere Bandinstabilität sowie ein zur Zeit noch auf den Unfall zurückzuführender Reizzustand als Folge einer Teilruptur des vorderen Kreuzbandes".
Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden nicht anerkannt: Betont mediale Gonarthrose links, mäßige Gonarthrose rechts, Senk-Spreizfuß-Deformität beidseits, Zustand nach Bruch der linken Speiche und nachfolgender Verlängerungsoperation als Folge des Arbeitsunfalls vom 26.11.90, Ausriss der Strecksehne an der Basis des 5. Fingers links als Folge des Arbeitsunfalls vom 4.1.94, Adipositas, Fibromyalgie-Syndrom, leichte Fehlstellung beider Kniegelenke, Bluthochdruck, Bronchitis, Zuckerkrankheit, vermehrte Neutralfette, Kopfschmerzen und Somatisierungstörung des linken Arms und der linken Körperseite.
Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag gewährte die Beklagte der Klägerin wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 26.11.1990 eine Verletztenrente ab 6.3.1997 nach einer MdE um 10 vH. Seit 1.9.1998 erhält die Klägerin wegen der Folgen dieses Unfalls eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH (Bescheid vom 24.11.1999).
Gegen den erstgenannten Bescheid vom 25.3.1999 (Unfall vom 6.3.1997) legte die Klägerin am 26.4.1999 Widerspruch ein und machte geltend, eine MdE um 10 vH sei zu niedrig. Sie legte ein Attest des Orthopäde Dr. E. vom 17.6.1999 vor, der ausführte, die beiderseitigen, jedoch links führenden Kniegelenksschmerzen ließen sich auf die Gonarthrose zurückführen. Der angegebene Sturz im Jahr 1997 habe zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der Schmerzsymptomatik geführt.
Dr. F. vertrat in der Stellungnahme vom 19.7.1999 die Ansicht, eine MdE von 10 vH für die Unfallfolgen am linken Kniegelenk (vordere Bandinstabilität als Folge einer Teilruptur des vorderen Kreuzbandes) sei zutreffend und ausreichend. Die Hauptursache für die geklagten Schmerzen und die Funktionseinschränkung am linken Kniegelenk sei die in seinem Gutachten beschriebene Gonarthrose mit Höhenminderung des medialen Gelenksspaltes um etwa die Hälfte und osteophytärer Ausziehung des medialen und lateralen Tibiaplateaus wie auch der Condylen, welche unfallunabhängig sei und nachgewiesenermaßen bereits vor dem Unfall bestanden habe.
Die Klägerin legte Arztbriefe der Chirurgischen Universitätsklinik F., Abt. Orthopädie, vom 23.7., 18.8. und 19.11.1999 sowie vom 7.1.2000 und des L.-Krankenhauses vom 25.8.1999 vor.
Die Beklagte beauftragte Professor Dr. W. mit der Begutachtung der Klägerin. Dieser führte im Gutachten vom 20.4.2000 aus, die Klägerin sei schon vor dem Unfall vom 6.3.1997 wegen degenerativer Veränderungen im Bereich des linken Kniegelenks behandelt worden; auch sei bereits damals von Reizergüssen im Bereich des linken Kniegelenks berichtet worden. Ein blutig seröser Erguss komme nicht nur bei einem frischen Kniebinnentrauma vor, sondern sei auch bei einem chronischen Reizzustand möglich. Bei der am 12.3.1997 durchgeführten Arthroskopie sei lediglich von einem seriösen Erguss berichtet worden. Es stelle sich somit die Frage, ob die Klägerin überhaupt eine frische Kniebinnenverletzung erlitten habe. Nach der intraoperativen Begutachtung sei die Kontinuität des vorderen Kreuzbandes erhalten gewesen, es sei jedoch elongiert und teilruptiert gewesen. Zusätzlich seien frische Einblutungen im Bereich des proximalen Ansatzes des vorderen Kreuzbandes gesehen worden. Erstaunlicherweise sei bei späteren Untersuchungen keine Lockerung der vorderen Kreuzbandführung festgestellt worden. Deswegen stelle sich die Frage nach dem Ausmaß des Schadens im Bereich des vorderen Kreuzbandes. Um dies weiter abklären zu können, sei die Beiziehung der intraoperativ angefertigten Video-Prints bzw. Video-Bandaufzeichnungen erforderlich. Nach dem derzeitigen Wissensstand sei es am wahrscheinlichsten, dass sich die Klägerin eine Prellung bzw. Zerrung im Bereich des linken Kniegelenks zugezogen habe, deren Folgen rasch abgeklungen seien. Durch den Unfall sei es damit zu einer vorübergehenden abgrenzbaren Verschlimmerung eines Vorschadens im Bereich des linken Kniegelenks gekommen.
Im Befundbericht der Radiologischen Universitätsklinik F. vom 26.7.2000 lautet die Beurteilung: Medialseitig betonte Gonarthrose unter linksseitiger Führung mit konsekutiven Abstützreaktionen; beidseits Zeichen einer Retropatellararthrose, kein Nachweis eines Traumas bzw. einer Traumafolge. Kein Nachweis einer intraartikulären Verkalkung bzw. eines Körpers.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 1.8.2000 führte Professor Dr. W. aus, die überlassenen Kopien der Video-Prints seien von so schlechter Qualität, dass eine genaue Beurteilung nicht möglich sei. Zur Darstellung kämen degenerative Veränderungen der Gelenkfläche. Eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß liege nicht vor.
Mit Anhörungsschreiben vom 6.12.2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, auf Grund der Beurteilung von Professor Dr. W. sei der Bescheid vom 25.3.1999 als rechtswidrig begünstigend einzustufen. Da eine Rücknahme aus Vertrauensschutzgründen nicht in Betracht komme, sei beabsichtigt, einen Bescheid nach § 48 Abs. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) X mit Wirkung zum 1.7.2001 zu erlassen mit der Konsequenz, dass Rentenanpassungen nach §§ 89, 95 SGB X nicht mehr vorzunehmen seien.
Mit Bescheid 25.1.2001 lehnte die Beklagte die Anpassung des dem Bescheid vom 25.3.1999 zu Grunde liegenden Jahresarbeitsverdienstes gem. § 95 SGB VII unter Hinweis auf § 48 Abs. 3 SGB X ab.
Die Beklagte holte eine Auskunft bei dem Orthopäde Dr. S. vom 7.9.2001 ein und beauftragte Professor Dr. H., Ärztlicher Direktor am Zentrum für Chirurgie am K.hospital S., mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage. Dieser gelangte im Gutachten vom 17.7.2002 zum Ergebnis, die Klägerin habe sich bei dem Unfall vom 6.3.1997 eine Prellung bzw. Zerrung des linken Kniegelenks zugezogen. Die beschriebenen Schäden von Meniskus und Knorpel seien alt; eine Gonarthrose habe schon vor dem Unfallereignis bestanden. In der MRT-Untersuchung vom Dezember 1999 sei das Fehlen des vorderen Kreuzbandes dokumentiert. Nach dem Arthroskopiebericht von Dr. F. vom 12.3.1997 sei jedoch von einem vorgeschädigten und insuffizienten vorderen Kreuzband auszugehen. Dr. F. beschreibe ein stark elongiertes vorderes Kreuzband mit frischen Einblutungen. Bei der Elongation des vorderen Kreuzbandes sei von einer vorbestehenden Teilschädigung des antero-medialen Anteils des Kreuzbandes auszugehen, wobei bei dem Unfall vom 6.3.1997 vermutlich der funktionell wenig bedeutsame postero-laterale Anteil des Kreuzbandes ruptiert sei. Die Zerreißung der Restfasern des vorderen Kreuzbandes bei dem Unfall vom 6.3.1997 sei daher als Gelegenheitsursache bei vorbestehender Insuffizienz des vorderen Kreuzbandes anzusehen. Die MdE wegen der Unfallfolgen sei daher ab dem 7.4.1997 mit unter 10 vH einzuschätzen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.4.2003 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 25.3.1999 und vom 25.1.2001 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die im Bescheid vom 25.3.1999 getroffenen Feststellungen zur MdE entsprächen den in der gesetzlichen Unfallversicherung maßgebenden MdE-Erfahrungssätzen. Allerdings sei bei der Erteilung des Bescheides vom 25.3.1999 von der falschen Voraussetzung ausgegangen worden, dass sich die Klägerin bei dem Unfall vom 6.3.1997 eine Teilruptur des vorderen Kreuzbandes am linken Kniegelenk zugezogen habe und dass als Folge dieser Ruptur noch eine vordere Bandinstabilität sowie ein Reizzustand bestünden. Nach den Feststellungen von Professor Dr. W., die von Professor Dr. H. bestätigt worden seien, habe sich die Klägerin am 6.3.1997 lediglich eine Prellung bzw. Zerrung im Bereich des linken Kniegelenks zugezogen, deren Folgen rasch abgeklungen seien. Der Bescheid vom 25.1.2001 sei daher zu Recht ergangen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 15.5.2003 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg, mit der sie geltend machte, die MdE wegen der Unfallfolgen betrage mindestens 20 vH.
Das SG beauftragte Dr. H., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung der H. R. Klinik, mit der Begutachtung der Klägerin. Dieser führte im Gutachten vom 22.12.2003 aus, zum Unfallzeitpunkt hätten bereits fortgeschrittene Arthrosezeichen vorgelegen. Im Rahmen des Unfallereignisses könne es im Sinne einer Gelegenheitsursache zur Rissbildung am Außen- und Innenmeniskus bei bereits vorbestehendem degenerativen Schaden gekommen sei. Im Rahmen der kurz darauf erfolgten Arthroskopie seien diese Verletzungen saniert worden. Geblieben seien die Beschwerden, die auf die vorbestehende unfallunabhängige Arthrose zurückzuführen seien. Die unfallbedingte MdE liege seit dem 7.4.1997 unter 10 vH.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.2.2005 wies das SG die Klage - gestützt auf die Gutachten von Prof. Dr. W., Professor Dr. H. und Dr. H. - ab. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 1.3.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23.3.2005 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und vorgetragen, die Beurteilung von Professor Dr. W., Professor Dr. H. und Dr. H. könne sie keinesfalls als Entscheidungsgrundlage akzeptieren.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 24. Februar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2003 aufzuheben und den Bescheid vom 25. März 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides am 15. April 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine höhere Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch überwiegend nicht begründet. Mit dem Bescheid vom 25.3.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.2003 hat die Beklagte der Klägerin zu Recht ab 1.9.1997 lediglich noch eine Verletztenrente nach einer MdE um 10 vH gewährt. Zu Unrecht hat die Beklagte jedoch mit Bescheid vom 25.1.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2003 die weitere Anpassung des Jahresarbeitsverdienstes auf Grund künftiger Rentenanpassungsgesetz abgelehnt.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII ). Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben (§ 62 Abs. 2 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII; vgl. auch BSGE 63, 207, 209 = SozR 2200 § 581 Nr. 28). Dabei kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich wissenschaftlichem Gebiet. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung; sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind (vgl. BSG SozR 2200 § 581 Nrn. 22 und 23). Bei der Beurteilung der MdE sind aber auch die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden und einem ständigen Wandel unterliegen (vgl. BSG SozR 2200 § 581 Nr. 23 und 27). Bei einer Vielzahl von Unfallfolgen haben sich im Laufe der Zeit für die Schätzung der MdE Erfahrungswerte herausgebildet. Sie sind in Form von Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst und dienen als Anhaltspunkte für die MdE Einschätzung im Einzelfall. Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte bilden lediglich die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, und gewährleisten, dass alle Betroffenen bei der medizinischen Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden (Ruppelt in Schulin HS UV, § 48 RdNr 28). Den MdE Tabellen kommt nicht der Rechtscharakter einer gesetzlichen Norm zu. Sie können vielmehr als antizipierte Sachverständigengutachten angesehen werden, um den unbestimmten Rechtsbegriff der MdE auszufüllen (BSG SozR 3 2200 § 581 Nr. 5).
Ausgehend von diesen Rechtsvorschriften und den vom BSG hierzu entwickelten Rechtsgrundsätzen ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass der Klägerin ab 1.9.1997 wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 6.3.1997 keine höhere Verletztenrente als nach einer MdE um 10 vH zusteht. Bei seiner Beurteilung stützt sich der Senat auf das nachvollziehbare Gutachten des Orthopäden Dr. F. vom 14.9.1998 und seine Stellungnahme vom 19.7.1999 sowie die Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. E. vom 10.10.1998, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Beide Ärzte schätzen die MdE für die Unfallfolgen ab 1.7.1997 übereinstimmend auf 10 vH. Hiervon abweichende ärztliche Beurteilungen, die die von der Klägerin begehrte höhere Verletztenrente nach eine MdE um 20 vH stützen würden, liegen nicht vor. Eine solche ergibt sich auch nicht aus der bei dem Orthopäden Dr. S. im Parallelverfahren nach dem Schwerbehindertengesetz vom SG Freiburg (S 6 SB 3223/01) eingeholten sachverständigen Zeugenaussage vom 11.6.2002. Zwar schätzt dieser den Grad der Behinderung (GdB) für die Kniegelenksarthrose mit deutlicher Bewegungseinschränkung beidseits auf 20 vH. Dabei beurteilt er jedoch den Gesamtschaden an beiden Kniegelenken, ohne zwischen unfallabhängigen und unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen zu unterscheiden. Die Kriterien für die Einschätzung des GdB nach dem Schwerbehindertengesetz sind darüberhinaus andere als für die Beurteilung der MdE im Unfallversicherungsrecht. Hierzu führt das BSG folgendes aus:
"Vom GdB im Schwerbehindertenrecht, der sich nach der früheren Formulierung an dem durch regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustände verursachten Umfang der Funktionsstörungen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (vgl die offizielle Bezeichnung und § 3 Abs 1 des Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz); BSGE 82, 176 = SozR 3-3870 § 4 Nr 24) und nach der heutigen Formulierung an den Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft orientiert (§ 69 Abs 1 Satz 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX), ist die MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung, die auf die durch die Folgen des Versicherungsfalls verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens abstellt, grundsätzlich zu unterscheiden (BSG SozR 2200 § 551 Nr 15, 23 jeweils mwN, Burchardt, aaO § 56 RdNr 72a, 88). Darüber hinaus gibt es im Schwerbehindertenrecht und im sozialen Entschädigungsrecht bindend vorgeschriebene Mindestvomhundertsätze für den GdB bzw die MdE für erhebliche äußere Körperschäden (vgl § 69 Abs 2 Satz 4 SGB IX , § 30 Abs 1 Satz 6 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) sowie die dazu ergangene Verwaltungsvorschrift Nr 5 zu § 30 BVG ), die für die gesetzliche Unfallversicherung nicht gelten" (BSG, Urt. vom 22.6.2004 - B 2 U 14/03 R - in Juris.
Darüber hinaus rechtfertigt der von Dr. F. erhobene Befund am linken Kniegelenk auch keine höhere MdE als 10 vH. Denn die Kniegelenksbeweglichkeit war lediglich geringfügig eingeschränkt (links 0-0-130, rechts 5-0-130); die Kapselschwellung war nur mäßig ausgeprägt, ein intraartikulärer Erguss war nicht vorhanden; die Lockerung der vorderen Kreuzbandführung war nur mäßig. Die bei der Klägerin vorliegende betont mediale Gonarthrose links und die mäßige Gonarthrose rechts sind unfallunabhängig, wie Dr. F. im Gutachten vom 14.9.1998 nachvollziehbar ausführt und was durch die zumindest seit März 1996 dokumentierte Behandlung wegen Kniebeschwerden belegt ist.
Angesichts dessen ist der Bescheid vom 25.3.1999 nicht zu beanstanden, insbesondere auch nicht hinsichtlich der von der Klägerin für fehlerhaft gehaltenen MdE-Einschätzung um 10 vH ab 1.9.1997.
Der Bescheid vom 25.1.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.2003 ist jedoch rechtswidrig, da die Beklagte nicht befugt war, die der Klägerin auf Grund des Bescheides vom 25.3.1999 zustehende Versichertenrente von weiteren Anpassungen auszunehmen.
Nach § 48 Abs. 3 SGB X darf unter der Voraussetzung, dass ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann, und eine Änderung nach § 48 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X zu Gunsten des Betroffenen eingetreten ist, die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Eine Abschmelzung nach § 48 Abs. 3 SGB X kommt nur dann in Betracht, wenn erwiesen ist, dass nach den Verhältnissen und den Beurteilungsmaßstäben im Zeitpunkt der Rentenbewilligung die für die Kausalität zwischen dem Versicherungsfall und dessen Folgen sprechenden Umstände den Grad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit nicht erreichen (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67).
Vorliegend ist jedoch nicht erwiesen, dass der Bescheid vom 25.3.1999 rechtswidrig ist. Die Beklagte hat die Rechtswidrigkeit des Bescheides damit begründet, dass es nach Auffassung von Professor Dr. W. - entgegen den Feststellungen im Bescheid vom 25.3.1999 - nicht zu einer Teilruptur des vorderen Kreuzbandes mit Bandinstabilität und Reizzustand gekommen sei, sondern lediglich zu einer Prellung/Zerrung.
Durch die Gutachten von Prof. Dr. W., Prof. Dr. H.und Dr. H. ist jedoch nicht erwiesen, dass ein Kausalzusammenhang zwischen Arbeitsunfall vom 6.3.1997, dem Sturz auf das linke Knie, und der Teilruptur des vorderen Kreuzbandes mit Bandinstabilität und Reizzustand nicht wahrscheinlich ist. Denn für einen Kausalzusammenhang spricht zunächst, dass sich die Klägerin wegen des Sturzes am 6.3.1997 am selben Tag mit Beschwerden bei Dr. F. vorstellte, dieser ein Hämarthros diagnostizierte und 6 ml blutig seröse Flüssigkeit punktierte. Weiter spricht hierfür, dass Dr. F. bei der Arthroskopie vom 12.3.1997 einen geringen klarflüssigen Erguss und ein an seinem proximalen Ansatz partiell rupturiertes vorderes Kreuzband mit frischen Einblutungen fand, sodass Dr. F. für den Senat nachvollziehbar zum Ergebnis gelangt ist, dass es sich dabei um eine frische Verletzung handelte.
So weit Prof. Dr. W. meint, ein blutig-seriöser Kniegelenkserguss müsse nicht auf ein frisches Kniebinnentrauma zurückzuführen sein, sondern sei auch beim chronischen Reizzustand möglich, handelt es sich allenfalls um eine Möglichkeit und keinen Nachweis, dass die Teilruptur des vorderen Kreuzbandes mit frischen Einblutungen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Kniesturz zurückzuführen ist. Darüber hinaus ist auch nicht erwiesen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls an einem chronischen Reizzustand des linken Knies gelitten hat, sodass schon deswegen dieser Umstand bei der Abwägung mit anderen Ursachen (hier: Sturz auf das linke Knie) nicht berücksichtigt werden kann. Denn wenn eine Ursache nicht sicher festgestellt werden kann, stellt sich nicht einmal die Frage, ob sie im konkreten Einzelfall auch nur als Ursache im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn in Betracht zu ziehen ist (BSGE 61, 127 ff). Aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. F. vom 8.7.1998 ergibt sich nämlich, dass lediglich am 7.3. 1996, ein Jahr vor dem Unfallereignis, ein intraartikulärer Erguss an beiden Kniegelenken bestand. Bei den weiteren Untersuchungen vom 2.6., 2.9. und 8.10.1996 wurden dagegen jeweils reizfreie Weichteilverhältnisse an beiden Kniegelenken beschrieben.
Professor Dr. H. vermutet eine vorbestehende Teilschädigung des antero-medialen Anteils des Kreuzbandes und lediglich eine Zerreißung der Restfasern des vorderen Kreuzbandes bei dem Unfall vom 6.3.1997. Da jedoch eine Vorschädigung des Kreuzbandes nicht nachgewiesen ist, kann diese auch nicht als Ursache mitberücksichtigt werden, wie oben dargelegt wurde. Auch geht er zu Unrecht davon aus, dass es sich bei dem Sturz auf das Knie um eine Gelegenheitsursache gehandelt hat. Eine solche liegt vor, wenn bei der Abwägung der kausalen Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar ist, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Eigenart unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedarf, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende, ähnlich gelagerte Ereignis zu etwa derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 222). Vorliegend ist jedoch ein gravierender Vorschaden am vorderen Kreuzbandes vor dem Unfall nicht nachgewiesen und auch nicht feststellbar, dass es ohne den Unfall in etwa zur selben Zeit zu einer partiellen Kreuzbandruptur gekommen wäre.
Das Gutachten von Dr. H. belegt ebenfalls nicht, dass die Teilruptur des vorderen Kreuzbandes mit Bandinstabilität und Reizzustand nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Sturz auf das linke Knie zurückzuführen ist, zumal Dr. H. nicht ausschließt, dass es bei dem Unfallereignis vom 6.3.1997 zu einer Rissbildung am Außen- und Innenmeniskus gekommen sein kann. Zu Unrecht geht er jedoch davon aus, dass es sich bei dem Unfallereignis um eine Gelegenheitsursache gehandelt hat. Unstreitig ist, dass Gonarthrosen links und rechts nicht Folgen des Arbeitsunfall sind. Diese Gesundheitsstörungen hat die Beklagte schon im Bescheid vom 25.3.1999 ausdrücklich nicht als Gesundheitsstörungen anerkannt.
Da nach alledem die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 25.3.1999 nicht erwiesen ist, kommt eine Abschmelzung gem. § 48 Abs. 3 SGB X nicht in Betracht.
Auf die Berufung der Klägerin war deswegen der Bescheid vom 25.1.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.2003 aufzuheben. Im übrigen war die Berufung zurückzuweisen.
Da die Berufung der Klägerin lediglich in geringem Umfang Erfolg hatte, hat die Beklagte der Klägerin auch nur ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten gem. § 193 SGG zu erstatten.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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