Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 1479/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 733/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der beim Kläger diagnostizierte Blepharospasmus (Krampf des Augenlids) Folge eines Arbeitsunfalls ist.
Der 1961 geborene Kläger führte als Vertriebsingenieur für seinen Beschäftigungsbetrieb am 27.02.2003 eine Laserinstallation durch. Dabei wurde der Laser versehentlich auf volle Leistung eingeschaltet und der Kläger blickte in starkes Streulicht einer nicht abgedeckten Schraube.
Mit Schreiben vom 23.05.2003 zeigte der Arbeitgeber der Beklagten dieses an einem Donnerstag aufgetretene Ereignis als Arbeitsunfall an. Bei dem Vorfall habe der Kläger Schmerz empfunden, jedoch noch gut gesehen. Nachdem sich in der folgenden Woche Sehschwierigkeiten eingestellt hätten, habe er eine Augenärztin aufgesucht, die außer einem trockenen Auge keine weitere Diagnose gestellt habe. Einige Tage später stellte er sich erneut einem Augenarzt vor, da Schmerzen im linken Auge aufgetreten seien. Der Kläger habe über eine extreme Lichtempfindlichkeit geklagt und der Arzt habe ein trockenes Auge und sonst keinen weiteren Befund festgestellt. Nach einer weiteren Woche sei das Autofahren gefährlich geworden und der Kläger habe wegen zunehmender Schmerzhaftigkeit einen Neurologen aufgesucht, der ihn krankgeschrieben habe.
Die Beklagte holte Arztberichte ein. Der Augenarzt Dr. L. hatte den Kläger vom 07. bis 17.03.2003 behandelt. Bei der Erstuntersuchung habe er über eine starke Lichtempfindlichkeit und einen Reizzustand an beiden Augen geklagt. Angaben über einen Laserunfall seien nicht gemacht worden. Er habe beidseits einen ausgeprägten konjunctivalen Reizzustand und eine Keratocojunktivitis sicca diagnostiziert und auf Wunsch des Klägers eine neurologische Zusatzuntersuchung veranlasst (Arztbericht vom 10.09.2003). Beigefügt war der Arztbrief des Neurologen Dr. G. vom 23.04.2003, der beim Kläger einen Blepharospasmus diagnostiziert hatte und die anamnestischen Angaben des Klägers, bereits seit zwei Jahren unter besonderer Licht- und Blendempfindlichkeit zu leiden, mitteilte. Der Neurologe Dr. G. berichtete der Beklagten, den Kläger seit April 2003 wegen eines Blepharospasmus zu behandeln, es handle sich nach seiner Einschätzung um eine faziale Dystonie. Ein Zusammenhang mit dem geltend gemachten Ereignis sei nicht nachvollziehbar (Arztbericht vom 09.09.2003). Augenarzt Dr. M. hatte den Kläger am 22.04.2003 untersucht. Er fand eine erhebliche Benetzungsstörung der Hornhaut und Symptome eines Blepharospasmus beidseits. Nach Durchsicht der Literatur sei ihm ein Zusammenhang zwischen Blepharospasmus und Blendung durch Laser nicht aufgefallen. Zur Klärung des Zusammenhangs empfahl er, ein Gutachten einer Universitätsaugenklinik einzuholen (Arztbericht vom 01.09.2003). Dr. Sch. erhob beim Kläger am 05.05.2003 einen in allen Teilen regelrechten Befund am rechten Auge und links einen konjunktivalen Reizzustand bei geringer Hornhauterosion (Augenarztbericht vom 19.08.2003). Dr. O., Neurologe und Psychiater, untersuchte den Kläger am 13.05.2003. Er erhob einen neurologisch und psychiatrisch unauffälligen Befund. Als vorläufige Diagnose benannte er einen bilateralen synchronen schweren Blepharospasmus infolge einer Blendung durch Laserstrahl mit interkurrenter Konjunktivitis. Die Blendung durch den Laserstrahl und die nachfolgende Konjunktivitis könne überwiegende Teilursache des Blepharospasmus sein, er empfehle ein Gutachten bei Prof. Dr. R. einzuholen (Arztbericht vom 16.10.2003).
In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.09.2003 hielt Dr. Z. einen Zusammenhang für denkbar und empfahl eine gutachterliche Untersuchung in einer Universitätsklinik.
Die Beklagte holte daraufhin das Gutachten vom 29.03.2004 mit ergänzender Stellungnahme vom 07.06.2004 ein. Darin verneinte Prof. Dr. R. einen Zusammenhang des beim Kläger diagnostizierten Blepharospasmus mit der Blendung durch Laserlicht. Beim Kläger liege ein essenzieller Blepharospasmus vor, der zum Formenkreis der fokalen Dystonien gehöre, für die als Ursache eine Störung im Bereich der Basalganglien des Gehirns allgemein angenommen werde. Nebenbefundlich bestehe ein Sicca-Syndrom (trockene Augen). Eine passagere oberflächliche Hornhautentzündung durch Streustrahlung sei denkbar, wie sie bei Exposition der Augen gegenüber UV-Licht beim Schweißen oder unter der Höhensonne häufiger auftrete. Allerdings träten die Beschwerden schon etwa einen halben Tag nach dem schädigenden Ereignis auf, nach Angaben des Klägers seien gerötete Augen und Lichtempfindlichkeit bei ihm erst zirka zwei Tage nach dem Laserunfall aufgetreten. Die erste augenärztliche Untersuchung eine Woche nach dem Unfall habe keine Veränderung in der Hornhaut ergeben, wie es auch bei den Fällen durch UV-Strahlung nicht mehr möglich gewesen wäre festzustellen. Eine bleibende Schädigung der Hornhaut sei durch vorbehandelnde Ärzte und auch bei der jetzigen Untersuchung nicht festzustellen gewesen. Die Hornhauterosion spreche nicht dagegen. Sie sei ausreichend durch das Sicca-Syndrom i. V. m. dem durch die Lidkrämpfe bedingten erhöhten Druck der Lider auf die Hornhaut zu erklären. Eine Schädigung nicht nur der Epithelschicht (vorderste Zellschicht) der Hornhaut sei zwingend mit einem transparenten Verlust der Hornhaut verbunden, was beim Kläger nicht vorliege. Die Ausbildung eines essenziellen Blepharospasmus durch eine Schädigung der Hornhaut, selbst wenn sie bleibende und sichtbare Folgen hervorgerufen hätte, sei außerdem nicht bekannt und auch theoretisch nicht denkbar. Weder in der Literatur noch bei den eigenen klinischen Beobachtungen der wegen essenziellem Blepharospasmus behandelten Patienten in der Universitätsklinik B. sei ein solcher Zusammenhang erkennbar geworden. In einer Studie an der Universitätsaugenklinik in Bonn seien über 2500 Patienten mit Lidkrämpfen erfasst worden, darunter seien 3/4 mit essenziellem Blepharospasmus gewesen. Es habe sich darunter kein Patient mit Zustand nach Laserunfall oder nach Verblitzung befunden. Die Ursachen einer fokalen Dystonie seien Veranlagung, langfristige Einnahme von Psychopharmaka oder Neuroleptika, frühkindliche Hirnschäden oder eine spätere Hirnschädigung. Hinweise auf eine Hirnschädigung des Klägers durch den angeschuldigten Laserunfall gebe es nicht. Beim Kläger sei von einer primären Dystonie, wie bei den meisten an einer Dystonie Erkrankten, auszugehen, eine definitive Krankheitsursache könne nicht gefunden werden.
Mit Bescheid vom 08.07.2004 stellte die Beklagte das Ereignis vom 27.02.2003 als Arbeitsunfall fest, lehnte die Feststellung des Zusammenhangs zwischen dem Blepharospasmus und dem Arbeitsunfall sowie die Gewährung von Leistungen ab.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers mit der Begründung, es sei undenkbar, dass die Fehlbedienung des Lasergerätes ohne Beeinträchtigung des Auges abgelaufen sein soll, zudem reiche ein mittelbarer Zusammenhang aus, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005 zurück.
Der Kläger hat am 19.04.2005 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben und hat zur Begründung behauptet – was er später nicht mehr aufrechterhalten hat (Schriftsatz vom 20.04.2006) -, bei Prof. Dr. R. noch längere Zeit in Behandlung gewesen zu sein. Zwischenzeitlich halte dieser einen Zusammenhang als hochgradig wahrscheinlich. Der Blepharospasmus sei außerdem unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis aufgetreten, weshalb nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins ein Zusammenhang anzunehmen sei. Es liege in der Natur dieser seltenen und außergewöhnlichen Erkrankung, dass man nicht mit letzter Sicherheit die genaue Entstehungsgeschichte wiederzugeben in der Lage sei.
Das Sozialgericht hat die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. R. vom 16.01.2006 eingeholt. Er hat angegeben, den Kläger nicht behandelt, sondern nur zweimal untersucht zu haben, einmal zur Erstellung des Gutachtens für die Beklagte und einmal am 09.06.2005 im Auftrag der Privatversicherung des Klägers. Die Kausalitätsfrage werde von ihm unverändert wie im vorgelegten Gutachten beurteilt.
Das Sozialgericht hat außerdem das augenärztliche Gutachten vom 29.07.2006 eingeholt. Darin hat der Sachverständige Dr. H. den gutachtlichen Schlussfolgerung von Prof. Dr. R. zugestimmt und ebenfalls einen Zusammenhang des Blepharospasmus mit dem Unfall verneint. Beschwerden seien erst sieben bis acht Tage nach dem Ereignis aufgetreten, bis zum 17.03.2003 sei nur eine Benetzungsstörung und sonst kein auffälliger Befund erhoben worden, das lange zeitliche Intervall zwischen Ereignis und Beschwerden sei untypisch. In der Literatur werde eine trigeminale Irritation, zum Beispiel durch Entzündung des vorderen Augenabschnitts, als häufige Ursache eines passager auftretenden, nicht aber für einen permanenten Blepharospasmus beschrieben. Auch seine Literaturrecherche habe keine Quelle ergeben, die einen Zusammenhang zwischen Laserlichtunfall und danach auftretendem Blepharospasmus beschreibe oder belege.
Mit richterlicher Verfügung vom 03.08.2006 ist unter Hinweis auf das übersandte Gutachten angefragt worden, ob die Klage zurückgenommen werde. An die Erledigung der Anfrage ist mit richterlicher Verfügung vom 18.10.2006 erinnert und Frist bis 03.11.2006 gesetzt worden. Am 07.11.2006 hat der Kläger beantragt, ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einzuholen, den als Sachverständigen zu bestimmenden Arzt Prof. Dr. J. hat der Kläger dem Gericht am 21.11.2006 benannt.
Nach Anhörung der Beteiligten (richterliche Verfügung vom 09.11.2006) hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 04.01.2007 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es sich auf die Gutachten von Prof. Dr. R. und Dr. H. gestützt. Den Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG hat es abgelehnt, weil er aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden sei.
Gegen den dem Kläger am 12.01.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 12.02.2007 Berufung eingelegt und mit Telefax vom 26.07.2007 zur Begründung vorgetragen, der Gerichtsbescheid sei verfahrensfehlerhaft ergangen, da das rechtliche Gehör verletzt worden sei. Die Überlegungen des Sachverständigen Dr. H. seien aus seiner Sicht entgegengesetzt zu beantworten. Es gebe nur sehr wenige Spezialisten, die sich mit der Ursachenforschung des selten auftretenden Blepharospasmus beschäftigten. Dr. H. und Prof. Dr. R. gehörten nicht dazu. Es müsse ihm daher unbenommen sein, im Wege eines Gutachtensantrags nach § 109 SGG einen solchen Spezialisten vorzuschlagen. Die Ablehnung durch das Sozialgericht Karlsruhe sei daher rechtsfehlerhaft gewesen. Eine unangemessene Verzögerung hätte das Sozialgericht mit der Setzung einer Frist für den Antrag nach § 109 SGG verhindern können. Sein Antrag vom 07.11.2006 sei daher noch rechtzeitig und zulässig gewesen. Dieser Antrag werde vorsorglich ausdrücklich wiederholt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.01.2007 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 08.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.03.2005 abzuändern und den beidseitigen Blepharospasmus als Folge des Arbeitsunfalls vom 27.02.2003 festzustellen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 30.07.2007 haben die Beteiligten Ausdrucke der Ergebnisse einer Literaturrecherche im Internet betreffend Prof. Dr. R. und Prof. Dr. J. erhalten. Der Kläger hat ergänzend ausgeführt, der Blepharospasmus sei unmittelbar nach dem Ereignis aufgetreten, zuvor habe er keine solchen Beschwerden gehabt. Die Beschwerden hätten sich ab dem Vorfall mit aufsteigender Tendenz entwickelt. Auf die Niederschrift vom 30.7.2007 wird Bezug genommen.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat durch mündliche Verhandlung entscheiden können, obwohl Beteiligte in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen sind. Die Terminsbestimmung ist dem Klägerbevollmächtigten bekannt gegeben worden (§§ 110 Abs. 2, 63 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Senat hat festgestellt, dass der Klägerbevollmächtigte ausweislich seines per Telefax übermittelten Schriftsatzes vom 14.09.2007 die Ladung erhalten und keine Hinderungsgründe für die Teilnahme mitgeteilt hat. In der Ladung sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle des Ausbleibens von Beteiligten der Senat verhandeln und entscheiden kann (§ 126 SGG).
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Gesundheitsstörung als Folge des als Arbeitsunfall anerkannten Ereignisses am 27.02.2003.
Das Klageziel ist als Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässig, da die Feststellung des Blepharospasmus als Folge des anerkannten Arbeitsunfalls begehrt wird.
Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist neben dem inneren bzw. sachlichen Zusammenhang der Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls mit der versicherten Tätigkeit erforderlich, dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff mwN sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76). Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O, m.w.N.). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (BSG a.a.O.).
Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (stRspr BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr 15 zu § 1263 aF RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vo 09.05.2006 a.a.O. mH auf BSG SozR Nr 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr 20 zu § 542 aF RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 128 RdNr 3c). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 mwN).
Nach diesen Grundsätzen ist auch zur Überzeugung des Senat die Kausalität zwischen Unfallereignis und dem diagnostizierten Blepharospasmus nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit belegt.
Der Senat hat bereits Zweifel, ob das Vorliegen eines Gesundheitserstschadens, der durch das einwirkende Streulicht des Laserimpulses verursacht worden sein soll, bewiesen ist. Eine zeitnahe ärztliche Diagnose über eine Augenverletzung ist nicht aktenkundig. Da das Ereignis aber von der Beklagten als Arbeitsunfall anerkannt ist, kann dies dahingestellt bleiben.
Jedenfalls ist der nachgewiesene Blepharospasmus nach den überzeugenden Beurteilungen der Augenärzte Prof. Dr. R. und Dr. H. nicht im Sinne der haftungsausfüllenden Kausalität auf eine Einwirkung von Laserlicht zurückführbar.
Dr. H. hat der Diagnose von Prof. Dr. R., dass der Kläger an einem essenziellen Blepharospasmus leidet, zugestimmt. Professor Dr. R. hat seine Diagnose überzeugend mit den hierfür vorliegenden typischen Symptomen begründet, wie Auftreten der Symptomatik in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation, Beschwerdefreiheit in der Nacht im Bett, deutliche Blendempfindlichkeit mit Minderung bei Verwendung von Lichtschutzbrillen und durch bestimmte Manipulationen im Kopfbereich, relative Wirkungslosigkeit von paramedizinischen Behandlungsversuchen und Beschwerdebesserung bei Aufregung und Abhängigkeit der Beschwerden von der Tageszeit.
Hiervon ausgehend hat Professor Dr. R. nachvollziehbar dargelegt, dass ein essenzieller Blepharospasmus, also eine fokale Dystonie, selbst durch eine bleibende Hornhautschädigung nicht hervorgerufen werden kann. In der wissenschaftlichen Literatur wird ein solcher Entstehungsmechanismus nicht beschrieben und Professor Dr. R. ist im Rahmen der von ihm selbst durchgeführten Studie ein solcher Zusammenhang auch nicht bekannt geworden. Dr. H. wie auch Dr. M., der in seinem Arztbericht vom 01.09.2003 hierzu Stellung genommen hat, haben ebenso bei der von ihnen angestellten Literaturrecherche keinen wissenschaftlichen Hinweis auf einen solchen Zusammenhang gefunden. Dr. H. hat es allenfalls für möglich angesehen, dass durch eine trigeminale Irritation ein vorübergehender Blepharospasmus verursacht wird. Andere Erklärungsansätze für das Entstehen der fokalen Dystonie hat Professor Dr. R. in seinem Gutachten ausführlich dargestellt. Ein Zusammenhang mit dem geltend gemachten Unfallereignis ergibt sich hieraus ebenfalls nicht.
Darüber hinaus ist auch ein Unfallzusammenhang aus den zuletzt vom Kläger behaupteten tatsächlichen Gegebenheiten nicht mit der für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen Gewissheit zu entnehmen. Die vom Kläger zuletzt behaupteten Tatsachen sind nicht zweifelsfrei belegt. Aus der Unfallanzeige des Arbeitgebers und den eingeholten Arztberichten der behandelnden Ärzte ergibt sich, dass am Unfalltag keine weiteren Beschwerden vorgelegen und sich stärker behindernde Beschwerden erst in den Folgetagen entwickelt haben, insbesondere ein Blepharospasmus erst mit zeitlicher Verzögerung aufgetreten ist. Die z. T. auf diese Umstände gestützte Bewertung von Dr. H. ist durch das Vorbringen des Klägers demnach nicht in Frage zu stellen. Die Behauptung des Klägers, von Anfang an Augenbeschwerden, insbesondere auch Lidkrämpfe, gehabt zu haben, ist wenig überzeugend. Die Angaben des Arbeitgebers können nur auf dem eigenen Vorbringen des Klägers beruhen. Damit übereinstimmend hatte der Kläger die Entwicklung seiner Beschwerden auch noch bei der Untersuchung durch Professor Dr. R. am 11.12.2003 geschildert. Welcher Art die angeblich von Anfang an bestehende Augenverletzung gewesen sein soll, hat der Kläger auch nicht angeben können. Eine Verletzung der Hornhaut ist von keinem Arzt unfallnah diagnostiziert worden. Eine Verletzung tieferer Schichten der Hornhaut wäre wegen der damit verbundenen Eintrübung, so Prof. Dr. R., nicht übersehen worden, abgesehen davon, dass dies auch nicht geeignet gewesen wäre, den Blepharospasmus zu verursachen. Die später im augenärztlichen Befund aufgeführte Hornhauterosion ist nach der somit überzeugenden Bewertung von Prof. Dr. R. und Dr. H. in Verbindung zu bringen mit dem Sicca-Syndrom, das weder durch den Laserlichtunfall verursacht wurde noch Ursache des Blepharospasmus ist, sondern eher dessen Folge.
Im Hinblick auf die übereinstimmende und den Senat überzeugende Einschätzung der sich gutachtlich äußernden Ärzte hat der Senat daher keinen Anlass zu weiteren medizinischen Ermittlungen gesehen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Gerichtsbescheid auch nicht deswegen verfahrensfehlerhaft. Weder der Senat noch das Sozialgericht mussten sich gedrängt fühlen, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Prof. Dr. R. verfügt entgegen der Auffassung des Klägers in dem Fachgebiet der Augenheilkunde über besondere Kenntnisse zur fokalen Dystonie und insbesondere zu der Gesundheitsstörung Blepharospasmus. Hierauf hat Dr. O. in seinem Arztbericht vom 16.10.2003 hingewiesen, was die vom Senat berücksichtigte Internetrecherche zu den Veröffentlichungen von Prof. Dr. R. auch bestätigt und sich unmittelbar auch aus der Bezugnahme auf die Durchführung einer eigenen Studie im Gutachten von Prof. Dr. R. ergibt. Auch konnte das Sozialgericht den Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG als verspätet ablehnen.
Dem Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG im Berufungsverfahren war ebenfalls nicht stattzugeben.
Gemäß § 109 Abs. 2 SGG kann das Gericht einen Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
Von grober Nachlässigkeit ist auszugehen, wenn jede zur ordnungsgemäßen Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen worden ist, wenn gerade nicht getan wird, was jedem einleuchten muss. Danach ist von einem sachkundigen Prozessbevollmächtigten zu verlangen, dass er den Antrag nach § 109 SGG in angemessener Frist stellt, wenn das Gericht zu erkennen gibt, dass es keine weiteren Sachverhaltsermittlungen von Amts wegen durchzuführen beabsichtigt (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Auflage 2005, § 109 SGG Rz. 11 mwN). Ohne richterliche Fristsetzung ist ein Antrag binnen eines Monats noch in angemessener Frist gestellt (Meyer-Ladewig a.a.O.).
Nach diesen Voraussetzungen war der Antrag nach § 109 SGG sowohl im erstinstanzlichen wie auch im zweitinstanzlichen Verfahren sorgfaltswidrig zu spät gestellt worden.
Vor dem Sozialgericht war mit der richterlichen Verfügung vom 03.08.2006 zu erkennen gegeben worden, dass keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen mehr erfolgen, da angefragt worden ist, ob die Klage zurückgenommen wird. Mit Erinnerungsverfügung vom 18.10.2006 wurde hierfür Frist bis 03.11.2006 gesetzt. Ein vollständiger ordnungsgemäßer Antrag, mit dem auch der zu beauftragende Arzt benannt wird, ging nicht innerhalb der Frist ein, da sowohl ein unvollständiger Antrag erst am 08.11. und ein insoweit vollständiger Antrag, in dem Professor Dr. J. benannt worden ist, erst am 21.11.2006 beim Sozialgericht eingegangen ist.
Im Berufungsverfahren hat das Gericht mit der Verfügung vom 07.05.2007 darauf hingewiesen, dass nach dem bisherigen Verfahrensstand keine Veranlassung gesehen wird, weitere Ermittlungen anzustellen und der Rechtsstreit für einen Termin zur mündlichen Verhandlung vorgemerkt ist. Bei dieser Ausgangslage hätte sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass ein Antrag nach § 109 SGG in angemessener Frist erfolgen muss. Ein solcher Antrag wurde mit Telefax erst am 26.07.2007 gestellt und ist damit deutlich erst nach der als angemessene Überlegungsfrist anzusehenden Monatsfrist (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. stellvertretend zuletzt Beschluss vom 01.06.2007 - L 1 SB 5526/06 – unveröffentlicht; vgl. Meyer-Ladewig u.a., a.a.O. § 109 Rdnr. 11) eingegangen. Vorliegend hätte der Prozessbevollmächtigte, dessen Verschulden dem Kläger zuzurechnen ist (§ 73 Abs. 4 Satz 1 SGG i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO), aus dem erstinstanzlichen Verfahren bereits erkennen können, dass Rechtsnachteile bei einem verzögerten Antrag nach § 109 SGG entstehen können. Sein Verstoß gegen die gebotene Obliegenheit fällt daher besonders ins Gewicht. Die vom Klägerbevollmächtigten im Erörterungstermin am 30.07.2007 geäußerte Rechtsauffassung, der in der ersten Instanz gestellte Antrag nach § 109 SGG wirke in der Berufungsinstanz fort, ohne dass es einer ausdrücklichen, bezugnehmenden Erklärung hierauf bedurft hätte, findet im Gesetz keine Stütze.
Der Antrag nach § 109 SGG war daher aus grober Nachlässigkeit nicht in angemessener Frist gestellt und seine Zulassung hätte die Erledigung des Rechtsstreits - sowohl im erstinstanzlichen wie im zweitinstanzlichen Verfahren - verzögert. Der zu berücksichtigende Zeitraum der voraussichtlichen Verzögerung umfasst nicht nur die übliche Bearbeitungsdauer des Sachverständigen, sondern auch die den Beteiligten einzuräumende angemessene Frist, um zum Beweisergebnis Stellung nehmen zu können. Der Antrag war deshalb abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Solche sind auch nicht geltend gemacht worden.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der beim Kläger diagnostizierte Blepharospasmus (Krampf des Augenlids) Folge eines Arbeitsunfalls ist.
Der 1961 geborene Kläger führte als Vertriebsingenieur für seinen Beschäftigungsbetrieb am 27.02.2003 eine Laserinstallation durch. Dabei wurde der Laser versehentlich auf volle Leistung eingeschaltet und der Kläger blickte in starkes Streulicht einer nicht abgedeckten Schraube.
Mit Schreiben vom 23.05.2003 zeigte der Arbeitgeber der Beklagten dieses an einem Donnerstag aufgetretene Ereignis als Arbeitsunfall an. Bei dem Vorfall habe der Kläger Schmerz empfunden, jedoch noch gut gesehen. Nachdem sich in der folgenden Woche Sehschwierigkeiten eingestellt hätten, habe er eine Augenärztin aufgesucht, die außer einem trockenen Auge keine weitere Diagnose gestellt habe. Einige Tage später stellte er sich erneut einem Augenarzt vor, da Schmerzen im linken Auge aufgetreten seien. Der Kläger habe über eine extreme Lichtempfindlichkeit geklagt und der Arzt habe ein trockenes Auge und sonst keinen weiteren Befund festgestellt. Nach einer weiteren Woche sei das Autofahren gefährlich geworden und der Kläger habe wegen zunehmender Schmerzhaftigkeit einen Neurologen aufgesucht, der ihn krankgeschrieben habe.
Die Beklagte holte Arztberichte ein. Der Augenarzt Dr. L. hatte den Kläger vom 07. bis 17.03.2003 behandelt. Bei der Erstuntersuchung habe er über eine starke Lichtempfindlichkeit und einen Reizzustand an beiden Augen geklagt. Angaben über einen Laserunfall seien nicht gemacht worden. Er habe beidseits einen ausgeprägten konjunctivalen Reizzustand und eine Keratocojunktivitis sicca diagnostiziert und auf Wunsch des Klägers eine neurologische Zusatzuntersuchung veranlasst (Arztbericht vom 10.09.2003). Beigefügt war der Arztbrief des Neurologen Dr. G. vom 23.04.2003, der beim Kläger einen Blepharospasmus diagnostiziert hatte und die anamnestischen Angaben des Klägers, bereits seit zwei Jahren unter besonderer Licht- und Blendempfindlichkeit zu leiden, mitteilte. Der Neurologe Dr. G. berichtete der Beklagten, den Kläger seit April 2003 wegen eines Blepharospasmus zu behandeln, es handle sich nach seiner Einschätzung um eine faziale Dystonie. Ein Zusammenhang mit dem geltend gemachten Ereignis sei nicht nachvollziehbar (Arztbericht vom 09.09.2003). Augenarzt Dr. M. hatte den Kläger am 22.04.2003 untersucht. Er fand eine erhebliche Benetzungsstörung der Hornhaut und Symptome eines Blepharospasmus beidseits. Nach Durchsicht der Literatur sei ihm ein Zusammenhang zwischen Blepharospasmus und Blendung durch Laser nicht aufgefallen. Zur Klärung des Zusammenhangs empfahl er, ein Gutachten einer Universitätsaugenklinik einzuholen (Arztbericht vom 01.09.2003). Dr. Sch. erhob beim Kläger am 05.05.2003 einen in allen Teilen regelrechten Befund am rechten Auge und links einen konjunktivalen Reizzustand bei geringer Hornhauterosion (Augenarztbericht vom 19.08.2003). Dr. O., Neurologe und Psychiater, untersuchte den Kläger am 13.05.2003. Er erhob einen neurologisch und psychiatrisch unauffälligen Befund. Als vorläufige Diagnose benannte er einen bilateralen synchronen schweren Blepharospasmus infolge einer Blendung durch Laserstrahl mit interkurrenter Konjunktivitis. Die Blendung durch den Laserstrahl und die nachfolgende Konjunktivitis könne überwiegende Teilursache des Blepharospasmus sein, er empfehle ein Gutachten bei Prof. Dr. R. einzuholen (Arztbericht vom 16.10.2003).
In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.09.2003 hielt Dr. Z. einen Zusammenhang für denkbar und empfahl eine gutachterliche Untersuchung in einer Universitätsklinik.
Die Beklagte holte daraufhin das Gutachten vom 29.03.2004 mit ergänzender Stellungnahme vom 07.06.2004 ein. Darin verneinte Prof. Dr. R. einen Zusammenhang des beim Kläger diagnostizierten Blepharospasmus mit der Blendung durch Laserlicht. Beim Kläger liege ein essenzieller Blepharospasmus vor, der zum Formenkreis der fokalen Dystonien gehöre, für die als Ursache eine Störung im Bereich der Basalganglien des Gehirns allgemein angenommen werde. Nebenbefundlich bestehe ein Sicca-Syndrom (trockene Augen). Eine passagere oberflächliche Hornhautentzündung durch Streustrahlung sei denkbar, wie sie bei Exposition der Augen gegenüber UV-Licht beim Schweißen oder unter der Höhensonne häufiger auftrete. Allerdings träten die Beschwerden schon etwa einen halben Tag nach dem schädigenden Ereignis auf, nach Angaben des Klägers seien gerötete Augen und Lichtempfindlichkeit bei ihm erst zirka zwei Tage nach dem Laserunfall aufgetreten. Die erste augenärztliche Untersuchung eine Woche nach dem Unfall habe keine Veränderung in der Hornhaut ergeben, wie es auch bei den Fällen durch UV-Strahlung nicht mehr möglich gewesen wäre festzustellen. Eine bleibende Schädigung der Hornhaut sei durch vorbehandelnde Ärzte und auch bei der jetzigen Untersuchung nicht festzustellen gewesen. Die Hornhauterosion spreche nicht dagegen. Sie sei ausreichend durch das Sicca-Syndrom i. V. m. dem durch die Lidkrämpfe bedingten erhöhten Druck der Lider auf die Hornhaut zu erklären. Eine Schädigung nicht nur der Epithelschicht (vorderste Zellschicht) der Hornhaut sei zwingend mit einem transparenten Verlust der Hornhaut verbunden, was beim Kläger nicht vorliege. Die Ausbildung eines essenziellen Blepharospasmus durch eine Schädigung der Hornhaut, selbst wenn sie bleibende und sichtbare Folgen hervorgerufen hätte, sei außerdem nicht bekannt und auch theoretisch nicht denkbar. Weder in der Literatur noch bei den eigenen klinischen Beobachtungen der wegen essenziellem Blepharospasmus behandelten Patienten in der Universitätsklinik B. sei ein solcher Zusammenhang erkennbar geworden. In einer Studie an der Universitätsaugenklinik in Bonn seien über 2500 Patienten mit Lidkrämpfen erfasst worden, darunter seien 3/4 mit essenziellem Blepharospasmus gewesen. Es habe sich darunter kein Patient mit Zustand nach Laserunfall oder nach Verblitzung befunden. Die Ursachen einer fokalen Dystonie seien Veranlagung, langfristige Einnahme von Psychopharmaka oder Neuroleptika, frühkindliche Hirnschäden oder eine spätere Hirnschädigung. Hinweise auf eine Hirnschädigung des Klägers durch den angeschuldigten Laserunfall gebe es nicht. Beim Kläger sei von einer primären Dystonie, wie bei den meisten an einer Dystonie Erkrankten, auszugehen, eine definitive Krankheitsursache könne nicht gefunden werden.
Mit Bescheid vom 08.07.2004 stellte die Beklagte das Ereignis vom 27.02.2003 als Arbeitsunfall fest, lehnte die Feststellung des Zusammenhangs zwischen dem Blepharospasmus und dem Arbeitsunfall sowie die Gewährung von Leistungen ab.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers mit der Begründung, es sei undenkbar, dass die Fehlbedienung des Lasergerätes ohne Beeinträchtigung des Auges abgelaufen sein soll, zudem reiche ein mittelbarer Zusammenhang aus, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005 zurück.
Der Kläger hat am 19.04.2005 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben und hat zur Begründung behauptet – was er später nicht mehr aufrechterhalten hat (Schriftsatz vom 20.04.2006) -, bei Prof. Dr. R. noch längere Zeit in Behandlung gewesen zu sein. Zwischenzeitlich halte dieser einen Zusammenhang als hochgradig wahrscheinlich. Der Blepharospasmus sei außerdem unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis aufgetreten, weshalb nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins ein Zusammenhang anzunehmen sei. Es liege in der Natur dieser seltenen und außergewöhnlichen Erkrankung, dass man nicht mit letzter Sicherheit die genaue Entstehungsgeschichte wiederzugeben in der Lage sei.
Das Sozialgericht hat die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. R. vom 16.01.2006 eingeholt. Er hat angegeben, den Kläger nicht behandelt, sondern nur zweimal untersucht zu haben, einmal zur Erstellung des Gutachtens für die Beklagte und einmal am 09.06.2005 im Auftrag der Privatversicherung des Klägers. Die Kausalitätsfrage werde von ihm unverändert wie im vorgelegten Gutachten beurteilt.
Das Sozialgericht hat außerdem das augenärztliche Gutachten vom 29.07.2006 eingeholt. Darin hat der Sachverständige Dr. H. den gutachtlichen Schlussfolgerung von Prof. Dr. R. zugestimmt und ebenfalls einen Zusammenhang des Blepharospasmus mit dem Unfall verneint. Beschwerden seien erst sieben bis acht Tage nach dem Ereignis aufgetreten, bis zum 17.03.2003 sei nur eine Benetzungsstörung und sonst kein auffälliger Befund erhoben worden, das lange zeitliche Intervall zwischen Ereignis und Beschwerden sei untypisch. In der Literatur werde eine trigeminale Irritation, zum Beispiel durch Entzündung des vorderen Augenabschnitts, als häufige Ursache eines passager auftretenden, nicht aber für einen permanenten Blepharospasmus beschrieben. Auch seine Literaturrecherche habe keine Quelle ergeben, die einen Zusammenhang zwischen Laserlichtunfall und danach auftretendem Blepharospasmus beschreibe oder belege.
Mit richterlicher Verfügung vom 03.08.2006 ist unter Hinweis auf das übersandte Gutachten angefragt worden, ob die Klage zurückgenommen werde. An die Erledigung der Anfrage ist mit richterlicher Verfügung vom 18.10.2006 erinnert und Frist bis 03.11.2006 gesetzt worden. Am 07.11.2006 hat der Kläger beantragt, ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einzuholen, den als Sachverständigen zu bestimmenden Arzt Prof. Dr. J. hat der Kläger dem Gericht am 21.11.2006 benannt.
Nach Anhörung der Beteiligten (richterliche Verfügung vom 09.11.2006) hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 04.01.2007 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es sich auf die Gutachten von Prof. Dr. R. und Dr. H. gestützt. Den Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG hat es abgelehnt, weil er aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden sei.
Gegen den dem Kläger am 12.01.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 12.02.2007 Berufung eingelegt und mit Telefax vom 26.07.2007 zur Begründung vorgetragen, der Gerichtsbescheid sei verfahrensfehlerhaft ergangen, da das rechtliche Gehör verletzt worden sei. Die Überlegungen des Sachverständigen Dr. H. seien aus seiner Sicht entgegengesetzt zu beantworten. Es gebe nur sehr wenige Spezialisten, die sich mit der Ursachenforschung des selten auftretenden Blepharospasmus beschäftigten. Dr. H. und Prof. Dr. R. gehörten nicht dazu. Es müsse ihm daher unbenommen sein, im Wege eines Gutachtensantrags nach § 109 SGG einen solchen Spezialisten vorzuschlagen. Die Ablehnung durch das Sozialgericht Karlsruhe sei daher rechtsfehlerhaft gewesen. Eine unangemessene Verzögerung hätte das Sozialgericht mit der Setzung einer Frist für den Antrag nach § 109 SGG verhindern können. Sein Antrag vom 07.11.2006 sei daher noch rechtzeitig und zulässig gewesen. Dieser Antrag werde vorsorglich ausdrücklich wiederholt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.01.2007 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 08.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.03.2005 abzuändern und den beidseitigen Blepharospasmus als Folge des Arbeitsunfalls vom 27.02.2003 festzustellen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 30.07.2007 haben die Beteiligten Ausdrucke der Ergebnisse einer Literaturrecherche im Internet betreffend Prof. Dr. R. und Prof. Dr. J. erhalten. Der Kläger hat ergänzend ausgeführt, der Blepharospasmus sei unmittelbar nach dem Ereignis aufgetreten, zuvor habe er keine solchen Beschwerden gehabt. Die Beschwerden hätten sich ab dem Vorfall mit aufsteigender Tendenz entwickelt. Auf die Niederschrift vom 30.7.2007 wird Bezug genommen.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat durch mündliche Verhandlung entscheiden können, obwohl Beteiligte in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen sind. Die Terminsbestimmung ist dem Klägerbevollmächtigten bekannt gegeben worden (§§ 110 Abs. 2, 63 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Senat hat festgestellt, dass der Klägerbevollmächtigte ausweislich seines per Telefax übermittelten Schriftsatzes vom 14.09.2007 die Ladung erhalten und keine Hinderungsgründe für die Teilnahme mitgeteilt hat. In der Ladung sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle des Ausbleibens von Beteiligten der Senat verhandeln und entscheiden kann (§ 126 SGG).
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Gesundheitsstörung als Folge des als Arbeitsunfall anerkannten Ereignisses am 27.02.2003.
Das Klageziel ist als Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässig, da die Feststellung des Blepharospasmus als Folge des anerkannten Arbeitsunfalls begehrt wird.
Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist neben dem inneren bzw. sachlichen Zusammenhang der Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls mit der versicherten Tätigkeit erforderlich, dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff mwN sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76). Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O, m.w.N.). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (BSG a.a.O.).
Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (stRspr BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr 15 zu § 1263 aF RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vo 09.05.2006 a.a.O. mH auf BSG SozR Nr 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr 20 zu § 542 aF RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 128 RdNr 3c). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 mwN).
Nach diesen Grundsätzen ist auch zur Überzeugung des Senat die Kausalität zwischen Unfallereignis und dem diagnostizierten Blepharospasmus nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit belegt.
Der Senat hat bereits Zweifel, ob das Vorliegen eines Gesundheitserstschadens, der durch das einwirkende Streulicht des Laserimpulses verursacht worden sein soll, bewiesen ist. Eine zeitnahe ärztliche Diagnose über eine Augenverletzung ist nicht aktenkundig. Da das Ereignis aber von der Beklagten als Arbeitsunfall anerkannt ist, kann dies dahingestellt bleiben.
Jedenfalls ist der nachgewiesene Blepharospasmus nach den überzeugenden Beurteilungen der Augenärzte Prof. Dr. R. und Dr. H. nicht im Sinne der haftungsausfüllenden Kausalität auf eine Einwirkung von Laserlicht zurückführbar.
Dr. H. hat der Diagnose von Prof. Dr. R., dass der Kläger an einem essenziellen Blepharospasmus leidet, zugestimmt. Professor Dr. R. hat seine Diagnose überzeugend mit den hierfür vorliegenden typischen Symptomen begründet, wie Auftreten der Symptomatik in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation, Beschwerdefreiheit in der Nacht im Bett, deutliche Blendempfindlichkeit mit Minderung bei Verwendung von Lichtschutzbrillen und durch bestimmte Manipulationen im Kopfbereich, relative Wirkungslosigkeit von paramedizinischen Behandlungsversuchen und Beschwerdebesserung bei Aufregung und Abhängigkeit der Beschwerden von der Tageszeit.
Hiervon ausgehend hat Professor Dr. R. nachvollziehbar dargelegt, dass ein essenzieller Blepharospasmus, also eine fokale Dystonie, selbst durch eine bleibende Hornhautschädigung nicht hervorgerufen werden kann. In der wissenschaftlichen Literatur wird ein solcher Entstehungsmechanismus nicht beschrieben und Professor Dr. R. ist im Rahmen der von ihm selbst durchgeführten Studie ein solcher Zusammenhang auch nicht bekannt geworden. Dr. H. wie auch Dr. M., der in seinem Arztbericht vom 01.09.2003 hierzu Stellung genommen hat, haben ebenso bei der von ihnen angestellten Literaturrecherche keinen wissenschaftlichen Hinweis auf einen solchen Zusammenhang gefunden. Dr. H. hat es allenfalls für möglich angesehen, dass durch eine trigeminale Irritation ein vorübergehender Blepharospasmus verursacht wird. Andere Erklärungsansätze für das Entstehen der fokalen Dystonie hat Professor Dr. R. in seinem Gutachten ausführlich dargestellt. Ein Zusammenhang mit dem geltend gemachten Unfallereignis ergibt sich hieraus ebenfalls nicht.
Darüber hinaus ist auch ein Unfallzusammenhang aus den zuletzt vom Kläger behaupteten tatsächlichen Gegebenheiten nicht mit der für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen Gewissheit zu entnehmen. Die vom Kläger zuletzt behaupteten Tatsachen sind nicht zweifelsfrei belegt. Aus der Unfallanzeige des Arbeitgebers und den eingeholten Arztberichten der behandelnden Ärzte ergibt sich, dass am Unfalltag keine weiteren Beschwerden vorgelegen und sich stärker behindernde Beschwerden erst in den Folgetagen entwickelt haben, insbesondere ein Blepharospasmus erst mit zeitlicher Verzögerung aufgetreten ist. Die z. T. auf diese Umstände gestützte Bewertung von Dr. H. ist durch das Vorbringen des Klägers demnach nicht in Frage zu stellen. Die Behauptung des Klägers, von Anfang an Augenbeschwerden, insbesondere auch Lidkrämpfe, gehabt zu haben, ist wenig überzeugend. Die Angaben des Arbeitgebers können nur auf dem eigenen Vorbringen des Klägers beruhen. Damit übereinstimmend hatte der Kläger die Entwicklung seiner Beschwerden auch noch bei der Untersuchung durch Professor Dr. R. am 11.12.2003 geschildert. Welcher Art die angeblich von Anfang an bestehende Augenverletzung gewesen sein soll, hat der Kläger auch nicht angeben können. Eine Verletzung der Hornhaut ist von keinem Arzt unfallnah diagnostiziert worden. Eine Verletzung tieferer Schichten der Hornhaut wäre wegen der damit verbundenen Eintrübung, so Prof. Dr. R., nicht übersehen worden, abgesehen davon, dass dies auch nicht geeignet gewesen wäre, den Blepharospasmus zu verursachen. Die später im augenärztlichen Befund aufgeführte Hornhauterosion ist nach der somit überzeugenden Bewertung von Prof. Dr. R. und Dr. H. in Verbindung zu bringen mit dem Sicca-Syndrom, das weder durch den Laserlichtunfall verursacht wurde noch Ursache des Blepharospasmus ist, sondern eher dessen Folge.
Im Hinblick auf die übereinstimmende und den Senat überzeugende Einschätzung der sich gutachtlich äußernden Ärzte hat der Senat daher keinen Anlass zu weiteren medizinischen Ermittlungen gesehen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Gerichtsbescheid auch nicht deswegen verfahrensfehlerhaft. Weder der Senat noch das Sozialgericht mussten sich gedrängt fühlen, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Prof. Dr. R. verfügt entgegen der Auffassung des Klägers in dem Fachgebiet der Augenheilkunde über besondere Kenntnisse zur fokalen Dystonie und insbesondere zu der Gesundheitsstörung Blepharospasmus. Hierauf hat Dr. O. in seinem Arztbericht vom 16.10.2003 hingewiesen, was die vom Senat berücksichtigte Internetrecherche zu den Veröffentlichungen von Prof. Dr. R. auch bestätigt und sich unmittelbar auch aus der Bezugnahme auf die Durchführung einer eigenen Studie im Gutachten von Prof. Dr. R. ergibt. Auch konnte das Sozialgericht den Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG als verspätet ablehnen.
Dem Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG im Berufungsverfahren war ebenfalls nicht stattzugeben.
Gemäß § 109 Abs. 2 SGG kann das Gericht einen Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
Von grober Nachlässigkeit ist auszugehen, wenn jede zur ordnungsgemäßen Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen worden ist, wenn gerade nicht getan wird, was jedem einleuchten muss. Danach ist von einem sachkundigen Prozessbevollmächtigten zu verlangen, dass er den Antrag nach § 109 SGG in angemessener Frist stellt, wenn das Gericht zu erkennen gibt, dass es keine weiteren Sachverhaltsermittlungen von Amts wegen durchzuführen beabsichtigt (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Auflage 2005, § 109 SGG Rz. 11 mwN). Ohne richterliche Fristsetzung ist ein Antrag binnen eines Monats noch in angemessener Frist gestellt (Meyer-Ladewig a.a.O.).
Nach diesen Voraussetzungen war der Antrag nach § 109 SGG sowohl im erstinstanzlichen wie auch im zweitinstanzlichen Verfahren sorgfaltswidrig zu spät gestellt worden.
Vor dem Sozialgericht war mit der richterlichen Verfügung vom 03.08.2006 zu erkennen gegeben worden, dass keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen mehr erfolgen, da angefragt worden ist, ob die Klage zurückgenommen wird. Mit Erinnerungsverfügung vom 18.10.2006 wurde hierfür Frist bis 03.11.2006 gesetzt. Ein vollständiger ordnungsgemäßer Antrag, mit dem auch der zu beauftragende Arzt benannt wird, ging nicht innerhalb der Frist ein, da sowohl ein unvollständiger Antrag erst am 08.11. und ein insoweit vollständiger Antrag, in dem Professor Dr. J. benannt worden ist, erst am 21.11.2006 beim Sozialgericht eingegangen ist.
Im Berufungsverfahren hat das Gericht mit der Verfügung vom 07.05.2007 darauf hingewiesen, dass nach dem bisherigen Verfahrensstand keine Veranlassung gesehen wird, weitere Ermittlungen anzustellen und der Rechtsstreit für einen Termin zur mündlichen Verhandlung vorgemerkt ist. Bei dieser Ausgangslage hätte sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass ein Antrag nach § 109 SGG in angemessener Frist erfolgen muss. Ein solcher Antrag wurde mit Telefax erst am 26.07.2007 gestellt und ist damit deutlich erst nach der als angemessene Überlegungsfrist anzusehenden Monatsfrist (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. stellvertretend zuletzt Beschluss vom 01.06.2007 - L 1 SB 5526/06 – unveröffentlicht; vgl. Meyer-Ladewig u.a., a.a.O. § 109 Rdnr. 11) eingegangen. Vorliegend hätte der Prozessbevollmächtigte, dessen Verschulden dem Kläger zuzurechnen ist (§ 73 Abs. 4 Satz 1 SGG i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO), aus dem erstinstanzlichen Verfahren bereits erkennen können, dass Rechtsnachteile bei einem verzögerten Antrag nach § 109 SGG entstehen können. Sein Verstoß gegen die gebotene Obliegenheit fällt daher besonders ins Gewicht. Die vom Klägerbevollmächtigten im Erörterungstermin am 30.07.2007 geäußerte Rechtsauffassung, der in der ersten Instanz gestellte Antrag nach § 109 SGG wirke in der Berufungsinstanz fort, ohne dass es einer ausdrücklichen, bezugnehmenden Erklärung hierauf bedurft hätte, findet im Gesetz keine Stütze.
Der Antrag nach § 109 SGG war daher aus grober Nachlässigkeit nicht in angemessener Frist gestellt und seine Zulassung hätte die Erledigung des Rechtsstreits - sowohl im erstinstanzlichen wie im zweitinstanzlichen Verfahren - verzögert. Der zu berücksichtigende Zeitraum der voraussichtlichen Verzögerung umfasst nicht nur die übliche Bearbeitungsdauer des Sachverständigen, sondern auch die den Beteiligten einzuräumende angemessene Frist, um zum Beweisergebnis Stellung nehmen zu können. Der Antrag war deshalb abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Solche sind auch nicht geltend gemacht worden.
Rechtskraft
Aus
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