S 12 KA 826/09

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 826/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der sog. Anpassungsfaktor für die Berechnung der Leistungsgrenze im Rahmen eines sog. Job-Sharings, der auf der Grundlage der Abrechnungen vor Einführung des EBM 2005 errechnet wurde, erfasst auch evtl. Punktzahlausweitungen aufgrund einer höheren Leistungsbewertung. An allgemeinen Änderungen nimmt die Job-Sharing-Praxis aufgrund des Anpassungsfaktors automatisch teil.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 27.909,67 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs bei Beschäftigung einer angestellten Ärztin im Rahmen eines sog. Job-Sharings in Höhe von 27.909,67 EUR für die acht Quartale III/05 bis II/07 (5. und 6. Leistungsjahr).

Der Kläger ist als Facharzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

Mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 11.06.2005 wurde dem Kläger die Beschäftigung der Frau CC, Fachärztin für innere Krankheiten, hausärztlich, als ganztags angestellte Ärztin gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV genehmigt. Im Beschluss des Zulassungsausschusses wurde nach den Angestellte-Ärzte-Richtlinien zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der vier vorausgegangenen Quartale (IV/00 bis III/01) ein quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen, welches bei der Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis für Herrn Dr. A. nach Beschäftigung des angestellten Praxisarztes als Leistungsbeschränkung maßgeblich ist, wie folgt festgelegt.

Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr
I 1.658.626,3
II 1.581.295,6
III 1.611.394,7
IV 1.716.112,1

Ab dem 2. Leistungsjahr werde das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend den Richtlinien angepasst. Der Beschluss wurde bestandskräftig.

Das Job-Sharing-Verhältnis wurde durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 21.08.2007 zum 30.06.2007 beendet.

Die Beklagte setzte das Honorar der klägerischen Praxis in den Quartalen III/04 bis II/05 wie folgt fest:

III/04 IV/04 I/05 II/05
Honorarbescheid vom 07.02.2005 18.04.2005 26.07.2005 29.06.2006
Nettohonorar gesamt in EUR 58.647,84 76.689,22 69.173,74 72.216,96
Bruttohonorar PK + EK in EUR 59.930,68 78.288,80 70.357,47 73.657,19 Fallzahl PK + EK 1.943 2.043 2.071 1.999
Angefordertes Honorar Basis EBM in EUR 91.154.29 102.275,69 109.785,46 112.215,46
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 91.154.29 109.785,46 108.762,28

Fallzahlabhängige Quotierung LZ 505 HVV bzw. Ziff. 5.2.1 HVV
Fallzahlgrenze 1.828 1.989 1.903 1.887
Aktuelle Fallzahl 1.911 2.005 2.028 1.988
Quote in % - - - 96,18

Maßnahme nach LZ 506 HVV -
Rechnerische Quote in % 85,82 89,79 84,60
Durchführung der Maßnahme nein nein nein

Maßnahme nach LZ 702 Anl. 3 (1) HVV
Unterer Punktwert in Punkten PK 176.254,8 134.285,0 293.849.7
Unterer Punktwert in Punkten EK 130.461,9 55.350,0 152.530,3

Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 1.055.707,1
Überschreitung in Punkten 76.468,9

Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Korrektur-/Auffüllbetrag je Fall EUR - 1,3534
Korrektur-/Auffüllbetrag gesamt in EUR - 2.705,36

Die Beklagte setzte das Honorar der klägerischen Praxis in den streitbefangenen Quartalen wie folgt fest:

III/05 IV/05 I/06 II/06
Honorarbescheid vom 12.08.2006 06.08.2007 20.01.2007 06.02.2007
Nettohonorar gesamt in EUR 61.390,37 78.017,45 74.467,95 76.009,24
Bruttohonorar PK + EK in EUR 62.634,52 79.478,38 75.714,22 77.180,30
Fallzahl PK + EK 1.890 2.017 2.159 2.003
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in EUR 105.021,27 122.094,69 132.659,77 114.642,00
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 105.021,27 122.094,69 132.659,77 114.642,00

Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV
Fallzahlgrenze 1.948 2.047 2.067 2.005
Aktuelle Fallzahl 1.882 2.004 2.144 1.991
Quote in % - - - -

Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 1.074.263,1 1.081.575,0 1.104.063,1 1-080.717,7
Überschreitung in Punkten 0,0 189.275,0 306.606,9 71.196,3

Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Korrektur-/Auffüllbetrag je Fall EUR - 5,9150 - 0,9711 - 3,5081 - 1,1918
Korrektur-/Auffüllbetrag gesamt in EUR - 11.179,40 - 1.958,74 - 7.573,98 - 2.387,17

III/06 IV/06 I/07 II/07
Honorarbescheid vom 17.03.2007 18.04.2007 08.03.2008 17.10.2007
Nettohonorar gesamt in EUR 69.420,10 90.330,53 83.986,97 93.885,64
Bruttohonorar PK + EK in EUR 70.455,74 91.835,93 85.026,99 95.686,56
Fallzahl PK + EK 2.000 2.079 2.269 2.196
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in EUR 113.270,39 137.418,34 147.156,86 139.441,74
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 110.215,49 137.418,34 143.057,83 139.441,74

Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV
Fallzahlgrenze 1.899 2.022 2.161
Aktuelle Fallzahl 1.990 2.071 2.267
Quote in % 96,57 - 96,49

Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 1.069.827,8 1.309.472,5 1.281.241,3 1.282.731,8
Überschreitung in Punkten 42.977,2 139.916,5 283.042,7 124.944,2

Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Korrekturbetrag je Fall in EUR - 3,8146 - 2,6105 - 3,9647 -
Korrekturbetrag gesamt in EUR - 7.629,15 - 5.427,23 - 8.995,88 -

Mit Bescheid vom 13.10.2008 nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung für die Quartale III/05 bis II/06 – 4. Leistungsjahr - wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 4.801,60 EUR (4.956,18 EUR abzüglich anteilige Verwaltungskosten in Höhe von 154,58 EUR).

Mit weiterem Bescheid vom 13.10.2008 setzte sie eine Rückforderung für das 5. Leistungsjahr – Quartale III/06 bis II/07 in Höhe von 23.108,07 EUR (23.814,65 EUR abzgl. 706,58 EUR anteilige Verwaltungskosten) fest.

Gegen beide Bescheide legte der Kläger am 10.11.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung seines Widerspruchs führte er aus, in den Quartalen III/05 bis II/07 sei erstmals der EBM 2005 zur Anwendung gekommen, der vorwiegend auf der Abrechnung von Pauschalen und Leistungskomplexen basiere. Dies habe zur Folge, dass eine scheinstarke Praxis zwangsläufig zu einem höheren Abrechnungspunktvolumen gelange. Im Quartal III/05 sei damit die 3-%-Regelung des Job-Sharing-Verhältnisses erstmals überschritten worden. In den Jahren zuvor hätten völlig andere Bedingungen vorgelegen, weshalb er die Obergrenze nie überschritten habe. Ein weiterer Grund für den massiven Anstieg des Arbeitsaufwandes liege darin, dass sich im Nachbarort D. (Ortsteil DX., Luftlinie ca. 1,5 km) die Versorgungslage erheblich verschärft habe. Eine Kollegin in einer Gemeinschaftspraxis sei verstorben, der weitere Kollege müsse nunmehr die Praxis allein weiterführen. Bei der Verstorbenen habe es sich um dessen Lebenspartnerin gehandelt, die nach einer schweren Erkrankung verstorben sei, weshalb der Kollege nur eingeschränkt arbeitsfähig gewesen sei, weshalb er ihn kollegial und über längere Zeiträume vertreten habe. Ein Kollege in D. habe seine Praxis an zwei jüngere Kollegen übergeben, dies habe zur Abwanderung von Patienten in seine Praxis geführt. Es habe sich deshalb das Scheinaufkommen in seiner Praxis und damit das Punktvolumen erhöht. In der Kreisstadt F. hätten zwei Kollegen ihre vertragsärztliche Tätigkeit, ohne einen Praxisnachfolger zu finden, beendet, was ebenfalls zur Zuwanderung von Patienten geführt habe.

Die Beklagte verband beide Widerspruchsverfahren und wies mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Leistungsbegrenzung im Punktzahlvolumen folge aus dem bindenden Beschluss des Zulassungsausschusses vom 11.06.2002. Die Regelung in der Angestellten-Ärzte-Richtlinie unterscheide nicht nach Art der Leistung bei der Berechnung des Punktzahlvolumens. Die Begrenzung des Leistungsvolumens erfolge vor allem deshalb, weil die Zulassung eines angestellten Arztes gerade auch in einem wegen Überversorgung gesperrten Zulassungsbereichs ermöglicht werde. Die Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina falle in die Zuständigkeit des Zulassungsausschusses. Solange der Zulassungsausschuss das zulässige Gesamtpunktzahlvolumen nicht geändert habe, bestehe für sie eine Bindung an die Entscheidung des Zulassungsausschusses. Ab dem zweiten Leistungsjahr würden zudem die Gesamtpunktzahlvolumina der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor) folgen. Wegen der Bindung an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfanges könne die vom Kläger vorgetragene Verschärfung der Versorgungslage nicht berücksichtigt werden.

Hiergegen hat der Kläger am 11.11.2009 die Klage erhoben. Er trägt vor, er habe seine Mitarbeiterin ausschließlich zu seiner Entlastung eingestellt. Er habe mit ihr vereinbart, dass eine Ausweitung der Tätigkeit nicht erfolgen solle. Bis zum Quartal III/05 habe es auch keinerlei Überschreitung des Gesamtpunktzahlvolumens gegeben. Die Überschreitung sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen, weshalb ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden könne, rechtzeitig einen Antrag auf Erhöhung gestellt zu haben. Er habe nur bis zum Quartal IV/05 eine Vorabinformation über die aktuellen Honorardaten im Vergleich zur entsprechenden Obergrenze erhalten. Er habe keine Mitteilung erhalten, dass es zu einer Überschreitung des Gesamtpunktzahlvolumens kommen könne oder bereits gekommen sei. Er sei daher davon ausgegangen, dass er sich an das ihm genehmigte Gesamtpunktzahlvolumen gehalten habe. Die Vorabinformationen seien gerade mit dem neuen EBM eingestellt worden. Es sei treuewidrig, wenn sie die Beklagte jetzt auf die Nichteinhaltung der Honorarobergrenze berufe. Auch anhand der Gesamtzahl der Patientenscheine sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass es möglicherweise zu einer Überschreitung der Honorarobergrenze kommen könne. Die Überschreitung der Obergrenze ab dem Quartal III/05 beruhe ausschließlich auf der Einführung des EBM 2005. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, einen entsprechenden Antrag bei dem Zulassungsausschuss zu stellen. Er verweise im Übrigen auch auf seinen Vortrag zur veränderten Versorgungslage im Widerspruchsverfahren.

Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 13.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die ihm zustehenden Beträge in Höhe von 4.801,60 EUR und 23.108,07 EUR auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist weiterhin der Auffassung, sie sei an dem bestandskräftigen Beschluss des Zulassungsausschusses gebunden. Es seien auch grundsätzlich alle Honoraransprüche Bestandteil der von dem Zulassungsausschuss festgelegten Leistungsobergrenze. Auch extrabudgetäre Leistungen seien in die Leistungsobergrenze einzubeziehen. Der Kläger hätte ggf. nicht den Berechnungsbogen zur Anerkennung der errechneten Gesamtpunktzahlvolumen unterzeichnen dürfen oder hätte Widerspruch gegen die Festsetzung des Zulassungsausschusses einlegen müssen. Darüber hinaus hätte er einen Antrag auf Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina stellen können. Es verbleibe auch eine Steuerungsmöglichkeit bei dem niedergelassenen Arzt. Die Scheinzahl des Klägers sei von 1.916 im Quartal II/02 (Quartal vor Job-Sharing) auf 2.196 im Quartal II/07 (letztes Job-Sharing-Quartal) angestiegen. Eine Beachtung der Festlegung im Beschluss des Zulassungsausschusses durch sie sei auch nicht treuwidrig, eine Aufhebung sehe die Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte durch sie nicht vor. Es bestehe auch für sie keine Verpflichtung, einen Antrag auf Änderung zu stellen. Der Rückforderungsbetrag beruhe auf einer Berechnung des durchschnittlichen Punktwertes eines Quartals. Die vom Kläger vorgetragenen Sicherstellungserwägungen seien nicht zu berücksichtigen. Sie verweise auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Es liege auch kein Sicherstellungsproblem vor, wenn eine Praxis von ausscheidenden Vertragsärzten gem. § 103 Abs. 4 SGB V an andere Kollegen weitergegeben werde und es dann ggf. zu einer Abwanderung von Patienten komme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Kammer konnte dies ohne mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Der Rückforderungsbescheide der Beklagten vom 13.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2009 für die Quartale III/05 bis II/06 4. Leistungsjahr – und für die Quartale II6/05 bis II/07 – 5. Leistungsjahr – sind rechtmäßig und waren daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.

Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen.

Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.

Nach den hier noch bis zum Quartal I/07 maßgeblichen Richtlinien über die Beschäftigung von angestellten Praxisärzten in der Vertragsarztpraxis ("Angestellte-Ärzte-Richtlinien") in der Fassung vom 1. Oktober 1997 (BAnz. Nr. 9, S. 372 vom 15. Januar 1998), zuletzt geändert am 22. Oktober 2001, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 20 vom 30. Januar 2002, in Kraft getreten am 31. Januar 2002 (im Folgenden: AÄRL), die ab 01. April 2007 in der Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie (Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie) in der Neufassung vom 15. Februar 2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2007, S. 3491, in Kraft getreten am 1. April 2007, zuletzt geändert am 15. Juli 2010, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2010 S. 3954, in Kraft getreten am 27. November 2010, in den hier maßgeblichen Bestimmungen unverändert) (im Folgenden: BedarfsplRL-Ä), aufgegangen ist, die regelungstechnisch in § 23k Abs. 1 Satz 2 für die Berechnung des abrechenbaren Gesamtpunktzahlvolumens auf die Regelungen nach den §§ 23c bis 23f verweist, die entsprechend mit der Maßgabe gelten, dass der Umfang der Leistungsbeschränkung unabhängig vom Beschäftigungsumfang des (der) angestellten Arztes (Ärzte) zu bestimmen ist, legt der Zulassungsausschuss vor der Zulassung des Antragstellers in einer verbindlichen Feststellung zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber dem Vertragsarzt (den Vertragsärzten) in den vorausgegangenen mindestens vier Quartalen ergangenen Abrechnungsbescheiden quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina fest, welche bei der Abrechnung der ärztlichen Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis von dem Vertragsarzt sowie dem Antragsteller nach seiner Zulassung gemeinsam als Leistungsbeschränkung maßgeblich sind (Obergrenze). Diese Gesamtpunktzahlvolumina sind so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als 3 v. H. überschritten werden. Das Überschreitungsvolumen von 3 v. H. wird jeweils auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bezogen. Das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen (Punktzahlvolumen zuzüglich Überschreitungsvolumen) wird nach Nr. 3.4 AÄRL bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä durch die Kassenärztliche Vereinigung angepasst. Bei Internisten ist zur Ermittlung des Fachgruppendurchschnittes auf die Entscheidung des bereits zugelassenen Vertragsarztes zur hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgung abzustellen. Im Übrigen gilt für Anpassungen Nr. 3.3 AÄRL bzw. § 23e. Außergewöhnliche Entwicklungen im Vorjahr, wie z. B. Krankheit eines Arztes, bleiben außer Betracht; eine Saldierung von Punktzahlen innerhalb des Jahresbezugs der Gesamtpunktzahlen im Vergleich zum Vorjahresvolumen ist zulässig. Der Zulassungsausschuss trifft seine Festlegungen auf der Grundlage der ihm durch die Kassenärztliche Vereinigung übermittelten Angaben (Nr. 3.1 AÄRL bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä).

Sowohl für die Berechnung des Ausgangspunktzahlvolumens als auch des Vergleichspunktzahlvolumens nach Nr. 3.1 AÄRL bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä ist das im Zeitpunkt der Abrechnung jeweils geltende Berechnungssystem für die vertragsärztlichen Leistungen maßgeblich. Auf Antrag des Vertragsarztes sind die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben. Die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Nr. 3.3 AÄRL bzw. § 23e BedarfsplRL-Ä).

Die Gesamtpunktzahlvolumina zur Beschränkung des Praxisumfangs folgen der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor). Die Anpassungsfaktoren werden im ersten Leistungsjahr von der Kassenärztlichen Vereinigung errechnet. Die dafür maßgebliche Rechenformel lautet: PzVol (Quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis)./. PzFg (Quartalsbezogener Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe ) = Fakt (Quartalsbezogener Anpassungsfaktor). Sie stellen die Grundlage zur Ermittlung der Gesamtpunktzahlvolumina für die Folgejahre dar. Der jeweilige Anpassungsfaktor wird ab dem zweiten Leistungsjahr mit dem Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe multipliziert und ergibt die quartalsbezogene Obergrenze für die Praxis (die Saldierungsregelung nach Nr. 3.1 Satz 6 AÄRL 23c Satz 6 BedarfsplRL-Ä bleibt hiervon unberührt). Die Kassenärztliche Vereinigung teilt dem Vertragsarzt die für ihn verbindlichen Anpassungsfaktoren mit (Nr. 3.4 AÄRL bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä).

Damit können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden. Von daher erfasst der Anpassungsfaktor, der hier auf der Grundlage der Abrechnungen vor Einführung des EBM 2005 errechnet wurde, auch evtl. Punktzahlausweitungen aufgrund einer höheren Leistungsbewertung. An Allgemeinen Änderungen nimmt die Job-Sharing-Praxis aufgrund des sog. Anpassungsfaktors automatisch teil.

Relevante Änderungen des EBM liegen nicht vor. Aufgrund des Anpassungsfaktors nimmt jede Job-Sharing-Praxis an insgesamt das Abrechnungsvolumen erhöhenden EBM-Änderungen teil, soweit hiervon die Fachgruppe betroffen ist. Nur bei einem signifikant von der Fachgruppe abweichenden Leistungsspektrum und/oder einer unterschiedlichen Abrechnungshäufigkeit von Leistungen, die durch eine EBM-Änderung höher bewertet werden, kann eine Erhöhung des Abrechnungsvolumens und können Verzerrungen eintreten, ohne dass eine Überschreitung des Grenzvolumens durch eine Ausweitung der Leistungen bedingt wäre, sondern allein durch eine Änderung der EBM-Bewertungen. Der Anpassungsfaktor drückt das Verhältnis der Job-Sharing-Praxis zum Durchschnitt der Fachgruppe aus. Dieser Anpassungsfaktor bleibt für die Dauer des Job-Sharings unverändert, während der Durchschnitt der Fachgruppe sich verändern bzw. auch wachsen kann. Nach den Vorgaben der BedarfsplRL-Ä ist für die aktuelle Obergrenze das Produkt aus starrem – Anpassungsfaktor und – dynamischem - Durchschnitt der Fachgruppe zu bilden, so dass sich die aktuelle Obergrenze proportional zum Durchschnitt der Fachgruppe entwickelt. Diese Entwicklung erfolgt, mit Ausnahme des ersten Leistungsjahrs, in dem aber zum Ausgleich ein Aufschlag von 3 % erfolgt, zeitgleich, da die aktuelle Obergrenze, jeweils bezogen auf die Quartale eines Leistungsjahrs, im Nachhinein von der Beklagten zu berechnen ist. Das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen beinhaltet daher bereits evtl. Wachstumsgrößen aufgrund von Höherbewertungen einzelner Leistungen. Dies ist, unter der Maßgabe eines mit der Fachgruppe korrelierenden Leistungsverhaltens, kein Grund für eine Neufestsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina. Von daher käme eine Neufestsetzung durch die Zulassungsgremien u. a. nur dann in Betracht, wenn ein signifikant unterschiedliches Abrechnungsverhalten im Vergleich zur Fachgruppe vorliegen würde, was von dem Kläger aber nicht behauptet wird.

Deutlich wird der Mechanismus des Anpassungsfaktors gerade an den dem Kläger tatsächlich zugestandenen Leistungsvolumina, wie sie in den Rückforderungsbescheiden zugrunde gelegt worden sind. Die Steigerungen werden gerade nach Einführung des EBM 2005 zum Quartal II/05 deutlich, was die Entwicklung der dem Kläger bis zum Quartal IV/05 von der Beklagten mitgeteilten Obergrenzen zeigt. Die Steigerungen werden auch anhand der hier streitigen Quartale deutlich. Gegenüber dem im 1. Leistungsjahr zugestandenen Leistungsvolumen wird im Quartal III/05 eine um 30,8 % höher Punktzahlmenge zugestanden. Im Quartal IV/05 wird gegenüber dem im 1. Leistungsjahr zugestandenen Leistungsvolumen eine um 39,1 % höhere Punktzahlmenge zugestanden. Im Einzelnen ergeben sich für den streitbefangenen Zeitraum folgende Werte nach den Berechnungen der Kammer:

Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr
4 Leistungsjahr III/05-II/06
5. Leistungsjahr III/06-II/07
3 1.611.394,7 100 2.108.473,2 130,8 2.147.008,1 133,2
4 1.716.112,1 100 2.387.423,2 139,1 2.442.426,5 142,3
1 1.658.626,3 100 2.287.184,0 137,9 2.393.099,1 144,3
2 1.581.295,6 100 2.197.488,1 139,0 2.312.337,1 146,2

Im Übrigen ist die Festsetzung mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 11.06.2002, der bestandskräftig geworden ist, ist für alle Beteiligten und das Gericht bindend erfolgt (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 12.12.2007 – L 4 KA 62/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschl. vom 28.01.2009 – B 6 KA 17/08 B – BeckRS).

Die vom Zulassungsausschuss festgesetzte Leistungsobergrenze gilt für alle Bereiche der ärztlichen Tätigkeit. Eine Leistungsausweitung ist, solange diese Obergrenze nicht geändert wird, einer Job-Sharing-Praxis nur im Rahmen der 3-%-Grenze bzw. im Rahmen der Erhöhung durch den sogenannten Anpassungsfaktor möglich. Soweit der Kläger vorträgt, aufgrund der Praxisaufgabe oder sonstiger Veränderungen in seinem räumlichen Umfeld sei es zu weiteren Patientenzuströmen gekommen, hätte es ihm oblegen, einen entsprechenden Antrag bei Zulassungsausschuss zu stellen. Das Landessozialgericht Hessen (Urt. v. 12.12.2007, a.a.O.) hat bereits dargelegt, dass ein Vertragsarzt nicht mit dem Vortrag, es sei ihm weder möglich noch zumutbar gewesen, den Umfang seiner allgemeinen ärztlichen Tätigkeit zu verringern gehört werden kann. Selbstverständlich sei er immer zu Behandlungen von Notfällen verpflichtet. Gleichwohl habe er die Möglichkeit den Umfang seiner ärztlichen Tätigkeit zu steuern. Eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Ärzten liege nicht vor. Denn allein die Leistungsobergrenze aufgrund der Anstellung einer weiteren Ärztin schließt weitergehende Honoraransprüche aus.

Die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

Nach den genannten Regelungen der BedarfsplRL-Ä können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden.

Von daher scheidet die Begründung eines Vertrauensschutzes allein aufgrund der Untätigkeit der Beklagten aus. Aufgrund des Job-Sharing-Verhältnisses war dem Kläger das Bestehen einer Leistungsbegrenzung grundsätzlich bekannt und musste er davon ausgehen, dass ihm eine darüber hinausgehende Leistungsvermehrung nicht möglich war. Soweit ihm die aktuellen Gesamtpunktzahlobergrenzen nicht bekannt waren, musste er sich an den bisherigen Festsetzungen orientieren bzw. an der Festsetzung für das Vorjahr. Ggf. hätte er die Beklagte hierzu um Auskunft ersuchen können. Insofern kommt dem Anpassungsfaktor eine Schutzwirkung zugunsten einer Job-Sharing-Praxis zu. Der Anpassungsfaktor ermöglicht der Job-Sharing-Praxis grundsätzlich so zu wachsen, wie auch die Fachgruppe insgesamt wächst. Es kann hier dahinstehen, ob bereits insofern Vertrauensschutz dahingehend besteht, dass trotz einer möglicherweise stärkeren Leistungsbegrenzung aufgrund eines "negativen" Wachstums der Fachgruppe der Job-Sharing-Praxis immer die im ersten Leistungsjahr bzw. später im Vorjahr festgesetzte Leistungsgrenze zuzugestehen ist, da die Leistungsgrenze des ersten Leistungsjahrs hier nicht unterschritten wird und der Kläger Vertrauen aufgrund der Festsetzungen der Folgejahre nicht aufbauen konnte, da ihm diese nicht bekannt waren. Im Übrigen hat die Beklagte dem Kläger bis zum Quartal IV/05 die Obergrenzen mitgeteilt, wenn auch – mit Ausnahme des Quartals I/05 – erstmals ab den Quartalen I/06 Überschreitungen der Obergrenze eintraten. Die Mitteilungen können zudem erst nach Quartalsende ergehen, können also auch kein Vertrauen für eine vermehrte Abrechnung im laufenden Quartal begründen.

Die Beklagte hat allen quartalsmäßig ergehenden Honorarbescheiden ein Schreiben beigefügt, in dem sie u. a. ausführte:

"Die Prüfung, ob die im Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte angegebenen maximalen Punktzahlobergrenzen eingehalten worden sind, erfolgt jeweils bezogen auf ein Leistungsjahr. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich Überschreitungen mit möglichen Unterschreitungen jeweils innerhalb eines (Jahres-)Blocks von vier aufeinanderfolgenden Quartalen ausgleichen. Anbei erhalten Sie Ihre Honorarunterlagen des o. g. Quartals vorbehaltlich eventueller Honorarrückforderungen durch die Job-Sharing-Berechnung. Bezüglich der Prüfung ihrer Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der Punktzahlobergrenze im Rahmen des Job-Sharings werden wir Sie jeweils nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben informieren."

Soweit die Kammer in ihrem Urteil vom 09.09.2010 - S 12 KA 126/10 -, Berufung anhängig beim LSG Hessen - L 4 KA 71, 72 u 73/10 – aufgrund dieser Schreiben Vertrauensschutz zugebilligt hat, hat sie wesentlich darauf abgestellt, dass die Beklagte gerade trotz Ankündigung einer Überprüfung über Jahre hinweg untätig geblieben war. Im Fall der dortigen Klägerin lagen jedenfalls wenigstens auch im dritten und vierten Leistungsjahr nicht unerhebliche Überschreitungen der Leistungsbegrenzung vor, die die Beklagte nicht zu einer Rückforderung veranlasst hatten, bzw. es war bei einer Überprüfung dann wegen Überschreitens der vierjährigen Verjährungsfrist eine Rückforderung nicht mehr möglich. Damit habe die Beklagte auch für die Job-Sharing-Praxis einen Vertrauenstatbestand gesetzt, als sie eine – letztlich unmittelbare – Prüfung nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres angekündigt habe. Soweit die Beklagte aber dann untätig geblieben sei, habe sich das Vertrauen bilden können, die Prüfung der Beklagten habe ergeben, dass eine Leistungsüberschreitung nicht vorliege oder aber die Beklagte werde von einer Rückforderung absehen. Dies gelte insbesondere für die Klägerin, die über Jahre bzw. 28 Quartale hinweg solche Schreiben erhalten habe, ohne dass eine weitere Reaktion der Beklagten erfolgt sei.

Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Von daher war dem Kläger im Hinblick auf die genannten Schreiben, auf die er sich im Übrigen auch nicht beruft, kein Vertrauensschutz zuzubilligen.

Die Beklagte war zur Rückforderung auch nicht wegen Überschreitens einer Ausschlussfrist gehindert. Insbesondere gilt nicht die nach dem Honorarverteilungsvertrag geltende zweijährige Ausschlussfrist (Nr. 8.6 des ab dem Quartal II/05 geltenden HVV). Diese verstößt gegen Bundesrecht und ist daher nichtig (vgl. SG Marburg, Urt. v. 10.11.2010 – S 12 KA 455/10). Von daher gilt die vierjährige Ausschlussfrist. Die Ausschlussfrist beginnt in allen Fällen der Richtigstellung von Honorarbescheiden mit dem Tag nach der Bekanntgabe des für den Abrechnungszeitraum maßgeblichen Honorarbescheids zu laufen (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 23.06.2010 – B 6 KA 7/09 R - juris Rdnr. 60 m.w.N.). Diese Frist war nicht abgelaufen, was insoweit auch zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist.

Soweit die Beklagte verpflichtet ist, den Anpassungsfaktor von Amts wegen mitzuteilen, und dieser Verpflichtung offensichtlich erst im Rückforderungsbescheid nachgekommen ist, folgt daraus nicht zwingend die Rechtswidrigkeit der Rückforderung. Der Anpassungsfaktor dient, auch nicht in Zusammenhang mit der vom Zulassungsausschuss festgesetzten Obergrenze, einer Steuerungsfunktion in dem Sinne, dass eine Job-Sharing-Praxis von einem vermehrten Leistungsgeschehen abgehalten werden soll. Diese Funktion kommt nur der Obergrenze selbst zu. Demgegenüber dient der Anpassungsfaktor, wie bereits ausgeführt, dem Schutz der Job-Sharing-Praxis, an allgemeinen Leistungsveränderungen innerhalb der Fachgruppe gleichberechtigt teilzunehmen. Von daher ist weder die grundsätzlich auch nur rückwirkend mögliche Mitteilung des Anpassungsfaktors zu beanstanden noch folgt aus der zunächst unterbliebenen Mitteilung die Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheids.

Nicht zu beanstanden war auch die Berechnung der Honoraranforderung. Eine fehlerhafte Berechnung ist nicht zu erkennen.

Nicht zu beanstanden war ferner die Berechnung des praxisbezogenen Punktwerts, mit der die zunächst in Punkten festgestellte Leistungsüberschreitung in Euro-Beträge umgerechnet wurde. Zutreffend hat die Beklagte einen durchschnittlichen Punktwert ermittelt. Das ist der Punktwert, mit dem letztlich die Leistungen des Klägers vergütet wurden. Es besteht kein Anspruch darauf, dass zunächst die – im Rahmen der Honorarberechnung - geringer vergüteten Leistungen als Maßstab genommen werden. Für die Berechnung der Rückforderung aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung im Falle von Budgetierungen bleibt der praxisindividuelle Punktwert maßgebend, der sich auf der Grundlage des vom Arzt in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens ergeben hat. Es erfolgt keine Neuberechnung des Punktwerts auf der Grundlage des korrigierten Punktzahlvolumens. Eine andere Berechnungsweise kann in Ausnahmefällen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Betracht kommen (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R - BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr. 7 = USK 2009-11). Ein solcher Ausnahmefall setzt aber voraus, dass die fehlerhafte Honoraranforderung durch eine missverständliche oder unzutreffende Information o. ä. seitens der Kassenärztlichen Vereinigung mit verursacht wurde. Ein derartiger Sonderfall ist auch dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Arzt in offenem Dissens mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Gebührennummer ansetzt, weil er die Frage ihrer Abrechenbarkeit einer gerichtlichen Klärung zuführen will (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R -, aaO., juris Rdnr. 27 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. In diesem Sinne handelt es sich auch nicht um eine fehlerhafte Abrechnung einzelner Leistungen und kann die Leistungsüberschreitung erst nachträglich festgestellt werden. Im Übrigen dienen Budgetierungsmaßnahmen nur neben ihrer Steuerungsfunktion – der Berechnung des Honorars, bedeuten aber keine Wertigkeit der einzelnen Leistungen. Der tatsächliche Wert der Leistung kann nur praxisbezogen mit Hilfe des praxisindividuellen Punktwerts berechnet werden.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil hat die Verfahrenskosten zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Der Streitwert war in Höhe des strittigen Berichtigungsbetrages festzusetzen.
Rechtskraft
Aus
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