Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 202/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4376/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. September 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten bzw. Freistellung von der Forderung der Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M. in Höhe von EUR 684,58 nach Wechsel des behandelnden Kieferorthopäden.
Die am 1991 geborene Klägerin ist bei der Beklagten familienversichert. Kieferorthopäde Dr. R. erstellte den Behandlungsplan vom 27. Oktober 2003/04. November 2003, in welchem er angab, es bestehe Behandlungsbedarf nach der Indikationsgruppe S 4 (Durchbruchstörung) der Richtlinien für die kieferorthopädische Behandlung (KFO-Richtlinien). Die Therapie bestehe insbesondere in einer transversalen Expansion des Oberkiefers. Die voraussichtlichen Gesamtkosten bezifferte er auf EUR 3.623,00 (hiervon Material- und Laborkosten: EUR 710,00). Die Beklagte genehmigte am 12. November 2003 den Behandlungsplan mit einem Zuschuss zu den aufgeführten Leistungen von 80 von Hundert (v.H.). Hierüber unterrichtete sie den Vater der Klägerin mit Schreiben vom selben Tag unter Übersendung eines Merkblatts, in welchem u.a. ausgeführt wird, dass zu beachten sei, dass der Zahnarzt/Kieferorthopäden nicht ohne Zustimmung der Beklagten gewechselt werde. Kieferorthopäde Dr. R. begann nach Genehmigung mit der kieferorthopädischen Behandlung mit dem Einsetzen einer ersten Spange.
Die Klägerin wechselte im Januar 2004 in die Behandlung der kieferorthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M ... Mit Schreiben vom 17. März 2004 teilte Kieferorthopäde Dr. M. der Beklagten mit, er werde die Weiterbehandlung der Klägerin übernehmen. Der Behandlungsplan des Vorbehandlers könne jedoch nicht übernommen werden, da er einige offensichtliche Ungereimtheiten enthalte. Außerdem stelle seiner Meinung nach der Fall keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung dar, da nur die Indikationsgruppen E 2/T 2 vorlägen. Unter dem 25. März 2004 eröffnete Dr. M. auch gegenüber dem Vater der Klägerin, nachdem der Behandlungsgrad T 2 gemäß KFO-Richtlinien festgestellt worden sei, sei die Beklagte nicht leistungspflichtig, da sie Kosten erst ab Grad 3 übernehmen müsse. Auf Anforderung der Beklagten bestätigte Kieferorthopäde Dr. K. im Kurzgutachten vom 02. Mai 2004 die Richtigkeit der Einstufung in die Indikationsgruppe E 2/T 2. Durch Bescheid vom 14. Mai 2004 lehnte die Beklagte gegenüber dem Vater der Klägerin unter Hinweis auf dieses Gutachten die weitere Kostenübernahme ab. Der Vater der Klägerin erhob Widerspruch. Es handele sich um keine neue Behandlung, sondern um die Fortführung der im Oktober 2003 begonnenen und sodann genehmigten Behandlung. Der Grund des mit Genehmigung der Beklagten erfolgten Wechsels liege in einem versuchten Betrug des Dr. R. durch unzulässige GOZ Kombinationen und Falschdeklarierungen von Zahnspangen. Die Beklagte müsse Dr. R. für seine Fehler haftbar machen. Inzwischen sei im April 2004 die zweite Spange eingesetzt worden, jedoch sei die Behandlung nicht abgeschlossen, nachdem noch kein sauberer Biss Ober- auf Unterkiefer stattfinde. Die Kostenübernahme dürfe nicht mitten in der Behandlung abgebrochen werden. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 30. Dezember 2004). Zur Begründung führte er aus, in der Ablehnung der künftig infolge einer Weiterbehandlung entstehenden Kosten liege eine Rücknahme des von Anfang an rechtswidrigen Verwaltungsakts für die Zukunft. Eine Rücknahme auch für die Vergangenheit habe mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 45 Abs. 4 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) auszuscheiden. Die Ablehnung der Kostenübernahme für eine Weiterbehandlung führe nicht zu solchen Nachteilen, die als unzumutbar anzusehen wären.
Die Beklagte machte bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Tübingen, einer der Rechtsvorgängerinnen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, die Feststellung eines sonstigen Schadens gegenüber dem Kieferorthopäden Dr. R. geltend. Dr. R. zahlte im Mai 2006 an die Beklagte auf Grund einer Erklärung gegenüber dem Prüfungsausschuss bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg einen Regressbetrag von EUR 339,45.
Die Klägerin erhob wegen des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2004 am 27. Januar 2005 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Sie machte geltend, nachdem Dr. R. überhöhte und fehlerhafte Privatrechnungen erstellt habe, habe ihr Vater bei der Beklagten nachgefragt, ob unter diesen Umständen der Kieferorthopäde gewechselt werden dürfe, was bejaht worden sei, wenn die Behandlung nahtlos weitergeführt werde. Durch die Behandlung des Dr. R. sei es zunächst zu einer deutlichen Verschlechterung der Gebissstellung gekommen. Für eine bereits begonnene, von der Beklagten genehmigte Behandlung genieße sie Vertrauensschutz. Die Beklagte müsse sich die Behandlungskosten bei Dr. R. ersetzt verlangen. Bei dieser Genehmigung habe die Beklagte auch offenkundig grob fahrlässig gehandelt, da der Behandlungsplan des Dr. R. gravierende Widersprüche enthalten habe. Schließlich habe die Beklagte nicht darüber aufgeklärt, dass bei einem Behandlerwechsel der Behandlungsplan für den neuen Kieferorthopäden nicht bindend sei und gegebenenfalls ein neuer Behandlungsplan, der von einer erneuten Genehmigung abhängig sei, erstellt werden müsse. Die Beklagte habe über ein typisches Risiko, nämlich das Erlöschen des Behandlungsvertrages bei Behandlerwechsel, nicht aufgeklärt. Damit sei jegliche Rechtssicherheit genommen worden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie verwies darauf, sie habe beim zuständigen Prüfungsausschuss einen Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens gestellt und zum Zeitpunkt des gewünschten Behandlerwechsels habe nicht davon ausgegangen werden können, dass die vorgenommene Einstufung durch den Erstbehandler nicht korrekt gewesen sei.
Durch Urteil vom 26. September 2005 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, die kieferorthopädische Behandlung bei Dr. M. gehören nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung, weil beim Behandlungswechsel Anfang 2004 lediglich eine Kontaktpunktabweichung/Engstand (Indikationsgruppe E) und ein vertikaler Frontzahnüberbiss (Indikationsgruppe T) mit jeweiligem Behandlungsbedarfsgrad 2 vorgelegen habe. Auf die Genehmigung des (früheren) Behandlungsplanes von Dr. R. könne sich die Klägerin nicht berufen, da die Genehmigung nicht mehr fortwirke. Sie könne ihren Anspruch auf die Genehmigung auch nicht mit einem möglichen Vertrauensschutz begründen. Eine mögliche Zusicherung, bei einem Behandlerwechsel die weiteren Kosten für die Behandlung zu übernehmen, sei von der Beklagten jedenfalls nicht in der hierfür notwendigen schriftlichen Form erteilt worden.
Gegen das am 06. Oktober 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 24. Oktober 2005 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung der Klägerin. Sie verweist nochmals darauf, nicht über das Risiko des Erlöschens des Behandlungsvertrags aufgeklärt worden zu sein. Wäre eine solche Aufklärung erfolgt, so wäre die Behandlung bei Dr. R. unter dem Risiko eines Streits über die private Zusatzrechnung fortgesetzt worden.
Die Klägerin hat nach Abschluss der Behandlung die an ihren Vater gerichtete und von diesem bezahlte Rechnung der Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M. vom 30. September 2006 über EUR 242,68 vorgelegt und weiter ausgeführt, deren zahnärztliches Honorar in Höhe von ca. EUR 450,00 bis EUR 500,00 sei noch offen, da die Gemeinschaftspraxis den Ausgang des Verfahrens abwarten wolle.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. September 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2004 zu verurteilen, für die kieferorthopädische Behandlung durch die Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M. EUR 242,68 zu erstatten sowie von der restlichen Forderung in Höhe von EUR 441,90 freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verbleibt dabei, zum Zeitpunkt der Beratung über den gewünschten Wechsel sei die falsche Einstufung durch den Erstbehandler nicht bekannt gewesen. Auch die Behandlung beim Erstbehandler hätte nach Bekanntwerden der falschen Einstufung nicht fortgesetzt werden können.
Auf Anfrage des Senats hat Kieferorthopädin Dr. M.-Me. mitgeteilt, die Forderung belaufe sich auf EUR 684,58, wovon der Vater der Klägerin EUR 242,68 für das kieferorthopädische Behandlungsgerät bereits gezahlt habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die form- und fristgerechte eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligter nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Die Berufung ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten. Die Forderung der Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M. gegen die Klägerin bzw. deren Vater beträgt EUR 684,58, wovon EUR 242,68 für ein kieferorthopädisches Behandlungsgerät bereits bezahlt sind. Die Klägerin begehrt die Erstattung dieses bislang gezahlten Betrags sowie die Freistellung von der Zahlung der restlichen Forderung in Höhe von EUR 441,90.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung bzw. Freistellung von Kosten für die kieferorthopädische Behandlung der Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M ...
Anspruchsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Kostenerstattungs- und Freistellungsanspruch ist § 13 Abs. 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), der nach § 8 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) auch für die landwirtschaftliche Krankenversicherung gilt. Danach sind Versicherten Kosten einer selbst beschafften Leistung, soweit die Leistung notwendig war, in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Der Anspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt aber voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hat (ständige Rechtsprechung vgl. z.B. BSG, Urteil vom 22. März 2005 - B 1 KR 11/03 R - = SozR 4-2500 § 27a Nr. 1). Maßgeblich ist insoweit die Sach- und Rechtslage für den Zeitraum, für welche die Erstattung bzw. Freistellung von Kosten begehrt wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2002 - B 1 KR 16/00 R - = SozR 3-2500 § 92 Nr. 12).
Nach §§ 8 Abs. 1 KVLG, 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst zahnärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V). Gemäß § 29 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V haben Versicherte, die noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht. Der Gemeinsame Bundesausschuss (bis 31. Dezember 2003 Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen) bestimmt nach § 29 Abs. 4 Satz 1 SGB V in dem gemäß § 92 Abs. 1 SGB V zu erlassenden Richtlinien befundbezogen die objektiv überprüfbaren Indikationsgruppen, bei denen die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen vorliegen. Dies sind die KFO-Richtlinien.
Die Klägerin hatte keinen Sachleistungsanspruch auf eine kieferorthopädische Versorgung. Nach Abschnitt B Nr. 2 Satz 2 der KFO-Richtlinien ist für eine kieferorthopädische Behandlung im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung die Einstufung mindestens in den Behandlungsbedarfsgrad 3 der Indikationsgruppen erforderlich (siehe auch Satz 4 der Anlage 2 zu Abschnitt B Nr. 2 der KFO-Richtlinien). Ein solcher Behandlungsbedarfsgrad ist - was zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten ist - nicht gegeben. Es bestand eine Kontaktpunktabweichung/Engstand (Indikationsgruppe E) und ein vertikaler Frontzahnüberbiss (Indikationsgruppe T) mit dem Behandlungsbedarfsgrad 2. Dies ergibt sich aus den Angaben des Kieferorthopäden Dr. M., die Kieferorthopäde Dr. K. in dem von der Beklagten veranlassen Gutachten vom 02. Mai 2004 bestätigte. Damit steht fest, dass der von dem zunächst behandelnden Kieferorthopäden Dr. R. angenommene Behandlungsbedarfsgrad 4 unzutreffend war.
Dass die Beklagte den Behandlungsplan, den Dr. R. erstellt hatte, genehmigte, vermag einen Anspruch auf Kostenerstattung bzw. Freistellung für die kieferorthopädische Behandlung der Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M. nicht zu begründen. Denn der von der Beklagten am 12. November 2003 genehmigte Behandlungsplan des Dr. R. bezog sich lediglich auf die von ihm beabsichtigte kieferorthopädische Behandlung. Für die Inanspruchnahme kieferorthopädischer Leistungen ist vor Beginn der Behandlung ein Behandlungsplan vom behandelnden Kieferorthopäden zu erstellen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen, Anlage 6 zum Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z)). Die Krankenkasse übernimmt nur diejenigen Behandlungen, die sie genehmigte. Denn nur die Behandlungen, für die die Krankenkasse auf Grund eines Behandlungsplanes die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt hat, unterliegen nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 3 der Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen). Die Genehmigung bezieht sich auch nur auf den Kieferorthopäden, der den genehmigten Behandlungsplan erstellt hat. Denn nur er hat sich bei eventuellen Verstößen gegen gesetzliche oder vertragliche Vorschriften gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und damit mittelbar nach § 75 Abs. 1 SGB V auch gegenüber der Beklagten zu verantworten (BSG, Urteil vom 18. Januar 1996 - 1 RK 22/95 - = SozR 3-2500 § 29 Nr. 3). Mit dem Abbruch der Behandlung bei Dr. R. hat sich dessen Behandlungsplan erledigt. Denn die Behandlung wurde nicht (weiter) durchgeführt. Damit hat sich nach § 39 Abs. 2 SGB X auch der Verwaltungsakt erledigt, der in der Bewilligung der kieferorthopädischen Behandlung durch die Beklagte zu sehen ist. Die Bewilligung der kieferorthopädischen Behandlung ist ein Verwaltungsakt (BSG, Urteil vom 10. Oktober.1979 - 3 RK 3/78 - = SozR 2200 § 205 Nr. 28; BSG Urteil vom 18. Januar 1996 - 1 RK 22/95 -= SozR 3-2500 § 29 Nr. 3). Damit ist es unerheblich, ob die Beklagte die durch Verwaltungsakt erfolgte Genehmigung des von Dr. R. aufgestellten Behandlungsplanes nach § 45 oder § 48 SGB X zurücknehmen durfte.
Auch die Behauptung der Klägerin, ihr Vater sei von der Beklagten nicht aufgeklärt worden, dass bei einem Behandlerwechsel der Behandlungsplan für den neuen Behandler nicht bindend sei und ein ggf. neu zu erstellender Behandlungsplan von einer erneuten Genehmigung abhängig sei, führt zu keiner anderen Beurteilung. Insoweit kann die Klägerin ihren Erstattungsanspruch bzw. Freistellungsanspruch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Zum einen ist er im Bereich der abschließenden Regelung eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 SGB V nicht anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 5/05 R - = SozR 4-2500 § 13 Nr. 8). Zum anderen kann selbst bei Verletzung einer Beratungspflicht durch die Beklagte der sozialrechtliche Herstellungsanspruch als Rechtsfolge einen Versicherungsträger nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist (z.B. BSG, Urteil vom 11. März 2004 - 13 RJ 16/03 R - = SozR 4-2600 § 58 Nr. 3 m.w.N.). Da die kieferorthopädische Behandlung mit dem bei der Klägerin vorliegenden Behandlungsbedarfsgrad 2 nicht von der Leistungspflicht der Beklagten umfasst ist, wäre eine Kostenübernahme bzw. Freistellung durch die Beklagte rechtswidrig. Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass bereits zu dem von der Klägerin behaupteten Telefonat ihres Vaters im Januar 2004 wegen des Behandlerwechsels bekannt war, dass die Voraussetzungen für eine Leistungspflicht der Beklagten nicht bestehen. Dies stellte sich nämlich erst anschließend durch die Weiterbehandlung der Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M. heraus. Anlass für die Beendigung der Behandlung bei Dr. R. waren dessen unzutreffende und überhöhte Rechnungen. Soweit durch eine fehlerhafte Behandlung einem Beteiligten ein Schaden entstanden ist, ist ein Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Die Beklagte jedenfalls hat bei der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung erfolgreich einen Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens gestellt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten bzw. Freistellung von der Forderung der Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M. in Höhe von EUR 684,58 nach Wechsel des behandelnden Kieferorthopäden.
Die am 1991 geborene Klägerin ist bei der Beklagten familienversichert. Kieferorthopäde Dr. R. erstellte den Behandlungsplan vom 27. Oktober 2003/04. November 2003, in welchem er angab, es bestehe Behandlungsbedarf nach der Indikationsgruppe S 4 (Durchbruchstörung) der Richtlinien für die kieferorthopädische Behandlung (KFO-Richtlinien). Die Therapie bestehe insbesondere in einer transversalen Expansion des Oberkiefers. Die voraussichtlichen Gesamtkosten bezifferte er auf EUR 3.623,00 (hiervon Material- und Laborkosten: EUR 710,00). Die Beklagte genehmigte am 12. November 2003 den Behandlungsplan mit einem Zuschuss zu den aufgeführten Leistungen von 80 von Hundert (v.H.). Hierüber unterrichtete sie den Vater der Klägerin mit Schreiben vom selben Tag unter Übersendung eines Merkblatts, in welchem u.a. ausgeführt wird, dass zu beachten sei, dass der Zahnarzt/Kieferorthopäden nicht ohne Zustimmung der Beklagten gewechselt werde. Kieferorthopäde Dr. R. begann nach Genehmigung mit der kieferorthopädischen Behandlung mit dem Einsetzen einer ersten Spange.
Die Klägerin wechselte im Januar 2004 in die Behandlung der kieferorthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M ... Mit Schreiben vom 17. März 2004 teilte Kieferorthopäde Dr. M. der Beklagten mit, er werde die Weiterbehandlung der Klägerin übernehmen. Der Behandlungsplan des Vorbehandlers könne jedoch nicht übernommen werden, da er einige offensichtliche Ungereimtheiten enthalte. Außerdem stelle seiner Meinung nach der Fall keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung dar, da nur die Indikationsgruppen E 2/T 2 vorlägen. Unter dem 25. März 2004 eröffnete Dr. M. auch gegenüber dem Vater der Klägerin, nachdem der Behandlungsgrad T 2 gemäß KFO-Richtlinien festgestellt worden sei, sei die Beklagte nicht leistungspflichtig, da sie Kosten erst ab Grad 3 übernehmen müsse. Auf Anforderung der Beklagten bestätigte Kieferorthopäde Dr. K. im Kurzgutachten vom 02. Mai 2004 die Richtigkeit der Einstufung in die Indikationsgruppe E 2/T 2. Durch Bescheid vom 14. Mai 2004 lehnte die Beklagte gegenüber dem Vater der Klägerin unter Hinweis auf dieses Gutachten die weitere Kostenübernahme ab. Der Vater der Klägerin erhob Widerspruch. Es handele sich um keine neue Behandlung, sondern um die Fortführung der im Oktober 2003 begonnenen und sodann genehmigten Behandlung. Der Grund des mit Genehmigung der Beklagten erfolgten Wechsels liege in einem versuchten Betrug des Dr. R. durch unzulässige GOZ Kombinationen und Falschdeklarierungen von Zahnspangen. Die Beklagte müsse Dr. R. für seine Fehler haftbar machen. Inzwischen sei im April 2004 die zweite Spange eingesetzt worden, jedoch sei die Behandlung nicht abgeschlossen, nachdem noch kein sauberer Biss Ober- auf Unterkiefer stattfinde. Die Kostenübernahme dürfe nicht mitten in der Behandlung abgebrochen werden. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 30. Dezember 2004). Zur Begründung führte er aus, in der Ablehnung der künftig infolge einer Weiterbehandlung entstehenden Kosten liege eine Rücknahme des von Anfang an rechtswidrigen Verwaltungsakts für die Zukunft. Eine Rücknahme auch für die Vergangenheit habe mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 45 Abs. 4 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) auszuscheiden. Die Ablehnung der Kostenübernahme für eine Weiterbehandlung führe nicht zu solchen Nachteilen, die als unzumutbar anzusehen wären.
Die Beklagte machte bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Tübingen, einer der Rechtsvorgängerinnen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, die Feststellung eines sonstigen Schadens gegenüber dem Kieferorthopäden Dr. R. geltend. Dr. R. zahlte im Mai 2006 an die Beklagte auf Grund einer Erklärung gegenüber dem Prüfungsausschuss bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg einen Regressbetrag von EUR 339,45.
Die Klägerin erhob wegen des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2004 am 27. Januar 2005 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Sie machte geltend, nachdem Dr. R. überhöhte und fehlerhafte Privatrechnungen erstellt habe, habe ihr Vater bei der Beklagten nachgefragt, ob unter diesen Umständen der Kieferorthopäde gewechselt werden dürfe, was bejaht worden sei, wenn die Behandlung nahtlos weitergeführt werde. Durch die Behandlung des Dr. R. sei es zunächst zu einer deutlichen Verschlechterung der Gebissstellung gekommen. Für eine bereits begonnene, von der Beklagten genehmigte Behandlung genieße sie Vertrauensschutz. Die Beklagte müsse sich die Behandlungskosten bei Dr. R. ersetzt verlangen. Bei dieser Genehmigung habe die Beklagte auch offenkundig grob fahrlässig gehandelt, da der Behandlungsplan des Dr. R. gravierende Widersprüche enthalten habe. Schließlich habe die Beklagte nicht darüber aufgeklärt, dass bei einem Behandlerwechsel der Behandlungsplan für den neuen Kieferorthopäden nicht bindend sei und gegebenenfalls ein neuer Behandlungsplan, der von einer erneuten Genehmigung abhängig sei, erstellt werden müsse. Die Beklagte habe über ein typisches Risiko, nämlich das Erlöschen des Behandlungsvertrages bei Behandlerwechsel, nicht aufgeklärt. Damit sei jegliche Rechtssicherheit genommen worden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie verwies darauf, sie habe beim zuständigen Prüfungsausschuss einen Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens gestellt und zum Zeitpunkt des gewünschten Behandlerwechsels habe nicht davon ausgegangen werden können, dass die vorgenommene Einstufung durch den Erstbehandler nicht korrekt gewesen sei.
Durch Urteil vom 26. September 2005 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, die kieferorthopädische Behandlung bei Dr. M. gehören nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung, weil beim Behandlungswechsel Anfang 2004 lediglich eine Kontaktpunktabweichung/Engstand (Indikationsgruppe E) und ein vertikaler Frontzahnüberbiss (Indikationsgruppe T) mit jeweiligem Behandlungsbedarfsgrad 2 vorgelegen habe. Auf die Genehmigung des (früheren) Behandlungsplanes von Dr. R. könne sich die Klägerin nicht berufen, da die Genehmigung nicht mehr fortwirke. Sie könne ihren Anspruch auf die Genehmigung auch nicht mit einem möglichen Vertrauensschutz begründen. Eine mögliche Zusicherung, bei einem Behandlerwechsel die weiteren Kosten für die Behandlung zu übernehmen, sei von der Beklagten jedenfalls nicht in der hierfür notwendigen schriftlichen Form erteilt worden.
Gegen das am 06. Oktober 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 24. Oktober 2005 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung der Klägerin. Sie verweist nochmals darauf, nicht über das Risiko des Erlöschens des Behandlungsvertrags aufgeklärt worden zu sein. Wäre eine solche Aufklärung erfolgt, so wäre die Behandlung bei Dr. R. unter dem Risiko eines Streits über die private Zusatzrechnung fortgesetzt worden.
Die Klägerin hat nach Abschluss der Behandlung die an ihren Vater gerichtete und von diesem bezahlte Rechnung der Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M. vom 30. September 2006 über EUR 242,68 vorgelegt und weiter ausgeführt, deren zahnärztliches Honorar in Höhe von ca. EUR 450,00 bis EUR 500,00 sei noch offen, da die Gemeinschaftspraxis den Ausgang des Verfahrens abwarten wolle.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. September 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2004 zu verurteilen, für die kieferorthopädische Behandlung durch die Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M. EUR 242,68 zu erstatten sowie von der restlichen Forderung in Höhe von EUR 441,90 freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verbleibt dabei, zum Zeitpunkt der Beratung über den gewünschten Wechsel sei die falsche Einstufung durch den Erstbehandler nicht bekannt gewesen. Auch die Behandlung beim Erstbehandler hätte nach Bekanntwerden der falschen Einstufung nicht fortgesetzt werden können.
Auf Anfrage des Senats hat Kieferorthopädin Dr. M.-Me. mitgeteilt, die Forderung belaufe sich auf EUR 684,58, wovon der Vater der Klägerin EUR 242,68 für das kieferorthopädische Behandlungsgerät bereits gezahlt habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die form- und fristgerechte eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligter nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Die Berufung ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten. Die Forderung der Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M. gegen die Klägerin bzw. deren Vater beträgt EUR 684,58, wovon EUR 242,68 für ein kieferorthopädisches Behandlungsgerät bereits bezahlt sind. Die Klägerin begehrt die Erstattung dieses bislang gezahlten Betrags sowie die Freistellung von der Zahlung der restlichen Forderung in Höhe von EUR 441,90.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung bzw. Freistellung von Kosten für die kieferorthopädische Behandlung der Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M ...
Anspruchsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Kostenerstattungs- und Freistellungsanspruch ist § 13 Abs. 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), der nach § 8 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) auch für die landwirtschaftliche Krankenversicherung gilt. Danach sind Versicherten Kosten einer selbst beschafften Leistung, soweit die Leistung notwendig war, in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Der Anspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt aber voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hat (ständige Rechtsprechung vgl. z.B. BSG, Urteil vom 22. März 2005 - B 1 KR 11/03 R - = SozR 4-2500 § 27a Nr. 1). Maßgeblich ist insoweit die Sach- und Rechtslage für den Zeitraum, für welche die Erstattung bzw. Freistellung von Kosten begehrt wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2002 - B 1 KR 16/00 R - = SozR 3-2500 § 92 Nr. 12).
Nach §§ 8 Abs. 1 KVLG, 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst zahnärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V). Gemäß § 29 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V haben Versicherte, die noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht. Der Gemeinsame Bundesausschuss (bis 31. Dezember 2003 Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen) bestimmt nach § 29 Abs. 4 Satz 1 SGB V in dem gemäß § 92 Abs. 1 SGB V zu erlassenden Richtlinien befundbezogen die objektiv überprüfbaren Indikationsgruppen, bei denen die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen vorliegen. Dies sind die KFO-Richtlinien.
Die Klägerin hatte keinen Sachleistungsanspruch auf eine kieferorthopädische Versorgung. Nach Abschnitt B Nr. 2 Satz 2 der KFO-Richtlinien ist für eine kieferorthopädische Behandlung im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung die Einstufung mindestens in den Behandlungsbedarfsgrad 3 der Indikationsgruppen erforderlich (siehe auch Satz 4 der Anlage 2 zu Abschnitt B Nr. 2 der KFO-Richtlinien). Ein solcher Behandlungsbedarfsgrad ist - was zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten ist - nicht gegeben. Es bestand eine Kontaktpunktabweichung/Engstand (Indikationsgruppe E) und ein vertikaler Frontzahnüberbiss (Indikationsgruppe T) mit dem Behandlungsbedarfsgrad 2. Dies ergibt sich aus den Angaben des Kieferorthopäden Dr. M., die Kieferorthopäde Dr. K. in dem von der Beklagten veranlassen Gutachten vom 02. Mai 2004 bestätigte. Damit steht fest, dass der von dem zunächst behandelnden Kieferorthopäden Dr. R. angenommene Behandlungsbedarfsgrad 4 unzutreffend war.
Dass die Beklagte den Behandlungsplan, den Dr. R. erstellt hatte, genehmigte, vermag einen Anspruch auf Kostenerstattung bzw. Freistellung für die kieferorthopädische Behandlung der Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M. nicht zu begründen. Denn der von der Beklagten am 12. November 2003 genehmigte Behandlungsplan des Dr. R. bezog sich lediglich auf die von ihm beabsichtigte kieferorthopädische Behandlung. Für die Inanspruchnahme kieferorthopädischer Leistungen ist vor Beginn der Behandlung ein Behandlungsplan vom behandelnden Kieferorthopäden zu erstellen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen, Anlage 6 zum Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z)). Die Krankenkasse übernimmt nur diejenigen Behandlungen, die sie genehmigte. Denn nur die Behandlungen, für die die Krankenkasse auf Grund eines Behandlungsplanes die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt hat, unterliegen nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 3 der Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen). Die Genehmigung bezieht sich auch nur auf den Kieferorthopäden, der den genehmigten Behandlungsplan erstellt hat. Denn nur er hat sich bei eventuellen Verstößen gegen gesetzliche oder vertragliche Vorschriften gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und damit mittelbar nach § 75 Abs. 1 SGB V auch gegenüber der Beklagten zu verantworten (BSG, Urteil vom 18. Januar 1996 - 1 RK 22/95 - = SozR 3-2500 § 29 Nr. 3). Mit dem Abbruch der Behandlung bei Dr. R. hat sich dessen Behandlungsplan erledigt. Denn die Behandlung wurde nicht (weiter) durchgeführt. Damit hat sich nach § 39 Abs. 2 SGB X auch der Verwaltungsakt erledigt, der in der Bewilligung der kieferorthopädischen Behandlung durch die Beklagte zu sehen ist. Die Bewilligung der kieferorthopädischen Behandlung ist ein Verwaltungsakt (BSG, Urteil vom 10. Oktober.1979 - 3 RK 3/78 - = SozR 2200 § 205 Nr. 28; BSG Urteil vom 18. Januar 1996 - 1 RK 22/95 -= SozR 3-2500 § 29 Nr. 3). Damit ist es unerheblich, ob die Beklagte die durch Verwaltungsakt erfolgte Genehmigung des von Dr. R. aufgestellten Behandlungsplanes nach § 45 oder § 48 SGB X zurücknehmen durfte.
Auch die Behauptung der Klägerin, ihr Vater sei von der Beklagten nicht aufgeklärt worden, dass bei einem Behandlerwechsel der Behandlungsplan für den neuen Behandler nicht bindend sei und ein ggf. neu zu erstellender Behandlungsplan von einer erneuten Genehmigung abhängig sei, führt zu keiner anderen Beurteilung. Insoweit kann die Klägerin ihren Erstattungsanspruch bzw. Freistellungsanspruch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Zum einen ist er im Bereich der abschließenden Regelung eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 SGB V nicht anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 5/05 R - = SozR 4-2500 § 13 Nr. 8). Zum anderen kann selbst bei Verletzung einer Beratungspflicht durch die Beklagte der sozialrechtliche Herstellungsanspruch als Rechtsfolge einen Versicherungsträger nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist (z.B. BSG, Urteil vom 11. März 2004 - 13 RJ 16/03 R - = SozR 4-2600 § 58 Nr. 3 m.w.N.). Da die kieferorthopädische Behandlung mit dem bei der Klägerin vorliegenden Behandlungsbedarfsgrad 2 nicht von der Leistungspflicht der Beklagten umfasst ist, wäre eine Kostenübernahme bzw. Freistellung durch die Beklagte rechtswidrig. Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass bereits zu dem von der Klägerin behaupteten Telefonat ihres Vaters im Januar 2004 wegen des Behandlerwechsels bekannt war, dass die Voraussetzungen für eine Leistungspflicht der Beklagten nicht bestehen. Dies stellte sich nämlich erst anschließend durch die Weiterbehandlung der Gemeinschaftspraxis Dres. M.-Me. und M. heraus. Anlass für die Beendigung der Behandlung bei Dr. R. waren dessen unzutreffende und überhöhte Rechnungen. Soweit durch eine fehlerhafte Behandlung einem Beteiligten ein Schaden entstanden ist, ist ein Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Die Beklagte jedenfalls hat bei der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung erfolgreich einen Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens gestellt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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