L 4 KR 100/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 1909/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 100/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. April 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob dem Kläger vom 23. Dezember 1998 bis 31. März 2000 Krankengeld zusteht.

Der am 1962 geborene Kläger stammt aus Bosnien-Herzegowina. Er war wohnhaft zur Miete in der T.-straße 8 in L. und seit 27. April 1998 bei der Firma M. Bohrgesellschaft mbH in L. (im Folgenden Arbeitgeber) beschäftigt. Wegen dieser Beschäftigung war der Kläger bei der Beklagten pflichtversichert. Seine Arbeitserlaubnis war befristet bis Ende Dezember 1998. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis schriftlich mit Schreiben vom 20. November 1999 zum 22. Dezember 1998.

Seit dem 02. Dezember 1998 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Am 16. Dezember 1998 wurde dem Kläger auf der Geschäftsstelle der Beklagten ein Formular JU-6 ausgehändigt. Mit Fernkopie vom 21. Dezember 1998 teilte der Arbeitgeber auf den Hinweis der Beklagten, die Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung bestehe bis 10. Januar 1999, mit, dem Kläger sei zum 22. Dezember 1998 gekündigt worden.

Am 23. Dezember 1998 suchte der Kläger den Allgemeinmediziner Dr. F. auf. Dieser bestätigte durch Folgebescheinigung vom selben Tag weitere Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis voraussichtlich 31. Dezember 1998. Der Vordruck zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber ging bei der Beklagten ausweislich des Eingangsstempels am 23. Dezember 1998 ein. Am selben Tag noch fuhr der Kläger mit seinem PKW nach Bosnien-Herzegowina. Dort wurde er - nach seinen Angaben - am selben Tag in einen Verkehrsunfall verwickelt und dabei verletzt. Der jetzige Prozessbevollmächtigten des Klägers teilte dies dem Arbeitgeber mit seiner Kurzmitteilung vom 27. Dezember 1998, die am selben Tag per Fernkopie aus Bihaæ übermittelt wurde, mit und gab weiter an, der Kläger sei bis auf weiteres arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber übersandte diese Kurzmitteilung der Beklagten am 28. Dezember 1998.

Mit einem Schreiben vom 29. Dezember 1998 wandte sich die Beklagte an den Arbeitgeber und bat um Vorlage einer Verdienstbescheinigung zur Berechnung des Krankengeldes. Mit Schreiben vom selben Tag wandte sich die Beklagte unter der ihr bekannten Anschrift T.-straße 8 in L. auch an den Kläger und übersandte ihm einen Fragebogen "Erklärung zum Krankengeld", den dieser ausfüllen und zurücksenden sollte. Diese Nachfragen bezogen sich noch auf die Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab 02. Dezember 1998. Nach Eingang der vom Arbeitgeber ausgefüllten Entgeltbescheinigung stellte die Beklagte zunächst mit Schreiben vom 14. Januar 1999 fest, der Kläger erhalte ab 23. Dezember 1998 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich DM 50,80. Dieses an die Anschrift T.-straße 8 in L. gesandte Schreiben kam an die Beklagte zurück. Mit weiterem Schreiben vom 18. Januar 1999 übersandte die Beklagte dem Kläger an die vorgenannte Anschrift einen Fragebogen. Auf weitere Nachfrage der Beklagten teilte der Arbeitgeber mit Schreiben vom 18. Januar 1999 mit, das Gehalt sei bis 22. Dezember 1998 weitergezahlt worden. Die Arbeitserlaubnis des Klägers sei nur bis 23. Dezember 1998 erteilt worden. Die Bohrgesellschaft habe am 23. Dezember 1998 nicht mehr gearbeitet. Deshalb sei dem Kläger termingerecht am 20. November 1998 zum 22. Dezember 1998 gekündigt worden. Es habe die gesetzliche Kündigungsfrist von vier Wochen gegolten.

Am 17. Juni 1999 ging bei der Beklagten ein Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 07. Juni 1999 ein. Der Kläger leide an den Dauerfolgen des Unfalls vom 23. Dezember 1998. Er sei weiter arbeitsunfähig und bitte um Überweisung des Krankengeldes. Beigelegt waren eine vorläufige ärztliche Bescheinigung vom 23. Dezember 1998 der öffentlichen Anstalt für Gesundheitswesen Bihaæ, zwei Befundberichte der Neurologischen Klinik Zagreb vom 28. Dezember 1998 und 26. Januar 1999, ein Entlassungsschreiben des Kantonalkrankenhauses Bihaæ vom 27. April 1999 (ohne Übersetzung) sowie vom Kläger ausgefüllt und unterschrieben die mit Schreiben der Beklagten vom 29. Dezember 1998 dem Kläger übersandte Erklärung zum Krankengeld und der mit Schreiben der Beklagten vom 18. Januar 1989 dem Kläger übersandte Fragebogen. Mit Schreiben vom 31. Oktober 1999 ließ der Kläger weitere ärztliche Unterlagen und einen Auszahlschein für Krankengeld vorlegen. In diesem Auszahlschein vom 08. Juni 1999 bestätigten Dres. I. und V., der Kläger habe sich am 08. Juni 1999 wieder vorgestellt. Wegen eines Zustands nach Gehirnverletzung und Gehirnquetschung und einer Quetschung des Thorax sei der Kläger weiter voraussichtlich arbeitsunfähig.

Mit Bescheid vom 23. November 1999, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld ab. Der Anspruch ruhe nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), weil sich der Kläger im Ausland aufhalte. Des Weiteren liege ihr bis heute kein Arbeitsunfähigkeitsnachweis einer jugoslawischen Krankenkasse entsprechend dem bilateralen Sozialversicherungsabkommen vor. Es sei deshalb nicht möglich, die Arbeitsunfähigkeit überprüfen zu lassen. Krankengeld werde nicht gezahlt. Unter Vorlage eines Befundberichts und Gutachtens über die Arbeitsunfähigkeit des Prim. Dr. R. vom 04. Mai 2000, der neurologischen Befundberichte der Neurologischen Klinik Zagreb vom 28. Dezember 1998 und 26. Januar 1999, der vorläufigen Bestätigung über die Arbeitsunfähigkeit vom Gesundheitsamt Bihaæ vom 23. Dezember 1998, eines psychologischen Gutachtens des Prof. M. vom 12. Juli 1999, eines Befundberichts des Instituts für Radiologie Sarajevo vom 10. Juli 1999, weiterer neurologischer Befundberichte der Neurologischen Klinik Zagreb vom 12. Juli 1999, 15. November 1999 und 18. Februar 2000, eines Befundberichts des Gesundheitsheimes Buzim vom 23. März 2000, der Krankengeschichte des Gesundheitsamtes Cazin, des Attestes des Dr. F. "zur Vorlage bei der Stadtverwaltung" vom 23. Dezember 1998 (der Kläger leide unter einer Verschlechterung seiner chronischen Wirbelsäulenbeschwerden, werde deshalb von ihm ambulant therapiert und es wäre aus ärztlicher Sicht wünschenswert, wenn die Behandlung noch ca. vier Wochen weitergeführt werden könne) und weiterer, älterer ärztlicher Berichte aus der Bundesrepublik Deutschland legte der Kläger Widerspruch ein. Es sei ersichtlich, dass er krank und wegen der Unfallfolgen auf Dauer erwerbsunfähig sei. Er habe daher eine Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente beantragt. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2000 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück.

Deswegen hat der Kläger am 11. September 2000 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben mit dem Begehren, Krankengeld wegen Unfallfolgen und Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 23. Dezember 1998 bis zum 31. März 2000 zu erhalten. Zur Begründung hat er ausgeführt, sein Beschäftigungsverhältnis sei am "23. Dezember 1998" nicht gekündigt worden. Dies sei ihm bei einer persönlichen Besprechung am 22. Dezember 1998 vom Arbeitgeber bestätigt worden. Am 23. Dezember 1998 habe er wegen Verschlimmerung der Beschwerden, die die Arbeitsunfähigkeit bereits seit 02. Dezember 1998 verursacht hätten, den Hausarzt Dr. F. aufgesucht. Dieser habe festgestellt, dass er noch ca. vier Wochen weiter wegen der chronischen Wirbelsäulenbeschwerden ambulant von ihm therapiert werden müsse. Als er vom Arzt zurückgekommen sei, habe ihn eine Nachbarin angerufen und erklärt, dass er sofort aus familiären Gründen nach Bosnien kommen müsse. Am gleichen Tag sei er nach Bosnien gefahren, in einen Verkehrsunfall verwickelt und schwer verletzt worden. Danach habe er sich langfristig in ärztliche Behandlung begeben müssen. Die Beklagte habe durch Aushändigung des internationalen Vordrucks JU-6 am 16. Dezember 1998 der Reise nach Bosnien-Herzegowina auf unbegrenzte Zeit zugestimmt. Er habe keine schriftliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses erhalten. Die verlangten ärztlichen Unterlagen über die Arbeitsunfähigkeit seien von ihm und von der Gemeinschaft der Krankenversicherung Bihaæ an die Beklagte übermittelt worden. Die Beklagte habe ihm auch einen Auszahlungsschein für Krankengeld übersandt. Der Auszahlschein sei von den behandelnden Fachärzten ausgefüllt worden. Der bosnische Versicherungsträger habe die vertragsgemäß vorgeschriebenen Vordrucke an die Beklagte übersandt. Alle ärztlichen Unterlagen seien regelmäßig übermittelt worden. Er hat Behandlungsunterlagen vorgelegt, die das SG hat übersetzen lassen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie habe der Heimreise auf unbestimmte Zeit nicht zugestimmt. Am 16. Dezember 1998 sei zwar die Anspruchsbescheinigung JU-6 ausgestellt worden. Die Heimreise während des Krankengeldbezuges sei dabei allerdings nicht besprochen worden. In diesem Fall hätte auch eine andere Anspruchsbescheinigung, nämlich eine solche nach Eintritt des Versicherungsfalles, ausgestellt werden müssen. Im Übrigen sei die Heimreise erst am 23. Dezember 1998 aufgrund eines Zwischenfalles kurzfristig angetreten worden. Nach Angaben des Arbeitgebers sei das Arbeitsverhältnis fristgerecht gekündigt worden. Weshalb die nach zwischenstaatlichem Abkommen vorgesehenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen JU-4 erst am 05. Juli 2000, also 18 Monate nach Eintritt des Verkehrsunfalls bei ihr eingegangen seien, bleibe ungeklärt. Die Bescheinigungen JU-4 seien durch den aushelfenden Träger am 26. Juli 2000 ausgestellt worden. Eine Krankengeldzahlung sei nicht erfolgt. Bis einschließlich 22. Dezember 1998 habe der Kläger Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber erhalten.

Das SG hat Dr. F. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. In seiner Stellungnahme vom 05. Februar 2001 hat er angegeben, er habe den Kläger letztmals am 23. Dezember 1998 behandelt. Er habe eine Lumbago mit schmerzhafter Muskelverspannung im Bereich der Lendenwirbelsäule festgestellt. Arbeitsunfähigkeit habe bis 23. Dezember 1998 bestanden. Er habe nicht gewusst, dass der Kläger am 23. Dezember mit dem PKW nach Bosnien-Herzegowina reisen werde. Bei einer Reise wäre die Gefahr einer Verschlechterung der Beschwerden gegeben gewesen. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 21. Juli 2001 hat er seine Angaben dahingehend berichtigt, dass die Arbeitsunfähigkeit bis 31. Dezember 1998 bestätigt worden sei. Auf Anforderung des SG hat der Arbeitgeber das Kündigungsschreiben vom 20. November 1998 und das Schreiben an die Beklagte vom 20. Januar 1999 übersandt.

Durch Urteil vom 20. April 2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Krankengeld. Der Kläger sei mit einer Berechtigung zum Bezug von Krankengeld über den 22. Dezember 1998 hinaus versichert und arbeitsunfähig gewesen. Ob eine wirksame Kündigung erfolgt sei, könne dahingestellt bleiben. Selbst wenn es zutreffe, dass die Arbeitsunfähigkeit insgesamt bis 31. März 2000 fortgedauert habe, ergebe sich bei Anwendung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über soziale Sicherheit vom 12. Dezember 1968 (BGBl. II 1969 S. 1438) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30. September 1994 (BGBl. II 1975 S. 390) und der Durchführungsvereinbarung zum Abkommen (Bekanntmachung vom 16. November 1992, BGBl. II 1992 S. 1196) - im Folgenden Abkommen -, welches im Verhältnis zu Bosnien-Herzegowina weiter anzuwenden sei, kein Anspruch. Nach § 14 Abs. 1a des Abkommens seien die Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland im Falle des Klägers nicht anzuwenden, weil dieser seinen Aufenthalt im Gebiet des anderen Vertragsstaates (Bosnien-Herzegowina) nach Eintritt des Versicherungsfalls der Arbeitsunfähigkeit ohne vorherige Genehmigung der Beklagten genommen habe. In der Aushändigung des Vordrucks JU-6 liege keine Genehmigung. Die Beklagte hätte die Zustimmung zur Verlegung des Aufenthalts, wäre sie gefragt worden, verweigert und wäre hierzu auch berechtigt gewesen. Nach Einschätzung des Dr. F. sei bei der Reise nach Bosnien-Herzegowina die Gefahr einer Verschlechterung der vorbestehenden Gesundheitsbeschwerden gegeben gewesen.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 15. Oktober 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Januar 2005 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag wiederholt. Ergänzend führt er aus, er habe am 23. Dezember 2003 (gemeint wohl 1998) auf Einladung von Verwandten und wegen einer schweren Erkrankung eines Familienangehörigen reisen wollen. Er sei mit seinem PKW der Marke Opel Ascona C (Kennzeichen RV- ...) von Deutschland nach Bihaæ gefahren. Mitfahrer sei Herr D. M. gewesen. Auch dieser sei verletzt worden. Das Fahrzeug sei bei der Frankfurter Allianz Versicherungs-AG in Stuttgart versichert gewesen. Die Frankfurter Allianz Versicherungs-AG habe bisher einen Vorschuss als Entschädigung in Höhe von DM 3.000,00 bezahlt. Ergänzend hat er Unterlagen vorgelegt, u.a. das ärztliche Attest des Dr. F. vom 23. Dezember 1998 und Kopien seines Reisepasses.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. April 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2000 zu verurteilen, ihm Krankengeld für die Zeit vom 23. Dezember 1998 bis 31. März 2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Die tatsächlichen Umstände des gesamten Falles seien fragwürdig.

Der Berichterstatter hat die Akten des Klägers bei der Frankfurter Versicherungs-AG beigezogen und eine Auskunft der ehemaligen Vermieterin des Klägers, Frau Mü., eingeholt. Diese hat mitgeteilt, der Kläger habe bis 15. August 1998 mit der Familie im gemieteten Haus gewohnt. Ab 15. August bis 31. Dezember 1998 habe er noch in einem Einzelzimmer gewohnt. Er habe dann die Wohnung geräumt. Auf Anfrage des Senats hat die Stadt L. - Bürgerbüro - mitgeteilt, der Kläger habe sich am 31. Dezember 1998 nach Bosnien-Herzegowina abgemeldet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und die Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte, nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 23. Dezember 1998 bis 31. März 2000. Der Bescheid der Beklagten vom 23. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1. Der Anspruch auf Krankengeld ist dem Grunde nach in § 44 Abs. 1 SGB V geregelt. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Neben einer Mitgliedschaft bei der Krankenkasse, die eine Versicherung mit einem Anspruch auf Krankengeld umfasst, muss beim Versicherten eine Krankheit vorliegen. Die Krankheit muss entweder zur Arbeitsunfähigkeit und/oder zu einer stationären Behandlung in einer der in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V genannten Einrichtungen führen. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte die von ihm zuletzt ausgeübte Beschäftigung wegen seiner Erkrankung nicht oder nur noch unter Gefährdung seiner Gesundheit ausüben kann.

a) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger ab dem 23. Dezember 1998 noch Mitglied der Beklagten war und diese Mitgliedschaft einen Anspruch auf Krankengeld beinhaltete oder ob allenfalls ein nachgehender Anspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V bis längstens 22. Januar 1999 in Betracht kommt. Zweifel an einer weiteren Mitgliedschaft des Klägers über den 22. Dezember 1998 hinaus bestehen, weil der Arbeitgeber des Klägers das Beschäftigungsverhältnis fristgerecht zum 22. Dezember 1998 kündigte. Damit wurde die auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V beruhende Pflichtmitgliedschaft des Klägers gemäß § 190 Abs. 2 SGB V mit Ablauf des 22. Dezember 1998 beendet. Der Vortrag des Klägers, er habe die schriftliche Kündigung nicht erhalten, weshalb die Kündigung nicht wirksam geworden sei, ist durch seine eigene Einlassung widerlegt. Er hat selbst vorgetragen (Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22. September 2001, Bl. 56 SG-Akte), dass am 22. Dezember 1998 ein Gespräch mit dem Arbeitgeber wegen der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses stattgefunden hat. Ebenfalls ist seine weitere Behauptung, der Arbeitgeber habe ihm die Weiterbeschäftigung zugesichert, durch die Angaben des Arbeitgebers, der an der Kündigung festhielt, sowie den Umstand, dass der Kläger bis heute das (seiner Behauptung nach noch bestehende) Beschäftigungsverhältnis bei dem Arbeitgeber nicht fortgesetzt hat, widerlegt. Die Mitgliedschaft des Klägers bestand nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nicht fort. Danach bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger so lange erhalten, als u.a. ein Anspruch auf Krankengeld besteht oder Krankengeld bezogen wird. Zweifel an einem Anspruch auf Krankengeld des Klägers am 23. Dezember 1998 bestehen trotz der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die Dr. F. zunächst für die Zeit vom 02. Dezember 1998 an und dann ab 23. Dezember 1998 bis 31. Dezember 1998 an ausgestellt hat. Obwohl Dr. F. in seiner Stellungnahme vom 05. Februar 2001 angegeben hat, er habe am 23. Dezember 1998 eine Lumbago und eine schmerzhafte Muskelverspannung im Bereich der Lendenwirbelsäule festgestellt, folgt hieraus nicht die Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Der Kläger war trotz der von Dr. F. erhobenen Befunde offensichtlich in der Lage, eine beschwerliche Reise mit dem PKW von L. nach Bosnien-Herzegowina anzutreten. Bei einer derartig langen Autoreise handelt es sich um eine körperliche Belastung, die es fraglich erscheinen lässt, ob der Kläger nicht auch in der Lage gewesen wäre, die von ihm zuletzt ausgeübte Tätigkeit zu verrichten. Zweifel am Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit, gehen indessen zu Lasten desjenigen, der sich darauf beruft, hier zu Lasten des Klägers. Infolgedessen kämen - bei unterstelltem Unfallereignis und nachfolgender Erkrankung in Bosnien-Herzegowina - deshalb wohl allenfalls nach § 19 Abs. 2 SGB V als dem Versicherungsverhältnis nachgehende Leistungsansprüche bis einschließlich 22. Januar 1999 in Betracht (hierzu etwa Urteile des BSG vom 07. Mai 2002, B 1 KR 24/01 R; B 1 KR 16/01 R und B 1 KR 35/01 R). Dies kann allerdings dahingestellt bleiben, denn dem Kläger steht aus anderen Gründen selbst bei unterstellter durchgehender Arbeitsunfähigkeit seit 02. Dezember 1998 kein Anspruch auf Krankengeld zu.

b) Ein zahlbarer Anspruch des Klägers auf Krankengeld bestand nämlich unter keinen denkbaren Umständen. Der Anspruch des Klägers scheitert daran, dass dieser Anspruch ruhte, weil der Kläger sich ohne vorherige Zustimmung der Beklagten am 23. Dezember 1998 aus dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland entfernte und sich nach Bosnien-Herzegowina begab. Dies gilt unabhängig davon, ob man - wie das SG - das Abkommen für anwendbar hält oder ob man das Abkommen im Verhältnis beider Staaten nicht für anwendbar hält (dazu Vorlagebeschluss des BSG vom 23. Mai 2006, B 13 RJ 17/05 R, SGb 2007, S. 227).

aa) Im ersten Fall bestimmt zwar Art. 4 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1a des Abkommens, dass die Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates, nach denen die Entstehung von Ansprüchen auf Leistungen oder die Gewährung von Leistungen oder die Zahlung von Geldleistungen vom Inlandsaufenthalt abhängig ist, nicht für Staatsangehörige des anderen Vertragsstaats, die sich im Gebiet des anderen Vertragsstaats aufhalten, gelten. Trotz dieser Vorschrift ist im Falle des Klägers § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V weiter anzuwenden, obwohl diese Vorschrift die Gewährung von Leistungen bzw. die Zahlung von Geldleistungen, hier die Zahlung von Krankengeld, vom Inlandsaufenthalt abhängig macht und sie für den Fall des Aufenthalts im Ausland das Ruhen des Anspruchs auf diese Leistung anordnet. Nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a) des Abkommens gilt die privilegierende Regelung des Art. 4 Abs. 1 für eine Person, die, nachdem der Versicherungsfall eingetreten ist, ihren Aufenthalt in das Gebiet des anderen Vertragsstaates verlegt hat, nur, wenn der zuständige Träger der Verlegung des Aufenthalts vorher zugestimmt hat. Die vorherige Zustimmung der Beklagten zur Verlegung des Aufenthalts des Klägers von L. nach Bosnien-Herzegowina lag trotz des bereits am 02. Dezember 1998 eingetretenen Versicherungsfalls der Arbeitsunfähigkeit nicht vor. Bereits der vom Kläger geschilderte tatsächliche Ablauf macht deutlich, dass eine vorherige Zustimmung der Beklagten nicht eingeholt werden konnte. Der Kläger hat nämlich geltend gemacht, er sei am 23. Dezember 1998 nach Rückkehr von seinem Hausarzt Dr. F. von einer Nachbarin darüber informiert worden, dass er wegen einer dringenden Familienangelegenheit nach Bosnien-Herzegowina reisen müsse. Dies habe er dann sofort in die Wege geleitet. Der Kläger hat also nach eigenem Vortrag die Beklagte nicht darüber informiert, dass er am 23. Dezember 1998 seinen Aufenthalt nach Bosnien-Herzegowina verlegt. Infolgedessen konnte die Beklagte der Aufenthaltsverlegung auch nicht zustimmen.

Eine Zustimmung der Beklagten kann nicht in der Aushändigung des Formulars zur Anspruchsbescheinigung JU-6 am 16. Dezember 1998 gesehen werden. Dabei handelt es sich um ein Formular, mit dem lediglich allgemein bescheinigt wird, dass der Inhaber Krankenversicherungsschutz bei einer gesetzlichen Krankenkasse in der Bundesrepublik Deutschland genießt. Die Aushändigung des Vordrucks ist nicht an eine konkrete Reise geknüpft. Der Vordruck ist mehrere Jahre gültig. Dementsprechend hat der Kläger auch nicht vorgetragen, er habe am 16. Dezember 1998 bei Aushändigung des Vordrucks JU-6 bereits mitgeteilt, dass er beabsichtige, in Bosnien-Herzegowina sich aufzuhalten. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass in diesem Fall ein anderes Formular hätte ausgehändigt werden müssen. Auch nach eigenem Vortrag des Klägers ist diese Sachverhaltskonstellation ausgeschlossen. Er macht gerade geltend, seine Reise nach Bosnien-Herzegowina sei aufgrund unvorhersehbarer Umstände notwendig gewesen.

Die vorherige Zustimmung der Krankenkasse zu einer Verlegung des Aufenthalts aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland liegt im Ermessen der Krankenkasse. Die Krankenkasse hat dabei insbesondere medizinische Umstände, die für oder gegen eine Aufenthaltsverlegung sprechen, zu berücksichtigen. Nur medizinische Umstände können die Verweigerung der vorigen Zustimmung rechtfertigen (Art. 14 Abs. 2 S. 1 des Abkommens). Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung hat die Beklagte unter Umständen auch die Gründe für die Verlegung des Aufenthalts zu berücksichtigen. Eine solche Prüfung war der Beklagten aber mangels Antrag des Klägers verwehrt.

Ausnahmsweise kann nach Art. 14 Abs. 2 S. 2 des Abkommens auch die Zustimmung nachträglich erteilt werden, wenn der Versicherte die Zustimmung aus entschuldbaren Gründen vorher nicht eingeholt hat. Der Kläger hat solche Gründe, die es der Beklagten hätten ermöglichen können, die Frage einer nachträglichen Zustimmung zu prüfen, nicht vorgebracht. Sein Vortrag, er sei von der Familie wegen der Erkrankung von Angehörigen eingeladen worden, reicht insoweit nicht aus. Der Kläger behauptet insoweit lediglich Umstände, die nicht weiter nachprüfbar sind. Weder gibt er an, wer erkrankt war, wie stark die Erkrankung ausgeprägt war, weshalb eine sofortige Abreise erforderlich war, inwieweit die Reise trotz der direkt davor erfolgten weiteren Krankschreibung möglich war, wohin die Reise genau führen sollte. Des Weiteren nannte er auf die Aufforderung des Berichterstatters, weitere Informationen über die Reise darzulegen, im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 07. März 2005 (Blatt 25 LSG-Akte) als Grund für die Reise nicht nur die schwere Erkrankung eines Familienangehörigen, sondern auch die Einladung der Verwandten. Es ist nicht erkennbar, dass diese Einladung derart kurzfristig erfolgte, dass eine Planung ausgeschlossen war. Die Beklagte hat insoweit geltend gemacht, sie hätte auch nachträglich der Verlegung des Aufenthalts nicht zugestimmt. Ihre diesbezüglichen Erwägungen im Hinblick auf die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen sind plausibel. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat auch Dr. F. angegeben, dass er die Durchführung der Reise aus medizinischen Gründen nicht für förderlich, ja im Gegenteil für kontraindiziert hielt. Dies ist im Hinblick auf die beim Kläger diagnostizierten Erkrankungen auch nachvollziehbar. Eine Lumbago und eine Muskelverspannung im Bereich der Lendenwirbelsäule werden durch eine lange, mehrstündige Autoreise, die der Erkrankte noch selbst ausführt, nicht im Positiven gefördert. Im Gegenteil droht, so Dr. F., eher eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Weitere Gründe, die die Beklagte hätte berücksichtigen müssen, sind nicht erkennbar.

Der Kläger kann einen Anspruch auch nicht auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. b) des Abkommens stützen. Danach gilt Art. 4 Abs. 1 für eine Person, bei der der Versicherungsfall während des vorübergehenden Aufenthalts im Gebiet des anderen Vertragsstaates eingetreten ist, nur, wenn sie wegen ihres Zustandes sofort Leistungen benötigt. Der Aufenthalt des Klägers ab 23. Dezember 1998 in Bosnien-Herzegowina war nicht vorübergehend. Denn der Kläger hält sich seit diesem Tag in Bosnien-Herzegowina auf und ist nicht wieder in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt.

bb) Wendet man das Sozialversicherungsabkommen im Verhältnis zu Bosnien-Herzegowina nicht an, so ergibt sich die gleiche Rechtsfolge aus § 16 Abs. 1 und 4 SGB V. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruht der Anspruch auf Leistungen, solange Versicherte sich im Ausland aufhalten, und zwar auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkranken, soweit in diesem Gesetzbuch nichts Abweichendes bestimmt ist. Der Anspruch ruht lediglich dann gemäß § 16 Abs. 4 SGB V nicht, solange sich Versicherte nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit mit Zustimmung der Krankenkasse im Ausland aufhalten. Auch insoweit fehlt es an einer Zustimmung der Beklagten zum Auslandsaufenthalt des Klägers, sodass sich die Rechtsfolge des Ruhens des Krankengeldanspruchs aus § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ergibt. Auch eine nachträgliche Zustimmung der Beklagten war nicht geboten. Dass die Beklagte eine drohende Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers und die sich gerade in diesem Fall zeigende Gefahr, dass die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht sicher überprüft werden konnte, als Gründe bewertet, die einer nachträglichen Genehmigung entgegenstehen, ist nicht zu beanstanden ( dazu etwa LSG Berlin, Urteil vom 22. März 2000, L 9 KR 69/98).

c) der Kläger kann einen Anspruch auf Krankengeld ab 23. Dezember 1998 auch nicht auf das Schreiben der Beklagten vom 14. Januar 1999, das einen Verwaltungsakt und damit einen Bescheid darstellt, stützen. Denn dieser Bescheid wurde nicht wirksam. Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er bekannt gegeben wird. Der Bescheid vom 14. Januar 1999 ging dem Kläger nicht zu und wurde ihm auch nicht in anderer Weise bekannt gegeben.

d) Nachdem der Anspruch des Klägers auf Krankengeld jedenfalls ruht, braucht den weiteren erheblichen Zweifeln des Senats an dem vom Kläger geschilderten Leistungsfall nicht nachgegangen werden. Diese Zweifel beruhen auf dem Umstand, dass der Kläger seine Wohnung nach Angaben der Vermieterin Mü. "Ende Dezember 1998" räumte, der Unfall selbst weder im Hinblick auf Zeit und Ort genau geschildert wurde, eine polizeiliche Aufnahme des Unfalls nicht stattfand, die Arbeitsunfähigkeit des Klägers durch den bosnisch-herzegowinischen Sozialversicherungsträger erstmals am 20. Juni 2000 dokumentiert wurde, das Formular JU-4 der Beklagten erst nach diesem Zeitpunkt übermittelt wurde, der Kläger sich gegenüber der Allianz Versicherungs-AG mit dem Argument der Reiseunfähigkeit weigert, sich in der Bundesrepublik Deutschland untersuchen zu lassen, obwohl in seinem Reisepass mehrfach Grenzübertritte auch nach seinem Unfall (z.B. bereits am 20. Januar 1999) festgehalten sind und der Prozessbevollmächtigte des Klägers nach Erkenntnissen der Allianz Versicherungs-AG nahezu identische Sachverhalte in mehreren anderen Fällen vertritt. Insoweit bestehen zwar ganz erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt der Schilderung des Klägers, die allerdings für die Frage, ob ihm Krankengeld zusteht, keine weitergehende Rolle spielen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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