S 12 KA 406/10

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 406/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 50/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Regelung zum Höchstanspruch beim Zusammentreffen eines eigenen Anspruch mit einem Anspruch als hinterbliebener Ehegatte nach § 6 Abs. 4 Satz 4 und 5 der Grundsätze der erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ist rechtswidrig. Die Regelung verstößt gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Mit ihr wird denjenigen Mitgliedern ein Sonderopfer auferlegt, die beide Ansprüche aus der EHV erworben haben und für die bei dem Tod des anderen Ehepartners die Höchstsatzregelung zur Anwendung kommt.
1. Unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 17.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2010 wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin über ihren Antrag auf Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung als Witwe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte hat ¾ der Gerichtskosten und der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. ¼ der Gerichtskosten hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen der Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung um das Entfallen eines Witwenanspruchs aufgrund eines eigenständigen Teilnahmeanspruchs.

Die Klägerin nimmt seit dem 01.10.1998 aufgrund eigener vertragsärztlicher Tätigkeit mit dem Anspruchshöchstsatz von 18,0000 % an der erweiterten Honorarverteilung der Beklagten KV Hessen teil. Sie ist die Witwe des am 16.11.2009 verstorbenen Vertragsarztes Dr. WK. A., der seit dem 01.04.1992 ebenfalls mit dem Höchstsatz von 18 % an der erweiterten Honorarverteilung teilgenommen hatte. Unter Datum vom 10.12.2009 beantragte die Klägerin die Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung als Witwe.

Die Beklagte wies mit Bescheid vom 17.12.2009 den Antrag ab. Darin führte sie aus, der Witwenanspruch von 10,8000 % entfalle aufgrund der Begrenzungsvorschrift in § 6 Abs. 4 der Grundsätze der erweiterten Honorarverteilung. Hier sei geregelt, dass durch das Zusammenfallen mehrerer Ansprüche aus der EHV die Grenze von 18,0000 % (Höchstsatz) nicht überschritten werden dürfe.

Hiergegen legte die Klägerin am 14.01.2010 Widerspruch ein.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2010, der Klägerin am 15.04.2010 zugestellt, den Widerspruch als unbegründet zurück. Darin wies sie erneut auf die Regelung zum Höchstsatz als Obergrenze hin, weshalb der Witwenanspruch vollständig entfalle.

Hiergegen hat die Klägerin am 14.05.2010 die Klage erhoben. Sie trägt vor, sie und ihr verstorbener Ehemann seien über 30 Jahre in einer Gemeinschaftspraxis niedergelassen gewesen und hätten jeder für sich das Anrecht auf Altersversorgung durch die EHV erworben. Die Mitgliedschaft in der EHV sei Pflicht gewesen, die Beiträge seien vom Honorar abgezogen worden. Sie sei immer davon ausgegangen, dass beim Tod eines Ehepartners dem Überlebenden ein Anteil von 60 % von der Rente des Verstorbenen zustehe. Nun erfahre sie, dass wegen der Höhe ihrer eigenen Rente der Hinterbliebenenanteil aus der Rente ihres Mannes nicht gezahlt werde. Es handele sich um einen Betrag von zurzeit ca. 1.000,00 EUR bis 1.200,00 EUR monatlich. Sie halte dies für ungerecht, da sie beide für die Rente gearbeitet hätten und ihnen über 30 Jahre Höchstbeiträge unfreiwillig abgezogen worden seien. Man hätte dann für Ehepaare eine angepasste Beitragsregelung finden und sie darüber aufklären müssen. Die Ansprüche der inaktiven Vertragsärzte seien als eigentumsgleiche Positionen anzusehen und unterfielen dem Schutzbereich von Art. 14 GG. Die als willkürlich und unverhältnismäßig zu bezeichnende Begrenzungsregelung des § 6 Abs. 4 GEHV greife in unzulässiger und rechtswidriger Weise in den Schutzbereich des Art. 14 GG ein. Die Regelung sei zudem widersprüchlich und erfülle nicht das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit, da in § 6 Abs. 4 Satz 2 GEHV geregelt sei, dass mit der Teilnahme der Witwe an der EHV aufgrund ihres eigenen Anspruchs "diese Begrenzung der Anspruchsberechnung entfällt". Es werde auch der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Die Begrenzungsregelung treffe nur die Eheleute, bei denen beide Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gewesen seien. Der Hinterbliebene, der nicht Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gewesen sei, sei folglich von einer Begrenzung oder gar einem Entfallen der Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung aus der EHV nicht betroffen. Eine sachliche Rechtfertigung für diese benachteiligende Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich. In anderen Versorgungssystemen werde dem Erwerb von Ansprüchen aus eigener Beitragsleistung bei Zusammenfallen von Ansprüchen in der Form Rechnung getragen, dass diese entweder vollständig oder teilweise, aber immer in einer Mindesthöhe – auch bei Vornahme von Anrechnungen – dem Hinterbliebenen neben seinen anderweitigen Versorgungsbezügen oder Anwartschaften zustünden und verblieben. Der angefochtene Bescheid beruhe auch auf einer rechtswidrigen EHV-Satzung, da diese auf verfassungswidriger gesetzlicher Grundlage beruhe. Der Normgeber habe bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums sowohl die Anerkennung des Privateigentums als auch die Gebote anderer Verfassungsnormen, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Sie werde nach dem Tode ihres Ehemannes im Ergebnis so behandelt, als ob sie nicht verheiratet gewesen sei und lediglich allein als Vertragsärztin einen Anspruch auf Teilnahme an der EHV erworben habe. Der Hinweis der Beklagten, Leistungsbezieher aus anderen Versorgungssystemen seien deren etwaigen Anrechnungsvorschriften ausgesetzt, stelle keine hinreichende Begründung für ihre Ablehnungsentscheidung dar. Es sei auch eine Alterssicherung aufgrund von Kapitalerträgen oder Einkünften aus Immobilienvermögen denkbar, bei denen überhaupt keine Anrechnungen erfolgten. Es werde ihr ein Sonderopfer abverlangt. Das Bundessozialgericht habe lediglich eine moderate Verringerung der Bezüge zugelassen. Hier gehe es um das volle Entfallen des Witwenanspruchs.

Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 17.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2010 die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01.12.2009 einen Witwenanspruch auf Teilnahme an der EHV in Höhe von 10,8 % ohne Anrechnung ihres eigenen Anspruchs zu bewilligen,
hilfsweise
sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, die EHV stehe im Einklang mit der Ermächtigungsgrundlage in § 8 des Gesetzes über die Kassenärztlichen Vereinigung und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen vom 22.12.1953, was das Bundessozialgericht bereits entschieden habe. Das Bundessozialgericht habe auch keine Bedenken gegen die Begrenzung des Anspruchs auf einen Höchstsatz erhoben. Die Anrechnung von anderen Einkommen sei auch in anderen Versorgungssystemen, wie z. B. der gesetzlichen Rentenversicherung und die Beamtenversorgung, bekannt. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass im Fall der Klägerin die Begrenzungsregelung zu einem Wegfall des Hinterbliebenenanspruchs führe. Eine anderweitige Regelung würde ansonsten den Höchstanspruchssatz umgehen und dadurch zu einer erheblichen Belastung des Versorgungssystems führen. Es bestehe ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung der Hinterbliebenen. Es gelte zu verhindern, dass das Versorgungssystem der EHV nicht zweifach in der Weise belastet werde, dass der überlebende Ehegatte neben eigenen Ansprüchen aufgrund früherer vertragsärztlicher Tätigkeit zugleich Ansprüche als Hinterbliebener geltend machen könne, die im Ergebnis die grundsätzlich geltende Höchstsatzregelung überschreiten würden. Hinsichtlich der Normsetzung komme ihr Gestaltungsfreiheit zu. Beim Bezug eigener Renten-/Versorgungsbezüge bzw. Einkommen der Hinterbliebenen bedürfe es keiner Sicherung in dem Umfang, wie es eine Hinterbliebenenversorgung übernehmen solle. Sicherungszweck einer Hinterbliebenenversorgung sei schließlich nur, die durch den Tod des ursprünglichen Leistungsberechtigten weggefallenen Unterhaltsansprüche des hinterbliebenen Ehegatten bzw. seiner Kinder zu ersetzen. Sicherungsziel der Hinterbliebenenversorgung sei es dagegen nicht, den Hinterbliebenen die Ansprüche zu belassen, die der ursprüngliche Leistungsberechtigte erworben habe. Sein originäres Recht erlösche mit dem Tod.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist auch z. T. begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2010 ist rechtswidrig. Die Beklagte ist verpflichtet, die Klägerin über ihren Antrag auf Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung als Witwe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Einen weitergehenden Anspruch hat sie aber nicht. Im Übrigen war die Klage daher abzuweisen.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2010 ist rechtswidrig.

Die Beklagte hat nach den Grundsätzen der erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in den geänderten Fassungen ab 01.01.2007 und 27.05.2008, veröffentlicht in info.doc Nr. 2 a – Mai 2008 (im Folgenden: GEHV) den Anspruch der Klägerin zutreffend verneint, was insoweit zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist. Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids folgt aber aus der Rechtswidrigkeit der der Entscheidung zugrunde liegenden Regelung nach § 6 Abs. 4 Satz 4 und 5 GEHV.

Nach § 6 Abs. 1 bis 3 GEHV wird der Witwenanspruch grundsätzlich unabhängig von anderen Einkünften gewährt. Soweit ein Vertragsarzt noch aktiv tätig ist, erhält er einen verminderten Witwenanspruch (§ 6 Abs. 4 Satz 1 GEHV). Die Begrenzung des Witwenanspruchs, d. h. also die Verminderung des Anspruchs, entfällt in dem Augenblick, in dem die Witwe aufgrund eines eigenen Anspruchs an der EHV teilnimmt (§ 6 Abs. 4 Satz 2 GEHV). Es gilt dann lediglich der Höchstanspruch. § 6 Abs. 4 Satz 4 und 5 GEHV bestimmen: "Durch Zusammenfallen mehrerer Ansprüche aus der EHV darf der Höchstanspruch, der vom verstorbenen Vertragsarzt unter Zugrundelegung der gültigen Normalstaffel hätte erreicht werden können, nicht überschritten werden, sofern nicht der erreichbare Höchstanspruch des überlebenden Ehepartners höher ist. In diesem Fall gilt dieser Höchstanspruch als Obergrenze."

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegen Ansprüche von Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Versorgung ihrer Hinterbliebenen nicht dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG. Ferner ist die Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf Hinterbliebenenrenten der gesetzlichen Rentenversicherung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Bundesverfassungsgericht stellt wesentlich darauf ab, dass die Hinterbliebenenversorgung nicht auf einer dem Versicherten zurechenbaren Eigenleistung beruht, da jeder Versicherte über seinen Beitrag gleichermaßen zur Versorgung aller Hinterbliebenen beiträgt, ohne dass der verheiratete Versicherte – trotz der erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass seine Hinterbliebenen Rente erhalten – einen an diesem Risiko ausgerichteten Beitrag leisten müsse. Die Hinterbliebenenrente stelle eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung dar. Da die Hinterbliebenenrente Unterhaltsersatzfunktion habe, sei die Berücksichtigung des eigenen Einkommens des Hinterbliebenen als Anknüpfungspunkt sachgerecht. Das Bundesverfassungsgericht hat ferner die seinerzeit geltende Unterscheidung zwischen anzurechnenden und nicht anzurechnenden Arten von Einkommen nicht beanstandet. Anzurechnen waren Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen. Leistungen der Zusatzversorgung sowie Leistungen aus privatrechtlichen Systemen einschließlich der betrieblichen Altersversorgung waren von der Anrechnung verschont. Es ist, so das Bundesverfassungsgericht, dem Gesetzgeber nicht verwehrt, nach deren Prinzip des Unterhaltsersatzes orientierten Grundentscheidung für die Einkommensanrechnung die Kriterien für die Auswahl der zu berücksichtigenden Einkommen enger zu fassen, sofern dies nur sachgerecht geschieht. Die Anrechnungsregelung betrifft allein die Leistungen der ersten Säule der Alterssicherung, während die zweite Säule, die betriebliche Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, und die dritte Säule der Alterssicherung, die private Vorsorge, unangetastet blieben (vgl. BVerfG v. 18.02.1998 – 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86BVerfGE 97, 271 = NJW 1998, 3109, hier zitiert nach juris, Rdnr. 92). Es sei auch verfassungsrechtlich nicht geboten, Einkünfte aus Vermögen, wie Mieteinnahmen oder Zinseinkünfte auf die Hinterbliebenenrente anzurechnen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rdnr. 93). Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aber aufgegeben, da zunehmend auch Einnahmen aus dem Vermögen den individuellen Bedarf an sozialer Sicherung bestimmten, mit Rücksicht auf seine Bindung an den Gleichheitssatz in dieser Entwicklung zu beobachten, um auf wesentliche Veränderungen rechtzeitig reagieren zu können. Sollte sich im Geltungsbereich des Grundgesetzes das Vermögen verstärkt zur Grundlage der Sicherung des Lebensbedarfs entwickeln und in dieser Funktion das Arbeitseinkommen zurückdrängen, so wäre die Frage der Belastungsgleichheit zwischen den Beziehern von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen einerseits und den Beziehern von Einkommen aus Vermögen andererseits neu zu prüfen und ggf. anders zu beantworten, als dieses geltende Recht tue (vgl. BVerfG, a.a.O., Rdnr. 94).

Diese Grundsätze sind auf Ansprüche auf Teilnahme an der EHV übertragbar. Die Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen der EHV nach Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit sind strukturell und im Hinblick auf ihre besondere Schutzbedürftigkeit Ansprüchen aus betrieblichen Versorgungsanwartschaften und aus den beitragsfinanzierten Sozialversicherungssystemen vergleichbar (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65, zitiert nach juris Rdnr. 39). Soweit das Bundessozialgericht von einem Eigentumsschutz ausgeht (ebd.), so gilt dies nur für die Anwartschaften und Ansprüche aufgrund eigener ("Beitrags ")Leistungen zur EHV

Ausgehend hiervon ist zunächst nicht zu beanstanden, dass die Beklagte eine Eigentumsverletzung verneint und von der Unterhaltsersatzfunktion des Witwenanspruchs ausgeht. Der Anspruch aufgrund eigener vertragsärztlicher Tätigkeit wird nicht angetastet. Der Anspruch als Witwe ist aber nicht eigentumsrechtlich geschützt.

Die Regelung zum Höchstanspruch verstößt aber gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Die Regelung zum Höchstanspruch stellt gerade nicht auf den Bedarf oder die Unterhaltsersatzfunktion ab, sondern es wird ausschließlich der Höchstanspruchssatz als Obergrenze festgelegt. Soweit die Addition beider Anspruchssätze, also des Anspruchssatzes aus eigener vertragsärztlicher Tätigkeit und des Anspruchssatzes als Witwe, den Höchstsatz nicht erreicht, werden beide Ansprüche vollständig erfüllt. Damit wird denjenigen Mitgliedern ein Sonderopfer auferlegt, die beide Ansprüche aus der EHV erworben haben und für die bei dem Tod des anderen Ehepartners die Höchstsatzregelung zur Anwendung kommt. Mitglieder der Beklagten, deren Ehepartner nicht vertragsärztlich tätig war, kommen daher in jedem Fall in den Genuss des vollen Witwenanspruchs, unabhängig von anderen Versorgungsbezügen oder von ihrer Vermögenslage. Für eine solche Regelung fehlt es an einem sachlichen Grund im Hinblick auf den Gleichheitssatz. Die Unterschiede werden nicht mit unterschiedlichen Lebenslagen oder Einkommenssituationen begründet, sondern allein darauf, dass die Höchstsatzregelung gelten soll, die im Übrigen auch für Ansprüche aufgrund eigener vertragsärztlicher Tätigkeit gilt (§ 3 Abs. 1 c cc GEHV). Hätte die Klägerin einen eigenen Anspruch in Höhe von maximal 7,2 % erworben, so würde sie in den vollen Genuss des Witwenanspruchs kommen. Ebenso wäre dies der Fall, wenn sie ihre Ansprüche aus anderer beruflicher Tätigkeit erworben hätte. Ein sachlicher Grund hierfür ist von der Beklagten nicht dargelegt worden. Dem Hinweis auf eine "Doppelbelastung" war nicht zu folgen, da dieser "Doppelbelastung" auch die doppelten Leistungen zweier Vertragsärzte aus aktiver Zeit entgegenstehen.

Die Klage war im Übrigen abzuweisen. Die Klägerin hat keinen weitergehenden Anspruch.

Aus den dargelegten Grundsätzen bestehen keine Bedenken gegen Anrechnungsvorschriften, sondern nur gegen die Art und Weise der Ausgestaltung der gegenwärtig geltenden Anrechnungsvorschrift. Der Vertreterversammlung der Beklagten steht es insofern frei, ob sie überhaupt einen Anspruch für hinterbliebene Ehegatten aufrechterhält oder generell auf eine Anrechnungsvorschrift verzichtet oder ob sie auf die Unterhaltsersatzfunktion abstellt. Im letzteren Fall hat sie aber gleiche Einkommensarten in gleicher Weise zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob es sich um Ansprüche aus der EHV oder anderen Versorgungssystemen handelt. Insofern steht es ihr auch frei, den Anspruch aus einer abgeleiteten Anwartschaft generell bedarfsabhängig auszugestalten. Nach entsprechender Änderung der Satzungsbestimmung, wofür der Beklagten ein Zeitraum von sechs Monaten nach Rechtskraft des Urteils einzuräumen ist, hat sie die Beklagte auf der geänderten Rechtsgrundlage neu zu bescheiden.

Im Ergebnis war der Klage daher im tenorierten Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Quotelung erfolgte nach den Teilen des Obsiegens und Unterliegens. Zu berücksichtigen war dabei, dass die Klägerin mit ihrem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit der gegenwärtigen Anrechnungsvorschrift überwiegend Erfolg gehabt hat.
Rechtskraft
Aus
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