Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 7051/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1593/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungs- verfahren.
Tatbestand:
Im Streit steht der Anspruch des Klägers auf Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. über den 24. Mai 2002 hinaus.
Der 1974 geborene Kläger war bzw. ist als Flaschnermeister und Gas-Wasser-Installationsmeister im Betrieb seines Vaters tätig. Der Kläger ist darüber hinaus Betriebswirt des Handwerks. Am 2. Juni 2001 stürzte er bei Arbeiten auf einem Dach durch eine nur mit Plastikfolie geschützte Dachfensteröffnung aus etwa 4,5 bis 5 m auf ein Gerüst herab (Unfallanzeige vom 5. Juni 2001). Im Durchgangsarztbericht vom 2. Juni 2001 führte Prof. Dr. H. als Diagnosen eine Contusio cerebri rechts frontal, eine Nasenbeinfraktur, eine Schürfwunde am Nasenrücken und ein Monokelhämatom links auf. Im CT sei rechts frontal ein kleiner Kontusionsherd sichtbar, ansonsten bestehe kein Anhalt für eine intracerebrale oder knöcherne Verletzung. Entsprechend wurden im neurologischen Befundbericht zum Unfall vom 5. Juni 2001 durch Prof. Dr. H., Ärztlicher Direktor der Neurochirurgischen Klinik des K. S., die Unfallfolgen beschrieben. Der Kläger habe angegeben, nach dem Sturz nicht bewusstlos gewesen zu sein. Als Diagnosen wurden angegeben ein Schädelhirntrauma sowie eine Fraktur des Nasenseptums. Eine neurochirurgische Behandlung sei akut nicht indiziert. Erforderlich sei eine CT-Kontrolle sowie die Weiterbetreuung durch einen niedergelassenen Neurologen (mit EEG-Ableitung und Kernspintomographie).
Am 9. November 2001 ging ein Bericht des Universitätsklinikums H. über ein am 7. November 2001 durchgeführtes Neurochirurgisches Konsil bei der Beklagten ein. Danach habe der Kläger morgens Druck auf den Kopf sowie Schwindelbeschwerden empfunden. Es liege eine totale Veränderung seiner Persönlichkeit vor. Er sei nicht mehr belastbar, ermüde schnell und sei in seiner Konzentrations- und Merkfähigkeit deutlich reduziert. Eine depressive Entwicklung sei nicht feststellbar. Am 8. November 2001 rief der Vater des Klägers bei der Beklagten an und teilte mit, sein Sohn habe wegen der Kopfverletzung gesundheitliche Probleme und habe sich deshalb in der Uniklinik H. vorgestellt. Von dort sei eine Rehabilitationsbehandlung in G. vorgeschlagen worden.
Vom 3. Dezember 2001 bis 11. Januar 2002 befand sich der Kläger in den Kliniken S., Neurologisches Fach- und Rehabilitationskrankenhaus, S ... Im Befund-, Verlaufs- und Entlassungsbericht der Dr. B.t vom 21. Januar 2002 sind als Klagen des Klägers aufgeführt, dass er wegen Konzentrationsstörungen Probleme bei der Arbeit habe. Er könne nicht auf Baustellen die Leitung übernehmen, besonderes wenn mehrere Dinge auf einmal zu beachten seien, bekomme er die Abläufe nicht geregelt. Weiterhin habe er über Schwindelgefühle vorwiegend bei Überlastung geklagt. Morgens habe er "eine Leere" im Kopf. Es bestehe auch ein vermehrtes Schlafbedürfnis. Auch größere Gesprächsrunden stellten ein Problem dar, da er sich nicht ausreichend konzentrieren könne. Dr. B. beschrieb den psychisch-mentalen Befund dergestalt, dass der Kläger bewusstseinsklar sei, voll orientiert, psychomotorisch verlangsamt und im Antrieb leicht reduziert. Die Stimmung sei euthym. Es bestünden anamnestisch Hinweise auf Einschränkungen der parallelen Aufmerksamkeit, kognitive Belastbarkeitsminderung mit vegetativen Symptomen der vorzeitigen Ermüdbarkeit und diffusem Schwindelgefühl. Darüber hinaus bestehe ein erschwertes räumliches Vorstellungsvermögen, eine deutlich herabgeminderte Konzentration und Belastbarkeit mit erhöhtem Ermüdbarkeitspotential. Subjektiv und auch von der Außenwelt bemerkt bestehe ein Umstellungserschwernis auf schnell wechselnde Situationen. Zusammenfassend führte sie aus, die noch bestehenden Leistungseinschränkungen seien Unfallfolge. Der Kläger sei arbeitsunfähig in gebesserten psychophysischem Zustand entlassen worden. Beigefügt war der Bericht über die neuropsychologische Untersuchung des Klägers am 4., 6. und 7. Dezember 2001.
Am 9. Januar 2002 ist ein weiterer Anruf des Vaters des Klägers dokumentiert. Darin berichtete dieser, dass sein Sohn wesensverändert sei und sehr oft ausschweifend rede, dabei oft mitten im Satz vergesse, was er habe sagen wollen. Er bitte um eine weitere Untersuchung. Eine entsprechende Bitte wurde auch vom Hausarzt des Klägers an die Beklagte herangetragen. Auf telefonische Nachfrage der Beklagten bei Dr. B. ist in einer Gesprächsnotiz vom 11. Januar 2002 vermerkt, dass der Kläger am 21. Januar 2002 mit einer Belastungserprobung beginnen solle. Weiter ist angegeben, dass nach Mitteilung von Dr. B. nach der von ihr durchgeführten neurologisch-psychiatrischen Testung relevante Schädigungen nicht vorliegen würden.
Während der Belastungserprobung stellte sich der Kläger am 14. Februar, 11. März und 8. April 2002 in den Kliniken S. vor. Im Bericht vom 14. Februar 2002 (tägliche Arbeitszeit 4 Stunden) ist ausgeführt, dass der Kläger versuche, mit 2 bis 3 Pausen von je 5 bis 10 Minuten, die Arbeitszeit durchzuhalten. Danach sei er sehr müde, schlafe meistens zwischen 30 und 120 Minuten. Er fühle sich schlapp. Er berichte, dass er im väterlichen Betrieb eine neue Bad-Ausstellung organisiere, die er später leiten solle. Über ein vermehrtes Schlafbedürfnis nach einer täglichen Arbeitszeit von 5 Stunden wurde auch im Bericht vom 11. März 2002 berichtet. Er habe begonnen, in der Freizeit mit einem Freund ein bis zweimal pro Woche schwimmen zu gehen. Auch beabsichtige er, wegen der Kopfschmerzen in die Krankengymnastik zu gehen. Im Bericht vom 8. April 2002 wurde ausgeführt, dass der Kläger eine tägliche Arbeitszeit von 6 Stunden einigermaßen (mit Pausen) bewältigt habe, eine Steigerung auf täglich 7 -Stunden ohne Bedenken durchgeführt werden könne. Der Kläger beabsichtige, am 26. April 2002 die Leitung der neuen Badausstellung zu übernehmen.
Im Auftrag der Beklagten wurde der Kläger am 25. März 2002 in der Uniklinik T., Neurologische Klinik, PD Dr. S., untersucht. Im Bericht vom 10. April 2002 werden als Diagnosen eine Minderung der konzentrativen Dauerbelastbarkeit und vermehrte Inferenzanfälligkeit nach leichtem Schädelhirntrauma aufgeführt. Weiter wurde angegeben, die mitgebrachten CT-Bilder ließen die Diagnose einer rechts frontalen Contusion nicht eindeutig zu. Es lägen wohl eher Aufhärtungsartefakte vor. Die kernspintomographische Kontrolle kurze Zeit später habe keinen auffälligen Befund gezeigt. Die berichteten Störungen der konzentrativen Vorbelastbarkeit und die vermehrte Inferenzanfälligkeit bei paralleler Aufgabenbewältigung seien Folge des Unfalls.
Im neurologischen Befundbericht vom 24. Mai 2002 berichtete Dr. B., dass der Kläger seit 13. Mai 2002 wieder vollbeschäftigt arbeite. Damit komme der Kläger nach eigenen Angaben zurecht. Im Vergleich zur Voruntersuchung vom Januar 2002 sei eine weitere Leistungsverbesserung zu verzeichnen, die parallele Aufmerksamkeit liege jedoch noch im leicht unterdurchschnittlichen Bereich. Der bisher positive Krankheitsverlauf lasse den Schluss auf eine weitere Leistungssteigerung zu. Von einer MdE in rentenberechtigendem Ausmaß sei nicht auszugehen.
Am 7. Februar 2003 rief der Vater des Klägers erneut bei der Beklagten an. Danach leide der Kläger nach wie vor unter Konzentrationsstörungen, vergesse schnell und sei schnell erschöpft. Er habe Antriebsschwierigkeiten und könne den ganzen Tag schlafen. Der Kläger könne seiner Auffassung nach als Flaschner nicht mehr arbeiten, da er sich Arbeiten auf Dächern oder Gerüsten nicht mehr zutraue. Seit dem Unfall habe sich die Wesensveränderung seines Sohnes nicht entscheidend verbessert.
Daraufhin gab die Beklagte bei Dr. B. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten in Auftrag. In ihrem Gutachten vom 9. April 2003 (Untersuchung 3. April 2003) führte Dr. B. zusammenfassend aus, es bestehe ein Zustand nach Schädelhirntrauma mit Contusion rechts frontal sowie ein posttraumatisches hirnorganisches Psychosyndrom mit Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen sowie einer Belastbarkeitsminderung. Weiter wurde ausgeführt, dass der Kläger nach eigenen Angaben sich nicht mehr zutraue, auf Dächer und Gerüste zu gehen, er bekomme Panik. Er habe es einmal versucht, sich dabei nicht wohlgefühlt, Angst bekommen und sich unsicher gefühlt. Zusammenfassend führte sie aus, nachdem knapp 2 Jahre nach dem Unfall weiter leichte Defizite der geteilten Aufmerksamkeit und Belastbarkeit sowie eine Höhenangst bestünden, sei bezüglich der kognitiven Einschränkungen nicht mehr mit einer wesentlichen Besserung zu rechnen. Es bestehe Arbeitsfähigkeit in Bezug auf Arbeiten, die möglichst wenig parallele Aufgabenbewältigungen erforderten und kein Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten bzw. Dächern. Entgegen der früher geäußerten Auffassung bestehe ein Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 bis 30 v.H.
Im Auftrag der Beklagten erstellte daraufhin Prof. Dr. S. das neurologische Rentengutachten vom 15. August 2003 mit radiologischem Zusatzgutachten des Dr. B. vom 31. Juli 2003, dem fachpsychologischen Zusatzgutachten des Dipl.-Psych. N. vom 4. August 2003 und dem elektroencephalographischen Zusatzgutachten vom 4. August 2003. Als Diagnosen führte er auf ein hirnorganisches Psychosyndrom mit Minderung der Aufmerksamkeitsfunktion, des Antriebs und Wortfindungsstörungen, eine verminderte psychophysische Belastbarkeit mit vermehrten Kopfschmerzen, Schwankschwindel und erhöhtem Schlafbedürfnis, Anpassungsstörungen mit Höhenangst nach Contusio cerebri rechts-frontal am 2. Juni 2001. Diese Befunde seien auf den Unfall zurückzuführen. Die unfallbedingte MdE belaufe sich auf 30 v.H.
Nach Einschaltung des Beratungsarztes fragte die Beklagte bei Prof. Dr. S. nach. Dieser teilte unter dem 19. November 2003 mit, die MdE bestehe seit 3. April 2003. Die vom Beratungsarzt empfohlene MR-tomographische Untersuchung halte er nicht für erforderlich, da eine im MRT nachgewiesene Hirnkontusion nach seiner Einschätzung die MdE nicht verändern würde.
Die Beklagte nahm noch weitere Ermittlungen vor und ließ den Kläger durch Dr. B., Sektion Neuroradiologie des Klinikums L., neuroradiologisch untersuchen. Im Bericht vom 15. Dezember 2003 wurde die Beurteilung abgegeben, es liege eine altersentsprechend unauffällige MRT-Untersuchung des Kopfes vor. Es bestehe kein Nachweis einer Ischämie, einer frischen oder stattgehabten älteren Einblutung, kein Parenchymdefekt, keine typisch entzündliche Veränderung und keine Raumforderung. Es finde sich nebenbefundlich nur ein Cholesteringranulom der rechten Pyramidenspitze ohne Kompressionswirkung. Verletzungsfolgen, die auf eine stattgehabte Contusion zurückgeführt werden könnten, hätten nicht nachgewiesen werden können. Die MR-Tomographie vom 5. Juli 2001 habe gleichfalls keine Hinweis auf eine stattgehabte Parenchymverletzung ergeben, wenngleich die damalige Untersuchung keine Sequenzen enthalte, die für Hämosiderinablagerungen hoch sensibel seien. Mit Prof. Dr. D. sei die Diagnose einer frontalen Kontusion nicht eindeutig zu stellen. Eine substanzielle Hirnschädigung sei neuroradiologisch nicht nachzuweisen.
Die Beklagte veranlasste daraufhin weitere Untersuchungen. Prof. Dr. W. führte in seinem neurologischen Gutachten mit neuropsychologischen Zusatzgutachten des Dipl.-Psych. Dr. L., Leiter des Instituts für Klinische Psychologie, B. S., vom 9. Juni 2004 aus, der klinisch-neurologische Untersuchungsbefund sei unauffällig gewesen, bei der neuropsychologischen Testung hätten sich die in den Voruntersuchungen berichteten kognitiven Störungen in Form von Konzentrationsstörungen und Aufmerksamkeitsstörungen bestätigt. Als Diagnose sei eine mittelgradig depressive Episode sowie eine posttraumatische Belastungsstörung mit dissoziativen Episoden (Schwindel und Kopfschmerzen) zu stellen. Diese seien Unfallfolge. Die MdE belaufe sich auf 30 v.H. Aktenkundig ist weiter der Bericht vom 22. Juni 2004 über die teilstationäre Behandlung des Klägers (21. April bis 16. Juni 2004) im psychosomatisch-psychotherapeutischen teilstationären Rehabilitationszentrum. Danach liege eine lavierte mittelgradig depressive Episode sowie eine posttraumatische Belastungsstörung nach Unfall vor.
Die Beklagte befasste daraufhin den Beratungsarzt Dr. M ... In seiner Stellungnahme vom 23. Juli 2004 führte er aus, es sei schon fraglich, ob es sich bei dem fraglichen Sturz überhaupt um ein ausreichend belastendes Ereignis im Sinne der diagnostischen Kriterien für eine Posttraumatische Belastungsstörung nach dem ICD 10 handle. Psychische Unfallfolgen seien darüber hinaus direkt nach dem Unfall nicht geltend gemacht worden und auch die Höhenangst werde erstmals 22 Monate nach dem Unfall berichtet. Es liege allenfalls eine Anpassungsstörung vor, wogegen aber wiederum die erstmals am 9. April 2003 dokumentierte Höhenangst spreche und der Umstand, dass die dissoziativen Beschwerden erstmals wieder 2 Jahre nach dem Unfall aufgetreten seien. Jedenfalls aber könne eine Anpassungsstörung nicht länger als 2 Jahre andauern. Mit der erfolgreichen beruflichen Wiedereingliederung habe daher die Störung geendet, bis 24. Mai 2002 sei die MdE mit 30 v.H. einzuschätzen, danach unter 10 v.H.
Mit Bescheid vom 5. August 2004 bewilligte die Beklagte Verletztenrente vom 29. April 2002 mit dem Tag nach Wegfall des Anspruchs auf Verletztengeld bis 24. Mai 2002 nach einer MdE um 30 v.H. Ein weitergehender Rentenanspruch wurde abgelehnt, da eine MdE nicht mehr vorliege. Als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: abgeheilte Prellung des Kopfes mit verheiltem Nasenbeinbruch, verheiltem Monokelhämatom links und verheilten Prellungen am linken Oberschenkel und am rechten Knie sowie eine abgeklungene Anpassungsstörung. Nicht als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt Zustand nach Halswirbelsäulendistorsion nach privatem Auffahrunfall am 11. Dezember 2001, depressive Episode mit Defiziten der Konzentration und Aufmerksamkeit und mit dissoziativen Episoden sowie Nikotinabusus.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, da die Beschwerden nach wie vor bestünden, wie auch alle mit seinem Gesundheitszustand befassten Ärzte bestätigt hätten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 21. Oktober 2004 Klage zum Sozialgericht S. (SG) erhoben. Das SG hat Prof. Dr. T., Universitätsklinik U., mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 20. Dezember 2005 hat Prof. Dr. T. ausgeführt, es liege eine Anpassungsstörung nach einschneidendem Ereignis (ICD 10 F 43.2) vor, die mit einer MdE um 30 v.H. zu bewerten ist. Damit stehe er in Übereinstimmung mit allen Gutachtern, die den Kläger persönlich untersucht hätten. Soweit Dr. M. eine andere Auffassung vertrete, beruhe diese letztlich auf dessen Behauptung einer Fehlbefundung der Computer-Tomographie und der Infragestellung der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung. Auch wenn die Diagnosekriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung in der Tat nur unzureichend vorliegen würden, habe Dr. M. verkannt, dass die dissoziativen Störungen wie Kopfschmerzen und Schwindel, gerade nicht erst viele Monate nach dem Unfall eingetreten seien, sondern von Anfang an beschrieben werden. Darüber hinaus verkehre er den Leistungswillen des Klägers, nach dem Unfall wieder die berufliche Entwicklung fortzusetzen, in sein Gegenteil. Es dürfe auch nicht verkannt werden, dass die berufliche Wiedereingliederung wahrscheinlich nur aufgrund des familiären Hintergrunds und der damit verbundenen Flexibilität relativ reibungslos verlaufen sei. Es gebe auch keinerlei Hinweise für eine erhöhte Vulnerabilität des Klägers vor dem Unfall. Die Beklagte hat daraufhin die Stellungnahme des Dr. M. vom 20. März 2006 vorgelegt.
Mit Urteil vom 23. Januar 2007 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger über den 24. Mai 2002 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren. In seiner Begründung hat das SG ausgeführt, dass die von der Beklagten gewählte Bezeichnung der Unfallfolgen als "abgeklungene Anpassungsstörung" nicht korrekt sei, sondern zusätzlich eine posttraumatische Belastungsstörung mit dissoziativen Elementen anzunehmen sei. Diesbezüglich sei der Leidenstenor anzupassen. Der Auffassung von Dr. M. könne in Kenntnis der im Übrigen aktenkundigen Gutachten nicht gefolgt werden.
Gegen das ihr am 8. März 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. März 2007 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, eine posttraumatische Belastungsstörung liege nicht vor. Darüber hinaus sei die Diagnose einer contusio cerebri nicht nachgewiesen. Angesichts der kontroversen Äußerungen der Gutachter zur Ursache der Störungen des Klägers sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zur Anerkennung einer psychischen Störung als Unfallfolge zu fordern, dass die Störungen genau einem klassifizierten Krankheitsbild zugeordnet werden könnten. Einer Anerkennung der geltend gemachten Beschwerden als Unfallfolgen stehe auch entgegen, dass diese über einen Zeitraum von 10 Monaten nicht dokumentiert seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts S. vom 23. Januar 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise ein psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen, das vor Beantwortung der Zusammenhangsfrage eine exakte Diagnose der Krankheit des Klägers nach einem international anerkannten Diagnosesystem vornimmt.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist zunächst auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung des SG und führt ergänzend aus, beim Kläger liege eine posttraumatische Belastungsstörung vor. Diese sei nicht davon abhängig, ob der Kläger eine Contusio cerebri erlitten habe oder nicht. Darüber hinaus habe jedenfalls Prof. Dr. T. die Erkrankung des Klägers als Anpassungsstörung bzw. längere depressive Reaktion nach dem ICD 10 definiert. Entscheidend sei aber auch, dass beim Kläger kein "beschwerdefreies Intervall" von 10 Monaten vorgelegen habe, sondern die gesundheitlichen Einschränkungen unverändert und durchgehend seit dem Unfall bestünden.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung der Beklagten gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern und die Entscheidung einstimmig ergeht.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nur die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Verletztenrente ab 25. Mai 2002. Dem Urteil des Sozialgerichts ist entgegen dem Einwand der Beklagten eine uneingeschränkte Aufhebung des Bescheids vom 5. August 2004 nicht zu entnehmen. Aufgehoben ist der Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2004, der den teilanfechtenden Widerspruch des Klägers zurückgewiesen hat. Außerdem ist ausdrücklich zur Zahlung einer Verletztenrente über den 24. Mai 2002 hinaus verurteilt worden.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung (dazu umfassend BSG vom 9. Mai 2006 -B 2 U 1/05 R) beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Da Verschulden bei der Prüfung eines Versicherungsfalles in der gesetzlichen Unfallversicherung unbeachtlich ist, weil verbotswidriges Handeln einen Versicherungsfall nicht ausschließt (§ 7 Abs 2 SGB VII), erfolgt im Sozialrecht diese Unterscheidung und Zurechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72 , 76).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSGE 12, 242 , 245 = SozR Nr. 27 zu § 542 RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (BSGE 62, 220 , 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils RdNr. 11). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 220 , 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils RdNr. 11). Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen.
Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache bzw. dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie der gesamten Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein (vgl. BSGE 38, 127 , 129 = SozR 2200 § 548 Nr. 4; BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1).
Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen.
Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 32, 203 , 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a.F. RVO; BSGE 45, 285 , 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80 , 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O., Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 128 RdNr. 3c). Diese Grundlagen der Theorie der wesentlichen Bedingung gelten für alle als Unfallfolgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen und damit auch für psychische Störungen.
Psychische Gesundheitsstörungen können nach einem Arbeitsunfall in vielfältiger Weise auftreten. Sie können unmittelbare Folge eines Schädel-Hirn-Traumas mit hirnorganischer Wesensänderung sein, sie können aber auch ohne physische Verletzungen, z.B. nach einem Banküberfall, entstehen, sie können die Folge eines erlittenen Körperschadens, z.B. einer Amputation, sein, sie können sich in Folge der Behandlung des gesundheitlichen Erstschadens erst herausbilden. Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund von ihnen ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern (BSG Urteil vom 29. Januar 1986 - 9b RU 56/84 - ; vgl. BSG Urteil vom 19. August 2003 - B 2 U 50/02 R -). Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite sollte diese Feststellung nicht nur begründet sein, sondern aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist (z.B. ICD-10 = Zehnte Revision der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO aus dem Jahre 1989, vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) ins Deutsche übertragen, herausgegeben und weiterentwickelt; DSM-IV = Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen der Amerikanischen psychiatrischen Vereinigung aus dem Jahre 1994, deutsche Bearbeitung herausgegeben von Saß/Wittchen/Zaudig, 3. Auflage 2001). Begründete Abweichungen von diesen Diagnosesystemen aufgrund ihres Alters und des zwischenzeitlichen wissenschaftlichen Fortschritts sind damit nicht ausgeschlossen.
Für die im nächsten Schritt erforderliche Beurteilung des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und den festgestellten psychischen Gesundheitsstörungen gelten die obigen allgemeinen Grundsätze. Zunächst muss also geprüft werden, welche Ursachen für die festgestellte(n) psychische(n) Gesundheitsstörung(en) nach der Bedingungstheorie gegeben sind, und dann in einem zweiten Schritt, ob die versicherte Ursache - das Unfallereignis - direkt oder mittelbar für diese Gesundheitsstörungen wesentlich im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung war. Basis dieser Beurteilung müssen zum einen der konkrete Versicherte mit seinem Unfallereignis und seinen Erkrankungen und zum anderen der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen und psychischen Gesundheitsstörungen sein.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die beim Kläger auf neurologisch-psychischem Fachgebiet noch bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen wesentlich auf das Unfallereignis vom 2. Juni 2001 zurückzuführen sind und ihm daher auch über den 24. Mai 2002 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. zusteht.
Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegt beim Kläger eine Anpassungsstörung (F 43.2 nach ICD 10) mit längeren depressiven Episoden, verminderter Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeitsdefiziten sowie dissoziativen Episoden mit Schwindel und Höhenangst vor. Die gesundheitliche Beeinträchtigung einer Anpassungsstörung hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden als Unfallfolge auch anerkannt. Sie ist dabei allerdings, abweichend von der übereinstimmenden Beurteilung aller mit dem Gesundheitszustand des Klägers befasster Gutachter, davon ausgegangen, dass diese Erkrankung abgeklungen ist. Diese Feststellung kann der Senat jedoch nicht teilen und stützt sich in seiner Beurteilung insbesondere auf die Stellungnahme der Klinik S. vom 3. April 2003, des Gutachters Dr. S. vom August 2003, des Dipl.-Psych. Dr. L. vom 9. Juni 2004, der Beurteilung des Dr. H. vom 22. Juni 2004, des Prof. Dr. W. vom 3. Juli 2004 und des Prof. Dr. T. vom 20. Dezember 2005. Soweit die Beklagte im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, dass eine depressive Episode mit Defiziten der Konzentration und Aufmerksamkeit und mit dissoziativen Elementen nicht Unfallfolge seien, ist dieser Beurteilung deshalb nicht zu folgen, da sie Ausdruck der fortbestehenden, unfallbedingten Anpassungsstörung des Klägers sind.
Bei Anpassungsstörungen handelt es sich nach der Definition des ICD 10 (F 43.1) um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Die Belastung kann das soziale Netz des Betroffenen beschädigt haben oder das weitere Umfeld sozialer Unterstützung oder sozialer Werte. Sie kann auch in einem größeren Entwicklungsschritt oder eine Krise bestehen. Die individuelle Prädisposition oder Vulnerabilität spielt bei dem möglichen Auftreten und bei der Form der Anpassungsstörung eine bedeutsame Rolle; es ist aber dennoch davon auszugehen, dass das Krankheitsbild ohne die Belastung nicht entstanden wäre. Die Anzeichen sind unterschiedlich und umfassen depressive Stimmung, Angst oder Sorge (oder eine Mischung von diesen). Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können. Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein.
Das im Streit stehende Unfallereignis vom 2. Juni 2001, ein Sturz aus 4 bis 5 m Höhe durch ein ungesichertes Dachfenster auf ein Gerüst mit Verletzungen im Kopf- und Gesichtsbereich ist nach den anzulegenden wissenschaftlichen Maßstäben als belastendes Lebensereignis generell geeignet, eine Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion hervorzurufen.
Die Diagnose einer Anpassungsstörung haben Dr. S. (verbunden mit der weiteren Diagnose eines hirnorganischen Psychosyndroms), Dr. M. und Prof. Dr. T. gestellt.
Dem Hilfsantrag der Beklagten, ein weiteres Gutachten zu der Frage einzuholen, welche Erkrankung nach dem ICD 10 nun tatsächlich beim Kläger vorliege, war deshalb nicht stattzugeben, da sich der Senat insbesondere auf die schlüssigen Ausführungen von Prof. Dr. T. stützt (und im Hinblick auf die Diagnose letztlich auch des Beratungsarztes der Beklagten) und weiterer Aufklärungsbedarf deshalb nicht besteht. Die Anpassungsstörung sowie die weiteren, bereits beschriebenen funktionalen Einschränkungen sind zur Überzeugung des Senats, gestützt insbesondere auf die schlüssigen Ausführungen von Prof. Dr. T., auch wesentlich durch das Unfallereignis bedingt.
Auch wenn nach Auffassung des Senats (gestützt u.a. auf die Ausführungen der Dr. S.-M., Universitätsklinik H., im Arztbrief anlässlich der Vorstellung des Klägers dort am 7. November 2001) angesichts des Unfallhergangs selbst und der vielfach beschriebenen Symptome mit Schwindel, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörung etc. viel für das Vorliegen eines hirnorganischen Psychosyndroms nach erlittener Contusio cerebri sprechen könnte (vgl. dessen Beschreibung im ICD 10 F 07.2), ist eine solche Erkrankung nach den umfangreichen gutachterlichen Untersuchungen im Verwaltungsverfahren, insbesondere durch die Ausführungen des Dr. B. vom 15. Dezember 2003, wohl nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachzuweisen, wenn auch nicht sicher auszuschließen. Denn er hat in seinem Gutachten auch ausgeführt, dass die Diagnose einer rechts frontalen Kontusion anhand der initialen CCT-Bilder nicht eindeutig gestellt werden kann, da die damalige Untersuchung keine Sequenzen enthalten hatte, die für Hämosiderinablagerungen als Nachweis einer entsprechenden Kontusion hoch sensibel sind. Die fehlende Nachweisbarkeit einer solchen Unfallfolge hat nach den oben dargestellten Grundsätzen der objektiven Beweislast jedoch der Kläger zu tragen.
Soweit die Beklagte ausführt, Prof. Dr. T. habe in seinem Gutachten das Vorliegen einer Anpassungsstörung auf das Bestehen einer Contusio cerebri gestützt, so dass im Ergebnis seine Schlussfolgerungen nicht tragfähig seien, ist dieser Einwand nicht nachvollziehbar. Prof. Dr. T. hat in seinem Gutachten nach ausführlicher Befragung des Klägers, Durchführung verschiedener Tests zur Objektivierung der geklagten Beschwerden (Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene; D2-Test zur Untersuchung der Aufmerksamkeit; SCL-90 zur Selbstbeurteilung; Freiburger Persönlichkeitsinventar; Trierer Skala zur Erfassung der Krankheitsbewältigung) den überzeugenden Schluss gezogen, dass die beim Kläger bestehenden Konzentrationsstörungen, der Schwindel und die Kopfschmerzen ebenso wie die leichte Ermüdbarkeit auf den Unfall zurückzuführen sind und Ausdruck der fortbestehenden Anpassungsstörung sind. Seine Beurteilung ist also ausschließlich auf die von ihm durchgeführten Testmethoden und Befragungen gestützt. Soweit er zur Beweisfrage 3 (Abweichungen zu Vorgutachten) referiert, dass in den Gutachten von Dr. B., Prof. Dr. S. und Prof. Dr. W. ein hirnorganisches Psychosyndrom mit Minderung der Aufmerksamkeitsleistung, der Antriebs- und Wortfindungsstörung, eine verminderte psychophysische Belastbarkeit mit vermehrten Kopfschmerzen, Schwankschwindel und erhöhtem Schlafbedürfnis sowie eine Anpassungsstörung mit Höhenangst beschrieben worden sind, weist er weiter darauf hin, dass die Frage des Nachweises einer Contusio cerebri (als Grundlage für die Annahme eines hirnorganischen Psychosyndroms) in den Gutachten nicht einheitlich beurteilt worden sei. Insoweit verweist er im Weiteren darauf, dass relevante Abweichungen in der Beurteilung des zugrundeliegenden Sachverhalts nicht vorliegen würden. Aus diesen Ausführungen kann der Senat jedoch die Auffassung der Beklagten, Prof. Dr. T. habe seine Diagnose einer Anpassungsstörung auf das Vorliegen einer Contusio cerebri gestützt, nicht ableiten. Für einen solchen Schluss geben auch die weiteren Ausführungen von Prof. Dr. T. keinen Anhaltspunkt her. Er ist sich vielmehr mit den genannten Gutachtern im Ergebnis einig, dass die beim Kläger beschriebenen funktionellen Einschränkungen unzweifelhaft auf den Unfall zurückzuführen sind. Nur dies hat Prof. Dr. T. in seinen Erläuterungen zum Ausdruck gebracht.
In Übereinstimmung mit Prof. Dr. T. und Dr. M. geht der Senat weiter davon aus, dass beim Kläger das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht vorliegt, auch wenn diese Diagnose von Prof. Dr. S., dem Dipl.-Psych. L., Prof. Dr. W. und Dr. W.gestellt worden ist.
Eine posttraumatische Belastungsstörung entsteht nach Nr. F 43.1 ICD 10 als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, z.B. zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen können. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Merkmalen und Symptomen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.
Gegen das Vorliegen eines posttraumatischen Belastungssyndroms sprechen insbesondere das fehlende wiederholte Erleben des Traumas, fehlende Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit, das Fehlen vegetativer Übererregtheit und Vigilanzsteigerung. Soweit Prof. Dr. T. in seinen weiteren Ausführungen auf die beratungsärztlichen Ausführungen von Dr. M. und dessen Argumente gegen das Bestehen einer posttraumatischen Belastungsstörung eingegangen ist und diesen im Ergebnis nicht gefolgt ist, ist auch dieser Umstand kein Anlass zu weiteren Ermittlungen. Soweit die Beklagte möglicherweise daraus, dass Prof. Dr. T. auf Seite 11 unten seines Gutachtens ausgeführt hat, " ... als Kopfschmerzen und Schwindel als Teil der Diagnose Posttraumatisches hirnorganisches Psychosyndrom bereits als diagnostisches Kriterium" auftauchen, den Schluss zieht, Prof. Dr. Traue habe ein solches hirnorganisches Psychosyndrom angenommen, hat sie die Ausführungen von Prof. Dr. T. missverstanden. Dr. M. hatte in seiner ablehnenden Äußerung u.a. ausgeführt, dass die dissoziativen Beschwerden des Klägers erst viele Monate nach dem Unfall aufgetreten seien. Dies ist , schon nach Aktenlage, nicht der Fall. Prof. Dr. T. hat darüber hinaus nur eine medizinisch nachvollziehbare Erklärung geliefert, weshalb diese dissoziativen Elemente nicht gesondert als Diagnosen beschrieben worden sind, auch wenn sie nach Aktenlage bestanden haben.
Soweit Dr. M. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme weiter ausgeführt und was die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung aufgegriffen hat, dass die von allen Gutachtern, zuletzt von Prof. Dr. Traue, nach dem 24. Mai 2002 beschriebenen dissoziativen Elemente und anderen funktionellen Einschränkungen schon deshalb nicht auf den Unfall zurückzuführen seien, weil nach Aktenlage zwischen Mai 2002 und Februar 2003 ein "beschwerdefreies Intervall" gelegen habe, konnten diese Ausführungen nicht überzeugen. Dr. M. ist lediglich insoweit zu konzidieren, als in den Akten eine zeitliche Lücke zwischen dem letzten Bericht von Dr. B. vom 24. Mai 2002 und einem Telefonanruf des Vaters des Klägers vom Februar 2003 ist. Es kann daraus nicht geschlossen werden, dass in dieser Zeit die zuletzt von Prof. Dr. T. beschriebenen funktionellen Einschränkungen nicht vorlagen. Der Vater des Klägers hat in seinem Telefonanruf von seit dem Unfall bestehenden Konzentrationsstörungen, Ermüdbarkeit, Wesensveränderung etc. berichtet. Auch die Beschreibung seiner Verfassung durch den Kläger im Rahmen der Begutachtungen oder anderen ärztlichen Untersuchungen lässt keinen Schluss dahingehend zu, dass in diesem Intervall tatsächlich keine Beschwerden vorlagen. Soweit Dr. B. in ihrem Bericht vom 24. Mai 2002 eine positive Prognose erstellt hatte und davon ausgegangen war, dass eine rentenberechtigende MdE nicht verbleiben werde, hat sie selbst nach ihrer Untersuchung des Klägers im April 2003 diese Prognose revidiert und ist von einer MdE um 20 bis 30 ausgegangen, die in einem Rentengutachten festzustellen wäre. Auch in den Gutachten von Prof. Dr. S., Dr. L., Prof. Dr. W., Dr. W. und Prof. Dr. T. werden seit dem Unfall im Wesentlichen unveränderte Beeinträchtigungen der Konzentration, Belastbarkeit, allgemeinen Aufmerksamkeit, verbunden mit Schwindel und schneller Ermüdbarkeit beschrieben. Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Besserung finden sich nicht.
Es erschließt sich dem Senat darüber hinaus auch nicht, worauf die nach Auffassung der Beklagten nach dem 24. Mai 2002 bestehenden Einschränkungen, die sie in den angefochtenen Bescheiden nicht als Unfallfolgen anerkannt hat, beruhen sollten, wenn nicht auf dem Unfall. Den Nachweis einer inneren Ursache hat die Beklagte nicht erbracht. Jeder der Gutachter hat eine Aggravation oder Simulation der Beschwerden durch den Kläger verneint. Nachgewiesen ist des Weiteren, dass keine Anhaltspunkte für eine vorbestehende Erkrankung, anlagebedingte Vulnerabilität oder Ähnliches bestehen, die diese Einschränkungen begründen könnten. Ganz im Gegenteil wird der Kläger, was auch seine drei Meistertitel schon in jungem Lebensalter und seine berufliche Vita im Übrigen eindrucksvoll belegen, als leistungsfähiger, leistungsorientierter und strebsamer Mensch beschrieben, der nicht zum Jammern neigt, vielmehr sogar dazu, die bestehenden Beschwerden herabzuspielen und als nicht so gravierend darzustellen. Prof. Dr. T. beschreibt den Kläger daher auch nachvollziehbar als eine Person, die eher zur depressiven, innerlichen Verarbeitung seiner Beschwerden neigt, als dazu, sie nach Außen zu tragen, daraus soziale Anerkennung zu ziehen oder zur Begründung von Entschädigungsansprüchen aufrechtzuerhalten. Dies wird nicht zuletzt auch daran deutlich, dass es nicht der Kläger, sondern sein Vater war, der im Februar 2003 auf die fortbestehenden Beschwerden hingewiesen und dringend um weitere ärztliche Bemühungen nachgefragt hat. Deshalb sind auch die Aussagen des Klägers während der Arbeitserprobung, er komme - zuletzt auch mit der in Vollzeit verrichteten - Arbeit gut zurecht, vor dem Hintergrund seiner Wesenszüge zu verstehen. Berücksichtigt man darüber hinaus nämlich die von ihm aber auch berichteten Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, die rasche Ermüdbarkeit und Kopfschmerzen, dann ist zumindest die Beschreibung des Klägers, er komme mit dem Arbeitsalltag gut zurecht, im Lichte seiner Persönlichkeit zu interpretieren und nicht als objektiv richtige Zustandsbeschreibung zu verstehen.
Soweit Dr. M. die Auffassung vertreten hat, der vom Kläger berichtete Schwindel und die Höhenangst sei erst im März 2003 aktenkundig geworden, deshalb auch dort erst aufgetreten und daher auch keine Unfallfolge, vermochte dies den Senat ebenfalls nicht zu überzeugen. So ist zu beachten, dass bereits im Bericht von Dr. B. vom 21. Januar 2002 von einem Schwindelgefühl, vorwiegend bei Überlastung, berichtet wird. Auch im Bericht vom 15. Februar 2002 wird von einem "verstärkten Schwindelgefühl" gesprochen. Auch in der Uniklinik H. berichtete der Kläger am 7. November 2001 über erhebliche subjektive Ausfallerscheinungen und Beschwerden im Sinne von druckschmerzartigen Kopfschmerzen, Schwindelerscheinungen und Benommenheit im Kopf. Wenn dann im Bericht von Dr. B. vom 9. April 2003 die Beschwerden des Klägers dahingehend wiedergegeben werden, dass er manchmal morgens noch ein Schwindelgefühl habe und dann nicht zur Arbeit könne, dass er sich nicht zutraue, auf Dächer und Gerüste zu gehen, dies einmal probiert zu haben, und dann Panik bekommen zu haben, erschließt sich nicht, weshalb es sich bei der beschriebenen Symptomatik um eine neu aufgetretene, unfallunabhängige handeln sollte. Der Kläger klagt seit dem Unfall über Schwindelbeschwerden. Er war nach dem Unfall im elterlichen Betrieb administrativ-verwaltend, im Wesentlichen mit der Organisation eines neuen Bäderstudios, beschäftigt. Wenn der Kläger trotz dieser Schwindelbeschwerden zu einem nicht mehr bestimmbaren Zeitpunkt, als er sich subjektiv dazu in der Lage gesehen hatte, wieder als Flaschner zu arbeiten, auf ein Dach stieg, dann verwundert es nicht, wenn sich dabei Höhenangst und Panik, Unsicherheit, einstellen. Dies dürfte angesichts der fortbestehenden Schwindelsymptomatik sogar eher die zu erwartende Folge gewesen sein. Berücksichtigt man weiter, dass der Kläger nach seinem schweren Sturz zunächst nicht wieder auf Dächern arbeitete, dann spricht allein der Umstand, dass erst im April 2003 von einer Höhenangst berichtet wird, nicht gegen die unfallbedingte Ursächlichkeit.
Deshalb ist zur Überzeugung des Senats von einer fortbestehenden Anpassungsstörung, verbunden mit depressiver Reaktion, verminderter Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeitsdefiziten, dissoziativen Episoden in Gestalt von Schwindel und Höhenangst, als Unfallfolgen auszugehen.
Gegen diese Beurteilung spricht darüber hinaus nach der überzeugenden Beurteilung von Prof. Dr. Traue nicht, dass in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003 S. 228 mwN) ausgeführt wird, die Symptome einer Anpassungsstörung hielten selten länger als 6 Monate an, abgesehen von depressiven Reaktionen, die in der Regel nicht länger als 2 Jahre dauerten. Diese zeitliche Begrenzung der Beschwerden findet sich zum einen nicht im ICD 10 als beschreibende Darstellung der Diagnose. Zum anderen spricht diese regelhafte Annahme, deren wissenschaftliche Begründetheit insoweit unterstellt, nicht dagegen, dass Ausnahmen vorliegen, die - ggf. auch aufgrund nicht nachweisbarer organischer Hirnschädigungen - einen längeren Krankheitsverlauf begründen können.
Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG vom 19. Dezember 2001 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Nach den Erfahrungswerten der unfallmedizinischen Literatur soll die MdE bei psychischen Unfallfolgen mit abnormen Persönlichkeitsentwicklungen, akuter Belastungsreaktion, Anpassungsbeeinträchtigung, psychoreaktiver Störung mit finaler Ausrichtung, sog. leichten neurotischen Störungen mit 0 bis 10 festgesetzt werden, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. manche Phobien, pathologische Entwicklungsstörungen) mit 20 bis 40 v.H. (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 246). Nach Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Auflage, S. 258 sind Belastungsstörungen mit emotionaler Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit in geringerem Ausmaß, allgemeiner Leidensdruck, auch mit leichteren vegetativen Beschwerden, ohne wesentliche soziale Anpassungsschwierigkeiten, mit einer MdE bis 10, Einschränkungen in stärkerem Ausmaß, insbesondere mit sozial-kommunikativer Beeinträchtigung, mit einer MdE um 10 bis 20 v.H. und Belastungsstörungen in erheblichem Ausmaß, insbesondere mit starker sozial-kommunikativer Beeinträchtigung, Angstzuständen und ausgeprägtem Vermeidungsverhalten, Antriebsminderung, vegetativer Übererregtheit u.a. mit einer MdE um 30 bis 50 v.H. zu bemessen. Depressionen sind, soweit es sich um wiederkehrende Verstimmungszustände, insbesondere mit Antriebsminderung und allgemein verminderter Konzentrations- und Belastungsfähigkeit, insgesamt in mittlerem Ausmaß, handelt, mit einer MdE um 20 v.H., wiederkehrende oder anhaltende Verstimmungszustände, insbesondere mit ausgeprägter Antriebsminderung und stark allgemein verminderter Konzentrations- und Belastungsfähigkeit, auch mit Angstanfällen, insgesamt in einem schweren Ausmaß, mit einer MdE um 20 bis 40 zu bemessen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nach Auffassung des Senats in einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Unfallfolgen die von Prof. Dr. T. vorgeschlagene MdE um 30 v.H. nicht zu beanstanden, wenn sie sich auch am oberen Rand des Vertretbaren bewegt.
Da der Kläger keine Anschlussberufung eingelegt hat, um eine posttraumatische Belastungsstörung als weitere Unfallfolge feststellen zu lassen und dies auch nicht vom SG im Tenor seiner Entscheidung festgestellt worden ist, war die Berufung der Beklagten in vollem Umfang abzuweisen. Die Beklagte wird im neu zu erstellenden Rentenbescheid die festgestellten Unfallfolgen entsprechend der Entscheidung des Senats zu korrigieren haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungs- verfahren.
Tatbestand:
Im Streit steht der Anspruch des Klägers auf Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. über den 24. Mai 2002 hinaus.
Der 1974 geborene Kläger war bzw. ist als Flaschnermeister und Gas-Wasser-Installationsmeister im Betrieb seines Vaters tätig. Der Kläger ist darüber hinaus Betriebswirt des Handwerks. Am 2. Juni 2001 stürzte er bei Arbeiten auf einem Dach durch eine nur mit Plastikfolie geschützte Dachfensteröffnung aus etwa 4,5 bis 5 m auf ein Gerüst herab (Unfallanzeige vom 5. Juni 2001). Im Durchgangsarztbericht vom 2. Juni 2001 führte Prof. Dr. H. als Diagnosen eine Contusio cerebri rechts frontal, eine Nasenbeinfraktur, eine Schürfwunde am Nasenrücken und ein Monokelhämatom links auf. Im CT sei rechts frontal ein kleiner Kontusionsherd sichtbar, ansonsten bestehe kein Anhalt für eine intracerebrale oder knöcherne Verletzung. Entsprechend wurden im neurologischen Befundbericht zum Unfall vom 5. Juni 2001 durch Prof. Dr. H., Ärztlicher Direktor der Neurochirurgischen Klinik des K. S., die Unfallfolgen beschrieben. Der Kläger habe angegeben, nach dem Sturz nicht bewusstlos gewesen zu sein. Als Diagnosen wurden angegeben ein Schädelhirntrauma sowie eine Fraktur des Nasenseptums. Eine neurochirurgische Behandlung sei akut nicht indiziert. Erforderlich sei eine CT-Kontrolle sowie die Weiterbetreuung durch einen niedergelassenen Neurologen (mit EEG-Ableitung und Kernspintomographie).
Am 9. November 2001 ging ein Bericht des Universitätsklinikums H. über ein am 7. November 2001 durchgeführtes Neurochirurgisches Konsil bei der Beklagten ein. Danach habe der Kläger morgens Druck auf den Kopf sowie Schwindelbeschwerden empfunden. Es liege eine totale Veränderung seiner Persönlichkeit vor. Er sei nicht mehr belastbar, ermüde schnell und sei in seiner Konzentrations- und Merkfähigkeit deutlich reduziert. Eine depressive Entwicklung sei nicht feststellbar. Am 8. November 2001 rief der Vater des Klägers bei der Beklagten an und teilte mit, sein Sohn habe wegen der Kopfverletzung gesundheitliche Probleme und habe sich deshalb in der Uniklinik H. vorgestellt. Von dort sei eine Rehabilitationsbehandlung in G. vorgeschlagen worden.
Vom 3. Dezember 2001 bis 11. Januar 2002 befand sich der Kläger in den Kliniken S., Neurologisches Fach- und Rehabilitationskrankenhaus, S ... Im Befund-, Verlaufs- und Entlassungsbericht der Dr. B.t vom 21. Januar 2002 sind als Klagen des Klägers aufgeführt, dass er wegen Konzentrationsstörungen Probleme bei der Arbeit habe. Er könne nicht auf Baustellen die Leitung übernehmen, besonderes wenn mehrere Dinge auf einmal zu beachten seien, bekomme er die Abläufe nicht geregelt. Weiterhin habe er über Schwindelgefühle vorwiegend bei Überlastung geklagt. Morgens habe er "eine Leere" im Kopf. Es bestehe auch ein vermehrtes Schlafbedürfnis. Auch größere Gesprächsrunden stellten ein Problem dar, da er sich nicht ausreichend konzentrieren könne. Dr. B. beschrieb den psychisch-mentalen Befund dergestalt, dass der Kläger bewusstseinsklar sei, voll orientiert, psychomotorisch verlangsamt und im Antrieb leicht reduziert. Die Stimmung sei euthym. Es bestünden anamnestisch Hinweise auf Einschränkungen der parallelen Aufmerksamkeit, kognitive Belastbarkeitsminderung mit vegetativen Symptomen der vorzeitigen Ermüdbarkeit und diffusem Schwindelgefühl. Darüber hinaus bestehe ein erschwertes räumliches Vorstellungsvermögen, eine deutlich herabgeminderte Konzentration und Belastbarkeit mit erhöhtem Ermüdbarkeitspotential. Subjektiv und auch von der Außenwelt bemerkt bestehe ein Umstellungserschwernis auf schnell wechselnde Situationen. Zusammenfassend führte sie aus, die noch bestehenden Leistungseinschränkungen seien Unfallfolge. Der Kläger sei arbeitsunfähig in gebesserten psychophysischem Zustand entlassen worden. Beigefügt war der Bericht über die neuropsychologische Untersuchung des Klägers am 4., 6. und 7. Dezember 2001.
Am 9. Januar 2002 ist ein weiterer Anruf des Vaters des Klägers dokumentiert. Darin berichtete dieser, dass sein Sohn wesensverändert sei und sehr oft ausschweifend rede, dabei oft mitten im Satz vergesse, was er habe sagen wollen. Er bitte um eine weitere Untersuchung. Eine entsprechende Bitte wurde auch vom Hausarzt des Klägers an die Beklagte herangetragen. Auf telefonische Nachfrage der Beklagten bei Dr. B. ist in einer Gesprächsnotiz vom 11. Januar 2002 vermerkt, dass der Kläger am 21. Januar 2002 mit einer Belastungserprobung beginnen solle. Weiter ist angegeben, dass nach Mitteilung von Dr. B. nach der von ihr durchgeführten neurologisch-psychiatrischen Testung relevante Schädigungen nicht vorliegen würden.
Während der Belastungserprobung stellte sich der Kläger am 14. Februar, 11. März und 8. April 2002 in den Kliniken S. vor. Im Bericht vom 14. Februar 2002 (tägliche Arbeitszeit 4 Stunden) ist ausgeführt, dass der Kläger versuche, mit 2 bis 3 Pausen von je 5 bis 10 Minuten, die Arbeitszeit durchzuhalten. Danach sei er sehr müde, schlafe meistens zwischen 30 und 120 Minuten. Er fühle sich schlapp. Er berichte, dass er im väterlichen Betrieb eine neue Bad-Ausstellung organisiere, die er später leiten solle. Über ein vermehrtes Schlafbedürfnis nach einer täglichen Arbeitszeit von 5 Stunden wurde auch im Bericht vom 11. März 2002 berichtet. Er habe begonnen, in der Freizeit mit einem Freund ein bis zweimal pro Woche schwimmen zu gehen. Auch beabsichtige er, wegen der Kopfschmerzen in die Krankengymnastik zu gehen. Im Bericht vom 8. April 2002 wurde ausgeführt, dass der Kläger eine tägliche Arbeitszeit von 6 Stunden einigermaßen (mit Pausen) bewältigt habe, eine Steigerung auf täglich 7 -Stunden ohne Bedenken durchgeführt werden könne. Der Kläger beabsichtige, am 26. April 2002 die Leitung der neuen Badausstellung zu übernehmen.
Im Auftrag der Beklagten wurde der Kläger am 25. März 2002 in der Uniklinik T., Neurologische Klinik, PD Dr. S., untersucht. Im Bericht vom 10. April 2002 werden als Diagnosen eine Minderung der konzentrativen Dauerbelastbarkeit und vermehrte Inferenzanfälligkeit nach leichtem Schädelhirntrauma aufgeführt. Weiter wurde angegeben, die mitgebrachten CT-Bilder ließen die Diagnose einer rechts frontalen Contusion nicht eindeutig zu. Es lägen wohl eher Aufhärtungsartefakte vor. Die kernspintomographische Kontrolle kurze Zeit später habe keinen auffälligen Befund gezeigt. Die berichteten Störungen der konzentrativen Vorbelastbarkeit und die vermehrte Inferenzanfälligkeit bei paralleler Aufgabenbewältigung seien Folge des Unfalls.
Im neurologischen Befundbericht vom 24. Mai 2002 berichtete Dr. B., dass der Kläger seit 13. Mai 2002 wieder vollbeschäftigt arbeite. Damit komme der Kläger nach eigenen Angaben zurecht. Im Vergleich zur Voruntersuchung vom Januar 2002 sei eine weitere Leistungsverbesserung zu verzeichnen, die parallele Aufmerksamkeit liege jedoch noch im leicht unterdurchschnittlichen Bereich. Der bisher positive Krankheitsverlauf lasse den Schluss auf eine weitere Leistungssteigerung zu. Von einer MdE in rentenberechtigendem Ausmaß sei nicht auszugehen.
Am 7. Februar 2003 rief der Vater des Klägers erneut bei der Beklagten an. Danach leide der Kläger nach wie vor unter Konzentrationsstörungen, vergesse schnell und sei schnell erschöpft. Er habe Antriebsschwierigkeiten und könne den ganzen Tag schlafen. Der Kläger könne seiner Auffassung nach als Flaschner nicht mehr arbeiten, da er sich Arbeiten auf Dächern oder Gerüsten nicht mehr zutraue. Seit dem Unfall habe sich die Wesensveränderung seines Sohnes nicht entscheidend verbessert.
Daraufhin gab die Beklagte bei Dr. B. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten in Auftrag. In ihrem Gutachten vom 9. April 2003 (Untersuchung 3. April 2003) führte Dr. B. zusammenfassend aus, es bestehe ein Zustand nach Schädelhirntrauma mit Contusion rechts frontal sowie ein posttraumatisches hirnorganisches Psychosyndrom mit Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen sowie einer Belastbarkeitsminderung. Weiter wurde ausgeführt, dass der Kläger nach eigenen Angaben sich nicht mehr zutraue, auf Dächer und Gerüste zu gehen, er bekomme Panik. Er habe es einmal versucht, sich dabei nicht wohlgefühlt, Angst bekommen und sich unsicher gefühlt. Zusammenfassend führte sie aus, nachdem knapp 2 Jahre nach dem Unfall weiter leichte Defizite der geteilten Aufmerksamkeit und Belastbarkeit sowie eine Höhenangst bestünden, sei bezüglich der kognitiven Einschränkungen nicht mehr mit einer wesentlichen Besserung zu rechnen. Es bestehe Arbeitsfähigkeit in Bezug auf Arbeiten, die möglichst wenig parallele Aufgabenbewältigungen erforderten und kein Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten bzw. Dächern. Entgegen der früher geäußerten Auffassung bestehe ein Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 bis 30 v.H.
Im Auftrag der Beklagten erstellte daraufhin Prof. Dr. S. das neurologische Rentengutachten vom 15. August 2003 mit radiologischem Zusatzgutachten des Dr. B. vom 31. Juli 2003, dem fachpsychologischen Zusatzgutachten des Dipl.-Psych. N. vom 4. August 2003 und dem elektroencephalographischen Zusatzgutachten vom 4. August 2003. Als Diagnosen führte er auf ein hirnorganisches Psychosyndrom mit Minderung der Aufmerksamkeitsfunktion, des Antriebs und Wortfindungsstörungen, eine verminderte psychophysische Belastbarkeit mit vermehrten Kopfschmerzen, Schwankschwindel und erhöhtem Schlafbedürfnis, Anpassungsstörungen mit Höhenangst nach Contusio cerebri rechts-frontal am 2. Juni 2001. Diese Befunde seien auf den Unfall zurückzuführen. Die unfallbedingte MdE belaufe sich auf 30 v.H.
Nach Einschaltung des Beratungsarztes fragte die Beklagte bei Prof. Dr. S. nach. Dieser teilte unter dem 19. November 2003 mit, die MdE bestehe seit 3. April 2003. Die vom Beratungsarzt empfohlene MR-tomographische Untersuchung halte er nicht für erforderlich, da eine im MRT nachgewiesene Hirnkontusion nach seiner Einschätzung die MdE nicht verändern würde.
Die Beklagte nahm noch weitere Ermittlungen vor und ließ den Kläger durch Dr. B., Sektion Neuroradiologie des Klinikums L., neuroradiologisch untersuchen. Im Bericht vom 15. Dezember 2003 wurde die Beurteilung abgegeben, es liege eine altersentsprechend unauffällige MRT-Untersuchung des Kopfes vor. Es bestehe kein Nachweis einer Ischämie, einer frischen oder stattgehabten älteren Einblutung, kein Parenchymdefekt, keine typisch entzündliche Veränderung und keine Raumforderung. Es finde sich nebenbefundlich nur ein Cholesteringranulom der rechten Pyramidenspitze ohne Kompressionswirkung. Verletzungsfolgen, die auf eine stattgehabte Contusion zurückgeführt werden könnten, hätten nicht nachgewiesen werden können. Die MR-Tomographie vom 5. Juli 2001 habe gleichfalls keine Hinweis auf eine stattgehabte Parenchymverletzung ergeben, wenngleich die damalige Untersuchung keine Sequenzen enthalte, die für Hämosiderinablagerungen hoch sensibel seien. Mit Prof. Dr. D. sei die Diagnose einer frontalen Kontusion nicht eindeutig zu stellen. Eine substanzielle Hirnschädigung sei neuroradiologisch nicht nachzuweisen.
Die Beklagte veranlasste daraufhin weitere Untersuchungen. Prof. Dr. W. führte in seinem neurologischen Gutachten mit neuropsychologischen Zusatzgutachten des Dipl.-Psych. Dr. L., Leiter des Instituts für Klinische Psychologie, B. S., vom 9. Juni 2004 aus, der klinisch-neurologische Untersuchungsbefund sei unauffällig gewesen, bei der neuropsychologischen Testung hätten sich die in den Voruntersuchungen berichteten kognitiven Störungen in Form von Konzentrationsstörungen und Aufmerksamkeitsstörungen bestätigt. Als Diagnose sei eine mittelgradig depressive Episode sowie eine posttraumatische Belastungsstörung mit dissoziativen Episoden (Schwindel und Kopfschmerzen) zu stellen. Diese seien Unfallfolge. Die MdE belaufe sich auf 30 v.H. Aktenkundig ist weiter der Bericht vom 22. Juni 2004 über die teilstationäre Behandlung des Klägers (21. April bis 16. Juni 2004) im psychosomatisch-psychotherapeutischen teilstationären Rehabilitationszentrum. Danach liege eine lavierte mittelgradig depressive Episode sowie eine posttraumatische Belastungsstörung nach Unfall vor.
Die Beklagte befasste daraufhin den Beratungsarzt Dr. M ... In seiner Stellungnahme vom 23. Juli 2004 führte er aus, es sei schon fraglich, ob es sich bei dem fraglichen Sturz überhaupt um ein ausreichend belastendes Ereignis im Sinne der diagnostischen Kriterien für eine Posttraumatische Belastungsstörung nach dem ICD 10 handle. Psychische Unfallfolgen seien darüber hinaus direkt nach dem Unfall nicht geltend gemacht worden und auch die Höhenangst werde erstmals 22 Monate nach dem Unfall berichtet. Es liege allenfalls eine Anpassungsstörung vor, wogegen aber wiederum die erstmals am 9. April 2003 dokumentierte Höhenangst spreche und der Umstand, dass die dissoziativen Beschwerden erstmals wieder 2 Jahre nach dem Unfall aufgetreten seien. Jedenfalls aber könne eine Anpassungsstörung nicht länger als 2 Jahre andauern. Mit der erfolgreichen beruflichen Wiedereingliederung habe daher die Störung geendet, bis 24. Mai 2002 sei die MdE mit 30 v.H. einzuschätzen, danach unter 10 v.H.
Mit Bescheid vom 5. August 2004 bewilligte die Beklagte Verletztenrente vom 29. April 2002 mit dem Tag nach Wegfall des Anspruchs auf Verletztengeld bis 24. Mai 2002 nach einer MdE um 30 v.H. Ein weitergehender Rentenanspruch wurde abgelehnt, da eine MdE nicht mehr vorliege. Als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: abgeheilte Prellung des Kopfes mit verheiltem Nasenbeinbruch, verheiltem Monokelhämatom links und verheilten Prellungen am linken Oberschenkel und am rechten Knie sowie eine abgeklungene Anpassungsstörung. Nicht als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt Zustand nach Halswirbelsäulendistorsion nach privatem Auffahrunfall am 11. Dezember 2001, depressive Episode mit Defiziten der Konzentration und Aufmerksamkeit und mit dissoziativen Episoden sowie Nikotinabusus.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, da die Beschwerden nach wie vor bestünden, wie auch alle mit seinem Gesundheitszustand befassten Ärzte bestätigt hätten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 21. Oktober 2004 Klage zum Sozialgericht S. (SG) erhoben. Das SG hat Prof. Dr. T., Universitätsklinik U., mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 20. Dezember 2005 hat Prof. Dr. T. ausgeführt, es liege eine Anpassungsstörung nach einschneidendem Ereignis (ICD 10 F 43.2) vor, die mit einer MdE um 30 v.H. zu bewerten ist. Damit stehe er in Übereinstimmung mit allen Gutachtern, die den Kläger persönlich untersucht hätten. Soweit Dr. M. eine andere Auffassung vertrete, beruhe diese letztlich auf dessen Behauptung einer Fehlbefundung der Computer-Tomographie und der Infragestellung der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung. Auch wenn die Diagnosekriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung in der Tat nur unzureichend vorliegen würden, habe Dr. M. verkannt, dass die dissoziativen Störungen wie Kopfschmerzen und Schwindel, gerade nicht erst viele Monate nach dem Unfall eingetreten seien, sondern von Anfang an beschrieben werden. Darüber hinaus verkehre er den Leistungswillen des Klägers, nach dem Unfall wieder die berufliche Entwicklung fortzusetzen, in sein Gegenteil. Es dürfe auch nicht verkannt werden, dass die berufliche Wiedereingliederung wahrscheinlich nur aufgrund des familiären Hintergrunds und der damit verbundenen Flexibilität relativ reibungslos verlaufen sei. Es gebe auch keinerlei Hinweise für eine erhöhte Vulnerabilität des Klägers vor dem Unfall. Die Beklagte hat daraufhin die Stellungnahme des Dr. M. vom 20. März 2006 vorgelegt.
Mit Urteil vom 23. Januar 2007 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger über den 24. Mai 2002 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren. In seiner Begründung hat das SG ausgeführt, dass die von der Beklagten gewählte Bezeichnung der Unfallfolgen als "abgeklungene Anpassungsstörung" nicht korrekt sei, sondern zusätzlich eine posttraumatische Belastungsstörung mit dissoziativen Elementen anzunehmen sei. Diesbezüglich sei der Leidenstenor anzupassen. Der Auffassung von Dr. M. könne in Kenntnis der im Übrigen aktenkundigen Gutachten nicht gefolgt werden.
Gegen das ihr am 8. März 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. März 2007 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, eine posttraumatische Belastungsstörung liege nicht vor. Darüber hinaus sei die Diagnose einer contusio cerebri nicht nachgewiesen. Angesichts der kontroversen Äußerungen der Gutachter zur Ursache der Störungen des Klägers sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zur Anerkennung einer psychischen Störung als Unfallfolge zu fordern, dass die Störungen genau einem klassifizierten Krankheitsbild zugeordnet werden könnten. Einer Anerkennung der geltend gemachten Beschwerden als Unfallfolgen stehe auch entgegen, dass diese über einen Zeitraum von 10 Monaten nicht dokumentiert seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts S. vom 23. Januar 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise ein psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen, das vor Beantwortung der Zusammenhangsfrage eine exakte Diagnose der Krankheit des Klägers nach einem international anerkannten Diagnosesystem vornimmt.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist zunächst auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung des SG und führt ergänzend aus, beim Kläger liege eine posttraumatische Belastungsstörung vor. Diese sei nicht davon abhängig, ob der Kläger eine Contusio cerebri erlitten habe oder nicht. Darüber hinaus habe jedenfalls Prof. Dr. T. die Erkrankung des Klägers als Anpassungsstörung bzw. längere depressive Reaktion nach dem ICD 10 definiert. Entscheidend sei aber auch, dass beim Kläger kein "beschwerdefreies Intervall" von 10 Monaten vorgelegen habe, sondern die gesundheitlichen Einschränkungen unverändert und durchgehend seit dem Unfall bestünden.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung der Beklagten gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern und die Entscheidung einstimmig ergeht.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nur die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Verletztenrente ab 25. Mai 2002. Dem Urteil des Sozialgerichts ist entgegen dem Einwand der Beklagten eine uneingeschränkte Aufhebung des Bescheids vom 5. August 2004 nicht zu entnehmen. Aufgehoben ist der Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2004, der den teilanfechtenden Widerspruch des Klägers zurückgewiesen hat. Außerdem ist ausdrücklich zur Zahlung einer Verletztenrente über den 24. Mai 2002 hinaus verurteilt worden.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung (dazu umfassend BSG vom 9. Mai 2006 -B 2 U 1/05 R) beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Da Verschulden bei der Prüfung eines Versicherungsfalles in der gesetzlichen Unfallversicherung unbeachtlich ist, weil verbotswidriges Handeln einen Versicherungsfall nicht ausschließt (§ 7 Abs 2 SGB VII), erfolgt im Sozialrecht diese Unterscheidung und Zurechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72 , 76).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSGE 12, 242 , 245 = SozR Nr. 27 zu § 542 RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (BSGE 62, 220 , 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils RdNr. 11). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 220 , 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils RdNr. 11). Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen.
Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache bzw. dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie der gesamten Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein (vgl. BSGE 38, 127 , 129 = SozR 2200 § 548 Nr. 4; BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1).
Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen.
Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 32, 203 , 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a.F. RVO; BSGE 45, 285 , 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80 , 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O., Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 128 RdNr. 3c). Diese Grundlagen der Theorie der wesentlichen Bedingung gelten für alle als Unfallfolgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen und damit auch für psychische Störungen.
Psychische Gesundheitsstörungen können nach einem Arbeitsunfall in vielfältiger Weise auftreten. Sie können unmittelbare Folge eines Schädel-Hirn-Traumas mit hirnorganischer Wesensänderung sein, sie können aber auch ohne physische Verletzungen, z.B. nach einem Banküberfall, entstehen, sie können die Folge eines erlittenen Körperschadens, z.B. einer Amputation, sein, sie können sich in Folge der Behandlung des gesundheitlichen Erstschadens erst herausbilden. Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund von ihnen ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern (BSG Urteil vom 29. Januar 1986 - 9b RU 56/84 - ; vgl. BSG Urteil vom 19. August 2003 - B 2 U 50/02 R -). Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite sollte diese Feststellung nicht nur begründet sein, sondern aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist (z.B. ICD-10 = Zehnte Revision der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO aus dem Jahre 1989, vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) ins Deutsche übertragen, herausgegeben und weiterentwickelt; DSM-IV = Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen der Amerikanischen psychiatrischen Vereinigung aus dem Jahre 1994, deutsche Bearbeitung herausgegeben von Saß/Wittchen/Zaudig, 3. Auflage 2001). Begründete Abweichungen von diesen Diagnosesystemen aufgrund ihres Alters und des zwischenzeitlichen wissenschaftlichen Fortschritts sind damit nicht ausgeschlossen.
Für die im nächsten Schritt erforderliche Beurteilung des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und den festgestellten psychischen Gesundheitsstörungen gelten die obigen allgemeinen Grundsätze. Zunächst muss also geprüft werden, welche Ursachen für die festgestellte(n) psychische(n) Gesundheitsstörung(en) nach der Bedingungstheorie gegeben sind, und dann in einem zweiten Schritt, ob die versicherte Ursache - das Unfallereignis - direkt oder mittelbar für diese Gesundheitsstörungen wesentlich im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung war. Basis dieser Beurteilung müssen zum einen der konkrete Versicherte mit seinem Unfallereignis und seinen Erkrankungen und zum anderen der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen und psychischen Gesundheitsstörungen sein.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die beim Kläger auf neurologisch-psychischem Fachgebiet noch bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen wesentlich auf das Unfallereignis vom 2. Juni 2001 zurückzuführen sind und ihm daher auch über den 24. Mai 2002 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. zusteht.
Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegt beim Kläger eine Anpassungsstörung (F 43.2 nach ICD 10) mit längeren depressiven Episoden, verminderter Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeitsdefiziten sowie dissoziativen Episoden mit Schwindel und Höhenangst vor. Die gesundheitliche Beeinträchtigung einer Anpassungsstörung hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden als Unfallfolge auch anerkannt. Sie ist dabei allerdings, abweichend von der übereinstimmenden Beurteilung aller mit dem Gesundheitszustand des Klägers befasster Gutachter, davon ausgegangen, dass diese Erkrankung abgeklungen ist. Diese Feststellung kann der Senat jedoch nicht teilen und stützt sich in seiner Beurteilung insbesondere auf die Stellungnahme der Klinik S. vom 3. April 2003, des Gutachters Dr. S. vom August 2003, des Dipl.-Psych. Dr. L. vom 9. Juni 2004, der Beurteilung des Dr. H. vom 22. Juni 2004, des Prof. Dr. W. vom 3. Juli 2004 und des Prof. Dr. T. vom 20. Dezember 2005. Soweit die Beklagte im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, dass eine depressive Episode mit Defiziten der Konzentration und Aufmerksamkeit und mit dissoziativen Elementen nicht Unfallfolge seien, ist dieser Beurteilung deshalb nicht zu folgen, da sie Ausdruck der fortbestehenden, unfallbedingten Anpassungsstörung des Klägers sind.
Bei Anpassungsstörungen handelt es sich nach der Definition des ICD 10 (F 43.1) um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Die Belastung kann das soziale Netz des Betroffenen beschädigt haben oder das weitere Umfeld sozialer Unterstützung oder sozialer Werte. Sie kann auch in einem größeren Entwicklungsschritt oder eine Krise bestehen. Die individuelle Prädisposition oder Vulnerabilität spielt bei dem möglichen Auftreten und bei der Form der Anpassungsstörung eine bedeutsame Rolle; es ist aber dennoch davon auszugehen, dass das Krankheitsbild ohne die Belastung nicht entstanden wäre. Die Anzeichen sind unterschiedlich und umfassen depressive Stimmung, Angst oder Sorge (oder eine Mischung von diesen). Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können. Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein.
Das im Streit stehende Unfallereignis vom 2. Juni 2001, ein Sturz aus 4 bis 5 m Höhe durch ein ungesichertes Dachfenster auf ein Gerüst mit Verletzungen im Kopf- und Gesichtsbereich ist nach den anzulegenden wissenschaftlichen Maßstäben als belastendes Lebensereignis generell geeignet, eine Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion hervorzurufen.
Die Diagnose einer Anpassungsstörung haben Dr. S. (verbunden mit der weiteren Diagnose eines hirnorganischen Psychosyndroms), Dr. M. und Prof. Dr. T. gestellt.
Dem Hilfsantrag der Beklagten, ein weiteres Gutachten zu der Frage einzuholen, welche Erkrankung nach dem ICD 10 nun tatsächlich beim Kläger vorliege, war deshalb nicht stattzugeben, da sich der Senat insbesondere auf die schlüssigen Ausführungen von Prof. Dr. T. stützt (und im Hinblick auf die Diagnose letztlich auch des Beratungsarztes der Beklagten) und weiterer Aufklärungsbedarf deshalb nicht besteht. Die Anpassungsstörung sowie die weiteren, bereits beschriebenen funktionalen Einschränkungen sind zur Überzeugung des Senats, gestützt insbesondere auf die schlüssigen Ausführungen von Prof. Dr. T., auch wesentlich durch das Unfallereignis bedingt.
Auch wenn nach Auffassung des Senats (gestützt u.a. auf die Ausführungen der Dr. S.-M., Universitätsklinik H., im Arztbrief anlässlich der Vorstellung des Klägers dort am 7. November 2001) angesichts des Unfallhergangs selbst und der vielfach beschriebenen Symptome mit Schwindel, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörung etc. viel für das Vorliegen eines hirnorganischen Psychosyndroms nach erlittener Contusio cerebri sprechen könnte (vgl. dessen Beschreibung im ICD 10 F 07.2), ist eine solche Erkrankung nach den umfangreichen gutachterlichen Untersuchungen im Verwaltungsverfahren, insbesondere durch die Ausführungen des Dr. B. vom 15. Dezember 2003, wohl nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachzuweisen, wenn auch nicht sicher auszuschließen. Denn er hat in seinem Gutachten auch ausgeführt, dass die Diagnose einer rechts frontalen Kontusion anhand der initialen CCT-Bilder nicht eindeutig gestellt werden kann, da die damalige Untersuchung keine Sequenzen enthalten hatte, die für Hämosiderinablagerungen als Nachweis einer entsprechenden Kontusion hoch sensibel sind. Die fehlende Nachweisbarkeit einer solchen Unfallfolge hat nach den oben dargestellten Grundsätzen der objektiven Beweislast jedoch der Kläger zu tragen.
Soweit die Beklagte ausführt, Prof. Dr. T. habe in seinem Gutachten das Vorliegen einer Anpassungsstörung auf das Bestehen einer Contusio cerebri gestützt, so dass im Ergebnis seine Schlussfolgerungen nicht tragfähig seien, ist dieser Einwand nicht nachvollziehbar. Prof. Dr. T. hat in seinem Gutachten nach ausführlicher Befragung des Klägers, Durchführung verschiedener Tests zur Objektivierung der geklagten Beschwerden (Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene; D2-Test zur Untersuchung der Aufmerksamkeit; SCL-90 zur Selbstbeurteilung; Freiburger Persönlichkeitsinventar; Trierer Skala zur Erfassung der Krankheitsbewältigung) den überzeugenden Schluss gezogen, dass die beim Kläger bestehenden Konzentrationsstörungen, der Schwindel und die Kopfschmerzen ebenso wie die leichte Ermüdbarkeit auf den Unfall zurückzuführen sind und Ausdruck der fortbestehenden Anpassungsstörung sind. Seine Beurteilung ist also ausschließlich auf die von ihm durchgeführten Testmethoden und Befragungen gestützt. Soweit er zur Beweisfrage 3 (Abweichungen zu Vorgutachten) referiert, dass in den Gutachten von Dr. B., Prof. Dr. S. und Prof. Dr. W. ein hirnorganisches Psychosyndrom mit Minderung der Aufmerksamkeitsleistung, der Antriebs- und Wortfindungsstörung, eine verminderte psychophysische Belastbarkeit mit vermehrten Kopfschmerzen, Schwankschwindel und erhöhtem Schlafbedürfnis sowie eine Anpassungsstörung mit Höhenangst beschrieben worden sind, weist er weiter darauf hin, dass die Frage des Nachweises einer Contusio cerebri (als Grundlage für die Annahme eines hirnorganischen Psychosyndroms) in den Gutachten nicht einheitlich beurteilt worden sei. Insoweit verweist er im Weiteren darauf, dass relevante Abweichungen in der Beurteilung des zugrundeliegenden Sachverhalts nicht vorliegen würden. Aus diesen Ausführungen kann der Senat jedoch die Auffassung der Beklagten, Prof. Dr. T. habe seine Diagnose einer Anpassungsstörung auf das Vorliegen einer Contusio cerebri gestützt, nicht ableiten. Für einen solchen Schluss geben auch die weiteren Ausführungen von Prof. Dr. T. keinen Anhaltspunkt her. Er ist sich vielmehr mit den genannten Gutachtern im Ergebnis einig, dass die beim Kläger beschriebenen funktionellen Einschränkungen unzweifelhaft auf den Unfall zurückzuführen sind. Nur dies hat Prof. Dr. T. in seinen Erläuterungen zum Ausdruck gebracht.
In Übereinstimmung mit Prof. Dr. T. und Dr. M. geht der Senat weiter davon aus, dass beim Kläger das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht vorliegt, auch wenn diese Diagnose von Prof. Dr. S., dem Dipl.-Psych. L., Prof. Dr. W. und Dr. W.gestellt worden ist.
Eine posttraumatische Belastungsstörung entsteht nach Nr. F 43.1 ICD 10 als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, z.B. zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen können. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Merkmalen und Symptomen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.
Gegen das Vorliegen eines posttraumatischen Belastungssyndroms sprechen insbesondere das fehlende wiederholte Erleben des Traumas, fehlende Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit, das Fehlen vegetativer Übererregtheit und Vigilanzsteigerung. Soweit Prof. Dr. T. in seinen weiteren Ausführungen auf die beratungsärztlichen Ausführungen von Dr. M. und dessen Argumente gegen das Bestehen einer posttraumatischen Belastungsstörung eingegangen ist und diesen im Ergebnis nicht gefolgt ist, ist auch dieser Umstand kein Anlass zu weiteren Ermittlungen. Soweit die Beklagte möglicherweise daraus, dass Prof. Dr. T. auf Seite 11 unten seines Gutachtens ausgeführt hat, " ... als Kopfschmerzen und Schwindel als Teil der Diagnose Posttraumatisches hirnorganisches Psychosyndrom bereits als diagnostisches Kriterium" auftauchen, den Schluss zieht, Prof. Dr. Traue habe ein solches hirnorganisches Psychosyndrom angenommen, hat sie die Ausführungen von Prof. Dr. T. missverstanden. Dr. M. hatte in seiner ablehnenden Äußerung u.a. ausgeführt, dass die dissoziativen Beschwerden des Klägers erst viele Monate nach dem Unfall aufgetreten seien. Dies ist , schon nach Aktenlage, nicht der Fall. Prof. Dr. T. hat darüber hinaus nur eine medizinisch nachvollziehbare Erklärung geliefert, weshalb diese dissoziativen Elemente nicht gesondert als Diagnosen beschrieben worden sind, auch wenn sie nach Aktenlage bestanden haben.
Soweit Dr. M. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme weiter ausgeführt und was die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung aufgegriffen hat, dass die von allen Gutachtern, zuletzt von Prof. Dr. Traue, nach dem 24. Mai 2002 beschriebenen dissoziativen Elemente und anderen funktionellen Einschränkungen schon deshalb nicht auf den Unfall zurückzuführen seien, weil nach Aktenlage zwischen Mai 2002 und Februar 2003 ein "beschwerdefreies Intervall" gelegen habe, konnten diese Ausführungen nicht überzeugen. Dr. M. ist lediglich insoweit zu konzidieren, als in den Akten eine zeitliche Lücke zwischen dem letzten Bericht von Dr. B. vom 24. Mai 2002 und einem Telefonanruf des Vaters des Klägers vom Februar 2003 ist. Es kann daraus nicht geschlossen werden, dass in dieser Zeit die zuletzt von Prof. Dr. T. beschriebenen funktionellen Einschränkungen nicht vorlagen. Der Vater des Klägers hat in seinem Telefonanruf von seit dem Unfall bestehenden Konzentrationsstörungen, Ermüdbarkeit, Wesensveränderung etc. berichtet. Auch die Beschreibung seiner Verfassung durch den Kläger im Rahmen der Begutachtungen oder anderen ärztlichen Untersuchungen lässt keinen Schluss dahingehend zu, dass in diesem Intervall tatsächlich keine Beschwerden vorlagen. Soweit Dr. B. in ihrem Bericht vom 24. Mai 2002 eine positive Prognose erstellt hatte und davon ausgegangen war, dass eine rentenberechtigende MdE nicht verbleiben werde, hat sie selbst nach ihrer Untersuchung des Klägers im April 2003 diese Prognose revidiert und ist von einer MdE um 20 bis 30 ausgegangen, die in einem Rentengutachten festzustellen wäre. Auch in den Gutachten von Prof. Dr. S., Dr. L., Prof. Dr. W., Dr. W. und Prof. Dr. T. werden seit dem Unfall im Wesentlichen unveränderte Beeinträchtigungen der Konzentration, Belastbarkeit, allgemeinen Aufmerksamkeit, verbunden mit Schwindel und schneller Ermüdbarkeit beschrieben. Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Besserung finden sich nicht.
Es erschließt sich dem Senat darüber hinaus auch nicht, worauf die nach Auffassung der Beklagten nach dem 24. Mai 2002 bestehenden Einschränkungen, die sie in den angefochtenen Bescheiden nicht als Unfallfolgen anerkannt hat, beruhen sollten, wenn nicht auf dem Unfall. Den Nachweis einer inneren Ursache hat die Beklagte nicht erbracht. Jeder der Gutachter hat eine Aggravation oder Simulation der Beschwerden durch den Kläger verneint. Nachgewiesen ist des Weiteren, dass keine Anhaltspunkte für eine vorbestehende Erkrankung, anlagebedingte Vulnerabilität oder Ähnliches bestehen, die diese Einschränkungen begründen könnten. Ganz im Gegenteil wird der Kläger, was auch seine drei Meistertitel schon in jungem Lebensalter und seine berufliche Vita im Übrigen eindrucksvoll belegen, als leistungsfähiger, leistungsorientierter und strebsamer Mensch beschrieben, der nicht zum Jammern neigt, vielmehr sogar dazu, die bestehenden Beschwerden herabzuspielen und als nicht so gravierend darzustellen. Prof. Dr. T. beschreibt den Kläger daher auch nachvollziehbar als eine Person, die eher zur depressiven, innerlichen Verarbeitung seiner Beschwerden neigt, als dazu, sie nach Außen zu tragen, daraus soziale Anerkennung zu ziehen oder zur Begründung von Entschädigungsansprüchen aufrechtzuerhalten. Dies wird nicht zuletzt auch daran deutlich, dass es nicht der Kläger, sondern sein Vater war, der im Februar 2003 auf die fortbestehenden Beschwerden hingewiesen und dringend um weitere ärztliche Bemühungen nachgefragt hat. Deshalb sind auch die Aussagen des Klägers während der Arbeitserprobung, er komme - zuletzt auch mit der in Vollzeit verrichteten - Arbeit gut zurecht, vor dem Hintergrund seiner Wesenszüge zu verstehen. Berücksichtigt man darüber hinaus nämlich die von ihm aber auch berichteten Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, die rasche Ermüdbarkeit und Kopfschmerzen, dann ist zumindest die Beschreibung des Klägers, er komme mit dem Arbeitsalltag gut zurecht, im Lichte seiner Persönlichkeit zu interpretieren und nicht als objektiv richtige Zustandsbeschreibung zu verstehen.
Soweit Dr. M. die Auffassung vertreten hat, der vom Kläger berichtete Schwindel und die Höhenangst sei erst im März 2003 aktenkundig geworden, deshalb auch dort erst aufgetreten und daher auch keine Unfallfolge, vermochte dies den Senat ebenfalls nicht zu überzeugen. So ist zu beachten, dass bereits im Bericht von Dr. B. vom 21. Januar 2002 von einem Schwindelgefühl, vorwiegend bei Überlastung, berichtet wird. Auch im Bericht vom 15. Februar 2002 wird von einem "verstärkten Schwindelgefühl" gesprochen. Auch in der Uniklinik H. berichtete der Kläger am 7. November 2001 über erhebliche subjektive Ausfallerscheinungen und Beschwerden im Sinne von druckschmerzartigen Kopfschmerzen, Schwindelerscheinungen und Benommenheit im Kopf. Wenn dann im Bericht von Dr. B. vom 9. April 2003 die Beschwerden des Klägers dahingehend wiedergegeben werden, dass er manchmal morgens noch ein Schwindelgefühl habe und dann nicht zur Arbeit könne, dass er sich nicht zutraue, auf Dächer und Gerüste zu gehen, dies einmal probiert zu haben, und dann Panik bekommen zu haben, erschließt sich nicht, weshalb es sich bei der beschriebenen Symptomatik um eine neu aufgetretene, unfallunabhängige handeln sollte. Der Kläger klagt seit dem Unfall über Schwindelbeschwerden. Er war nach dem Unfall im elterlichen Betrieb administrativ-verwaltend, im Wesentlichen mit der Organisation eines neuen Bäderstudios, beschäftigt. Wenn der Kläger trotz dieser Schwindelbeschwerden zu einem nicht mehr bestimmbaren Zeitpunkt, als er sich subjektiv dazu in der Lage gesehen hatte, wieder als Flaschner zu arbeiten, auf ein Dach stieg, dann verwundert es nicht, wenn sich dabei Höhenangst und Panik, Unsicherheit, einstellen. Dies dürfte angesichts der fortbestehenden Schwindelsymptomatik sogar eher die zu erwartende Folge gewesen sein. Berücksichtigt man weiter, dass der Kläger nach seinem schweren Sturz zunächst nicht wieder auf Dächern arbeitete, dann spricht allein der Umstand, dass erst im April 2003 von einer Höhenangst berichtet wird, nicht gegen die unfallbedingte Ursächlichkeit.
Deshalb ist zur Überzeugung des Senats von einer fortbestehenden Anpassungsstörung, verbunden mit depressiver Reaktion, verminderter Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeitsdefiziten, dissoziativen Episoden in Gestalt von Schwindel und Höhenangst, als Unfallfolgen auszugehen.
Gegen diese Beurteilung spricht darüber hinaus nach der überzeugenden Beurteilung von Prof. Dr. Traue nicht, dass in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003 S. 228 mwN) ausgeführt wird, die Symptome einer Anpassungsstörung hielten selten länger als 6 Monate an, abgesehen von depressiven Reaktionen, die in der Regel nicht länger als 2 Jahre dauerten. Diese zeitliche Begrenzung der Beschwerden findet sich zum einen nicht im ICD 10 als beschreibende Darstellung der Diagnose. Zum anderen spricht diese regelhafte Annahme, deren wissenschaftliche Begründetheit insoweit unterstellt, nicht dagegen, dass Ausnahmen vorliegen, die - ggf. auch aufgrund nicht nachweisbarer organischer Hirnschädigungen - einen längeren Krankheitsverlauf begründen können.
Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG vom 19. Dezember 2001 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Nach den Erfahrungswerten der unfallmedizinischen Literatur soll die MdE bei psychischen Unfallfolgen mit abnormen Persönlichkeitsentwicklungen, akuter Belastungsreaktion, Anpassungsbeeinträchtigung, psychoreaktiver Störung mit finaler Ausrichtung, sog. leichten neurotischen Störungen mit 0 bis 10 festgesetzt werden, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. manche Phobien, pathologische Entwicklungsstörungen) mit 20 bis 40 v.H. (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 246). Nach Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Auflage, S. 258 sind Belastungsstörungen mit emotionaler Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit in geringerem Ausmaß, allgemeiner Leidensdruck, auch mit leichteren vegetativen Beschwerden, ohne wesentliche soziale Anpassungsschwierigkeiten, mit einer MdE bis 10, Einschränkungen in stärkerem Ausmaß, insbesondere mit sozial-kommunikativer Beeinträchtigung, mit einer MdE um 10 bis 20 v.H. und Belastungsstörungen in erheblichem Ausmaß, insbesondere mit starker sozial-kommunikativer Beeinträchtigung, Angstzuständen und ausgeprägtem Vermeidungsverhalten, Antriebsminderung, vegetativer Übererregtheit u.a. mit einer MdE um 30 bis 50 v.H. zu bemessen. Depressionen sind, soweit es sich um wiederkehrende Verstimmungszustände, insbesondere mit Antriebsminderung und allgemein verminderter Konzentrations- und Belastungsfähigkeit, insgesamt in mittlerem Ausmaß, handelt, mit einer MdE um 20 v.H., wiederkehrende oder anhaltende Verstimmungszustände, insbesondere mit ausgeprägter Antriebsminderung und stark allgemein verminderter Konzentrations- und Belastungsfähigkeit, auch mit Angstanfällen, insgesamt in einem schweren Ausmaß, mit einer MdE um 20 bis 40 zu bemessen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nach Auffassung des Senats in einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Unfallfolgen die von Prof. Dr. T. vorgeschlagene MdE um 30 v.H. nicht zu beanstanden, wenn sie sich auch am oberen Rand des Vertretbaren bewegt.
Da der Kläger keine Anschlussberufung eingelegt hat, um eine posttraumatische Belastungsstörung als weitere Unfallfolge feststellen zu lassen und dies auch nicht vom SG im Tenor seiner Entscheidung festgestellt worden ist, war die Berufung der Beklagten in vollem Umfang abzuweisen. Die Beklagte wird im neu zu erstellenden Rentenbescheid die festgestellten Unfallfolgen entsprechend der Entscheidung des Senats zu korrigieren haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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