Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 726/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2086/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 6. Januar 1962 geborene Klägerin ist gelernte Versicherungskauffrau und war in diesem Beruf bis Juni 2002 beschäftigt. Seither ist sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig krank. Am 23. April 2003 verunglückte sie als Beifahrerin eines Pkw, als ein anderer Pkw mit einer Geschwindigkeit zwischen 10 und 30 km/h von hinten auf ihren stehenden Pkw auffuhr. Seither macht sie Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) mit Ausstrahlung in den linken Arm und in die Brustwirbelsäule geltend.
Den bei der Beklagten (damals noch: B. f. A.) gestellten Antrag der Klägerin vom 24. Juni 2004 auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. August 2004 und Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2005 ab, da die Klägerin nicht erwerbsgemindert sei. Grundlage hierfür waren das im Rahmen eines Antrags auf Gewährung von Teilhabeleistungen erstellte Gutachten des Nervenarztes Dr. M. (Leistungseinschätzung: letzte Tätigkeiten als Kauffrau sowie leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr möglich), der Reha-Entlassungsbericht der D.-Klinik B. B. (Aufenthalt der Klägerin vom 24. Mai bis 24. Juni 2004; Diagnosen: Anpassungsstörung, HWS-Syndrom; Leistungseinschätzung: bei Fortführung von Therapiemaßnahmen in ca. zwei bis drei Monaten in der Lage, den Beruf als Kauffrau vollschichtig auszuüben), die Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. K. (letzte berufliche Tätigkeit sechs Stunden und mehr möglich, ohne schweres Heben, ohne besonderen Zeitdruck) und das Gutachten des Orthopäden Dr. M. (Diagnosen: fortbestehende Beschwerden nach HWS-Distorsion, Zervikobrachialgie mit Beteiligung der Nervenwurzel C 6/7 links, Periarthropathia humeroscapularis mit Supraspinatussehnensyndrom, Thorakalsyndrom, Epicondylitis humeri radialis links; Leistungseinschätzung: Tätigkeiten als Versicherungskauffrau und leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr möglich, zu vermeiden seien Überkopfarbeiten, Zwangshaltungen, Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten, Treppensteigen, Steigen auf Leitern und Gerüste unter Benutzung beider Arme bzw. Hände).
Die Klägerin hat hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Sie sei wegen der Folgen des Auffahrunfalls nicht in der Lage, auch leichte körperliche Tätigkeiten zu verrichten.
Das SG hat den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. von R. (leichte Tätigkeiten nicht vollschichtig möglich) und die Nervenärztin Dr. S.-R. (Tätigkeiten als Versicherungskauffrau nicht vollschichtig, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne ständigen Gebrauch des linken Armes vollschichtig möglich) als sachverständige Zeugen gehört und ein orthopädisches Gutachten bei Dr. E. sowie ein nervenärztliches Gutachten bei Dr. K. eingeholt.
Dr. E. hat ein linksseitiges Schmerzsyndrom der Schulter-Nacken-Arm-Region im Sinne eines sensiblen Nervenreizsyndroms mit geringer Einschränkung der cervikalen Beweglichkeit bei geringen degenerativen Veränderungen und ohne nachweisbare strukturelle traumatische Verletzungen der HWS sowie ein lumbales Facettenschmerzsyndrom bei Bandscheibendegeneration der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) mit pathologischer Hohlkreuzbildung einschließlich lumbalen Gefügelockerungen ohne Nervenwurzelreizungen oder Nervenwurzelstörungen und ohne konstante Funktionsbeeinträchtigungen diagnostiziert. Eine konstante Gebrauchsminderung des linken Armes sei nicht anzunehmen. Leichte körperliche Tätigkeiten im Rahmen von Büroarbeiten, auch als Versicherungskauffrau seien mindestens sechs Stunden täglich möglich, ohne Heben und Tragen von Gewichten über 5 kg, im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne Arbeiten mit angehobenen Armen, Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Leitern, Gerüsten, in gebückter oder verdrehter Körperhaltung, ohne Gefährdung durch Kälte, Zugluft und Nässe, ohne Erschütterungen und Vibrationseinflüsse auf die HWS und LWS sowie die Arme.
Dr. K. hat eine weitgehend rückgebildete cervikale Plexusläsion links sowie weitgehend rückgebildete Folgen einer HWS-Distorsion diagnostiziert. Die Restbefunde seien nur noch sehr diskret und nicht in der Lage, eine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens zu erklären. Geblieben seien lediglich sensible Störungen am linken Handrücken und an der Außenseite des linken Unterarmes. Gravierende neurologische Ausfälle oder psychische Störungen hätten sich nicht gefunden. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten, auch als Versicherungskauffrau im Innendienst mindestens sechs Stunden täglich auszuüben, ohne besondere Belastung des linken Armes, ohne Arbeiten über Kopf oder Heben schwerer Lasten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Arzt für Anästhesiologie Dr. Dr. G. ein Gutachten erstattet. Danach leide die Klägerin unter chronischen Schmerzen im Bereich der HWS, der linken Schulter, des linken Armes und des Kopfes (Chronifizierungsstadium III nach Gerbershagen). Eine verlässliche Arbeitsleistung könne auch über kurze Zeitspannen von drei Stunden nicht erbracht werden. Der Klägerin falle das Sitzen über längere Zeit schwer und die Konzentrationsstörungen ließen keine gute Arbeitsleistung erwarten. Sie müsse auch jederzeit Pausen einlegen und sich hinlegen können. Eine Gehstrecke von 500 m könne sie nur bei guter Leistungsfähigkeit, die nicht jederzeit gegeben sei, bewältigen.
Die Klägerin hat weitere ärztliche Unterlagen und Atteste des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. S. sowie von Dr. von R. vorgelegt.
Mit Urteil vom 16. Februar 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, da sie nicht erwerbsgemindert sei. Dies ergebe sich aus den Gutachten von Dr. E. und Dr. K., während das Gutachten von Dr. Dr. G. nicht überzeugend sei.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 2. April 2007 zugestellte Urteil am 25. April 2007 Berufung eingelegt. Ihr Beschwerdebild, das auch leichte körperliche Tätigkeiten nicht zulasse, sei Folge des erlittenen HWS-Beschleunigungstraumas. Das SG hätte sich mit den von ihr zuletzt vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Berichten des Facharztes für Allgemeinmedizin und Atlastherapeuten Dr. S. und des Radiologen Dr. V., auseinandersetzen müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. Februar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Juli 2004 zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Aus den vorgelegten Unterlagen seien nach Würdigung ihres beratungsärztlichen Dienstes keine Funktionsangaben zu ersehen. Bei der gutachtlichen Untersuchung durch Dr. K. hätten keine gravierenden Auffälligkeiten, beim Gehen, An- und Ausziehen oder Sitzen bestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Senat kann sich nicht davon überzeugen, dass die Klägerin erwerbsgemindert ist. Er stützt sich hierbei auf die vom SG eingeholten Gutachten von Dr. E. und Dr. K., die im Einklang mit den Ermittlungen im Verwaltungsverfahren stehen, während das Gutachten von Dr. Dr. G. nicht zu überzeugen vermag. Die von der Klägerin erhobenen Einwendungen gegen die Gutachten von Dr. E. und Dr. K. greifen nicht durch.
Die Klägerin leidet im Wesentlichen an den Folgen des Auffahrunfalls vom 23. April 2003. Dass solche Unfälle auch über lange Zeit erhebliche Beschwerden hinterlassen können, ohne dass sich hierfür eine fassbare strukturelle Veränderung im Bereich der HWS oder der umliegenden Strukturen finden lässt, ist dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt. Gleichfalls ist bekannt, dass in Teilen der Ärzteschaft mit verschiedenen, teilweise nicht allgemein anerkannten Untersuchungsmethoden morphologische Veränderungen festgestellt, hierauf Diagnosen gestützt und auf teilweise sehr umfangreiche Leistungsminderungen geschlossen werden. Für die Leistungsbeurteilung im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung bedarf es einer genauen diagnostischen Einordnung jedoch nicht. Entscheidend sind die funktionellen Auswirkungen einer Gesundheitsbeeinträchtigung - auch unter Berücksichtigung chronischer Schmerzen - auf die Fähigkeit, leichte körperliche Tätigkeiten zu verrichten.
Belangvolle objektive Ausfälle, die die Funktion des linken Armes beeinträchtigen würden, sind weder von Dr. E. noch von Dr. K. objektiviert worden. Auch aus der zweifellos bestehenden Schmerzhaftigkeit im Bereich der HWS und des linken Armes folgt nicht, dass der Klägerin jede auch nur leichte Tätigkeit unmöglich ist. Dr. E. hat die Klägerin ausführlich klinisch untersucht. Ihr Verhalten während der gutachtlichen Untersuchung (Aufstehen, Gangbild, Hinsetzen) war unauffällig. Während der linke Arm bei der Untersuchung durch Dr. E. und auch bei derjenigen durch Dr. K. im Sitzen schonend am Körper gehalten worden ist, ist er bei den spontanen Körperbewegungen beim Auskleiden jeweils normal mitbewegt worden.
Wenn bei der Klägerin Nebenwirkungen der eingenommenen Schmerzmittel, wie Müdigkeit, fehlende Konzentration und Schwindel zu Tage treten würden, wie dies die Klägerin vorträgt, wäre dies bei den gutachtlichen Untersuchungen bei Dr. E. oder Dr. K. aufgefallen. Hierüber ist aber nichts berichtet worden. Ob die Klägerin selbst mit einem Pkw zu den gutachtlichen Untersuchungen gefahren ist, wie die Beklagte meint, oder lediglich als Beifahrerin, wie die Klägerin vorträgt, ist nicht erheblich. Weder Dr. E. noch Dr. K. haben hierauf maßgeblich abgestellt.
Das Gutachten von Dr. Dr. G. vermag nicht zu überzeugen. Es beschränkt sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der Schmerzangaben der Klägerin. Hinsichtlich der Schmerzintensität werden allein die Selbsteinschätzungen in standardisierten Fragebögen wiedergegeben. Die von Dr. Dr. G. behauptete Objektivierung dieser Angaben durch die Ergebnisse der chirotherapeutischen und der neurologischen Untersuchung kann der Senat aus dem Gutachten nicht ableiten. Chirotherapeutisch finden sich lediglich Einschränkungen der Beweglichkeit im Bereich der HWS und des linken Armes, teilweise auch nur schmerzbedingt. Dass hierauf nicht durch entsprechende qualitative Leistungseinschränkungen, wie sie auch in dem Gutachten von Dr. E. und Dr. K. dargelegt worden sind, ausreichend Rücksicht genommen werden kann, hat Dr. Dr. G. nicht erläutert. Bei der neurologischen Untersuchung wurde lediglich eine teilweise herabgesetzte Berührungs- und Schmerzwahrnehmung im linken Arm (entsprechend den Dermatomen C6/7) festgestellt, wie sie auch bereits Dr. K. beschrieben hat. Rückschlüsse auf die Bewertung des Schmerzerlebens der Klägerin sind hieraus nicht möglich. Weitere Ansätze einer Objektivierung der Schmerzangaben finden sich nicht. Nicht überzeugend ist auch die Argumentation von Dr. Dr. G. aus dem Krankheitsverlauf. Immerhin hat er selbst dargelegt, dass die von der Klägerin zeitweise durchgeführte medizinische Trainingstherapie zu einem guten Erfolg geführt hat. Was daraus für die von dem Sachverständigen gestellte Diagnose eines chronischen Schmerzsyndromes mit erheblichen Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt folgt, wird aus seinen Ausführungen nicht klar.
Dem Gutachten von Dr. Dr. G. kommt auch nicht deswegen ein höherer Beweiswert zu, weil dieser Arzt für Anästhesiologie ist und es hier im Wesentlichen um die Bewertung von Schmerzen geht. Die Beurteilung von Schmerzzuständen kann nicht vorrangig einer besonderen fachärztlichen Ausrichtung zugewiesen werden. Für die Qualifikation eines Gutachters kommt es nicht darauf an, ob er von Haus aus als Internist, Rheumatologe, Orthopäde, Neurologe oder Psychiater tätig ist. Die Beurteilung von Schmerz fällt nicht zwingend in ein bestimmtes Fachgebiet. Notwendig sind vielmehr fachübergreifende Erfahrungen hinsichtlich der Diagnostik und Beurteilung von Schmerzstörungen (BSG, Beschluss vom 9. April 2003, B 5 RJ 80/02 B). Diese können hier sowohl vom orthopädischen wie vom nervenärztlichen Fachgebiet erwartet werden.
Da es letztlich an einem Nachweis fehlt, dass die bei der Klägerin vorhandenen Schmerzen im Bereich der HWS und des linken Armes auch leichte körperliche Tätigkeiten nicht mehr erlauben, kann auch das Attest von Dr. S. vom 7. Dezember 2006 die vom SG erhobenen, eine hier erhebliche Leistungsminderung der Klägerin verneinenden Gutachten nicht erschüttern. Denn dort werden lediglich einige Befunde, deren Grundlage unklar sind, aufgeführt und in pauschaler Weise ("das gesamte Beschwerdebild") sowie allein auf Grund eigener Angaben der Klägerin "schlüssig" als Folge des Auffahrunfalls angenommen. Angaben zu den hieraus folgenden Funktionseinschränkungen fehlen vollständig. Solche finden sich auch nicht im Schreiben von Dr. S. vom 2. Juli 2007 an den Prozessvertreter der Klägerin, wo immerhin eine deutliche Besserung des Gesamtbefindens der Klägerin nach Behandlung durch ihn beschrieben worden ist. Die dortige Einschätzung einer "50 % MdE als Dauer-MdE" ist ersichtlich an den Kriterien der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 56 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch) orientiert und kann zur Leistungsfähigkeit der Klägerin im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung, wo allein leichte körperliche Tätigkeiten maßgeblich sind, nichts aussagen. Auch der MRT-Befund von Dr. V. vom 5. Dezember 2006, der eine Instabilität im Funktionsverhalten des Kopf-Gelenkverbandes beschreibt, spricht sich lediglich für einen Zusammenhang der von der Klägerin beklagten Schmerzen mit dem Auffahrunfall aus, erklärt aber nicht, in welchem Umfang diese Schmerzen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit haben können. Warum das - nicht näher beschriebene - Funktionsdefizit eine "lebensbedrohliche Erkrankung" darstellen soll, ist nicht ansatzweise erkennbar. Ob die von dem Augenarzt Dr. K. im Arztbrief vom 12. Dezember 2006 beschriebene Möglichkeit der Störung im Gesichtsfeld mit deutlicher Verminderung der Schwellenwertempfindlichkeit bis hin zu Ausfällen bei kinetischen Belastungen im HWS-Be¬reich tatsächlich vorliegt, nachdem die Klägerin bei Dr. E. ein regelrechtes Sehvermögen angegeben hat, kann hier offen gelassen werden. Dr. K. hat hieraus lediglich die Erwartung von Störungen bei Schreibtischarbeit - ohne dies im Einzelnen auszuführen - sowie beim Führen eines Kraftfahrzeuges im dichteren Straßenverkehr gefolgert. Hierauf kann jedoch durch entsprechende qualitative Leistungseinschränkungen Rücksicht genommen werden.
Auch soweit Dr. S. in seinem Arztbrief vom 30. Oktober 2007 berichtet, bei der Klägerin sei seit Mitte September 2007 eine Verschlechterung, nämlich neue Symptomatik mit quälenden, vegetativen Beschwerden aufgetreten (tagelanges anhaltendes einseitiges Augentränen, gastrointestinale kolitisähnliche Schmerzen, teilweise mit Diarrhoen verbunden, tachycarde Herzbeschwerden, Sehstörungen usw. auch mit Gesichtsfeldausfällen, wechselhaft stark/schwache Tinnitusbeschwerden beidseits), führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Der Bericht macht nicht deutlich, wann und mit welchen Mitteln Dr. S. die Befunde erhoben hat. Soweit sie allein auf Angaben der Klägerin beruhen, kann dies eine kritische Objektivierung nicht ersetzen. Dr. S. äußert sich auch nicht, für welchen Zeitraum ein Anhalten der Beschwerden zu erwarten ist, ob diese therapeutischen Ansätzen zugänglich sind und wie sich diese auf eine etwaige Berufstätigkeit der Klägerin auswirken würden. Die Angaben von Dr. S. bewegen sich damit innerhalb des Rahmens seiner vorherigen, pauschalen Ausführungen und geben weder Anlass, eine plötzliche Verschlechterung anzunehmen, noch insoweit bei Dr. S. ergänzend nachzufragen. Hinsichtlich der vorgebrachten Gesichtsfeldausfälle ist auf die obigen Ausführungen zu den Äußerungen von Dr. K. zu verweisen.
Weiterer Ermittlungen, auch auf nervenärztlichem Fachgebiet bedarf es nicht. Die in den Attesten von Dr. S.-R. beschriebene schwere Depression hat sich in der gutachtlichen Untersuchung nicht bestätigen lassen. Es fehlt auch an weiteren Hinweisen hierauf, insbesondere einer entsprechenden intensiven Therapie, wie Dr. K. überzeugend dargelegt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 6. Januar 1962 geborene Klägerin ist gelernte Versicherungskauffrau und war in diesem Beruf bis Juni 2002 beschäftigt. Seither ist sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig krank. Am 23. April 2003 verunglückte sie als Beifahrerin eines Pkw, als ein anderer Pkw mit einer Geschwindigkeit zwischen 10 und 30 km/h von hinten auf ihren stehenden Pkw auffuhr. Seither macht sie Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) mit Ausstrahlung in den linken Arm und in die Brustwirbelsäule geltend.
Den bei der Beklagten (damals noch: B. f. A.) gestellten Antrag der Klägerin vom 24. Juni 2004 auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. August 2004 und Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2005 ab, da die Klägerin nicht erwerbsgemindert sei. Grundlage hierfür waren das im Rahmen eines Antrags auf Gewährung von Teilhabeleistungen erstellte Gutachten des Nervenarztes Dr. M. (Leistungseinschätzung: letzte Tätigkeiten als Kauffrau sowie leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr möglich), der Reha-Entlassungsbericht der D.-Klinik B. B. (Aufenthalt der Klägerin vom 24. Mai bis 24. Juni 2004; Diagnosen: Anpassungsstörung, HWS-Syndrom; Leistungseinschätzung: bei Fortführung von Therapiemaßnahmen in ca. zwei bis drei Monaten in der Lage, den Beruf als Kauffrau vollschichtig auszuüben), die Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. K. (letzte berufliche Tätigkeit sechs Stunden und mehr möglich, ohne schweres Heben, ohne besonderen Zeitdruck) und das Gutachten des Orthopäden Dr. M. (Diagnosen: fortbestehende Beschwerden nach HWS-Distorsion, Zervikobrachialgie mit Beteiligung der Nervenwurzel C 6/7 links, Periarthropathia humeroscapularis mit Supraspinatussehnensyndrom, Thorakalsyndrom, Epicondylitis humeri radialis links; Leistungseinschätzung: Tätigkeiten als Versicherungskauffrau und leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr möglich, zu vermeiden seien Überkopfarbeiten, Zwangshaltungen, Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten, Treppensteigen, Steigen auf Leitern und Gerüste unter Benutzung beider Arme bzw. Hände).
Die Klägerin hat hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Sie sei wegen der Folgen des Auffahrunfalls nicht in der Lage, auch leichte körperliche Tätigkeiten zu verrichten.
Das SG hat den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. von R. (leichte Tätigkeiten nicht vollschichtig möglich) und die Nervenärztin Dr. S.-R. (Tätigkeiten als Versicherungskauffrau nicht vollschichtig, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne ständigen Gebrauch des linken Armes vollschichtig möglich) als sachverständige Zeugen gehört und ein orthopädisches Gutachten bei Dr. E. sowie ein nervenärztliches Gutachten bei Dr. K. eingeholt.
Dr. E. hat ein linksseitiges Schmerzsyndrom der Schulter-Nacken-Arm-Region im Sinne eines sensiblen Nervenreizsyndroms mit geringer Einschränkung der cervikalen Beweglichkeit bei geringen degenerativen Veränderungen und ohne nachweisbare strukturelle traumatische Verletzungen der HWS sowie ein lumbales Facettenschmerzsyndrom bei Bandscheibendegeneration der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) mit pathologischer Hohlkreuzbildung einschließlich lumbalen Gefügelockerungen ohne Nervenwurzelreizungen oder Nervenwurzelstörungen und ohne konstante Funktionsbeeinträchtigungen diagnostiziert. Eine konstante Gebrauchsminderung des linken Armes sei nicht anzunehmen. Leichte körperliche Tätigkeiten im Rahmen von Büroarbeiten, auch als Versicherungskauffrau seien mindestens sechs Stunden täglich möglich, ohne Heben und Tragen von Gewichten über 5 kg, im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne Arbeiten mit angehobenen Armen, Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Leitern, Gerüsten, in gebückter oder verdrehter Körperhaltung, ohne Gefährdung durch Kälte, Zugluft und Nässe, ohne Erschütterungen und Vibrationseinflüsse auf die HWS und LWS sowie die Arme.
Dr. K. hat eine weitgehend rückgebildete cervikale Plexusläsion links sowie weitgehend rückgebildete Folgen einer HWS-Distorsion diagnostiziert. Die Restbefunde seien nur noch sehr diskret und nicht in der Lage, eine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens zu erklären. Geblieben seien lediglich sensible Störungen am linken Handrücken und an der Außenseite des linken Unterarmes. Gravierende neurologische Ausfälle oder psychische Störungen hätten sich nicht gefunden. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten, auch als Versicherungskauffrau im Innendienst mindestens sechs Stunden täglich auszuüben, ohne besondere Belastung des linken Armes, ohne Arbeiten über Kopf oder Heben schwerer Lasten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Arzt für Anästhesiologie Dr. Dr. G. ein Gutachten erstattet. Danach leide die Klägerin unter chronischen Schmerzen im Bereich der HWS, der linken Schulter, des linken Armes und des Kopfes (Chronifizierungsstadium III nach Gerbershagen). Eine verlässliche Arbeitsleistung könne auch über kurze Zeitspannen von drei Stunden nicht erbracht werden. Der Klägerin falle das Sitzen über längere Zeit schwer und die Konzentrationsstörungen ließen keine gute Arbeitsleistung erwarten. Sie müsse auch jederzeit Pausen einlegen und sich hinlegen können. Eine Gehstrecke von 500 m könne sie nur bei guter Leistungsfähigkeit, die nicht jederzeit gegeben sei, bewältigen.
Die Klägerin hat weitere ärztliche Unterlagen und Atteste des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. S. sowie von Dr. von R. vorgelegt.
Mit Urteil vom 16. Februar 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, da sie nicht erwerbsgemindert sei. Dies ergebe sich aus den Gutachten von Dr. E. und Dr. K., während das Gutachten von Dr. Dr. G. nicht überzeugend sei.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 2. April 2007 zugestellte Urteil am 25. April 2007 Berufung eingelegt. Ihr Beschwerdebild, das auch leichte körperliche Tätigkeiten nicht zulasse, sei Folge des erlittenen HWS-Beschleunigungstraumas. Das SG hätte sich mit den von ihr zuletzt vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Berichten des Facharztes für Allgemeinmedizin und Atlastherapeuten Dr. S. und des Radiologen Dr. V., auseinandersetzen müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. Februar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Juli 2004 zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Aus den vorgelegten Unterlagen seien nach Würdigung ihres beratungsärztlichen Dienstes keine Funktionsangaben zu ersehen. Bei der gutachtlichen Untersuchung durch Dr. K. hätten keine gravierenden Auffälligkeiten, beim Gehen, An- und Ausziehen oder Sitzen bestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Senat kann sich nicht davon überzeugen, dass die Klägerin erwerbsgemindert ist. Er stützt sich hierbei auf die vom SG eingeholten Gutachten von Dr. E. und Dr. K., die im Einklang mit den Ermittlungen im Verwaltungsverfahren stehen, während das Gutachten von Dr. Dr. G. nicht zu überzeugen vermag. Die von der Klägerin erhobenen Einwendungen gegen die Gutachten von Dr. E. und Dr. K. greifen nicht durch.
Die Klägerin leidet im Wesentlichen an den Folgen des Auffahrunfalls vom 23. April 2003. Dass solche Unfälle auch über lange Zeit erhebliche Beschwerden hinterlassen können, ohne dass sich hierfür eine fassbare strukturelle Veränderung im Bereich der HWS oder der umliegenden Strukturen finden lässt, ist dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt. Gleichfalls ist bekannt, dass in Teilen der Ärzteschaft mit verschiedenen, teilweise nicht allgemein anerkannten Untersuchungsmethoden morphologische Veränderungen festgestellt, hierauf Diagnosen gestützt und auf teilweise sehr umfangreiche Leistungsminderungen geschlossen werden. Für die Leistungsbeurteilung im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung bedarf es einer genauen diagnostischen Einordnung jedoch nicht. Entscheidend sind die funktionellen Auswirkungen einer Gesundheitsbeeinträchtigung - auch unter Berücksichtigung chronischer Schmerzen - auf die Fähigkeit, leichte körperliche Tätigkeiten zu verrichten.
Belangvolle objektive Ausfälle, die die Funktion des linken Armes beeinträchtigen würden, sind weder von Dr. E. noch von Dr. K. objektiviert worden. Auch aus der zweifellos bestehenden Schmerzhaftigkeit im Bereich der HWS und des linken Armes folgt nicht, dass der Klägerin jede auch nur leichte Tätigkeit unmöglich ist. Dr. E. hat die Klägerin ausführlich klinisch untersucht. Ihr Verhalten während der gutachtlichen Untersuchung (Aufstehen, Gangbild, Hinsetzen) war unauffällig. Während der linke Arm bei der Untersuchung durch Dr. E. und auch bei derjenigen durch Dr. K. im Sitzen schonend am Körper gehalten worden ist, ist er bei den spontanen Körperbewegungen beim Auskleiden jeweils normal mitbewegt worden.
Wenn bei der Klägerin Nebenwirkungen der eingenommenen Schmerzmittel, wie Müdigkeit, fehlende Konzentration und Schwindel zu Tage treten würden, wie dies die Klägerin vorträgt, wäre dies bei den gutachtlichen Untersuchungen bei Dr. E. oder Dr. K. aufgefallen. Hierüber ist aber nichts berichtet worden. Ob die Klägerin selbst mit einem Pkw zu den gutachtlichen Untersuchungen gefahren ist, wie die Beklagte meint, oder lediglich als Beifahrerin, wie die Klägerin vorträgt, ist nicht erheblich. Weder Dr. E. noch Dr. K. haben hierauf maßgeblich abgestellt.
Das Gutachten von Dr. Dr. G. vermag nicht zu überzeugen. Es beschränkt sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der Schmerzangaben der Klägerin. Hinsichtlich der Schmerzintensität werden allein die Selbsteinschätzungen in standardisierten Fragebögen wiedergegeben. Die von Dr. Dr. G. behauptete Objektivierung dieser Angaben durch die Ergebnisse der chirotherapeutischen und der neurologischen Untersuchung kann der Senat aus dem Gutachten nicht ableiten. Chirotherapeutisch finden sich lediglich Einschränkungen der Beweglichkeit im Bereich der HWS und des linken Armes, teilweise auch nur schmerzbedingt. Dass hierauf nicht durch entsprechende qualitative Leistungseinschränkungen, wie sie auch in dem Gutachten von Dr. E. und Dr. K. dargelegt worden sind, ausreichend Rücksicht genommen werden kann, hat Dr. Dr. G. nicht erläutert. Bei der neurologischen Untersuchung wurde lediglich eine teilweise herabgesetzte Berührungs- und Schmerzwahrnehmung im linken Arm (entsprechend den Dermatomen C6/7) festgestellt, wie sie auch bereits Dr. K. beschrieben hat. Rückschlüsse auf die Bewertung des Schmerzerlebens der Klägerin sind hieraus nicht möglich. Weitere Ansätze einer Objektivierung der Schmerzangaben finden sich nicht. Nicht überzeugend ist auch die Argumentation von Dr. Dr. G. aus dem Krankheitsverlauf. Immerhin hat er selbst dargelegt, dass die von der Klägerin zeitweise durchgeführte medizinische Trainingstherapie zu einem guten Erfolg geführt hat. Was daraus für die von dem Sachverständigen gestellte Diagnose eines chronischen Schmerzsyndromes mit erheblichen Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt folgt, wird aus seinen Ausführungen nicht klar.
Dem Gutachten von Dr. Dr. G. kommt auch nicht deswegen ein höherer Beweiswert zu, weil dieser Arzt für Anästhesiologie ist und es hier im Wesentlichen um die Bewertung von Schmerzen geht. Die Beurteilung von Schmerzzuständen kann nicht vorrangig einer besonderen fachärztlichen Ausrichtung zugewiesen werden. Für die Qualifikation eines Gutachters kommt es nicht darauf an, ob er von Haus aus als Internist, Rheumatologe, Orthopäde, Neurologe oder Psychiater tätig ist. Die Beurteilung von Schmerz fällt nicht zwingend in ein bestimmtes Fachgebiet. Notwendig sind vielmehr fachübergreifende Erfahrungen hinsichtlich der Diagnostik und Beurteilung von Schmerzstörungen (BSG, Beschluss vom 9. April 2003, B 5 RJ 80/02 B). Diese können hier sowohl vom orthopädischen wie vom nervenärztlichen Fachgebiet erwartet werden.
Da es letztlich an einem Nachweis fehlt, dass die bei der Klägerin vorhandenen Schmerzen im Bereich der HWS und des linken Armes auch leichte körperliche Tätigkeiten nicht mehr erlauben, kann auch das Attest von Dr. S. vom 7. Dezember 2006 die vom SG erhobenen, eine hier erhebliche Leistungsminderung der Klägerin verneinenden Gutachten nicht erschüttern. Denn dort werden lediglich einige Befunde, deren Grundlage unklar sind, aufgeführt und in pauschaler Weise ("das gesamte Beschwerdebild") sowie allein auf Grund eigener Angaben der Klägerin "schlüssig" als Folge des Auffahrunfalls angenommen. Angaben zu den hieraus folgenden Funktionseinschränkungen fehlen vollständig. Solche finden sich auch nicht im Schreiben von Dr. S. vom 2. Juli 2007 an den Prozessvertreter der Klägerin, wo immerhin eine deutliche Besserung des Gesamtbefindens der Klägerin nach Behandlung durch ihn beschrieben worden ist. Die dortige Einschätzung einer "50 % MdE als Dauer-MdE" ist ersichtlich an den Kriterien der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 56 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch) orientiert und kann zur Leistungsfähigkeit der Klägerin im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung, wo allein leichte körperliche Tätigkeiten maßgeblich sind, nichts aussagen. Auch der MRT-Befund von Dr. V. vom 5. Dezember 2006, der eine Instabilität im Funktionsverhalten des Kopf-Gelenkverbandes beschreibt, spricht sich lediglich für einen Zusammenhang der von der Klägerin beklagten Schmerzen mit dem Auffahrunfall aus, erklärt aber nicht, in welchem Umfang diese Schmerzen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit haben können. Warum das - nicht näher beschriebene - Funktionsdefizit eine "lebensbedrohliche Erkrankung" darstellen soll, ist nicht ansatzweise erkennbar. Ob die von dem Augenarzt Dr. K. im Arztbrief vom 12. Dezember 2006 beschriebene Möglichkeit der Störung im Gesichtsfeld mit deutlicher Verminderung der Schwellenwertempfindlichkeit bis hin zu Ausfällen bei kinetischen Belastungen im HWS-Be¬reich tatsächlich vorliegt, nachdem die Klägerin bei Dr. E. ein regelrechtes Sehvermögen angegeben hat, kann hier offen gelassen werden. Dr. K. hat hieraus lediglich die Erwartung von Störungen bei Schreibtischarbeit - ohne dies im Einzelnen auszuführen - sowie beim Führen eines Kraftfahrzeuges im dichteren Straßenverkehr gefolgert. Hierauf kann jedoch durch entsprechende qualitative Leistungseinschränkungen Rücksicht genommen werden.
Auch soweit Dr. S. in seinem Arztbrief vom 30. Oktober 2007 berichtet, bei der Klägerin sei seit Mitte September 2007 eine Verschlechterung, nämlich neue Symptomatik mit quälenden, vegetativen Beschwerden aufgetreten (tagelanges anhaltendes einseitiges Augentränen, gastrointestinale kolitisähnliche Schmerzen, teilweise mit Diarrhoen verbunden, tachycarde Herzbeschwerden, Sehstörungen usw. auch mit Gesichtsfeldausfällen, wechselhaft stark/schwache Tinnitusbeschwerden beidseits), führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Der Bericht macht nicht deutlich, wann und mit welchen Mitteln Dr. S. die Befunde erhoben hat. Soweit sie allein auf Angaben der Klägerin beruhen, kann dies eine kritische Objektivierung nicht ersetzen. Dr. S. äußert sich auch nicht, für welchen Zeitraum ein Anhalten der Beschwerden zu erwarten ist, ob diese therapeutischen Ansätzen zugänglich sind und wie sich diese auf eine etwaige Berufstätigkeit der Klägerin auswirken würden. Die Angaben von Dr. S. bewegen sich damit innerhalb des Rahmens seiner vorherigen, pauschalen Ausführungen und geben weder Anlass, eine plötzliche Verschlechterung anzunehmen, noch insoweit bei Dr. S. ergänzend nachzufragen. Hinsichtlich der vorgebrachten Gesichtsfeldausfälle ist auf die obigen Ausführungen zu den Äußerungen von Dr. K. zu verweisen.
Weiterer Ermittlungen, auch auf nervenärztlichem Fachgebiet bedarf es nicht. Die in den Attesten von Dr. S.-R. beschriebene schwere Depression hat sich in der gutachtlichen Untersuchung nicht bestätigen lassen. Es fehlt auch an weiteren Hinweisen hierauf, insbesondere einer entsprechenden intensiven Therapie, wie Dr. K. überzeugend dargelegt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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