Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 1365/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2295/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 5. Dezember 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen streitig, im vorliegenden Verfahren bezüglich des zwischenzeitlich verstorbenen A. S. (im Folgenden S.).
Die Klägerin betreibt ein Transportunternehmen "E. A. Transporte", welches die Belieferung von Apotheken mit Arzneimitteln zum Gegenstand hat. Sie hatte diesbezüglich Verträge mit der Firma S. Pharmahandel und der Firma A. Logistik GmbH (Auftraggeber). Bis zum 11.08.1997 setzte die Klägerin ausschließlich abhängig beschäftigte Fahrer ein. Danach wurden vier Fahrer (u.a. S.) als Subunternehmer eingesetzt. S. arbeitete nunmehr auf der Grundlage eines zum 12.08.1997 geschlossenen Frachtvertrages als Frachtführer für die Klägerin. Darin war u.a. geregelt: § 1 Aufgaben des Frachtführers (1) Der Frachtführer hat ein entsprechendes Transportgewerbe angemeldet, Kopie der Gewerbeanmeldung und Mitgliedsnachweis der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltung werden bei Vertragsschluss vorgelegt ... (2) Der Frachtführer übernimmt die Auslieferung von Sendungen an Kunden der Auftraggeber des Transportunternehmers (Klägerin) nach Maßgabe des als Anlage zu diesem Frachtvertrag beigefügten Leistungs- und Tourenverzeichnisses. Das Leistungs- und Tourenverzeichnis ist Vertragsbestandteil. (3) ... (4) Der Frachtführer stellt hierfür von Montag bis Samstag, in Ausnahmefällen auch an Sonn- und Feiertagen, die erforderlichen Fahrer und Fahrzeuge zur Verfügung. (5) Der Frachtführer hat für die zeitgerechte und ordnungsgemäße Abwicklung und Belieferung zu sorgen, die jeweiligen Empfangsstellen (Apotheken etc.) sind immer innerhalb der vorgegebenen Zeiten zu beliefern. (6) Aufteilungen einer Tour oder Errichten von Extratouren sind im gegenseitigen Einvernehmen zu vereinbaren. (7) Der Frachtführer oder seine Erfüllungsgehilfen bestätigen den Empfang der vollständigen und unbeschädigten Sendung und zeichnen dies auf der Ladeliste ab. Bei der Übernahme müssen fehlende Sendungseinheiten vom örtlichen Beauftragten des Auftraggebers des Transportunternehmers bestätigt werden. (8) Die Sendungen sind den Kunden (oder deren Beauftragten) der Auftraggeber des Transportunternehmers (Klägerin) persönlich auszuhändigen ... (9) Verzögerungen bei der Auslieferung sind der örtlichen Leitstelle des Auftraggebers des Transportunternehmers unverzüglich mitzuteilen und die Ursache hierfür nachzuweisen. (10) Neben der Auslieferung von Sendungen verpflichtet sich der Frachtführer, Leergut und Warenretouren anzunehmen und an den Auftraggeber zurückzuführen. Ist eine Retourenmitnahme aus wichtigem Grunde nicht möglich, muss die örtliche Leistelle des Auftraggebers des Transportunternehmers unverzüglich benachrichtigt werden. (11) Für den Fall, dass ein Fahrer des Frachtführers ausfällt oder eine Tour verspätet antritt, hat der Frachtführer für Ersatz durch sofortige Bereitstellung eines Ersatzfahrers und/oder Fahrzeugs Sorge zu tragen ...
§ 2 Personal/Subunternehmer (1) Der Einsatz von Subunternehmen ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Auftraggebers A. Logistik GmbH ... erlaubt. (2) ... (3) Der Frachtführer ist verpflichtet, seine Mitarbeiter/Subunternehmer auf die Einhaltung aller maßgeblichen Vorschriften (insbesondere BtMG, GüG, AMG, GGVS) zu verpflichten. Bei mangelhafter Eignung kann der Transportunternehmer den Austausch verlangen. Jeder Personalwechsel oder die Einschaltung anderer/weiterer Subunternehmer ist dem Transportunternehmer unverzüglich mitzuteilen. (4) + (5) ... (6) Es dürfen nur Fahrer/Subunternehmer eingesetzt werden, die dem Transportunternehmer gemeldet sind und für die Vorlage des polizeilichen Führungszeugnisses und eines Passfotos ein Dienstausweis ausgehändigt wurde. Dieser Ausweis ist während der gesamten Auftragserfüllung sichtbar zu tragen. (7) Der Transportunternehmer ist berechtigt, jederzeit Aufzeichnungen über Tourenverlauf, Zeiten, Abstellplätze etc. durch den Frachtführer erfassen zu lassen und zu prüfen. Entsprechende Formblätter stellt der Transportunternehmer zur Verfügung.
§ 3 Informationspflicht/Ansprechpartner (1) Der Frachtführer informiert den Transportunternehmer unverzüglich über Störungen, die eine vertragsgemäße Auftragserfüllung in Frage stellen. § 4 Fahrzeuge (1) Zur Erfüllung des Frachtauftrages sind nur technisch und optisch einwandfreie sowie saubere Fahrzeuge mit weißer Lackierung einzusetzen. (2) ...
§ 5 Werbeunterstützung Der Frachtführer verpflichtet sich, seine Fahrzeuge mit Beschriftungen des Transportunternehmers und/oder mit Beschriftungen des Auftraggebers zu versehen.
§ 6 Fahrtennachweis (1) Alle Fahrten sind durch den Frachtführer zu dokumentieren, insbesondere der jeweilige Fahrer in Listen bzw. Einsatzplänen (Ladeliste) o.ä. namentlich festzuhalten. (2) ...
§ 7 Vergütung (1) Der Frachtführer erhält für die im Auftrag des Transportunternehmers (Klägerin) erbrachten Leistungen eine monatlich, jeweils zum 4. des Folgemonats, zahlbare Vergütung durch Gutschrift, die in der Vertragsanlage "Tourenpauschale" vereinbart ist. Die zu vergütende Leistung gilt immer ab dem Sendungsübernahme/-umladung und zurück. Es erfolgt keine Vergütung der An- und Abfahrten zur Sendungsübernahme. (2) Die Tourenpauschalen werden mit dem Frachtführer abgestimmt und setzen sich zusammen aus der erbrachten Kilometerleistung, oder dem erbrachten Zeitaufwand. Wartezeiten bei der Sendungsübernahme/Umladung werden nicht gesondert vergütet. (3) Der Transportunternehmer Firma H. (Klägerin) und sein Auftraggeber A. Logistik GmbH sind berechtigt, jederzeit Touren bei Bedarf zu verändern. (4) Die Vergütung erfolgt nur für erbrachte Leistung ... (5) Eine Vergütung für die ausgefallenen Touren und Arbeitszeiten wird nicht gewährt. (6) Die vereinbarten Preise beruhen auf dem derzeitigen Stand von Personal- und Sachkosten ...
§ 8 Ausschließlichkeit (1) Beiladungen jeglicher Art auf sämtlichen Touren des Transportunternehmers sind untersagt, es darf sich z.B. keine fremde Handelsware im Fahrzeug befinden. (2) Der Frachtführer verpflichtet sich, während der Dauer dieses Vertrages weder unmittelbar oder mittelbar als Frachtführer oder Spediteur für ein Unternehmern tätig zu sein, das im Transportbereich betreffend den Pharmagroßhandel im Wettbewerb zum Transportunternehmer steht.
§ 9 Schlüssel (1) Zur Belieferung der Kunden der Auftraggeber des Transportunternehmers Firma H. außerhalb der Geschäftszeiten wird sich der Frachtführer mit den Verschlusseinrichtungen der einzelnen Anlieferstellen vertraut machen. Die hierfür erforderliche Schlüsselsammlung hat der Frachtführer sorgfältig und vor unberechtigten Zugriffen geschützt zu verwahren und auf Anforderung der Gebietsleitung des Transportunternehmers bereitzuhalten. Jeder Verlust ist der Firma H. sofort vorab telefonisch und schriftlich mitzuteilen. Die Kosten für ein neues Schloss bzw. eine neue Schließanlage hat der Frachtführer in voller Höhe zu ersetzen ...
§ 10 Haftung (1) Der Frachtführer haftet: a) für alle unmittelbaren Schäden und Verluste durch Transportunfälle oder Betriebsunfälle, es sei denn, der Frachtführer weist nach, dass weder ihn noch einen von ihm beauftragten Dritten ein Verschulden trifft ... b) ... c) Der Frachtführer ist verpflichtet, sich gegen die in den Buchstaben a) und b) genannten Risiken mittels Transportversicherung nicht unter 100 TdM/Schadensfall bzw. mittels Betriebshaftpflichtversicherung zu versichern. (2) (3) ... (4) Der Frachtführer haftet für seine Mitarbeiter und für andere Personen, denen er sich bei der Ausführung der von ihm übernommenen Beförderung bedient.
§ 11 Versicherung (1) Der Frachtführer weist der Firma H. nach, dass er gegen die in § 10 Abs. 1 a und b ausgeführten Schäden umfassend versichert ist. Für jedes eingesetzte Fahrzeug ist der Nachweis der Transportversicherung permanent vorzulegen.
§ 12 Vertragsdauer/Kündigung (1) Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden. (2) Der Frachtvertrag kann jederzeit im ganzen oder hinsichtlich einzelner Touren aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Als wichtiger Grund gelten u.a. trotz schriftlicher Abmahnung auftretende Leistungsmängel bzw. Vertragsverletzungen. (3) ...
§ 13 Schriftform Jede Änderung dieses Vertrages bedarf der Schriftform. Mündliche Nebenabreden bestehen nicht.
§ 14 Gerichtsstand Erfüllungsort und Gerichtstand ist der Sitz der Firma H ...
In den Jahren 1998 und 1999 führte die Beklagte Betriebsprüfungen durch (Prüfzeitraum vom 01.01.1995 bis 28.02.1999). Nach Anhörung der Klägerin forderte die Beklagte mit Bescheid vom 20.12.1999 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 130.627,99 DM (66.789,03 EUR) nach. Hiervon entfielen auf S. 59.352,59 DM (30.346,49 EUR) für die Zeit vom 12.08.1997 bis 28.02.1999. Zur Begründung führte die Beklagte u.a. aus, die zu berurteilenden Fahrer seien in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Dies zeige sich u.a. darin, dass die Fahrer aufgrund der fest vorgegebenen Tourenpläne immer zum selben Zeitpunkt auf dem Betriebsgelände der Firma S. erscheinen müssten und die Belieferung der Apotheken immer zu fest vorgegebenen Zeiten zu erfolgen habe. Die eingesetzten Fahrer unterlägen somit einer geregelten Arbeitszeit und Einsatzbereitschaft. Sie hätten keine Möglichkeit (gehabt), Einfluss auf die Arbeitszeit, den Arbeitsort und die Art und Weise der auszuübenden Tätigkeit zu nehmen. Auch die gravierende unternehmerische Einschränkung hinsichtlich der Personalauswahl und der Gestellung einer Ersatzkraft spreche eindeutig für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Gegenüber den Kunden (Apotheken) trete nur die Klägerin als Anbieterin der Leistungen auf. Die Fahrer seien während der Arbeitsausführung verpflichtet (gewesen), den Dienstausweis mit Lichtbild zu tragen. Der Schriftzug auf den Fahrzeugen laute: "E. A. Firma H. im Auftrag der A. Logistik". Die Fahrer seien verpflichtet gewesen, diese Werbeaufschrift, die nicht zusätzlich vergütet worden sei, am Fahrzeug anzubringen. Dies spreche für die Unternehmereigenschaft allein der Klägerin. Arbeitnehmertypisch hätten die Fahrer ihre Arbeitskraft der Klägerin zur Verfügung gestellt und fremdbestimmt gearbeitet. Die rechtlichen Beziehungen der einzelnen Fahrer seien als Dienstvertrag und nicht als Werkvertrag zu qualifizieren. Die zu beurteilenden Fahrer seien hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und der Art und Weise der Durchführung der zu verrichtenden Tätigkeit wie auch in der Rechnungsstellung und der weiteren Abwicklungen an die Weisungen der Klägerin gebunden und in die Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Bei dem Personenkreis der Kurier-, Express-, und Paketdienstfahrer könne eine selbständige Tätigkeit nicht allein am Merkmal eines eigenen Fahrzeugs festgemacht werden, weil der wirtschaftliche Aufwand für den Erwerb eines solchen Fahrzeugs nicht so hoch sei, dass ein mit einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko verbundener Aufwand begründet werden könne. Die Dokumentation der einzelnen Fahrten durch die Fahrer sei als Arbeitszeitnachweis zu werten und habe nichts mit der Kontrolle der Ladung zu tun. Die Klägerin habe für die Belieferung der Apotheken neben den zu beurteilenden Fahrern auch eigene versicherungspflichtig Beschäftigte eingesetzt. Nach den tatsächlichen Verhältnissen sowie nach den vertraglichen Bedingungen sei eine Unterscheidung zwischen den abhängig beschäftigten Fahrern und den "selbständig" tätigen Fahrern hinsichtlich Eingliederung in den Betrieb, geschuldete Arbeitskraft gegenüber einem Auftraggeber/dem Arbeitgeber, Bestimmung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes und der Art und Weise der Arbeitsausführung nicht möglich. Die Vergütung sei im Leistungs- und Tourenverzeichnis geregelt. Insoweit hätten zwei von fünf Fahrern angegeben, dass sie keinen Einfluss auf die Preisgestaltung gehabt hätten. Die Vorlage des Gewerbescheins habe auf die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, auf die es allein ankomme, keinen Einfluss. Die Fahrer hätten neben dem Verdienst aus der Tätigkeit für die Klägerin über keine anderweitigen Einkünfte verfügt. Die Einkünfte aus dieser Tätigkeit hätten die alleinige Existenzgrundlage dargestellt. Vier der fünf Fahrer hätten im Rahmen der Befragung angegeben, dass sie während der für die Firma H. ausgeübten Beschäftigung für keine weiteren Auftraggeber tätig gewesen seien. Die Fahrer hätten auch insoweit einer erheblichen Einschränkung der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit unterlegen, als es ihnen nicht gestattet gewesen sei, während den Touren für die Klägerin fremde Ware im Fahrzeug zu befördern. Eine Abhängigkeit der Fahrer gegenüber der Klägerin ergebe sich auch aus der Tatsache, dass die überwiegende Anzahl der befragten Fahrer angeben habe, Aufträge der Klägerin überhaupt nicht oder nur in besonders zu begründenden Einzelfällen ablehnen zu können. Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spreche weiter das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte und einer eigenen Betriebsorganisation und dass die überwiegende Anzahl der befragten Fahrer nicht unternehmerisch am Markt aufgetreten seien. Die Fahrer seien vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin gewesen. In diesem Beschäftigungsverhältnis sei von den zu beurteilenden Fahrern dieselbe Tätigkeit ausgeübt worden. Es habe sich bei den Fahrern keine Änderung ergeben. Bei einer Gesamtwürdigung aller vorliegenden Kriterien sei deshalb die Eingliederung in die betriebliche Organisation und das Weisungsrecht durch die Klägerin gegeben. Somit bestehe Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung. Die Beiträge zur Sozialversicherung seien nach den vom Auftraggeber erstellten Gutschriften erstellt worden. Für den Zeitraum ab 01.01.1999 sei die Bezugsgröße in Höhe von monatlich 4.410,- DM zugrunde gelegt worden. Hinsichtlich des zugrunde gelegten Arbeitsentgelts, der Berechnung der Beiträge und der genauen Zusammensetzung der Forderung wird auf die Anlagen Berechnung der Beiträge und Nachweise der Beiträge zu dem Bescheid verwiesen.
Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs verwies die Klägerin auf ihre Ausführungen zur Anhörung, wonach die Kriterien der Selbständigkeit die der Arbeitnehmerschaft überwögen, zumindest aber die Indizien, die für und gegen die Selbständigkeit sprächen, sich die Waage hielten. Für den letztgenannten Fall gebe dann nach ständiger Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts, Bundesgerichtshofs (BGH) und Bundessozialgerichts (BSG) der Parteiwille und damit der vorliegende Frachtvertrag, der eindeutig, da erfolgsbezogen, dem Werkvertragsrecht zuzurechnen sei, den Ausschlag für die Selbständigkeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2000 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück: Zwar setzten die Fahrer ihre eigenen Fahrzeuge ein, was für eine selbständige Tätigkeit sprechen könnte, andererseits würden sie durch den Vertrag gezwungen, sich ein weiß lackiertes Fahrzeug zu beschaffen. Normalerweise bleibe es einem selbständigen Unternehmer überlassen, die Farbe seines Fahrzeuges selbst auszusuchen. Die Vergütung durch "Gutschrift", an der der Auftraggeber dann noch ggfs. Leasingraten für ein zur Verfügung gestelltes Fahrzeug und Schadensforderungen absetze, seien gegenüber einem selbständigen Unternehmer nicht üblich und würden so auch nicht akzeptiert. Viele Vertragsformeln in dem sogenannten "Frachtvertrag" wiesen den "Frachtführer" als bloße Hilfsperson der Klägerin aus. So hätten sich die Fahrer einem umfangreichen Vertragswerk unterwerfen müssen, ohne dabei - anders als ein selbständiger Anbieter von Dienstleistungen im allgemeinen, an die Öffentlichkeit gerichteten Wirtschaftsverkehr - zumindest einen gewissen eigenen Gestaltungsspielraum zu besitzen. Sie seien damit in einer ähnlichen Lage wie Arbeitnehmer, denen oftmals nur die Wahl bleibe, einen ihnen vom Arbeitgeber vorgelegten, einheitlich für die Mitarbeiter seines Betriebes ausgearbeiteten bzw. nach dessen wirtschaftlichem Interesse kalkulierten Formularvertrag zu unterzeichnen oder nicht. Die persönliche Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit der Fahrer dokumentiere sich deutlich in ihrer Stellung gegenüber außen stehenden Dritten, insbesondere in ihrem Auftreten als Repräsentant der Klägerin.
Deswegen erhob die Klägerin am 07.06.2000 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) mit der Begründung, bei den von ihr beschäftigten Fahrern handle es sich nicht um Scheinselbständige im Sinne des § 7 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Die Apotheken müssten, teilweise mehrfach am Tag, mit Arzneimitteln beliefert werden. Insoweit seien Tourenpläne notwendig, ohne dass diese zu einer jede unternehmerische Tätigkeit einschränkenden Einbindung und Weisungsunterworfenheit der einzelnen Fahrer unter die Klägerin führten. Die bereits vorliegenden schriftlichen Frachtverträge seien nach der Rechtsprechung zwar lediglich Indizien für den Parteiwillen, letztlich komme es jedoch auf die tatsächliche Durchführung des Vertrages an. Hier spreche bereits der Frachtvertrag bzw. Subunternehmervertrag für die Selbständigkeit. Dass der Einsatz von weiteren Subunternehmern nur mit Genehmigung des Auftraggebers möglich sei, stehe der Selbständigkeit nicht entgegen, zumal es um einen hochsensiblen Bereich, nämlich die Belieferung mit Arzneimitteln, teilweise Betäubungsmitteln nach dem BtMG, gehe. Dies gelte auch für das Verlangen nach einem polizeilichen Führungszeugnis wie auch dem Führen von Dienstausweisen mit Lichtbild. Die Qualifizierung der rechtlichen Beziehungen der einzelnen Fahrer als Dienstverträge sei unzutreffend, es liege hier ein Werksvertrag vor. Die Fahrer seien nicht nur verpflichtet, sich zu bemühen, die Arzneimittel auszufahren, sondern sie schuldeten den Erfolg, nämlich die rechtzeitige und vollständige Auslieferung der Arzneimittel an die Apotheken. Dafür spreche auch die Möglichkeit der Ersatzvornahme und dass die Fahrer nur für tatsächlich erbrachte Leistungen bezahlt würden. Die Informationsverpflichtungen der Fahrer seien systemimmanent. Als wesentliches Merkmal für die Selbständigkeit der Fahrer spreche das Eigentum an den von Ihnen gefahrenen Pkws. Dass diese in weißer Lackierung sein müssten, sei zwar im Vertrag so vereinbart, in der Praxis jedoch teilweise anders. Dass bei den Touren in einem relativ straffen, logistischen System zu bestimmten Zeitpunkten Waren abgeholt und dann auf einem vorgeschriebenen Routenplan an Kunden (hier Apotheken) verteilt würden, spreche nicht gegen die Selbständigkeit der Fahrer. Diese Organisation sei systemimmanent. Das gleiche gelte bezüglich der Dokumentationspflicht der Fahrer. Diese diene wiederum systemimmanent lediglich dazu, die Anzahl der beförderten, sogenannten "Wannen", in denen sich die Arzneimittel befänden, besser überblicken zu können und zu gewährleisten, dass die einzelnen Ladungen an die einzelnen Apotheken vollständig seien. Keinesfalls liege darin eine Überwachung der Fahrer. Es liege auch keine Gleichstellung mit angestellten Fahrern der Klägerin vor. Der gleichbleibende monatliche Verdienst resultiere allein aus der Tatsache, dass die einzelnen Fahrer vorbestimmte Touren bedienten und auf diesen nur die tatsächlichen Leistungen in Rechnung gestellt würden und damit nur relativ geringfügig Schwankungen anfielen. Die fraglichen Fahrer hätten auch ein eigenes Gewerbe angemeldet und darüber hinaus die Möglichkeit zur Ausübung einer anderen Tätigkeit. Dass keine fremde Ware im Fahrzeug befördert werden könne, liege in der Beförderung von Arznei- und Betäubungsmitteln begründet. Ein weiterer Unterschied zwischen den Angestellten und den von der Beklagten genannten Fahrern liege auch darin, dass es letzteren gestattet sei, ihre Person zur Erbringung der Leistung auszutauschen. Alles in allem überwögen hier die Kriterien der Selbständigkeit denen der Arbeitnehmerschaft. Selbst wenn sich die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Indizien die Waage hielten, gebe dann eindeutig der Parteiwille den Ausschlag und damit der vorliegende Frachtvertrag. Die Klägerin legte die Beschlüsse des BGH vom 04.11.1998 - VIII ZB 12/98 - und vom 21.10.1998 - VIII ZB 54/97 - vor.
Das SG trennte durch Beschluss vom 23.09.2002 die Verfahren, soweit sie Beiträge wegen drei weiterer Fahrer der Klägerin betrafen, ab, so dass das Ausgangsverfahren nur noch Beiträge wegen S. traf.
Mit Beschluss vom 13.11.2003 lud das SG S. die A. Baden-Württemberg und die B. f. A. (jetzt B. f. A.) zum Verfahren bei.
Mit Urteil vom 05.12.2003, der Beklagten zugestellt am 12.05.2004, hob das SG den Bescheid vom 20.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2000 hinsichtlich der Beitragsforderung für S. auf. In den Entscheidungsgründen führte das SG im wesentlichen aus, eine abhängige und damit die Versicherungspflicht zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung auslösende Beschäftigung des S. habe im streitigen Zeitraum nicht bestanden. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei S. nicht als Scheinselbständiger und damit als abhängig Beschäftigter, sondern als Selbständiger zu sehen. Für Scheinselbständigkeit sprächen insbesondere das Auftreten nach außen als Repräsentant der Klägerin, das Verfolgen vorgegebener Tourenpläne, keine eigene Kundenakquisition, kein Tätigwerden für andere Auftraggeber, der Einsatz von Subunternehmern nur mit schriftlicher Genehmigung des Auftraggebers, auch wenn dies durch den Arzneimitteltransport vorgegeben gewesen sein möge. Besonderes Gewicht habe das Gericht jedoch den gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkten zugemessen. Wesentliche Bedeutung komme vor allem dem Umstand zu, dass S. ebenso wie die anderen Fahrer ein erhebliches unternehmerisches Risiko zu tragen gehabt habe. Dieses habe in dem Verdienstausfall bei Krankheit und während des Urlaubes bestanden. Auch der Umstand, dass die Lieferfahrzeuge im Eigentum der jeweiligen Fahrer gestanden oder von diesen gemietet worden seien, einhergehend mit dem Unterhalt der Fahrzeuge und deren Wartung, spreche für ein erhebliches unternehmerisches Risiko. Schließlich sei von Bedeutung, dass eine Einkommensgarantie nicht bestanden habe, denn bei Auftragsmangel sei eine Absicherung nicht vorgesehen. Diesen Kriterien habe das Gericht eine höhere Bedeutung zugemessen.
Hiergegen richtet sich die am 14.06.2004 (Montag) eingelegte Berufung der Beklagten. Zur Begründung trägt die Beklagte im wesentlichen vor, die Entscheidung des SG stehe im Gegensatz zu den Ausführungen im gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände vom 20.12.1999 - hier: Berufsgruppenkatalog (Anlage 4). Danach könne eine selbständige Tätigkeit nicht allein an dem Merkmal eines eigenen Fahrzeuges festgemacht werden. Entscheidend sei, ob der Einsatz eines eigenen Fahrzeuges dem Eigentümer die Möglichkeit eröffne, seine Tätigkeit im wesentlichen frei zu gestalten. Dies sei vorliegend gerade nicht der Fall gewesen, da der Fahrer vorgegebene Tourenpläne zu beachten gehabt habe. Die Zuweisung von Risiken allein mache einen abhängig Beschäftigten noch nicht zu einem Selbständigen. Die Tätigkeit des selbständigen Fahrers habe sich nicht wesentlich von der Tätigkeit der fest angestellten Fahrer unterschieden. Aufgrund der zeitlichen und örtlichen Zielvorgaben sei der Fahrer in die Betriebsstruktur der Klägerin integriert gewesen. Der Fahrer habe sich auch keinen äußerlich erfassbaren Betrieb aufgebaut. Er habe nicht für ein Gewerbe geworben, er habe auch keinen eigenen Mitarbeiter beschäftigt, noch sei er als Unternehmer aufgetreten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 05.12.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend. Das gemeinsame Rundschreiben der Spitzenverbände stelle nur allgemeine Regelungen und Indizien auf. Es gebe keine Wertigkeit der einzelnen Merkmale, die eine Scheinselbständigkeit von einer Arbeitnehmerstellung abgrenzten. Entscheidend sei im jeweiligen Einzelfall, ob unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten eine Scheinselbständigkeit vorliege oder - wie hier - nicht. Das Eigentum wie auch die Verfügungsgewalt über Produktionsmittel sei ein klassisches Indiz für das Vorliegen einer unternehmerischen Stellung und spreche gerade gegen eine Arbeitnehmereigenschaft. Die Fahrer hätten auch mangels Verdienstabsicherung einen Verdienstausfall hinnehmen müssen. Allein die festen Tourenpläne und die Bindung hieran begründeten noch nicht ein Kriterium der Scheinselbständigkeit. Die Fahrer hätten auch eigene Gewerbe angemeldet gehabt und es sei ihnen darüber hinaus auch gestattet gewesen, die Möglichkeit zur Ausübung einer anderen Tätigkeit aufzunehmen. Nach dem Tageseinsatz bei der Klägerin hätten sie durchaus ihr Fahrzeug gewinnbringend anderweitig einsetzen können. Es sei auch der Einsatz von Subunternehmern gestattet gewesen.
Im von der Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermin ist die Klägerin gehört worden. Auf die Niederschrift vom 19.04.2007 wird verwiesen.
Mit Beschluss vom 13.09.2007 ist die Beiladung des (verstorbenen) S. aufgehoben worden, da ein Rechtsnachfolger nicht ermittelt werden konnte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die Beitragsforderung bezüglich S. die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR überschreitet. Die Berufung ist auch begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 20.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2000 ist rechtmäßig. In Übereinstimmung mit der Beklagten steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass S. in dem hier streitigen Zeitraum vom 12.08.1997 bis 28.02.1999 als abhängig Beschäftigter in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungs- und beitragspflichtig war und deswegen die für die Betriebsprüfung und für die sich anlässlich dieser ergebenden Beitragsforderung feststellungsberechtigte Beklagte (§ 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV -) zu Recht Gesamtsozialversicherungsbeiträge für S. für den hier maßgeblichen Zeitraum erhoben hat.
Zunächst hat der Senat vorliegend von einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG wegen verspäteter Urteilsabsetzung (Überschreitung der 5-Monatsfrist gemäß § 134 Abs. 2 Satz 1 SGG) im Rahmen seiner Ermessensausübung abgesehen und in der Sache selbst entschieden.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen auch in den Jahren 1997 bis Februar 1999 in der Kranken-, der Pflege-, der Renten- und der Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- und Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V -; § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch - SGB XI -; § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI - und § 168 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes bis 31.12.1997 bzw. § 25 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - SGB III - ab 01.01.1998). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV und zwar auch unter Geltung der Vermutungsregelung des § 7 Abs. 4 SGB IV ab 01.01.1999.
Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in dem Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (BSG, Urteil vom 22.06.2005 - B 12 KR 28/03 R; BSGE 45, 199, 200 ff. = SozR 2200 § 1227 Nr. 8; BSG, Urteil vom 04.06.1998 - B 12 KR 5/97 R - SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 13 S. 31 f.; BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 20 S. 78; BSG, Urteil vom 12.02.2004 - B 12 KR 26/02 R -).
Ausgehend hiervon war bei einer Gesamtwürdigung der Ausgestaltung der Beziehungen zwischen der Klägerin und S. die Beschäftigung des S. als abhängige Tätigkeit einzustufen, da mehr Tatsachen für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als für eine selbständige Tätigkeit sprechen.
Insoweit fällt zunächst ins Gewicht, dass S. keine Güterverkehrserlaubnis besaß und eine Tätigkeit ausgeführt hat, die üblicherweise von Arbeitnehmern verrichtet wird. Dabei kann auch das Zustandekommen der "selbständigen Erwerbsform" und die Frage, ob die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit auf einem freien Entschluss des Erwerbstätigen beruht oder ihm diese Erwerbsform "aufgedrängt" wurde, nicht außer Acht gelassen werden, denn S. war vor dem Beginn des Frachtvertrages zum 12.08.1997 mit gleicher Tätigkeit bei der Klägerin abhängig beschäftigt. Nach den Angaben der Klägerin im Erörterungstermin war Hintergrund für den Abschluss der Frachtverträge eine Vielzahl von Unfällen der Fahrer mit den Firmenfahrzeugen und existenzielle Schwierigkeiten des Betriebes. Irgendwelche sachlichen Gründe, die sich aus der Natur der Sache ergeben haben, sind für die Übertragung der Arbeit auf sog. selbständige Frachtführer nicht erkennbar. Dafür waren vielmehr allein Kostengründe maßgebend.
Der Aufgabenbereich der früher abhängig beschäftigten Fahrer und damit auch des S. unterschied sich nicht von dem der - weiterhin - abhängig beschäftigten Kraftfahrer. Sie hatten Kunden des Auftraggebers der Klägerin (Apotheken) nach festen Tourenplänen zu beliefern. Aufgrund dieser festen Tourenpläne, die Vertragsbestandteil des Frachtvertrages waren, stand von vornherein der monatliche Verdienst des Fahrers fest. Ausweislich des Frachtvertrages war S. auch in den Betriebsablauf der Klägerin eingegliedert und hat für sie fremdbestimmte weisungsgebundene Arbeit geleistet. Die Tourenpläne legten fest, wann S. auf dem Gelände der Auftraggeber der Klägerin erscheinen musste und wann und in welcher Reihenfolge die Belieferung der Apotheken zu erfolgen hatte. S. wie auch die weiteren als Frachtführer eingesetzten Fahrer hatte somit keine Möglichkeit, Einfluss auf die Arbeitszeit, den Arbeitsort und die Art und Weise der auszuübenden Tätigkeit zu nehmen. Die jeweiligen Empfangsstellen waren innerhalb der vorgegebenen Zeiten zu beliefern (§ 1 Ziffer 5 des Vertrages). S. musste den Empfang der vollständigen und unbeschädigten Sendung bestätigen und dies auf der Ladeliste abzeichnen. Es bestand ferner die Verpflichtung, neben der Auslieferung Leergut und Warenretouren anzunehmen und an den Auftraggeber der Klägerin zurückzuführen (§ 1 Ziffer 10 des Vertrages). Dies spricht ebenso wie die Verpflichtung des S., alle Fahrten zu dokumentieren und den jeweiligen Fahrer in Listen bzw. Einsatzplänen (Ladelisten) namentlich festzuhalten, gegen eine selbständige Tätigkeit. Das Gleiche gilt bezüglich der Ausschließlichkeit, dass nämlich Beiladungen jeglicher Art auf sämtlichen Touren der Klägerin untersagt waren und sich z. B. keine fremde Handelsware im Fahrzeug befinden durfte.
Wie im Frachtvertrag vereinbart, übernahm S. keine Fahrten für ein anderes im Wettbewerb zur Klägerin stehendes Unternehmen. Obwohl vertraglich nicht ausgeschlossen, führte S. ausweislich seiner Angaben gegenüber der Beklagten vom 04.02.1999 auch keine Fahrten für sonstige Arbeitgeber durch. Hierfür stand während der Touren wegen des engen Zeitrahmens auch keine Zeit zur Verfügung. S. beschäftigte in der hier fraglichen Zeit keine Mitarbeiter. Der Einsatz von Mitarbeitern bzw. Subunternehmern hätte im übrigen der schriftlichen Genehmigung des Auftraggebers der Klägerin bedurft. Es durften nur Fahrer/Subunternehmer eingesetzt werden, die der Klägerin gemeldet wurden, wobei die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses erforderlich war und ein Dienstausweis ausgehändigt wurde, der während der gesamten Auftragserfüllung sichtbar zu tragen war (§ 2 Ziffer 6 des Vertrages). Die Klägerin war berechtigt, Fahrer/Subunternehmer abzulehnen (§ 2 Ziffer 7 des Vertrages).
Gegen eine selbständige Tätigkeit spricht ferner die Verpflichtung von S., sein Fahrzeug mit Beschriftungen der Klägerin und/oder mit Beschriftungen der Auftraggeberin der Klägerin zu versehen. Gegenüber den Kunden trat mithin nur die Klägerin bzw. Auftraggeberin als Anbieterin der Leistungen auf. Auch in dem mitzuführenden Dienstausweis war die Klägerin genannt im Auftrag der A. Logistik.
Schließlich wurden auch die monatlichen Abrechnungen bzw. Gutschriften von der Klägerin erstellt, was im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit unüblich ist. Das jeweils zum 4. des Folgemonats zahlbare Entgelt basierte auf vereinbarter "Tourenpauschale", welche sich aus der erbrachten Kilometerleistung oder dem erbrachten Zeitaufwand zusammensetzte. S. trug mithin auch nicht das Risiko, aus dem Einsatz seiner Arbeitskraft keinen Gewinn zu erzielen. Vielmehr stand die monatliche Vergütung aufgrund der festen Tourenpläne fest. Nur die Klägerin und ihr Auftraggeber waren berechtigt, Touren bei Bedarf zu verändern. Die Eingliederung in den Betrieb der Klägerin kommt weiter darin zum Ausdruck, dass sie beispielsweise gegenüber einem mit S. vergleichbaren Fahrer (Beigeladener Ziffer 1 in dem Verfahren L 11 KR 2409/04) disziplinarische Befugnisse für sich in Anspruch nahm, indem sie bei weiteren Reklamationen die fristlose Kündigung der betreffenden Touren ankündigte. Zwar dürfte es bei selbständigen Frachtführern durchaus zutreffen, dass diese bei Nichteinhaltung von vertraglichen Verpflichtungen keine neuen Aufträge mehr erhalten, nicht üblich ist aber bei einem echten selbständigen Unternehmer, dass der Vertrag mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende bzw. fristlos aus wichtigem Grund nach schriftlicher Abmahnung gekündigt werden kann (§ 12 des Vertrages).
Demgegenüber sind die Gesichtspunkte, die für eine Selbständigkeit von S. sprechen, nur von untergeordneter Bedeutung. Der Umstand, dass S. die Belieferung der Apotheken nicht mit einem Fahrzeug der Klägerin, sondern mit einem geleasten Fahrzeug durchgeführt hat, ist zwar ein Indiz für Selbständigkeit, da für ein Arbeitsverhältnis typisch ist, dass dem Arbeitnehmer Arbeitsmittel und Materialien vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden. Andererseits ist auch bei Arbeitnehmern die Verwendung von eigenen Werkzeugen nicht unüblich, ebenso die Benutzung von eigenen Kraftfahrzeugen. Selbst wenn dieser Umstand als Indiz für eine Selbständigkeit gewertet wird, ist zu beachten, dass sich die Klägerin auch insoweit Gestaltungs- und Kontrollrechte vorbehalten hat bezüglich des äußeren Erscheinungsbildes des Fahrzeuges. So waren u.a. nur saubere Fahrzeuge mit weißer Lackierung einzusetzen und zur Werbeunterstützung der Klägerin das Fahrzeug mit Beschriftungen der Klägerin und/oder des Auftraggebers zu versehen. Damit hatte sich die Klägerin die Möglichkeit geschaffen, die ihr formal nicht gehörenden Fahrzeuge gleichwohl für die Zwecke ihres Unternehmens nutzbar zu machen. Darüber hinaus unterstand S. auch bei der Beladung der Fahrzeuge einengenden Auflagen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22.06.2005 - B 12 KR 28/03 R -).
Die Haftung für Verschulden bei fehlerhafter Ausführung einer übertragenen Tätigkeit kann nicht als Unternehmerrisiko gewertet werden, denn eine solche Haftung kann ihre Grundlage und Grenze auch in dem einem Beschäftigungsverhältnis zugrundeliegenden Arbeitsverhältnis haben (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 7 SGB IV Rdnr. 61).
Dass S. ein Gewerbe angemeldet hat, ist nicht aussagekräftig, da eine Überprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung nicht stattfindet. Das gilt auch für die Abführung der Mehrwertsteuer.
Ebenfalls kein entscheidendes Kriterium für eine selbständige Tätigkeit des S. ist, dass er nach außen auf dem Markt als Unternehmer von Klein- und Alltransporten auftrat (Briefkopf), denn tatsächlich ist S. für keinen anderen Auftraggeber tätig geworden. Aufgrund des engen Zeitplans der vorgegebenen Touren waren Transporte des S. für andere Auftraggeber in relevantem Umfang ausgeschlossen. Allein die Möglichkeit, nach dem Ende eines vollen Tageseinsatzes noch selbständig tätig zu sein, steht im übrigen auch Arbeitnehmern offen. Wenn - wie hier - eine Tätigkeit für einen Auftraggeber regelmäßig vollschichtig oder annähernd vollschichtig ausgeübt wird, sind nur die Umstände dieser Tätigkeit maßgebend für die Beurteilung, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit handelt (vgl. BSG vom 13.07.2005 a.a.O).
Der Einwand der Klägerin, dass die festen Tourenpläne und auch das Verbot des Transports fremder Ware systemimmanent seien, greift nicht durch. Maßgeblich ist die Wirkung der festen Tourenpläne und des Verbots. Diese ging jedenfalls dahin, dass die Übernahme der Beförderung für andere Auftraggeber unzulässig war und damit eine denkbare Übernahme von Transporten für andere Auftraggeber ausschied.
Für die Selbständigkeit spricht auch nicht die Möglichkeit, andere Fahrer zu beschäftigen. Unabhängig davon, dass S. keine Mitarbeiter beschäftigt hat, steht die Befugnis, Arbeiten an andere Personen zu delegieren, nicht zwingend der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses entgegen; es gibt Beschäftigungsverhältnisse, bei denen es nicht unbedingt auf die persönliche Arbeitsleistung ankommt, sondern eine Vertretung für Familienangehörige oder Dritte möglich und üblich ist (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar a.a.O. Rdnr. 69; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht vom 20.11.2001 - L 1 KR 42/01 -). Dies gilt namentlich dann, wenn die Bestellung einer Ersatzkraft allgemein üblich ist (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 23.02.1994 - L 9 KR 63/92 -). Da es vorliegend auf eine höchstpersönliche Ausführung der Warenauslieferung offensichtlich nicht ankam, kann auch aus einem Recht der Fahrer, einen Vertreter zu stellen, nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden.
Schließlich kann auch das Fehlen eines vertraglichen Urlaubsanspruchs und eines vertraglichen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nicht als Indiz für ein Unternehmerrisiko gewertet werden. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine Subunternehmertätigkeit wollten. Letztlich ist dies nicht entscheidend, vielmehr ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen maßgebend. Solche Vereinbarungen sind im übrigen eher typisch bei Scheinselbständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 20.09.2005 - L 11 R 630/05 -).
Soweit sich die Klägerin auf BGH-Entscheidungen beruft, ist darauf hinzuweisen, dass im Sozialrecht die insoweit geltenden gesetzlichen Regelungen, Grundsätze und die Rechtsprechung des BSG ausschlaggebend sind.
Einwendungen gegen die Höhe der Nachforderung hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Fehler der Beklagten bei der Berechnung der Beiträge sind auch für den Senat nicht ersichtlich.
Auf die Berufung der Beklagten war deshalb die Entscheidung des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gerichtskosten fallen nicht an gemäß § 183 SGG a.F., weil das Klageverfahren vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden ist (vgl. § 197 a SGG i. V. m. Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Sechstes SGG-Änderungsgesetz vom 17. August 2001 - BGBl I Seite 2144).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen streitig, im vorliegenden Verfahren bezüglich des zwischenzeitlich verstorbenen A. S. (im Folgenden S.).
Die Klägerin betreibt ein Transportunternehmen "E. A. Transporte", welches die Belieferung von Apotheken mit Arzneimitteln zum Gegenstand hat. Sie hatte diesbezüglich Verträge mit der Firma S. Pharmahandel und der Firma A. Logistik GmbH (Auftraggeber). Bis zum 11.08.1997 setzte die Klägerin ausschließlich abhängig beschäftigte Fahrer ein. Danach wurden vier Fahrer (u.a. S.) als Subunternehmer eingesetzt. S. arbeitete nunmehr auf der Grundlage eines zum 12.08.1997 geschlossenen Frachtvertrages als Frachtführer für die Klägerin. Darin war u.a. geregelt: § 1 Aufgaben des Frachtführers (1) Der Frachtführer hat ein entsprechendes Transportgewerbe angemeldet, Kopie der Gewerbeanmeldung und Mitgliedsnachweis der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltung werden bei Vertragsschluss vorgelegt ... (2) Der Frachtführer übernimmt die Auslieferung von Sendungen an Kunden der Auftraggeber des Transportunternehmers (Klägerin) nach Maßgabe des als Anlage zu diesem Frachtvertrag beigefügten Leistungs- und Tourenverzeichnisses. Das Leistungs- und Tourenverzeichnis ist Vertragsbestandteil. (3) ... (4) Der Frachtführer stellt hierfür von Montag bis Samstag, in Ausnahmefällen auch an Sonn- und Feiertagen, die erforderlichen Fahrer und Fahrzeuge zur Verfügung. (5) Der Frachtführer hat für die zeitgerechte und ordnungsgemäße Abwicklung und Belieferung zu sorgen, die jeweiligen Empfangsstellen (Apotheken etc.) sind immer innerhalb der vorgegebenen Zeiten zu beliefern. (6) Aufteilungen einer Tour oder Errichten von Extratouren sind im gegenseitigen Einvernehmen zu vereinbaren. (7) Der Frachtführer oder seine Erfüllungsgehilfen bestätigen den Empfang der vollständigen und unbeschädigten Sendung und zeichnen dies auf der Ladeliste ab. Bei der Übernahme müssen fehlende Sendungseinheiten vom örtlichen Beauftragten des Auftraggebers des Transportunternehmers bestätigt werden. (8) Die Sendungen sind den Kunden (oder deren Beauftragten) der Auftraggeber des Transportunternehmers (Klägerin) persönlich auszuhändigen ... (9) Verzögerungen bei der Auslieferung sind der örtlichen Leitstelle des Auftraggebers des Transportunternehmers unverzüglich mitzuteilen und die Ursache hierfür nachzuweisen. (10) Neben der Auslieferung von Sendungen verpflichtet sich der Frachtführer, Leergut und Warenretouren anzunehmen und an den Auftraggeber zurückzuführen. Ist eine Retourenmitnahme aus wichtigem Grunde nicht möglich, muss die örtliche Leistelle des Auftraggebers des Transportunternehmers unverzüglich benachrichtigt werden. (11) Für den Fall, dass ein Fahrer des Frachtführers ausfällt oder eine Tour verspätet antritt, hat der Frachtführer für Ersatz durch sofortige Bereitstellung eines Ersatzfahrers und/oder Fahrzeugs Sorge zu tragen ...
§ 2 Personal/Subunternehmer (1) Der Einsatz von Subunternehmen ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Auftraggebers A. Logistik GmbH ... erlaubt. (2) ... (3) Der Frachtführer ist verpflichtet, seine Mitarbeiter/Subunternehmer auf die Einhaltung aller maßgeblichen Vorschriften (insbesondere BtMG, GüG, AMG, GGVS) zu verpflichten. Bei mangelhafter Eignung kann der Transportunternehmer den Austausch verlangen. Jeder Personalwechsel oder die Einschaltung anderer/weiterer Subunternehmer ist dem Transportunternehmer unverzüglich mitzuteilen. (4) + (5) ... (6) Es dürfen nur Fahrer/Subunternehmer eingesetzt werden, die dem Transportunternehmer gemeldet sind und für die Vorlage des polizeilichen Führungszeugnisses und eines Passfotos ein Dienstausweis ausgehändigt wurde. Dieser Ausweis ist während der gesamten Auftragserfüllung sichtbar zu tragen. (7) Der Transportunternehmer ist berechtigt, jederzeit Aufzeichnungen über Tourenverlauf, Zeiten, Abstellplätze etc. durch den Frachtführer erfassen zu lassen und zu prüfen. Entsprechende Formblätter stellt der Transportunternehmer zur Verfügung.
§ 3 Informationspflicht/Ansprechpartner (1) Der Frachtführer informiert den Transportunternehmer unverzüglich über Störungen, die eine vertragsgemäße Auftragserfüllung in Frage stellen. § 4 Fahrzeuge (1) Zur Erfüllung des Frachtauftrages sind nur technisch und optisch einwandfreie sowie saubere Fahrzeuge mit weißer Lackierung einzusetzen. (2) ...
§ 5 Werbeunterstützung Der Frachtführer verpflichtet sich, seine Fahrzeuge mit Beschriftungen des Transportunternehmers und/oder mit Beschriftungen des Auftraggebers zu versehen.
§ 6 Fahrtennachweis (1) Alle Fahrten sind durch den Frachtführer zu dokumentieren, insbesondere der jeweilige Fahrer in Listen bzw. Einsatzplänen (Ladeliste) o.ä. namentlich festzuhalten. (2) ...
§ 7 Vergütung (1) Der Frachtführer erhält für die im Auftrag des Transportunternehmers (Klägerin) erbrachten Leistungen eine monatlich, jeweils zum 4. des Folgemonats, zahlbare Vergütung durch Gutschrift, die in der Vertragsanlage "Tourenpauschale" vereinbart ist. Die zu vergütende Leistung gilt immer ab dem Sendungsübernahme/-umladung und zurück. Es erfolgt keine Vergütung der An- und Abfahrten zur Sendungsübernahme. (2) Die Tourenpauschalen werden mit dem Frachtführer abgestimmt und setzen sich zusammen aus der erbrachten Kilometerleistung, oder dem erbrachten Zeitaufwand. Wartezeiten bei der Sendungsübernahme/Umladung werden nicht gesondert vergütet. (3) Der Transportunternehmer Firma H. (Klägerin) und sein Auftraggeber A. Logistik GmbH sind berechtigt, jederzeit Touren bei Bedarf zu verändern. (4) Die Vergütung erfolgt nur für erbrachte Leistung ... (5) Eine Vergütung für die ausgefallenen Touren und Arbeitszeiten wird nicht gewährt. (6) Die vereinbarten Preise beruhen auf dem derzeitigen Stand von Personal- und Sachkosten ...
§ 8 Ausschließlichkeit (1) Beiladungen jeglicher Art auf sämtlichen Touren des Transportunternehmers sind untersagt, es darf sich z.B. keine fremde Handelsware im Fahrzeug befinden. (2) Der Frachtführer verpflichtet sich, während der Dauer dieses Vertrages weder unmittelbar oder mittelbar als Frachtführer oder Spediteur für ein Unternehmern tätig zu sein, das im Transportbereich betreffend den Pharmagroßhandel im Wettbewerb zum Transportunternehmer steht.
§ 9 Schlüssel (1) Zur Belieferung der Kunden der Auftraggeber des Transportunternehmers Firma H. außerhalb der Geschäftszeiten wird sich der Frachtführer mit den Verschlusseinrichtungen der einzelnen Anlieferstellen vertraut machen. Die hierfür erforderliche Schlüsselsammlung hat der Frachtführer sorgfältig und vor unberechtigten Zugriffen geschützt zu verwahren und auf Anforderung der Gebietsleitung des Transportunternehmers bereitzuhalten. Jeder Verlust ist der Firma H. sofort vorab telefonisch und schriftlich mitzuteilen. Die Kosten für ein neues Schloss bzw. eine neue Schließanlage hat der Frachtführer in voller Höhe zu ersetzen ...
§ 10 Haftung (1) Der Frachtführer haftet: a) für alle unmittelbaren Schäden und Verluste durch Transportunfälle oder Betriebsunfälle, es sei denn, der Frachtführer weist nach, dass weder ihn noch einen von ihm beauftragten Dritten ein Verschulden trifft ... b) ... c) Der Frachtführer ist verpflichtet, sich gegen die in den Buchstaben a) und b) genannten Risiken mittels Transportversicherung nicht unter 100 TdM/Schadensfall bzw. mittels Betriebshaftpflichtversicherung zu versichern. (2) (3) ... (4) Der Frachtführer haftet für seine Mitarbeiter und für andere Personen, denen er sich bei der Ausführung der von ihm übernommenen Beförderung bedient.
§ 11 Versicherung (1) Der Frachtführer weist der Firma H. nach, dass er gegen die in § 10 Abs. 1 a und b ausgeführten Schäden umfassend versichert ist. Für jedes eingesetzte Fahrzeug ist der Nachweis der Transportversicherung permanent vorzulegen.
§ 12 Vertragsdauer/Kündigung (1) Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden. (2) Der Frachtvertrag kann jederzeit im ganzen oder hinsichtlich einzelner Touren aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Als wichtiger Grund gelten u.a. trotz schriftlicher Abmahnung auftretende Leistungsmängel bzw. Vertragsverletzungen. (3) ...
§ 13 Schriftform Jede Änderung dieses Vertrages bedarf der Schriftform. Mündliche Nebenabreden bestehen nicht.
§ 14 Gerichtsstand Erfüllungsort und Gerichtstand ist der Sitz der Firma H ...
In den Jahren 1998 und 1999 führte die Beklagte Betriebsprüfungen durch (Prüfzeitraum vom 01.01.1995 bis 28.02.1999). Nach Anhörung der Klägerin forderte die Beklagte mit Bescheid vom 20.12.1999 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 130.627,99 DM (66.789,03 EUR) nach. Hiervon entfielen auf S. 59.352,59 DM (30.346,49 EUR) für die Zeit vom 12.08.1997 bis 28.02.1999. Zur Begründung führte die Beklagte u.a. aus, die zu berurteilenden Fahrer seien in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Dies zeige sich u.a. darin, dass die Fahrer aufgrund der fest vorgegebenen Tourenpläne immer zum selben Zeitpunkt auf dem Betriebsgelände der Firma S. erscheinen müssten und die Belieferung der Apotheken immer zu fest vorgegebenen Zeiten zu erfolgen habe. Die eingesetzten Fahrer unterlägen somit einer geregelten Arbeitszeit und Einsatzbereitschaft. Sie hätten keine Möglichkeit (gehabt), Einfluss auf die Arbeitszeit, den Arbeitsort und die Art und Weise der auszuübenden Tätigkeit zu nehmen. Auch die gravierende unternehmerische Einschränkung hinsichtlich der Personalauswahl und der Gestellung einer Ersatzkraft spreche eindeutig für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Gegenüber den Kunden (Apotheken) trete nur die Klägerin als Anbieterin der Leistungen auf. Die Fahrer seien während der Arbeitsausführung verpflichtet (gewesen), den Dienstausweis mit Lichtbild zu tragen. Der Schriftzug auf den Fahrzeugen laute: "E. A. Firma H. im Auftrag der A. Logistik". Die Fahrer seien verpflichtet gewesen, diese Werbeaufschrift, die nicht zusätzlich vergütet worden sei, am Fahrzeug anzubringen. Dies spreche für die Unternehmereigenschaft allein der Klägerin. Arbeitnehmertypisch hätten die Fahrer ihre Arbeitskraft der Klägerin zur Verfügung gestellt und fremdbestimmt gearbeitet. Die rechtlichen Beziehungen der einzelnen Fahrer seien als Dienstvertrag und nicht als Werkvertrag zu qualifizieren. Die zu beurteilenden Fahrer seien hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und der Art und Weise der Durchführung der zu verrichtenden Tätigkeit wie auch in der Rechnungsstellung und der weiteren Abwicklungen an die Weisungen der Klägerin gebunden und in die Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Bei dem Personenkreis der Kurier-, Express-, und Paketdienstfahrer könne eine selbständige Tätigkeit nicht allein am Merkmal eines eigenen Fahrzeugs festgemacht werden, weil der wirtschaftliche Aufwand für den Erwerb eines solchen Fahrzeugs nicht so hoch sei, dass ein mit einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko verbundener Aufwand begründet werden könne. Die Dokumentation der einzelnen Fahrten durch die Fahrer sei als Arbeitszeitnachweis zu werten und habe nichts mit der Kontrolle der Ladung zu tun. Die Klägerin habe für die Belieferung der Apotheken neben den zu beurteilenden Fahrern auch eigene versicherungspflichtig Beschäftigte eingesetzt. Nach den tatsächlichen Verhältnissen sowie nach den vertraglichen Bedingungen sei eine Unterscheidung zwischen den abhängig beschäftigten Fahrern und den "selbständig" tätigen Fahrern hinsichtlich Eingliederung in den Betrieb, geschuldete Arbeitskraft gegenüber einem Auftraggeber/dem Arbeitgeber, Bestimmung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes und der Art und Weise der Arbeitsausführung nicht möglich. Die Vergütung sei im Leistungs- und Tourenverzeichnis geregelt. Insoweit hätten zwei von fünf Fahrern angegeben, dass sie keinen Einfluss auf die Preisgestaltung gehabt hätten. Die Vorlage des Gewerbescheins habe auf die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, auf die es allein ankomme, keinen Einfluss. Die Fahrer hätten neben dem Verdienst aus der Tätigkeit für die Klägerin über keine anderweitigen Einkünfte verfügt. Die Einkünfte aus dieser Tätigkeit hätten die alleinige Existenzgrundlage dargestellt. Vier der fünf Fahrer hätten im Rahmen der Befragung angegeben, dass sie während der für die Firma H. ausgeübten Beschäftigung für keine weiteren Auftraggeber tätig gewesen seien. Die Fahrer hätten auch insoweit einer erheblichen Einschränkung der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit unterlegen, als es ihnen nicht gestattet gewesen sei, während den Touren für die Klägerin fremde Ware im Fahrzeug zu befördern. Eine Abhängigkeit der Fahrer gegenüber der Klägerin ergebe sich auch aus der Tatsache, dass die überwiegende Anzahl der befragten Fahrer angeben habe, Aufträge der Klägerin überhaupt nicht oder nur in besonders zu begründenden Einzelfällen ablehnen zu können. Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spreche weiter das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte und einer eigenen Betriebsorganisation und dass die überwiegende Anzahl der befragten Fahrer nicht unternehmerisch am Markt aufgetreten seien. Die Fahrer seien vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin gewesen. In diesem Beschäftigungsverhältnis sei von den zu beurteilenden Fahrern dieselbe Tätigkeit ausgeübt worden. Es habe sich bei den Fahrern keine Änderung ergeben. Bei einer Gesamtwürdigung aller vorliegenden Kriterien sei deshalb die Eingliederung in die betriebliche Organisation und das Weisungsrecht durch die Klägerin gegeben. Somit bestehe Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung. Die Beiträge zur Sozialversicherung seien nach den vom Auftraggeber erstellten Gutschriften erstellt worden. Für den Zeitraum ab 01.01.1999 sei die Bezugsgröße in Höhe von monatlich 4.410,- DM zugrunde gelegt worden. Hinsichtlich des zugrunde gelegten Arbeitsentgelts, der Berechnung der Beiträge und der genauen Zusammensetzung der Forderung wird auf die Anlagen Berechnung der Beiträge und Nachweise der Beiträge zu dem Bescheid verwiesen.
Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs verwies die Klägerin auf ihre Ausführungen zur Anhörung, wonach die Kriterien der Selbständigkeit die der Arbeitnehmerschaft überwögen, zumindest aber die Indizien, die für und gegen die Selbständigkeit sprächen, sich die Waage hielten. Für den letztgenannten Fall gebe dann nach ständiger Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts, Bundesgerichtshofs (BGH) und Bundessozialgerichts (BSG) der Parteiwille und damit der vorliegende Frachtvertrag, der eindeutig, da erfolgsbezogen, dem Werkvertragsrecht zuzurechnen sei, den Ausschlag für die Selbständigkeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2000 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück: Zwar setzten die Fahrer ihre eigenen Fahrzeuge ein, was für eine selbständige Tätigkeit sprechen könnte, andererseits würden sie durch den Vertrag gezwungen, sich ein weiß lackiertes Fahrzeug zu beschaffen. Normalerweise bleibe es einem selbständigen Unternehmer überlassen, die Farbe seines Fahrzeuges selbst auszusuchen. Die Vergütung durch "Gutschrift", an der der Auftraggeber dann noch ggfs. Leasingraten für ein zur Verfügung gestelltes Fahrzeug und Schadensforderungen absetze, seien gegenüber einem selbständigen Unternehmer nicht üblich und würden so auch nicht akzeptiert. Viele Vertragsformeln in dem sogenannten "Frachtvertrag" wiesen den "Frachtführer" als bloße Hilfsperson der Klägerin aus. So hätten sich die Fahrer einem umfangreichen Vertragswerk unterwerfen müssen, ohne dabei - anders als ein selbständiger Anbieter von Dienstleistungen im allgemeinen, an die Öffentlichkeit gerichteten Wirtschaftsverkehr - zumindest einen gewissen eigenen Gestaltungsspielraum zu besitzen. Sie seien damit in einer ähnlichen Lage wie Arbeitnehmer, denen oftmals nur die Wahl bleibe, einen ihnen vom Arbeitgeber vorgelegten, einheitlich für die Mitarbeiter seines Betriebes ausgearbeiteten bzw. nach dessen wirtschaftlichem Interesse kalkulierten Formularvertrag zu unterzeichnen oder nicht. Die persönliche Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit der Fahrer dokumentiere sich deutlich in ihrer Stellung gegenüber außen stehenden Dritten, insbesondere in ihrem Auftreten als Repräsentant der Klägerin.
Deswegen erhob die Klägerin am 07.06.2000 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) mit der Begründung, bei den von ihr beschäftigten Fahrern handle es sich nicht um Scheinselbständige im Sinne des § 7 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Die Apotheken müssten, teilweise mehrfach am Tag, mit Arzneimitteln beliefert werden. Insoweit seien Tourenpläne notwendig, ohne dass diese zu einer jede unternehmerische Tätigkeit einschränkenden Einbindung und Weisungsunterworfenheit der einzelnen Fahrer unter die Klägerin führten. Die bereits vorliegenden schriftlichen Frachtverträge seien nach der Rechtsprechung zwar lediglich Indizien für den Parteiwillen, letztlich komme es jedoch auf die tatsächliche Durchführung des Vertrages an. Hier spreche bereits der Frachtvertrag bzw. Subunternehmervertrag für die Selbständigkeit. Dass der Einsatz von weiteren Subunternehmern nur mit Genehmigung des Auftraggebers möglich sei, stehe der Selbständigkeit nicht entgegen, zumal es um einen hochsensiblen Bereich, nämlich die Belieferung mit Arzneimitteln, teilweise Betäubungsmitteln nach dem BtMG, gehe. Dies gelte auch für das Verlangen nach einem polizeilichen Führungszeugnis wie auch dem Führen von Dienstausweisen mit Lichtbild. Die Qualifizierung der rechtlichen Beziehungen der einzelnen Fahrer als Dienstverträge sei unzutreffend, es liege hier ein Werksvertrag vor. Die Fahrer seien nicht nur verpflichtet, sich zu bemühen, die Arzneimittel auszufahren, sondern sie schuldeten den Erfolg, nämlich die rechtzeitige und vollständige Auslieferung der Arzneimittel an die Apotheken. Dafür spreche auch die Möglichkeit der Ersatzvornahme und dass die Fahrer nur für tatsächlich erbrachte Leistungen bezahlt würden. Die Informationsverpflichtungen der Fahrer seien systemimmanent. Als wesentliches Merkmal für die Selbständigkeit der Fahrer spreche das Eigentum an den von Ihnen gefahrenen Pkws. Dass diese in weißer Lackierung sein müssten, sei zwar im Vertrag so vereinbart, in der Praxis jedoch teilweise anders. Dass bei den Touren in einem relativ straffen, logistischen System zu bestimmten Zeitpunkten Waren abgeholt und dann auf einem vorgeschriebenen Routenplan an Kunden (hier Apotheken) verteilt würden, spreche nicht gegen die Selbständigkeit der Fahrer. Diese Organisation sei systemimmanent. Das gleiche gelte bezüglich der Dokumentationspflicht der Fahrer. Diese diene wiederum systemimmanent lediglich dazu, die Anzahl der beförderten, sogenannten "Wannen", in denen sich die Arzneimittel befänden, besser überblicken zu können und zu gewährleisten, dass die einzelnen Ladungen an die einzelnen Apotheken vollständig seien. Keinesfalls liege darin eine Überwachung der Fahrer. Es liege auch keine Gleichstellung mit angestellten Fahrern der Klägerin vor. Der gleichbleibende monatliche Verdienst resultiere allein aus der Tatsache, dass die einzelnen Fahrer vorbestimmte Touren bedienten und auf diesen nur die tatsächlichen Leistungen in Rechnung gestellt würden und damit nur relativ geringfügig Schwankungen anfielen. Die fraglichen Fahrer hätten auch ein eigenes Gewerbe angemeldet und darüber hinaus die Möglichkeit zur Ausübung einer anderen Tätigkeit. Dass keine fremde Ware im Fahrzeug befördert werden könne, liege in der Beförderung von Arznei- und Betäubungsmitteln begründet. Ein weiterer Unterschied zwischen den Angestellten und den von der Beklagten genannten Fahrern liege auch darin, dass es letzteren gestattet sei, ihre Person zur Erbringung der Leistung auszutauschen. Alles in allem überwögen hier die Kriterien der Selbständigkeit denen der Arbeitnehmerschaft. Selbst wenn sich die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Indizien die Waage hielten, gebe dann eindeutig der Parteiwille den Ausschlag und damit der vorliegende Frachtvertrag. Die Klägerin legte die Beschlüsse des BGH vom 04.11.1998 - VIII ZB 12/98 - und vom 21.10.1998 - VIII ZB 54/97 - vor.
Das SG trennte durch Beschluss vom 23.09.2002 die Verfahren, soweit sie Beiträge wegen drei weiterer Fahrer der Klägerin betrafen, ab, so dass das Ausgangsverfahren nur noch Beiträge wegen S. traf.
Mit Beschluss vom 13.11.2003 lud das SG S. die A. Baden-Württemberg und die B. f. A. (jetzt B. f. A.) zum Verfahren bei.
Mit Urteil vom 05.12.2003, der Beklagten zugestellt am 12.05.2004, hob das SG den Bescheid vom 20.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2000 hinsichtlich der Beitragsforderung für S. auf. In den Entscheidungsgründen führte das SG im wesentlichen aus, eine abhängige und damit die Versicherungspflicht zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung auslösende Beschäftigung des S. habe im streitigen Zeitraum nicht bestanden. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei S. nicht als Scheinselbständiger und damit als abhängig Beschäftigter, sondern als Selbständiger zu sehen. Für Scheinselbständigkeit sprächen insbesondere das Auftreten nach außen als Repräsentant der Klägerin, das Verfolgen vorgegebener Tourenpläne, keine eigene Kundenakquisition, kein Tätigwerden für andere Auftraggeber, der Einsatz von Subunternehmern nur mit schriftlicher Genehmigung des Auftraggebers, auch wenn dies durch den Arzneimitteltransport vorgegeben gewesen sein möge. Besonderes Gewicht habe das Gericht jedoch den gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkten zugemessen. Wesentliche Bedeutung komme vor allem dem Umstand zu, dass S. ebenso wie die anderen Fahrer ein erhebliches unternehmerisches Risiko zu tragen gehabt habe. Dieses habe in dem Verdienstausfall bei Krankheit und während des Urlaubes bestanden. Auch der Umstand, dass die Lieferfahrzeuge im Eigentum der jeweiligen Fahrer gestanden oder von diesen gemietet worden seien, einhergehend mit dem Unterhalt der Fahrzeuge und deren Wartung, spreche für ein erhebliches unternehmerisches Risiko. Schließlich sei von Bedeutung, dass eine Einkommensgarantie nicht bestanden habe, denn bei Auftragsmangel sei eine Absicherung nicht vorgesehen. Diesen Kriterien habe das Gericht eine höhere Bedeutung zugemessen.
Hiergegen richtet sich die am 14.06.2004 (Montag) eingelegte Berufung der Beklagten. Zur Begründung trägt die Beklagte im wesentlichen vor, die Entscheidung des SG stehe im Gegensatz zu den Ausführungen im gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände vom 20.12.1999 - hier: Berufsgruppenkatalog (Anlage 4). Danach könne eine selbständige Tätigkeit nicht allein an dem Merkmal eines eigenen Fahrzeuges festgemacht werden. Entscheidend sei, ob der Einsatz eines eigenen Fahrzeuges dem Eigentümer die Möglichkeit eröffne, seine Tätigkeit im wesentlichen frei zu gestalten. Dies sei vorliegend gerade nicht der Fall gewesen, da der Fahrer vorgegebene Tourenpläne zu beachten gehabt habe. Die Zuweisung von Risiken allein mache einen abhängig Beschäftigten noch nicht zu einem Selbständigen. Die Tätigkeit des selbständigen Fahrers habe sich nicht wesentlich von der Tätigkeit der fest angestellten Fahrer unterschieden. Aufgrund der zeitlichen und örtlichen Zielvorgaben sei der Fahrer in die Betriebsstruktur der Klägerin integriert gewesen. Der Fahrer habe sich auch keinen äußerlich erfassbaren Betrieb aufgebaut. Er habe nicht für ein Gewerbe geworben, er habe auch keinen eigenen Mitarbeiter beschäftigt, noch sei er als Unternehmer aufgetreten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 05.12.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend. Das gemeinsame Rundschreiben der Spitzenverbände stelle nur allgemeine Regelungen und Indizien auf. Es gebe keine Wertigkeit der einzelnen Merkmale, die eine Scheinselbständigkeit von einer Arbeitnehmerstellung abgrenzten. Entscheidend sei im jeweiligen Einzelfall, ob unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten eine Scheinselbständigkeit vorliege oder - wie hier - nicht. Das Eigentum wie auch die Verfügungsgewalt über Produktionsmittel sei ein klassisches Indiz für das Vorliegen einer unternehmerischen Stellung und spreche gerade gegen eine Arbeitnehmereigenschaft. Die Fahrer hätten auch mangels Verdienstabsicherung einen Verdienstausfall hinnehmen müssen. Allein die festen Tourenpläne und die Bindung hieran begründeten noch nicht ein Kriterium der Scheinselbständigkeit. Die Fahrer hätten auch eigene Gewerbe angemeldet gehabt und es sei ihnen darüber hinaus auch gestattet gewesen, die Möglichkeit zur Ausübung einer anderen Tätigkeit aufzunehmen. Nach dem Tageseinsatz bei der Klägerin hätten sie durchaus ihr Fahrzeug gewinnbringend anderweitig einsetzen können. Es sei auch der Einsatz von Subunternehmern gestattet gewesen.
Im von der Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermin ist die Klägerin gehört worden. Auf die Niederschrift vom 19.04.2007 wird verwiesen.
Mit Beschluss vom 13.09.2007 ist die Beiladung des (verstorbenen) S. aufgehoben worden, da ein Rechtsnachfolger nicht ermittelt werden konnte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die Beitragsforderung bezüglich S. die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR überschreitet. Die Berufung ist auch begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 20.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2000 ist rechtmäßig. In Übereinstimmung mit der Beklagten steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass S. in dem hier streitigen Zeitraum vom 12.08.1997 bis 28.02.1999 als abhängig Beschäftigter in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungs- und beitragspflichtig war und deswegen die für die Betriebsprüfung und für die sich anlässlich dieser ergebenden Beitragsforderung feststellungsberechtigte Beklagte (§ 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV -) zu Recht Gesamtsozialversicherungsbeiträge für S. für den hier maßgeblichen Zeitraum erhoben hat.
Zunächst hat der Senat vorliegend von einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG wegen verspäteter Urteilsabsetzung (Überschreitung der 5-Monatsfrist gemäß § 134 Abs. 2 Satz 1 SGG) im Rahmen seiner Ermessensausübung abgesehen und in der Sache selbst entschieden.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen auch in den Jahren 1997 bis Februar 1999 in der Kranken-, der Pflege-, der Renten- und der Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- und Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V -; § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch - SGB XI -; § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI - und § 168 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes bis 31.12.1997 bzw. § 25 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - SGB III - ab 01.01.1998). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV und zwar auch unter Geltung der Vermutungsregelung des § 7 Abs. 4 SGB IV ab 01.01.1999.
Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in dem Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (BSG, Urteil vom 22.06.2005 - B 12 KR 28/03 R; BSGE 45, 199, 200 ff. = SozR 2200 § 1227 Nr. 8; BSG, Urteil vom 04.06.1998 - B 12 KR 5/97 R - SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 13 S. 31 f.; BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 20 S. 78; BSG, Urteil vom 12.02.2004 - B 12 KR 26/02 R -).
Ausgehend hiervon war bei einer Gesamtwürdigung der Ausgestaltung der Beziehungen zwischen der Klägerin und S. die Beschäftigung des S. als abhängige Tätigkeit einzustufen, da mehr Tatsachen für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als für eine selbständige Tätigkeit sprechen.
Insoweit fällt zunächst ins Gewicht, dass S. keine Güterverkehrserlaubnis besaß und eine Tätigkeit ausgeführt hat, die üblicherweise von Arbeitnehmern verrichtet wird. Dabei kann auch das Zustandekommen der "selbständigen Erwerbsform" und die Frage, ob die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit auf einem freien Entschluss des Erwerbstätigen beruht oder ihm diese Erwerbsform "aufgedrängt" wurde, nicht außer Acht gelassen werden, denn S. war vor dem Beginn des Frachtvertrages zum 12.08.1997 mit gleicher Tätigkeit bei der Klägerin abhängig beschäftigt. Nach den Angaben der Klägerin im Erörterungstermin war Hintergrund für den Abschluss der Frachtverträge eine Vielzahl von Unfällen der Fahrer mit den Firmenfahrzeugen und existenzielle Schwierigkeiten des Betriebes. Irgendwelche sachlichen Gründe, die sich aus der Natur der Sache ergeben haben, sind für die Übertragung der Arbeit auf sog. selbständige Frachtführer nicht erkennbar. Dafür waren vielmehr allein Kostengründe maßgebend.
Der Aufgabenbereich der früher abhängig beschäftigten Fahrer und damit auch des S. unterschied sich nicht von dem der - weiterhin - abhängig beschäftigten Kraftfahrer. Sie hatten Kunden des Auftraggebers der Klägerin (Apotheken) nach festen Tourenplänen zu beliefern. Aufgrund dieser festen Tourenpläne, die Vertragsbestandteil des Frachtvertrages waren, stand von vornherein der monatliche Verdienst des Fahrers fest. Ausweislich des Frachtvertrages war S. auch in den Betriebsablauf der Klägerin eingegliedert und hat für sie fremdbestimmte weisungsgebundene Arbeit geleistet. Die Tourenpläne legten fest, wann S. auf dem Gelände der Auftraggeber der Klägerin erscheinen musste und wann und in welcher Reihenfolge die Belieferung der Apotheken zu erfolgen hatte. S. wie auch die weiteren als Frachtführer eingesetzten Fahrer hatte somit keine Möglichkeit, Einfluss auf die Arbeitszeit, den Arbeitsort und die Art und Weise der auszuübenden Tätigkeit zu nehmen. Die jeweiligen Empfangsstellen waren innerhalb der vorgegebenen Zeiten zu beliefern (§ 1 Ziffer 5 des Vertrages). S. musste den Empfang der vollständigen und unbeschädigten Sendung bestätigen und dies auf der Ladeliste abzeichnen. Es bestand ferner die Verpflichtung, neben der Auslieferung Leergut und Warenretouren anzunehmen und an den Auftraggeber der Klägerin zurückzuführen (§ 1 Ziffer 10 des Vertrages). Dies spricht ebenso wie die Verpflichtung des S., alle Fahrten zu dokumentieren und den jeweiligen Fahrer in Listen bzw. Einsatzplänen (Ladelisten) namentlich festzuhalten, gegen eine selbständige Tätigkeit. Das Gleiche gilt bezüglich der Ausschließlichkeit, dass nämlich Beiladungen jeglicher Art auf sämtlichen Touren der Klägerin untersagt waren und sich z. B. keine fremde Handelsware im Fahrzeug befinden durfte.
Wie im Frachtvertrag vereinbart, übernahm S. keine Fahrten für ein anderes im Wettbewerb zur Klägerin stehendes Unternehmen. Obwohl vertraglich nicht ausgeschlossen, führte S. ausweislich seiner Angaben gegenüber der Beklagten vom 04.02.1999 auch keine Fahrten für sonstige Arbeitgeber durch. Hierfür stand während der Touren wegen des engen Zeitrahmens auch keine Zeit zur Verfügung. S. beschäftigte in der hier fraglichen Zeit keine Mitarbeiter. Der Einsatz von Mitarbeitern bzw. Subunternehmern hätte im übrigen der schriftlichen Genehmigung des Auftraggebers der Klägerin bedurft. Es durften nur Fahrer/Subunternehmer eingesetzt werden, die der Klägerin gemeldet wurden, wobei die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses erforderlich war und ein Dienstausweis ausgehändigt wurde, der während der gesamten Auftragserfüllung sichtbar zu tragen war (§ 2 Ziffer 6 des Vertrages). Die Klägerin war berechtigt, Fahrer/Subunternehmer abzulehnen (§ 2 Ziffer 7 des Vertrages).
Gegen eine selbständige Tätigkeit spricht ferner die Verpflichtung von S., sein Fahrzeug mit Beschriftungen der Klägerin und/oder mit Beschriftungen der Auftraggeberin der Klägerin zu versehen. Gegenüber den Kunden trat mithin nur die Klägerin bzw. Auftraggeberin als Anbieterin der Leistungen auf. Auch in dem mitzuführenden Dienstausweis war die Klägerin genannt im Auftrag der A. Logistik.
Schließlich wurden auch die monatlichen Abrechnungen bzw. Gutschriften von der Klägerin erstellt, was im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit unüblich ist. Das jeweils zum 4. des Folgemonats zahlbare Entgelt basierte auf vereinbarter "Tourenpauschale", welche sich aus der erbrachten Kilometerleistung oder dem erbrachten Zeitaufwand zusammensetzte. S. trug mithin auch nicht das Risiko, aus dem Einsatz seiner Arbeitskraft keinen Gewinn zu erzielen. Vielmehr stand die monatliche Vergütung aufgrund der festen Tourenpläne fest. Nur die Klägerin und ihr Auftraggeber waren berechtigt, Touren bei Bedarf zu verändern. Die Eingliederung in den Betrieb der Klägerin kommt weiter darin zum Ausdruck, dass sie beispielsweise gegenüber einem mit S. vergleichbaren Fahrer (Beigeladener Ziffer 1 in dem Verfahren L 11 KR 2409/04) disziplinarische Befugnisse für sich in Anspruch nahm, indem sie bei weiteren Reklamationen die fristlose Kündigung der betreffenden Touren ankündigte. Zwar dürfte es bei selbständigen Frachtführern durchaus zutreffen, dass diese bei Nichteinhaltung von vertraglichen Verpflichtungen keine neuen Aufträge mehr erhalten, nicht üblich ist aber bei einem echten selbständigen Unternehmer, dass der Vertrag mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende bzw. fristlos aus wichtigem Grund nach schriftlicher Abmahnung gekündigt werden kann (§ 12 des Vertrages).
Demgegenüber sind die Gesichtspunkte, die für eine Selbständigkeit von S. sprechen, nur von untergeordneter Bedeutung. Der Umstand, dass S. die Belieferung der Apotheken nicht mit einem Fahrzeug der Klägerin, sondern mit einem geleasten Fahrzeug durchgeführt hat, ist zwar ein Indiz für Selbständigkeit, da für ein Arbeitsverhältnis typisch ist, dass dem Arbeitnehmer Arbeitsmittel und Materialien vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden. Andererseits ist auch bei Arbeitnehmern die Verwendung von eigenen Werkzeugen nicht unüblich, ebenso die Benutzung von eigenen Kraftfahrzeugen. Selbst wenn dieser Umstand als Indiz für eine Selbständigkeit gewertet wird, ist zu beachten, dass sich die Klägerin auch insoweit Gestaltungs- und Kontrollrechte vorbehalten hat bezüglich des äußeren Erscheinungsbildes des Fahrzeuges. So waren u.a. nur saubere Fahrzeuge mit weißer Lackierung einzusetzen und zur Werbeunterstützung der Klägerin das Fahrzeug mit Beschriftungen der Klägerin und/oder des Auftraggebers zu versehen. Damit hatte sich die Klägerin die Möglichkeit geschaffen, die ihr formal nicht gehörenden Fahrzeuge gleichwohl für die Zwecke ihres Unternehmens nutzbar zu machen. Darüber hinaus unterstand S. auch bei der Beladung der Fahrzeuge einengenden Auflagen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22.06.2005 - B 12 KR 28/03 R -).
Die Haftung für Verschulden bei fehlerhafter Ausführung einer übertragenen Tätigkeit kann nicht als Unternehmerrisiko gewertet werden, denn eine solche Haftung kann ihre Grundlage und Grenze auch in dem einem Beschäftigungsverhältnis zugrundeliegenden Arbeitsverhältnis haben (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 7 SGB IV Rdnr. 61).
Dass S. ein Gewerbe angemeldet hat, ist nicht aussagekräftig, da eine Überprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung nicht stattfindet. Das gilt auch für die Abführung der Mehrwertsteuer.
Ebenfalls kein entscheidendes Kriterium für eine selbständige Tätigkeit des S. ist, dass er nach außen auf dem Markt als Unternehmer von Klein- und Alltransporten auftrat (Briefkopf), denn tatsächlich ist S. für keinen anderen Auftraggeber tätig geworden. Aufgrund des engen Zeitplans der vorgegebenen Touren waren Transporte des S. für andere Auftraggeber in relevantem Umfang ausgeschlossen. Allein die Möglichkeit, nach dem Ende eines vollen Tageseinsatzes noch selbständig tätig zu sein, steht im übrigen auch Arbeitnehmern offen. Wenn - wie hier - eine Tätigkeit für einen Auftraggeber regelmäßig vollschichtig oder annähernd vollschichtig ausgeübt wird, sind nur die Umstände dieser Tätigkeit maßgebend für die Beurteilung, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit handelt (vgl. BSG vom 13.07.2005 a.a.O).
Der Einwand der Klägerin, dass die festen Tourenpläne und auch das Verbot des Transports fremder Ware systemimmanent seien, greift nicht durch. Maßgeblich ist die Wirkung der festen Tourenpläne und des Verbots. Diese ging jedenfalls dahin, dass die Übernahme der Beförderung für andere Auftraggeber unzulässig war und damit eine denkbare Übernahme von Transporten für andere Auftraggeber ausschied.
Für die Selbständigkeit spricht auch nicht die Möglichkeit, andere Fahrer zu beschäftigen. Unabhängig davon, dass S. keine Mitarbeiter beschäftigt hat, steht die Befugnis, Arbeiten an andere Personen zu delegieren, nicht zwingend der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses entgegen; es gibt Beschäftigungsverhältnisse, bei denen es nicht unbedingt auf die persönliche Arbeitsleistung ankommt, sondern eine Vertretung für Familienangehörige oder Dritte möglich und üblich ist (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar a.a.O. Rdnr. 69; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht vom 20.11.2001 - L 1 KR 42/01 -). Dies gilt namentlich dann, wenn die Bestellung einer Ersatzkraft allgemein üblich ist (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 23.02.1994 - L 9 KR 63/92 -). Da es vorliegend auf eine höchstpersönliche Ausführung der Warenauslieferung offensichtlich nicht ankam, kann auch aus einem Recht der Fahrer, einen Vertreter zu stellen, nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden.
Schließlich kann auch das Fehlen eines vertraglichen Urlaubsanspruchs und eines vertraglichen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nicht als Indiz für ein Unternehmerrisiko gewertet werden. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine Subunternehmertätigkeit wollten. Letztlich ist dies nicht entscheidend, vielmehr ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen maßgebend. Solche Vereinbarungen sind im übrigen eher typisch bei Scheinselbständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 20.09.2005 - L 11 R 630/05 -).
Soweit sich die Klägerin auf BGH-Entscheidungen beruft, ist darauf hinzuweisen, dass im Sozialrecht die insoweit geltenden gesetzlichen Regelungen, Grundsätze und die Rechtsprechung des BSG ausschlaggebend sind.
Einwendungen gegen die Höhe der Nachforderung hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Fehler der Beklagten bei der Berechnung der Beiträge sind auch für den Senat nicht ersichtlich.
Auf die Berufung der Beklagten war deshalb die Entscheidung des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gerichtskosten fallen nicht an gemäß § 183 SGG a.F., weil das Klageverfahren vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden ist (vgl. § 197 a SGG i. V. m. Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Sechstes SGG-Änderungsgesetz vom 17. August 2001 - BGBl I Seite 2144).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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