Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 2535/07 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die von der Beklagten erstrebte Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
Die Berufung ist vorliegend nur auf Zulassung statthaft, weil der Beschwerdegegenstand lediglich die Absenkung des der Klägerin gewährten Alg II für drei Monate um jeweils 35,- Euro, somit insgesamt 105,- Euro, betrifft. Damit ist die Wertgrenze von 500,- Euro nicht überschritten (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); auch hat die Berufung keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr zum Gegenstand (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts oder einer höchstrichterlichen Entscheidung abweicht und auf dieser Entscheidung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Eine hier allein in Betracht kommende und von der Beklagten auch geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 44 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache stets dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit oder die Fortentwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle die notwendige Klärung erfolgt (Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 144 Rn. 172). Eine Sache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die sich nach der gegenwärtigen Gesetzeslage sowie dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres beantworten lässt, einer verallgemeinerungsfähigen Antwort im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung aber bedarf und insoweit klärungsbedürftig ist (Hk-SGG/Lüdtke, § 160 Rn. 8). Eine insoweit klärungsbedürftige Rechtsfrage stellt zwar die Frage dar, ob die Obliegenheit nach § 31 Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), bei einem ärztlichen Untersuchungstermin zu erscheinen, bereits durch die physische Anwesenheit bei der ärztlichen Untersuchung erfüllt ist oder ob diese Obliegenheit auch die Mitwirkungspflicht bei der ärztlichen Untersuchung umfasst.
Die Zulassung der Berufung setzt jedoch weiter voraus, dass im konkreten Verfahren diese Frage entscheidungserheblich ist. Daran fehlt es, wenn sich die angefochtene Entscheidung auch aus anderen Gründen als zutreffend herausstellt. Dies ist vorliegend der Fall.
Dahingestellt bleiben kann, ob die in der Literatur überwiegend vertretene Auffassung, die Meldeaufforderung stelle einen Verwaltungsakt dar (Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 59 Rz. 10 m.w.N., Birk in LPK-SGB II § 59 Rn. 4), zutreffend ist. Denn jedenfalls wollte die Beklagte die Einladung der Klägerin zum Ärztlichen Dienst als Verwaltungsakt erlassen und hat sie dementsprechend auch mit einer dahingehenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen, gegen die Einladung sei der Widerspruch zulässig. Diesem Widerspruch kommt gemäß § 86 a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung zu, da kein Ausnahmetatbestand nach § 86 a Abs. 2 SGG vorliegt und es sich auch nicht um einen Verwaltungsakt nach § 39 SGB II handelt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet und deshalb gleichfalls sofort vollziehbar wäre.
Die aufschiebende Wirkung bedeutet, dass der Verwaltungsakt nicht vollzogen werden kann, es tritt ein Schwebezustand ein, währenddessen vollendete Tatsachen nicht geschaffen und keine Folgerungen aus dem Verwaltungsakt gezogen werden dürfen (BSG, Urteil v. 23.09.1997 - 2 RU 44/96 - NZS 98,300). Ordnet der Verwaltungsakt eine Pflicht an, muss sie zunächst nicht befolgt werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86a Rn. 5).
Über diesen Widerspruch hat die Beklagte nicht entschieden. Sie hat vielmehr mit Schreiben vom 02.10.2006 der Klägerin mitgeteilt, die Meldeaufforderung habe sich durch Zeitablauf erledigt. Es sei ihr deshalb verwehrt, eine Sachentscheidung über den Widerspruch gegen die Meldeaufforderung zu treffen.
Zutreffend ist zwar, dass sich die Meldeaufforderung insoweit durch Zeitablauf erledigt hat, als der Untersuchungstermin zwischenzeitlich verstrichen ist. Der "Einladungsbescheid" entfaltet jedoch noch insoweit Rechtswirkung, als er die Grundlage für die Festsetzung der Absenkung nach § 31 Abs. 2 SGB II darstellt. Die Absenkungsentscheidung setzt nämlich eine ordnungsgemäße Einladung zum Ärztlichen Dienst voraus. Solange dem Widerspruch gegen die Einladung aufschiebende Wirkung zukommt, war die Klägerin nicht verpflichtet, dieser Folge zu leisten, so dass ihr Verhalten insoweit auch nicht sanktioniert werden kann.
Bereits aus diesen Gründen ergibt sich die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung, so dass es auf die von der Beklagten aufgeworfenen Rechtsfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die von der Beklagten erstrebte Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
Die Berufung ist vorliegend nur auf Zulassung statthaft, weil der Beschwerdegegenstand lediglich die Absenkung des der Klägerin gewährten Alg II für drei Monate um jeweils 35,- Euro, somit insgesamt 105,- Euro, betrifft. Damit ist die Wertgrenze von 500,- Euro nicht überschritten (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); auch hat die Berufung keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr zum Gegenstand (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts oder einer höchstrichterlichen Entscheidung abweicht und auf dieser Entscheidung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Eine hier allein in Betracht kommende und von der Beklagten auch geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 44 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache stets dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit oder die Fortentwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle die notwendige Klärung erfolgt (Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 144 Rn. 172). Eine Sache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die sich nach der gegenwärtigen Gesetzeslage sowie dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres beantworten lässt, einer verallgemeinerungsfähigen Antwort im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung aber bedarf und insoweit klärungsbedürftig ist (Hk-SGG/Lüdtke, § 160 Rn. 8). Eine insoweit klärungsbedürftige Rechtsfrage stellt zwar die Frage dar, ob die Obliegenheit nach § 31 Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), bei einem ärztlichen Untersuchungstermin zu erscheinen, bereits durch die physische Anwesenheit bei der ärztlichen Untersuchung erfüllt ist oder ob diese Obliegenheit auch die Mitwirkungspflicht bei der ärztlichen Untersuchung umfasst.
Die Zulassung der Berufung setzt jedoch weiter voraus, dass im konkreten Verfahren diese Frage entscheidungserheblich ist. Daran fehlt es, wenn sich die angefochtene Entscheidung auch aus anderen Gründen als zutreffend herausstellt. Dies ist vorliegend der Fall.
Dahingestellt bleiben kann, ob die in der Literatur überwiegend vertretene Auffassung, die Meldeaufforderung stelle einen Verwaltungsakt dar (Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 59 Rz. 10 m.w.N., Birk in LPK-SGB II § 59 Rn. 4), zutreffend ist. Denn jedenfalls wollte die Beklagte die Einladung der Klägerin zum Ärztlichen Dienst als Verwaltungsakt erlassen und hat sie dementsprechend auch mit einer dahingehenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen, gegen die Einladung sei der Widerspruch zulässig. Diesem Widerspruch kommt gemäß § 86 a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung zu, da kein Ausnahmetatbestand nach § 86 a Abs. 2 SGG vorliegt und es sich auch nicht um einen Verwaltungsakt nach § 39 SGB II handelt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet und deshalb gleichfalls sofort vollziehbar wäre.
Die aufschiebende Wirkung bedeutet, dass der Verwaltungsakt nicht vollzogen werden kann, es tritt ein Schwebezustand ein, währenddessen vollendete Tatsachen nicht geschaffen und keine Folgerungen aus dem Verwaltungsakt gezogen werden dürfen (BSG, Urteil v. 23.09.1997 - 2 RU 44/96 - NZS 98,300). Ordnet der Verwaltungsakt eine Pflicht an, muss sie zunächst nicht befolgt werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86a Rn. 5).
Über diesen Widerspruch hat die Beklagte nicht entschieden. Sie hat vielmehr mit Schreiben vom 02.10.2006 der Klägerin mitgeteilt, die Meldeaufforderung habe sich durch Zeitablauf erledigt. Es sei ihr deshalb verwehrt, eine Sachentscheidung über den Widerspruch gegen die Meldeaufforderung zu treffen.
Zutreffend ist zwar, dass sich die Meldeaufforderung insoweit durch Zeitablauf erledigt hat, als der Untersuchungstermin zwischenzeitlich verstrichen ist. Der "Einladungsbescheid" entfaltet jedoch noch insoweit Rechtswirkung, als er die Grundlage für die Festsetzung der Absenkung nach § 31 Abs. 2 SGB II darstellt. Die Absenkungsentscheidung setzt nämlich eine ordnungsgemäße Einladung zum Ärztlichen Dienst voraus. Solange dem Widerspruch gegen die Einladung aufschiebende Wirkung zukommt, war die Klägerin nicht verpflichtet, dieser Folge zu leisten, so dass ihr Verhalten insoweit auch nicht sanktioniert werden kann.
Bereits aus diesen Gründen ergibt sich die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung, so dass es auf die von der Beklagten aufgeworfenen Rechtsfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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