L 4 R 4831/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 4077/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4831/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. September 2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Karlsruhe wie folgt gefasst wird: Der Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. November 2003 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vom 1. Dezember 2002 bis 31. März 2004 zu zahlen.

Der Beklagten werden Verschuldenskosten in Höhe von EUR 225,00 auferlegt.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Im Berufungsverfahren ist zwischen den Beteiligten streitig, ob der Kläger vom 1. Dezember 2002 bis 31. März 2004 Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.

Der 1944 geborene Kläger absolvierte von April 1958 bis Oktober 1961 eine Lehre als Kupferschmied. Von November 1961 bis März 1962 war er als Kupferschmiedgeselle beschäftigt. Von April 1962 bis April 1967 übte er Tätigkeiten als Klimamonteur, Flaschner und Installateur, Sanitär- und Heizungsmonteur, Hochseefischwerker sowie Kraftfahrer aus. Von Juni 1967 bis März 1973 war er als Sanitärobermonteur beschäftigt. Anschließend betrieb er bis April 1975 als Selbstständiger eine Sanitär- und Heizungsfirma. Vom 1. Mai 1975 bis 15. September 1975 war er als Heizungsverkäufer und vom 23. September 1975 bis 31. Dezember 2000 bei einer Sanitär- und Heizungsfirma beschäftigt. Dieses letzte Beschäftigungsverhältnis endete wegen der Insolvenz des Arbeitgebers. Nach den Angaben des Arbeitgebers vom 30. Juni 2002 gegenüber der Seekasse, eine der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte), war der Kläger als Montageleiter und Sachbearbeiter beschäftigt. Er habe Monteure auf den Montagestellen kontrollieren, an Baubesprechungen teilnehmen und Arbeitskräfte und Auszubildende einweisen müssen. Es habe sich um mittelschwere, überwiegend stehende und gehende Tätigkeiten gehandelt. Er sei zuletzt nach der Lohngruppe M 5 des Gehaltstarifvertrages zwischen dem Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg und der Christlichen Gewerkschaft Metall, Landesverband Baden-Württemberg, entlohnt worden. Der Kläger bezog vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2002 Arbeitslosengeld, anschließend bis 3. Februar 2003 Verletztengeld und anschließend bis 25. März 2003 erneut Arbeitslosengeld. Danach war er arbeitslos ohne Leistungsbezug. Seit 1. September 2002 bezieht er eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer MdE von 20 vH wegen der Folgen eines Unfalls vom 30. August 1964, bei dem er sich am rechten Kniegelenk verletzte. Seit 1. April 2004 erhält er eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 2004).

Am 12. November 2002 beantragte der Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er übersandte der Beklagten zahlreiche Arztberichte über Behandlungen im Jahre 2002 und 2003. Internist Dr. Hermesmeier erstattete das Gutachten vom 14. Januar 2003. Der seit etwa 1975 beim Kläger bekannte Morbus Crohn sei abgesehen von einem Ulcus im Bereich der Anastomose derzeit nur diskret aktiv. Die Ursache der abdominalen Beschwerden sei hauptsächlich die Lactoseintoleranz. Die Leistungsfähigkeit erscheine bei der bekannten Grunderkrankung zur Zeit wenig eingeschränkt. Zu berücksichtigen sei das unkontrollierte Stuhlverhalten, sodass die Möglichkeit eines Toilettenbesuchs kurzfristig gegeben sein müsse. Verrichten könne der Kläger die letzte berufliche Tätigkeit in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden und mehr sowie leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden und mehr.

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege (Bescheid vom 15. Juli 2003). Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 5. November 2003). Nach dem Ergebnis der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung könne der Kläger aus gesundheitlicher Sicht auch weiterhin in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit, in der die Arbeitsanforderungen sich auf leichte und mittelschwierige Arbeiten in verantwortungsvoller Tätigkeit begrenzten, eine Beschäftigung aufnehmen und ausüben. Selbst wenn dennoch überfordernde Leistungssituationen auftreten sollten, müsse auch eine Verweisung auf andere Tätigkeiten in Kauf genommen werden. Mit einem noch für mindestens sechs Stunden täglich erhaltenen Leistungsvermögen seien auch aus allein medizinischen Gründen die Voraussetzungen einer Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nicht erfüllt.

Der Kläger hat am 12. November 2003 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Ein regelmäßiger Toilettenbesuch (ca. 15 bis 20-mal am Tag) sei bei seiner letzten Tätigkeit, die aus drei Stunden Bürotätigkeit, vier Stunden Baustellentätigkeit und drei Stunden PKW-Fahren (Kunden- und Baustellenbesuche) bestanden habe, unmöglich. Die Hauptleiden Morbus Crohn und Lactoseintoleranz hätten sich verschlechtert. Zwischenzeitlich seien durch den Hausarzt psychische Auffälligkeiten festgestellt worden sowie von einem Augenarzt, dass auf dem linken Auge wegen eines vermuteten Schlaganfalls kein Sehvermögen mehr vorhanden sei. Die vorhandenen Befunde bedingten erhebliche qualitative und quantitative Einschränkungen, die die Ausübung des Berufsbildes eines Obermonteurs und einen Zugang zum Arbeitsmarkt nicht mehr zuließen. Die Tätigkeiten auf den Baustellen habe sich auf Beaufsichtigung und Mithilfe bei schwierigen Arbeiten, die vollen körperlichen Einsatz erfordert hätten und auf Leitern und Treppen zu verrichten gewesen seien, erstreckt. Je nach Arbeitsanfall seien ihm zwischen sechs und 30 Mitarbeiter unterstellt gewesen.

Die Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf ihre Bescheide entgegengetreten. Allein der langjährige Hausarzt Ba. beurteile eine sozialmedizinisch auch wesentliche Einschränkung des verbliebenen Leistungsvermögens, allerdings ohne eine sozialmedizinischen Anforderungen entsprechende Begründung. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen zur möglichen weiteren Ausübung einer Tätigkeit als bauleitender Monteur wäre der Kläger z.B. auch auf Tätigkeiten als Kunden- und Ersatzteilberater zu verweisen.

Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte (Orthopäde Dr. B., Internisten Dr. P., Orthopäde Dr. S., Neurologin Dr. D., Arzt für Allgemeinmedizin Ba.) als sachverständige Zeugen befragt.

Im Auftrag des Sozialgerichts haben Dr. St. das orthopädische Gutachten vom 23. Juli 2004, Dr. Su. das internistisch-arbeitsmedizinische Gutachten vom 27. September 2004 und Dr. Sc. das nervenärztliche Gutachten vom 12. Januar 2005 erstattet. Dr. St. hat auf seinem Gebiet ein rezidivierendes Nacken-Schultergürtel-Weichteilsyndrom ohne wesentlichen Abnutzungsschaden der Halswirbelsäule und ohne Anhalt für cervikobrachiale Wurzelkompressionssymptomatik, ein initial degeneratives LWS-Syndrom ohne wesentlichen Funktionsverlust, ohne Anhalt für Bandscheibenvorfall oder lumbosacrale Wurzelkompressionssymptomatik, eine generalisierte Kalksalzminderung des Skeletts (Osteoporose), eine Daumensattelarthrose beidseits, rechts mäßiggradig, links mittelgradig, eine angeborene Beckenring-Hüftgelenksasymmetrie mit musculoligamentärem Reizsyndrom der linken Hüfte, eine Gonarthrose beidseits mit Chondrocalzinose, rechts mäßig- bis mittelgradig, links leicht- bis eben mäßiggradig sowie leichte Plattfüße beidseits diagnostiziert. Bei Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wie auch bei einer Tätigkeit als Projekt-/Montageleiter im Sanitär- und Heizungsbereich sei der Kläger in der Belastbarkeit seiner Wirbelsäule, beider Daumenstrahlen, der linken Hüfte und beider Kniegelenke gegenüber der Norm eingeschränkt. Er könne nur noch überwiegend leichte, gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu maximal zehn kg, im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen sowie in geschlossenen Räumen oder im Freien mit entsprechender Temperaturschutzkleidung ausführen. Anhaltende oder überwiegende Überkopfarbeiten, Tätigkeiten mit überwiegendem oder sehr häufigem Bücken, Tätigkeiten mit gehäuftem Treppen-, Leiter- oder Gerüstbesteigen sowie überwiegend kniend könne er nicht mehr ausführen. Leichte körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu fünf kg könnten maximal acht Stunden täglich verrichtet werden, mittelschwere Arbeiten nur noch maximal zwei bis drei Stunden täglich. Betriebsübliche Pausen seien nicht unerlässlich. Behinderungen bezüglich des Arbeitswegs bestünden nicht. Der orthopädische Befund lasse sich mindestens bis zum April 2002 zurückverfolgen. Dr. Su. hat auf seinem Gebiet einen Morbus Crohn, eine Lactoseintoleranz, eine Neigung zu obstruktiver Bronchitis, einen Zustand nach laparoskopischer Entfernung der Gallenblase, eine winzige axiale Hiatusgleithernie, eine Neigung zu diskreter Refluxerkrankung der Speiseröhre sowie einen Verdacht auf eine wenig enzymaktive Fettleber diagnostiziert. Unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers, des früheren Arbeitgebers und der Feststellungen auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet bestehe für die Tätigkeit als Projekt-/Montageleiter im Sanitär- und Heizungsbereich bzw. als Sachbearbeiter/Kundendienstleiter Innendienst ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Zumutbar seien leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten im Gehen oder im Stehen oder im Sitzen unter Vermeidung von häufigem Heben und Tragen von Lasten über zehn kg. Bei gelegentlicher Verrichtung mittelschwerer körperlicher Arbeiten könnten in Belastungsspitzen auch zehn kg gehoben oder getragen werden. Die Arbeiten sollten im gelegentlichen Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen erfolgen. Anhaltende oder überwiegende Überkopfarbeiten sowie Tätigkeiten mit überwiegendem oder sehr häufigem Bücken, mit gehäuftem Treppen-, Leiter- oder Gerüstbesteigen, Akkordarbeiten, Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck sowie unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen seien nicht zumutbar. Die Tätigkeiten könnten sowohl in geschlossenen Räumen als auch bei Anwendung entsprechender Temperaturschutzkleidung im Freien ausgeübt werden. Betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Der Kläger sei in der Lage täglich viermal 500 Meter in jeweils 15 bis 18 Minuten als Arbeitsweg zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel uneingeschränkt zu benutzen. Dr. Sc. hat unter Berücksichtigung eines testpsychologischen Zusatzgutachtens der Diplom-Psychologin Sc. vom 1. Februar 2005 für sein Gebiet eine depressive Störung, die als derzeit bis mittelgradige depressive Episode eingestuft werde, sowie ein beginnendes Karpaltunnelsyndrom und ein beginnendes Sulcus-ulnaris-Syndrom beidseits diagnostiziert. Die depressive Störung sei objektiv nicht so gravierend, wie dies vom Kläger empfunden werde. Die Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und als Projekt-Montageleiter im Sanitär- und Heizungsbereich bzw. als Sachbearbeiter und Kundendienstleiter im Innendienst sei nicht eingeschränkt. Bezüglich der depressiven Störung sei davon auszugehen, dass bis zur Revision nach entsprechender Behandlung eine Tätigkeit mit besonderer geistiger Beanspruchung, also z.B. von Überwachungsaufgaben unter hohem Zeitdruck und Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung und Arbeiten unter starker nervlicher Belastung vorübergehend nicht durchgeführt werden könnten.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27. September 2005 die Beklagte verurteilt, "dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2002 zu bewilligen". Zur Begründung hat es ausgeführt, bei dem Kläger sei von Berufsunfähigkeit auszugehen, da er auf Grund der Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen weder seinen bisherigen Beruf als Projektleiter Sanitär- und Heizungsbereich noch einen Verweisungsberuf im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Er sei auf Grund seiner letzten Tätigkeit in die höchste Qualifikationsstufe einzuordnen und könne nur auf Facharbeitertätigkeiten verwiesen werden. Die von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten als Kunden- und Ersatzteilberater sowie als bauleitender Monteur könne er nicht mehr ausüben.

Gegen das ihr am 18. Oktober 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. November 2005 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe unzutreffend eine Berufsunfähigkeit angenommen. Gehe man davon aus, dass der Kläger seine zuletzt (auch im Außendienst) ausgeübte Tätigkeit als Projektleiter im Sanitär- und Heizungsbereich nicht mehr ausüben könne, spreche die verbliebene berufliche Belastbarkeit, die die medizinische Beweisaufnahme ergeben habe, nicht gegen die Verrichtung entsprechender Tätigkeiten als Sachbearbeiter im Fachgroßhandel des Sanitär- und Heizungsbaus. Auch eine Verweisung auf die Tätigkeit als Hauswart in größeren Wohnungs- und Verwaltungsgebäuden käme in Betracht. Bei dieser Tätigkeit handele es sich im Vergleich zu der Tätigkeit des Hausmeisters mit einem überwiegend handwerklich orientierten Aufgabengebiet um eine überwiegend verwaltend-organisatorische Tätigkeit, welche eine erhebliche körperliche Mitarbeit nicht erfordere. Nach einem Hinweis des Senats vom 27. Dezember 2006 hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 16. April 2007 die Verweisungstätigkeit des Hauswarts als für den Kläger nicht zumutbar angesehen sowie im Schriftsatz vom 18. April 2007 als weiteren Verweisungsberuf denjenigen des Fachverkäufers/Fachberaters für Sanitär, Heizung und Installation benannt und hierzu - nach Vertagung einer mündlichen Verhandlung vom 20. April 2007 - berufskundliche Stellungnahmen und Auskünfte, Auszüge aus der Datenbank BERUFENET und Stellenangebote vorgelegt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. September 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die von der Beklagten genannten Tätigkeiten könne er wegen der qualitativen Einschränkungen nicht verrichten und sie seien angelernte Berufe. Da er als Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion zu beurteilen sei, könne er jedoch lediglich auf Facharbeitertätigkeiten verwiesen werden.

Der Senat hat die berufskundlichen Auskünfte bei der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Baden-Württemberg - vom 8. August 2007 und des Berufsverbandes Deutscher Heimwerker-, Bau- und Gartenfachmärkte e.V. vom 2. Oktober 2007 eingeholt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entschieden hat, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. Dezember 2002 zu bewilligen. Auch wenn das Sozialgericht nach dem Tenor seines Urteils dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zugesprochen hat, ergibt sich aus den Entscheidungsgründen, dass damit eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemeint war. Da der Kläger seit 1. April 2004 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bezieht, ist im Berufungsverfahren noch darüber zu entscheiden, ob der Kläger in der Zeit vom 1. Dezember 2002 bis 31. März 2004 Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat. Der Senat hat deswegen und weil das Sozialgericht auch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. November 2003 im Tenor nicht aufgehoben hat, den Tenor des erstinstanzlichen Urteils zur Klarstellung neugefasst.

Der Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beurteilt sich nach § 240 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl. I, S. 1827). Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI (in der zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung im November 2002 geltenden Fassung) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Der Kläger ist am 19. März 1944 und damit vor dem 2. Januar 1961 geboren. Auch die sonstigen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung) und Nr. 3 SGB VI (Erfüllung der allgemeinen Wartezeit vor Eintritt der Erwerbsminderung) sind gegeben. Schließlich ist der Kläger auch berufsunfähig.

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Belastbarkeit des Klägers ist auf Grund von Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, beider Daumenstrahlen, der linken Hüfte und beider Kniegelenke sowie auf Grund des seit 1976 bekannten Morbus Crohn eingeschränkt. Dies ergibt sich aus den Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dr. St. und Dr. Su ... Hinsichtlich des orthopädischen und internistischen Gebiets werden wesentlich abweichende Befunde auch von den behandelnden Ärzten nicht beschrieben. Der Kläger kann unter Berücksichtigung der bestehenden orthopädischen und internistischen Gesundheitsstörungen leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen mit Heben und Tragen von Lasten bis zu fünf Kilogramm vollschichtig, mittelschwere Arbeiten (Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn kg) nur noch untervollschichtig maximal zwei bis drei Stunden täglich (Dr. St.) bzw. nur gelegentlich (Dr. Su.) ausführen. Nicht mehr verrichtet werden können schwerere körperliche Arbeiten sowie Akkordarbeiten oder Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck.

Auf nervenärztlichem Gebiet bestand im streitigen Zeitraum eine mittelgradige depressive Episode, die behandelbar war. Diese führte nicht zu Leistungseinschränkungen, die eine Erwerbstätigkeit auf weniger als sechs Stunden einschränkten. Dies entnimmt der Senat dem nervenärztlichen Gutachten des Dr. Sc. vom 12. Januar 2005. Auch der behandelnde Neurologe Dr. D. ging von einer prinzipiellen Reversibilität der Depression aus.

Mit den Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit konnte der Kläger im streitigen Zeitraum seinen bisherigen Beruf nicht mehr verrichten. Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Bisheriger Beruf des Klägers war danach die letzte, von September 1975 bis 31. Dezember 2000 ausgeübte Tätigkeit bei einem Sanitär- und Heizungsbauunternehmen. Der Kläger war zunächst als Obermonteur, zuletzt als Projektleiter und als Kundendienstleiter im Innendienst beschäftigt (Zeugnis vom 31. Dezember 2000; Blatt 147 der SG-Akte). Diese Tätigkeit umfasste auch die Bauleitung für Wohn- und Industrieanlagen. Verbunden damit waren auch Tätigkeiten auf Baustellen. Dies ergibt sich aus den Angaben des Arbeitgebers gegenüber der Beklagten vom 30. Juni 2002 (Blatt 132 der Gutachten-Teilakte der Beklagten), wonach der Kläger Monteure auf den Montagestellen kontrollieren musste. Im Hinblick darauf hält der Senat die Angaben des Arbeitgebers, es habe sich um eine überwiegend gehende und stehende Tätigkeit gehandelt, für schlüssig. Damit in Übereinstimmung stehen auch die Angaben des Klägers, er habe ca. vier Stunden täglich Baustellentätigkeit verrichtet. Mit den genannten Leistungseinschränkungen kann eine Tätigkeit, bei der Arbeiten auf Baustellen zu verrichten sind, nicht ausgeübt werden. Dies wird von der Beklagten auch nicht in Frage gestellt. Sie geht vielmehr selbst davon aus, dass der Kläger eine Tätigkeit im Sanitär- und Heizungsbereich nicht mehr ausüben konnte (S. 2 der Berufungsschrift - ohne Datum -).

Der Senat vermag nicht festzustellen, dass der Kläger zumutbar auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Dies gilt auch für die von der Beklagten zuletzt noch benannte Tätigkeit des Fachverkäufers/Fachberaters für Sanitär, Heizung und Installation. Diese Tätigkeit wird überwiegend in Baufachmärkten erbracht. Dies ergibt sich sowohl aus den von der Beklagten vorgelegten Stellenangeboten als auch den Stellenangeboten, die die Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Baden-Württemberg - ihrer Auskunft vom 8. August 2007 beigefügt hat. Diese Tätigkeit kann der Kläger bereits aus gesundheitlichen Gründen nicht verrichten. Nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Berufsverbands Deutscher Heimwerker-, Bau- und Gartenfachmärkte e.V. vom 2. Oktober 2007 ist die Tätigkeit eines Fachberaters im Baumarkt mit einem hohen Maß an Steh- und Gehtätigkeit verbunden. Eine überwiegend gehende und stehende Tätigkeit kann der Kläger nicht mehr verrichten. Diese Anforderungen stellte auch sein bisheriger Beruf, den er wie dargelegt nicht mehr ausüben kann.

Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45).

Die Tätigkeit des Klägers ist als eine mit Vorgesetztenfunktion und damit in die oberste Gruppe des Mehrstufenschemas einzuordnen. Die Rechtsprechung des BSG zählt zur Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" oder zur Gruppe der "besonders hoch qualifizierten Facharbeiter" diejenigen Versicherten, die wegen der geistigen und persönlichen Anforderungen ihrer Tätigkeit die Facharbeiter deutlich überragen und die deswegen in die Spitzengruppe der Lohnskala eines entsprechend differenzierten Tarifvertrages eingestuft sind. Für die Zuordnung zur Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" ist im Einzelnen erforderlich, dass der Versicherte in der Regel keinen Weisungen eines anderen im Arbeiterverhältnis stehenden Beschäftigten unterworfen war; ferner, dass er nicht lediglich als "schlichter Vorarbeiter" die gleichen Arbeiten wie seine Facharbeiterkollegen verrichtete, und dass er nicht nur in engem Rahmen eine herausgehobene Stellung innerhalb einer Gruppe von Ungelernten und Angelernten innehatte (BSG SozR 3-2960 § 46 Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind gegeben. Der Kläger war für die Einteilung der ihm unterstellten Monteure verantwortlich und hatte diese zu beaufsichtigen. Die tarifliche Einstufung erfolgte in der höchsten Gruppe der Meister (M 5) des Gehaltstarifvertrages zwischen dem Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg und der Christlichen Gewerkschaft Metall, Landesverband Baden-Württemberg (Blatt 135/138 der Gutachten-Teilakte der Beklagten), was die herausgehobene Stellung des Klägers bestätigt. Der Kläger ist damit verweisbar auf Tätigkeit mit dem Leitberuf des Facharbeiters. Dem genügt die von der Beklagten im Berufungsverfahren zunächst benannte Tätigkeit des Hauswarts nicht, weil es sich um eine Anlerntätigkeit handelt. Dies ergibt sich aus dem von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Urteil des Bayerischen LSG vom 24. März 2004 - L 20 RJ 541/01 -. Deshalb hat die Beklagte auch nach entsprechendem Hinweis des Senats hieran nicht mehr festgehalten.

Auch die von der Beklagten zuletzt noch benannte Tätigkeit des Fachverkäufers/Fachberaters für Sanitär, Heizung und Installation ist keine zumutbare Verweisungstätigkeit. Die Ausführungen der Beklagten zur weiter genannten Tätigkeiten eines Sachbearbeiters im berufsbezogenen Fachgroßhandel lassen schon nicht erkennen, dass insoweit eine Tätigkeit mit dem Leitberuf des Facharbeiters gegeben ist. Die Beklagte gab keinen Tarifvertrag an, aus dem sich eine Einstufung einer solchen Tätigkeit ergibt. Unter Berücksichtigung ihres früheren und im Laufe des Berufungsverfahrens nicht mehr aufrechterhaltenen Vortrags, der Kläger könne auf die (angelernte) Tätigkeit des Hauswarts verwiesen werden sowie auf Grund seiner vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten als Projektleiter die Tätigkeit eines Sachbearbeiters im berufsbezogenen Fachgroßhandel vollwertig nach einer Einarbeitungszeit von drei Monaten verrichten, ist davon auszugehen, dass die Beklagte von einer Verweisbarkeit von der Gruppe des Facharbeiters auf die Gruppe des Angelernten ausgeht und nicht von der hier maßgeblichen Verweisbarkeit von der obersten Gruppe des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion auf die Gruppe des Facharbeiters. Die fehlende Zumutbarkeit der Verweisung begründet sich weiter daraus, dass spezifische Ausbildungen bzw. Fortbildungen notwendig sind, um diese Tätigkeit zu verrichten, und die Ausbildungsdauer der Zugangsberufe mehrere Jahre dauert. Dies ergibt sich aus den Auskünften der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Baden-Württemberg - vom 8. August 2007 und des Berufsverbands Deutscher Heimwerker-, Bau- und Gartenfachmärkte e.V. vom 2. Oktober 2007. Eine längere Ausbildung ist dem Kläger angesichts seines Alters zum Zeitpunkt des Beginns der Rente am 1. Dezember 2002 (58 Jahre 8 Monate) nicht mehr zumutbar. Eine längere Ausbildung wäre auch nicht zweckmäßig, da der Kläger ab 1. April 2004 Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen hatte und damit in einer Ausbildung erworbene Kenntnisse faktisch nicht mehr hätte einsetzen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 192 Satz 1 Satz 1 Nr. 1, 193 SGG. Verschuldenskosten waren der Beklagten aufzuerlegen, weil durch ein Verschulden der Beklagten es nötig war, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. April 2007 zu vertagen. Denn die Beklagte trug erstmals im Schriftsatz vom 18. April 2007 substantiiert zu der Verweisungstätigkeit des Fachverkäufers/Fachberaters für Sanitär, Heizung und Installation vor. Die Vertagung beruhte auf dem Verschulden der Beklagten, weil entsprechender Vortrag schon früher möglich gewesen wäre. Der Berichterstatter hatte mit Schreiben vom 27. Dezember 2006 die Beklagte darauf hingewiesen, dass die im Berufungsverfahren zunächst benannte Tätigkeit des Hauswarts eine Anlerntätigkeit sei, weshalb der bisherige Standpunkt überdacht werden sollte. Auch auf die mit der gerichtlichen Verfügung vom 6. Februar 2007 erfolgte Mahnung reagierte die Beklagte zunächst nicht, sondern erst mit dem Schriftsatz vom 18. April 2007. Der (Mindest)Betrag der Verschuldenskosten in Höhe von EUR 225,00 ergibt sich aus §§ 192 Abs. 1 Satz 3, 184 Abs. 2 SGG. Die Verpflichtung, die nach § 184 Abs. 1 SGG zu anfallende Gebühr zu entrichten, bleibt von der Verhängung von Verschuldenskosten unberührt.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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