Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 68/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Beschwerdeausschuss ist nicht verpflichtet, sich näher mit dem Umfang der Unwirtschaftlichkeit auseinanderzusetzen, wenn er bei einem statistischen Kostenvergleich im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses beanstandungsfrei von der Vermutung eines unwirtschaftlichen Verordnungsverhaltens ausgeht und bei der Festsetzung der Regresssumme den Bereich der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit nicht überschreitet. Von daher braucht er sich nicht im Einzelnen mit der Auffassung in einem Prüfbericht auseinanderzusetzen, dass die Verordnung bestimmter Arzneimittel zum therapeutischen Grundrüstzeug der HNO-Heilkunde gehörten, weshalb die Regresssumme sicherlich niedriger als durch den Prüfungsausschuss anzusetzen sei.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Arzneikostenregress für die beiden Quartalen I und II/04 in Höhe von 7.983,36 EUR bzw. 6.672,96 EUR netto, insgesamt in Höhe von 14.756,32 EUR.
Die Klägerin ist als Fachärztin für HNO-Heilkunde seit dem Quartal III/01 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
In den streitbefangenen Quartalen ergaben sich folgende Abrechnungswerte des Klägers im Vergleich mit ihrer Fachgruppe (VG):
I/04 II
Anzahl Praxen/Ärzte 233/273 232/276
Fallzahl Kl/VG 1.060/1.345 1.002/1.276
Rentneranteil Kl/VG in % 26/29 28/30
Fallwert gesamt in EUR Kl/VG 72.21/57,91 72.56/57,08
Arzneikosten gesamt pro Fall in EUR Kl./VG 21,21/7,98 20,18/7,75
Überschreitung d. Kl. in EUR 13,23 12,43
Überschreitung d. Kl. in % 166 160
Die zu 2) bis 8) beigeladenen Verbände der Krankenkassen in Hessen beantragten am 29.03. und 06.09.2005 die Prüfung der Arzneimittel-Verordnungsweise nach Durchschnittswerten für die streitbefangenen Quartale für die Klägerin.
Der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Hessen Frankfurt/Main setze mit Beschluss vom 20.09.2006 den strittigen Arzneikostenregress fest. Für das Quartal I/04 setzt er einen Regress in Höhe von 9,00 EUR je Fall für 1.056 Fälle, im Ergebnis 7.983,36 EUR netto, und für das Quartal II/04 8,00 EUR je Fall für 993 Fälle, im Ergebnis 6.672,96 EUR netto fest. Er führte einen statistischen Fallkostenvergleich durch und setzte die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei Überschreitung von 40 – 50 % an. Die von der Klägerin gemeldeten Hyposensibilisierungen würden im Quartal I/04 3.116,44 EUR (2,95 EUR je Fall) und im Quartal II/04 681,56 EUR (0,69 EUR je Fall) betragen und somit nicht die hohe Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes erklären. Das gleiche gelte für die Infusionstherapie. Die Frequenzstatistiken zeigten, dass sich der Anteil der abgerechneten Ziffer 273 nur unerheblich von der Fachgruppe unterscheide. Die Überprüfung der gemeldeten kostenintensiven Fälle habe ergeben, dass es sich hier um Fälle handele, die in jeder anderen HNO-Praxis ebenfalls vorkämen. Zum Teil seien kostenintensive Fälle gemeldet worden, obwohl keine Verordnungen ausgestellt worden seien. Die Klägerin verordne wenig Generica-Präparate. Es würden hochpreisige Antibiotika (z.B. Zithromax), Rhinologika (z. B. Siozwo Nasenspülung), viele topische Corticoide (z.B. Nasonex, Aquacort) verordnet werden. Aber auch fachfremde Verordnungen wie z.B. Bromazanil seien aufgefallen. Auch die nicht verordnungsfähigen Präparate wie Tantum verde, Coldastop trieben die Kosten in die Höhe. Zu beanstanden seien auch Medikamente, die in kurzen zeitlichen Abständen verordnet würden. Hierzu werden 2 Beispielsfälle genannt. Kausale Ersparnisse seien nicht ersichtlich. Er schätze den unwirtschaftlichen Mehraufwand und belasse der Kläger Mehrkosten in Höhe von 50 % zum Fachgruppendurchschnitt.
Hiergegen legte die Klägerin am 05.03.2007 Widerspruch ein, den sie nicht weiter begründete.
Der Beklagte holte einen Prüfbericht bei dem Facharzt für HNO-Krankheiten Dr. Dr. C ein. Diesen übersandte der Beklagte unter dem Datum vom 28.07.2009 an die Klägerin mit der Bitte um Stellungnahme, wovon sie keinen Gebrauch machte.
Der Beklagte wies aufgrund der Sitzung am 02.09.2009 mit Bescheid vom 28.12.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Er nahm ein statistischen Kostenvergleich vor und ging vom vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses bei Überschreitungswerten von ca. 40 – 50 % oder mehr aus. Die Überschreitungswerte führte er nicht auf Praxisbesonderheiten, sondern auf das Verordnungsverhalten der Klägerin zurück. Bei der Durchsicht der Verordnungsunterlagen durch den Fachreferenten hätte sich gezeigt, dass die Verordnungsweise der Klägerin nicht immer den strengen Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses entspreche. Insbesondere gelinge es nicht immer, den Zielkonflikt zwischen einer ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung, sowie einem notwendigen Wechsel zwischen allopathischer und homöopathischer bzw. naturheilkundlicher Therapie dahingehend aufzulösen, dass der vorgegebene Zielkorridor eingehalten werde. Alle Medikamente seien im Einzelfall durchaus sinnvoll einzusetzen, könnten jedoch nicht, wie z.B. Otovowen oder Tantum verde zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Bezüglich der hochpreisigen Antibiotika sei festzustellen, dass diese zwar durch Generica ersetzt werden könnten, dass Einsparpotential im Regelfall jedoch sehr gering sei. Auch würden Einfachpräparate wie Doxycyclin durchaus verordnet werden. Rhinologika wie Siozwo könnten nicht zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden und würden entsprechend bemängelt. Bezüglich der "vielen topischen Korticoide" vertrete der Fachreferent allerdings die Meinung, dass topische Korticoide zum Grundrüstzeug der HNO-Therapie gehört und verordnet werde müssten. Das größte Einsparpotential bestehe in Medikamenten, die nicht zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden könnten wie Tantum verde, Paracodin, Otovowen, dass bekannte Siozwo und Cetirizin. Kompensatorische Einsparungen seien nicht ersichtlich. Es seien Unwirtschaftlichkeiten erkennbar. Diese erklärten sich in erster Linie durch Nichtbeachtung der Arzneimittelrichtlinien. Im Übrigen verweise er auf die Beanstandungen in dem Referentenbericht. Er habe damit die Entscheidung des Prüfungsausschusses bestätigt. Im Ergebnis seien der Klägerin Mehrbeträge von 53 % im Quartal I/04 und 57 % im Quartal II/04 belassen worden.
Gegen den am 29.012.2009 zugestellten Bescheid erhob die Klägerin am 20.01.2010 die Klage. Sie trägt vor, sie verfüge über eine Abrechnungsgenehmigung zur otoakustischen Emission. Soweit es um Arzneimittel gehe, die angeblich nicht verordnungsfähig seien, sei zu berücksichtigen, dass die Kosten dafür sehr gering seien. Zum anderem wäre es zumindest in dem einem oder anderen Fall zur Verordnung rezeptpflichtiger Arzneimittel gekommen, die in der Regel deutlich teuer seien. Der Fachbericht des Dr. Dr. C weiche in seiner Beurteilung signifikant von dem Vorbericht des Dr. D ab. Dies wirke sich auf die Regresssumme aus. Der Beklagte hätte auf die Unterschiede der Berichte eingehen und darlegen müssen, weshalb er hinsichtlich der Regeresssumme vom Votum des Berichterstatters abweiche. Sie führe in einem höheren Umfang als die Fachgruppe OP Nachsorge und Hyposensibilisierungen durch. Dies und die niedrige Fallzahl erhöhten ihre durchschnittlichen Fallkosten. Soweit Dr. Dr. C die Anwendung topischer Korticoide im Gegensatz zum vorherigen Prüferreferenten für zutreffend halte, könne der Beklagte nicht das Prüfergebnis des Prüfungsausschusses übernehmen. Ein Vergleich mit den Vor- und Nachquartalen zeige, dass besonders erhöhte Werte in den streitbefangenen Quartalen vorlägen, die auf besondere Verhältnisse schließen ließen. Sie habe sich auch kritisch mit ihrer Verordnungsweise befasst, was die Teilnahme einer Beratung im Juni 2006 zeige. Nach Einlegung ihres Widerspruches sei das Verfahren nicht weiter betrieben worden, weshalb die Hemmungswirkung des Bescheids des Prüfungsausschusses entfalle. Sie erhebe die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 02.09.2009 aufzuheben und diesen zu verurteilen, über ihren Widerspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid und trägt ergänzend vor, es bedürfe keiner näheren Begründung hinsichtlich der Quantifizierung des Mehraufwands gegenüber dem durchschnittlichen Aufwand in der Vergleichsgruppe.
Die Beigeladenen haben sich schriftsätzlich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 03.03.2010 die Beiladung ausgesprochen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit je einem Vertreter der Vertragsärzte und Psychotherapeuten sowie der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie konnte dies trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen zu 1) bis 8) tun, weil diese ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 110 Abs. 1 SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der Beschluss des Beklagten vom 02.09.2009 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, sie über ihren Widerspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beschluss des Beklagten vom 02.09.2009 ist rechtmäßig.
Gegenstand des Verfahrens ist nur der Bescheid des Beklagten, nicht auch der des Prüfungsausschusses. In Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf die das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung des Beschwerdeausschusses. Dieser wird mit seiner Anrufung für das weitere Prüfverfahren ausschließlich und endgültig zuständig. Sein Bescheid ersetzt den ursprünglichen Verwaltungsakt des Prüfungsausschusses, der abweichend von § 95 SGG im Fall der Klageerhebung nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens wird. Eine dennoch gegen diesen Bescheid erhobene Klage ist unzulässig (vgl. BSG, Urt. v. 19.06.1996 - 6 RKa 40/95 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 35 = NZS 1997, 135 = USK 96134, zitiert nach juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.06.2000 - B 6 KA 36/98 R - USK 2000-165, juris Rdnr. 14). Sofern der Bescheid des Beklagten rechtswidrig ist, ist nur er, nicht dagegen auch ein ihm vorausgegangener - ebenfalls rechtswidriger - Bescheid des Prüfungsausschusses aufzuheben. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Beschwerdeausschuss etwa aus formalen Gründen gehalten wäre, den angefochtenen Bescheid des Prüfungsausschusses aufzuheben, z. B. weil eine Zuständigkeit der Prüforgane nicht gegeben war oder der für die Einleitung des Prüfverfahrens erforderliche Prüfantrag fehlte. Dies beruht auf dem Umstand, dass beide Ausschüsse rechtlich verselbständigte Gremien sind, denen kraft Gesetzes die Befugnis zusteht, im Einzelfall den Umfang der zu vergütenden ärztlichen Leistungen zu bestimmen und insofern ergänzend den Honoraranspruch des Arztes bzw. den Regress rechtsgestaltend festzulegen. Ihre Entscheidungen sind nicht einem anderen Rechtsträger, sondern ihnen selbst zuzurechnen. Diese sozialrechtliche Besonderheit beruht darauf, dass die Ausschüsse Einrichtungen der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen sind und damit von verschiedenen Rechtsträgern getragen werden (s. § 106 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Als Konsequenz dieser organisatorischen Verselbständigung hat das SGG den Prüfungs- und den Beschwerdeausschüssen die Beteiligtenfähigkeit zuerkannt (§ 70 Nr. 4 i. V. m. § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG) und ihnen damit zugleich im Rahmen ihrer Sachkompetenz die Prozessführungsbefugnis eingeräumt (vgl. BSG, Urt. v. 09.03.1994 6 RKa 5/92 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 22 = BSGE 74, 59 = MedR 1995, 248 = USK 94119, juris Rdnr. 16 f. m. w. N.).
Im System der gesetzlichen Krankenversicherung nimmt der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt - Vertragsarzt - die Stellung eines Leistungserbringers ein. Er versorgt die Mitglieder der Krankenkassen mit ärztlichen Behandlungsleistungen, unterfällt damit auch und gerade dem Gebot, sämtliche Leistungen im Rahmen des Wirtschaftlichen zu erbringen. Leistungen, die für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, darf er nach dem hier anzuwendenden Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (§ 12 Abs. 1 SGB V) nicht erbringen.
Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise ist § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V in der maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 14.11.2003 (BGBl. I 2190).
Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode. Die Abrechnungswerte des Arztes werden mit denjenigen seiner Fachgruppe – bzw. mit denen einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe - im selben Quartal verglichen. Ergänzt durch die sog. intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des Arztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, d. h., ihn in einem Ausmaß überschreitet, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lässt, hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2003 B 6 KA 45/02 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 = Breith 2004, 13, juris, Rdnr. 17 m. w. N.).
Von welchem Grenzwert an ein offensichtliches Missverhältnis anzunehmen ist, entzieht sich einer allgemein verbindlichen Festlegung (vgl. BSG, Urt. vom 15.03.1995 - 6 RKa 37/93 - BSGE 76, 53 = SozR 3 2500 § 106 Nr. 26 = NZS 1996, 33 = NJW 1996, 2448 = USK 9573, juris Rdnr. 18). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt zwischen dem Bereich der normalen Streuung, der Überschreitungen um bis zu ca. 20 % erfasst, und der Grenze zum sog. offensichtlichen Missverhältnis der Bereich der Übergangszone. Die Grenze zum sog. offensichtlichen Missverhältnis hat das Bundessozialgericht früher bei einer Überschreitung um ca. 50 % angenommen. Seit längerem hat es - unter bestimmten Voraussetzungen - niedrigere Werte um ca. 40 % ausreichen lassen. Die Prüfgremien haben einen Beurteilungsspielraum, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis höher oder niedriger festzulegen. Vor diesem Hintergrund hat das Bundessozialgericht es nicht ausgeschlossen, dass Überschreitungen um 42, 38, 33 und 31 % möglicherweise dem Bereich des sog. offensichtlichen Missverhältnisses zugeordnet werden können (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2000 - B 6 KA 24/99 R - SozR 3 2500 § 106 Nr. 50 = USK 2000-171, juris Rdnr. 24). Bei Arztgruppen mit engem Leistungsspektrum darf eine Grenzziehung bei Überschreitungen der Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe um +40 % oder weniger vorgenommen werden (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2003 - B 6 KA 45/02 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 = Breith 2004, 13, juris Rdnr. 26). Bei einer Arztgruppe mit einem engen Leistungsspektrum, das gegen größere Unterschiede bei den durchschnittlichen Fallkosten der einzelnen Praxen spricht, ist es unter Umständen zu vertreten, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bereits bei einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 40 % festzusetzen (vgl. BSG, Urt. v. 02.06.1987 - 6 RKa 23/86 - aaO., juris Rdnr. 23).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind die Prüfgremien ferner berechtigt, u. a. eine eingeschränkte Einzelfallprüfung durchzuführen. Bei der eingeschränkten Einzelfallprüfung untersuchen die Prüfinstanzen - ebenfalls regelmäßig unter Heranziehung von sachverständigen Ärzten - Behandlungsfälle eines Arztes aufgrund von dessen Behandlungsangaben und Behandlungsunterlagen. Die strenge Einzelfallprüfung unterscheidet sich von der eingeschränkten demnach dadurch, dass bei der letzteren der Prüfung der Behandlungsweise die Indikationsbeurteilung des geprüften Arztes zugrunde gelegt wird. Es handelt sich damit nicht um eine "wirkliche" Einzelfallprüfung, sondern im Kern um eine bloße Schlüssigkeitsprüfung. Sie kommt nur - dann als geeignete Beweismethode in Betracht, wenn aussagekräftigere Beweismittel und -methoden nicht (mehr) zur Verfügung stehen. Das Ergebnis einer eingeschränkten Einzelfallprüfung ist in seiner Aussagefähigkeit ebenfalls begrenzt. Da bei ihr die Angaben des zu prüfenden Arztes der Prüfung zugrunde gelegt werden, kann mit ihr zwar nicht der Nachweis der Wirtschaftlichkeit geführt werden. Die Ergebnisse können aber geeignete Grundlage einer wertenden Entscheidung der Prüfgremien sein, dass die Behandlung eines Arztes unwirtschaftlich ist (vgl. BSG, Urt. v. 08.04.1992 6 RKa 27/90 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 10 = BSGE 70, 246 = NZS 1992, 113 = SGb 1993, 124 = NJW 1993, 1549 = USK 92154, juris Rdnr. 38).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden.
Der Beschluss ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Durch die Übersendung des Prüfberichts des vom Beklagten beauftragten Dr. Dr. C mit der Möglichkeit zur Stellungnahme hat eine ausreichende Anhörung stattgefunden (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch, Verwaltungsverfahren - SGB X). Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich der Beschluss des Beklagten, so dass es auf etwaige Verfahrensmängel des Prüfungsausschusses nicht ankommt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Prüfungsausschuss der Klägerin zunächst die Teilnahme an einer Prüfsitzung zugesichert hat, dann aber erst in seinem Beschluss hiervon abgerückt ist, so liegt darin kein Verfahrensmangel des Beklagten. Die Vorgehensweise des Prüfungsausschusses könnte allenfalls zur Nachholung einer weiteren Anhörung führen, was gerade durch das Verfahren vor dem Beklagten geschehen ist. Ein Erlöschen der Prüfverpflichtung des Beklagten kann dadurch nicht eintreten.
Der Beklagte hat auch sein Ergebnis ausreichend begründet. Im Einzelnen wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss verwiesen (§ 136 Abs. 3 SGG). Soweit der Prüfarzt Dr. Dr. C in seinem Prüfbericht abweichend zur Auffassung im vom Prüfungsausschuss beigezogenen Prüfbericht des Dr. D ausführt, topische Korticoide gehörten heute zum therapeutischen Grundrüstzeug der HNO-Heilkunde, weshalb die Regresssumme sicherlich niedriger anzusetzen sei, so hat der Beklagte dies in seine Begründung aufgenommen, ohne sich hiermit im Einzelnen auseinanderzusetzen. Wenn auch hier eine vertiefende Auseinandersetzung wünschenswert gewesen wäre, so hält sie die Kammer rechtlich nicht für geboten. Der Beklagte geht zu Recht von der Vermutung eines unwirtschaftlichen Verordnungsverhaltens aus. Findet er wie hier, was weiter unten dargelegt wird, beanstandungsfrei keine Praxisbesonderheiten zur Erklärung des Verordnungsverhaltens, braucht er sich nicht näher mit dem Umfang der Unwirtschaftlichkeit auseinanderzusetzen, soweit er bei der Festsetzung der Regresssumme den Bereich der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit nicht überschreitet. Er ist rechtlich nicht verpflichtet, den Umfang der Unwirtschaftlichkeit im Einzelnen darzulegen. Im Übrigen ergibt sich aus den weiteren Ausführungen des Beklagten, dass er weiterhin von einer Unwirtschaftlichkeit im streitgegenständlichen Umfang ausgeht. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, im Einzelnen vorzutragen, welche Praxisbesonderheiten bestanden haben, insb. ob die Verordnung der topischen Korticoide eine Praxisbesonderheit darstellte. Von daher brauchte der Beklagte diesen Gesichtspunkt des Dr. Dr. C auch nicht in seine Ermessensüberlegungen bei Festsetzung der Höhe der Regresssumme einzubeziehen.
Der Bescheid ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Der Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise das Vorliegen einer Praxisbesonderheit verneint.
Als Praxisbesonderheiten des geprüften Arztes kommen nur solche Umstände in Betracht, die sich auf das Behandlungs- oder Verordnungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe typischerweise nicht oder nicht in derselben Häufigkeit anzutreffen sind. Für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit ist es deshalb nicht ausreichend, dass bestimmte Leistungen in der Praxis eines Arztes erbracht werden. Vielmehr muss substantiiert dargetan werden, inwiefern sich die Praxis gerade in Bezug auf diese Merkmale von den anderen Praxen der Fachgruppe unterscheidet (vgl. BSG, Urt. v. 21.06.1995 - 6 RKa 35/94 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 27 = USK 9588 = NZS 1996, 583, juris Rdnr. 16). Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten und hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden, und diese Abweichung muss sich gerade auf die überdurchschnittlich häufig erbrachten Leistungen auswirken (vgl. BSG, Urt. v. 23.02.2005 - B 6 KA 79/03 R - USK 2005-108, juris Rdnr. 20). Ein bestimmter Patientenzuschnitt kann z. B. durch eine spezifische Qualifikation des Arztes, etwa aufgrund einer Zusatzbezeichnung bedingt sein kann (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2000 B 6 KA 24/99 R - SozR 3-2500 § 106 Nr. 50 = USK 2000-171, juris Rdnr. 18). Es muss sich um Besonderheiten bei der Patientenversorgung handeln, die vom Durchschnitt der Arztgruppe signifikant abweichen und die sich aus einem spezifischen Zuschnitt der Patientenschaft des geprüften Arztes ergeben, der im Regelfall in Wechselbeziehung zu einer besonderen Qualifikation des Arztes steht. Ein Tätigkeitsschwerpunkt allein stellt nicht schon eine Praxisbesonderheit dar (vgl. BSG, Urt. v. 06.05.2009 - B 6 KA 17/08 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 23 = USK 2009-35 = Breith 2010, 4 = NZS 2010, 521, juris Rdnr. 27).
Die Klägerin hat im gesamten Verwaltungsverfahren nicht dargelegt, dass Praxisbesonderheiten bestehen sollten. Bei einem sog. offensichtlichen Missverhältnis trifft den Vertragsarzt die Darlegungslast hinsichtlich geltend gemachter Praxisbesonderheiten. Erstmals im Klageverfahren vorgetragene Praxisbesonderheiten können nicht mehr berücksichtigt werden. Die Amtsermittlungspflicht der Prüfgremien endet dort, wo Tatsachen beurteilungsrelevant werden, die mit den individuellen Praxisgegebenheiten des Arztes zusammenhängen. Die Prüforgane müssen nicht in die Praxis hinein ermitteln. Die Mitwirkungspflicht des Vertragszahnarztes ist gerichtet auf die umfassende Darlegung aller internen Umstände nebst deren vollständiger Verifizierung. Denn ebenso wie im privaten Geschäftsverkehr eine Rechnung ausreichend spezifiziert sein muss, ist auch der Vertragsarzt verpflichtet, seine Honorarforderung für die vertragsärztliche Tätigkeit, insbesondere einen außergewöhnlichen Mehraufwand, zu begründen und zu belegen (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2003 - B 6 KA 45/02 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 3, juris, Rn. 26 m.w.N.; LSG Hessen, Urt. v. 07.07.2010 - L 4 KA 99/09 -, juris = www.sozialgerichtsbarkeit.de, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschl. v. 17.11.2010 - B 6 KA 45/10 B - BeckRS 2010, 75832). Wegen des den Prüfgremien zustehenden Ermessensspielraums, aber auch wegen der gesamten Struktur des Verfahrens zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit vertragsärztlicher Leistungserbringung, kann dieser Vortrag in zeitlicher Hinsicht nur im Verwaltungsverfahren bis zur Entscheidung des Beschwerdeausschusses erfolgen und im Gerichtsverfahren nicht nachgeholt werden (vgl. LSG Hessen, Beschl. v. 05.08.2011 L 4 KA 1/10 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 31.08.2011 - L 7 KA 157/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, jeweils m.w.N.).
Im Übrigen fehlt es auch hier an einem substantiierten Vortrag. Soweit die Klägerin vorträgt, sie verfüge über eine Abrechnungsgenehmigung zur otoakustischen Emission, so wird nicht im Einzelnen erläutert, weshalb aus diesem Grund das Patientenspektrum von dem der Fachgruppe signifikant abweicht und in welchem Umfang sich hieraus vermehrte Arzneiverordnungskosten ergeben. Gleiches gilt für den Vortrag der Klägerin, sie führe in einem höheren Umfang als die Fachgruppe OP-Nachsorge und Hyposensibilisierungen durch. Der Hinweise der Klägerin, die angeblich nicht verordnungsfähigen Arzneimittel machten nur geringe Kosten aus, begründen nicht die Notwendigkeit der erhöhten Verordnungskosten. Einem Vertragsarzt steht auch nicht die Option zu, ein teureres rezeptpflichtiges Arzneimittel zu verordnen, wenn ein preiswerteres nicht rezeptpflichtiges Arzneimittel zur Verfügung steht (vgl. SG Marburg, Urt. v. 14.07.2010 - S 10 KA 602/08 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Ohne Erklärungswert ist der Vortrag, ein Vergleich mit den Vor- und Nachquartalen zeige, dass besonders erhöhte Werte in den streitbefangenen Quartalen vorlägen, die auf besondere Verhältnisse schließen ließen, da diese "besondere Verhältnisse" nicht benannt werden. Im Übrigen hat die Beigeladenen zu 1) an die Klägerin wegen zu hoher Verordnungskosten bereits für die Vorquartale I/03 (+ 110 %), II/03 (+ 101 %), III/03 (+ 137 %) und IV/03 (+ 84 %) Informationen über die Verordnungskosten übersandt, wobei die Schreiben für die Vorquartale I und II/03 mit Datum vom 05.02. und 19.04.2004 bereits im streitgegenständlichen Zeitraum der Klägerin bekannt waren. Zwar trifft es zu, dass sich die Klägerin mit ihrer Verordnungsweise befasst hat, was die Teilnahme an einer ersten Beratung im Juni 2005 zeigt, auch sind in den Folgequartalen wohl keine weiteren Prüfungen durchgeführt worden. Reagiert hat die Klägerin aber offensichtlich erst nach Einleitung des Prüfverfahrens aufgrund des Antrags der Beigeladenen zu 2) bis 8) vom 29.03.2005, allerdings nicht bzgl. des Verordnungsverhaltens in den streitbefangenen Quartalen.
Verjährung ist nicht eingetreten. Das Recht der Prüfgremien auf Erlass von Prüfbescheiden unterliegt nicht der Verjährung (vgl. BSG, Urt. v. 05.05.2010 - B 6 KA 5/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 28 = MedR 2011, 381 = USK 2010-50, juris Rdnr. 18 m.w.N.). Auch für Regresse wegen Verordnungen, die die Grenzen der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht eingehalten haben, gilt aber eine vierjährige Ausschlussfrist (vgl. BSG, Urt. v. 05.05.2010 - B 6 KA 5/09 R - a.a.O. Rdnr. 27 ff. m.w.N.). Der Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist wird jedoch durch Stellung eines Prüfantrags, von dem der Vertragsarzt Kenntnis erlangt, unterbrochen bzw. gehemmt (vgl. BSG, Urt. v. 05.05.2010 - B 6 KA 5/09 R - a.a.O. Rdnr. 33 ff. m.w.N.). Eine Verwirkung bei Untätigkeit des Beschwerdeausschusses tritt nicht ein. Es besteht keine weitere Ausschlussfrist von vier (oder weniger) Jahren für den Abschluss des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss mit der Folge, dass immer dann, wenn das Verfahren nach Anrufung des Beschwerdeausschusses von diesem nicht innerhalb dieser Zeit durch einen Bescheid abgeschlossen ist, eine Honorarkürzung bzw. ein Regress nicht mehr festgesetzt werden kann. Ab der Kenntnis von einem Bescheid des Prüfungsausschusses ist das Vertrauen eines Arztes, wegen seiner Verordnungsweise nicht mit Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung rechnen zu müssen, zerstört. Entspricht der Beschwerdeausschuss seiner Verpflichtung, das Verfahren angemessen zu fördern und möglichst innerhalb der in § 88 Abs. 2 SGG genannten Frist von drei Monaten abzuschließen, soweit dem keine Hinderungsgründe entgegenstehen, in keiner Weise, so ist daraus jedoch nicht abzuleiten, dass er allein deshalb an der Festsetzung eines Regresses in Form der Bestätigung der Entscheidung des Prüfungsausschusses gehindert ist (vgl. BSG, Beschl. v. 11.05.2011 - B 6 KA 5/11 B - juris; BSG, Beschl. v. 11.05.2011 - B 6 KA 12/11 B - BeckRS 2011, 73761).
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da sie keinen Antrag gestellt und sich im Verfahren nicht geäußert haben.
2. Die Klägerin hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Arzneikostenregress für die beiden Quartalen I und II/04 in Höhe von 7.983,36 EUR bzw. 6.672,96 EUR netto, insgesamt in Höhe von 14.756,32 EUR.
Die Klägerin ist als Fachärztin für HNO-Heilkunde seit dem Quartal III/01 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
In den streitbefangenen Quartalen ergaben sich folgende Abrechnungswerte des Klägers im Vergleich mit ihrer Fachgruppe (VG):
I/04 II
Anzahl Praxen/Ärzte 233/273 232/276
Fallzahl Kl/VG 1.060/1.345 1.002/1.276
Rentneranteil Kl/VG in % 26/29 28/30
Fallwert gesamt in EUR Kl/VG 72.21/57,91 72.56/57,08
Arzneikosten gesamt pro Fall in EUR Kl./VG 21,21/7,98 20,18/7,75
Überschreitung d. Kl. in EUR 13,23 12,43
Überschreitung d. Kl. in % 166 160
Die zu 2) bis 8) beigeladenen Verbände der Krankenkassen in Hessen beantragten am 29.03. und 06.09.2005 die Prüfung der Arzneimittel-Verordnungsweise nach Durchschnittswerten für die streitbefangenen Quartale für die Klägerin.
Der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Hessen Frankfurt/Main setze mit Beschluss vom 20.09.2006 den strittigen Arzneikostenregress fest. Für das Quartal I/04 setzt er einen Regress in Höhe von 9,00 EUR je Fall für 1.056 Fälle, im Ergebnis 7.983,36 EUR netto, und für das Quartal II/04 8,00 EUR je Fall für 993 Fälle, im Ergebnis 6.672,96 EUR netto fest. Er führte einen statistischen Fallkostenvergleich durch und setzte die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei Überschreitung von 40 – 50 % an. Die von der Klägerin gemeldeten Hyposensibilisierungen würden im Quartal I/04 3.116,44 EUR (2,95 EUR je Fall) und im Quartal II/04 681,56 EUR (0,69 EUR je Fall) betragen und somit nicht die hohe Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes erklären. Das gleiche gelte für die Infusionstherapie. Die Frequenzstatistiken zeigten, dass sich der Anteil der abgerechneten Ziffer 273 nur unerheblich von der Fachgruppe unterscheide. Die Überprüfung der gemeldeten kostenintensiven Fälle habe ergeben, dass es sich hier um Fälle handele, die in jeder anderen HNO-Praxis ebenfalls vorkämen. Zum Teil seien kostenintensive Fälle gemeldet worden, obwohl keine Verordnungen ausgestellt worden seien. Die Klägerin verordne wenig Generica-Präparate. Es würden hochpreisige Antibiotika (z.B. Zithromax), Rhinologika (z. B. Siozwo Nasenspülung), viele topische Corticoide (z.B. Nasonex, Aquacort) verordnet werden. Aber auch fachfremde Verordnungen wie z.B. Bromazanil seien aufgefallen. Auch die nicht verordnungsfähigen Präparate wie Tantum verde, Coldastop trieben die Kosten in die Höhe. Zu beanstanden seien auch Medikamente, die in kurzen zeitlichen Abständen verordnet würden. Hierzu werden 2 Beispielsfälle genannt. Kausale Ersparnisse seien nicht ersichtlich. Er schätze den unwirtschaftlichen Mehraufwand und belasse der Kläger Mehrkosten in Höhe von 50 % zum Fachgruppendurchschnitt.
Hiergegen legte die Klägerin am 05.03.2007 Widerspruch ein, den sie nicht weiter begründete.
Der Beklagte holte einen Prüfbericht bei dem Facharzt für HNO-Krankheiten Dr. Dr. C ein. Diesen übersandte der Beklagte unter dem Datum vom 28.07.2009 an die Klägerin mit der Bitte um Stellungnahme, wovon sie keinen Gebrauch machte.
Der Beklagte wies aufgrund der Sitzung am 02.09.2009 mit Bescheid vom 28.12.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Er nahm ein statistischen Kostenvergleich vor und ging vom vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses bei Überschreitungswerten von ca. 40 – 50 % oder mehr aus. Die Überschreitungswerte führte er nicht auf Praxisbesonderheiten, sondern auf das Verordnungsverhalten der Klägerin zurück. Bei der Durchsicht der Verordnungsunterlagen durch den Fachreferenten hätte sich gezeigt, dass die Verordnungsweise der Klägerin nicht immer den strengen Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses entspreche. Insbesondere gelinge es nicht immer, den Zielkonflikt zwischen einer ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung, sowie einem notwendigen Wechsel zwischen allopathischer und homöopathischer bzw. naturheilkundlicher Therapie dahingehend aufzulösen, dass der vorgegebene Zielkorridor eingehalten werde. Alle Medikamente seien im Einzelfall durchaus sinnvoll einzusetzen, könnten jedoch nicht, wie z.B. Otovowen oder Tantum verde zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Bezüglich der hochpreisigen Antibiotika sei festzustellen, dass diese zwar durch Generica ersetzt werden könnten, dass Einsparpotential im Regelfall jedoch sehr gering sei. Auch würden Einfachpräparate wie Doxycyclin durchaus verordnet werden. Rhinologika wie Siozwo könnten nicht zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden und würden entsprechend bemängelt. Bezüglich der "vielen topischen Korticoide" vertrete der Fachreferent allerdings die Meinung, dass topische Korticoide zum Grundrüstzeug der HNO-Therapie gehört und verordnet werde müssten. Das größte Einsparpotential bestehe in Medikamenten, die nicht zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden könnten wie Tantum verde, Paracodin, Otovowen, dass bekannte Siozwo und Cetirizin. Kompensatorische Einsparungen seien nicht ersichtlich. Es seien Unwirtschaftlichkeiten erkennbar. Diese erklärten sich in erster Linie durch Nichtbeachtung der Arzneimittelrichtlinien. Im Übrigen verweise er auf die Beanstandungen in dem Referentenbericht. Er habe damit die Entscheidung des Prüfungsausschusses bestätigt. Im Ergebnis seien der Klägerin Mehrbeträge von 53 % im Quartal I/04 und 57 % im Quartal II/04 belassen worden.
Gegen den am 29.012.2009 zugestellten Bescheid erhob die Klägerin am 20.01.2010 die Klage. Sie trägt vor, sie verfüge über eine Abrechnungsgenehmigung zur otoakustischen Emission. Soweit es um Arzneimittel gehe, die angeblich nicht verordnungsfähig seien, sei zu berücksichtigen, dass die Kosten dafür sehr gering seien. Zum anderem wäre es zumindest in dem einem oder anderen Fall zur Verordnung rezeptpflichtiger Arzneimittel gekommen, die in der Regel deutlich teuer seien. Der Fachbericht des Dr. Dr. C weiche in seiner Beurteilung signifikant von dem Vorbericht des Dr. D ab. Dies wirke sich auf die Regresssumme aus. Der Beklagte hätte auf die Unterschiede der Berichte eingehen und darlegen müssen, weshalb er hinsichtlich der Regeresssumme vom Votum des Berichterstatters abweiche. Sie führe in einem höheren Umfang als die Fachgruppe OP Nachsorge und Hyposensibilisierungen durch. Dies und die niedrige Fallzahl erhöhten ihre durchschnittlichen Fallkosten. Soweit Dr. Dr. C die Anwendung topischer Korticoide im Gegensatz zum vorherigen Prüferreferenten für zutreffend halte, könne der Beklagte nicht das Prüfergebnis des Prüfungsausschusses übernehmen. Ein Vergleich mit den Vor- und Nachquartalen zeige, dass besonders erhöhte Werte in den streitbefangenen Quartalen vorlägen, die auf besondere Verhältnisse schließen ließen. Sie habe sich auch kritisch mit ihrer Verordnungsweise befasst, was die Teilnahme einer Beratung im Juni 2006 zeige. Nach Einlegung ihres Widerspruches sei das Verfahren nicht weiter betrieben worden, weshalb die Hemmungswirkung des Bescheids des Prüfungsausschusses entfalle. Sie erhebe die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 02.09.2009 aufzuheben und diesen zu verurteilen, über ihren Widerspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid und trägt ergänzend vor, es bedürfe keiner näheren Begründung hinsichtlich der Quantifizierung des Mehraufwands gegenüber dem durchschnittlichen Aufwand in der Vergleichsgruppe.
Die Beigeladenen haben sich schriftsätzlich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 03.03.2010 die Beiladung ausgesprochen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit je einem Vertreter der Vertragsärzte und Psychotherapeuten sowie der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie konnte dies trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen zu 1) bis 8) tun, weil diese ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 110 Abs. 1 SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der Beschluss des Beklagten vom 02.09.2009 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, sie über ihren Widerspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beschluss des Beklagten vom 02.09.2009 ist rechtmäßig.
Gegenstand des Verfahrens ist nur der Bescheid des Beklagten, nicht auch der des Prüfungsausschusses. In Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf die das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung des Beschwerdeausschusses. Dieser wird mit seiner Anrufung für das weitere Prüfverfahren ausschließlich und endgültig zuständig. Sein Bescheid ersetzt den ursprünglichen Verwaltungsakt des Prüfungsausschusses, der abweichend von § 95 SGG im Fall der Klageerhebung nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens wird. Eine dennoch gegen diesen Bescheid erhobene Klage ist unzulässig (vgl. BSG, Urt. v. 19.06.1996 - 6 RKa 40/95 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 35 = NZS 1997, 135 = USK 96134, zitiert nach juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.06.2000 - B 6 KA 36/98 R - USK 2000-165, juris Rdnr. 14). Sofern der Bescheid des Beklagten rechtswidrig ist, ist nur er, nicht dagegen auch ein ihm vorausgegangener - ebenfalls rechtswidriger - Bescheid des Prüfungsausschusses aufzuheben. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Beschwerdeausschuss etwa aus formalen Gründen gehalten wäre, den angefochtenen Bescheid des Prüfungsausschusses aufzuheben, z. B. weil eine Zuständigkeit der Prüforgane nicht gegeben war oder der für die Einleitung des Prüfverfahrens erforderliche Prüfantrag fehlte. Dies beruht auf dem Umstand, dass beide Ausschüsse rechtlich verselbständigte Gremien sind, denen kraft Gesetzes die Befugnis zusteht, im Einzelfall den Umfang der zu vergütenden ärztlichen Leistungen zu bestimmen und insofern ergänzend den Honoraranspruch des Arztes bzw. den Regress rechtsgestaltend festzulegen. Ihre Entscheidungen sind nicht einem anderen Rechtsträger, sondern ihnen selbst zuzurechnen. Diese sozialrechtliche Besonderheit beruht darauf, dass die Ausschüsse Einrichtungen der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen sind und damit von verschiedenen Rechtsträgern getragen werden (s. § 106 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Als Konsequenz dieser organisatorischen Verselbständigung hat das SGG den Prüfungs- und den Beschwerdeausschüssen die Beteiligtenfähigkeit zuerkannt (§ 70 Nr. 4 i. V. m. § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG) und ihnen damit zugleich im Rahmen ihrer Sachkompetenz die Prozessführungsbefugnis eingeräumt (vgl. BSG, Urt. v. 09.03.1994 6 RKa 5/92 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 22 = BSGE 74, 59 = MedR 1995, 248 = USK 94119, juris Rdnr. 16 f. m. w. N.).
Im System der gesetzlichen Krankenversicherung nimmt der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt - Vertragsarzt - die Stellung eines Leistungserbringers ein. Er versorgt die Mitglieder der Krankenkassen mit ärztlichen Behandlungsleistungen, unterfällt damit auch und gerade dem Gebot, sämtliche Leistungen im Rahmen des Wirtschaftlichen zu erbringen. Leistungen, die für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, darf er nach dem hier anzuwendenden Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (§ 12 Abs. 1 SGB V) nicht erbringen.
Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise ist § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V in der maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 14.11.2003 (BGBl. I 2190).
Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode. Die Abrechnungswerte des Arztes werden mit denjenigen seiner Fachgruppe – bzw. mit denen einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe - im selben Quartal verglichen. Ergänzt durch die sog. intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des Arztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, d. h., ihn in einem Ausmaß überschreitet, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lässt, hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2003 B 6 KA 45/02 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 = Breith 2004, 13, juris, Rdnr. 17 m. w. N.).
Von welchem Grenzwert an ein offensichtliches Missverhältnis anzunehmen ist, entzieht sich einer allgemein verbindlichen Festlegung (vgl. BSG, Urt. vom 15.03.1995 - 6 RKa 37/93 - BSGE 76, 53 = SozR 3 2500 § 106 Nr. 26 = NZS 1996, 33 = NJW 1996, 2448 = USK 9573, juris Rdnr. 18). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt zwischen dem Bereich der normalen Streuung, der Überschreitungen um bis zu ca. 20 % erfasst, und der Grenze zum sog. offensichtlichen Missverhältnis der Bereich der Übergangszone. Die Grenze zum sog. offensichtlichen Missverhältnis hat das Bundessozialgericht früher bei einer Überschreitung um ca. 50 % angenommen. Seit längerem hat es - unter bestimmten Voraussetzungen - niedrigere Werte um ca. 40 % ausreichen lassen. Die Prüfgremien haben einen Beurteilungsspielraum, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis höher oder niedriger festzulegen. Vor diesem Hintergrund hat das Bundessozialgericht es nicht ausgeschlossen, dass Überschreitungen um 42, 38, 33 und 31 % möglicherweise dem Bereich des sog. offensichtlichen Missverhältnisses zugeordnet werden können (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2000 - B 6 KA 24/99 R - SozR 3 2500 § 106 Nr. 50 = USK 2000-171, juris Rdnr. 24). Bei Arztgruppen mit engem Leistungsspektrum darf eine Grenzziehung bei Überschreitungen der Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe um +40 % oder weniger vorgenommen werden (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2003 - B 6 KA 45/02 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 = Breith 2004, 13, juris Rdnr. 26). Bei einer Arztgruppe mit einem engen Leistungsspektrum, das gegen größere Unterschiede bei den durchschnittlichen Fallkosten der einzelnen Praxen spricht, ist es unter Umständen zu vertreten, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bereits bei einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 40 % festzusetzen (vgl. BSG, Urt. v. 02.06.1987 - 6 RKa 23/86 - aaO., juris Rdnr. 23).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind die Prüfgremien ferner berechtigt, u. a. eine eingeschränkte Einzelfallprüfung durchzuführen. Bei der eingeschränkten Einzelfallprüfung untersuchen die Prüfinstanzen - ebenfalls regelmäßig unter Heranziehung von sachverständigen Ärzten - Behandlungsfälle eines Arztes aufgrund von dessen Behandlungsangaben und Behandlungsunterlagen. Die strenge Einzelfallprüfung unterscheidet sich von der eingeschränkten demnach dadurch, dass bei der letzteren der Prüfung der Behandlungsweise die Indikationsbeurteilung des geprüften Arztes zugrunde gelegt wird. Es handelt sich damit nicht um eine "wirkliche" Einzelfallprüfung, sondern im Kern um eine bloße Schlüssigkeitsprüfung. Sie kommt nur - dann als geeignete Beweismethode in Betracht, wenn aussagekräftigere Beweismittel und -methoden nicht (mehr) zur Verfügung stehen. Das Ergebnis einer eingeschränkten Einzelfallprüfung ist in seiner Aussagefähigkeit ebenfalls begrenzt. Da bei ihr die Angaben des zu prüfenden Arztes der Prüfung zugrunde gelegt werden, kann mit ihr zwar nicht der Nachweis der Wirtschaftlichkeit geführt werden. Die Ergebnisse können aber geeignete Grundlage einer wertenden Entscheidung der Prüfgremien sein, dass die Behandlung eines Arztes unwirtschaftlich ist (vgl. BSG, Urt. v. 08.04.1992 6 RKa 27/90 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 10 = BSGE 70, 246 = NZS 1992, 113 = SGb 1993, 124 = NJW 1993, 1549 = USK 92154, juris Rdnr. 38).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden.
Der Beschluss ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Durch die Übersendung des Prüfberichts des vom Beklagten beauftragten Dr. Dr. C mit der Möglichkeit zur Stellungnahme hat eine ausreichende Anhörung stattgefunden (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch, Verwaltungsverfahren - SGB X). Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich der Beschluss des Beklagten, so dass es auf etwaige Verfahrensmängel des Prüfungsausschusses nicht ankommt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Prüfungsausschuss der Klägerin zunächst die Teilnahme an einer Prüfsitzung zugesichert hat, dann aber erst in seinem Beschluss hiervon abgerückt ist, so liegt darin kein Verfahrensmangel des Beklagten. Die Vorgehensweise des Prüfungsausschusses könnte allenfalls zur Nachholung einer weiteren Anhörung führen, was gerade durch das Verfahren vor dem Beklagten geschehen ist. Ein Erlöschen der Prüfverpflichtung des Beklagten kann dadurch nicht eintreten.
Der Beklagte hat auch sein Ergebnis ausreichend begründet. Im Einzelnen wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss verwiesen (§ 136 Abs. 3 SGG). Soweit der Prüfarzt Dr. Dr. C in seinem Prüfbericht abweichend zur Auffassung im vom Prüfungsausschuss beigezogenen Prüfbericht des Dr. D ausführt, topische Korticoide gehörten heute zum therapeutischen Grundrüstzeug der HNO-Heilkunde, weshalb die Regresssumme sicherlich niedriger anzusetzen sei, so hat der Beklagte dies in seine Begründung aufgenommen, ohne sich hiermit im Einzelnen auseinanderzusetzen. Wenn auch hier eine vertiefende Auseinandersetzung wünschenswert gewesen wäre, so hält sie die Kammer rechtlich nicht für geboten. Der Beklagte geht zu Recht von der Vermutung eines unwirtschaftlichen Verordnungsverhaltens aus. Findet er wie hier, was weiter unten dargelegt wird, beanstandungsfrei keine Praxisbesonderheiten zur Erklärung des Verordnungsverhaltens, braucht er sich nicht näher mit dem Umfang der Unwirtschaftlichkeit auseinanderzusetzen, soweit er bei der Festsetzung der Regresssumme den Bereich der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit nicht überschreitet. Er ist rechtlich nicht verpflichtet, den Umfang der Unwirtschaftlichkeit im Einzelnen darzulegen. Im Übrigen ergibt sich aus den weiteren Ausführungen des Beklagten, dass er weiterhin von einer Unwirtschaftlichkeit im streitgegenständlichen Umfang ausgeht. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, im Einzelnen vorzutragen, welche Praxisbesonderheiten bestanden haben, insb. ob die Verordnung der topischen Korticoide eine Praxisbesonderheit darstellte. Von daher brauchte der Beklagte diesen Gesichtspunkt des Dr. Dr. C auch nicht in seine Ermessensüberlegungen bei Festsetzung der Höhe der Regresssumme einzubeziehen.
Der Bescheid ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Der Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise das Vorliegen einer Praxisbesonderheit verneint.
Als Praxisbesonderheiten des geprüften Arztes kommen nur solche Umstände in Betracht, die sich auf das Behandlungs- oder Verordnungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe typischerweise nicht oder nicht in derselben Häufigkeit anzutreffen sind. Für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit ist es deshalb nicht ausreichend, dass bestimmte Leistungen in der Praxis eines Arztes erbracht werden. Vielmehr muss substantiiert dargetan werden, inwiefern sich die Praxis gerade in Bezug auf diese Merkmale von den anderen Praxen der Fachgruppe unterscheidet (vgl. BSG, Urt. v. 21.06.1995 - 6 RKa 35/94 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 27 = USK 9588 = NZS 1996, 583, juris Rdnr. 16). Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten und hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden, und diese Abweichung muss sich gerade auf die überdurchschnittlich häufig erbrachten Leistungen auswirken (vgl. BSG, Urt. v. 23.02.2005 - B 6 KA 79/03 R - USK 2005-108, juris Rdnr. 20). Ein bestimmter Patientenzuschnitt kann z. B. durch eine spezifische Qualifikation des Arztes, etwa aufgrund einer Zusatzbezeichnung bedingt sein kann (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2000 B 6 KA 24/99 R - SozR 3-2500 § 106 Nr. 50 = USK 2000-171, juris Rdnr. 18). Es muss sich um Besonderheiten bei der Patientenversorgung handeln, die vom Durchschnitt der Arztgruppe signifikant abweichen und die sich aus einem spezifischen Zuschnitt der Patientenschaft des geprüften Arztes ergeben, der im Regelfall in Wechselbeziehung zu einer besonderen Qualifikation des Arztes steht. Ein Tätigkeitsschwerpunkt allein stellt nicht schon eine Praxisbesonderheit dar (vgl. BSG, Urt. v. 06.05.2009 - B 6 KA 17/08 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 23 = USK 2009-35 = Breith 2010, 4 = NZS 2010, 521, juris Rdnr. 27).
Die Klägerin hat im gesamten Verwaltungsverfahren nicht dargelegt, dass Praxisbesonderheiten bestehen sollten. Bei einem sog. offensichtlichen Missverhältnis trifft den Vertragsarzt die Darlegungslast hinsichtlich geltend gemachter Praxisbesonderheiten. Erstmals im Klageverfahren vorgetragene Praxisbesonderheiten können nicht mehr berücksichtigt werden. Die Amtsermittlungspflicht der Prüfgremien endet dort, wo Tatsachen beurteilungsrelevant werden, die mit den individuellen Praxisgegebenheiten des Arztes zusammenhängen. Die Prüforgane müssen nicht in die Praxis hinein ermitteln. Die Mitwirkungspflicht des Vertragszahnarztes ist gerichtet auf die umfassende Darlegung aller internen Umstände nebst deren vollständiger Verifizierung. Denn ebenso wie im privaten Geschäftsverkehr eine Rechnung ausreichend spezifiziert sein muss, ist auch der Vertragsarzt verpflichtet, seine Honorarforderung für die vertragsärztliche Tätigkeit, insbesondere einen außergewöhnlichen Mehraufwand, zu begründen und zu belegen (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2003 - B 6 KA 45/02 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 3, juris, Rn. 26 m.w.N.; LSG Hessen, Urt. v. 07.07.2010 - L 4 KA 99/09 -, juris = www.sozialgerichtsbarkeit.de, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschl. v. 17.11.2010 - B 6 KA 45/10 B - BeckRS 2010, 75832). Wegen des den Prüfgremien zustehenden Ermessensspielraums, aber auch wegen der gesamten Struktur des Verfahrens zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit vertragsärztlicher Leistungserbringung, kann dieser Vortrag in zeitlicher Hinsicht nur im Verwaltungsverfahren bis zur Entscheidung des Beschwerdeausschusses erfolgen und im Gerichtsverfahren nicht nachgeholt werden (vgl. LSG Hessen, Beschl. v. 05.08.2011 L 4 KA 1/10 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 31.08.2011 - L 7 KA 157/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, jeweils m.w.N.).
Im Übrigen fehlt es auch hier an einem substantiierten Vortrag. Soweit die Klägerin vorträgt, sie verfüge über eine Abrechnungsgenehmigung zur otoakustischen Emission, so wird nicht im Einzelnen erläutert, weshalb aus diesem Grund das Patientenspektrum von dem der Fachgruppe signifikant abweicht und in welchem Umfang sich hieraus vermehrte Arzneiverordnungskosten ergeben. Gleiches gilt für den Vortrag der Klägerin, sie führe in einem höheren Umfang als die Fachgruppe OP-Nachsorge und Hyposensibilisierungen durch. Der Hinweise der Klägerin, die angeblich nicht verordnungsfähigen Arzneimittel machten nur geringe Kosten aus, begründen nicht die Notwendigkeit der erhöhten Verordnungskosten. Einem Vertragsarzt steht auch nicht die Option zu, ein teureres rezeptpflichtiges Arzneimittel zu verordnen, wenn ein preiswerteres nicht rezeptpflichtiges Arzneimittel zur Verfügung steht (vgl. SG Marburg, Urt. v. 14.07.2010 - S 10 KA 602/08 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Ohne Erklärungswert ist der Vortrag, ein Vergleich mit den Vor- und Nachquartalen zeige, dass besonders erhöhte Werte in den streitbefangenen Quartalen vorlägen, die auf besondere Verhältnisse schließen ließen, da diese "besondere Verhältnisse" nicht benannt werden. Im Übrigen hat die Beigeladenen zu 1) an die Klägerin wegen zu hoher Verordnungskosten bereits für die Vorquartale I/03 (+ 110 %), II/03 (+ 101 %), III/03 (+ 137 %) und IV/03 (+ 84 %) Informationen über die Verordnungskosten übersandt, wobei die Schreiben für die Vorquartale I und II/03 mit Datum vom 05.02. und 19.04.2004 bereits im streitgegenständlichen Zeitraum der Klägerin bekannt waren. Zwar trifft es zu, dass sich die Klägerin mit ihrer Verordnungsweise befasst hat, was die Teilnahme an einer ersten Beratung im Juni 2005 zeigt, auch sind in den Folgequartalen wohl keine weiteren Prüfungen durchgeführt worden. Reagiert hat die Klägerin aber offensichtlich erst nach Einleitung des Prüfverfahrens aufgrund des Antrags der Beigeladenen zu 2) bis 8) vom 29.03.2005, allerdings nicht bzgl. des Verordnungsverhaltens in den streitbefangenen Quartalen.
Verjährung ist nicht eingetreten. Das Recht der Prüfgremien auf Erlass von Prüfbescheiden unterliegt nicht der Verjährung (vgl. BSG, Urt. v. 05.05.2010 - B 6 KA 5/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 28 = MedR 2011, 381 = USK 2010-50, juris Rdnr. 18 m.w.N.). Auch für Regresse wegen Verordnungen, die die Grenzen der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht eingehalten haben, gilt aber eine vierjährige Ausschlussfrist (vgl. BSG, Urt. v. 05.05.2010 - B 6 KA 5/09 R - a.a.O. Rdnr. 27 ff. m.w.N.). Der Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist wird jedoch durch Stellung eines Prüfantrags, von dem der Vertragsarzt Kenntnis erlangt, unterbrochen bzw. gehemmt (vgl. BSG, Urt. v. 05.05.2010 - B 6 KA 5/09 R - a.a.O. Rdnr. 33 ff. m.w.N.). Eine Verwirkung bei Untätigkeit des Beschwerdeausschusses tritt nicht ein. Es besteht keine weitere Ausschlussfrist von vier (oder weniger) Jahren für den Abschluss des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss mit der Folge, dass immer dann, wenn das Verfahren nach Anrufung des Beschwerdeausschusses von diesem nicht innerhalb dieser Zeit durch einen Bescheid abgeschlossen ist, eine Honorarkürzung bzw. ein Regress nicht mehr festgesetzt werden kann. Ab der Kenntnis von einem Bescheid des Prüfungsausschusses ist das Vertrauen eines Arztes, wegen seiner Verordnungsweise nicht mit Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung rechnen zu müssen, zerstört. Entspricht der Beschwerdeausschuss seiner Verpflichtung, das Verfahren angemessen zu fördern und möglichst innerhalb der in § 88 Abs. 2 SGG genannten Frist von drei Monaten abzuschließen, soweit dem keine Hinderungsgründe entgegenstehen, in keiner Weise, so ist daraus jedoch nicht abzuleiten, dass er allein deshalb an der Festsetzung eines Regresses in Form der Bestätigung der Entscheidung des Prüfungsausschusses gehindert ist (vgl. BSG, Beschl. v. 11.05.2011 - B 6 KA 5/11 B - juris; BSG, Beschl. v. 11.05.2011 - B 6 KA 12/11 B - BeckRS 2011, 73761).
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da sie keinen Antrag gestellt und sich im Verfahren nicht geäußert haben.
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