L 13 AS 5261/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 3533/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 5261/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 31. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die gemäß den §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde der Antragstellerin, der das Sozialgericht Ulm nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet.

Für den mit der Beschwerde im vorläufigen Rechtsschutz weiterverfolgten Anspruch auf darlehensweise Gewährung von Leistungen für im November 2007 und Dezember 2007 fällige Raten auf rückständige Kosten für Strom, Gas und Wasser in Höhe von jeweils 150,- EUR ist prozessuale Grundlage § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Es ist allerdings fraglich, ob der Antrag gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zulässig ist, was u.a. ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt. Dieses ist in der Regel zu verneinen, wenn vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kein entsprechender Antrag auf die begehrte Leistung bei der zuständigen Behörde gestellt worden ist (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86b Rn. 26 b m.w.N.). Dies gilt im vorliegenden Fall um so mehr, als die begehrten Leistungen nur auf Antrag zu gewähren sind. Dass ein ausdrücklicher Antrag auf Übernahme der Nachzahlungsraten von der Antragstellerin zuvor bei der Antragsgegnerin gestellt worden ist, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Einen solchen Antrag enthalten ihre Schreiben vom 7. August 2007 und vom 27. August 2007, in denen sie u.a. mitteilt, dass sie Schwierigkeiten hat, die mit dem Energieunternehmen vereinbarten Raten in Höhe von 150,- EUR monatlich zur Begleichung der fälligen Nachzahlung aufzubringen und bittet, die ihr - darlehensweise - gewährten Leistungen für Energiekosten auf ihr Konto und nicht unmittelbar an die Stadtwerke zu überweisen, nicht. Bei der Bemerkung im Postskriptum des Schreibens vom 7. August 2007: "Oder wie wäre es, wenn Sie die monatlichen 150 EUR-Raten ab September übernehmen", handelt es ebenfalls nicht um einen Antrag, der die Behörde zur Bescheidung verpflichtet hätte. Der Senat sieht es im vorliegenden Verfahren allerdings für die Bejahung des Rechtsschutzbedürfnisses der Antragstellerin als noch ausreichend an, dass sie die Antragsgegnerin über die von ihr zusätzlich zu tragenden Raten für die Nachzahlung von Strom, Gas und Wasser in den genannten Schreiben informiert und befasst hat.

Der Antrag kann aber in der Sache keinen Erfolg haben. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B -). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in NJW 2003, 1236f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - m.w.N. in Juris).

Die Voraussetzungen für den Erlass der von der Antragstellerin beantragten einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Die Antragstellerin hat weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. § 22 Abs. 5 S. 1 SGB II bestimmt, dass, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden können, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Dies umfasst auch die Übernahme von Energiekostenrückständen - wie hier den das Erdgas betreffenden Nachzahlungsbetrag -, wenn die faktische Unbenutzbarkeit der Wohnung wegen der Sperrung der Energiezufuhr droht (vgl. Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn 116 m.w.N.). Letzteres hat die Antragstellerin jedoch nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr ergibt sich aus dem Vortrag der Antragsgegnerin und dem hierzu vorgelegten Aktenvermerk vom 15. November 2007, dass die Antragstellerin der SWU GmbH erklärt habe, dass diese Raten für November und Dezember 2007 im Januar bezahlt würden, diese die Vereinbarung akzeptiert habe und eine Einstellung der Energielieferung bis dahin nicht beabsichtige. Es sind damit weiterhin keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine Notlage im Sinne des § 22 Abs. 5 S. 1 SGB vorliegt.

Aus § 23 Abs. 1 SGB II, wonach, wenn im Einzelfall ein - wie hier die Strom- und Wasserkosten - von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 noch auf andere Weise gedeckt werden kann, die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung erbringt und dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen gewährt, kann die Antragstellerin die begehrte Verpflichtung nicht herleiten. Die Übernahme von Schulden, die infolge mangelnder Abschlagzahlungen entstanden sind, dienen nicht der Deckung eines unabweisbaren Bedarfs im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 SGB II (vgl. Münder, in: LPK - SGB II, 2. Aufl., § 23 Rn 8 m.w.N.). Daher hat die Antragstellerin schon keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Ebenso wenig ist erkennbar, dass ihr ohne die begehrte gerichtliche Entscheidung Nachteile drohen, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr revidiert werden könnten. Daher fehlt es auch an dem erforderlichen Anordnungsgrund.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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