Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 1136/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1947/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.3.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am 1949 geborene Klägerin hat keine Berufsausbildung absolviert und auch kein Anlernverhältnis durchlaufen. Sie war zunächst als Näherin, in einer Reinigung und ab 1979 als Lagerarbeiterin bei der Fa. A. beschäftigt. Seit Mai 2003 ist sie arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Ihren Rentenantrag vom 4.12.2003 lehnte die Beklagte auf Grund eines im Rahmen eines Rehabilitationsverfahrens im November 2003 eingeholten Gutachtens des Orthopäden Dipl.-Mediziner M. (belastung- und haltungabhängiges lumbales Schmerzsyndrom bei Veränderungen der Wirbelsäule, Nikotinabusus mit chronischer Bronchitis, Schwerhörigkeit beidseits, als Lagerarbeiterin nur noch drei bis unter sechs Stunden, für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen sechs Stunden und mehr leistungsfähig) mit Bescheid vom 18.12.2003 und Widerspruchsbescheid vom 24.3.2004 ab.
Das hiergegen am 16.4.2004 angerufene Sozialgericht Reutlingen hat zunächst die die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen vernommen und - auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - beim Sozialmediziner und Leiter der Rehabilitationskliniken für Innere Medizin, Orthopädie und Psychosomatik, Deutsches Zentrum für Fibromyalgie, PD. Dr. F. ein Gutachten eingeholt, in dem dieser ein Ganzkörperschmerz-Syndrom bei fehlstatisch-myalgischem Wirbelsäulensyndrom, eine Gonarthrose rechts bei Zustand nach OD-Verschraubung, eine geringgradige obstruktive Lungenventilationsstörung, eine Schwerhörigkeit beidseits und Fehlformen der Füße diagnostiziert, die Klägerin aber für leichte Tätigkeiten vollschichtig einsatzfähig gehalten hat. Häufiges Bücken, Steigen von Treppen, Leitern und Gerüsten und Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg ohne technische Hilfsmittel, Akkordarbeit, Arbeiten unter ungünstigen Umwelt-, Gefährdungs- und Belastungsfaktoren sowie häufig wechselnde Arbeitszeiten sollten ebenso vermieden werden wie - wegen testpsychologisch festgestellter Einschränkungen in der psychischen Belastbarkeit - Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Konzentrations-, Reaktions-, Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit und damit mit Verantwortung für Maschinen oder Personen sowie eine Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge. Im Wesentlichen bestehe Übereinstimmung mit dem Gutachten des Dipl. Mediziners M ... Bei dieser Einschätzung ist er auch nach Einwänden der Klägerin geblieben. Mit Urteil vom 15.3.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat sich dabei der Beurteilung von PD. Dr. F. angeschlossen. Als Lagerarbeiterin könne die Klägerin zwar nicht mehr arbeiten, sie sei jedoch auf den allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbar.
Gegen das ihr am 3.4.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.4.2007 Berufung eingelegt. Sie bestreitet ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen, behauptet eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes, eine schwere Einschränkung ihrer Gehfähigkeit und eine Qualifikation wie die eines ausgebildeten Lagerfacharbeiters.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.3.2007 und den Bescheid vom 18.12.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.3.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen vernommen und die Schwerbehindertenakten über die Klägerin beigezogen (GdB 50 seit Februar 2003).
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente (§ 43 und § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Zu ergänzen ist die Darstellung des Sozialgerichts hinsichtlich der dargestellten rechtlichen Vorschriften insoweit, als nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI teilweise erwerbsgemindert Versicherte sind, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Soweit die Klägerin eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes behauptet, hat sich eine solche - dauerhafte - Verschlechterung nicht nachweisen lassen. Über den aktuellen Zustand hat lediglich der Hausarzt Dr. R. berichten können, weil die Klägerin beim Internisten Dr. Sch. nur einmalig im Mai 2006 und beim Orthopäden S. zuletzt im März 2006 vorstellig war. Die von Dr. R. mitgeteilten Beschwerdeangaben (Schmerzen im Bereich der Knie und der Wirbelsäule) bestätigen die Annahme des gerichtlichen Sachverständigen PD. Dr. F. über das Bestehen eines Ganzkörperschmerzes. Neue Diagnosen seien - so Dr. R. - nicht gestellt worden, die Befunde und Beschwerden würden sich wiederholen, da es sich um ein chronisches Krankheitsbild handele. Damit aber hat die Beurteilung durch PD. Dr. F. weiterhin ihre Gültigkeit. Für eine weitere medizinische Sachaufklärung sieht der Senat somit keinen Anlass. Mit dieser Beurteilung des Senats übereinstimmend ist Dr. S. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme für die Beklagte in Auswertung der vom Senat eingeholten Auskünfte und beigezogenen Unterlagen auch zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Klägerin eine wechselnde Symptomatik vorliege und weiterhin von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen auszugehen sei.
Die von der Klägerin geltend gemachten, neu aufgetretenen Beschwerden in Form von Magen- und Darmproblemen sind - so die von der Klägerin selbst mitgeteilte Diagnose des behandelnden Arztes - auf eine Laktoseintoleranz zurückzuführen. Eine dauerhafte Leistungseinschränkung ergibt sich hieraus schon deshalb nicht, weil dieser Unverträglichkeit mit einer entsprechenden Diät Rechnung getragen kann.
Auch die von der Klägerin behauptete erhebliche Einschränkung der Gehfähigkeit liegt nicht vor. Die Klägerin räumt selbst ein, nur einige Monate, nämlich von März bis August 2007 und auch nur teilweise schmerzbedingt an Krücken gegangen zu sein, wovon Dr. R. in seiner sachverständigen Zeugenaussage allerdings nichts erwähnt. Eine entsprechend den Angaben der Klägerin unterstellte Verschlechterung des Zustandes war somit vorübergehend, was sich in die Tatsache einer wechselnden Symptomatik einfügt. Damit lässt sich eine dauerhafte Einschränkung insbesondere der Wegefähigkeit nicht begründen. Auch insoweit sieht der Senat deshalb keinen Grund zu weiteren Ermittlungen.
Soweit sich die Klägerin auf den von ihr bereits dem Sozialgericht vorgelegten Bericht des sie einmalig behandelnden Internisten Dr. Sch. vom 31.5.2006 beruft und die fehlende Abklärung der dort aufgeworfenen diagnostischen Fragen kritisiert, ist darauf hinzuweisen, dass Dr. Sch. in diesem Bericht selbst bezüglich eines Sjögren-Syndroms keine Krankheitshinweise und keine Diagnosemöglichkeit gesehen hat. Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit geht er davon aus, die Klägerin könne nicht mehr als sechs Stunden ihren Arbeitsalltag bewältigen. Dies stützt eher die Auffassung, die Klägerin könne noch sechs Stunden täglich zumindest leichte Arbeiten verrichten. Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung des Sozialgerichts, wonach die diagnostische Zuordnung der Beschwerden (Dr. Sch.: Fibromylagie, Dr. F.: keine Fibromyalgie aber Ganzkörperschmerz) der Klägerin für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit von untergeordneter Bedeutung ist und die Beurteilung von Dr. Sch. das ausführliche Gutachten von PD. Dr. F. nicht in Zweifel zieht.
Wie das Sozialgericht vermag auch der Senat keinen besonderen Berufsschutz der Klägerin zu erkennen.
Wie das Sozialgericht bereits dargelegt hat, sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert.
Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Facharbeiter sind dementsprechend nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar (BSG, Urteil vom 30.09.1987, 5b RJ 20/86 in SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29.03.1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird.
Die Klägerin hat nach ihren eigenen Angaben im Rentenantrag weder einen Beruf erlernt, noch wurde sie für eine Tätigkeit angelernt. Auch der Umstand, dass sie jahrelang als Lagerarbeiterin tätig war, vermittelt keine besonderen beruflichen Fähigkeiten. Zwar gibt es anerkannte Ausbildungen im Bereich der Lagerwirtschaft, die einen besonderen Berufsschutz vermitteln. Indessen hat die Klägerin noch nicht einmal vorgetragen, dass und welche qualitativ anspruchsvollen Tätigkeiten sie verrichtet und dass und welche Kenntnisse und Fertigkeiten sie dadurch erworben haben will. Sie behauptet im Berufungsverfahren vielmehr, stündlich 260 bis 290 Lebensmittelkartons zusammengestellt zu haben. Nach einem in den Verwaltungsakten enthaltenen Sozialbericht der AOK S. vom 26.08.2003 im Zusammenhang mit einem beantragten stationären Heilverfahren bestand die Tätigkeit - so die dortigen Angaben der Klägerin - im Versetzen von 260 bis 290 Lebensmittelkartons in der Stunde. Dies ist eine typisch ungelernte Tätigkeit nach kurzer Einweisung. Bei dieser Sachlage sieht der Senat keinen Anlass zu einer weiteren Aufklärung.
Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang gestellten Beweisanträge lehnt der Senat ab. Ob eine Qualifikation als Facharbeiter durch langjährige Tätigkeit erworben ist, ist eine wertende, dem Senat obliegende (und auch getroffene) Entscheidung und als solche keinem Beweis durch ein berufskundliches Gutachten zugänglich. Wie bereits dargelegt, hat die Klägerin noch nicht einmal Tatsachen vorgetragen, die die Annahme eines qualifizierten Berufsschutzes (Tätigkeit, die üblicherweise eine Ausbildungs- oder Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten erfordert) rechtfertigen könnten. Nur solche Tatsachen wären einem Beweis zugänglich. Solche Tatsachen kann die Klägerin angesichts der tatsächlich verrichteten Tätigkeit auch nicht vortragen.
Soweit sich die Klägerin pauschal auf eine - nicht substanziierte - tarifliche Eingruppierung (Schriftsatz vom 14.12.2007) bzw. darauf beruft, wie ein ausgebildeter Facharbeiter entlohnt worden zu sein (Schriftsatz vom 02.01.2008) gilt Vergleichbares. Die Klägerin hat weder den Tarifvertrag benannt, noch Art und Gegenstand der Lohngruppe mitgeteilt, in die sie eingestuft worden sein will, noch vorgetragen, dass dies eine für Facharbeiter vorgesehene Lohngruppe sei und auch die Lohnhöhe nicht angegeben. Sie stellt damit mit ihren Anträgen schon nicht Tatsachen unter Beweis, sondern Wertungen. Der Sache nach handelt es sich bei diesen "Beweisanträgen" um Versuche, den Senat zu Ausforschungsbeweisen und Ermittlungen ins Blaue hinein zu bewegen und damit die angekündigte Entscheidung hinauszuzögern. Im Übrigen wäre selbst bei tatsächlicher Entlohnung in einer Höhe, wie üblicherweise Facharbeiter bezahlt werden, angesichts fehlender qualitativer Anforderungen der Tätigkeit nicht von einem qualifizierten Berufsschutz auszugehen.
Im Ergebnis ist die Klägerin somit auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar und sie kann solche Tätigkeiten, soweit leichter Art, unter Beachtung der von PD Dr. F. aufgelisteten qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie die Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Die Klägerin ist im Ergebnis nicht gehindert, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise geforderten Verrichtungen, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, kleinere Reinigungstätigkeiten, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen (BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19.12.1996, GS 2/95 in SozR 3-2600 § 44 Nr. 8) mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am 1949 geborene Klägerin hat keine Berufsausbildung absolviert und auch kein Anlernverhältnis durchlaufen. Sie war zunächst als Näherin, in einer Reinigung und ab 1979 als Lagerarbeiterin bei der Fa. A. beschäftigt. Seit Mai 2003 ist sie arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Ihren Rentenantrag vom 4.12.2003 lehnte die Beklagte auf Grund eines im Rahmen eines Rehabilitationsverfahrens im November 2003 eingeholten Gutachtens des Orthopäden Dipl.-Mediziner M. (belastung- und haltungabhängiges lumbales Schmerzsyndrom bei Veränderungen der Wirbelsäule, Nikotinabusus mit chronischer Bronchitis, Schwerhörigkeit beidseits, als Lagerarbeiterin nur noch drei bis unter sechs Stunden, für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen sechs Stunden und mehr leistungsfähig) mit Bescheid vom 18.12.2003 und Widerspruchsbescheid vom 24.3.2004 ab.
Das hiergegen am 16.4.2004 angerufene Sozialgericht Reutlingen hat zunächst die die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen vernommen und - auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - beim Sozialmediziner und Leiter der Rehabilitationskliniken für Innere Medizin, Orthopädie und Psychosomatik, Deutsches Zentrum für Fibromyalgie, PD. Dr. F. ein Gutachten eingeholt, in dem dieser ein Ganzkörperschmerz-Syndrom bei fehlstatisch-myalgischem Wirbelsäulensyndrom, eine Gonarthrose rechts bei Zustand nach OD-Verschraubung, eine geringgradige obstruktive Lungenventilationsstörung, eine Schwerhörigkeit beidseits und Fehlformen der Füße diagnostiziert, die Klägerin aber für leichte Tätigkeiten vollschichtig einsatzfähig gehalten hat. Häufiges Bücken, Steigen von Treppen, Leitern und Gerüsten und Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg ohne technische Hilfsmittel, Akkordarbeit, Arbeiten unter ungünstigen Umwelt-, Gefährdungs- und Belastungsfaktoren sowie häufig wechselnde Arbeitszeiten sollten ebenso vermieden werden wie - wegen testpsychologisch festgestellter Einschränkungen in der psychischen Belastbarkeit - Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Konzentrations-, Reaktions-, Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit und damit mit Verantwortung für Maschinen oder Personen sowie eine Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge. Im Wesentlichen bestehe Übereinstimmung mit dem Gutachten des Dipl. Mediziners M ... Bei dieser Einschätzung ist er auch nach Einwänden der Klägerin geblieben. Mit Urteil vom 15.3.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat sich dabei der Beurteilung von PD. Dr. F. angeschlossen. Als Lagerarbeiterin könne die Klägerin zwar nicht mehr arbeiten, sie sei jedoch auf den allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbar.
Gegen das ihr am 3.4.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.4.2007 Berufung eingelegt. Sie bestreitet ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen, behauptet eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes, eine schwere Einschränkung ihrer Gehfähigkeit und eine Qualifikation wie die eines ausgebildeten Lagerfacharbeiters.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.3.2007 und den Bescheid vom 18.12.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.3.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen vernommen und die Schwerbehindertenakten über die Klägerin beigezogen (GdB 50 seit Februar 2003).
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente (§ 43 und § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Zu ergänzen ist die Darstellung des Sozialgerichts hinsichtlich der dargestellten rechtlichen Vorschriften insoweit, als nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI teilweise erwerbsgemindert Versicherte sind, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Soweit die Klägerin eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes behauptet, hat sich eine solche - dauerhafte - Verschlechterung nicht nachweisen lassen. Über den aktuellen Zustand hat lediglich der Hausarzt Dr. R. berichten können, weil die Klägerin beim Internisten Dr. Sch. nur einmalig im Mai 2006 und beim Orthopäden S. zuletzt im März 2006 vorstellig war. Die von Dr. R. mitgeteilten Beschwerdeangaben (Schmerzen im Bereich der Knie und der Wirbelsäule) bestätigen die Annahme des gerichtlichen Sachverständigen PD. Dr. F. über das Bestehen eines Ganzkörperschmerzes. Neue Diagnosen seien - so Dr. R. - nicht gestellt worden, die Befunde und Beschwerden würden sich wiederholen, da es sich um ein chronisches Krankheitsbild handele. Damit aber hat die Beurteilung durch PD. Dr. F. weiterhin ihre Gültigkeit. Für eine weitere medizinische Sachaufklärung sieht der Senat somit keinen Anlass. Mit dieser Beurteilung des Senats übereinstimmend ist Dr. S. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme für die Beklagte in Auswertung der vom Senat eingeholten Auskünfte und beigezogenen Unterlagen auch zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Klägerin eine wechselnde Symptomatik vorliege und weiterhin von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen auszugehen sei.
Die von der Klägerin geltend gemachten, neu aufgetretenen Beschwerden in Form von Magen- und Darmproblemen sind - so die von der Klägerin selbst mitgeteilte Diagnose des behandelnden Arztes - auf eine Laktoseintoleranz zurückzuführen. Eine dauerhafte Leistungseinschränkung ergibt sich hieraus schon deshalb nicht, weil dieser Unverträglichkeit mit einer entsprechenden Diät Rechnung getragen kann.
Auch die von der Klägerin behauptete erhebliche Einschränkung der Gehfähigkeit liegt nicht vor. Die Klägerin räumt selbst ein, nur einige Monate, nämlich von März bis August 2007 und auch nur teilweise schmerzbedingt an Krücken gegangen zu sein, wovon Dr. R. in seiner sachverständigen Zeugenaussage allerdings nichts erwähnt. Eine entsprechend den Angaben der Klägerin unterstellte Verschlechterung des Zustandes war somit vorübergehend, was sich in die Tatsache einer wechselnden Symptomatik einfügt. Damit lässt sich eine dauerhafte Einschränkung insbesondere der Wegefähigkeit nicht begründen. Auch insoweit sieht der Senat deshalb keinen Grund zu weiteren Ermittlungen.
Soweit sich die Klägerin auf den von ihr bereits dem Sozialgericht vorgelegten Bericht des sie einmalig behandelnden Internisten Dr. Sch. vom 31.5.2006 beruft und die fehlende Abklärung der dort aufgeworfenen diagnostischen Fragen kritisiert, ist darauf hinzuweisen, dass Dr. Sch. in diesem Bericht selbst bezüglich eines Sjögren-Syndroms keine Krankheitshinweise und keine Diagnosemöglichkeit gesehen hat. Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit geht er davon aus, die Klägerin könne nicht mehr als sechs Stunden ihren Arbeitsalltag bewältigen. Dies stützt eher die Auffassung, die Klägerin könne noch sechs Stunden täglich zumindest leichte Arbeiten verrichten. Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung des Sozialgerichts, wonach die diagnostische Zuordnung der Beschwerden (Dr. Sch.: Fibromylagie, Dr. F.: keine Fibromyalgie aber Ganzkörperschmerz) der Klägerin für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit von untergeordneter Bedeutung ist und die Beurteilung von Dr. Sch. das ausführliche Gutachten von PD. Dr. F. nicht in Zweifel zieht.
Wie das Sozialgericht vermag auch der Senat keinen besonderen Berufsschutz der Klägerin zu erkennen.
Wie das Sozialgericht bereits dargelegt hat, sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert.
Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Facharbeiter sind dementsprechend nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar (BSG, Urteil vom 30.09.1987, 5b RJ 20/86 in SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29.03.1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird.
Die Klägerin hat nach ihren eigenen Angaben im Rentenantrag weder einen Beruf erlernt, noch wurde sie für eine Tätigkeit angelernt. Auch der Umstand, dass sie jahrelang als Lagerarbeiterin tätig war, vermittelt keine besonderen beruflichen Fähigkeiten. Zwar gibt es anerkannte Ausbildungen im Bereich der Lagerwirtschaft, die einen besonderen Berufsschutz vermitteln. Indessen hat die Klägerin noch nicht einmal vorgetragen, dass und welche qualitativ anspruchsvollen Tätigkeiten sie verrichtet und dass und welche Kenntnisse und Fertigkeiten sie dadurch erworben haben will. Sie behauptet im Berufungsverfahren vielmehr, stündlich 260 bis 290 Lebensmittelkartons zusammengestellt zu haben. Nach einem in den Verwaltungsakten enthaltenen Sozialbericht der AOK S. vom 26.08.2003 im Zusammenhang mit einem beantragten stationären Heilverfahren bestand die Tätigkeit - so die dortigen Angaben der Klägerin - im Versetzen von 260 bis 290 Lebensmittelkartons in der Stunde. Dies ist eine typisch ungelernte Tätigkeit nach kurzer Einweisung. Bei dieser Sachlage sieht der Senat keinen Anlass zu einer weiteren Aufklärung.
Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang gestellten Beweisanträge lehnt der Senat ab. Ob eine Qualifikation als Facharbeiter durch langjährige Tätigkeit erworben ist, ist eine wertende, dem Senat obliegende (und auch getroffene) Entscheidung und als solche keinem Beweis durch ein berufskundliches Gutachten zugänglich. Wie bereits dargelegt, hat die Klägerin noch nicht einmal Tatsachen vorgetragen, die die Annahme eines qualifizierten Berufsschutzes (Tätigkeit, die üblicherweise eine Ausbildungs- oder Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten erfordert) rechtfertigen könnten. Nur solche Tatsachen wären einem Beweis zugänglich. Solche Tatsachen kann die Klägerin angesichts der tatsächlich verrichteten Tätigkeit auch nicht vortragen.
Soweit sich die Klägerin pauschal auf eine - nicht substanziierte - tarifliche Eingruppierung (Schriftsatz vom 14.12.2007) bzw. darauf beruft, wie ein ausgebildeter Facharbeiter entlohnt worden zu sein (Schriftsatz vom 02.01.2008) gilt Vergleichbares. Die Klägerin hat weder den Tarifvertrag benannt, noch Art und Gegenstand der Lohngruppe mitgeteilt, in die sie eingestuft worden sein will, noch vorgetragen, dass dies eine für Facharbeiter vorgesehene Lohngruppe sei und auch die Lohnhöhe nicht angegeben. Sie stellt damit mit ihren Anträgen schon nicht Tatsachen unter Beweis, sondern Wertungen. Der Sache nach handelt es sich bei diesen "Beweisanträgen" um Versuche, den Senat zu Ausforschungsbeweisen und Ermittlungen ins Blaue hinein zu bewegen und damit die angekündigte Entscheidung hinauszuzögern. Im Übrigen wäre selbst bei tatsächlicher Entlohnung in einer Höhe, wie üblicherweise Facharbeiter bezahlt werden, angesichts fehlender qualitativer Anforderungen der Tätigkeit nicht von einem qualifizierten Berufsschutz auszugehen.
Im Ergebnis ist die Klägerin somit auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar und sie kann solche Tätigkeiten, soweit leichter Art, unter Beachtung der von PD Dr. F. aufgelisteten qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie die Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Die Klägerin ist im Ergebnis nicht gehindert, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise geforderten Verrichtungen, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, kleinere Reinigungstätigkeiten, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen (BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19.12.1996, GS 2/95 in SozR 3-2600 § 44 Nr. 8) mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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