L 5 KA 3132/07 W-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 273/06 W-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3132/07 W-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 23. März 2007 abgeändert und der Streitwert des Klageverfahrens S 1 KA 5346/05 auf 6.000 EUR festgesetzt.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Da weder der Kläger noch der Beklagte und auch nicht die Beigeladenen des Rechtsstreites Leistungsempfänger oder Behinderte sind, werden gemäß § 197 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Nach §§ 40 Abs. 1, 47 und 52 Abs. 1 GKG bestimmt sich in Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelklägers/Beschwerdeführers. Es ist also auf das wirtschaftliche Interesse an der angestrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen abzustellen. Erstrecken sich die Auswirkungen auf eine längere Zeit, ist dies gebührend zu berücksichtigen (BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6; SozR 3-1930 § 8 Nr. 1 jeweils noch zur alten Rechtslage bei entsprechender Anwendung des § 13 GKG a.F.).

Streitig war in dem vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) anhängig gewesenen Verfahren S 1 KA 5346/05, ob der Beklagte in seiner Entscheidung vom 27. Juli 2005 die Rechtsauffassung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg im Urteil vom 16. Februar 2005 - L 5 KA 1983/04 - beachtet hat. Umstritten war zwischen den Beteiligten insbesondere, ob die Ermächtigung des Klägers für die Behandlung von Patienten mit den im Bescheid des Zulassungsausschusses unter I. Nr. 2. genannten Krankheitsbildern nur auf Überweisung durch Vertragsärzte erteilt wird oder ob diese Behandlung auch ohne Vorlage eines Überweisungsscheines erfolgen kann.

Nachdem die Beteiligten sich in der mündlichen Verhandlung des SG in der Sache vergleichsweise geeinigt hatten, vertrat der Beklagte zunächst die Auffassung, der Gegenstandswert belaufe sich auf 21.650 EUR. Die Klage habe einen Patientenanteil von unter zehn Prozent betroffen. Unter Zugrundelegung dieser Daten sei der Streitwert ausgehend von der Entscheidung des LSG im Verfahren L 5 KA 603/05 W-A (Beschluss vom 16. Februar 2005 - Anmerkung des Senats: der Streitwert war in dem Verfahren tatsächlich nur in Höhe von 83.500 EUR festgesetzt worden; in den beiden anderen Parallelverfahren war dagegen der Streitwert jeweils auf 216.500 EUR festgesetzt worden), in dem ein Streitwert von insgesamt 216.500 EUR festgesetzt worden sei, auf ein Zehntel dieses Betrages, nämlich 21.650 EUR festzusetzen. Der Kläger hielt es ebenfalls für sachgerecht, den Anteil mit zehn Prozent des ursprünglichen Streitwertes im Rahmen einer Schätzung zu bemessen und beantragte zunächst die Festsetzung des Streitwertes auf 8.350 EUR (Schreiben vom 6. November 2006), der konkret im Falle eines Obsiegens des Beklagten entgangene Gewinn werde auf 2.000 EUR jährlich geschätzt. Er erklärte sich sodann mit Schreiben vom 7. November 2006 einverstanden, den Streitwert auf 21.650 EUR festzusetzen.

Mit Beschluss vom 23. März 2007 hat das SG den Streitwert für das Hauptsacheverfahren auf 15.000 EUR festgesetzt. Es hat zur Begründung ausgeführt, in Ermangelung substantiierter und nachvollziehbarer Angaben zu dem nach Ermächtigung des Klägers in der Fassung des gerichtlichen Vergleichs von dieser erzielbaren Gewinn gehe die Kammer pro Jahr vom Regelstreitwert in Höhe von 5.000 EUR aus, sodass der Streitwert für den in Statussachen üblicherweise herangezogenen Dreijahreszeitraum auf 15.000 EUR festzusetzen sei.

Gegen den ihm am 03. April 2007 zugestellten Beschluss hat der Beklagte am 5. Juni 2007 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat (Verfügung vom 14. Juni 2007). Der mehrfache Ansatz des Regelstreitwerts sei hier nicht gerechtfertigt, zumal nachvollziehbare und substantiierte Hinweise auf den zu erwartenden Gewinn fehlten. Das SG habe bei Festsetzung des Streitwerts über 15.000 EUR jeglichen Kostenaspekt außer Betracht gelassen. Im Gegensatz hierzu erscheine - auch nach dem Vortrag des Klägers - ein Streitwert in Höhe von 5.000 EUR als noch vertretbar.

Der Beklagte beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 23. März 2007 abzuändern und den Streitwert für das Hauptsacheverfahren S 1 KA 5346/05 auf 5.000 EUR festzusetzen.

Der Kläger ist dem Antrag entgegen getreten. Er hält die Beschwerde mangels Beschwer bereits für unzulässig. Denn der Beklagte habe den Streitwert für das vorliegende Verfahren selbst auf 21.650 EUR geschätzt. Es sei in der Tat schwierig, den wirtschaftlichen Wert konkret zu bemessen. Ihre Ausführungen im Wertfestsetzungsverfahren böten hierfür jedoch eine sachlich vertretbare Orientierung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten des SG Freiburg S 1 KA 5346/05 und S 1 KA 273/06 W-A sowie die Senatsakte verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und zum Teil auch begründet. Sie ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht schon mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig zu verwerfen. Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt durch die Gerichte gemäß § 63 Abs. 2 GKG unabhängig davon, ob die Streitwertfestsetzung von einem der Beteiligten beantragt wurde und unabhängig von der Schätzung des Wertes durch die Beteiligten. Diese können gemäß § 61 Satz 2 GKG auch die Angabe ihres Streitwertes jederzeit berichtigen. Können aber die Beteiligten ihre Angaben jederzeit berichtigen, so schließt dies die Beschwerde auch dann nicht aus, wenn das erstinstanzliche Gericht sich der Auffassung dieses Beteiligten angeschlossen hat.

Der vorliegende Rechtsstreit bietet Anlass darauf hinzuweisen, dass der Streitwert sich nicht danach richtet, welchen wirtschaftlichen Wert einer der Beteiligten durch den vor dem Sozialgericht am 11. Oktober 2006 abgeschlossenen Vergleich zu erzielen vermag. Für die Wertberechnung ist gemäß § 40 GKG allein maßgeblich der Zeitpunkt, der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung, die den Rechtszug einleitet.

Bei der Festsetzung des Streitwertes ist entgegen der Rechtsauffassung im Beschluss des Senat vom 16. Februar 2005 - L 5 KA 604/05 W-A nicht mehr von einem Fünfjahreszeitraum auszugehen. Der Senat folgt der neueren Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 01. September 2005 - B 6 KA 4104/04 R), wonach in Zulassungsstreitigkeiten sich das wirtschaftliche Interesse im Regelfall auf einen Zeitraum von drei Jahren erstreckt. Dies entspricht auch den Vorgaben des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit (Stand 1. April 2007) unter IV. 7 Punkt 1 und IX. 6. Punkt 1 und 2.

Da es zwischen den Beteiligten im Rechtsstreit S 1 KA 5346/05 der Sache nach allein darum ging, wie die Entscheidung des Senats vom 16. Februar 2005 umzusetzen ist, ist für die Streitwertbemessung von gleichen Grundsätzen auszugehen. Der Senat hatte damals den Streitwert für einen Zeitraum von fünf Jahren mit einem Betrag von 83.500 EUR geschätzt. Da der Rechtsstreit ca. ein Zehntel des damals streitigen Personenkreises betraf, wäre es sachgerecht, für einen Fünfjahreszeitraum von einem Streitwert von 8.350 EUR auszugehen. Bezogen auf den nunmehr maßgeblichen Dreijahreszeitraum würde dies einen Streitwert von (jährlich 1.670 EUR mal 3 Jahre) 5.010 EUR zur Folge haben. Andererseits ist es geboten, die bei Klagerhebung vorliegenden neuen Erkenntnisse zugrunde zu legen. Danach ist der Gewinn statt wie bisher mit 1.670 EUR mit nunmehr 2.000 EUR im Jahr anzusetzen.

Der Beschluss des SG ist daher abzuändern und der Streitwert auf 6.000 EUR (jährlich 2000 EUR mal 3 Jahre) festzusetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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