Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2855/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3757/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1953 geborene Klägerin hat in Polen eine Ausbildung als Konditorin abgeschlossen. Im Mai 1989 siedelte sie in die Bundesrepublik Deutschland über, wo sie zunächst als Arbeiterin in einer Schokoladenfabrik und zuletzt von 1998 bis 2002 als Serviererin in einem Altenheim beschäftigt war. Seit dem 05.04.2002 ist sie arbeitunfähig bzw. arbeitslos.
Die von der Klägerin am 5. Oktober 1999 und 11. Oktober 2001 gestellten Anträge auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung wurden jeweils abgelehnt (Bescheide vom 31.03.2000 und 13.12.2001).
Am 3. April 2003 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung eine Rente wegen Erwerbsminderung, wobei sie angab, sich seit Jahren für erwerbsgemindert zu halten. Ihr Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz liege bei 50. Sie legte hierzu Bescheinigungen ihres behandelnden Orthopäden Prof. Dr. L. vom 04.03.1999, 01.02.2001, 08.10.2002 und 24.02.2003 vor, wonach die Patientin seit längerem in seiner orthopädischen Behandlung stehe, ihre körperliche Leistungsbreite insgesamt derartig beeinträchtigt wäre, dass ihr zuzuraten sei, EU-Rente einzureichen.
Die Beklagte veranlasste eine orthopädische Begutachtung der Klägerin nach ambulanter Untersuchung. Dr. T. diagnostizierte: 1. Lumbalgie bei Osteochondrose der unteren Lendenwirbelsäule, 2. Cervikocephalgie bei Streckfehlhaltung und umschriebener Osteochondrose C3/C4, 3. Arthralgie rechtes Knie bei beginnender Genu varum Gonarthrose und Femoropatellar-arthrose, 4. Adipositas per magna (BMI 56) sowie 5. Zustand nach Carpaltunnelspaltung und Medianusneurolyse beidseits. Bei der Klägerin imponiere primär deren monströses Übergewicht vom Typ der Stammfettsucht. Eine Einsicht in die Gewichtsreduktion scheine nicht vorhanden zu sein, denn die Klägerin habe seit der Behandlung in der Kurparkklinik Ü. im September 2001 weitere 13 kg zugenommen. Die Beweglichkeit ihrer Lendenwirbelsäule sei vor allem durch die Leibesfülle entsprechend eingeschränkt. Sowohl die beschriebenen Rücken- wie auch Kniegelenksbeschwerden seien indirekt von dem Übergewicht beeinflusst, die das körperliche Leistungsvermögen einschränkten. Sie könne daher nur noch körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, in warmen, trockenen, zugfreien Räumen mit gelegentlichem Gehen und Stehen, mit Arbeiten in Augenhöhe vollschichtig ohne Schädigung ihrer Restgesundheit verrichten. Gehstrecken von 1 km seien ihr zuzumuten. Eine Gewichtsabnahme sei zwar wünschenswert, werde aber mangels Einsicht scheitern.
Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Bescheid vom 13. November 2003 den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin könne mit den vorhandenen Leistungseinschränkungen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich verrichten und sei deswegen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert oder berufsunfähig.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe bereits nach Zurücklegen einer Gehstrecke von 200 m starke Schmerzen im rechten Fuß, außerdem im rechten Kniegelenk, besonders stark beim Treppensteigen. Ihr Gesundheitszustand habe sich zwischenzeitlich noch weiter verschlechtert. Eine Gewichtsabnahme sei aufgrund ihres psychischen Zustandes nicht möglich. Sie leide zusätzlich an Unterbauchschmerzen und Harninkontinenz. Sie hat hierzu ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), Dr. K., vorgelegt, wonach ihre Erwerbsfähigkeit erheblich durch die chronifizierten Gon-arthrosebeschwerden rechts, die im Vordergrund der Leistungseinschränkungen ständen, gefährdet sei.
Die Beklagte holte hierzu eine beratungsärztliche Stellungnahme ein. Der Internist Dr. C. führte aus, die von dem MDK beschriebene erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit beziehe sich auf die bisherige Tätigkeit als Serviererin, die die Klägerin unstreitig nicht mehr ausüben könne. Nach dem kardiologischen Befund vom Februar 2003 sei sie immerhin ergometrisch bis 125 Watt belastbar gewesen, was mit einer körperlich mittelschweren Arbeit ohne weiteres vereinbar sei. Die Klägerin legte ein weiteres Attest von Prof. Dr. L. vor, wonach die Beschwerden trotz medikamentöser und physikalischer Therapie nicht zum Günstigen hätten beeinflusst werden können, es liege eine Progredienz der orthopädischen Leiden vor. Die körperliche Leistungsfähigkeit sei deutlich beeinträchtigt. Die Beklagte veranlasste daraufhin noch eine nervenfachärztliche Begutachtung der Klägerin nach ambulanter Untersuchung. Der Neurologe und Psychiater Dr. S.-B. beschrieb eine Adipositas per magna, Spannungskopfschmerzen sowie eine Somatisierungsstörung mit leichter Depressivität. Sichere Hinweise für eine endogene Depression bzw. überhaupt eine relevante eigenständige depressive Episode fänden sich nicht. Auch die bestehende Behandlung mit Tavor und niedrig dosiertem Insidon, dem psychopathologischen Befund entsprechend sicher adäquat, deute nicht darauf hin, dass die behandelnden Ärzte eine solche Depression annähmen oder angenommen hätten. Deswegen ergäben sich insgesamt auf nervenärztlichem Gebiet keine wesentlichen Leistungseinschränkungen. Er schließe sich der Beurteilung an, dass die Klägerin noch 6 Stunden und mehr leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Leistungseinschränkungen verrichten könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2004 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Klägerin habe ihren erlernten Beruf nicht aus zwingenden gesundheitlichen Gründen aufgegeben und könne aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten noch zumutbaren Tätigkeit sei deswegen nicht erforderlich. Sie sei auch nicht erwerbsgemindert, sondern könne noch 6 Stunden und mehr täglich erwerbstätig sein.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin zusätzlich geltend, sie sei nicht mehr in der Lage, vier mal täglich eine Strecke von 500 m zurückzulegen. Sie sei mittlerweile zum Gehen auf einen Rollator angewiesen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das Gericht die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt und die Klägerin anschließend orthopädisch begutachten lassen.
Prof. Dr. L., der die Klägerin von 1999 bis 2003 orthopädisch behandelt hatte, erachtete sie seit 1999 für noch in der Lage, leichte Tätigkeiten körperlicher Art zwischen 3 und weniger als 6 Stunden zu verrichten, wobei die Tätigkeit vornehmlich im Sitzen und nicht auf Leitern und Gerüsten unter Vermeidung von Feuchtigkeit sowie ständiger Vorneige der Rumpfwirbelsäule durchgeführt werden müsse. Der Nervenarzt Dr. G., der die Klägerin seit 2002 wegen ihrer Spannungskopfschmerzen behandelte, erachtete sie ebenfalls seit Januar 2003 für erwerbsgemindert (3 bis 6 Stunden erwerbsfähig), wobei die orthopädischen Leiden im Vordergrund stünden, ebenso der Allgemeinmediziner Dr. V ... Der Orthopäde S. erachtete die Klägerin ebenfalls für nur noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten 3 bis weniger als 6 Stunden mit Unterbrechungen zu verrichten, wobei die Beschwerden im Bereich des rechten Knies im Vordergrund stünden.
Der Sachverständige, der Orthopäde Dr. P., beschrieb eine 1. chronifizierte Lumbodorsalgie (Kreuzschmerzen) mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung in das rechte Bein bei röntgenologisch nachweisbarer mäßiger Spondylosteochondrose insbesondere im Segment L3/L4, L4/L5, mit dort jeweils vorhandener beginnender Pseudospondylolisthese, mit überbrückender Spondylosis deformans, insbesondere BWK 9 bis BWK 12, mit funktionell endgradig eingeschränkter Lendenwirbelsäulenfunktion, mit klinischer Facettenschmerzsymptomatik bei Rückneigung des Rumpfes ohne peripher neurologische Ausfälle der unteren Extremitäten, bei dekonditionierter Rumpfmuskulatur bei Adipositas, 2. rezidivierende Cervicodorsalgien (Nackenhinterkopfschmerzen) bei röntgenologisch mäßiger Osteochondrose der Segmente C3 bis C6, funktionell ohne wesentliche Einschränkung der Halswirbelsäulenfunktion und ohne sensomotorische Ausfälle im Bereich der oberen Extremitäten, 3. mäßige innenseitige Kniegelenkarthrose rechts (Schweregrad II. bis III. Grades) mit beginnender Arthrose an der Kniescheibenrückseite (Retropatellararthrose) bei funktionell freier Kniegelenkbeweglichkeit, derzeit ohne Reizsymptomatik, 4. Adipositas per magna (Übergewicht: 122 kg) sowie 5. erfolgreich durchgeführte Carpaltunnel-Operationen an beiden Händen mit wiederhergestellter alltagsgerechter Grob- und Feinmotorik der Hände, ohne verbliebene Nervenkompressionszeichen. Danach sei insbesondere der Bereich der Lendenwirbelsäule und des rechten Kniegelenks beeinträchtigt, so dass die Klägerin nur noch körperlich leichte Tätigkeiten 6 Stunden und mehr in wechselnder Körperhaltung überwiegend im Sitzen unter Vermeidung von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen sowie Hebe- und Tragearbeiten von Lasten mehr als 10 kg verrichten könne. Die Klägerin habe ihn allein mit dem Auto aufgesucht und berichtet, sie könne mit einem Handstock eine Strecke von 500 m ohne weiteres bewältigen.
Die Klägerin legte hierauf erneut ein Attest von Prof. Dr. L. vom 28. Juni 2005 vor, wonach die Gehstrecke von 4 mal täglich jeweils 500 m innerhalb einer zumutbaren Zeit von 20 Minuten vom und zum Arbeitsplatz nicht mehr zu bewältigen sei, ihr daher der allgemeine Arbeitsmarkt versperrt wäre und eine Rente wegen Erwerbsminderung befürwortet werden müsse.
Das SG zog noch den Entlassungsbericht über die stationäre Behandlung vom 15. März bis 1. April 2005 des Elisabethenkrankenhauses wegen hypertensivem Notfall mit atypischer Angina pectoris bei. Die Beschwerden der Klägerin seien deutlich psychisch im Sinne einer Somatisierungsstörung überlagert, welches im wesentlichen das Beschwerdebild der Patientin präge. Man habe ihr dringend zu einer Gewichtsabnahme bei Ausschluss einer relevanten kardiovaskulären Grunderkrankung zugeraten.
Die Klägerin hat u.a. noch ein Attest des Kurarztes Dr. K. vorgelegt, wonach sie seit 2004 nur noch mit Hilfe eines Rollators gehfähig sei und die freie Gehstrecke ohne Stöcke wohl weniger als 100 m betrage. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass die Klägerin bei der Untersuchung durch Dr. P. nur mit einem rechtzeitig geführten Handstock unterwegs gewesen wäre und den Gutachter auch alleine mit ihrem Pkw aufgesucht habe. Das Versorgungsamt Lörrach habe noch nicht einmal das Merkzeichen G anerkannt.
Mit Urteil vom 13. Juli 2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 19. Juli 2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin sei trotz gesundheitlicher Einschränkungen noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter qualitativen Einschränkungen mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Dies ergebe sich aus dem Sachverständigengutachten von Dr. P ... Es bestünden zwar Zweifel, ob sie gesundheitlich noch in der Lage sei, die erforderliche Wegstrecke zurückzulegen. Sie verfüge jedoch noch über einen eigenen Pkw und sei zumindest bis vor 3 Monaten noch in der Lage gewesen, diesen selbst zu fahren, sodass nicht von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auszugehen sei.
Mit ihrer dagegen am 27. Juli 2006 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, das von ihr zum Untersuchungszeitpunkt von Dr. P. noch genutzte Auto sei nicht behindertengerecht, denn kein Rollator würde dort hineinpassen. Es sei ihr auch nicht möglich, 2 mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Juli 2006 sowie den Bescheid vom 13. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und das Gutachten von Prof. Dr. L. nicht für überzeugend.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat die Klägerin orthopädisch und anschließend erneut orthopädisch und nervenärztlich auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begutachten lassen.
Der Sachverständige Dr. H. beschrieb in seinem orthopädischen Gutachten 1. ein chronisches Lumbalsyndrom bei deutlichen degenerativen Veränderungen der Zwischenwirbelräume L3 bis S1 und einem Pseudogleitvorgang vor allem L4 über L5, diskret L3/4 mit pseudoradikulärer Symptomatik ohne nachweisbare Nervenwurzelreiz- oder -ausfallerscheinungen, 2. ein chronisches Cervicalsyndrom bei Fehlhaltung und mäßig ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, 3. eine Arthrose des rechten Kniegelenks der Innenseite und Kniescheibenrückseite, 4. ein Rotatorenmanschettensyndrom des Schultergelenks links, diskret auch rechts, 5. eine Arthralgie beider Handgelenke, 6. Senk- Spreiz- Fußbildung beidseits, 7. eine zunehmende Adipositas per magna. Des weiteren bestünde ein Verdacht auf eine somatoforme Schmerzwahrnehmungsstörung. Da die Klägerin bereits eine Stunde vor dem Begutachtungstermin eingetroffen sei, habe er Gelegenheit gehabt, sie schon vorher mehrfach zu beobachten. Sie habe die Toilette zwar langsam, aber zielstrebig im 3-Punkte-Gang ebenso aufsuchen können wie später nach der Untersuchung ihr etwa 50 m entfernt geparktes Auto. Sie habe sich trotz ihrer Körperfülle auf den hinteren relativ engen Sitz begeben. Mit den Gehstöcken komme sie - auch nach eigenen Angaben - bestens zurecht. Sie habe nunmehr weitere 10 kg zugenommen. Die Gehfähigkeit habe sich daher in den letzten anderthalb Jahren nicht grundlegend verschlechtert, zumal sie nunmehr keinen Rollator mehr benutze, sondern ausschließlich an Unterarmgehstöcken laufen könne. Rollatoren könnten, da auf dem Markt diverse klapp- und faltbare Modelle existierten, ebenso wie Gehstöcke unkompliziert in einem Klein-Pkw mitgenommen werden. Sicherlich verursache die Wirbelsäule Schmerzen und infolge der bestehenden Kniearthrose müsse die Belastung mehr einseitig auf das linke Bein verlagert werden. Er sehe aber eine Gehstrecke von 500 m innerhalb von 20 Minuten durchaus als bewältigbar, auch viermal täglich. Seiner Auffassung nach könne die Klägerin daher insgesamt noch leichte Tätigkeiten 6 Stunden und mehr an 5 Tagen überwiegend im Sitzen unter Vermeidung von häufigem Treppensteigen, Arbeiten in gebückter oder einseitiger, statisch ungünstiger Körperhaltung und Überkopfarbeiten verrichten.
Der nach § 109 SGG gehörte Sachverständige Prof. Dr. L. führte aus, dass die Klägerin an einer Bewegungsbehinderung der HWS ohne nachweisbare Nervenwurzelreizerscheinungen bei röntgenologisch nachgewiesener Spondylose und Osteochondrose, degenerativen Veränderungen der Rumpfwirbelsäule einschließlich Spondylosis hyperostosans sowie Pseudospondylolysthese LWK 3 auf LWK 4 und LWK 4 auf LWK 5 bei deutlicher präsakraler Osteochondrose mit Funktionseinbuße, jedoch ohne nachweisbare Nervenwurzelreizerscheinungen, Bewegungsbehinderung beider Arme in den Schultergelenken bei röntgenologisch nachgewiesenem Impingement sowie Periarthrosis humeroscapularis duplay calcarea rechts, Innendrehbehinderung beider Beine in den Hüftgelenken bei Coxa vara beidseits und beginnenden umformenden Veränderungen, medialer Gonarthrose beidseits, rechts verstärkt, mit Reizknie (Synovialitis, Hyperthermie) rechts, Seitbandlaxität an beiden Kniegelenken in Neutral, Blutumlaufstörungen an beiden Beinen sowie erhebliches Übergewicht (BMI 57,8 kg/m2) leide. Sie könne nur noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes 4 bis 5 Stunden unter Vermeidung von überwiegendem Stehen, Tätigkeiten unter Nässe und Feuchtigkeit, auf Leitern und Gerüsten, mit Absturzgefahr, mit Heben und Tragen mittelschwerer bis schwerer Lasten sowie Arbeiten mit den Armen in der Horizontale verrichten. Der Gehweg von 500 m innerhalb von 20 Minuten sei ihr nicht mehr zumutbar, auch nicht mehr mit Armstützen mit Rollator gerade eben noch. Ein öffentliches Verkehrsmittel könne sie bis zu 300 m erreichen. Der BMI habe weiter zugenommen, die Beweglichkeit der HWS hingegen abgenommen. Auch zeige sich eine Verschlechterung der lumbalen Wirbelsäulenbeweglichkeit, eine verminderte Abspreizmöglichkeit des rechten Armes im Schultergelenk, so dass es insgesamt zu einer Verschlechterung gekommen sei. Diese sei auf den 5. September 2006 festzulegen.
Der ebenfalls nach § 109 SGG gehörte Neurologe und Psychiater Dr. H. führte aus, dass auf rein nervenärztlichem Gebiet keine zusätzliche wesentliche Leistungseinschränkung vorliege, wohl eine leichte Anpassungsstörung. Im Vordergrund stünden seiner Auffassung nach die extreme Adipositas und die daraus resultierende körperliche Beeinträchtigung. Die Klägerin könne sich in ihrem "Fettpanzer" kaum noch rühren, hinzu kämen die teilweise möglicherweise primären, letzten Endes aber vor allem auf das Übergewicht zurückzuführenden Gelenkschwierigkeiten. Während der Untersuchung habe sich die Klägerin immer wieder auf ihre Vergesslichkeit berufen, dann aber relevante Dinge doch sehr rasch und gut erinnert. Es fänden sich damit insgesamt keine formalen oder inhaltlichen Störungen, auch keine kognitiven Defizite. Sie sei während der gesamten Untersuchungszeit wach, orientiert und ohne Konzentrationsabfall gewesen, habe auch keinesfalls depressiv gewirkt, eher mit einer positiven Grundstimmung, schwingungsfähig, freundlichen Zwischenworten durchaus zugänglich. Sie habe auch über kleinere Bemerkungen lachen können. Daher lägen keine Zeichen einer endogenen Depression, keine erkennbare Aggravation, eher leichte Unsicherheit und Hilflosigkeit vor.
Die Beklagte hat hierzu eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. S. vorgelegt, wonach die "Verschlechterung" bezweifelt werde. Dies gelte schon für eine Gewichtszunahme von über 10 Kilogramm zwischen 11/06 und 4/07. Hinsichtlich der Beweglichkeit der HWS, LWS und der Schulter gelte, dass diese mitarbeitsabhängig und abhängig davon wäre, wie forciert tatsächlich das vorhandene Bewegungsausmaß überprüft werde. Anhand der Röntgenbefunde ließen sich keine schwerwiegenden degenerativen Veränderungen feststellen, die zur Schlussfolgerung führten, dass das von Prof. Dr. L. angegebene Bewegungsspiel das Maximale sei. Der Gutachter habe auch selbst bezüglich der Rotation eingeräumt, dass diese altersentsprechend sei. Dies gelte auch für die Seitneigung in der angegebenen Größenordnung ebenso wie für das Schoberzeichen und die Abspreizfähigkeit des rechten Armes. Es würden zwar etwas geringere Messwerte angegeben als gegenüber der Vorbegutachtung, die aber auf das quantitative Leistungsvermögen keine Auswirkungen hätten. Bezüglich beider Kniegelenke werde jetzt eine durchaus physiologische leichte Überstreckbarkeit angegeben, die von Dr. P. mit 5° und mit Dr. H. mit 0° angegeben worden wäre. Dies ließe sich aber auf die Gonarthrose, wie sie radiologisch dokumentiert sei, zurückführen, nämlich auf die damit einhergehenden intermittierenden Reizzustände. Insgesamt gesehen ließe sich dem Gutachten keine gravierende Verschlechterung entnehmen. Prof. Dr. L. habe sich auch in keiner Weise kritisch mit den Befunden auseinander gesetzt, insbesondere die Ressourcenseite nicht eruiert. So hätte er zum Beispiel erörtern müssen, dass die Klägerin offensichtlich in der Lage gewesen wäre, zu ihm zur Begutachtung nach N. (von L. sicher eine Autofahrt von 4 Stunden oder eine entsprechende Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln) zu fahren und wie sie dies bewerkstelligt habe. Auch müsse berücksichtigt werden, dass er von vornherein eine solche Minderung des quantitativen Leistungsvermögens angegeben habe, nämlich bereits in seiner sachverständigen Zeugenaussage im September 2004. Dr. H. selbst habe keine Befunde auf seinem Fachgebiet festgestellt. Die Versicherte besitze weiterhin ein Pkw. Es gäbe keinen medizinischen Grund, der sie an dem Führen dieses Pkw hindere.
Prof. Dr. L. hat hierzu eine weitere Stellungnahme vorgelegt, wonach sich im Bereich der BWS eine hyperostosierende Spondylose und im Bereich der LWS ein Gleitvorgang finde. Im Bereich der rechten Schulter fände sich eine Verkalkung und an beiden Schultergelenken ein Impingement. Aus den einzelnen Messwerten habe er in ihrer Gesamtheit deren Auswirkungen auf das qualitative Leistungsvermögen geprüft und er sei nicht der Meinung, dass die Klägerin noch 6 Stunden arbeiten könne. Er habe damit insgesamt nachweisen können, dass es seit dem ersten Gutachten vom 29. November 2006 zu einer Verschlimmerung gekommen sei.
Die Beklagte hat hierzu eine weitere Stellungnahme von Dr. S. vorgelegt, wonach nicht zu erklären sei, dass das zweite Gutachten, was zeitlich kurz auf das erste orthopädische Gutachten gefolgt sei, zu wesentlich geringeren Bewegungsmaßen komme ohne dafür einen medizinischen Grund zu haben. Eklatant sei diese Diskrepanz bei den Drehbewegungen der HWS, die durch die beschriebenen degenerativen Veränderungen gerade nicht erklärt werden könnten. Wenn Prof. Dr. L. jetzt die degenerativen Veränderungen der BWS und LWS anführe, so hätten diese mit der Beweglichkeit der HWS gerade nichts zu tun. Auch sei die radiologisch sichtbare Verkalkung am Tuberkulum majus rechts völlig ohne Bedeutung und die Verschmälerung des subacromialen Raumes bedinge klinisch gerade kein Impingement. Das Hauptproblem seines Gutachtens sei, dass der Gutachter die Ressourcensituation in keiner Weise erhoben habe und auch die Befundung im Detail nur kursorisch und nicht dezidiert genug ausgeführt worden wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, da die Berufung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr umfasst (§ 144 Abs.1 Satz 2 SGG).
Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der hier anzuwendenden ab 01.01.2001 gültigen Fassung der §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind im angefochtenen Urteil zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Zwar erfüllt sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung, wie sich aus dem vorgelegten Versicherungsverlauf ergibt. Sie ist indessen weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Die Klägerin ist vielmehr noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes 6 Stunden und mehr unter Vermeidung von Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Überkopfarbeiten, Expositionen gegenüber Kälte und Nässe, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg ohne Hilfsmittel, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie überwiegendem Gehen und Stehen zu verrichten.
Durch diese qualitativen Einschränkungen wird weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsminderung begründet (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 75, 81, 90; 104, 117, 136; SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 15). Die Klägerin hat ihren in Polen erlernten Beruf als Konditorin nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben, zuletzt als ungelernte Kraft in einem Altenheim als Serviererin gearbeitet, ist daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, weshalb auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ausscheidet.
Auf dem danach maßgeblichen allgemeinen Arbeitsmarkt ist die Klägerin aufgrund ihres mehr als 6-stündigen Leistungsvermögens nicht erwerbsgemindert. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den eingeholten Gutachten von Dr. P. und Dr. H. wie auch aus den im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Verwaltungsgutachten von Dr. T. und Dr. S.-B ...
Danach stehen im Vordergrund der Leistungseinschränkungen die Folgeerkrankungen des Übergewichts der Klägerin, nämlich das chronische Lumbalsyndrom bei deutlichen degenerativen Veränderungen, das chronische Cervicalsyndrom bei mäßig ausgeprägten degenerativen Veränderungen, die Arthrose des rechten Kniegelenks und der Kniescheibenrückseite sowie das Rotatorenmanschettensyndrom beider Schultergelenke. Diesen orthopädischen Einschränkungen wird durch die eingangs beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen in vollem Umfang Rechnung getragen. Das haben die genannten Gutachter übereinstimmend und nachvollziehbar begründet dargelegt.
Insbesondere hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die Wegefähigkeit der Klägerin erhalten ist. Hierfür sprechen insbesondere die Beobachtungen, die Dr. H. im Zusammenhang mit seiner Untersuchung festhalten konnte, nämlich dass sich die Klägerin, unbeobachtet fühlend, recht zügig auf den Gehstöcken bewegen konnte, insbesondere keine Notwendigkeit besteht, einen Rollator zu benutzen, wie dies noch im erstinstanzlichen Verfahren behauptet und durch ein Attest untermauert wurde. Die Klägerin hat auch dem Gutachter Dr. H. gegenüber eingeräumt, dass sie sich mit Hilfe der Gehstöcke relativ gut bewegen kann. Er hat deswegen zu Recht festgestellt, dass es für die Heftigkeit der vorgetragenen Beschwerden und die Notwendigkeit der ausschließlichen Benutzung von Gehhilfen keine objektivierbaren Erkenntnisse gibt.
Es mag zwar sein, dass dieses Krankheitsgeschehen mittlerweile durch eine Somatisierungsstörung überlagert ist. Diese hat jedoch sowohl nach den Feststellungen im Verwaltungsverfahren durch Dr. S.-B. wie auch dem nach § 109 SGG eingeholten Gutachten von Dr. H. keinen eigenständigen leistungseinschränkenden Befund, vielmehr haben beide Gutachter übereinstimmend bekundet, dass auf nervenärztlichem Gebiet keine Störung von rentenrelevantem Ausmaß vorliegt. Dr. H. hat sich daher im wesentlichen den Ergebnissen von Prof. Dr. L. angeschlossen.
Dieses Gutachten von Prof. Dr. L. konnte den Senat indessen letztlich nicht überzeugen. Unabhängig davon, dass der Gutachter bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt, nämlich bereits anlässlich des ersten Rentenantrages, eine Erwerbsminderung der Klägerin befürwortet und dieses durch das gesamte Rentenverfahren hindurch jeweils bestätigt hat, nunmehr aber zu einer Festlegung eines Leistungsfalles erst im September 2006 gelangen will, ist die von ihm behauptete Verschlechterung des Gesundheitszustands, ohne dass außer einer weiteren Gewichtszunahme irgendein weiteres Gesundheitsereignis eingetreten ist, innerhalb von 4 Monaten nicht nachvollziehbar. Das gilt insbesondere für die von ihm beschriebene seiteingeschränkte Drehbeweglichkeit der HWS, die durch die festgestellten degenerativen Veränderungen nicht erklärt werden kann, da im Segment C1/C2 keinerlei degenerative Veränderungen beschrieben sind. Das spricht dafür, worauf auch Dr. S. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme hinweist, dass es an der erforderlichen Mitarbeit der Klägerin bzw. der Stringenz des Untersuchers gefehlt hat, um die tatsächlichen Bewegungsmaße festzustellen. Hinsichtlich der Kniegelenke ist zwar festzuhalten, dass angesichts der massiven gynoiden Adipositas die Feststellung der Bewegungsmaße erschwert ist, Dr. H. aber dennoch zutreffend konstatieren konnte, dass jedenfalls keine gröberen Kapselschwellungen vorliegen und der Befund deswegen nur zu den beschriebenen qualitativen Einschränkungen führt, aber nicht eine Aufhebung der Wegefähigkeit begründet. Auch fehlt es bei dem Gutachten von Prof. Dr. L. an der erforderlichen kritischen Auseinandersetzung mit den zahlreichen anderslautenden Vorbefunden, aber auch der Ressourcenseite der Klägerin. Er hat insbesondere nicht hinterfragt, wie die Klägerin in der Lage war, an einem Tag eine Autofahrt von zweimal 4 Stunden zur Untersuchung zurückzulegen, wenn auch offenbar in Begleitung. Dies belegt nämlich bereits für sich, dass sie einen erheblich längeren Zeitraum sitzen kann, als dies von dem Gutachter angenommen wurde.
Insgesamt gesehen konnte sich der Senat daher nicht von einem aufgehobenen oder zeitlich limitierten Leistungsvermögen der Klägerin überzeugen, weswegen die Berufung als unbegründet zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1953 geborene Klägerin hat in Polen eine Ausbildung als Konditorin abgeschlossen. Im Mai 1989 siedelte sie in die Bundesrepublik Deutschland über, wo sie zunächst als Arbeiterin in einer Schokoladenfabrik und zuletzt von 1998 bis 2002 als Serviererin in einem Altenheim beschäftigt war. Seit dem 05.04.2002 ist sie arbeitunfähig bzw. arbeitslos.
Die von der Klägerin am 5. Oktober 1999 und 11. Oktober 2001 gestellten Anträge auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung wurden jeweils abgelehnt (Bescheide vom 31.03.2000 und 13.12.2001).
Am 3. April 2003 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung eine Rente wegen Erwerbsminderung, wobei sie angab, sich seit Jahren für erwerbsgemindert zu halten. Ihr Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz liege bei 50. Sie legte hierzu Bescheinigungen ihres behandelnden Orthopäden Prof. Dr. L. vom 04.03.1999, 01.02.2001, 08.10.2002 und 24.02.2003 vor, wonach die Patientin seit längerem in seiner orthopädischen Behandlung stehe, ihre körperliche Leistungsbreite insgesamt derartig beeinträchtigt wäre, dass ihr zuzuraten sei, EU-Rente einzureichen.
Die Beklagte veranlasste eine orthopädische Begutachtung der Klägerin nach ambulanter Untersuchung. Dr. T. diagnostizierte: 1. Lumbalgie bei Osteochondrose der unteren Lendenwirbelsäule, 2. Cervikocephalgie bei Streckfehlhaltung und umschriebener Osteochondrose C3/C4, 3. Arthralgie rechtes Knie bei beginnender Genu varum Gonarthrose und Femoropatellar-arthrose, 4. Adipositas per magna (BMI 56) sowie 5. Zustand nach Carpaltunnelspaltung und Medianusneurolyse beidseits. Bei der Klägerin imponiere primär deren monströses Übergewicht vom Typ der Stammfettsucht. Eine Einsicht in die Gewichtsreduktion scheine nicht vorhanden zu sein, denn die Klägerin habe seit der Behandlung in der Kurparkklinik Ü. im September 2001 weitere 13 kg zugenommen. Die Beweglichkeit ihrer Lendenwirbelsäule sei vor allem durch die Leibesfülle entsprechend eingeschränkt. Sowohl die beschriebenen Rücken- wie auch Kniegelenksbeschwerden seien indirekt von dem Übergewicht beeinflusst, die das körperliche Leistungsvermögen einschränkten. Sie könne daher nur noch körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, in warmen, trockenen, zugfreien Räumen mit gelegentlichem Gehen und Stehen, mit Arbeiten in Augenhöhe vollschichtig ohne Schädigung ihrer Restgesundheit verrichten. Gehstrecken von 1 km seien ihr zuzumuten. Eine Gewichtsabnahme sei zwar wünschenswert, werde aber mangels Einsicht scheitern.
Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Bescheid vom 13. November 2003 den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin könne mit den vorhandenen Leistungseinschränkungen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich verrichten und sei deswegen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert oder berufsunfähig.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe bereits nach Zurücklegen einer Gehstrecke von 200 m starke Schmerzen im rechten Fuß, außerdem im rechten Kniegelenk, besonders stark beim Treppensteigen. Ihr Gesundheitszustand habe sich zwischenzeitlich noch weiter verschlechtert. Eine Gewichtsabnahme sei aufgrund ihres psychischen Zustandes nicht möglich. Sie leide zusätzlich an Unterbauchschmerzen und Harninkontinenz. Sie hat hierzu ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), Dr. K., vorgelegt, wonach ihre Erwerbsfähigkeit erheblich durch die chronifizierten Gon-arthrosebeschwerden rechts, die im Vordergrund der Leistungseinschränkungen ständen, gefährdet sei.
Die Beklagte holte hierzu eine beratungsärztliche Stellungnahme ein. Der Internist Dr. C. führte aus, die von dem MDK beschriebene erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit beziehe sich auf die bisherige Tätigkeit als Serviererin, die die Klägerin unstreitig nicht mehr ausüben könne. Nach dem kardiologischen Befund vom Februar 2003 sei sie immerhin ergometrisch bis 125 Watt belastbar gewesen, was mit einer körperlich mittelschweren Arbeit ohne weiteres vereinbar sei. Die Klägerin legte ein weiteres Attest von Prof. Dr. L. vor, wonach die Beschwerden trotz medikamentöser und physikalischer Therapie nicht zum Günstigen hätten beeinflusst werden können, es liege eine Progredienz der orthopädischen Leiden vor. Die körperliche Leistungsfähigkeit sei deutlich beeinträchtigt. Die Beklagte veranlasste daraufhin noch eine nervenfachärztliche Begutachtung der Klägerin nach ambulanter Untersuchung. Der Neurologe und Psychiater Dr. S.-B. beschrieb eine Adipositas per magna, Spannungskopfschmerzen sowie eine Somatisierungsstörung mit leichter Depressivität. Sichere Hinweise für eine endogene Depression bzw. überhaupt eine relevante eigenständige depressive Episode fänden sich nicht. Auch die bestehende Behandlung mit Tavor und niedrig dosiertem Insidon, dem psychopathologischen Befund entsprechend sicher adäquat, deute nicht darauf hin, dass die behandelnden Ärzte eine solche Depression annähmen oder angenommen hätten. Deswegen ergäben sich insgesamt auf nervenärztlichem Gebiet keine wesentlichen Leistungseinschränkungen. Er schließe sich der Beurteilung an, dass die Klägerin noch 6 Stunden und mehr leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Leistungseinschränkungen verrichten könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2004 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Klägerin habe ihren erlernten Beruf nicht aus zwingenden gesundheitlichen Gründen aufgegeben und könne aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten noch zumutbaren Tätigkeit sei deswegen nicht erforderlich. Sie sei auch nicht erwerbsgemindert, sondern könne noch 6 Stunden und mehr täglich erwerbstätig sein.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin zusätzlich geltend, sie sei nicht mehr in der Lage, vier mal täglich eine Strecke von 500 m zurückzulegen. Sie sei mittlerweile zum Gehen auf einen Rollator angewiesen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das Gericht die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt und die Klägerin anschließend orthopädisch begutachten lassen.
Prof. Dr. L., der die Klägerin von 1999 bis 2003 orthopädisch behandelt hatte, erachtete sie seit 1999 für noch in der Lage, leichte Tätigkeiten körperlicher Art zwischen 3 und weniger als 6 Stunden zu verrichten, wobei die Tätigkeit vornehmlich im Sitzen und nicht auf Leitern und Gerüsten unter Vermeidung von Feuchtigkeit sowie ständiger Vorneige der Rumpfwirbelsäule durchgeführt werden müsse. Der Nervenarzt Dr. G., der die Klägerin seit 2002 wegen ihrer Spannungskopfschmerzen behandelte, erachtete sie ebenfalls seit Januar 2003 für erwerbsgemindert (3 bis 6 Stunden erwerbsfähig), wobei die orthopädischen Leiden im Vordergrund stünden, ebenso der Allgemeinmediziner Dr. V ... Der Orthopäde S. erachtete die Klägerin ebenfalls für nur noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten 3 bis weniger als 6 Stunden mit Unterbrechungen zu verrichten, wobei die Beschwerden im Bereich des rechten Knies im Vordergrund stünden.
Der Sachverständige, der Orthopäde Dr. P., beschrieb eine 1. chronifizierte Lumbodorsalgie (Kreuzschmerzen) mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung in das rechte Bein bei röntgenologisch nachweisbarer mäßiger Spondylosteochondrose insbesondere im Segment L3/L4, L4/L5, mit dort jeweils vorhandener beginnender Pseudospondylolisthese, mit überbrückender Spondylosis deformans, insbesondere BWK 9 bis BWK 12, mit funktionell endgradig eingeschränkter Lendenwirbelsäulenfunktion, mit klinischer Facettenschmerzsymptomatik bei Rückneigung des Rumpfes ohne peripher neurologische Ausfälle der unteren Extremitäten, bei dekonditionierter Rumpfmuskulatur bei Adipositas, 2. rezidivierende Cervicodorsalgien (Nackenhinterkopfschmerzen) bei röntgenologisch mäßiger Osteochondrose der Segmente C3 bis C6, funktionell ohne wesentliche Einschränkung der Halswirbelsäulenfunktion und ohne sensomotorische Ausfälle im Bereich der oberen Extremitäten, 3. mäßige innenseitige Kniegelenkarthrose rechts (Schweregrad II. bis III. Grades) mit beginnender Arthrose an der Kniescheibenrückseite (Retropatellararthrose) bei funktionell freier Kniegelenkbeweglichkeit, derzeit ohne Reizsymptomatik, 4. Adipositas per magna (Übergewicht: 122 kg) sowie 5. erfolgreich durchgeführte Carpaltunnel-Operationen an beiden Händen mit wiederhergestellter alltagsgerechter Grob- und Feinmotorik der Hände, ohne verbliebene Nervenkompressionszeichen. Danach sei insbesondere der Bereich der Lendenwirbelsäule und des rechten Kniegelenks beeinträchtigt, so dass die Klägerin nur noch körperlich leichte Tätigkeiten 6 Stunden und mehr in wechselnder Körperhaltung überwiegend im Sitzen unter Vermeidung von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen sowie Hebe- und Tragearbeiten von Lasten mehr als 10 kg verrichten könne. Die Klägerin habe ihn allein mit dem Auto aufgesucht und berichtet, sie könne mit einem Handstock eine Strecke von 500 m ohne weiteres bewältigen.
Die Klägerin legte hierauf erneut ein Attest von Prof. Dr. L. vom 28. Juni 2005 vor, wonach die Gehstrecke von 4 mal täglich jeweils 500 m innerhalb einer zumutbaren Zeit von 20 Minuten vom und zum Arbeitsplatz nicht mehr zu bewältigen sei, ihr daher der allgemeine Arbeitsmarkt versperrt wäre und eine Rente wegen Erwerbsminderung befürwortet werden müsse.
Das SG zog noch den Entlassungsbericht über die stationäre Behandlung vom 15. März bis 1. April 2005 des Elisabethenkrankenhauses wegen hypertensivem Notfall mit atypischer Angina pectoris bei. Die Beschwerden der Klägerin seien deutlich psychisch im Sinne einer Somatisierungsstörung überlagert, welches im wesentlichen das Beschwerdebild der Patientin präge. Man habe ihr dringend zu einer Gewichtsabnahme bei Ausschluss einer relevanten kardiovaskulären Grunderkrankung zugeraten.
Die Klägerin hat u.a. noch ein Attest des Kurarztes Dr. K. vorgelegt, wonach sie seit 2004 nur noch mit Hilfe eines Rollators gehfähig sei und die freie Gehstrecke ohne Stöcke wohl weniger als 100 m betrage. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass die Klägerin bei der Untersuchung durch Dr. P. nur mit einem rechtzeitig geführten Handstock unterwegs gewesen wäre und den Gutachter auch alleine mit ihrem Pkw aufgesucht habe. Das Versorgungsamt Lörrach habe noch nicht einmal das Merkzeichen G anerkannt.
Mit Urteil vom 13. Juli 2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 19. Juli 2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin sei trotz gesundheitlicher Einschränkungen noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter qualitativen Einschränkungen mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Dies ergebe sich aus dem Sachverständigengutachten von Dr. P ... Es bestünden zwar Zweifel, ob sie gesundheitlich noch in der Lage sei, die erforderliche Wegstrecke zurückzulegen. Sie verfüge jedoch noch über einen eigenen Pkw und sei zumindest bis vor 3 Monaten noch in der Lage gewesen, diesen selbst zu fahren, sodass nicht von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auszugehen sei.
Mit ihrer dagegen am 27. Juli 2006 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, das von ihr zum Untersuchungszeitpunkt von Dr. P. noch genutzte Auto sei nicht behindertengerecht, denn kein Rollator würde dort hineinpassen. Es sei ihr auch nicht möglich, 2 mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Juli 2006 sowie den Bescheid vom 13. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und das Gutachten von Prof. Dr. L. nicht für überzeugend.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat die Klägerin orthopädisch und anschließend erneut orthopädisch und nervenärztlich auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begutachten lassen.
Der Sachverständige Dr. H. beschrieb in seinem orthopädischen Gutachten 1. ein chronisches Lumbalsyndrom bei deutlichen degenerativen Veränderungen der Zwischenwirbelräume L3 bis S1 und einem Pseudogleitvorgang vor allem L4 über L5, diskret L3/4 mit pseudoradikulärer Symptomatik ohne nachweisbare Nervenwurzelreiz- oder -ausfallerscheinungen, 2. ein chronisches Cervicalsyndrom bei Fehlhaltung und mäßig ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, 3. eine Arthrose des rechten Kniegelenks der Innenseite und Kniescheibenrückseite, 4. ein Rotatorenmanschettensyndrom des Schultergelenks links, diskret auch rechts, 5. eine Arthralgie beider Handgelenke, 6. Senk- Spreiz- Fußbildung beidseits, 7. eine zunehmende Adipositas per magna. Des weiteren bestünde ein Verdacht auf eine somatoforme Schmerzwahrnehmungsstörung. Da die Klägerin bereits eine Stunde vor dem Begutachtungstermin eingetroffen sei, habe er Gelegenheit gehabt, sie schon vorher mehrfach zu beobachten. Sie habe die Toilette zwar langsam, aber zielstrebig im 3-Punkte-Gang ebenso aufsuchen können wie später nach der Untersuchung ihr etwa 50 m entfernt geparktes Auto. Sie habe sich trotz ihrer Körperfülle auf den hinteren relativ engen Sitz begeben. Mit den Gehstöcken komme sie - auch nach eigenen Angaben - bestens zurecht. Sie habe nunmehr weitere 10 kg zugenommen. Die Gehfähigkeit habe sich daher in den letzten anderthalb Jahren nicht grundlegend verschlechtert, zumal sie nunmehr keinen Rollator mehr benutze, sondern ausschließlich an Unterarmgehstöcken laufen könne. Rollatoren könnten, da auf dem Markt diverse klapp- und faltbare Modelle existierten, ebenso wie Gehstöcke unkompliziert in einem Klein-Pkw mitgenommen werden. Sicherlich verursache die Wirbelsäule Schmerzen und infolge der bestehenden Kniearthrose müsse die Belastung mehr einseitig auf das linke Bein verlagert werden. Er sehe aber eine Gehstrecke von 500 m innerhalb von 20 Minuten durchaus als bewältigbar, auch viermal täglich. Seiner Auffassung nach könne die Klägerin daher insgesamt noch leichte Tätigkeiten 6 Stunden und mehr an 5 Tagen überwiegend im Sitzen unter Vermeidung von häufigem Treppensteigen, Arbeiten in gebückter oder einseitiger, statisch ungünstiger Körperhaltung und Überkopfarbeiten verrichten.
Der nach § 109 SGG gehörte Sachverständige Prof. Dr. L. führte aus, dass die Klägerin an einer Bewegungsbehinderung der HWS ohne nachweisbare Nervenwurzelreizerscheinungen bei röntgenologisch nachgewiesener Spondylose und Osteochondrose, degenerativen Veränderungen der Rumpfwirbelsäule einschließlich Spondylosis hyperostosans sowie Pseudospondylolysthese LWK 3 auf LWK 4 und LWK 4 auf LWK 5 bei deutlicher präsakraler Osteochondrose mit Funktionseinbuße, jedoch ohne nachweisbare Nervenwurzelreizerscheinungen, Bewegungsbehinderung beider Arme in den Schultergelenken bei röntgenologisch nachgewiesenem Impingement sowie Periarthrosis humeroscapularis duplay calcarea rechts, Innendrehbehinderung beider Beine in den Hüftgelenken bei Coxa vara beidseits und beginnenden umformenden Veränderungen, medialer Gonarthrose beidseits, rechts verstärkt, mit Reizknie (Synovialitis, Hyperthermie) rechts, Seitbandlaxität an beiden Kniegelenken in Neutral, Blutumlaufstörungen an beiden Beinen sowie erhebliches Übergewicht (BMI 57,8 kg/m2) leide. Sie könne nur noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes 4 bis 5 Stunden unter Vermeidung von überwiegendem Stehen, Tätigkeiten unter Nässe und Feuchtigkeit, auf Leitern und Gerüsten, mit Absturzgefahr, mit Heben und Tragen mittelschwerer bis schwerer Lasten sowie Arbeiten mit den Armen in der Horizontale verrichten. Der Gehweg von 500 m innerhalb von 20 Minuten sei ihr nicht mehr zumutbar, auch nicht mehr mit Armstützen mit Rollator gerade eben noch. Ein öffentliches Verkehrsmittel könne sie bis zu 300 m erreichen. Der BMI habe weiter zugenommen, die Beweglichkeit der HWS hingegen abgenommen. Auch zeige sich eine Verschlechterung der lumbalen Wirbelsäulenbeweglichkeit, eine verminderte Abspreizmöglichkeit des rechten Armes im Schultergelenk, so dass es insgesamt zu einer Verschlechterung gekommen sei. Diese sei auf den 5. September 2006 festzulegen.
Der ebenfalls nach § 109 SGG gehörte Neurologe und Psychiater Dr. H. führte aus, dass auf rein nervenärztlichem Gebiet keine zusätzliche wesentliche Leistungseinschränkung vorliege, wohl eine leichte Anpassungsstörung. Im Vordergrund stünden seiner Auffassung nach die extreme Adipositas und die daraus resultierende körperliche Beeinträchtigung. Die Klägerin könne sich in ihrem "Fettpanzer" kaum noch rühren, hinzu kämen die teilweise möglicherweise primären, letzten Endes aber vor allem auf das Übergewicht zurückzuführenden Gelenkschwierigkeiten. Während der Untersuchung habe sich die Klägerin immer wieder auf ihre Vergesslichkeit berufen, dann aber relevante Dinge doch sehr rasch und gut erinnert. Es fänden sich damit insgesamt keine formalen oder inhaltlichen Störungen, auch keine kognitiven Defizite. Sie sei während der gesamten Untersuchungszeit wach, orientiert und ohne Konzentrationsabfall gewesen, habe auch keinesfalls depressiv gewirkt, eher mit einer positiven Grundstimmung, schwingungsfähig, freundlichen Zwischenworten durchaus zugänglich. Sie habe auch über kleinere Bemerkungen lachen können. Daher lägen keine Zeichen einer endogenen Depression, keine erkennbare Aggravation, eher leichte Unsicherheit und Hilflosigkeit vor.
Die Beklagte hat hierzu eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. S. vorgelegt, wonach die "Verschlechterung" bezweifelt werde. Dies gelte schon für eine Gewichtszunahme von über 10 Kilogramm zwischen 11/06 und 4/07. Hinsichtlich der Beweglichkeit der HWS, LWS und der Schulter gelte, dass diese mitarbeitsabhängig und abhängig davon wäre, wie forciert tatsächlich das vorhandene Bewegungsausmaß überprüft werde. Anhand der Röntgenbefunde ließen sich keine schwerwiegenden degenerativen Veränderungen feststellen, die zur Schlussfolgerung führten, dass das von Prof. Dr. L. angegebene Bewegungsspiel das Maximale sei. Der Gutachter habe auch selbst bezüglich der Rotation eingeräumt, dass diese altersentsprechend sei. Dies gelte auch für die Seitneigung in der angegebenen Größenordnung ebenso wie für das Schoberzeichen und die Abspreizfähigkeit des rechten Armes. Es würden zwar etwas geringere Messwerte angegeben als gegenüber der Vorbegutachtung, die aber auf das quantitative Leistungsvermögen keine Auswirkungen hätten. Bezüglich beider Kniegelenke werde jetzt eine durchaus physiologische leichte Überstreckbarkeit angegeben, die von Dr. P. mit 5° und mit Dr. H. mit 0° angegeben worden wäre. Dies ließe sich aber auf die Gonarthrose, wie sie radiologisch dokumentiert sei, zurückführen, nämlich auf die damit einhergehenden intermittierenden Reizzustände. Insgesamt gesehen ließe sich dem Gutachten keine gravierende Verschlechterung entnehmen. Prof. Dr. L. habe sich auch in keiner Weise kritisch mit den Befunden auseinander gesetzt, insbesondere die Ressourcenseite nicht eruiert. So hätte er zum Beispiel erörtern müssen, dass die Klägerin offensichtlich in der Lage gewesen wäre, zu ihm zur Begutachtung nach N. (von L. sicher eine Autofahrt von 4 Stunden oder eine entsprechende Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln) zu fahren und wie sie dies bewerkstelligt habe. Auch müsse berücksichtigt werden, dass er von vornherein eine solche Minderung des quantitativen Leistungsvermögens angegeben habe, nämlich bereits in seiner sachverständigen Zeugenaussage im September 2004. Dr. H. selbst habe keine Befunde auf seinem Fachgebiet festgestellt. Die Versicherte besitze weiterhin ein Pkw. Es gäbe keinen medizinischen Grund, der sie an dem Führen dieses Pkw hindere.
Prof. Dr. L. hat hierzu eine weitere Stellungnahme vorgelegt, wonach sich im Bereich der BWS eine hyperostosierende Spondylose und im Bereich der LWS ein Gleitvorgang finde. Im Bereich der rechten Schulter fände sich eine Verkalkung und an beiden Schultergelenken ein Impingement. Aus den einzelnen Messwerten habe er in ihrer Gesamtheit deren Auswirkungen auf das qualitative Leistungsvermögen geprüft und er sei nicht der Meinung, dass die Klägerin noch 6 Stunden arbeiten könne. Er habe damit insgesamt nachweisen können, dass es seit dem ersten Gutachten vom 29. November 2006 zu einer Verschlimmerung gekommen sei.
Die Beklagte hat hierzu eine weitere Stellungnahme von Dr. S. vorgelegt, wonach nicht zu erklären sei, dass das zweite Gutachten, was zeitlich kurz auf das erste orthopädische Gutachten gefolgt sei, zu wesentlich geringeren Bewegungsmaßen komme ohne dafür einen medizinischen Grund zu haben. Eklatant sei diese Diskrepanz bei den Drehbewegungen der HWS, die durch die beschriebenen degenerativen Veränderungen gerade nicht erklärt werden könnten. Wenn Prof. Dr. L. jetzt die degenerativen Veränderungen der BWS und LWS anführe, so hätten diese mit der Beweglichkeit der HWS gerade nichts zu tun. Auch sei die radiologisch sichtbare Verkalkung am Tuberkulum majus rechts völlig ohne Bedeutung und die Verschmälerung des subacromialen Raumes bedinge klinisch gerade kein Impingement. Das Hauptproblem seines Gutachtens sei, dass der Gutachter die Ressourcensituation in keiner Weise erhoben habe und auch die Befundung im Detail nur kursorisch und nicht dezidiert genug ausgeführt worden wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, da die Berufung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr umfasst (§ 144 Abs.1 Satz 2 SGG).
Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der hier anzuwendenden ab 01.01.2001 gültigen Fassung der §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind im angefochtenen Urteil zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Zwar erfüllt sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung, wie sich aus dem vorgelegten Versicherungsverlauf ergibt. Sie ist indessen weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Die Klägerin ist vielmehr noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes 6 Stunden und mehr unter Vermeidung von Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Überkopfarbeiten, Expositionen gegenüber Kälte und Nässe, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg ohne Hilfsmittel, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie überwiegendem Gehen und Stehen zu verrichten.
Durch diese qualitativen Einschränkungen wird weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsminderung begründet (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 75, 81, 90; 104, 117, 136; SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 15). Die Klägerin hat ihren in Polen erlernten Beruf als Konditorin nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben, zuletzt als ungelernte Kraft in einem Altenheim als Serviererin gearbeitet, ist daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, weshalb auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ausscheidet.
Auf dem danach maßgeblichen allgemeinen Arbeitsmarkt ist die Klägerin aufgrund ihres mehr als 6-stündigen Leistungsvermögens nicht erwerbsgemindert. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den eingeholten Gutachten von Dr. P. und Dr. H. wie auch aus den im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Verwaltungsgutachten von Dr. T. und Dr. S.-B ...
Danach stehen im Vordergrund der Leistungseinschränkungen die Folgeerkrankungen des Übergewichts der Klägerin, nämlich das chronische Lumbalsyndrom bei deutlichen degenerativen Veränderungen, das chronische Cervicalsyndrom bei mäßig ausgeprägten degenerativen Veränderungen, die Arthrose des rechten Kniegelenks und der Kniescheibenrückseite sowie das Rotatorenmanschettensyndrom beider Schultergelenke. Diesen orthopädischen Einschränkungen wird durch die eingangs beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen in vollem Umfang Rechnung getragen. Das haben die genannten Gutachter übereinstimmend und nachvollziehbar begründet dargelegt.
Insbesondere hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die Wegefähigkeit der Klägerin erhalten ist. Hierfür sprechen insbesondere die Beobachtungen, die Dr. H. im Zusammenhang mit seiner Untersuchung festhalten konnte, nämlich dass sich die Klägerin, unbeobachtet fühlend, recht zügig auf den Gehstöcken bewegen konnte, insbesondere keine Notwendigkeit besteht, einen Rollator zu benutzen, wie dies noch im erstinstanzlichen Verfahren behauptet und durch ein Attest untermauert wurde. Die Klägerin hat auch dem Gutachter Dr. H. gegenüber eingeräumt, dass sie sich mit Hilfe der Gehstöcke relativ gut bewegen kann. Er hat deswegen zu Recht festgestellt, dass es für die Heftigkeit der vorgetragenen Beschwerden und die Notwendigkeit der ausschließlichen Benutzung von Gehhilfen keine objektivierbaren Erkenntnisse gibt.
Es mag zwar sein, dass dieses Krankheitsgeschehen mittlerweile durch eine Somatisierungsstörung überlagert ist. Diese hat jedoch sowohl nach den Feststellungen im Verwaltungsverfahren durch Dr. S.-B. wie auch dem nach § 109 SGG eingeholten Gutachten von Dr. H. keinen eigenständigen leistungseinschränkenden Befund, vielmehr haben beide Gutachter übereinstimmend bekundet, dass auf nervenärztlichem Gebiet keine Störung von rentenrelevantem Ausmaß vorliegt. Dr. H. hat sich daher im wesentlichen den Ergebnissen von Prof. Dr. L. angeschlossen.
Dieses Gutachten von Prof. Dr. L. konnte den Senat indessen letztlich nicht überzeugen. Unabhängig davon, dass der Gutachter bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt, nämlich bereits anlässlich des ersten Rentenantrages, eine Erwerbsminderung der Klägerin befürwortet und dieses durch das gesamte Rentenverfahren hindurch jeweils bestätigt hat, nunmehr aber zu einer Festlegung eines Leistungsfalles erst im September 2006 gelangen will, ist die von ihm behauptete Verschlechterung des Gesundheitszustands, ohne dass außer einer weiteren Gewichtszunahme irgendein weiteres Gesundheitsereignis eingetreten ist, innerhalb von 4 Monaten nicht nachvollziehbar. Das gilt insbesondere für die von ihm beschriebene seiteingeschränkte Drehbeweglichkeit der HWS, die durch die festgestellten degenerativen Veränderungen nicht erklärt werden kann, da im Segment C1/C2 keinerlei degenerative Veränderungen beschrieben sind. Das spricht dafür, worauf auch Dr. S. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme hinweist, dass es an der erforderlichen Mitarbeit der Klägerin bzw. der Stringenz des Untersuchers gefehlt hat, um die tatsächlichen Bewegungsmaße festzustellen. Hinsichtlich der Kniegelenke ist zwar festzuhalten, dass angesichts der massiven gynoiden Adipositas die Feststellung der Bewegungsmaße erschwert ist, Dr. H. aber dennoch zutreffend konstatieren konnte, dass jedenfalls keine gröberen Kapselschwellungen vorliegen und der Befund deswegen nur zu den beschriebenen qualitativen Einschränkungen führt, aber nicht eine Aufhebung der Wegefähigkeit begründet. Auch fehlt es bei dem Gutachten von Prof. Dr. L. an der erforderlichen kritischen Auseinandersetzung mit den zahlreichen anderslautenden Vorbefunden, aber auch der Ressourcenseite der Klägerin. Er hat insbesondere nicht hinterfragt, wie die Klägerin in der Lage war, an einem Tag eine Autofahrt von zweimal 4 Stunden zur Untersuchung zurückzulegen, wenn auch offenbar in Begleitung. Dies belegt nämlich bereits für sich, dass sie einen erheblich längeren Zeitraum sitzen kann, als dies von dem Gutachter angenommen wurde.
Insgesamt gesehen konnte sich der Senat daher nicht von einem aufgehobenen oder zeitlich limitierten Leistungsvermögen der Klägerin überzeugen, weswegen die Berufung als unbegründet zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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