Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 154/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 488/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Beschluss des Berichterstatters vom 13. Dezember 2007 mit der vorläufigen Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren wird aufgehoben.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte berechtigt war, gegen spätere Forderungen des Klägers aus Arzneimittellieferungen mit einem Rückzahlungsanspruch in Höhe von ursprünglich DM 588,23 (= EUR 300,76), zuletzt noch DM 516,02 (= EUR 263,84) aufzurechnen (zu retaxieren).
Der Kläger ist Inhaber einer Apotheke und Mitglied des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg e.V ... Internist Dr. N. stellte am 17., 22. und 23. November 1999 für drei Versicherte der Beklagten folgende Verordnungen über Zytostatika aus, die zubereitet werden mussten und an zwei (Verordnungen vom 17. und 23. November 1999) bzw. fünf (Verordnung vom 22. November 1999) aufeinanderfolgenden Tagen an die Versicherten abgegeben werden sollten: &61656; Verordnung vom 17. November 1999 Ribomustin 200 mg in NaCl 0,9% 500 mg zweimal (Tag 1 + 2) &61656; Verordnung vom 22. November 1999 5 Fu 800 mg fünfmal (Tag 1 bis 5) Rescuvolin 40 mg fünfmal (Tag 1 bis 5) &61656; Verordnung vom 23. November 1999 Novantron 12 mg in Glukose 5% zur 50 mg zweimal (Tag 1 + 2) Wirkstoffe der verordneten Zytostatika sind Bendamustin, Fluorouacil, Folinsäure und Mitoxantron. Entsprechend den Angaben des Dr. N. auf den Verordnungsblättern bereitete der Kläger für die Versicherten die Zytostatika jeweils täglich neu zu und gab sie jeweils täglich an diesen ab. Gegenüber der Beklagten berechnete er eine Vergütung für jeden einzelnen Abgabetag, insgesamt für die Verordnung vom 17. November 1999 DM 1.756,32, für die Verordnung vom 22. November 1999 DM 910,20 (DM 338,85 + DM 571,35) und für die Verordnung vom 23. November 1999 DM 1.231,04.
Die vom Kläger mit der Abrechnung für den Monat November 1999 eingereichten drei Verordnungen beanstandete die Beklagte mit Schreiben vom 27. November 2000 und setzte einen Betrag von insgesamt DM 588,23 (= EUR 300,76) ab (Verordnung vom 17. November 1999 DM 220,54; Verordnung vom 22. November 1999 DM 220,40; Verordnung vom 23. November 1999 DM 147,29). Hiergegen erhob der Kläger am 8. Dezember 2000 Einspruch. Auf diesen Einspruch hin verwies die Beklagte mit den Schreiben vom 2. und 6. März 2001 auf die in § 2 Abs. 2 des Vertrages über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen - Vertrag zur Hilfstaxe für Apotheken vom 30. Oktober 1998 - (im Folgenden Hilfstaxe) getroffene Regelung, die zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband e.V. vereinbart und als Bestandteil der Arzneilieferverträge seit 1. Februar 1999 gültig sei, und erläuterte unter Übersendung von Beispielsberechnungen einer Zytostatikarezeptur in mehreren Einzelbehältnissen ihre Entscheidung dahin, enthalte die Verordnung einen Hinweis auf Abgabe von mehreren Einzelbehältnissen, sei diese der ärztlichen Verordnung folgend als Ganzes zu beliefern, also in einem Arbeitsgang herzustellen und in Einzeldosen aufzuteilen. Für die erforderliche Gesamtwirkstoffmenge sei einmalig der entsprechende Zuschlag und Arbeitspreis abzurechnen. Unter streng aseptischen Herstellungsbedingungen sei die Stabilität der Rezeptur für die Verabreichungszeitraum von fünf Tagen durchaus gewährleistet. Sei eine zeitversetzte Abgabe erforderlich, seien vom behandelnden Arzt jeweils Einzelverordnungen auszustellen. Die Beklagte sah keine Möglichkeit, dem Einspruch des Klägers abzuhelfen (Schreiben vom 19. Dezember 2001).
Der Kläger hat am 27. Dezember 2001 Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 3. Januar 2003 an das örtlich zuständige Sozialgericht Stuttgart (SG) verwiesen hat. Der Kläger hat geltend gemacht, Dr. N. habe auf den Verordnungen die mehrfache Abgabe des von ihm (dem Kläger) herzustellenden Arzneimittels verordnet, weshalb er nach Anweisung des Arztes das Arzneimittel täglich abgegeben habe und die Zubereitung des Arzneimittels zu dem in der Verordnung festgelegten Abgabetermin erfolgt sei. Aus der anzuwendenden Therapie habe sich eindeutig ergeben, dass der Versicherte für jeden Behandlungstag eine gesonderte applikationsfertige Lösung erhalte. Es sei nicht seine Aufgabe als Apotheker, die Rezepte des Arztes auf ihre Zulässigkeit hin zu überprüfen. Eine mehrfache Verordnung pro Verordnungszeile sehe das Rezeptformular vor. Es habe sich um sterile Zubereitungen gehandelt, die aus Gründen der Arzneimittelsicherheit erst unmittelbar vor Gebrauch und nicht auf Vorrat hätten hergestellt werden können. Die Substanzen der Verordnungen wiesen eine sehr geringe Haltbarkeit im Hinblick auf ihre physikalisch-chemische Stabilität auf. Seine Berechnung beruhe auf § 5 Abs. 1, 4 und 5 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) sowie der Anlage 3 zu § 2 Abs. 2 der Hilfstaxe. Seine Auffassung, dass eine Berechnung pro einzelnen zu applizierender Einheit vorgenommen werden dürfe, bestätige die zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene neue Hilfstaxe. Er hat das Schreiben des Dr. N. vom 12. Juni 2002 vorgelegt, in welchem dieser bestätigte, die Infusionslösungen hätten für die Versicherten nach seinen Anordnungen im November 1999 jeweils täglich frisch zubereitet werden müssen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Dr. N. habe ersichtlich nicht die mehrfache Abgabe verordnet, sondern lediglich die Menge genannt, die der Apotheker herzustellen beauftragt sei. Verwende der verordnende Arzt wissentlich und willentlich nur ein Verordnungsblatt, sei dieses Verordnungsblatt Grundlage einer Rezeptur, die in einem einheitlichen Herstellungsgang zuzubereiten und anschließend gegebenenfalls in Einzeldosen aufzuteilen sei. Folge wie im vorliegenden Fall aus der Verschreibung die Herstellung in einem einheitlichen Herstellungsgang, sei auch im Rahmen der Preisbildung auf die in diesem einheitlichen Herstellungsgang erzeugte Gesamtmenge abzustellen, so dass nur eine Rezeptur - und folglich Zuschlag und Arbeitspreis nur einmalig - zu berechnen sei. Die Stabilität einer Zytostatika-Rezeptur stehe der Herstellung in einem einheitlichen Herstellungsgang nicht entgegen. Der Kläger habe von den Versicherten lediglich eine Zuzahlung in Höhe von jeweils DM 8,00 eingezogen.
Die Beklagte hat den abgesetzten Betrag auf DM 516,02 (= EUR 263,84) vermindert. Sie hat folgende Beträge vergütet: Verordnung vom 17. November 1999 DM 1.705,63 Verordnung vom 22. November 1999 DM 106,85 DM 385,14 Verordnung vom 23. November 1999 DM 1.183,92
Der Kläger hat den Rechtsstreit hinsichtlich des über DM 516,02 (= EUR 263,84) hinausgehenden Betrags für erledigt erklärt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14. Dezember 2005 abgewiesen. Auf dem Arzneiverordnungsblatt (Muster 16 der Vereinbarung über Vordrucke für die vertragsärztliche Versorgung (Vordruckvereinbarung)) dürfe je Verordnungszeile nur ein bestimmtes Arzneimittel verordnet werden. Bei Verordnungen in Form von Rezepturen dürfe nach Nr. 11 der Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung grundsätzlich nur die Vorderseite des Vordrucks benutzt und pro Rezeptur nur ein Verordnungsblatt verwendet werden. Abgesehen davon, dass Dr. N. entgegen dieser zwingenden Vorgabe auf dem Verordnungsblatt vom 22. November 1999 zwei Rezepturen verordnet habe, ergebe sich aus den Verordnungsblättern selbst nicht eindeutig, ob er die Herstellung der Gesamtmenge der Rezeptur mit anschließender Aufteilung in Einzeldosen oder die täglich neue Herstellung einzelner Dosen verordnet habe. Da Dr. N. lediglich ein Verordnungsblatt verwendet habe, bilde allein dieses Verordnungsblatt die Grundlage der Rezeptur, die vom Kläger anschließend in einem einheitlichen Herstellungsgang zuzubereiten und danach - entsprechend der ärztlichen Verordnung - in Einzeldosen aufzuteilen sei. Bei Zweifeln an der Durchführbarkeit der Verordnung in dieser Form, beispielsweise auf Grund nicht hinreichender Stabilität der Rezeptur, wäre er gehalten gewesen, auf Dr. N. einzuwirken, dass von diesem für die täglich frisch herzustellende Rezeptur jeweils ein neues Verordnungsblatt verwendet werde. Da auf Grund der hier erfolgten Verordnung die Herstellung der Zytostatika in einem einheitlichen Herstellungsgang mit anschließender Aufteilung auf die einzelnen Dosen zu erfolgen gehabt habe, sei der Fest- und Rezepturzuschlag nur jeweils einmal abrechenbar. Das vom Kläger und Dr. N. selbst erstellte Anforderungsblatt für Zytostatika-Zubereitungen könne die ärztlichen Verordnung weder ergänzen noch ersetzen. Die ab 1. Januar 2002 geltende neue Hilfstaxe und die Empfehlung der Verbände der Ersatzkassen vom 6. September 2001, im Vorgriff der neue Regelungen für parenterale Lösungen keine neuen Retaxationen auf der Grundlage der bisherigen Zytostatika-Regelung vorzunehmen, könnten einen Anspruch des Klägers nicht begründen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 2. Januar 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31. Januar 2006 Berufung eingelegt. Er verweist auf sein bisheriges Vorbringen und macht weiter geltend, die vom SG eingeführte Nr. 11 der Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung zum Muster 16 entspreche dem Stand Oktober 2005. In den Erläuterungen zum Muster 16 (Stand Juli 1999 und Januar 2000) finde sich diese Regelung nicht. Vielmehr enthalte Nr. 13 dieser Erläuterungen den Hinweis, dass bei Verordnungen in Form von Rezepturen die Rückseite des Vordrucks bei entsprechender Platzbedarf zusätzlich benutzt werden könne sowie, wenn auf Grund von weiteren Verordnungen der Raum für die Rezeptur nicht ausreiche, für die Verordnung der Rezeptur ein separates Verordnungsblatt verwendet werden solle. Er sei deshalb auf Grund der Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung nicht gehalten gewesen, die Rezeptur in einem einheitlichen Herstellungsgang zuzubereiten. Auch verbiete sich eine Auslegung der Verordnungsblätter dahin, dass ausschließlich eine einmalige Herstellung in Betracht komme, weil der ausdrückliche ärztliche Auftrag die tägliche Zubereitung vorgesehen habe. Es stehe allein in der Verordnungshoheit des Arztes, ob er mehrere Verordnungsblätter ausstelle oder mehrfache Verordnungen auf einem einzelnen Verordnungsblatt vornehme. Eine andere als die täglich frische Herstellung sei unter pharmakologischen Gesichtspunkten nicht vertretbar gewesen. Mit Wirkung ab 1. Januar 2002 sei im Vertrag zur Hilfstaxe ausdrücklich klargestellt worden, dass der Arbeitspreis pro applikationsfähiger Einheit zu berechnen sei. Eine Ersatzkasse habe in einem vor dem Landesozialgericht Nordrhein-Westfalen geführten Berufungsverfahren (L 16 KR 286/04) den dortigen Anspruch des Apothekers anerkannt. Hierzu hat er das Sitzungsprotokoll vom 16. März 2006 sowie des Weiteren zur Stützung seiner Auffassung das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2005 - S 82 KR 3809/01 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 263,84 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27. Dezember 2001 zu zahlen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das SG hätte die Berufung nicht zulassen dürfen, weil wegen Änderung der maßgeblichen Regelungen die Sache keine Bedeutung in der Zukunft mehr entfalten werde. In der Sache hält sie das angefochtene Urteil für zutreffend. Es seien keine erkennbare Einzelzubereitung an verschiedenen Tagen verordnet worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligter nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, weil das SG die Berufung im Urteil zugelassen hat. An die Zulassung der Berufung durch das SG ist der Senat gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG). Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat zu Recht mit einem Betrag von DM 516,02 (= EUR 263,84) aufgerechnet.
1. Richtige Klageart ist die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG, weil zwischen den Beteiligten ein Gleichordnungsverhältnis besteht, das gleichzeitig eine (einseitig) hoheitliche Regelung der handelnden Behörde durch Verwaltungsakt gegenüber dem Adressaten - und damit eine Klage nach § 54 Abs. 4 SGG - ausschließt (vgl. BSG SozR 4-2500 § 129 Nr. 2). An der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage hat der Kläger nicht mehr festgehalten.
2. Rechtsgrundlage des Zahlungsbegehrens des Klägers ist § 433 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) i.V.m. § 129 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) und den Vorschriften des auf der Grundlage des § 129 Abs. 5 SGB V zwischen dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. und dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. einerseits und dem Deutschen Apothekerverband e.V. andererseits vereinbarten Arzneilieferungsvertrags (ALV), im vorliegenden Fall in der im Jahre 1999 geltenden Fassung (Blatt 69/103 der LSG-Akte). Als Mitglied des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg e.V., der seinerseits Mitgliedsverband des Deutschen Apothekerverbandes e.V. ist, hat der ALV Rechtswirkung für den Kläger (§ 2 Abs. 2 ALV).
2.1. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ALV werden die bei der Rechnungsprüfung festgestellten rechnerisch und sachlich unrichtig angesetzten Beträge von den Ersatzkassen innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Kalendermonats berichtigt, in dem die Lieferung erfolgte. Einsprüche gegen Taxdifferenzen können nach § 21 Abs. 2 Satz 1 ALV vom Apotheker innerhalb von drei Monaten nach Eingang beim Apotheker geltend gemacht werden. Die Prüfung von Einsprüchen gegen eine ausgesprochene Beanstandung hat nach § 21 Abs. 3 ALV innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eingang des Einspruchs bei der Ersatzkasse zu erfolgen (Satz 1). Das Ergebnis der Prüfung ist der Apotheke mitzuteilen (Satz 2). Werden die Fristen nach Abs. 2 und 3 überschritten, gelten nach § 21 Abs. 4 ALV Taxdifferenzen bzw. die Einsprüche als anerkannt. Der Kläger hat die streitigen Verordnungen entsprechend den vereinbarten Abrechnungsbestimmungen des ALV, insbesondere innerhalb der vereinbarten Abrechnungsfristen, bei der zuständigen Abrechnungsstelle eingereicht. Auch die für Beanstandungen vereinbarten Fristen des § 21 ALV haben die Beteiligten eingehalten. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung (Hauptforderung) selbst außer Streit, so dass es hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf.
2.2. Die Beklagte hat die Abrechnung des Klägers zu Recht wegen der Preisberechnung beanstandet. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 ALV sind für die Preisberechnung der u.a. auf Einzelverordnung gelieferten Arzneimittel, die der Apotheker herstellt bzw. zur Abgabe hergerichtet hat, die jeweiligen gesetzlichen Vorschriften anzuwenden. Die Vergütung, die der Apotheker erhält, richtet sich nach der auf der Grundlage des § 78 des Arzneimittelgesetzes (AMG) erlassenden AMPreisV. Nach § 5 Abs. 4 und 5 AMPreisV können die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen mit dem Deutschen Apothekerverband Preisvereinbarungen außerhalb der AMPreisV treffen, soweit es sich um besondere Rezepturen handelt. Von dieser Möglichkeit haben die zuvor genannten Institutionen Gebrauch gemacht und mit Wirkung zum 1. Februar 1999 die Hilfstaxe vereinbart, die nach ihrem § 4 als Bestandteil des ALV gilt. Nach § 2 Abs. 2 der Hilfstaxe werden für bestimmte Rezepturen Fest- oder Rezepturzuschläge sowie Stoff- und Gefäßpreise nach § 5 Abs. 5 AMPreisV auf Vorschlag der technischen Kommission nach § 3 (der Hilfstaxe) vereinbart. Die Regelungen zu diesen Rezepturen sind als Anlage 3 Bestandteil (der Hilfstaxe) und der Abrechnung zugrunde zu legen. In Nr. 1 der Anlage 3 der Hilfstaxe haben die Vertragspartner für Zytostatika-Rezepturen Regelungen zur Preisbildung vereinbart. In Nr. 1.1 der Anlage 3 haben die Vertragspartner für die Preisberechnung INN-Preis pro mg für die jeweiligen Substanzen vereinbart, die nach Nr. 1.2 der Anlage 3 Grundlage für die Preisberechnung, bezogen auf die verordnete Menge, sind. Der Nettopreis ergibt sich auf Grund eines Zuschlags von 23% auf den nach 1.1 vereinbarten Preis, mindestens DM 15,00, jedoch nicht mehr als DM 250,00 (Nr. 1.3.1 der Anlage 3). Ein weiterer Zuschlag von 23% kann u.a. für Trägerlösungen berechnet werden (Nr. 1.3.2 der Anlage 3). Hinzukommt nach Nr. 1.4 der Anlage 3 ein Arbeitspreis, der nach Satz 1 dieser Regelung pauschal DM 32,50 (netto) beträgt und einmalig pro Rezeptur zu berechnen ist.
Grundlage der Preisberechnung ist nach Nr. 1.2 der Anlage 3 die verordnete Menge. Dies ist die Menge, die der verordnete Vertragsarzt auf der Verordnung angibt. Dies folgt daraus, dass für die vom Apotheker abzugebende Menge des verordneten Wirkstoffs die Verordnung des Vertragsarztes maßgeblich ist. Für die Verordnung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung muss der Vertragsarzt die Vordrucke verwenden, die in der Vordruckvereinbarung festgelegt sind (§ 6 Abs. 1 Satz 1 des Bundesmantelvertrags-Ärzte/Ersatzkassen [EKV-Ä]) und die als Anlage 2 Bestandteil des EKV-Ä ist (§ 1 Abs. 5 EKV-Ä). Bezüglich der Verordnung von Arzneimitteln ist dies nach Nr. 2.16 der Vordruckvereinbarung das Arzneiverordnungsblatt (Muster 16). Die zwischen den Partnern des Bundesmantelvertrags nach § 87 SGB V vereinbarten sowie die amtlichen Verordnungsblätter in der jeweils gültigen Fassung finden auch im Verhältnis zu den Apothekern Anwendung (§ 3 Abs. 1 ALV).
Die Verordnung eines Arzneimittels erfolgt in den auf dem Vordruck Muster 16 vorgesehenen Zeilen jeweils für ein Arzneimittel. Wird ein Fertigarzneimittel verordnet, handelt es sich um eine einzelne Verordnung, aufgrund der der Apotheker das Fertigarzneimittel auch nur in der vom Vertragsarzt genannten Menge abgeben darf, es sei denn, dass eine der in § 4 ALV genannten Voraussetzungen für eine abweichende Abgabe gegeben ist. Er kann nicht das Fertigarzneimittel teilweise, etwa entsprechend den Anweisungen des Arztes zur Einnahme, abgeben. Ein Verordnungsblatt kann vom Apotheker auch nicht mehrfach beliefert werden. Mit der Abgabe des verordneten Arzneimittels ist das Verordnungsblatt beliefert. Unter Rezeptur ist die Einzelherstellung eines Arzneimittels anhand eines konkreten Auftrags zu verstehen (vgl. § 7 der Apothekenbetriebsordnung), so dass die Rezeptur als die Verordnung des Arzneimittels anzusehen ist. Damit kann bei Angabe einer Rezeptur auf dem Verordnungsblatt die Rezeptur nur einmal abgegeben werden. Demgemäß ist verordnete Menge die in der vertragsärztlichen Verordnung genannte Gesamtmenge des Wirkstoffs und damit im Sinne des Vertrags die gesamte auf dem Verordnungsblatt genannte Menge (ebenso Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Oktober 2005 - L 5 KR 96/04 -, Breithaupt 2006, 455). Der Auffassung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in der Verfügung vom 16. März 2006 im Berufungsverfahren L 16 KR 286/04 vermag der Senat damit nicht zu folgen.
Daraus, dass die Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung (Stand Juli 1999 und Januar 2000) keine ausdrückliche Bestimmung dazu enthielten, wie bei Rezepturen zu verfahren ist, ergibt sich nichts anderes. Eine ausdrückliche Regelung, dass bei Verordnung einer Rezeptur diese mehrfach unterteilt in mehrere Chargen abgegeben werden kann, enthalten die Erläuterungen nicht, und zwar weder die Erläuterungen Stand Juli 1999 noch die derzeit geltenden Erläuterungen. Nr. 13 der Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung (Stand Juli 1999 und Januar 2000) gibt lediglich die Befugnis, bei fehlendem Platzbedarf Eintragungen auf dem Muster 16 zu machen, wo normalerweise keine Eintragungen sein dürfen, nämlich außerhalb der dafür einzig vorgesehenen Zeilen und Felder.
Sollte aus Gründen der Arzneimittelsicherheit die vom verordnenden Arzt ausgestellte Verordnung nicht durchführbar sein, weil beispielsweise die Rezeptur nicht für den in der Verordnung vorgesehenen Zeitraum verwendungsfähig bleibt, ist der Apotheker gehalten, den verordneten Arzt hierauf aufmerksam zu machen und gegebenenfalls auf eine andere Art und Weise der Verordnung hinzuwirken. Der Apotheker hat jedenfalls die Pflicht, die ihm vorgelegte Verordnung daraufhin zu überprüfen, ob es sich um eine ordnungsgemäß ausgestellte vertragsärztliche Versorgung handelt. Denn nur eine solche darf er beliefern (§ 3 Abs. 1 ALV). Auch darf der Apotheker nur aufgrund einer ordnungsgemäß ausgestellten vertragsärztlichen oder vertragszahnärztlichen Verordnung zu Lasten der angegebenen Ersatzkasse Arzneimittel abgegeben (§ 4 Abs. 1 ALV).
Soweit die Vertragspartner zum 1. Januar 2002 eine andere Regelung getroffen haben, kann der Kläger sein Begehren hierauf nicht stützen. Zum einen kann diese Regelung erst für ab dem 1. Januar 2002 belieferte Verordnungen Anwendung finden. Zum anderen zeigt dies, dass die Vertragspartner für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 von einer abweichenden, nämlich der oben dargestellten Berechnungsweise in der von ihnen getroffenen Vereinbarung ausgegangen sind.
2.3. Die Höhe des abgesetzten Betrags von DM 516,02 (= EUR 263,84) ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat unter Berücksichtigung dessen, dass es sich nur um eine Verordnung handelt, die dem Kläger zustehenden Vergütungsansprüche für die streitigen Verordnungen mit DM 1.705,63 (Verordnung vom 17. November 1999), DM 106,85 + DM 385,14, insgesamt DM 491,99 (Verordnung vom 22. November 1999) und DM 1.183,92 (Verordnung vom 23. November 1999) zutreffend berechnet. Wegen der Einzelheiten wird auf die von der Beklagten dem SG vorgelegten Berechnungen Bezug genommen (Blatt 176/179 SG-Akte). Da der Kläger insgesamt für die streitigen Verordnungen DM 3.897,56 berechnete, ihm aber lediglich DM 3.381,54 zustehen, ergibt sich der abgesetzte Betrag von DM 516,02 (= EUR 263,84).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Da die Klage vor dem 2. Januar 2002 erhoben wurde, findet § 197a SGG, mit Wirkung zum 2. Januar 2002 eingefügt durch das Sechste SGG-Änderungsgesetz (6. SGGÄndG), keine Anwendung (Art. 17 Abs. 1 6. SGGÄndG). Demgemäß war der Beschluss des Berichterstatters vom 13. Dezember 2007 mit der vorläufigen Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren aufzuheben.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Beschluss des Berichterstatters vom 13. Dezember 2007 mit der vorläufigen Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren wird aufgehoben.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte berechtigt war, gegen spätere Forderungen des Klägers aus Arzneimittellieferungen mit einem Rückzahlungsanspruch in Höhe von ursprünglich DM 588,23 (= EUR 300,76), zuletzt noch DM 516,02 (= EUR 263,84) aufzurechnen (zu retaxieren).
Der Kläger ist Inhaber einer Apotheke und Mitglied des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg e.V ... Internist Dr. N. stellte am 17., 22. und 23. November 1999 für drei Versicherte der Beklagten folgende Verordnungen über Zytostatika aus, die zubereitet werden mussten und an zwei (Verordnungen vom 17. und 23. November 1999) bzw. fünf (Verordnung vom 22. November 1999) aufeinanderfolgenden Tagen an die Versicherten abgegeben werden sollten: &61656; Verordnung vom 17. November 1999 Ribomustin 200 mg in NaCl 0,9% 500 mg zweimal (Tag 1 + 2) &61656; Verordnung vom 22. November 1999 5 Fu 800 mg fünfmal (Tag 1 bis 5) Rescuvolin 40 mg fünfmal (Tag 1 bis 5) &61656; Verordnung vom 23. November 1999 Novantron 12 mg in Glukose 5% zur 50 mg zweimal (Tag 1 + 2) Wirkstoffe der verordneten Zytostatika sind Bendamustin, Fluorouacil, Folinsäure und Mitoxantron. Entsprechend den Angaben des Dr. N. auf den Verordnungsblättern bereitete der Kläger für die Versicherten die Zytostatika jeweils täglich neu zu und gab sie jeweils täglich an diesen ab. Gegenüber der Beklagten berechnete er eine Vergütung für jeden einzelnen Abgabetag, insgesamt für die Verordnung vom 17. November 1999 DM 1.756,32, für die Verordnung vom 22. November 1999 DM 910,20 (DM 338,85 + DM 571,35) und für die Verordnung vom 23. November 1999 DM 1.231,04.
Die vom Kläger mit der Abrechnung für den Monat November 1999 eingereichten drei Verordnungen beanstandete die Beklagte mit Schreiben vom 27. November 2000 und setzte einen Betrag von insgesamt DM 588,23 (= EUR 300,76) ab (Verordnung vom 17. November 1999 DM 220,54; Verordnung vom 22. November 1999 DM 220,40; Verordnung vom 23. November 1999 DM 147,29). Hiergegen erhob der Kläger am 8. Dezember 2000 Einspruch. Auf diesen Einspruch hin verwies die Beklagte mit den Schreiben vom 2. und 6. März 2001 auf die in § 2 Abs. 2 des Vertrages über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen - Vertrag zur Hilfstaxe für Apotheken vom 30. Oktober 1998 - (im Folgenden Hilfstaxe) getroffene Regelung, die zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband e.V. vereinbart und als Bestandteil der Arzneilieferverträge seit 1. Februar 1999 gültig sei, und erläuterte unter Übersendung von Beispielsberechnungen einer Zytostatikarezeptur in mehreren Einzelbehältnissen ihre Entscheidung dahin, enthalte die Verordnung einen Hinweis auf Abgabe von mehreren Einzelbehältnissen, sei diese der ärztlichen Verordnung folgend als Ganzes zu beliefern, also in einem Arbeitsgang herzustellen und in Einzeldosen aufzuteilen. Für die erforderliche Gesamtwirkstoffmenge sei einmalig der entsprechende Zuschlag und Arbeitspreis abzurechnen. Unter streng aseptischen Herstellungsbedingungen sei die Stabilität der Rezeptur für die Verabreichungszeitraum von fünf Tagen durchaus gewährleistet. Sei eine zeitversetzte Abgabe erforderlich, seien vom behandelnden Arzt jeweils Einzelverordnungen auszustellen. Die Beklagte sah keine Möglichkeit, dem Einspruch des Klägers abzuhelfen (Schreiben vom 19. Dezember 2001).
Der Kläger hat am 27. Dezember 2001 Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 3. Januar 2003 an das örtlich zuständige Sozialgericht Stuttgart (SG) verwiesen hat. Der Kläger hat geltend gemacht, Dr. N. habe auf den Verordnungen die mehrfache Abgabe des von ihm (dem Kläger) herzustellenden Arzneimittels verordnet, weshalb er nach Anweisung des Arztes das Arzneimittel täglich abgegeben habe und die Zubereitung des Arzneimittels zu dem in der Verordnung festgelegten Abgabetermin erfolgt sei. Aus der anzuwendenden Therapie habe sich eindeutig ergeben, dass der Versicherte für jeden Behandlungstag eine gesonderte applikationsfertige Lösung erhalte. Es sei nicht seine Aufgabe als Apotheker, die Rezepte des Arztes auf ihre Zulässigkeit hin zu überprüfen. Eine mehrfache Verordnung pro Verordnungszeile sehe das Rezeptformular vor. Es habe sich um sterile Zubereitungen gehandelt, die aus Gründen der Arzneimittelsicherheit erst unmittelbar vor Gebrauch und nicht auf Vorrat hätten hergestellt werden können. Die Substanzen der Verordnungen wiesen eine sehr geringe Haltbarkeit im Hinblick auf ihre physikalisch-chemische Stabilität auf. Seine Berechnung beruhe auf § 5 Abs. 1, 4 und 5 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) sowie der Anlage 3 zu § 2 Abs. 2 der Hilfstaxe. Seine Auffassung, dass eine Berechnung pro einzelnen zu applizierender Einheit vorgenommen werden dürfe, bestätige die zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene neue Hilfstaxe. Er hat das Schreiben des Dr. N. vom 12. Juni 2002 vorgelegt, in welchem dieser bestätigte, die Infusionslösungen hätten für die Versicherten nach seinen Anordnungen im November 1999 jeweils täglich frisch zubereitet werden müssen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Dr. N. habe ersichtlich nicht die mehrfache Abgabe verordnet, sondern lediglich die Menge genannt, die der Apotheker herzustellen beauftragt sei. Verwende der verordnende Arzt wissentlich und willentlich nur ein Verordnungsblatt, sei dieses Verordnungsblatt Grundlage einer Rezeptur, die in einem einheitlichen Herstellungsgang zuzubereiten und anschließend gegebenenfalls in Einzeldosen aufzuteilen sei. Folge wie im vorliegenden Fall aus der Verschreibung die Herstellung in einem einheitlichen Herstellungsgang, sei auch im Rahmen der Preisbildung auf die in diesem einheitlichen Herstellungsgang erzeugte Gesamtmenge abzustellen, so dass nur eine Rezeptur - und folglich Zuschlag und Arbeitspreis nur einmalig - zu berechnen sei. Die Stabilität einer Zytostatika-Rezeptur stehe der Herstellung in einem einheitlichen Herstellungsgang nicht entgegen. Der Kläger habe von den Versicherten lediglich eine Zuzahlung in Höhe von jeweils DM 8,00 eingezogen.
Die Beklagte hat den abgesetzten Betrag auf DM 516,02 (= EUR 263,84) vermindert. Sie hat folgende Beträge vergütet: Verordnung vom 17. November 1999 DM 1.705,63 Verordnung vom 22. November 1999 DM 106,85 DM 385,14 Verordnung vom 23. November 1999 DM 1.183,92
Der Kläger hat den Rechtsstreit hinsichtlich des über DM 516,02 (= EUR 263,84) hinausgehenden Betrags für erledigt erklärt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14. Dezember 2005 abgewiesen. Auf dem Arzneiverordnungsblatt (Muster 16 der Vereinbarung über Vordrucke für die vertragsärztliche Versorgung (Vordruckvereinbarung)) dürfe je Verordnungszeile nur ein bestimmtes Arzneimittel verordnet werden. Bei Verordnungen in Form von Rezepturen dürfe nach Nr. 11 der Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung grundsätzlich nur die Vorderseite des Vordrucks benutzt und pro Rezeptur nur ein Verordnungsblatt verwendet werden. Abgesehen davon, dass Dr. N. entgegen dieser zwingenden Vorgabe auf dem Verordnungsblatt vom 22. November 1999 zwei Rezepturen verordnet habe, ergebe sich aus den Verordnungsblättern selbst nicht eindeutig, ob er die Herstellung der Gesamtmenge der Rezeptur mit anschließender Aufteilung in Einzeldosen oder die täglich neue Herstellung einzelner Dosen verordnet habe. Da Dr. N. lediglich ein Verordnungsblatt verwendet habe, bilde allein dieses Verordnungsblatt die Grundlage der Rezeptur, die vom Kläger anschließend in einem einheitlichen Herstellungsgang zuzubereiten und danach - entsprechend der ärztlichen Verordnung - in Einzeldosen aufzuteilen sei. Bei Zweifeln an der Durchführbarkeit der Verordnung in dieser Form, beispielsweise auf Grund nicht hinreichender Stabilität der Rezeptur, wäre er gehalten gewesen, auf Dr. N. einzuwirken, dass von diesem für die täglich frisch herzustellende Rezeptur jeweils ein neues Verordnungsblatt verwendet werde. Da auf Grund der hier erfolgten Verordnung die Herstellung der Zytostatika in einem einheitlichen Herstellungsgang mit anschließender Aufteilung auf die einzelnen Dosen zu erfolgen gehabt habe, sei der Fest- und Rezepturzuschlag nur jeweils einmal abrechenbar. Das vom Kläger und Dr. N. selbst erstellte Anforderungsblatt für Zytostatika-Zubereitungen könne die ärztlichen Verordnung weder ergänzen noch ersetzen. Die ab 1. Januar 2002 geltende neue Hilfstaxe und die Empfehlung der Verbände der Ersatzkassen vom 6. September 2001, im Vorgriff der neue Regelungen für parenterale Lösungen keine neuen Retaxationen auf der Grundlage der bisherigen Zytostatika-Regelung vorzunehmen, könnten einen Anspruch des Klägers nicht begründen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 2. Januar 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31. Januar 2006 Berufung eingelegt. Er verweist auf sein bisheriges Vorbringen und macht weiter geltend, die vom SG eingeführte Nr. 11 der Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung zum Muster 16 entspreche dem Stand Oktober 2005. In den Erläuterungen zum Muster 16 (Stand Juli 1999 und Januar 2000) finde sich diese Regelung nicht. Vielmehr enthalte Nr. 13 dieser Erläuterungen den Hinweis, dass bei Verordnungen in Form von Rezepturen die Rückseite des Vordrucks bei entsprechender Platzbedarf zusätzlich benutzt werden könne sowie, wenn auf Grund von weiteren Verordnungen der Raum für die Rezeptur nicht ausreiche, für die Verordnung der Rezeptur ein separates Verordnungsblatt verwendet werden solle. Er sei deshalb auf Grund der Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung nicht gehalten gewesen, die Rezeptur in einem einheitlichen Herstellungsgang zuzubereiten. Auch verbiete sich eine Auslegung der Verordnungsblätter dahin, dass ausschließlich eine einmalige Herstellung in Betracht komme, weil der ausdrückliche ärztliche Auftrag die tägliche Zubereitung vorgesehen habe. Es stehe allein in der Verordnungshoheit des Arztes, ob er mehrere Verordnungsblätter ausstelle oder mehrfache Verordnungen auf einem einzelnen Verordnungsblatt vornehme. Eine andere als die täglich frische Herstellung sei unter pharmakologischen Gesichtspunkten nicht vertretbar gewesen. Mit Wirkung ab 1. Januar 2002 sei im Vertrag zur Hilfstaxe ausdrücklich klargestellt worden, dass der Arbeitspreis pro applikationsfähiger Einheit zu berechnen sei. Eine Ersatzkasse habe in einem vor dem Landesozialgericht Nordrhein-Westfalen geführten Berufungsverfahren (L 16 KR 286/04) den dortigen Anspruch des Apothekers anerkannt. Hierzu hat er das Sitzungsprotokoll vom 16. März 2006 sowie des Weiteren zur Stützung seiner Auffassung das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2005 - S 82 KR 3809/01 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 263,84 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27. Dezember 2001 zu zahlen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das SG hätte die Berufung nicht zulassen dürfen, weil wegen Änderung der maßgeblichen Regelungen die Sache keine Bedeutung in der Zukunft mehr entfalten werde. In der Sache hält sie das angefochtene Urteil für zutreffend. Es seien keine erkennbare Einzelzubereitung an verschiedenen Tagen verordnet worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligter nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, weil das SG die Berufung im Urteil zugelassen hat. An die Zulassung der Berufung durch das SG ist der Senat gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG). Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat zu Recht mit einem Betrag von DM 516,02 (= EUR 263,84) aufgerechnet.
1. Richtige Klageart ist die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG, weil zwischen den Beteiligten ein Gleichordnungsverhältnis besteht, das gleichzeitig eine (einseitig) hoheitliche Regelung der handelnden Behörde durch Verwaltungsakt gegenüber dem Adressaten - und damit eine Klage nach § 54 Abs. 4 SGG - ausschließt (vgl. BSG SozR 4-2500 § 129 Nr. 2). An der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage hat der Kläger nicht mehr festgehalten.
2. Rechtsgrundlage des Zahlungsbegehrens des Klägers ist § 433 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) i.V.m. § 129 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) und den Vorschriften des auf der Grundlage des § 129 Abs. 5 SGB V zwischen dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. und dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. einerseits und dem Deutschen Apothekerverband e.V. andererseits vereinbarten Arzneilieferungsvertrags (ALV), im vorliegenden Fall in der im Jahre 1999 geltenden Fassung (Blatt 69/103 der LSG-Akte). Als Mitglied des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg e.V., der seinerseits Mitgliedsverband des Deutschen Apothekerverbandes e.V. ist, hat der ALV Rechtswirkung für den Kläger (§ 2 Abs. 2 ALV).
2.1. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ALV werden die bei der Rechnungsprüfung festgestellten rechnerisch und sachlich unrichtig angesetzten Beträge von den Ersatzkassen innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Kalendermonats berichtigt, in dem die Lieferung erfolgte. Einsprüche gegen Taxdifferenzen können nach § 21 Abs. 2 Satz 1 ALV vom Apotheker innerhalb von drei Monaten nach Eingang beim Apotheker geltend gemacht werden. Die Prüfung von Einsprüchen gegen eine ausgesprochene Beanstandung hat nach § 21 Abs. 3 ALV innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eingang des Einspruchs bei der Ersatzkasse zu erfolgen (Satz 1). Das Ergebnis der Prüfung ist der Apotheke mitzuteilen (Satz 2). Werden die Fristen nach Abs. 2 und 3 überschritten, gelten nach § 21 Abs. 4 ALV Taxdifferenzen bzw. die Einsprüche als anerkannt. Der Kläger hat die streitigen Verordnungen entsprechend den vereinbarten Abrechnungsbestimmungen des ALV, insbesondere innerhalb der vereinbarten Abrechnungsfristen, bei der zuständigen Abrechnungsstelle eingereicht. Auch die für Beanstandungen vereinbarten Fristen des § 21 ALV haben die Beteiligten eingehalten. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung (Hauptforderung) selbst außer Streit, so dass es hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf.
2.2. Die Beklagte hat die Abrechnung des Klägers zu Recht wegen der Preisberechnung beanstandet. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 ALV sind für die Preisberechnung der u.a. auf Einzelverordnung gelieferten Arzneimittel, die der Apotheker herstellt bzw. zur Abgabe hergerichtet hat, die jeweiligen gesetzlichen Vorschriften anzuwenden. Die Vergütung, die der Apotheker erhält, richtet sich nach der auf der Grundlage des § 78 des Arzneimittelgesetzes (AMG) erlassenden AMPreisV. Nach § 5 Abs. 4 und 5 AMPreisV können die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen mit dem Deutschen Apothekerverband Preisvereinbarungen außerhalb der AMPreisV treffen, soweit es sich um besondere Rezepturen handelt. Von dieser Möglichkeit haben die zuvor genannten Institutionen Gebrauch gemacht und mit Wirkung zum 1. Februar 1999 die Hilfstaxe vereinbart, die nach ihrem § 4 als Bestandteil des ALV gilt. Nach § 2 Abs. 2 der Hilfstaxe werden für bestimmte Rezepturen Fest- oder Rezepturzuschläge sowie Stoff- und Gefäßpreise nach § 5 Abs. 5 AMPreisV auf Vorschlag der technischen Kommission nach § 3 (der Hilfstaxe) vereinbart. Die Regelungen zu diesen Rezepturen sind als Anlage 3 Bestandteil (der Hilfstaxe) und der Abrechnung zugrunde zu legen. In Nr. 1 der Anlage 3 der Hilfstaxe haben die Vertragspartner für Zytostatika-Rezepturen Regelungen zur Preisbildung vereinbart. In Nr. 1.1 der Anlage 3 haben die Vertragspartner für die Preisberechnung INN-Preis pro mg für die jeweiligen Substanzen vereinbart, die nach Nr. 1.2 der Anlage 3 Grundlage für die Preisberechnung, bezogen auf die verordnete Menge, sind. Der Nettopreis ergibt sich auf Grund eines Zuschlags von 23% auf den nach 1.1 vereinbarten Preis, mindestens DM 15,00, jedoch nicht mehr als DM 250,00 (Nr. 1.3.1 der Anlage 3). Ein weiterer Zuschlag von 23% kann u.a. für Trägerlösungen berechnet werden (Nr. 1.3.2 der Anlage 3). Hinzukommt nach Nr. 1.4 der Anlage 3 ein Arbeitspreis, der nach Satz 1 dieser Regelung pauschal DM 32,50 (netto) beträgt und einmalig pro Rezeptur zu berechnen ist.
Grundlage der Preisberechnung ist nach Nr. 1.2 der Anlage 3 die verordnete Menge. Dies ist die Menge, die der verordnete Vertragsarzt auf der Verordnung angibt. Dies folgt daraus, dass für die vom Apotheker abzugebende Menge des verordneten Wirkstoffs die Verordnung des Vertragsarztes maßgeblich ist. Für die Verordnung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung muss der Vertragsarzt die Vordrucke verwenden, die in der Vordruckvereinbarung festgelegt sind (§ 6 Abs. 1 Satz 1 des Bundesmantelvertrags-Ärzte/Ersatzkassen [EKV-Ä]) und die als Anlage 2 Bestandteil des EKV-Ä ist (§ 1 Abs. 5 EKV-Ä). Bezüglich der Verordnung von Arzneimitteln ist dies nach Nr. 2.16 der Vordruckvereinbarung das Arzneiverordnungsblatt (Muster 16). Die zwischen den Partnern des Bundesmantelvertrags nach § 87 SGB V vereinbarten sowie die amtlichen Verordnungsblätter in der jeweils gültigen Fassung finden auch im Verhältnis zu den Apothekern Anwendung (§ 3 Abs. 1 ALV).
Die Verordnung eines Arzneimittels erfolgt in den auf dem Vordruck Muster 16 vorgesehenen Zeilen jeweils für ein Arzneimittel. Wird ein Fertigarzneimittel verordnet, handelt es sich um eine einzelne Verordnung, aufgrund der der Apotheker das Fertigarzneimittel auch nur in der vom Vertragsarzt genannten Menge abgeben darf, es sei denn, dass eine der in § 4 ALV genannten Voraussetzungen für eine abweichende Abgabe gegeben ist. Er kann nicht das Fertigarzneimittel teilweise, etwa entsprechend den Anweisungen des Arztes zur Einnahme, abgeben. Ein Verordnungsblatt kann vom Apotheker auch nicht mehrfach beliefert werden. Mit der Abgabe des verordneten Arzneimittels ist das Verordnungsblatt beliefert. Unter Rezeptur ist die Einzelherstellung eines Arzneimittels anhand eines konkreten Auftrags zu verstehen (vgl. § 7 der Apothekenbetriebsordnung), so dass die Rezeptur als die Verordnung des Arzneimittels anzusehen ist. Damit kann bei Angabe einer Rezeptur auf dem Verordnungsblatt die Rezeptur nur einmal abgegeben werden. Demgemäß ist verordnete Menge die in der vertragsärztlichen Verordnung genannte Gesamtmenge des Wirkstoffs und damit im Sinne des Vertrags die gesamte auf dem Verordnungsblatt genannte Menge (ebenso Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Oktober 2005 - L 5 KR 96/04 -, Breithaupt 2006, 455). Der Auffassung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in der Verfügung vom 16. März 2006 im Berufungsverfahren L 16 KR 286/04 vermag der Senat damit nicht zu folgen.
Daraus, dass die Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung (Stand Juli 1999 und Januar 2000) keine ausdrückliche Bestimmung dazu enthielten, wie bei Rezepturen zu verfahren ist, ergibt sich nichts anderes. Eine ausdrückliche Regelung, dass bei Verordnung einer Rezeptur diese mehrfach unterteilt in mehrere Chargen abgegeben werden kann, enthalten die Erläuterungen nicht, und zwar weder die Erläuterungen Stand Juli 1999 noch die derzeit geltenden Erläuterungen. Nr. 13 der Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung (Stand Juli 1999 und Januar 2000) gibt lediglich die Befugnis, bei fehlendem Platzbedarf Eintragungen auf dem Muster 16 zu machen, wo normalerweise keine Eintragungen sein dürfen, nämlich außerhalb der dafür einzig vorgesehenen Zeilen und Felder.
Sollte aus Gründen der Arzneimittelsicherheit die vom verordnenden Arzt ausgestellte Verordnung nicht durchführbar sein, weil beispielsweise die Rezeptur nicht für den in der Verordnung vorgesehenen Zeitraum verwendungsfähig bleibt, ist der Apotheker gehalten, den verordneten Arzt hierauf aufmerksam zu machen und gegebenenfalls auf eine andere Art und Weise der Verordnung hinzuwirken. Der Apotheker hat jedenfalls die Pflicht, die ihm vorgelegte Verordnung daraufhin zu überprüfen, ob es sich um eine ordnungsgemäß ausgestellte vertragsärztliche Versorgung handelt. Denn nur eine solche darf er beliefern (§ 3 Abs. 1 ALV). Auch darf der Apotheker nur aufgrund einer ordnungsgemäß ausgestellten vertragsärztlichen oder vertragszahnärztlichen Verordnung zu Lasten der angegebenen Ersatzkasse Arzneimittel abgegeben (§ 4 Abs. 1 ALV).
Soweit die Vertragspartner zum 1. Januar 2002 eine andere Regelung getroffen haben, kann der Kläger sein Begehren hierauf nicht stützen. Zum einen kann diese Regelung erst für ab dem 1. Januar 2002 belieferte Verordnungen Anwendung finden. Zum anderen zeigt dies, dass die Vertragspartner für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 von einer abweichenden, nämlich der oben dargestellten Berechnungsweise in der von ihnen getroffenen Vereinbarung ausgegangen sind.
2.3. Die Höhe des abgesetzten Betrags von DM 516,02 (= EUR 263,84) ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat unter Berücksichtigung dessen, dass es sich nur um eine Verordnung handelt, die dem Kläger zustehenden Vergütungsansprüche für die streitigen Verordnungen mit DM 1.705,63 (Verordnung vom 17. November 1999), DM 106,85 + DM 385,14, insgesamt DM 491,99 (Verordnung vom 22. November 1999) und DM 1.183,92 (Verordnung vom 23. November 1999) zutreffend berechnet. Wegen der Einzelheiten wird auf die von der Beklagten dem SG vorgelegten Berechnungen Bezug genommen (Blatt 176/179 SG-Akte). Da der Kläger insgesamt für die streitigen Verordnungen DM 3.897,56 berechnete, ihm aber lediglich DM 3.381,54 zustehen, ergibt sich der abgesetzte Betrag von DM 516,02 (= EUR 263,84).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Da die Klage vor dem 2. Januar 2002 erhoben wurde, findet § 197a SGG, mit Wirkung zum 2. Januar 2002 eingefügt durch das Sechste SGG-Änderungsgesetz (6. SGGÄndG), keine Anwendung (Art. 17 Abs. 1 6. SGGÄndG). Demgemäß war der Beschluss des Berichterstatters vom 13. Dezember 2007 mit der vorläufigen Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren aufzuheben.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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